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118 M. HOFFMANN; I3ber einen Schadensfall durch die Bisamratte Anz. Sch~idlingskde., Pflanzenschutz, Umwehschutz 59, 1 t 8--119 (1986) 9 1986, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0340---7330 Ober einen Schadensfall an einem Eisenbahndamm durch die Bisamratte ( Ondatra zibethica Link 1795) Von MAx HOFFMANN Mit 2 Abbildungen Abstract On a damage to a railway embankment caused by the muskrat, Ondatra zibethica Link A view is given on damages to railway embankments made by 0. zibethica in this century. Than own observations on a case of damage near Bautzen, DDR are given in detail. Also informa- tions on repair and costs are dealt. 1 Einleitung lDber Sch~iden an Eisenbahnd~immen ist in der Litera- tur wiederholt berichtet, aber im allgemeinen beschr~ink- ten sich die Autoren immer nur auf kurze Hinweise. Es fehlen fast immer genauere Angaben tiber die Ausdeh- nung des Schadens, den Umfang der notwendigen Repa- raturarbeiten, das verwendete Material, die ben/Stigte Arbeitszeit und die H6he der Unkosten. Meldungen liegen aus allen L~indern vor, in denen das Tier angesie- delt ist. Schon in ~ilterer Literatur linden sich entspre- chende Hinweise, z.B. bei LANTZ (1910) aus Nordame- rika und dann besonders mehrfach aus B6hmen, wo der Sch~idling 1905 ausgesetzt wurde und sich von da tiber ganz Mitteleuropa ausbreitete (FRICKHINGER, 1918; HORACEK, 1914; MOKRY, 1915; NECHLEBA, 1917; SUSTA, 1914). Auch aus der Sowjetunion berichtet LAw- Row (1958) tiber bemerkenswerte Sch~iden. HOFFMANN (1956, 1958) meldet aus der DDR ftir die Zeit yon 1946 bis 1956 3340 Schadensf~ille, davon 45 an Eisenbahnd~m- men, die jeweils in ihren Auswirkungen betr~ichtlich waren (Abb. 1). NECHLEBA (1917) gibt ftir Osterreich-Ungarn bereits zu jener Zeit Hinweise auf vorbeugende bauliche Mag- nahmen und empfiehlt den Bauingenieuren in den betroffenen Wirtschaftszweigen schon bei der Projektie- rung die Bauten unmittelbar an stehenden oder fliei~en- den Gew~issern so zu planen, daf~ irgendwelche Unter- wtihlungen unm6glich werden. LANTZ (1910) empfiehlt ftir Nordamerika den Einbau von ,,festen Fundamenten bis in gentigende Tiefe". Der Verfasser hat w~ihrend seiner T~itigkeit engen Kontakt mit den Projektanten der Wasserwirtschaft gehabt. Dies ffihrte 1970 zu einem Gutachten (HoFF- MANN, 1970), in dem die Entstehung der Sch~iden, deren Formen, m6gliche Auswirkungen sowie die vorbeugen- den baulichen Mal~nahmen eingehend geschildert wer- den. GERSDORF (1972, 1976) und B~LLm et al. (1981) geben speziell fi.ir die Wasserwirtschaft entsprechende Empfehlungen. Gleiche Vorschl~ige w~iren ftir die Fische- rei und Verkehrswesen sicher sehr empfehlenswert. Wie entsteht ein Schaden und wie wirkt er sich auf die Bahnd~imme aus? Sie sind in ihrer Zusammensetzung der Erdschichten ein von den Tieren gern angenommenes Objekt, da die Struktur dem Drang des Tieres zum Wiihlen stets entgegenkommt. Die Baue erhalten vom Herbst bis in den Winter mit dem Wachsen der Jungtiere eine immer gr6f~ere Ausdehnung hinsichtlich der L~inge der R6hren und deren Durchmesser. Eingebrochene Teile werden dutch neue R6hren ersetzt, schliefflich ist das Erdreich schwammartig durchzogen. Solange der Boden gefroren ist, h~ilt die dartiber befindliche Erd- schicht, gegebenenfalls durch eine Wurzelschicht ver- st~irkt. Mit der Beendigung der Frostperiode zum Frfih- jahr hin lockert sich der Halt der Deckschicht und bei geringster Belastung bricht diese zusammen. Wechseln- der Wasserstand und starker Wellenschlag k6nnen im Laufe der Zeit die Zerst6rung der Baue beschleunigen. Nach mehreren Autoren und eigenen Untersuchungen betr~igt die herausgewtihlte Erdmasse bei einer R6hren- l~inge yon 20 m und einem Durchmesser von 20--25 cm etwa 1 cbm. Im folgenden soll von einem zwar bereits eineinhalb Jahrzehnte zurtickliegenden, jedoch ftir die Kennmis und wirtschaftliche Bewertung der Bisamratte aktuell gebliebenen Schadensfall bei Bautzen, DDR, und seine Behebung berichtet werden. Abb_ 1. Bahndamm der Strecke Hamburg--Berlin bei Witten- berge/Westpriegnitz, DDR, von Bisamratte unterwiihlt. 1 Oberster Punkt des Baues, kurz unter den Gleisen; 2 H/Schster Wasserstand; 3 Herausgewfihlte Erde. Foto: Hoffmann 2 Der Schadensfall Bei einem seiner regelm~iffigen Kontrollg~inge entlang der eingleisigen Bahnlinie Bautzen--Hoyerswerda im U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0340--7330/86/5906--0118502.50/0

Über einen Schadensfall an einem Eisenbahndamm durch die Bisamratte (Ondatra zibethica Link 1795)

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118 M. HOFFMANN; I3ber einen Schadensfall durch die Bisamratte

Anz. Sch~idlingskde., Pflanzenschutz, Umwehschutz 59, 1 t 8--119 (1986) �9 1986, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0340---7330

Ober einen Schadensfall an einem Eisenbahndamm durch die Bisamratte ( Ondatra zibethica Link 1795)

Von MAx HOFFMANN

Mit 2 Abbildungen

Abstract On a damage to a railway embankment caused by the muskrat, Ondatra zibethica Link

A view is given on damages to railway embankments made by 0. zibethica in this century. Than own observations on a case of damage near Bautzen, DDR are given in detail. Also informa- tions on repair and costs are dealt.

1 Einleitung lDber Sch~iden an Eisenbahnd~immen ist in der Litera-

tur wiederholt berichtet, aber im allgemeinen beschr~ink- ten sich die Autoren immer nur auf kurze Hinweise. Es fehlen fast immer genauere Angaben tiber die Ausdeh- nung des Schadens, den Umfang der notwendigen Repa- raturarbeiten, das verwendete Material, die ben/Stigte Arbeitszeit und die H6he der Unkosten. Meldungen liegen aus allen L~indern vor, in denen das Tier angesie- delt ist. Schon in ~ilterer Literatur linden sich entspre- chende Hinweise, z.B. bei LANTZ (1910) aus Nordame- rika und dann besonders mehrfach aus B6hmen, wo der Sch~idling 1905 ausgesetzt wurde und sich von da tiber ganz Mitteleuropa ausbreitete (FRICKHINGER, 1918; HORACEK, 1914; MOKRY, 1915; NECHLEBA, 1917; SUSTA, 1914). Auch aus der Sowjetunion berichtet LAw- Row (1958) tiber bemerkenswerte Sch~iden. HOFFMANN (1956, 1958) meldet aus der DDR ftir die Zeit yon 1946 bis 1956 3340 Schadensf~ille, davon 45 an Eisenbahnd~m- men, die jeweils in ihren Auswirkungen betr~ichtlich waren (Abb. 1).

NECHLEBA (1917) gibt ftir Osterreich-Ungarn bereits zu jener Zeit Hinweise auf vorbeugende bauliche Mag- nahmen und empfiehlt den Bauingenieuren in den betroffenen Wirtschaftszweigen schon bei der Projektie- rung die Bauten unmittelbar an stehenden oder fliei~en- den Gew~issern so zu planen, daf~ irgendwelche Unter- wtihlungen unm6glich werden. LANTZ (1910) empfiehlt ftir Nordamerika den Einbau von ,,festen Fundamenten bis in gentigende Tiefe".

Der Verfasser hat w~ihrend seiner T~itigkeit engen Kontakt mit den Projektanten der Wasserwirtschaft gehabt. Dies ffihrte 1970 zu einem Gutachten (HoFF- MANN, 1970), in dem die Entstehung der Sch~iden, deren Formen, m6gliche Auswirkungen sowie die vorbeugen- den baulichen Mal~nahmen eingehend geschildert wer- den. GERSDORF (1972, 1976) und B~LLm et al. (1981) geben speziell fi.ir die Wasserwirtschaft entsprechende Empfehlungen. Gleiche Vorschl~ige w~iren ftir die Fische- rei und Verkehrswesen sicher sehr empfehlenswert.

Wie entsteht ein Schaden und wie wirkt er sich auf die Bahnd~imme aus? Sie sind in ihrer Zusammensetzung der Erdschichten ein von den Tieren gern angenommenes Objekt, da die Struktur dem Drang des Tieres zum Wiihlen stets entgegenkommt. Die Baue erhalten vom Herbst bis in den Winter mit dem Wachsen der Jungtiere eine immer gr6f~ere Ausdehnung hinsichtlich der L~inge der R6hren und deren Durchmesser. Eingebrochene Teile werden dutch neue R6hren ersetzt, schliefflich ist das Erdreich schwammartig durchzogen. Solange der Boden gefroren ist, h~ilt die dartiber befindliche Erd- schicht, gegebenenfalls durch eine Wurzelschicht ver- st~irkt. Mit der Beendigung der Frostperiode zum Frfih- jahr hin lockert sich der Halt der Deckschicht und bei geringster Belastung bricht diese zusammen. Wechseln- der Wasserstand und starker Wellenschlag k6nnen im Laufe der Zeit die Zerst6rung der Baue beschleunigen. Nach mehreren Autoren und eigenen Untersuchungen betr~igt die herausgewtihlte Erdmasse bei einer R6hren- l~inge yon 20 m und einem Durchmesser von 20--25 cm etwa 1 cbm.

Im folgenden soll von einem zwar bereits eineinhalb Jahrzehnte zurtickliegenden, jedoch ftir die Kennmis und wirtschaftliche Bewertung der Bisamratte aktuell gebliebenen Schadensfall bei Bautzen, DDR, und seine Behebung berichtet werden.

Abb_ 1. Bahndamm der Strecke Hamburg--Berlin bei Witten- berge/Westpriegnitz, DDR, von Bisamratte unterwiihlt. 1 Oberster Punkt des Baues, kurz unter den Gleisen; 2 H/Schster Wasserstand; 3 Herausgewfihlte Erde. Foto: Hoffmann

2 Der Schadensfall Bei einem seiner regelm~iffigen Kontrollg~inge entlang

der eingleisigen Bahnlinie Bautzen--Hoyerswerda im

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0340- -7330/86/5906--0118502.50/0

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Rundschau 119

5. Teichgrund am Damm auf gleiches Niveau bringen wie zuvor.

Nach Beendigung der Arbeiten wurde yon der Reichs- bahn mitgeteilt, dag insgesamt 715t Schotter (etwa 35 Waggons) ben6tigt wurden, der aus Selbstentlade-Wag- gons ausgebracht und yon Hand einplaniert wurde. Der Arbeitsaufwand betrug rund 250 Stunden, die Gesamt- kosten beliefen sich auf 17 700 Mk., worin die Kosten f~r ein schienengebundenes Grabenr~iumger~it nicht enthal- ten waren.

Abb. 2. Eisenbahndamm bei Wartha. a) vor der Reparatur; b) nach der Reparatur

Zusammenfassung Es wird ein Schaden durch Bisamratten an einem Eisenbahn-

datum hinsichflich seiner Entstehung, der durchgefiihrten Repa- raturarbeiten und der entstandenen Kosten geschildert. Wasser- wirtschaft, Verkehrswesen, Teichwirtschaft und andere Interes- semen k6nnten hieraus Erfahrungen gewinnen.

Februar 1969 stellte der Streckenw~irter bei km 25,2 bis 25,4 in der Niihe des Ortes Wartha auf der 6stlichen Seite an mehreren Stellen Einbrfiche fest und sah auch im angrenzenden Teich auf etwa 100m den hellen Sand in betr~ichtlichen Mengen. Auch der Schotter hatte an meh- reren Steilen leicht nachgegeben. Auf der westlichen Seite befanden sich ein Feldweg und ein schmaler Gras- streifen, so dag die Tiere keine Baue infotge des hier fast in H6he dieses Erdstreifens anstehenden Wassers anlegen konnten (Abb. 2 a). Da die Standsicherheit des Dammes stark gefiihrdet war, wurde eine gemeinsame Ortsbesich- tigung vorgenommen, an der Vertreter von Wasserwirt- schaft, Teichwirtschaft und Reichsbahn sowie einige Bisamj~iger und der Autor teilnahmen.

Diese gemeinsame Besichtigung ergab, dag der Scha- den bereits so stark war, daf~ eine Bereinigung sofort vorgenommen werden mutate. Dutch eine {3berpriifung der Gleise mit speziellen Mef~ger~iten war festgestellt, daf~ sich an dieser Stelle die Schienen sfiirker durchdriick- ten ais normal und somit Schienenbriiche durchaus m6g- lich waren. Vorsichtshalber durften die Ziige bis zur Beendigung der Arbeiten an dieser Stelle nur langsam fahren.

3 Reparaturmaf~nahmen Zur Wiederherstellung und Sicherung des Dammes

wurden folgende Ma~nahmen ergriffen: 1. Beseitigung des Strauchwerkes; 2. Aufgraben und Verfiillen der Hohlr~iume; 3. Ziehen eines 50--70cm tiefen Grabens zum Ein-

binden der Materialien; 4. Aufbringen einer Schotterdecke im Gemisch mit

Split in StS.rke von etwa 50cm;

Literaturverzeichnis BELLIN, K.; BORKLE, F.; FABER, W.; GERSDORF, E., 1981:

Empfehlungen fiir bisamsicheren Ausbau yon Gew~issern, Deichen und D~immen. DVWK-Regeln zur Wasserwirtschaft (Parey, Berlin) Nr. 107, 10 S.

FRICKHINGER, W., 1918: Die Bisamratte in B6hmen. Natur- wiss. Wochenschrift, NF 17, 65--81.

GEaSDORF, E., 1972: Bisamsicherer Ausbau yon Gew~ssern. Mitt. f. Wasser- und Boden-Verb/inde 25, 6--17; 29, t4--16.

G~SDORF, E., t976: Der Bisam und andere Whhkiere am Wasser. Schriftenreihe des KWK, Heft 26.

HOFFMANN, M., 1956: Die Verbreimng und Bek~impfung der Bisamratte in der DDR. Wasserwirtschaft/Wassertechnik (Berlin) 6, 17--24, 60---62.

HOFFMANN, M., 1958: Die Bisamratte (Leipzig). HOFFMANN, M., 1970: Vorbeugende Mat~nahmen gegen Sch~i-

den durch die Bisamratte beim Ausbau, bei der Instandset- zung und Instandhaltung yon baulichen Anlagen im und am Wasserbau. Manuskr. Wasserwirtschaftsdirektion Saale-Wei- fie Elster, Halle-Saale, 18 S.

HOmaCEK, J., 1914: Ist die Bisamratte sch~idlich? (3sterr. Fischerei-Ztg., 210---211.

LANTZ, D.E., 1910: The muskrat. US. Dept. Agr., Farmers Bull Nr. 369, S. 1--38.

LAWROW, N.P., 1958: Die Ansiedlung der Bisamratte in der Sowjetunion (Moskau).

MoKRY, TH., 1915: Uber dutch die Bisamratte verursachte Schiiden. Clsterr. Fischerei-Ztg., 8&--87.

NECHLEP, A, A., 1917: Die Bisamratte und die Technik. Vereins- schrift ffir Forst-, Jagd- und Naturkunde, 281--294.

ScH., 1950: Bisamratten gef~ihrden einen Bahndamm. Gesunde Pflanzen (Bonn) 2 (1), 20.

SUSTA, W., 1914: Die Sch~idigung der Fischerei und Forstwirt- schaft durch die Bisamratte und ihre Bekiimpfung. Osterr. Fischerei-Ztg. 16.

Anschrift des Verfassers: Agr. ing. Max HOFFMANN, Loe- wenhardtdamm 17, D-1000 Berlin 42.

Anz. Sch~idlingskde., Pflanzenschutz, Umwehschutz 59, 119--120 (1986) �9 1986, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0340--7330

Rundschau

Extensive Landwirtschaft hilft dem Naturschutz

Die Zusammenarbeit yon Naturschutz und Landwirtschaft ist eine wichtige Voraussetzung fiir einen wirksamen Arten-

schutz. Dies betonte Prof. Dr. W. Schumacher, Universitdt Bonn, auf einer Veranstaltung der F6rdergemeinschaft Inte- grierter Pflanzenbau am 9. April d.]. in Bonn. Fl~chen, von denen sich die Landwirtschaft v611ig zurfickziehe, verarmten an

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0340- -7330 /86 /5906- -0119502 .50 /0