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156. Eermann W. Vogel: Ueber die Wandlnng der Spectren versehiedener Farbstoffe. [Vorgetragen in der Sitzung am 25. hILrd 1878 vom Verfassser.) Es iut eine bekannte Thatsache, dass die Absorptionsstrc fen eines und desselben Korpers, wenn er in verschiedenen Lijsungsmitteln geliist ist, niclit immer dieselbe Lage haben. Kundt stellte das Oe- setz auf, dass die Absorptionsstreifen um so weiter nach Roth hin liegen, je starker die brecbende Kraft des Lijsungsmittels ist und dieses Gesetz bewahrt sich in der That fir sehr viele Fiille. Dage- gen sind aber auch Beispiele bekannt, dass mit der Veranderung des Losungsmittels die Absorptionsstreifen nicht nach Roth oder Vio- lett hin riicken, sondern der ganze Charakter des Spectrums ein total anderer wird, ohne dass eine clieiuische Wirkung der Lijsungsmittel auf den gelijsten Korper crfolgt. so ist es bekannt, dass Purpurin in Alkohol gelost zwei ausge- zeichnete Absorptionsstreifen auf F und bE giebt; in wiisserigen L6- songen sieht man diese beiden Streifen niclit, so dass also eine totale Veranderung des Charakters des Spectrums vorliegt. Aehnliche Bei- spiele bieten Brasilin und Haematoxylin, die den ihnen eigenen Ab- sorptionsstreifen zwischen D und E nur in wasseriger, nicht aber in atherischer Losung zeigen. Diese Falle der Aenderung des Charakters des Absorptionsspec- trums sind jedenfalls viel haufiger, als man vermuthet, sie sind viel- leicht der Mehrzahl der absorbireilden Korper eigeu nnd sie verdienen wohl ein urn so sorgfaltigeres Studium, als sie die Erkennung der Kijrper durch Absorptionsspectralanalyse sehr wesen tlich beeinflussen und den Unkundigeu tauschen. So sei beispielsweise das Fuchsin erwahnt. Lavst man einen Tropfen alkoholische Fuchsinlosung auf einer Glastafel eindnnsten, so bekommt man eine ausserst diinne Fuch- sinschicht, die im durchfallenden Licht schon roth erscheint, aber statt des bekannten Absorptionsstreifens zwischen D und E, den man ge- wohnlich als Fuchsinstreif hinutellt, einen nach beiden Seiten rer- waschenen Streifen zwischen F und E zeigt. Mit Fuchsin gefarbtes P a p i e r zeigt den allbekannten Fuchsinstreifen in durchfallendem Lictit ebenfalls n i ch t , ebenso wenig im reflectirten Licht. Man braucht aber nur das Papier rnit ein wenig Alkohol zu schiitteln, um sofort das Fuchsin an seinem Absorptionsstreif in der Losung zu erkennen. Mit Fuchsin gefirbte Wolle liefert im reflectirten Licht den be- kannten Absorptionsstreif im Soniienlicht nur, wenn dieselbe stark gefilrbt ist. Ein wohl auch hierher gehoriges, bereits bekanntes Beispiel bil- det das Chlorophyll. Die frische alkoholische Losung desselben giebt bekanntlich zwischen F und B vier leicht sichtbare Absorptionsstreifen,

Ueber die Wandlung der Spectren verschiedener Farbstoffe

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Page 1: Ueber die Wandlung der Spectren verschiedener Farbstoffe

156. Eermann W. Vogel: Ueber die Wandlnng der Spectren versehiedener Farbstoffe.

[Vorgetragen in der Sitzung am 25. hILrd 1878 vom Verfassser.)

Es iut eine bekannte Thatsache, dass die Absorptionsstrc fen eines und desselben Korpers, wenn er in verschiedenen Lijsungsmitteln geliist ist, niclit immer dieselbe Lage haben. K u n d t stellte das Oe- setz auf, dass die Absorptionsstreifen um so weiter nach Roth hin liegen, j e starker die brecbende Kraft des Lijsungsmittels ist und dieses Gesetz bewahrt sich in der That fir sehr viele Fiille. Dage- gen sind aber auch Beispiele bekannt, dass mit der Veranderung des Losungsmittels die Absorptionsstreifen nicht nach Roth oder Vio- lett hin riicken, sondern der ganze Charakter des Spectrums ein total anderer wird, ohne dass eine clieiuische Wirkung der Lijsungsmittel auf den gelijsten Korper crfolgt.

s o ist es bekannt, dass Purpurin in Alkohol gelost zwei ausge- zeichnete Absorptionsstreifen auf F und bE giebt; in wiisserigen L6- songen sieht man diese beiden Streifen niclit, so dass also eine totale Veranderung des Charakters des Spectrums vorliegt. Aehnliche Bei- spiele bieten Brasilin und Haematoxylin, die den ihnen eigenen Ab- sorptionsstreifen zwischen D und E nur in wasseriger, nicht aber in atherischer Losung zeigen.

Diese Falle der Aenderung des Charakters des Absorptionsspec- trums sind jedenfalls viel haufiger, als man vermuthet, sie sind viel- leicht der Mehrzahl der absorbireilden Korper eigeu nnd sie verdienen wohl ein urn so sorgfaltigeres Studium, als sie die Erkennung der Kijrper durch Absorptionsspectralanalyse sehr wesen tlich beeinflussen und den Unkundigeu tauschen. So sei beispielsweise das Fuchsin erwahnt. Lavst man einen Tropfen alkoholische Fuchsinlosung auf einer Glastafel eindnnsten, so bekommt man eine ausserst diinne Fuch- sinschicht, die im durchfallenden Licht schon roth erscheint, aber statt des bekannten Absorptionsstreifens zwischen D und E, den man ge- wohnlich als F u c h s i n s t r e i f hinutellt, einen nach beiden Seiten rer- waschenen Streifen zwischen F und E zeigt. Mit Fuchsin gefarbtes P a p i e r zeigt den allbekannten Fuchsinstreifen in durchfallendem Lictit ebenfalls n i c h t , ebenso wenig im reflectirten Licht. Man braucht aber nur das Papier rnit ein wenig Alkohol zu schiitteln, um sofort das Fuchsin a n seinem Absorptionsstreif in der Losung zu erkennen.

Mit Fuchsin gefirbte Wolle liefert im reflectirten Licht den be- kannten Absorptionsstreif im Soniienlicht nur, wenn dieselbe stark gefilrbt ist.

Ein wohl auch hierher gehoriges, bereits bekanntes Beispiel bil- det das C h l o r o p h y l l . Die frische alkoholische Losung desselben giebt bekanntlich zwischen F und B vier leicht sichtbare Absorptionsstreifen,

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1 P 1 Nnphtaliiiroth in Alkohol.

2 l I i ~

-, in Wasuer,

NnphtalinrothgeIXrbterLack, fest. 1 I-TPrn -.

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den intensirsten zwischen C und B. Untersucht man aber ein frisches Blatt spectroskopiscb, indem man Sorinenlicht hindurch scheinen IHsst, so erkennt man von den vier Streifen nur &en, namlich den inten- sivsten.

Es ist somit nichts irrtbiimlicher, als die vielfach gehegte Vor- aussetzung, dass die charakteristischen Absorptionsstreifen der Farb- stoffe unter allen Urnstanden auftreten miissen.

Wir bediirfen, urn dieselben charakteristisch hervortreten zu lassen auch in der organischen Chemie gleichsam der A u s s c h l i e s s u n g mit gewissen Liisungsmitteln.

Neuerdings untersuchte ich das Naphtalinroth. Dieses liefert unter rerscliiedenen Urnstanden ganz verschiedene Absorptionsspectren.

Bekanrit ist das Spectrum der alkobolischen Liisung, die sich durch ihre brillante ziegelrothe Fluorescenz auszeichriet.. Dieee liefert bei hin- reichender Verdiinnung einen hochst intensiven Streif a, dicht be iD scharf einsetzend und sich bis D 4 E in rascher Abnahme seiner Intensitat erstreckend und durch einen leichten Halbscbatten in den zweiten vie1 scbwacheren Streifen iibergehend, welcher auf b E liegt (Curve 1) 1).

Ganz anders verhalt sich eine im durchfallenden Lichte gleich s tark gefarbt erscheinende , wasserige Liisung. Dieselbe zeigt keine Spur von Fluorescenz und keine Spur der Streifen a und fl (Curve 1). Statt dessen zeigt slich ein breiter, verschwommener Schatten zwisclien

1) Die Art der Darstellung der Absorptionsspectren in Curven i s t bereits in diesen Berichten 1875, Seite 1 2 4 8 erliiutert. Ich halte trotz einiger Einwande a n die3er Darstellungsveise fest; sie ist mindestens ebenso leicht zu ver- atehen, als in Licht u n d Schatten gefertigte Bilder des Spectrums, aber dabei be- deutend leichter auszufuhren und durch den Holzschnitt wiederzugeben als schat- t ir te Spectriimzeichnungeii, d ie , selbst bei den tadellosrsten Vorlagen, un ter den Hiinden dcs Rolzschneiders oder Druckers oft ganz ihren Character verlieren und unwahr werden.

In meineni Ilandbuche der praktischen Spectralanalyse (h’6rdlingen bei B e c k Scite 2731 habe icli nuf Grund eigner Beobachtung an einem nicht gsnz reiiiem Praparnt nur einen Absorptionsstreif n des Naphtalinroths verzeichnet. Den bei deii vorliegendeii Versuchen benutzten Farbstoff r e r h n k e ich Hrn. Dr. M a r t i u 8.

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F und D (Curve 2). I n Amylalkohol, Chloroform und in Mclstixlack gelost, giebt Naphtalinroth bei gleicher Intensitat der Farbung die- selbe Fluorescenz und dasselbe Absorptionsspectrum wie in Alkohol, nur erscheint der Streif OL ein wenig naher der D-Linie, entsprechend dem starkeren Brechungsvermogen der Liisungamittel. Ganz verschie- den davon erscheint aber das Spectrum des mit Naphtalinroth gefarbten festen Lacks. Dasselbe erinnert eher an das Spectrum desCarmins als a n das der alkaholischen Losung Curve 1. Der Streif OL erscheint auf- fallend echwacher als in Curve 1 und nach rechts bin v e r s c h w o m - m e n , so dass er eih wenig iiber die D-Linie hinausgreift, f l ercheint dagegen relativ starker (Curve 3). Fluorescenz zeigt der feste Lack n i cht . W i e h r ein anderes Spectrum liefert das feste Naphtalinroth, wenn man einen Tropfen der alkoholischen Lijsung desselben auf einem Glase eindunsten lCsst, so dass sich eine feine Schicht bildet. Das Spectrum erinnert nocli an das letaterwahnte, fl abcr erscheint jetzt starker als CL und letzteres ist sehr merklich nach Roth hiri geriickt (siehe Curve 4).

Mit Naphtalinroth gcfarbte G e l a t i n h a u t c h e n verhielten sich sehr ahnlich dem festen Farbstoff (siehe Curve 4) , nur zeigten sie nicht dessen goldglanzende Oberfliichenfarbe. Eine Fluorescenz trat anch hier nicht auf. P a p i e r u n d W o l l e d i e n i i t X a p h t a l i n - r o th gefiirbt waren, zeigten den Streifen a des festcii Naphtalinroths (Curve 4) im reflectirten wie durchfallendem Licht ziemlich deutlich, von dem Streifen $ aber nichts, statt desscn trat ein nach Blau hill steigende, einseitige Gesammtabsorption des Spectrums auf (Curve 5).

Untersuchungen mit anderen Farbstoffen in gleicher Richtung aind im Gange.

B e r l i n , im Miirz 1878.

157. P e t e r Cfrieas: Ueber Metadiamidobenzol als Reagens auf salpetrige Saure.

(Eingegangen am 26. bfiirz.)

Gelegentlich nieiner Beschreibung der gewijhnlichcn (1 : 3.5) Di- arnidobenzo8siiure 1) babe ich darauf aufmerksam grmacht, dass diese Saure als ein sehr empfiiidliches Reagens auf salpetrige Saure benutzt werden konne, indem dadurch selbst sehr verdiirinte Liisungen der letzteren noch intensiv gelb gefiirbt werden. Ich fund, dass sich auf diese Weise die salpetrige Saurc noch nachweisen laisst, wenn sie sic11 in einer funfmillionenfachen Verdiinnung befindet und ich griiudete hierauf auch eine Metliode, um dieselbe qriantitativ im Wasser zu be-

1) Ann. Chem. n. Pharm. CLIV, 533.