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613 6ber eime aeue erschiitterungsfreia Aufstellung fur empfimdl4clte Mepinstrzcmente VON RM d o E f 3112 111er (Mit 6 Figuren) In ha1t: 1. Einleitung. - 2. Erschutterungsmesser. Theorie von Rubens und Du Bois. - 3. Die Juliussche Aufhiingung:- 4. Ver- suche mit Stab- und Kombinationsaufstellungen. - 5. Das Dampfungs- problem. Diimpfung durch innere Reibung von Flussigkeiten. - 6. Be- schreibung eines Modells der erschutterungsfreien Stabaufstellung. - 7. Zusammenfassung. - 8. Literaturverzeichnis. 1. Einleitung Die Frage, wie man die frei hangenden Systeme empfind- licher MeBinstrumente vor den Bodenerschutterungen bewahren kann, wird in der Literatur zum erstenmal um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgeworfen. Die starke Entwicklung des gesamten Verkehrs brachte es mit sich, da6 die wissen- schaftlichen Institute erheblichen mechanischen Einflussen aus- gesetzt wurden. Gleichzeitig nahmen die Dimensionen und das Gewicht der in den Instrumenten verwendeten Systeme immer mehr ab, so da6 bei vielen Apparaten die schlechte Ruhelage uberhaupt keine genauen Messungen mehr gestattete, mindestens aber das Ablesen sehr erschwert wurde. Eine erschiitterungsfreie Aufstellung hat natiirlich auch fiir Apparate anderer Bauart eine Bedeutung, z. B. fur solche, bei denen es zum Zwecke genauer Messungen erwiinscht ist, eine moglichst ruhige Oberflache von Flussigkeiten herzustellen, wie beim Kapillarelektrometer. Hier sind aber unter ,,MeB- instrumenten" nur solche Apparate verstanden, bei denen ein an einem Faden aufgehangtes System, das mit Spiegelablesung versehen ist, Drehungen um die Vertikale und Pendelschwin- gungen in einer vertikalen Ebene ausfiihren kann (Qalvano- meter, Mikroradiometer). Dabei sei uber die Form und Annalen der Phyeilt. 6. Folge. 1. 41

Über eine neue erschütterungsfreie Aufstellung für empfindliche Meßinstrumente

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6ber eime aeue erschiitterungsfreia Aufstellung fur empfimdl4clte Mepinstrzcmente

VON RM d o E f 3112 111 e r

(Mit 6 Figuren)

In ha1 t: 1. Einleitung. - 2. Erschutterungsmesser. Theorie von R u b e n s und Du Bois. - 3. Die Ju l iussche Aufhiingung:- 4. Ver- suche mit Stab- und Kombinationsaufstellungen. - 5. Das Dampfungs- problem. Diimpfung durch innere Reibung von Flussigkeiten. - 6. Be- schreibung eines Modells der erschutterungsfreien Stabaufstellung. - 7. Zusammenfassung. - 8. Literaturverzeichnis.

1. Einleitung

Die Frage, wie man die frei hangenden Systeme empfind- licher MeBinstrumente vor den Bodenerschutterungen bewahren kann, wird in der Literatur zum erstenmal um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgeworfen. Die starke Entwicklung des gesamten Verkehrs brachte es mit sich, da6 die wissen- schaftlichen Institute erheblichen mechanischen Einflussen aus- gesetzt wurden. Gleichzeitig nahmen die Dimensionen und das Gewicht der in den Instrumenten verwendeten Systeme immer mehr ab, so da6 bei vielen Apparaten die schlechte Ruhelage uberhaupt keine genauen Messungen mehr gestattete, mindestens aber das Ablesen sehr erschwert wurde.

Eine erschiitterungsfreie Aufstellung hat natiirlich auch fiir Apparate anderer Bauart eine Bedeutung, z. B. fur solche, bei denen es zum Zwecke genauer Messungen erwiinscht ist, eine moglichst ruhige Oberflache von Flussigkeiten herzustellen, wie beim Kapillarelektrometer. Hier sind aber unter ,,MeB- instrumenten" nur solche Apparate verstanden, bei denen ein an einem Faden aufgehangtes System, das mit Spiegelablesung versehen ist, Drehungen um die Vertikale und Pendelschwin- gungen in einer vertikalen Ebene ausfiihren kann (Qalvano- meter, Mikroradiometer). Dabei sei uber die Form und

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Dampfung des Systems zunachst nichts vorausgesetzt. In vielen Fallen wird dann eine bestimmte Form der Aufstellung auch fur Instrumente anderer Bauart mit Erfolg verwendbar sein ; jedoch miissen hieruber erst Einzelversuche entscheiden.

D u Bois und R u b e n s 3 ) I ) versuchten 1893, gelegentlich der Konstruktion eines Galvanometers, diesem ubelstand wenigstens bei der Herstellung von neuen Instrumenten da- durch zu begegnen, dafi sie auf Grund mathematisch-physika- lischer fjberlegungen fiir die Anfertigung leichter Systeme gewisse allgemeine Richtlinien aufstellten, die sich auf Form und Anordnung der Systemteile beziehen. Diese Bedingungen sind noch heute von grofiter Wichtigkeit; jedoch sind ihrem Einhalten in der Praxis bestimmte Grenzen gesetzt, was sich namentlich bei sehr leichten und kleinen Systemen storend bemerkbar macht.

Es erwies sich daher mehr und mehr als ein wichtiges Problem, Vorrichtungen zu ersinnen, die die Aufgabe haben, die auf ein Instrument wirkenden mechanischen Krafte mog- lichst stark zu schwachen und dadurch indirekt die Genauig- keit der Messungen zu erhohen. Man versuchte, durch elasti- sche Unterlagen oder Stutzen, durch Anwendung von Federn oder durch Schwimmenlassen des Instruments auf einer Flussig- keit Abhilfe zu schaffen.

Der erste, der eine ausfiihrliche, auch die quantitativen Verhaltnisse beriicksichtigende Zergliederung der auf ein In- strument wirkenden mechanischen Kriifte versuchte , war Ju l ius4) , 6), 13) (1895). Er gab gleichzeitig eine relativ ein- fache Vorrichtung an, die die Apparate vor mechanischen Ein- fliissen weitgehend schutzte. Diese Vorrichtung ist heute unter dem Namen ,, Ju l iussche Aufhangung" allgemein be- kannt. Trotz anderer vorgeschlagener SchutzmaBnahmen iat - wenigstens in Deutschland - die Jul iussche Aufhangung bisher das Universalmittel zur Beseitigung mechanischer Sti- rungen geblieben; und verschiedene Vorschlage, die zu ihrer Verbesserung angegeben wurden, haben in der Praxis mehr geschadet als die Aufhangung leistungsfahiger gemacht.

Der Erfolg war wechselnd.

1) Die Zahlen 3) usw. weisen auf entsprechend bezifferte, im Literaturverzeichnie aufgefuhrte Originalarbeiten bin.

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Erschiitterungsfieie Aufstellung f iir empfind?. $fi/%n.strumente 6 15

Die Jul iussche Aufhangung hat, neben spater zu er- ijrternden Mangeln, den Nachteil, da8 sie nicht aufgestellt werden kann, sondern an drei - zwei bis drei Meter langen - Drahten hangt, die an einem stabilen Wandbrett oder an der Zimmerdecke befestigt werden miissen. Sie kann daher in manchen Raumen wegen ungeeigneter lokaler Verhaltnisse entweder gar nicht oder nur unter Schwierigkeiten Verwendung finden. Ferner ist sie, was manchmal recht stijrend ist, nicht ohne weiteres transportabel. SchlieBlich ist sie sehr empfindlich gegen Luftstromungen; dazu kommt, daB, wenn man die Auf- hangung mit einem absolut dichten Luftschutz umgeben will, man die Drahte mit meterlangen Rohren umschliegen mn8. Diese ziemlich umstandliche Anordnung ist z. B. dann notig, wenn man das Instrument in trockener Luft halten will. I n der Dampfung der Eigenschwingungen, der Aufstellung des Instrumentes, der Art der Drahte, der Belastung und der Be- festigungsweise der Aufhangung konnte man mit einer gewissen Willkur verfahren. Nan muEte also erst probieren, ob eine bestimmte Ausfiihrung der Auf hangung an einem bestimmten Orte speziellen Anforderungen Geniige leistete. - Die anderen angegebenen Vorrichtungen haben, soweit sie in ihrer Wirkung uberhaupt mit der Juliusschen Auf hangung vergleichbar sind, teils ahnliche Mangel wie diese, teils sind sie nur fur In- strumente von bestimmter Bauart verwendbar.

Diese Verhaltnisse fuhrten zu der Frage, ob es maglich sei, mit einfachen Mitteln eine leicht transportable und bequem zu handhabende Vorrichtung zu konstruieren, die nicht an Drahten aufgehangt ist, sondern auf einem festen FuBboden oder Tisch aufgestellt werden kann, und die in bezug auf Ver- ringerung der mechanischen Erschutterungcjn mindestens das- selbe leistet wie die Juliussche Aufhangung. Dieses Ziel lag den in den folgenden Abschnitten besprochenen Versuchen zugrunde. Hierbei ergaben sich beim Arbeiten rnit der als Ausgangspunkt dienenden J uliusschen Aufhangung gewisse Erfahrungen und Methoden, durch deren Anwendung die Leistungsf iihigkeit dieser Aufhangung noch, manchmal sogar erheblich, gesteigert werden kann. Diese Tatsache war be- sondere fiir das hiesige physikalische Institut von groBem Interesse, das wohl heute zu den durch den GroBstadtverkehr

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am meisten betroffenen Instituten Deutschlands gehiirt, und in dem selbst die Ju l iussche Aufhangung zuweilen versagte.

Um das gestellte Problem liisen zu kiinnen, war es not- wendig, zunachst Erfahrungen uber die Wirkungsweise der schon vorhandenen Hilfsmittel zu sammeln. Die Arbeiten be- gannen daher mit einer kritischen Sichtung und einer experi- mentellen Nachprufung der bisher in der Literatur angegebenen Vorschlage zur Beseitigung von Erschiitterungen. Dabei konnten manche als fur den praktischen Gebrauch wenig oder gar nicht geeignete Vorrichtungen bald ausgeschieden werden. Eine besonders ausfiihrliche Behandlung erfuhr das Dampfungs- problem, d. h. die Frage, wie man die (z. B. auch durch ganz geringe Luftstromungen) angeregten Eigenschwingungen der Auf hangung wirksam dampfen kann, ohne schadliche sekundare Effekte hervorzurufen. Eine befriedigende Liisung dieser Auf- gabe fuhrte, in Gemeinschaft mit anderen experimentellen Er- gebnissen, zu einer Verbesserung der Juliusschen Aufhangung; schlieBlich konnte auf Grund der gesammelten Erfahrungen und unter Verwendung von teilweise neuen Prinzipien eine Aufstellung konstruiert werden, die in wesentlichen Punkten den obea erwahnten Anforderungen entspricht und geeignet ist, in vielen Fallen die Ju l iussche Aufhangung vollstandig zu ersctzen.

Die meisten Versuche wurden in einem zu ebener Erde liegenden, mit SteinfuBboden ausgestatteten Zimmer (Raum 3) ausgefuhrt, das einzeln in den Hof des Instituts hinausgebaut ist. Auf andere noch benutzte Raumlichkeiten ist im folgenden besonders verwiesen.

Es sei noch hervorgehoben, da8 im folgenden alle Griifien, wenn nicht ausdriicklich anders bemerkt, im absoluten (c-g-s)- System ausgedruckt sind. Unter der Schwingungsdauer eines Systems ist stets die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Umkehrpunkten des Systems verstanden.

2. Ersohutterungsmeaser. Theorie von Rubens und Du Bois Bevor an eigentliche Experimente zur Lasung der ge-

stellten Aufgabe gegangen werden konnte, muBte versucht werden, mit einfachen Mitteln eine Art Erschiitterungsmesser herzustellen, der wenigstens qualitativ anzeigte, ob die rest-

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Erschiitterungsfieie Aufsteilung f iir empfindl. Mepinstrumente 6 17

lichen Erschiitterungen einer bestimmten Vorrichtung gr8Ber seien als die einer anderen. Von diesem Erschiitterungsmesser war zu verlangen, da6 er in bezug auf mechanische Storungen empfindlicher sei als die in den modernen Instrumenten ver- wendeten leichten Systeme, insbesondere die der Galvanometer, dal3 er aber unempfindlich sei in bezug auf magnetische Ein- fliisse jeder Art, sowie auf Warmewirkungen und Luft- stromungen.

Hier liefert die Theorie von R u b e n s und Du Bois ein einfaches, aber wichtiges Hilfsmittel. Diese, von R u b ens bei der Konstruktion seiner Galvanometer berucksichtigte Theorie stellt an ein in bezug auf Erschutterungen unempfindliches System folgende zwei Bedingungen:

1. Das System mu6 vollige Tragheitssymmetrie um die Verliingerung des Aufhangefadens aufweisen, damit die (ge- wohnlich einem Minimum des Tragheitsmomentes entsprechende) Haupttragheitsachse des Systems in die Verlangerung des Fadens falle und daher bei einer horizontalen Translations- bewegung des Aufhiingepunktes keine Rotationsschwingmgen des Systems urn die Vertikale auftreten.

2. Am System befestigte, diinne flache Gebilde sollen in zwei senkrechten Ebenen ungef iihr gleiche Flbhenausdehnung hesitzen) damit bei Pendelschwingungen des Systems infolge asymmetrischen Luftwiderstands keine Drehungen um die Vertikalachse stattfinden.

Was zunachst die zweite Bedingung anlangt, so 1aBt sich die Frage, ob die durch asymmetrischen Luftwiderstand hervor- gerufenen Rotationen wirklich sich bemerkbar machen, nicht allgemein beantworten, da hier verschiedene, mit jedem In- strument wechselnde Faktoren, z. B. das Gewicht des Systems, mitsprechen. In der Literatur wird nirgends auf die zweite Bedingung eingegangen. Jedoch wird man auch ohne ein- gehende Versuche sagen konnen, daB bei einem auf einer guten erschiitterungsfreien Aufstellung stehenden Instrument die zweite Bedingung von untergeordneter Bedeutung ist ; denn die restlichen Impulse, die dann das Instrument erhalt, sind so gering, da8 der Luftwiderstand bei den kleinen Pendel- schwingungen sich kaum bemerkbar machen durfte.

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Sehr wichtig ist dagegen die erste Bedingung. Wenn den Aufhangepunkt des Systems ein horizontal gerichteter Impuls trifft, so wird, wenn die Haupttragheitsachse in die Fadenverlangerung fallt, nur eine Verschiebung des Schwer- punktes eintreten. Das System gerat d a m in Pendelschwin- gungen, von denen man die Komponente parallel zum Spiegel i m Fernrohr nicht bemerkt, wahrend die Komponente senk- recht zum Spiegel vertikale Erzitterungen im Fernrohr ver-

ursacht. Trifft dagegen der Impuls nicht die Haupttragheitsachse, so mu8 au8erdem immer ein Drehmoment um die Vertikale eintreten. Diese Rotationen des Systems sind im Fernrohr als horizontale Schwingungen sichtbar und sind fur das Ablesen am schadlichsten.

Bildet umgekehrt die Tragheitsachse einen Winkel mit der Vertikalen, so ist das System in bezug auf Erschutterungen empfindlich. Dies kann man auf verschiedene Weise erreichen. Fig. 1 zeigt das allen Untersuchungen zugrunde gelegte System, das sich durch besondere Einfachheit und groBe Empfindlichkeit auszeichnet. I n dem System ist ein 0,8 mm dicker Kupferdraht so gebogen, daB die einem Minimum des Tragheits- moments entsprechende Haupttriigheitsachse einen merklichen Winkel mit der Vertikalen bildet, so da6 also die erste Bedingung absichtlich verletzt

ist. Die Lange des Systems betrug ungefahr 10 cm. I n der Figur bedeutet Sp einen kleinen Planspiegel, der mittels eines leichten Aluminiumgestells an dem Kupferdraht befestigt ist. Q ist der Befestigungspunkt des Quarzfadens, an dem das System hing. Eine unten angebrachte Aluminiumscheibe A konnte durch Senken des ganzen Systems, das sich eum Schutz gegen Luft- stromungen in einer zylindrischen, vorn mit einer Glasscheibe versehenen Messingrohre befand, nahe an den Boden des mit drei Stellschrauben versehen en Apparates gebracht werden, wodurch eine ganz geringe Luftdampfung erzielt wurde. In der Regel wurde aber auf eine Dampfung ganz verzichtet. Bei 3,5 m Skalenabstand zeigte das System, auf einem zu den meisten Versuchen verwendeten Wandtisch aufgestellt , im

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Erschutterungsfieie Aufstelluny f u r empfindl. MePinstrumente 619

Fernrohr horizontale Schwingungen bis 2 mm und vertikale Schwingungen bis 3 mm, wobei sich die fur Erschutterungen typischen unaufhijrlichen kleinen sehr schnellen Schwingungen iiberlagerten, so dab ein Ablesen, auch nur naherungsweise, vollstandig ausgeschlossen war.

Hierbei stand das System im Raum E auf einem sehr stabilen Wandtisch, wobei noch erwahnt werden 8011, daB dieser Raum bei weitem nicht der am meisten mechanisch erschiitterte Raum des Instituts ist. Das Gewicht des Systems betrug 0,92 g, sein aus Schwingungsbeobachtungen ermitteltes Tragheitsmoment in bezug auf die Vertikalachse rund 0,14. Fig. 1 zeigt, da8 dunn Drehungen um die Vertikale erfolgen, wenn der Punkt Q einen Impuls senkrecht zum Spiegel be- kommt. Da man annehmen mu8, da8 die Erschiitterungen von allen Seiten kommen, und da das System infolge des Fehlens einer Dampfung in standiger Bewegung ist, so werden auch immer solche Impulse auftreten, so da8 das System auf alle in Frage kommenden Komponenten der Erschiitterungen an- spricht. Da das System der Einfachheit halber keine Arretierung besa6, konnte es bei der stsrken Inanspruchnahme des In- struments nicht vermieden werden, dat3 der Faden ab und zu erneuert werden muate. Wahrend sich die Dauer der Pendel- schwingungen des Systems dadurch nicht andern konnte, be- trug die Botationsschwingungsdauer je nach den Urnstanden 4-8 Sekunden. Eine Veranderung der Empfindlichkeit des Systems war aber nicht nachzuweisen.

Das System wurde auf die verschiedenen Anordnungen gesetzt, und bei bestimmtem Skalenabstand wurden die Schwin- gungen des Systems mit dem Fernrohr beobachtet. In den Tabellen ist der Maximalausschlag angegeben, d. h. die groEte (im ungiinstigsten Falle gemessene) Entfernung zweier auf- einanderfolgender Umkehrpunkte im Fernrohr, gemessen in Millimetern. Betrug diese Entfernung z. B. 1 mm, so wurde als Maximalausschlag & 0,5 mm angegeben. Handelte es sich urn wichtige vergleichende Messungen, so wurden die stets liingere Zeit dauernden Beobachtungen zu verschiedenen Tages- zeiten wiederholt. Eine langere Zeit, etwa eine halbe Stunde lang, dauernde absolute Ruhelage hat das System auf keiner Anordnung erreicht, ein Beweis fur seine Empfindlichkeit.

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Die Angabe des Maximalausschlags gen9igte, wie sich zeigte, zur Charakterisierung der Leistungsfahigkeit einer Auf- stellung. I m allgemeinen zeigte es sich, da6 die Periode der restlichen kleinen Rotationen um die Vertihale ubereinstimmte mit der Periode der Pendelschwingungen des Systems. Bei noch groBeren mechanischen Storungen als die hier im Institut auftretenden (die in der Praxis selten vorkommen werden) wurde eine Erhbhung der Maximalausschlage eintreten ; denn e8 handelt sich bei jeder erschiitterungsfreien Aufstellung nur darum, die mechanischen Krafte moglichst zu schwachen. Voll- standig beseitigen kann man sie naturlich nicht. Deshalb wird auch die beste erschutterungsfreie Aufstellung unbrauchbar, wenn man die Erschutterungen hinreichend vergro6ert.

Es war noch von Interesse zu berechnen, urn welchen Winkel sich das System infolge der B r o wnschen Molekular- bewegung dreht, und ob dieser Winkel vergleichbar ist mit den Winkeln, die den niedrigsten Maximalausschlagen ent- sprechen. Der Mittelwert I) der den Br ownschen Bewegungen entsprechenden Winkel ist gegeben durch die Gleichung

in der k die Bol tzmannsche Konstante, 1' die in absolutem MaE gemessene Zimmertemperatur , A die Direktionskraft des Fadens bedeutet.

)/Ti-= 7,48.10-7 , was bei 4 m Skalenabstand einem horizontalen Ausschlag von etwa 0,006 mm im Fernrohr entspricht. Kennt man rj j2, so kann man unter Verwendung der Gaussschen Fehlerfunktion die Wahrscheinlichkeit dafur berechnen, da8 sich der Spiegel urn Winkel dreht, die groBer sind als ein bestimmter Winkel yDI. Diese Wahrscheinlichkeit ist gegeben durch den Ausdruck

Aus diesen GroBen ergab sich:

wobei

1) Vgl. z. B. Is ing, A natural limit for the sensibility of galvano- meters (Phil. Mag. 1. S. 821. 1926).

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&-schutterungsfreie Aufstellung f $r empfindl. Me/i’instrumente 621

Entspricht nun z. B. vP1 einer horizontalen Abweichung von 0,Ol mm im Fernrohr, so zeigt die Rechnung, daB die Wahr- scheinlichkeit des Eintretens grijEerer AusschlHge enorm gering ist. Da die Maximalausschlage stets groBer waren als 0,Ol mm, kann gesagt werden, da6 sie nicht auf Brownsche Molekular- bewegungen zuriickzufiihren sind.

3. Die Juliussche Aufhangung

Die Experimente mit der J u l i u s schen Aufhangung dienten dem Zweck, zunachst iiber ihre Leistungsfiihigkeit etwas Ge- naues aussagen zu kijnnen, zweitens durch planma8ige Ab- anderung ihrer Teile eine nbersicht iiber die fur ihre Wirkungs- weise wesentlichen Faktoren zu gewinnen und schlieblich einige in der Literatur auftretende Widerspriiche zu klaren. Die ge- wonnenen Erfahrungen lieferten bestimmte Vorschlage zu Ver- besseruogen und bildeten andererseits die Grundlage fiir die Konstruktion der spater beschriebenen neuen Aufstellung.

Die Jul iussche Aufhangung besteht aus einem an drei Stahldrahten von 2-3 m Lange hangenden Gestell, das in der Praxis vielfach durch zwei kreisformige, starke Holzbretter, die durch drei Metallstabe verbunden sind, dargestellt wird. Die Befestigungspunkte des Gestells, der Aufhangepunkt des Systems und der Schwerpunkt der ganzen Aufhangung sollen moglichst in einer Ebene liegen. Die Drahte sollen durch das Gewicht der Aufhangung merklich verlangert sein. Die dreiteilige Damp fung der Eigenschwingungen sol1 in der Schwer- punktsebene erfolgen und durch in OlgefaEe tauchende Blech- flugel oder durch lockere Wattebiischel, die auf einer festen Unterlage schleifen, bewerkstelligt werden. Vorausgesetzt ist ferner genau gleiche Drahtlange und zentrale Aufstellung des Instruments. Weitere Vorschriften iiber die zu benutzenden Dimensionen, z. B. uber die Dicke der Drahte, werden nicht gegeben.

Nach J u l i u s entstehen bei horizontalen Bewegungen der Aufhaogepunkte der Drahte Transversalwellen, die oben mit gleicher Phase beginnen und unten fast ungeschwacht reflek- tiert werden. J u l i u s berechnet aus dem Gewicht und der Neigung der Welle die geringe Kraft, die auf den unteren Endpunkt des Drahtes wirkt. DaB die Wellen mit ungleicher

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Phase unten ankommen, sucht er durch die gleiche Lange der DrLbte zu vermeiden, so da8 keine Rotationen des Gestells um die Vertikale eintreten. Die vertikalen Komponenten werden durch die Dehnung der Drahte geschwacht. Schnelle, um eine horizontale Achse durch den Schwerpunkt erfolgende Schwin- gungen werden durch Aufstellung des Instruments im Schwer- punkt unschadlich gemacht.

Die im Verlaufe der Untersuchungen zunachst rein ex- perimentell gefundenen Ergebnisse konnen in folgende wichtige Punkte zusammengefa5t werden:

1. Die Forderung, daB Schwerpunkt der ganzen Aufhangung und Aufhangepunkt des Systems in der Ebene der drei Be- festigungspunkte der drei Drahte liegen sollen, ist prinzipiell richtig, aber um so weniger von Bedeutung, je dicker und weniger verlangert die Driihte sind. Auch die Forderung, daB das Instrument in der vertikalen Achse des Gestells stehen 5011, braucht dann nicht streng innegehalten zu werden.

2. Man verwendet zweckmaflig weichen Eisendraht, der durch das Gewicht der Aufhangung zwar gespannt, aber nicht merklich verlangert sei.

3. Die Drahtlange darf einen gewissen Betrag, etwa 150 cm, nicht unterschreiten.

4. Auf Stabilitat des Gestells ist ganz besonders zu achten. 5. Keinen wesentlichen EinfluB hat die Befestigungsweise

der Drahte. 6. Ein dichter Luftschutz ist auch schon bei weniger

feinen Messungen von auBerordentlicher Wichtigkeit. 7. Als beste Diimpfuug ist die im 5. Abschnitt besprochene,

auf inner er Reibung von Flussigkeiten beruhende Dampfung zu empfehlen. (Eine oder mehrere Schalen.) Bei Wattediimpfung k6nnen die Wattebiischel unbedenklich unten an der Peripherie angebracht werden ; empfohlen werden kann eine dreiteilige Dampfung. I m allgemeinen diirfen die Wattebuschel nur ganz lose schleifen.

Hieran seien nun folgende, sich teils aus dem Experiment, teils aus der Theorie ergebende Bemerkungen gekniipft:

Zu 1. und 2.: Jede translatorische Bewegung des Aufhange- punktes des Systems, die von analogen Bewegungen des Ge- stells und der Befestigungspunkte der Drahte herruhrt, ist

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.Erschutterungsfreie Aufstellung f u r empgndl. Jlepinstrumente 623

zerlegbar in eine horizontale und eine vertikale Komponente. Hier sol1 zunachst nur von der Vertikalkomponente die Rede sein. Schon in der Arbeit von D u Bois und Rubens wird darauf hingewiesen, daB eine Vertikalbewegung des Aufhange- punktes nur eine unschidliche Hebung oder Senkung des Systems hervorruft, wenn dsls System einigermaben den beiden bereits erwahnten Bedingungen entspricht ; und in der Theorie wird diese Bewegung gar nicht beriicksichtigt. Trotzdem ist, wenn auch z. B. J u l i u s vor allem die Notwendigkeit der Be- seitigung der horizontalen Komponente betont, anscheinend niemals der Versuch gemacht worden, in konsequenter Ver- folgucg dieser Tatsache auf eine Dampfung der Vertikal- komponente praktisch ganz zu verzichten ; im Gegenteil suchte man sich gegenseitig in einer Dampfung dieser Komponente durch elastische Mittel, Federn usw. zu iiberbieten, vielfach unter Vernachlassigung der vie1 wichtigeren Beseitigung der horizontalen Komponente. Wenn nun bei der Juliusschen Aufhangung stark verlangerte Stahldrahte, evtl. auch Federn verwendet werden, so findet zwar sicher eine Dampfung der Vertikalkomponente statt, aber gleichzeitig treten Schwingungen urn eine horizontale, durch den Schwerpunkt gehende Achse auf, urn so mehr, je elastischer die Drahte und je starker sie gedehnt sind.

Drahte aus weichem Eisen sind aus praktischen Griinden schon ofters verwendet worden (2. B. von Rubens) . Sie lassen sich leicht glatt ausziehen und knicken nicht und sind leichter zu befestigen. Sie verhindern aber auch, wie die Versuche uberall bestatigen, die Ausbildung der Schwingungen urn den Schwerpunkt in sehr erheblichem MaBe. Eine besondere Dehnung der Drahte ist nicht nur unniitz, sondern kann schadlich wirken. Man kann, wie experimentell nachgewiesen wurde, bei Beachtung dieses Punktes den Schwerpunkt ziem- lich weit in vertikaler Richtung verlegen, ohne daB eine h d e r u n g der Ruhelage eintritt; andernfalls kann schon eine Verlegung urn 2 cm in vertikaler Richtung deutliche Storungen hervorrufen. Diese Tatsache ist auch eine Erklarung dafiir, daB man in Raumen, die nicht ganz extreme Erschiitterungen aufweisen, vielfach gute Resultate mit einer Juliusschen Auf- hhngung erzielt, die nur aus einem einzigen belasteten Brett

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besteht, das an starken Drahten aus weichem Eisen hangt, und zwar so, daB die Schwerpunktsbedingung ganz vernachlassigt wird.

Der Verzicht auf eine merkliche Dampfung der Vertikal- komponente ist der erste wesentliche Punkt bei der neuen Aufstellung.

Zu 3.: Das Experiment lehrt, daB die Jul iussche Auf- hangung eine um so schlechtere Ruhelage zeigt, j e weiter man unter eine gewisse Drahtlange heruntergeht. Dies erklart J u l i u s , der zwei bis drei Meter lange Drahte empfiehlt, damit, da6 bei kurzen Drahten ein einfaches Verhaltnis zwischen ,,ge- wissen Hauptperioden des Gebaudes" und der Eigenschwingung der Aufhangung besteht. Ferner behauptet J u l i u s nicht, daB die Verwendung elastischen Materials eine unbedingte Not- wendigkeit sei, sondern er gebraucht Drahte aus Griinden der Einfachheit und deshalb, weil, wie er sich selbst ausdruckt, sich dann iiber die GroBe der noch wirkenden Krafte etwas Naheres aussagen 1aSt. Das la& die Frage berechtigt er- scheinen, ob die Elastizitat der Drabte wirklich ein ausschlag- gebendes Moment fur ein einwandfreies Funktionieren der Auf- hangung bedeutet.

Wahrend J u l i u s die Wirkung eines Einzelimpulses auf den gespannten Draht betrachtet, soll, wie man das innerhalb kurzer Zeiten tun darf, hier eine periodische Bewegung des Auf hangepunktes angenommen und untersucht werden, in welcher Weise die Bewegung der Aufhangung von der Be- wegung des Aufhangepunktes und von der Eigenfrequenz der Aufhangung abhangt. Es wird dabei keinerlei Voraussetzung iiber die Beschaffenheit der Drahte gemacht.

Es sei nun folgendes einfache Problem theoretisch be- handelt, auf das sich alle wesentlichen Erscheinungen bei der Jul iusschen Aufhangung zuriickfiihren lassen. An einem masselosen Faden von der Lange Z hange eine Masse m (Fig. 2).

Der Faden falle in der Ruhelage mit der Y-Achse zu- sammen. Der Aufhgngepunkt A fiihre in Richtung der X-Achse horizontale, rein periodische Bewegungen aus von der Form g = A sin w t. Dann wird das - hier als ungedampft angenommene - Pendel erzwungene Schwingungen ausfiihren. Die Elongation x des Pendels ist gegeben durch den Ausdruck

z = A sin w t + 1 sin sp - A sin wt + Z y , (1)

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Ersehiitterungsfreie Aufitelluny f iir empfindl. ikfepinstrumente 625

wenn tp den Winkel bezeichnet, den das Pendel mit der Vertikalen bildet. Fiihrt man q~ als Variable ein und benutzt man die La grangeschen Bewegungsgleichungen zweiter Art, so ist der Ausdruck

fD = 0. Fuhrt man noch die Eigenfrequenz des Pendels ~

durch die Gleichung ao2 = f ein, so gelangt man nach Einsetzen dieser Werte in (2) zu der Gleichung

w9 waz @ + ao2 y~ = A sin w t . (3) g

zu berechnen. Es ergibt sich (unter Vernachlassigung GrbBen zweiter Ordnung): U = - mg E cos y + const,

m I/ = - ( A 2 w 2 COS2 a t + Z 2 S p 2 + 2Alw1$1 COS W t ) , 2

if I \ I

der

woraus nach (1) folgt:

1 w 2 =

- A (sin w t - ~ sin roo t - WO 1

GJ3 - - (5) wo2

Aus (5) ist zu ersehen, da8 die Elongation 2 bei einer groBen Frequenz w des Aufhangepunktes urn so kleiner ist, je kleiner die Eigenfrequenz des Pendels wo ist, je weiter also die beiden Frequenzen auseinander liegen. Diese Tatsache, an- gewendet auf die Jul iussche Aufhangung, zeigt also, daB, um den EinfluB der horizontalen Komponente der Erschiitterungen mbglichst stark zu schwachen, die Aufhangung eine groBe Schwingungsdauer haben muS. Damit ist die Notwendigkeit von lkngeren Drahten bei der Jul iusschen Aufhlngung hin- reichend erklkt. Hiermit ist zugleich ausgesprochen, daI3 die

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626 R. MillEer

Elastizitat keine notwendige Bedingung fur die Wirkungsweise der Jul iusschen Aufhangung ist, sondern dis Drahte iiber- nehmen mehr die Rolle einer moglichst geringen Koppelung des schwingenden Gestells mit dem Erdboden. Dafiir spricht auch schon die erwahnte Maglichkeit einer Verwendung von relativ dicken Drahten aus weichem Eisen. Der Vorteil dieser Betrachtungsweise liegt eben darin, daB man sie auch auf Koppelungen anwenden kann, die nicht als biegsame gespannte Saiten betrachtet werden konnen. Die im nachsten Abschnitt beschriebenen Versuche fugen sich in diese Theorie voll- standig ein.

Eine Aufhangung mit groBer Translationsschwingungs- dauer ist naturlich wieder empfindlicher auf Storungen von kleiner Frequenz. Diese treten aber im allgemeinen kaum auf. DaB. jedoch solche E’alle vorkommen, zeigt eine im hiesigen Institut am 26. Juni 1926 abends gegen 9 Uhr ge- machte Be0bachtung.l) Es wurde beobachtet, dab plotzlich zwei J uliussche Aufhangungen Pendelschwingungen von mehreren Millimetern Amplitude ausfuhrten. Dies stand jeden- falls im Zusammenhang mit den Auslaufern eines an diesem Tage erfolgten Erdbebens. Es fand also hier eine Resonanz- wirkung statt. Qegen solche kleine Frequenzen, wie sie beim Erdbeben auftreten, bietet also die Aufhangung keinen Schutz.

Die Forderung einer groBen Translationsschwingungsdauer in horizontaler Richtung in Verbindung mit dem Vorhanden- sein einer nach Moglichkeit losen Koppelung mit dem Erd- boden bildet den zweiten wesentlichen Punkt der neuen Auf- stellung.

Zu 4.: Schon J u l i u s betont, daB, wenn das Gestell in sich schwingungsf ahig ist, sich leicht in uniibersehbarer Weise Knotenpunkte bilden konnen. In der Tat ist die Forderung nach groBer Stabilitat des Gestells auBerordentlich wichtig, auch wenn man Metal1 verwendet. Es ist notwendig, diesen Punkt ganz besonders zu betonen. Wenn also bei einer Auf- hangung nicht die gewunschte Ruhelage eintritt , so empfiehlt es sich, das Gestell eingehend auf seine Stabilitat zu priifen. Auch das Wandbrett mu6 naturlich stabil sein. Da8 Gestell

1) Freundl. persanliche Mitteilung von f i n . Dr. Czerny,

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Erschiitterungsfreie Aufstellung fiir ernpfindl. ib!e/hhtrumente 62'7

an der Decke aufzuhangen, ist im allgemeinen nicht empfehlens- wert, da die Decke in der Regel gro6ere Schwingungen ausfuhrt.

Zu 5.: fiber die Befestigungsweise der Drahte hat sich J u l i u s nicht geauBert, hat ihr also keine Bedeutung beigelegt. Die gleichen Erfahrungen wurden im Laufe dieser Unter- suchungen gemacht.

Zu 6.: Die Notwendigkeit eines guten Luftschutzes reicht viel weiter, als man in der Regel annimmt, worauf besonders W h i t e 12) hinweist; es genugen sehr kleine Impulse, um die Aufhangung in Bewegung zu setzen. Oft konnen durch Ver- wendung eines Luftschutzes, der meist aus Pappe hergestellt wird, merkliche Erfolge erzielt werden. Man darf jedoch nicht die Ruhelage durch starke Wattedampfung verbessern wollen (vgl. Punkt 7). Dagegen kann man durch VergroBerung des Gewichtes der Auf hangung eine gewisse Unempfindlichkeit gegen Luftstromungen erzielen.

Zu 7.: Eine Dampfung der dureh die Erschiitterungen und geringe Luftstromungen angeregten Eigenschwingungen ist von gro6er Wichtigkeit. Die Frage, wie und wo man am besten dampft, ist in der Literatur verschieden beantwortet worden; in der Praxis finden sich noch viel mehr Variationen.

Die von J u l i u s zunachst vorgeschlagene Dampfung sol1 durch drei an der Peripherie angebrachte, aus zwei sich recht- winklig schneidenden Metallblechen bestehende Dampfer er- folgen, die in mit 01 gefiillte GefaBe tauchen. D s diese Dampfung aber im Gebrauch ziemlich unpraktisch ist, ver- wendet man jetzt im allgemeinen lockere Wattebuschel, die auf einer Unterlage lose schleifen. J u l i u s setzt sich un- bedingt fur ein Anbringen der Dampfungsanlage in der Schwerpunktsebene ein, um zu vermeiden, daB Schwingungen um eine horizontale Achse durch den Schwerpunkt auftreten, wenn die Dampfer einen Impuls bekommen 14).

Bei beiden Dampfungsmethoden kann aber nicht ganz verhindert werden, daB Erschutterungen der Unterlage durch Dampfer auf die Aufhangung ubertragen werden.

Rei Wattedampfung dampft man am besten an drei Stellen (vgl. Abschnitt 5). Hat die Watte eine bestimmte Starke er- reicht, so treten sofort wieder Erschutterungen der Aufhangung auf. Als allgemeine Regel kann nur angegeben werden, da6

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die Wattebiischel ganz locker aufliegen sollen. Zahlreiche Beobachtungen ergaben, da8 dieser Punkt von groBer Wichtig- keit sein kann. Ebenso ist darauf zu achten, da6 die Dampfung nicht unsymmetrisch ist; es darf also die Watte an der einen Stelle nicht mehr aufliegen als auf der anderen. Deshalb kann auch die von L. D a y 14) vorgeschlagene asymmetrische Dampfung mit nur zwei Wattebuscheln nicht allgemein emp- fohlen werden. Jedenfalls hat die bisherjge Form der Dampfung vielfach zu einer Verschlechterung der Aufhangung gefuhrt. Deshalb wurden besonders ausgedehnte Versuche gemacht, urn eine neue, bessere Form der Dampfung zu schaffen. Hieriiber ist im 5. Abschnitt berichtet.

Die Einfuhrung einer neuen Dampfungsmethode bildet den dritten wesentlichen Punkt der neuen Aufstellung.

4. Versuche rnit Stab- und Kombinationsaufstellungen

Die ersten Versuche, eine den in der Einleitung er- wahnten Anforderungen entsprechende Aufstellung zu erhalten, liefen gewisserma6en auf eine Umkehrung der Juliusschen Aufhangung hinaus; d. h. es wurde versucht, rnit Hilfe dreier elastischer Stutzen die Ervchutterungen zu beseitigen. U. a. wurden hierzu Spiralfedern verwendet, die unten mit starker Reibung iiber Messingstucke geschoben wurden, die auf einer Holzplatte befestigt waren. Oben trugen die Federn spitz zulaufende Messingstuckchen, die in verschiedener Weise gegen eine mehr oder weniger belastete Auflageplatte gelagert waren. Dadurch bekam die Platte eine variable, seitliche Schwingungs- dauer. Die Lange der Federn betrug etwa 10 cm. E s wurden verschiedene Anordnungen ausprobiert, jedoch rnit keinerlei Erfolg. Das System zeigte sogar vielfach schlechtere Ruhe- lagen als auf dem benutzten Wandtisch.

Deshalb wurde, angesichts der schon im vorigen Abschnitt mitgeteilten Erfahrungen und Uberlegungen, in der Folge auf eine Dampfung der vertikalen Komponente der Erschutterungen prinzipiell verzichtet und die gleichfalls schon erwahnte Theorie zugrunde gelegt, da6 ein System um so weniger Erschutterungen zeigt, je geringer die Koppelung mit dem Erdboden ist und j e langsamer seine Eigenschwingungsdauer in horizontaler Richtung ist. Die erete Bedingung erforderte, da8 die Masse

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T Sek.

0,61 0,70 0,79 1,0 1,17 194 1,6 179

Ausschlag

hor. mm I vert. mm

& 5 * 20 + 2,5 * 10 + 1 5 7 3 *0,25 * 2,5 *0,15 * I *0,1 k 0,5 + 0,l * 0,05 * 0,1

i- 0,25

Erschutterungsfi-eie Aufstellung f u r empfindl. Me/linslrumente 629

der Stiitzen nach Niiglicbkeit gering sei ; beziiglich der zweiten Bedingung war zu erforschen, ob die mit Hilfe einfacher An- ordnungen erreichten Schwingungsdauern eine geniigende Ruhe- lage verbiirgten.

Die erste Anordnung war folgende. Auf einer Grund- platte von Holz waren im Abstand von rund 25 cm drei holzerne, quadratische Saulen von 15 cm LBnge befestigt, in die Stricknadeln von 2,1 mm Dicke gesteckt wurden. Das freie Ende betrug 10,5 cm. I n die holzerne Auflageplatte waren kleine Glasplatten eingelegt, rnit denen sie auf die Nadelspitzen gelegt wurde. Dabei war der Gedanke einer moglichst losen Koppelung maBgebend. Eine solche Anordoung hat eine ganz bestimmte Schwingungsdauer in horizontaler Richtung, die man nach seitlichem AnstoBen messen kann. Die Schwingungsdauer steigt mit stejgender Belastung, wobei sich die Nadeln etwas biegen. Bei einer bestimmten Belastung knicken die Nadeln urn. Das ist die naturliche Grenze der Belastung. Die Ruhelage dieser Anordnung wurde durch Auf- setzen des Systems beobachtet. Tab. 1 gibt die Maxirnal- ausschlage bei 3,5 m Skalenabstand rnit den zugehorigen Schwingungsdauern.

Trotz dieser noch ziemlich primitiven Anordnung waren also die Ausschlage des Systems in ganz rapidem MaBe zuriick- gegangen. Es wurden nun mit verbesserten Hilfsmitteln aus- gedehnte Versuche gemacht. Zunachst wurden Lange und Dicke der Nadeln variiert und dann zu Stahlstaben iiber- gegangen, die teils auf Tischen, teils auf dem FuBboden standen. Die Stabe wurden unten in geschlitzte Messingstucke

-4nnalen der Physik. 5. Bolge. 1. 42

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eingespannt, die durch eine Druckschraube zusammengeprefit waren und in eisernen DreifiiBen sagen. Damit war einerseits eine grogere Stabilitat erreicht, andererseits konnte man mit Hilfe der Stellschrauben die Stabe anfangs vertikal ausrichten und gegebenenfalls jeden FuB einzeln verschieben.

Zunachst lag das Gestell, in dem an den betreffenden Stellen Glas- oder Messingplattchen ein- gelegt waren, lose auf den oben zugespitzten Staben auf. Spater wurden die Stabe, ebenso wie unten, auch oben fest eingespannt, so da8 sie mit dem Gestell fest verbunden waren. Diese fur den praktischen Gebrauch vie1 gun- stigere Anordnung verschlechterte, wie vergleichende Versuche zeig- ten, die Ruhelage des Systems nicht. Nur war zur Erzielung der gleichen Schwingungsdauern natiirlich eine grijgere Belastung erforderlich. Bei allen weiteren Versuchen waren die Stabe oben und unten fest eingespannt. Ferner ergaben Versuche, da8 eine Verlagerung des Schwer- punktes die Ruhelage ebenfalls nicht verschlechterte, eine Tat- sache, die wesentlich zur Verein- fachung der ganzen Aufstellung

Fig. 3 beitragt. Als Gestell selbst wur- den dieselben Gestelle benutzt

wie zu den Juliusschen Aufhangungen. Eine derartige An- ordnung zeigt Fig. 3. Die oben aufgesetzte Schalenkombination dient zur Dampfung. (Naheres vgl. Abschnitt 5). Die auf dem SteinfuBboden im Raume 3 aufgestellten Stahlstabe batten einen Durchmesser von 6,3 mm und eine LiCnge von 95 cm.

Urn alles Eisen auszuschalten, wurden nun Versuche mit Messingstaben gemacht. Da der Elastizitatsmodul des Mes-

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Erschiittemngsfreie Bzijitellung f iir empgnrll. iV$3instrurnente 63 1

sings nur etwa halb so grog ist wie der des Stahls, muaten die Nessingstabe entsprechend dicker sein. Aus den beim Stahl benutzten Dimensionen lieBen sich die beim Messing zu ver wendenden DiIaBe annghernd der E u 1 e r schen Knickformel entnehmen, wenn etwa eine bestimmte Lange vorgeschrieben wurde. Die Eulersche Knickformel lautet:

und gibt (theoretisch) die maximale Belastung eines unten ein- gespannten und oben belnsteten Stabes, wenn das Tragheits- moment des Stabquerschnittes J, die Stablange 1 und der Elastizitatsmodul 3 bekannt ist.

Die auf dem FuBboden aufgestellten Messingstibe hatten eine Lange von 130 cm und einen Durchmesser von 1 , l cm. Hier wurde als Auflage ein Jul iussches Gestell verwendet, und zwar mit sehr gutem Erfolge. Tab. 2 gibt bei ver- schiedenen Schwingungsdauern die Maximalausschlage des Systems bei 3 m Skalenabstand.

Dies sind in Anbetracht der Empfindlichkeit des Systems sehr gute Ruhelagen, zumal in vorstehendem Falle die Auf- stellung, die sich naturlich auch selbst dampft, nicht kiinstlich gedampft war und keinen Luftschutz hatte.

Es wurden ferner Versuche mit auf dem Tisch auf- gestellten Messingstaben gemacht. Die Lange der Stabe be- trug 40--70 em, ihr Durchmesser 3-5 mm. Auch hierbei ergaben sich dieselben Ruhelagen des Systems. Die dabei verwendete Schwingungsdauer betrug 1,9-2 Sek. Ein Dreh- spulengalvanometer von H a r t m a n n & B r a u n , das infolge seiner Konstruktion auf einem Tisch hauptsachlich Pendel-

42 *

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R. Miiller

schwingungen ausfuhrt und bei 4 m Skalenabstand im Pern- rohr einen vertikalen Ausschlag von mehreren Millimetern zeigte, stand auf einer auf dem gleichen Tisch befindlichen Stabaufstellung absolut ruhig. Es sei noch erwahnt, da8 diese Versuche spater unter Anwendung der in Abschnitt 5 be- sprochenen Dampfung mit sehr gunstigem Resultat wiederholt wurden. Ebenso wurde eine mit solcher Dampfung ausgeriistete Aufstellung an verschiedenen Orten des Instituts ausprobiert. Auf Wandtischen war die Aufstellung selbst im vierten Stock- werk, wo die Erschutterungen erheblich groBer waren, mit gleichem Erfolg wie im ErdgeschoB zu verwenden. Bei Stein- fuBboden konnte man sie auch auf festen freistehenden Tischen aufstellen, wahrend bei gewohnlichen HolzfuBbiiden das Umher- gehen in der Regel Stiirungen verursacht. In diesem Falle hat naturlich auch eine auf dom Boden stehende Aufstellung mit langen Staben keinen Nutzen. Bei sehr erschutterungs- empfindlichen Raumen mu6 man ubrigens besondere Maanahmen in bezug auf die Aufstellung der Skala und des Fernrohrs treffen, damit man keinen Tauschungen ausgesetzt ist. Es ist nicht ganz iiberfiiissig, diesen Punkt hier zu erwiihnen.

Selbst eine vollstandig symmetrische Aufstellung der ein- zeinen Teile kann naturlich nicht verhindern, da6 bei star- kerer Belastung des Gestells die elastischen Stibe oben etwas gebogen sind. Auf die Ruhelage ubt das aber keine schad- liche Wirkung aus. Die Gleichgewichtslage wird ferner um so weniger stabil, je stLker die Belastung ist. Aber selbst bei einer Schwingungadauer von 2,5 Sek. ist sie fur den prak- tischen Gebrauch noch stabil genug, namentlich wenn man die Ausbildung groBerer Amplituden verhindert. Dagegen ist die Moglichkeit vorhanden, daB bei sehr langem Gebrauche der Aufstellung infolge einer Nachbiegung der Stabe das In- strument seine Lage im Raume ein klein wenig verandert. In den meisten Fallen wird dies aber nichts schaden. Sonst liege sich eine Regulierung leicht anbringen. Gelegentlich kommen ubrigens auch bei der Juliusschen Aufhangung kleine Lageveranderungen vor, wenn sie schon langer im Ge- brauch ist.

Durch die erwahnte Biegung der Stabe wird eine geringe Abdampfung der vertikalen Komponente der Erschutterungen

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Erschutterungsfreie Aufstellung fur empfindl. Me,L?instrurnente 633

miiglich, wenn auch im iibrigen griindsatzlich darauf ver- zichtet wurde. Vollstindig ausgeschaltet wird aber eine solche Dampfung durch eine Anordnung, die kurz ,,Translations- aufstellung" genannt werden SOU. Hier wurden die massiven SYabe durch lange, auf dem FuBboden aufgestellte Messing- rShren ersetzt, die durch Federn eine groBe Translations- schwingungsdauer erhielten. Es sollte dabei gleichzeitig ver- sucht werden, ob ohne Gefahrdung der Stabilitat noch hohere Schwingungsdauern erreicht werden konnten. Tm einzelnen

Fig. 4

war die Versuchsanordnung folgende. Ein aus starkem Winkel- messing hergestelltes gleichseitiges Dreieck von 80 cm Seiten- llnge wurde mit der einen Seite mit mehreren starken Schrauben an der Wand befestigt, wahrend die beiden anderen Seiten durch schrage Stiitzen mi t der Wand verbunden waren. I n die 125 cm langen Riihren waren oben und unten zugespitzte Messingstucke gesteckt. Unten standen die Spitzen auf ge- wohnlichen Unterlegscheiben, oben waren sie gegen Messing gelagert. Das auf die Spitzen gesetzte Gestell wurde von sechs 10 cm langen Spiralfedern gehalten, die in der Ruhe- lage ein wenig gespannt waren. Diese verliehen dem Gestell eine durch Belastung veranderliche groBe Translationsschwin- gungsdauer. Fig. 4 zeigt schematisch die Anordnung in der Aufsicht. War diese Aufstellung mit der neuen Dampfung ausgeriistet, so wurden die gleichen Ruhelagen wie mit der Stabaufstellung erhalten. Es wurden Schwingungsdauern bis

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3 Sek. erzielt. Sie waren aber insofern ohne Interesse, als keine Besserung der Ruhelage mehr eintrat und die Anordnung sehr unstabil wurde. Auf geniigende Stabilitat der Rohren muBte geachtet werden. War also diese Aufstellung auch umstandlicher, so zeigte sie doch, daB eine gute Ruhelage des Systems auch ohne Schwachung der vertikalen Komponente der Storungen moglich ist. DaB bei der Stab- und Trans- lationsaufstellung groBere Schwingungsdauern als bei der Auf- hangung von J u l i u s niitig sind, ist wohl dadurch zu erklaren, daB hier durch die Stiitzen eine gro8ere Energieiibertragung stattfindet.

Es sollen hier noch 3 Versuche Erwahnung finden, die sich mit der Frage beschaftigen, ob man durch wiederholte Anwendung des gleichen Prinzips vielleicht eine noch ruhigere Unterlage fur das Instrument schaffen konne - selbst auf Kosten der Einfachheit der Apparatur. Der Gedanke einer solchen ,,Kombinationsaufstellung" ist nicht neu und, wenn auch in ganz anderer Form, von A i r y l ) und Carman15) in die Praxis umgesetzt worden.

Die erste Versuchsanordnung - eine Kombination von Stabaufstellung und Jul iusscher Aufhangung - war folgende. Auf einem etwa 150 cm hohen, stark versteiften dreibeinigen Holztisch standen in gleichen Abstanden drei eiserne DreifiiBe, in die Stahlstabe von 90 cm Lange und 6,3 mm Durchmesser eingespannt waren. Die Stabe trugen eine variabel belastete kreisformige Holzplatte und waren mit ihren Spitzen gegen Glas gelagert. An der Platte hing eine kleine sehr leichte Ju l iu s sche Aufhangung an etwa 150 cm langen Stahldrahten, die durch in die Tischplatte gebohrte Locher gingen. Die ge- samte Apparatur war mit einem dichten Luftschutz aus Pappe umgeben. Damit eine solche Kombination iiberhaupt Aussicht auf Erfolge hat, mussen zwei Bedingungen erfullt sein. Erstens diirfen die beiden Schwingungsdauern nicht zu nahe bei- einander liegen, und zweitens muB die Masse des zweiten Systems gering sein im Vergleich zu der des ersten, um Ruck- wirkungen moglichst auszuschlieBen. Soweit es die Verhalt- nisse zulieBen, wurden beide Punkte beriicksichtigt und ver- schiedene Variationen vorgenommen. Indessen war die Ruhe- lage der Systeme durchweg schlechter als auf einer gewijhn-

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Erschiitterungsfreie Aufstellung fur enippndl. Jlepitistrurnente 635

lichen Jul iusschen Aufhangung. obrigens wurde hier noch Wattedampfung verwendet. Dieser Umstand, sowie vielleicht nicht ganz geniigende Stabilitatsverhaltnisse und die Tatsache, daB den beiden erwahnten Bedingnngen nur in einem gewissen Umfang Rechnung getragen werden konnte, diirften die Ursache der schlechten Ergebnisse sein.

Von vornherein weit giinstiger war die zweite Anordnung - eine Kombination zweier Aufhangungen. An einem auBerst schweren und stabilen Wandbrett hing an 55 cm langen Eisen- drahten (t = 0,35 Sek.) ein 13 kg schwerer eiserner DreifuB, unten mit 3 Osen versehen. Von diesen fuhrten 155 cm lange Drahte zu einem starren Gestell, das die Schwingungsdauer t P 1,3 Sek. hatte. Dieses, sowie der DreifuE erhielten eine mehrfach variierte starke Oldampfung unter Verwendung des Ringes und groBer und kleiner Schalen (vgl. 5. Abschnitt). Das System erreichte hierauf eine ebenso gute Ruhelage wie auf einer guten Juliusschen Aufhangung, aber niemals eine bessere. Deshalb hatte es keinen Zweck, solche Kombinations- aufstellungen einzufuhren, und es kann zum SchluE gesagt werden, daB von allen bisher besprochenen Anordnungen die Stabaufstellung mit langsamer Translationsschwingung wegen ihrer Wirkung und Einfachheit die beste ist.

Es sei noch bemerkt, daE W h i t e 12) eine Anordnung er- wahnt, die er ,,jointless-table'' nennt und die, wie er ver- mutet, ubereinstimmt mit der von A b b o t I) ,,rickety-table" genannten Aufstellung. Diese Anordnung hat eine gewisse auBere Ahnlichkeit mit einer einfachen Stabaufstellung, geht aber von ganz anderen Voraussetzungen aus. Eine besondere praktische Bedeutung kommt ihr nicht zu. Es wurden ferner Versuche angestellt und Anordnungen gepruft, bei denen Federn 7,11,12,16) , elastische Mittel, Sand usw. verwendet werden; auch die Schwimmethode 2,5, 7,12), bei der das In- strument auf einer Fliissigkeit schwimmt, wurde untersucht.

Z. T. sind diese Anordnungen im praktischen Gebrauch sehr umstiandlich. Es gelang auBerdem auf keiner Anordnung, das System auch nur anniihernd in eine solche Ruhelage zu

1) Abbot, Smitheonian Report 1900. S. 102. .- Dieee Arbeit war mir leider nicht zuganglicb.

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bringen, die vergleichbar war mit der auf einer Stabaufstellung. Es mag deshalb ein kurzer Hinweis auf diese Versuche ge- niigen.

5. Das Diimpfungsproblem. Diimpfung durch innere Reibung von Flussigkeiten

Die bisherigen Versuche haben gezeigt , wie wichtig eine gute Dampfung der Aufhangung sowohl fur die Ruhelage des Instrumentes als auch fur die praktische Handhabung der Auf- hangung oder Aufstellung ist. Die bisher hierzu benutzten Hilfsmittel wurden aber in den meisten Fallen der ihnen ge- stellten Aufgaben nicht gerecht und sind zum Teil recht um- standlich. Die ungirnstigen Wirkungen, die von den bisherigen Dampfungsmitteln ausgingen, beruhten samtlich darauf, daB die Aufhangung auBer an den Aufhangepunkten auch noch an anderen Stellen mit festen Korpern in Verbindung stand. War diese Koppelung zu schwach, so wurde die Dampfung au6er- ordentlich gering, und man konnte mit der Aufhangung nur unter groBen VorsichtsmaBregeln arbeiten; war sie zu stark, so wurden Erschiitterungen ubertragen und dadurch die Ruhelage des Instruments wieder verschlechtest. AuBerdem traten diese Fehler an verschiedenen Beobachtungsorten in ganzlich ver- schiedenem Ma6e zutage, und es war daher .nicht miiglich, allgemeingultige Vorschriften uber die Art und das Anbringen der Dampfung zu geben. Oft war man daher auf langwieriges Probieren angewiesen.

Um eine grundlegende h d e r u n g dieser Verhaltnisse herbeizufuhren, lag es nahe, nach einem Prinzip zu suchen, durch deasen Anwendung das Grundiibel, namlich die Ver- bindung der Aufhangung mit au6er ihr liegenden festen Korpern, vermieden wird. Ein solcher Ausgangspunkt ist das Prinzip der Dampfung durch innere Reibung von Flussig- keiten, ein Prinzip, das sowohl in der Technik ale in des Physik anderweitig mit Erfolg verwendet wird. Es handelte sich nun darum, zu untersuchen, von welchen Faktoren die Dampfung abhangt, sodann eine genugende Dampfung herbei- zufuhren und schlieBlich die auf der Auf hangung befindliche Dampfungsanlage in eine fur den praktischen Gebrauch nicht au umstandliche Form zu bringen.

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Erschutterunpf reie Aufstellung fur empfindl. Mepiwtrumente 691

F u r die Dampfung kamen sowohl die um eine vertikale Achse erfolgenden Rotationsschwingungen der Aufhangung als auch die in einer horizontalen Ebene erfolgenden Translations- schwingungen in Frage. Um die Verhaltnisse nicht zu sehr zu komplizieren, wurden zunachst beide Schwingungsarten ge- trennt untersucht und erst spater die Vereinigung vorgenommen.

Vor Besprechung der Experimente sei ein einfacher Fall theoretisch behandelt, auf den, wie sich zeigen w i d , die Dampfung der Rotationsschwingungen sich zuriickfiihren 1aBt. Das Ergebnis dieser Untersuchung liefert fur das Experiment wichtige Anhaltspunkte, die zum Teil auch fur die Behandlung der im iibrigen verwickelteren Translationsdampfung von Be- deutung sind.

Eine in der X-2-Ebene liegende, unbegrenzt angenommene ebene Platte

Wir gehen von folgendem Beispiel aus (Fig. 5).

Fig. 5

fiihre geradlinige, rein periodische Schwingungen von der Fre- quenz w in der X-Richtung aus. Die X-Y-Ebene sei horizontal angenommen. Der Halbraum, in dem die positive Y-Achse verliiuft , sei mit einer inkompressiblen Flussigkeit von der Dichte s und dem Reibungskoeffizienten q erfillt. Die der Wand anliegende Fliissigkeitsschicht wird dann die gleichen periodischen Bewegungen wie die Wand ausfuhren, und es werden sich in Richtung der positiven Y- Achse Transversal- wellen ausbreiten. Dadurch wird der Wand fortwlhrend Energie entzogen, oder mit anderen Worten: Die Bewegung der Wand wird gedampft.

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638 R. itliiller

DaB in einer reibenden und inkompressiblen E'lussigkeit Transversalwellen mSglich sind, la6t sich ableiten aus den S t o k e s schen Qleichungen. Die Gleichungen von S tokes , die aus den allgemeinen hydrodynamischen Qrundgleichuagen fur eine reibende Flussigkeit gewonnen werden, wenn man BuBere Krafte ausschlie6t und nur kleine Qeschwindigkeiten be- trachtet, lauten:

u, v, w, sind die Geschwindigkeitskomponenten, P der Druck, 11 der ReibungYkoeffizient, s das spezifische Gewicht der Fliissigkeit. Aus (1) und der Inkompressibilitatsbedingung

leiten sich unter der Annahme, da6 die Bewegung der Flussig- keitsteilchen nur in der X-Richtuag erfolgt und aul3er von der Zeit nur von y abhangig ist, daB also v = w = 0 und u = f ( y , t), die beiden Gleichungen ab:

(3) und (4)

.a P - -=o a x

Wird als Grenzbedingung angenommen, daB fur y = 0 5 = a sin w t und fur y = c o x = 0 sei, so erhalt man als Losung der Gleichung (4), die formell ubereinstimmt mit der Gleichung fir die Warmeleitung in einem unendlich langen Stabe, den Ausdruck :

(5) - 3 n

i = a e 1 Y - s i n [ 2 n ( + - + ) ] ,

276 in dem h die Wellenlange, und T = __ die Schwingungsdauer bezeichnet. Man uberzeugt sich leicht von der Richtigkeit des Ausdrucks (5) durch Einsetzen in (4) unter Beachtung der Be- ziehuag - = u. Auch die Grenzbedingungen sind erfullt.

0

d X

d t

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&hchutterungsfi.eie Aufstellung f u r ernpfiidl. MePinslrumente 639

(5) ist der Ausdruck fur Transversalwellen, die sich in der Richtung der positiven ZAchse ausbreiten. Die Wellenlange A hat den Wert . ~.

(6) h. = 2 n p ,

der Dampfungsfaktor pro Wellenlange den Wert 1 a '=e- "nN- . ( 7 ) 540

Urn nun zu erkennen, von welchen Faktoren die Dampfung der Wand abhangt, wollen wir ausrechnen, wieviel Energie pro Schwingungsdauer der Wand entzogen wird. Diese Energie ist gleich der Arbeit, die die Wand pro Schwingungs- dauer leistet. Es werde zuniichst die Kraft (pro Flachen- einheit) (Xy)y=o berechnet, deren Richtung mit der der X-Achse zusammenfhllt und die der Bewegung der Wand entgegen- wirkt. Fur inlrompressible Fliissigkeiten ist diese Kraft

(8) Da nach (5)

so erhalten wir durch Einsetzen in (S):

(9)

Die Arbeit 1Hngs eines Wegelementes ist (X,),,O . d x , die wahrend der Schwingungsdauer T geleistete Arbeit

Setzt man in (10) die Werte ein, so erhalt man

2n t 2' Aus (11) folgt nach Einfuhrung von u = ; d t = - 2 n rl u :

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640 R. Miiller

und da '3.1

s c o s z cc d u = n und u cosu dol = 0 , 0 u

ET=-.- n a2 w2 '1 T . h

Diese Gleichung geht mit der Beziehung I' = und der aus 1/z uber in den Ausdruck: (6) folgenden Beziehung __ = __ 2 % .I

Naturlich muB (12) dieselbrj Dimension haben wie (lo), namlich [m r2], wovon man sich durch Einsetzen der Dimensionen [ X I = [m 2-l r2], [TI] = [m Z-l t - ]] , [a] = [/I, [w] = [t-'] leicht iiberzeugen kann.

Praktisch maBgebend fur die GroBe der Dampfung ist nun die von der Wand in einer Sekunde geleistete Arbeit, d. h. die Leistung. Man erhalt sie, wenn man den in (12) angegebenen Wert durch die Schwingungsdauer 2' dividiert:

Hieraus folgt, da8 die Dampfung der sich periodisch be- wegenden Platte mit dem spezifischen Oewicht und dem Reibungskoeffizienten der Flussigkeit relntiv langsam, dagegen mit der Frequenz stark veranderlich ist, ebenso mit der Amplitude.

Penkt man sich nun zwei parallele, unbegrenzte Platten, zunachst i n groBem Abstande, zwischen denen sich die Fliissig- keit behde t , so werden, wenn beide Platten gleichartige periodische Bewegungen ausfuhren, von jeder Platte sich Trans- versalwellen ausbreiten, die sich schlieBlich in der Mitte treffen und dann einander durchdringen. Dadurch wurde eine genauere Verfolgung der Vorgange verwickelter werden.

Eine einfache fiberlegung zeigt jedoch, da8 es gar nicht notwendig ist, den eben erwahnten Fall naher ins Auge zu fassen. Infolge des grol3en Dilmpfungsfaktors, der pro Wellen- lHnge 11540 betragt, werden die Wellen schon na.ch einer sehr

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Erschiitterungsfieie Aufstellung f ur empfindl. Mepinstrumen fe 641

kurzen Strecke so stark abgedampft, daB sie praktisch gar nicht mehr vorhanden sind. Genauere Angaben gibt Tab. 3,

A A in der der Dampfungsfaktor 6 fur y = T , y = und y = il

berechnet und die GriiBe der entsprechenden Amplituden in Prozenten angegeben ist.

Tabe l l e 3

I. 2 -

i,

Bereits nech einer halben Wellenlange also betragt die Amplitude nur 4 Proz. der ursprunglichen. Wenn man bedenkt, daE die prnktisch in Frage kommenden Anfangsamplituden auch schon sehr gering sind, so wird man naherungsweise annehmen diirfen, daB etwa nach einer halben Wellenlange die Welle abgeklungen ist. 1st also die Entfernung der beiden Platten grofler als eine Wellenlange, so spielt der mittlere Teil der Fliissigkeit fur die Dampfung kaum cine Rolle.

Die Wellenlange hat nach (6) den Wert -

(14) a = 2 . d ~ . ~ ~~~

Verwendet man also unter sonst gleichen Umstanden eine Fliissigkeit mit kleinerem Reibungskoeffizienteu, so kann man ohne Schaden die Platten einander nahern, da die Wellen- range kleiner geworden ist. Man erhalt dann eine dem kleineren Reibungskoeffizienten entsprechende geringere Dampfung. Man konnte aber auch daran denken, den bisherigen Plattenabstand beizubehalten und so viele parallele Platten einzuschalten, daB der Abstand zweier Platten zu der kleineren Wellenlange in demselben Verhaltnis steht wie der urspriingliche Platten- nbstand zu der groBeren Wellenlange. Ob diese Anordnung von Vorteil ist, wollen wir an einem konkreten Beispiel unter- suchen.

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Der Raum zwischen den beiden Platten sei mit Paraffin01 (q, = 1) gefullt. Wir setzen das spezifische Gewicht des Oles naherungsweise gleich 1 , bezeichnen die bei der Frequenz w auftretende Wellenlange mit il, und denken uns die Platten im Abstand 2il, aufgestellt. Dann betragt nach (13) die Leistung pro E'lacheneinheit

L, = 2 a 2 0 2 -. (15) (7 1st aber der Zwischenraum mit Wasser (s = 1, 7, = 0,01) gefullt, so folgt aus (14j:

i =2.. w 10

Wenn man nun neun, den zwei schon vorhandenen parallele Wande einschaltet, die die gleichen periodischen Bewegungen ausfiihren, so betragt der Abstand zweier Wiinde 2?,,, und fur die Leistung erhalt man:

L, = 20a"a7+ 8.100 = 2a2 p, also genau den gleichen Wert wie in (15). Daraus folgt, daB, wenn ein bestimmter Raum zur Verfugung steht, man rnit einer Fliissigkeit mit geringerem Reibungskoeffizienten auch nach Einfiigung von Zwischenwanden keine grogere Dampfung erzielen kann.

Dagegen kann man die Dampfung zunachst vergrijBern, wenn man eine Flussigkeit verwendet, die etwa denselben Reibungskoeffizienten besitzt wie z. B. Wasser, aber ein grofieres spezifisches Gewicht hat. Das ist der Fall beim Quecksilber. Infolge der Verkleinerung der Wellenlange nach (14) kann man mehr Unterteilungen vornehmen; auBerdem vergroBert sich die Leistung nach (13) infolge des hiiheren spezifischen Gewichtes. Man konnte also, um dieselbe Dampfung zu erreichen, die Dampfungsanlage auf einen kleineren Raum zusammendrangen. Indessen mu6 man bedenken, daB sich das Quecksilber in einem geeigneten GefaB auf der Aufhangung be6ndet und deren Tragheitsmoment derart vergroBert, dab die Dampfung sich wieder verschlechtert. Nimmt man hinzu, daB, wie spatere Versuche zeigten, auch fur die Dampfung der Translationsschwingungen Quecksilber ungunstig ist und daB wegen seiner Giftigkeit besondere VorsichtsmaBregeln ergriffen

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~rseh~tterungsf ie ie Aufsielluny f u r empfindl. illekinstrumente 643

werden mii6ten, so kann gesagt werden, da8 Quecksilber zum DBmpfen der Schwingungen eine ungeeignete Fliissigkeit ist.

Alle bisher abgeleiteten Beziehungen gelten strenggenommen nur fur unendlich ausgedehnte ebene Platten. Naherungsweise aber lassen sie sich auch fur gekriimmte Platten anwenden, mit urn so geringeren Fehlern, je groBer der Kriimmungsradius der Platten ist, insbesondere fur die Wande eines zylindrischen Gefa6es mit nicht zu kleinem Durchmesser. Bei begrenzten Platten treten naturlich Komplikationen auf; jedoch werden die abgeleiteten Zusammenhange in ihren Grundlagen nicht geandert.

Zu den ersten Versuchen uber Dampfung von Rotations- schwingungen wurde ein aus WeiBblech hergestelltes zylindri- sches GefaD von etwa 20 cm Durchmesser und 5 Liter Raum- inhalt verwendet. Das GefaB wurde einmal mit Wasser, einrnal mit einem sehr zahen 01 gefullt, das den Reibungs- koeffizienten q = 6,2 hatte und das kiinftig als 2.61 bezeichnet ist. Die durch Drehen der Aufhangung rnit der Hand urn die vertikale Achse erzeugten Rotationsschwingungen wurden, hier und bei allen spiiteren Versuchen, mittels eines auf der Auf- hangung befindlichen Spiegels bei einem Skalenabstand von 4 m mit dem Fernrohr beobachtet. Zum Vergleich wurde auch das Abklingen der Schwingungen ohne jede kiinstliche Dampfung festgestellt. In diesem Falle wurde das Gewicht des gefiillten GefaBes durch entsprechende Gewichte ersetzt. Gemessen wurde der Abstand zweier aufeinanderfolgender Um- kehrpunkte im Fernrohr von 3 zu 3 Minuten. Kleine Unregel- magigbeiten in der Dampfung ruhren daher, daB die Beobach- tungen ohne Luftschutz ausgefuhrt wurden. Die Ergebnisse sind in Tab. 4 zusammengestellt.

Tabe l l e 4

t min

0 3 6 9 15 36 60

Ohne DLmpfung mm

70 65 59 51 41 23

8

Wasserdampfuog mm

Oldiimpfung mm

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644 3. illiiller

Der am SchluB jeder Spalte angegebene Ausschlag ver- anderte sich innerhalb langer Zeit nicht mehr, so da6 man ihn als die tatsachlich erreichte Ruhelage der Aufhangung ansprechen kann. Aus der Tabelle ist deutlich erkennbar, daS der starkeren Rotationsdampfung eine erheblich bessere Ruhe- lage der Aufhangung in bezug auf Rotationsschwingungen parallel geht.

Jedoch ist die eben beschriebene Anordnung nicht die gilnstigste. Nach Gleichung (14) betragt namlich bei den iib- lichen Frequenzen die Wellenlange beim 01 etwa 5-9 cm, beim Wasser weniger als 1 cm. Darttus folgt, daB die Haupt- masse der in dem erwBhnten GefaB befindlicben Fliissigkeit zur Dampfung gar nichts beitragt und nur die Masse der Auf- hangung vergroBert. Da nach (13) die Leistung auBerdem vom Quadrat der Amplitude abhangt, so war zu vermuten, daB ein ringfiirmiger, gevchlossener HohlkSrper von nicht zu kleinem Radius und maBig groBem Querschnitt ein geeigneteres GefaB sei, auf das man wegen des groBen Xriimmungsradius die oben angestellten theoretischen Uberlegungen auch mit groBerem Bechte anwenden kann.

Ein solcher Hohlkorper mit fast quadratischem Quer- schnitt (5,5 x 6 cm) mit einem inneren Radius von 14,5 cm und einem auDeren von 20 cm wurde aus WeiBblech her- gestellt. An die Offnung zum EingieBen war ein kurzes Rohr gesetzt. War der Ring gefullt, so muBten sich von allen vier Wanden nach der Mitte zu Transversalwellen ausbreiten, wobei infolge der gewahlten Dimensionen ein Durchdringen der von zwei gegeniiberliegenden Wanden ausgehenden W ellen aus- geschlossen war. Schon mit Wasserfiillung zeigten sich starke dampfende Wirkungen. Mit Olfiillung konnte man (unter den oben erwahnten Verhaltnissen) groBe Amplituden bereits in wenigen Sekunden bis auf mm abdampfen. Eine solche Diimpfung, wie sie z. B. durch Watte ohne Nebenwirkungen niemals erreicht werden kann, ist aber beim praktischen Ge- brauch nicht notwendig; bei der endgiiltigen Dampfungsanlage ist daher die Rotationsdampfung erheblich geringer.

Bei der Translationsdampfuog werden zweckma8ig Ge- faBe verwendet, in denen eine Flussigkeit mit freier Oberflache hin und her schwingen kann; denn eine Fliissigkeit mit freier

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Erschutterungsfrez'e Aufstellung f u r empfindl. MePinstrumente 645

Oberflache wird immer leichter in Bewegung gesetzt. Es be- steht also ein grundlegender Unterschied gegenuber der Rota- tionsdiimpfung. Wiihrend man bei dieser Dampfung von Eigen- schwingungen der Fliissigkeit vollstiindig absehen kann, spielt bei der Translationsdampfung die Eigenschwingung der Flussig- keit, die von der Flussigkeitshohe, dem spezifischen Gewicht, dem Reibungskoeffizienten und der GefaBform abhangt, eine wesentliche Rolle. Ein Ausbreiten von Transversalwellen vom Boden des GefaBes aus findet naturlich auch hier statt. AuBer der Eigenschwingung der Fliissigkeit hat man noch gewisse Oberflichenerscheinungen zu beachten, die verschieden sind j e nach der Viskositat der Fliissigkeit und sich infolge des Wider- standes der Seitenwande ausbilden, und zwar um so mehr, j e liquider die Flussigkeit ist. Bei sehr kleinen Amplituden spielen sie allerdings kaum eine Rolle. Nur bei groBeren Amplituden kann die Oberflache unter Umstanden anfangs vie1 grogere Schwingungen ausfuhren als die Auf hiingung selbst, auf der das GefaJ3 steht.

Diese Komplikationen machten daher langere experimen- telle Untersuchungen notwendig. Es kommt noch hinzu, daJ3 die Dampfung der Translationsschwingungen das Wichtigste ist, denn bei einer auf der Aufhangung selbst befindlichen Dampfungsanlage treten Rotationsschwingungen nur in ge- ringem MaBe auf, Hangt das System des Instruments an einem sehr dunnen Faden, so ist es auBerdem wahrscheinlich, dafi Rotationsschwingungen der Aufhangung nur in sehr ge- ringem Grade auf das System ubertrsgen werden, namentlich wenn die Eigenschwingungsdauer der Rotationen des Systems um die Vertikale und die der Aufhangung auch noch weit auseinanderliegen.

Die ersten orientierenden Versuche wurden mit zwei recht- eckigen, 50 cm langen und 10 cm breiten Glasschalen gemacht, die unter einem Winkel von annahernd 90° auf die Auf- hangung gestellt wurden. Sie waren zunachst mit Wasser, spater mit 01 gefullt. Mittels des Fernrohrs wurde an einem im Mittelpunkt des Grundbrettes befindlichen MaBstabe fest- gestellt, in welcher Zeit die durch AnstoBen der Aufhangung hervorgerufenen Translationsschwingungen von 10 auf 5 mm herabgiogen, wenn eine bestimmte Fliissigkeitshohe vorhanden

Annalen der Phyeik. 6. Folge. 1. 43

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646 R. Miller

war. Da die Schalen nur 30 mm hoch waren, sind in der Tab. 5 nur Hahen bis 29 mm angefiihrt.

Bei allen folgenden Versuchen betrug, ebenso wie hier, wenn nicht ausdrucklich anders bemerk t, die Schwingungsdauer der Aufhangung 1,4 Sek.

Das erschutterungsempfindliche System erreichte auf der Aufhangung (zwei Schalen mit 29 mm Olhohe, Olring, Luft- schutz, 4 m Skalenabstand) im schlechtesten Falle eine Ruhe- lage von & 0,07 mm, wahrend die beste Ruhelage bei 3 teiliger Wattedampfung & 0,l mm betrug. Hierbei wurde das Gewicht der gefiillten Gefage entsprechend ersetzt (ohne wesentliche Schwerpunktsverlagerung). Der Dampfungsfaktor bei Watte- dampfung war erheblich geringer als bei der Oldampfung, be- sonders naturlich bei der Rotationsdampfung. Bei zentraler Wattedampfung stand das System bis auf hochstens & 0,15 mm ruhig. Hier nahm die Translationsdampfung erheblich ab, und die Rotationsdampfung war kaum merklich. Wenn trotz- dem die zentrale Dampfung zuweilen empfohlen w i d , so mag das seinen Grund in gunstigeren ortlichen Verhaltnissen habea, vielleicht auch manchmal darin, daB sowohl die Wahl der Starke der Watte als auch die Beseitigung von Unsymmetrien bei 3 teiliger Dampfung nicht immer gleich zum Erfolge fiihrt.

Nach Beendigung dieser Voruntersuchungen wurde nun dazu geschritten, nur ein einziges GefaB zu verwenden und die darin befindliche Fliissigkeit zur Dampfung beider Schwin- gungsarten zu benutzen. Die Fliissigkeit befand sich dabei in kreisfiirmigen Schalen aus WeiB- oder Zinkblech. Fu r die Schalen von 40 cm Durchmesser wurde eine besondere Auf- haingung hergestellt. Tab. 6 gibt einige Werte, wobei t die

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E,.sc?~iitterungsfreie 8ufstellicn.g f iir empfitdl. Jfepimtrunteiite 641

T a b e l l e 6

6 8 10 12

Wasser /I 2-01

30 15 30 60 20 40 120 23 50 300 26 60

I?. h t mm 1 S:k. / / mm 1 Sek.

16 1 600 11 Zeit bedeutet, in der die Schwingung von 10 auf 1 mm ab- geklungen ist. Diese Zeit wird kunftig kurz ale ,,Dampfungs- zeit t" bezeichnet. Die Tabelle zeigt, da6 die erwiihnten Schalen zur Dampfung sehr wohl verwendbar sind. Weitere Versuche mit 2-01 zeigten die wichtige Tatsache, daS es, unter sonst konstanten Verhaltnissen, eine bestimmte Fliissig- keitshohe gibt, bei der die Dampfung eine maximale wird. Diese Hohe ist in der Folge als ,,optimale Hohe" bezeichnet. VergroBert oder verkleinert man diese Hohe, so wird die Damp- fung zuerst wenig, d a m immer starker herabgesetzt. Zur Feat- stellung dieser optimalen Hohe bei 2-01 wurden ausgedehnte Versuche unternommen, deren Hauptergebnisse in Tab. 7 zu- sammengestellt sind. Verwendet wurden Schalen von 23 cm, 393 cm und 38,5 cm Durchmesser. Die Schwingungsdauern

T a b e l l e 7

11 T = 1 Sek.

cm t

Sek.

105 so 82 87 35 34 35 40 14 14 14 16

T = 1,4 Sek.

t Sek.

290 285 300 320 135 130 130 135 55 &O 50 55

T = 1,73 Sek.

h cm

t Sek.

570 640 600 690 320 225 2'20 265 85 80 85 100

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648 R. Huller

von 1,O Sek., 1,4 Sek. und 1,72 Sek. entsprechen Drahtlangen von rund 1, 2 und 3 m. Das Gewicht der Aufhangung ein- schlieBlich der grSBten Schalen betrug 5,57 kg; bei den klei- neren Schalen wurden entsprechend mehr Gewichte aufgelegt. Die Hohen wurden durch einen eingetauchten MaBstab ge- messen; ihre ganz genaue Bestimmung war weder notwendig, noch infolge der unvermeidlichen Verbiegungen der Schalen ganz leicht zu ermitteln. Es sei also ausdrucklich darauf hin- gewiesen, daB die angegebenen Werte nur bis auf etwa 1 bis 2 mm genau sind. Das genugt auch fur die Praxis vollstandig. Auch die Abhangigkeit des Reibungskoeffizienten von der Tem- peratur wurde nicht berucksichtigt.

Man sieht aus der Tabelle, da6 die optimale HGhe bei VergrGBerung der Frequenz und des Schalendurchmessers wachst. Die Dampfungszeit andert sich aber nur wenig, wenn man die optimale Hohe urn einige Millimeter uberschreitet. Aus Tab. 7 kann man bei Verwendung von 2-01 mit ge- nugender Genauigkeit die optimale HGhe bestimmen, wenn der Schalendurchmesser und die Frequenz gegeben ist. Dasselbe gilt naturlich fur jede andere Flussigkeit, deren Reibungs- koeffizient in der Nahe des Wertes 6 liegt und die ein von 1 nicht sehr verschiedenes spezifisches Gewicht hat.

SchlieBlich war noch die Frage zu klaren, ob vielleicht - analog dem Auftreten der optimalen Hohe - ein bestimmter Reibungskoeffizient zur Erzielung einer maximalen Dampfung notwendig sei. Dazu war eine Flussigkeit herzustellen, deren Reibungskoeffizient innerhalb weiter Grenzen leicht verandert werden konnte. Hierzu erwies sich als geeignet eine Losung von gewohnlichem, im Handel kauflichen Rubensirup in Wasser. Der Sirup wurde mit bestimmten W assermengen versetzt, eine Zeitlang stark erwarmt und dann auf Zimmertemperatur abgekiihlt. Er blieb dann in der zu den Versuchen benotigten Zeit in unveranderter Konsistenz. Die Reibungskoeffizienten wurden nach der AusfluBmethode relativ zu Wasser bestimmt, bei stark viskosen Losungen durch die Fallzeit eines in der Flussigkeit absinkenden Stahlkiigelchens. Verwendet wurden Schalen von 29 und 38,5 cm Durchmesser; die Schwingungs- dauer der Aufhiingung betrug 1,4 Sek. In Tab. 8 ist ein Teil der Ergebnisse zusammengestellt. h bedeutet die optimale

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Erschutterunpfreie Aufitellung fur empfindl. iTlepinstrumente 649

Hohe, t die DSimpfungszeit, die dieser HShe entspricht. Die Reibungskoeffizienten 77 sind in absolutem MaBe angegeben.

T a b e l l e 8

3,6 3,0 191 0,75 0,27 0,053

d = 38,s cm

h t mm 1 S:k. I :m Sek.

d = 29 cm

1 1

15 12 11 9 8 5

48 31 27 25 23 14

12 10 9 8 7 4

95 88 84 81 76 70

koeffizienten" gibt, sondern da6 man grundsatzlich jede Flussig- keit zur Dampfung der Translationsschwingungen verwenden kann. J a es zeigt sich sogar das zunachst uberraschende Ergebnis, daB bei Fliissigkeiten mit kleinerem Reibungs- koeffizienten nicht nur die optimale Hohe, sondern auch die Dampfungszeit abnirnmt. Hierzu ist zu sagen, da6 eine liqui- dere Fliissigkeit uberhaupt leichter in Bewegung kommt als eine st'arker viskose. AuBerdem wird durch die geringere optimale Hohe das Gewicht der Aufhangung vermindert, was bei Schalen mit groBerem Durchmesser Einflu6 haben kana

Es ist noch zu bemerken, daB die Annehmlichkeit einer geringen optimalen Hohe stets eine bedeutende Abnahme der Rotationsdampfung nach sich zieht. Eine gewisse GroBe dieser Dampfung ist aber stets erwunscht. Infolgedessen wird man in der Praxis einen nicht zu kleinen Reibungskoeffizienten be- vorzugen. AuBerdem sind sehr geringe Hohen infolge der stets vorhandenen UnregelmaBigkeiten des Bodens nicht ganz leicht realisierbar.

Einige besondere Versuche wurden noch mit reinem Wasser angestellt. Der Boden des benutzten GefiiBes bestand aus einer ebenen Glasplatte, auf die ein kreisformiger Blechrand von 35 cm Durchmesser aufgekittet war. Die Hohen wurden aus dem eingegossenen Volumen uIid dem Schalendurchmesser berechnet. Bei einer Schwingungsdauer der Aufhangung von 1,75 Sek. z. B. betrug bei Wasser bei einer Hijhe von 2 mm

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650 R. Miiller

die Dampfungszeit 30 Sek., wobei zu bemerken ist, daB nach den bisherigen Vervuchen die optimale Hohe beirn Wasser bei der angegebenen Frequenz einen kleineren Wert als 2 mm hat. Bei Fuliung mit Paraffin01 (17 = 1) betrug t bei einer optimalen Hohe von 6 mm etwa 60 Sek. Dagegen wurde eine bestimmte Rotationsschwingung vom 0 1 in einem Viertel der Zeit abgedampft, die beim Wasser notig war. Bei hoheren Frequenzen, bei denen die optimale Hohe steigt, ware die Verwendung von Wasser eher diskutabel.

Bei Untersuchung der Translationsdampfung durch sehr schwach viskose Flussigkeiten (2. B. Wasser) war es von groBer Wichtigkeit, daB der beobachtete MaBstab sich genau im Mittei- punkt des kreisformigen Grundbrettes befand. Die Aufhangung fuhrt immer kleine Rotationsschwingungen aus (deren Amplitude hier als geradlinig anzusehen ist), die im allgemeinen eine andere Periode als Translationsschwingungen besitzen. Be- findet sich der MaBstab auBerhalb des Zentrums, so findet eine Uberlagerung dieser beiden Schwingungen statt, und es hat den Anschein, als wenn die Dampfung ganz unregelmagig vor sich ginge. Bei sfarker viskosen Flussigkeiten tritt diese Erscheinung naturlich nicht mehr auf, da bei ihnen die Rota- tionsschwingungen sehr schnell abgedampft werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Zur Dampfung von Translationsschwit~gungen und Rotationsschwingungen bei Aufhangungen oder Stabaufstellungen verwendet man zweck- maBig kreisrunde Schalen von mindestens 30 cm Durchmesser, die bis zur optimalen Bohe mit einer Flussigkeit von mitt- lerem Reibungskoeffizienten (2. B. Paraffinol) gefullt werden. Die optimale Hohe, die die gunstigsten Verhaltnisse verbiirgt, ist unabhangig von der Masse der Aufhangung, dagegen ab- hangig von der verwendeten Frequenz , dem Schaiendurch- messer und dem Reibungskoeffizienten der Flussigkeit, und kann in den in der Praxis gewohnlich vorkommenden Fallen aus den vorstehenden Tabellen mit genugender Genauigkeit bestimmt werden. Rei extremen Verhaltnissen ist sie durch einige Versuche leicht bestimmbar. J e nach den Umstanden verwendet man eine oder mehrere Schalen.

Diese Art der Dampfung ist jeder bisher angegebenen anderen Art, insbesondere der Dampfung durch Watte, nicht

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Ihdu t t e rungs f i e i e Aufstellung f iir empfindl. MePinstrvmente 65 I

nur an Starke iiberlegen, sondern auch dadurch, dab sie trotz ihrer Einfachheit und Unveranderlichkeit keinerlei storende Neben wirkungen hervorbringt.

Bei der Stabaufstellung tritt die Fliissigkeitsdampfung nur a19 eine Erganzung zu der schon vorhandenen natiirlichen Dampfung hinzu, wobei die DBmpfungsanlage zugleich einen Teil der notwendigen Belastung des Gestells iibernimmt. Bei der Juliusschen Aufhangung dagegen muB man je nach dem Gewicht des Gestells darauf achten, daB man eine geniigende Dampfung erhalt, da hier keine wesentliche natiirliche Dampfung vorhanden ist. Es wird sich natiirlich im allgemeioen emp- fehlen, den Abstand der Aufhangepunkte der Aufhangung der Dampfungsschalen wegen nicht zu vergroBern. GroBe Schalen sind immer giinstiger als kleinere.

6. Beschreibung eines Modells der erschutterungsfreien Stabaufstellung

Nach langeren Versuchen wurden unter Verwertung der bisherigen Erfahrungen zunachst zwei Exemplare eines ersten Modells hergestellt l), die im wesentlichen in der Form den schon beschrie benen Stabaufstellungen gleichen. Das Instrument stand auf einer Holzplatte, die Dampfungsanlage wurde von vier kreisrunden Schalen gebildei. Ein Exemplar wurde im physikalischen Institut gepriift, das andere war in einem Ver- suchsraum der Studiengesellschaft der Firma Osram in Benutzung. Beide Apparate arbeiteten in der erwarteten Weise. Die dabei verwendeten Dimensionen erwiesen sich als brauchbar.

Auf Grund hiervon wurde schliefilich ein zweites Modell konstruiert ”, das speziell fur den dauernden praktischen Ge- brauch gedacht ist. Das Modell ist ganzlich eisenfrei gebaut, damit auch Apparate, bei denen die Anwesenheit von Eisen schadlich einwirken konnte, auf- gesetzt werden konnen. Es besteht aus einer Grundplatte, die die elastischen Stabe tragt, und aus dem Gestell, das auf

Es ist in Fig. 6 abgebildet.

1) Ton der Firma Osram, Berlin. 2) D.R.P. Nr. 460543. Das Modell wurde hergestellt von Hrn.

M u selius, Mechaniker am hiesigen physikalischen Institut.

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652 R. Muller

die Stabe aufgesetzt wird und das Instrument und die Dampfungsanlage trlgt.

Die Grundplatte ist ein auBerst stabiles, auf drei verstell- baren FuBschrauben ruhendes Dreieck aus MessingguB. Die drei 4 mm dicken Messingsfabe, deren Entfernung voneinander 44 cm betrlgt, sind unten zunachst i n geschlitzte Messingstiicke

Fig. 6

eingespannt, die oben durch einen mit einer Schraube versehenen Ring fest zusammengepreBt werden. Das Messingstiick selbst ist durch eine Mutter in einer es umschlieBenden Rohre urn 1 cm vertikal verschiebbar, und zwar so, dai3 es sich nicht urn die Vertikalachse drehen kann. Es wird aui3erdem in der endgiiltigen Stellung durch eine Druckschraube fest an die Rohrwandung gepreBt. Auf der vorderen Dreieckseite ist rechtwinklig zu ihr noch vorn ein kurzer Arm angebracht, der eine Libelle tragt. Diese ist in der Figur sichtbar.

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Erschuttermgsfreie Auj5tellung f u r Pmpfindl. JTe/iinstrurnente 653

Das Gestell besteht aus drei Aluminiumstaben von 46 cm Lange und 12 mm Dicke, die durch zwei stabile, sternformige Gebilde aus DuraluminiumguB zusammengehalten werden. Der obere Stern ist in vertikaler Richtung verschiebbar und tragt auf der Oberseite Nuten zur Aufnahme der FuBschrauben des Instruments. Auf seiner Unterseite ist ein abnehmbares MessinggefaB befestigt, das zur Aufnahme des Zusatzgewichts (Bleischrot) dient.

I n den unteren Stern sind die Pyabe des Gestells fest eingesetzt. Er tragt die mit Schrauben befestigte Dampfungs- adage. Diese besteht aus vier ubereinandergestellten, fest verloteten Schalen aus dunnem Zinkblech von 38 cm Durch- messer und 13 mm Hohe. Die oberste Schale ist durch einen fest verloteten Deckel geschlossen. An jeder Schale sind zwei dunne Messingrohren zum Einfullen befestigt, die mit Korken verschlossen sind. Jede Schale ist mit etwa 750 ccm Paraffin01 gefullt, was hier einer Hohe von etwa 6 mm entspricht. Auch bei einer kleinen Neigung oder Verbiegung der Schalen wurde also die Flussigkeit frei schwingen konnen, ohne den Deckel zu beriihren.

Oben sind an die Gestellstabe Messingstucke angeschraubt, die mit dem anderen Ende auf die elastischen Stabe einfach aufgesetzt und dann verschraubt werdeo. Die elastischen Stabe bekommen so von den Gestellstaben einen Abstand von etwa 4 cm.

Fur die elastischen Messingstabe hat sich eine Lange von 45-50 cm (nicht eingespannter Teil) empfehlenswert er- wiesen. Die zur Herstellung der notwendigen Schwingungs. dauer erforderliche Gesamtbelastung des Gestells schwankt hierbei etwa von 10-5 kg. Die Gesamthohe des Apparats, der leicht in einem vollstandig dichten Luftschutz eingeschlossen werden kann, betragt 60-70 cm. Eine geringe Biegung der elastischen Stabe beeintrachtigt die Wirksamkeit des Apparates nicht.

Um eine Arretieruog des Gestells zu ermoglichen, konnen die beiden vorderen Gestellstabe teilweise von horizontal ver- schiebbaren Gabeln umfaBt werden. Die Gabeln sind mit ihrem hinteren Teile durch eine Schraube auf kleinen Saulen befestigt, die auf der Vorderseite des Grunddreiecks in der

Sie sind iibrigens leicht auswechselbar.

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654 B. Miiller

Nahe der Ecken angebracht sind. Die Arretierungsvorrichtung ist in der Figur erkennbar; das Gestell ist arretiert.

Vor Benutzung der Aufstellung wird zunachst das Grund- dreieck durch Drehen der FuBschrauben mit Hilfe der Libelle wagerecht gestellt; die elastischen Stabe stehen dann genau senkrecht. Das frei im Raum schwingende Gestell wird dann auBer mit dem Instrument so lange durch Einfullen von Blei- schrot in das GefaB belastet, bis die Schwingungsdauer (Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Umkehrpunkten) 2 Sek. be- tragt. Langere Schwingungsdauern bringen keine Verbesserung und verringern nur die Stabilitat der Anordnung, kiirzere reichen nur in weniger erschutterten Raumen aus, was aber nur durch besondere Versuche erwiesen werden kann. Durch die Vertikalverstellung der elastischen Stabe erreicht man, da6 ,das Gestell auch bei unsymmetrischer Belastung stets frei schwingt. Nach Herstellung der notwendigen Schwingungs- dauer und dem Anziehen der Schrauben ist die Aufstellung gebrauchsfertig.

Die praktischen Vorteile des Apparates bestehen erstens darin, daB er nach Arretierung des Gestells sofort transportierbar ist, im iibrigen auch leicht zusammengesetzt oder auseinander- genommen werden kann. Zweitens ist die Dampfung durch die in sich geschlossene Dgmpfungseinrichtung von vornherein eindeutig geregelt. Drittens ist beim Gebrauch der Aufstellung nur eine einzige Bedingung zu erfullen, da6 namlich die Schwingungsdauer des Gestells 2 Sek. betragt.I) Diese Forde- rung kann durch entsprechende Belastung des Gestells leicht erfullt werden.

7. Zusammenfassung

1. Eine Kritik und experimentelle Priifung zejgt, da6 von den bisher i n der Literatur angegebenen Methoden zur Er-

1) Hierdurch unterseheidet sich die Aufstellung von einem z. T. auf gleiehen Prinzipien beruhenden , sehr einfach gebautem Apparat, der unabhlngig von den hier mitgeteilten Versuchen von der Firma Hart- mann & Braun zu gleicher Zeit konstruiert wurde. Diese Aufstellung, die keinerlei kiinstliehe Darnpfung besitzt und keine Arretierung auf- weist, arbeitet mit kurzeren Schwingungsdauern. Hierdurch sind ihrer Wirksamkeit gewisse Grenzen gezogen.

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Erschiitterungsfreie Aufstellung f u r empfhdl . Mepinstrumente 655

zielung einer erschutterungsfreien Au fstellung im ganzen die Jul iussche Aufhangung die beste ist, daB aber ihre Wirkungs- weise bei Beachtung gewisser Punkte noch in vielen Fallen verbessert werden kann.

2. Die Wirkungsweise der J u liusschen Aufhangung wird auf die Theorie der erzwungenen Schwingungen zuriickgefuhrt. Es werden hierdurch verschiedene, teils auch bei anderen An- ordnungen auftretende Erscheinungen , iiber die noch Unklar- heiten bestanden, hinreichend erklart.

3. Zur Dampfung der Eigenschwingungen wird, da die bisherige Form der Dampfung oft schadlich wirkt, eine neue Methode ausgearbeitet, die auf der Dampfung durch innere Reibung von Fliissigkeiten beruht. Die Dampfungsanlage be- findet sich hierbei auf der Aufhangung selbst und steht nicht in Verbindung mit auBerhalb der Aufhangung liegenden Korpern.

4. Langere Versuche fuhren zur Konstruktion einer auf einem Tisch aufstellbaren erschutterungsfreien Aufstellung (,,Stabaufstellung"). Sie beruht auf folgenden drei Prinzipien:

a) Verzicht auf eine Schwachung der Vertikalkomponente der Erechutterungen.

b) GroBe Translationsschwingungsdauer in horizontaler Kichtung.

c) Verwendung der unter 3. erwahnten Dampfungsmethode.

Diese Aufstellung ist, auch in hoheren Stockwerken, ver- wendbar auf allen Wandtischen, bei sehr festem FuBboden auch auf freistehenden Tisehen. Sie erreieht die Wirkung der J uliusschen Aufhangung, kann sie aber in vielen Fallen iiber- treffen. Die Aufstellung 1aBt sich leicht vollstandig in einen Luftschutz einschlietlen und ist ohne weiteres transportabel. Sie ist eisenfrei gebaut und mit einer Arretierung versehen.

Vorstehende Arbeit wurde in den Jahren 1924-1927 im Physikalischen Institut der Universitat Berlin ausgefiihrt. Die Anregung hierzu erhielt ich von Hrn. Geheimrat Professor Dr. W. Nerns t , dem ich fur sein Interesse an der Arbeit und die Bereitstellung der notigen Institutsmittel zu besonderem Dank verpflichtet bin. Hr. Privatdozent Dr. Cz e r n y hat rnich bei Ausfuhrung der Versuche freundlichst unterstiitzt,

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656 R. Jliiller

mir viele wertvolle Anregungen gegeben und die Arbeiten mit groBem Interesse verfolgt. Ich mochte ihm hierfur meinen aufrichtigen Dank aussprechen.

Hrn. Professor P i r a n i habe ich fur die Liebenswurdigkeit zu danken, durch die Firma Osram ein Model1 der Stab- aufstellung fur das Institut herstellen zu lassen.

8. Li teraturverzeichnis

1) A i r y , Monthly notices of the Royal Astronomical Society 17.

2) A. A. Michelson und Mor ley , On the relative motion of the The American Journal of Science 3.

3) H. E. J. G. d u B o i s und H. R u b e n s , Modifiziertes astatisches Galvanometer. Wied. Ann. 45. S. 236. 1893; 3 4. Zur Erschiitterungs- losigkeit hiingender Systeme.

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5 ) W. Ei n t h o v e n , Eine Isolationsvorrichtung gegen Erschiitterungen der Umgebung.

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7) D. B. B r a c e , Note on steady liquid surfaces. Astroph. Journ. 5. s. 314. 1897.

8) M. M. H a m y , Principes mBcaniques yui ont permis de rhaliser un bain de mercure ?i coucbe Bpaisse tl l’oboervatoire de Paris. Compt. rend. 125. S. 760. 1897.

9) W. H. J u l i u s , Demonstration einer Vorrichtung, urn Gegenstande gegen den EinfluB vertikaler Ervchiitterungen zu schiitzen (Referat]. Ztschr. f. Instr. IS. S. 85. 1895.

10. A b b o t , Annals of the Astrophysical Observatory of the Smithsonian Institution 1. S. 62. 1900.

11) M. M. H a m y , Sur l’amortissement des trkpidations du sol. Appli- cation au bain de mercure ?i couche Bpaisse. Compt. rend. 136. S. 990. 1903.

12) W.P. W h i t e , Sensitive moving mil galvanometer. Phys. Rev. 19. S. 305. 1904; 10. Stability. - The Julius suspension; 11. Stability ob-

S. 160. 1856.

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Wied. Ann. 56. S. 161. 1895.

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Erschutterungsfreie Aufstellung f i i r empfindl. MePinstrumente 65 7

tained by flotation on mercury or oil; 12. The jointless-table; 13. Ex- perimental results; 14. Summary.

13) W.H. J u l i u s , Bemerkungen iiber erschiitterungsfreie Aufstellung. Ann. d. Phys. 18. S. 206. 1905.

14) W.P. W h i t e , Bemerkungen iiber die Juliussche Galvanometer- aufhangung.

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Ann. d. Phys. 9'3. s. 195. 1907.

(Eingegangen 15. Januar 1929)