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269 Ueber eiiiige iieue giftige organische A1 kalien. v 0 Ik Ph. 1,. G e ig e r. ( Vorgetragen in dcr iiffentliclirn Sitxiilg der Gescllscllaft ffir Natiwtzissenschaft und Hcilkunde eri Heidelberg am agsten August 1833.) ljereits V O ~ 9 Jahren liatte ich die Ehre, die verehrliche Gesellschaft mit der Auffindung des gihigen Stoffs im Schier- ling, dem Conrirr, bekannt zu machen. Die Versuche mit dieser Substanz wurden fortgesetzt und es stelltc sicb nnwi- derleglieh heraus, dafs das Coniin ein flijchtiger 6lahnlicbes organisches Alkali ist , welches unter allen bis jetzt entdeck- ten organischen Sahbasen, so weit sie untersucht sind, die griirste Siittigrrngscapacitit oder dae kleinste Mischungsge- wicbt hat. Es bestebt nandich nach L i e big aus ZLI M. G. KohlenstolT, 14 M. G. Wasserstoff, a M. G. Sauerstoff und 1 M. G. Stickstoff; sein M. G. ist demnach 108, Wasserstoff = a angenommen (Magszin fiir Pharmacie Bd.36. S. 1%). Seit Jieser Zeit gelang es mir, mit Herrn Hesce noch $inf neue gifiige organischc Alltalien aus inllindischen Pflan- zen danustellen, welche zwar dem Narnen nach, Bis elif eins, bekannt ond auch in ehemischen und pharmaceutfschen Lehrbiiehern beschtaeben sind, in der That aber noch ganz unbekannt maren. Es sind Afropin, Hycrscyarnin, Datwin , Colchi'cin und -4mnitin, yon welcben ich mir erlanbe eine kurze Besckreibung zu geken. -- Atropin. Dieses organische ist bercits in den Aonalen der Phar- inn& Bd. V. rind Bd. VI. bekannt gemacht worden. Ich beschriinke mich deshalb nnr darauf zu bernerken, dds wir Anna!. d. Pharm Vile Bda 3. tleh. 18

Ueber einige neue giftige organische Alkalien

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Page 1: Ueber einige neue giftige organische Alkalien

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Ueber eiiiige iieue giftige organische A1 kalien.

v 0 Ik Ph. 1,. G e ig e r.

( Vorgetragen in dcr iiffentliclirn Sitxiilg der Gescllscllaft ffir Natiwtzissenschaft und Hcilkunde eri Heidelberg am agsten August 1833.)

ljereits V O ~ 9 Jahren liatte ich die Ehre, die verehrliche Gesellschaft mit der Auffindung des gihigen Stoffs im Schier- ling, dem Conrirr, bekannt zu machen. Die Versuche mit dieser Substanz wurden fortgesetzt und es stelltc sicb nnwi- derleglieh heraus, dafs das Coniin ein flijchtiger 6lahnlicbes organisches Alkali ist , welches unter allen bis jetzt entdeck- ten organischen Sahbasen, so weit sie untersucht sind, die griirste Siittigrrngscapacitit oder dae kleinste Mischungsge- wicbt hat. Es bestebt nandich nach L i e b ig aus ZLI M. G. KohlenstolT, 14 M. G. Wasserstoff, a M. G. Sauerstoff und 1 M. G. Stickstoff; sein M. G. ist demnach 108, Wasserstoff = a angenommen (Magszin fiir Pharmacie Bd.36. S. 1%).

Seit Jieser Zeit gelang es mir, mit Herrn Hesce noch $inf neue gifiige organischc Alltalien aus inllindischen Pflan- zen danustellen, welche zwar dem Narnen nach, Bis elif

eins, bekannt ond auch in ehemischen und pharmaceutfschen Lehrbiiehern beschtaeben sind, in der That aber noch ganz

unbekannt maren. Es sind Afropin, Hycrscyarnin, Datwin , Colchi'cin und -4mnitin, yon welcben ich mir erlanbe eine kurze Besckreibung zu geken.

--

A t r o p i n . Dieses organische ist bercits in den Aonalen der Phar-

inn& Bd. V. rind Bd. VI. bekannt gemacht worden. Ich beschriinke mich deshalb nnr darauf zu bernerken, dds wir

Anna!. d. Pharm V i l e Bda 3. tleh. 18

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es in letzter Zeit in hiichster Reinheit aus der Wurzel ron Belludonna nach Me i 11's von uns etwas abgeanderten Me- thode erliielten. - Uemerhenswerth ist , aufser seinen be- schriebenen Eigenschaften die leichte Verlnderung , velche es schon in Reriihrung mit Wasser Lei gewiihnlicher Tern- peratur an der Iluft mit der Zeit erleidet. K s verliert niim- !ich seine Kiystallisationst'dhigkcit, die bereits gebildcten I{ry- stalle verscltwinden wierler , die I%issigkeit fiirbt sich schwach gelblich und beim Verdampfen erhllt man einen unbystulli- sirbwcn lliickstand , welchrr in jedem lTcrha1tnifs i n Wasser lijslich ist , wiihrend krystallisirtes Atropin iiber 200 Theile boi gewiihnlicher Teinperatur zur 1,iisung erfordert ! Auch nimmt es hiebei einen niderlich n;irkotischen Geruch an * wiihrend krystallisirtes Atropin geruchlos ist, Uebrigens ist die erlittcne Verlnderung riicht bedcutend; es ist noch eben so @Rig als vorber, und b i d e t man es an eine SHore und behandelt die Liisung mit I:lutlaugenkohle, so schlagen AL kalien den griifsten Theil in fester Form daraus nieder, wel- ches krgstallisa~ionsfiiliig ist. - Nacb 1, i e b i g s neuester Analjse besteht es aus 34 &I. G. l{ohlenstoff, a3 M. G. Was- serstoff, 6 ill. G. Sauerstofl u. 1 &I. G. Stickstoff. Das M.G. ist demnach 289. wir fanden es fisher = 290 (Annalen der Pharmac. Bd. VI. S . 53). Es nimmt iedoch noch mehr Slare auf und Lildet K. a6:scheinlich auch saure Salze , wie I, i e - I i g s friihere Fe, x x h e zeigen (ebendas. S. 66).

H y o s cy a m i n. Dieses Alkali wird am leichtesten aus dem Bilsensanren

erhaken. Die Uereiri.riE; ist etwas schwierig, wegen cler leichten Liislichkeit desselben in Wasser, oder vielmehr we- gen seiner schnellen Vei~attJerlichkeit in Beriihruag init Was- ser und fieien ,Qlkalicn, wodurch e5 in jedem Verbdtnifs in Wasser IGsIich, und auch weiter zerlegt w i d . - Man zieht

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die Samen niit Weingeis t , d i n e oder init Siiure-Zusatz, auch rnit Wasscr h i J F uus, verdampk die Ausziige i n gelin- dester Wiinnv , reinigt sie durch wiederholtes Behandeln mit I(alk, Schwefefsh-e u t d Filtriren , versetzt die zienilich entfrirbten und Jiireh Verdampf'en cingeeiigten Auaciige rnit iibmchiissigem kolilensanrem Natron in gepcivertem festem krpstallisirten Zustande , hcfreit den, Niederschlag so schnell d s rxijglich dorch Pressen uiid Behandeln init absulutem AI- knliol voin fixeii .\iiiali, behandelt gleichzeitig d i e lutter- lauge rnit Aether , vereinigt die Aether - und Weingeist - hal- tigen FliissigLeitcn , versetzt sie wieder mit Kalk , filtrirt ~

behandelt das Filtrat niit Ulutlaugenkohle, zieht den Aether iind YVeingeist griifstentheils ab und verdampft zuletzt: unter Zusatz von wenig Wasser in srhr gelinder Wiirrne, 1st das Hyoscyamin iioch nicht ftirblos, so mufs es nochmals an SEure gelunJen und wie angefiihrt behandelt werden. Die Bus- beute ist oft sehr pri i ig ! - Ikinstes llyoscysmin krystdli- sirt langbarn in bitschelGkrilig oiler sternflkmig gruppirten, rarblos durchsichtigen sclden$iiuzderI Nadeln , die geruch- 10s u n d etwas s~hiret~liislich in Wasscr sind, d o r h leichter Itislich a h krystallisirtes htropin. 1 ,eicht erhiilt man e5 aber als eine unltrystallisilliarc, scliwicrig vollliommen auszuti.ock- iiende Mdsse, die in jedeni Verbiilttiil's mil Wasser inischtar i51, und irn gefiirbten Zustsnde rincn witferlich narkotischen Geruch r a t r e i t e t . Es sohmccbt sehr widerlich Leifsend ta- Lackiihnlich, und widit ebcnfdis hikhst yiftig , dem Atropin lhnlich j die geringste fifenge, auk Auge gebracht, bewirkt anch sehr lnnge anhalteride Enveiteriing dcr Pupille, Im wasserleeren Zustande reagirt es (wie alle i i k i g e n wasser- leeren organischen Alkalien) nicht allralisch; Zusatz von ITasser bewirht abe r sogleich starke und bleibende slkelische Reaction. Ueitn vorsichtigen Erhitzen in Destillirapparaten Iafst sich Hyoscyaniin grijlitenthzifs unreiiindert (?) verfliich-

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tigen, wenigstens wirht es noch eben so giftig uiid reaskt ebeu so allialisch. Leicbt wird iedoch Iiiebei ein 'l'lieil zer- stiirt und es entwickeln sicli amnwnial;haItende lXnrpt'e, In

Verbindung mit Wasser erjiitzt verfliictitigt sich ebentalls ein geringer Theil, denn das Destillat zeigt schwache alka- lische Reaction uild giftige pirpillene~rz~eiter~nrlt. EigenscLaften : der bei iveitcm gr8fste Theil bleihl eber zuriick. Nit wis- serigen fixen i\llialien erhitzt, wird es w-it? Atropin vollstiin- dig Qnter Ammoniakent~iekeiung zerlegt. iJieses ist ein wesentlicher Unterschied dieser Alkalien von Nicotin , wel- dies beim Erhitzeri mit wssserigen lixen Allialien (wenig- stens zum Theil) nicht zcrlegt w i d t sondern sich mit M'as- serdampfcn verfliichtigt und deslialh duwh Destillation wie Coniin gewonnen werden kann , was bei diesen Alkalien niclit rniiglich ist. - Die wEsserige Liisong ides IIposcyarnins wird dorch .Jociiirikfui~ mct Kermesfarbt Qerdickr. D i e s eigenthiail-

lkhe Reaclian zeigcn d l e bis j e t u itntersuchleri otprzischea Alkdirn ! aocli Gallustiiiktur fallt sie stark weirs und Gold- aufl ;sung gelblich weil's, I'latinaufliisung fallt sie nicht. -. Die Zlyoscycrrarinsalzt! siiiu neutral , hrystallisiren zuin 'iheil leicht und wirben eben so giftig wie reines Hyoscyamin. Die wCsserige Liisung verhalt sich gegea die genannten Rea- gention wie die wiisserigc CSsung des reinen Myoscyavaninc In Weingeist ist Hyoscyamin sehr leicht liislich, eben so in

Aether. Das Verhirltnifs der Elemente, so wie das lischungs- gswicht des Hvosc~aniiria, ist bis jetzt nicht erforscht. h zeigt iedech eine nicht nnbetriiclitliche Siittigungscapacitiit.

D a t u r i n

Wird aiich am einfachsten aus den Stechapfelsatnen er-

halten. Die Arbeit ist do., wodurch tIyoseyamin dargestellt wird, ahnlich. Die Ausscheidong gelingt ieichter; weil Da- turin melir T'endenz zum 'Festwerden zeigt. -4ber die Lev-

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storsenen Samen niiisseii anhdteirri mil herlsent Weingeis t beliandelt werden, sonst bleiht cler grijfste Theil Daturin i n denseIben zuriick. -- Es lirystallisirt leicht aus seiner wiisse- r ig - gvistigen J,o'sung in ausgezeichneten "farblosen, starlr glb'n- zenden , bischelfiirmig vereinten Prismen, ist geruehlos; irn anreinen Zustarlde riecht es aLer ehenfalls bijchst widerlich nariiotisch ; schmeckt aniangs bitterlich , dann ebenf'alls sehr scharf tabaciiihnlich utid wirl{t sehr giftig. 11s Gran ist hin- reichend, einen Sperling binnen 3 Slonden zu tsdten. Es bewidit auch ins Auge gebracht, sehr starke und anhaltcnde Erweiterung der Pupille; sie dauert zuin Theil 8 l a g e unil darii ber.

Merkwiirdig ist es, dafs wir nur bei diesen 3 organi- schen Alliaiien aus der F'amilie der Solunuceerr. diese W i r - kung in so ausgezeichnetem Grade beobachten konnten. I ~ a s nahe verwandte Nicotin bewirkt im Gegentheil, ins ..4uge gestrichen Pei.cngei*urig deer Pupilk,. Es eeigen sich jedoch hiebei schr heftige narkotische W i r l i ~ ~ n g e n . Einer erwach- senen Katze slriclr man n u r f k tiran aufs A u p ; bald f1ng sie an zu taumeln, warf den Kopf umher, Lewegte mit gro- fser Schnelligkeit die Ohren , athmete sehr kurz und schnell, zaieizt riicheind ~ das Herz echlrig iiul'serst schnell und so hiirbar, dafs man den IIerzschlag in der Entfernung voii eiriigen Schritten deutlicli wahrnahm. l)as Thier wurrle so elend, dafs man jcden Aagenblick glaubte, es gehe darauE Nach eines Stunde waren aber alle Zufalle verschwunden !

Daturin reagtrt in Verbindung mit Wasser ebenfdls be- triichtlich alkalisch. Bei sorsichtigem Erhitzen verfliichtigt es

sich auch zum Theil ohne Yeranderung in weifsen Pl'ebeln. Es wird aher noch ieichter als t e i Ilposcyamin ein Theil tinter flinliclien Erscheinmgen zerst6rt. Geim Erhitzen mit Was. ser verlliichtigt sich iiichts uiid crliitzt man es niit wiisseri- gen liren Alhalien ~ n h d t e n t l , so w i l d cs ebcnfal!s unter Am-

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moriialter~twiclieiung zerstiirt ! - In t17asser ist Ilaturin scbwerliialicli ; es erlordert bei gewGhnlicher Temperatur ge- gen 280 l'heile, in der Hochhitze 7 2 'L'heile, beioi Erkalten triibi oich die J,iisung, ohne dal's Datui in hir;uslirystallisirt. Vs verlindert sich jedoch nicht so lcicht in Beriihrung mit W a s s e r w ie htropin und I~poscysmin. Bcim Verdampfen der wiisserigen Liisung erhalt man zwar anfangs keine 1Cry- stalle, lefeuchtet man aber die unlrpstallinische Masse mit Wasser oder iileriaM inan die niisserige Lijsung der frei- willigen Verdunstung , so I ~ i I J ~ n sic11 nach einiger Zeit 1Ci.y- stolle YOU Dcrturin. Gegen Reagentieii verhalt sicli die wiis- serige Liisung des Datuiins wie die von Ilyoscyamio. In Alltohol ist es auch sehr ieicht liislich, etwas weniger in Aether. - Die Dulrrr cnscrrlze lrrpstallisiren gum Theil ausge- zeichnet schiin, und sirid in der Regel luftbestindig irnd leicht liislich. Sie wirken sehr gifiig. Gegen Reagentiea verhiilt Jkh die wiisserige Liisuog derselben wie d i e wfsse- rige Lijsung des reinen Daturins. Unore;anische Alkalicu schlagen aus d e r riicht zu verdiinnten 1,Gsung Daturin in weirsen h ' l ~ ~ k e n nieder. Das \'erhiiltoifs der Bestaridtheile , SO wie das Ilischungsgewicht des na tur ins sind auch rioch uichl ermiltelt.

Vori Soiunin , w e l c h Dr, 0 t t o aus den Kartoffelkci- men erhielt, (S. 150 dimes Bandes d e r AnnaIcn) , hernerke ich riur, dal's es nrcht pupillenerweiternd wirkt. Das von H e n r y aus den Bittersiifsstengeln erhaltone scheint von die- sein verscbiedeti zu seyn *),

C o l c h i c i n . Dieses orgnnische Aikal i ist ron P e l l c t i e r und C a -

Y en t o t i mit Vcratrin zusammengm orfen worden. l c l ~ be-

*) Vcrgl. lriei iiber n u d i incin Handbuch dec Phamarie Bd 1.

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kte A d a g e El. 6.

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inerkte eber schon i n &I- 3ten Autlage meines Ilandbuchs der Pbermacie L(cl. I. S. 669, dals in den s e h bittern Blunien und Saxlien wobl ein anderes Alkeii enthalten seyn m6chte. Dieses hat sich nun bei unsern erst kiiwlich angestellten Vorsuchen bestatigt, - M a erhiilt Colchicin aus dem Sa-

men von Colchic urn crutumnule auf ahnliche Weise wie Datu- rin. Die Rein - lhrs te l lung und Entfarbung 1st etwas ecl~nie- riger. - Das Coichicin krystallisirt in znrten Nndeln, die gmchlos sind und sthr bitter, hintcnnach hruftend ( aber nicht hrennend schrrf wie Veratrin) scbmerlten. Es Lewirkt i n die ,Nase gebracht keiiieri Reid zum Nicfsen (wahrend die gcriugste Spar Veratrin heftiges Niefsen erregt, so dafs es fast unm8glkh ist damit umzugehen, ohne Reiz zum Nief'ssen zu bokornmen!). UeErigens wirkt Colchiein ehenfalls sehr giftig. Eina 8wGchige Katze leliam gegen ' / r o Gran, in me- nig wiisserigem Weingeist geliibt ; sic kaiite sogleicli stark und es bildete sich vie1 Schaum am Ilaul. Die l b t z e wurde aber bald muntor, f ids jedoeh nnr wenig; nach einer Stutide bette sie betriiehtliche 11iissige Kothentleeriiiig , spatcr er- braeh sis sicb mehrmals, ihr Gang wurdc wankentl, sie Gel nisder, wiit7,te sich liin und her , schric 1il;iglich and xcigte kranipfhahe ltolikartige Kriimmungen , welcbe Zufdle imnier heftiger wrirden , zulet i t wurde das I'lrier immer e!eider und nach etwa IZ Stunden w a r es todt. Uet der Section zeigte sieh der %gen und lhrmkanal heftig entzi'lndet, und es hatte sich in denselben in seiner ganzen Ausdehnung Blut ergassen, so dafs heim Druck artf den Mastdarrn selbst mit Blut irnterrniachte Faces aus dcm After traten. (Ale Gegen- versuch erhielt eine etwas jiingere Hatze etwa "20 Gt-an Ve- ratrin. Die Wirl iung des G i h zcigtc strh sogieich heflig;

Thier wankte, machte krarnpfhafte P?i%egungen, Etcl riieder und war in 1 0 Minuten todt. Bei der Section find man nur An obern Theil der Syeisedl i re entziindet, die bei

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der. mit Colchicin vergifketen Hatze nicht cntziindet war. Magen und Darmkanal zeigten heine S p u r von Entxiindung.) Colchicin reagirt im wasserhaltenden Zustande nur schwach alkalisch, neutralisirt aber SEuren vollstsndig und bildet mit ihnen zurn ‘rheil krystallisirbare Salze (Veratrin n i rh t I die bitter. und kroizend schmeclten. Es ist ziemlich 16slich in Wasser (Veratrin ist in Vl‘asser unliislich). Die I i k u n g ver- Ii;il? sich gegen die genannten Reagentien, wie die Iikungen der abgehandelten Alkalien, doch f3lt sie aucli Platinnuflii- sung. .- Characteristisch aber ist die Reaction der com-en-

trirterr Sulpefersiiure auf Cokliicin : diese 1:irbt cs dmlrelviolett und indi&au! d i e Farbe geht bald in griin und gelb iiber; concentrirte Schwefelsiiure fi;rlt es gelbbrairn. (Veratrin wird von Salpetersiiure roth , dann gelb, von VitriQlGl dher erst gelb, d a m hlutroth, euletzt schon violeft gefiir.bf ! )

A c 0 n i t i 11.

Voriges Jahr theilte ich einige phjsiologische Versuche p i t Aconiten mi t , aus welchen ich unter Anderm folgerte, dafs in den scliarfen Aconiten neben den1 leicht zerstiirbaren scharfen Stoffe eine davon verschiedene narhotische Substanz enthalten seyn miisse weil selhst spiit gesamrnelte Rliitter yon Aeonifurn flapellus L., die gar nicht scharf schmechten, heftige narcotisch - giftige N’irkungen zeigten ! (diese Anna- len Bd. IV. S. 66). Diese Folgerung ha t sich nun durch die Versuehe des Herfit H e s s e yo.oll4ommen bestztigt. Derselbe sttilte d23 Aconitin aus den getrockneten Bliittern V Q ~ Am- nituin Napellus ungefa’hr auf dieselbe Art, wie Atropin DUS

deli WurzeYn bereitet wurde, dar. - Es scheint nicht kry- etallisationsfiihig zu s e p , sondern bildet im reinsten Zustande eine weifse IGr nige oder farblos durchsichtige glasglanzende feste luftbestiindige Masse , ist geivchlos sclimeckt Srttw,

danri kratzend scharf aber weder inten.w nnch anhalfend, bei

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weirern wcniger als das Kraut, rlessen brenncnde Schiirfe Gf- ters 12 Stundcn Ian;: und dariiber andauert, und Betiubung dcr Zuirge hinterlirs: ! Diese Sciiiir fe hiingt aLer dern Aco- nitiii sehr innig an. so ,tars cs im unreinen Zustande ebenfalls sehr brennend scharf schmeckt. 1)urch wiederltoltes Biuden ;In S:iarcn iind Zerlegeii des Salzes 11it-d aber die Szhiirfe nach u i d nach enttkrnt. nas rricht odcr / m i n i scharje ACO- nitirl ist hcchst giftig! so giftig ala das scharfe; ‘;so Grail, in wenig wisserigcrn W’eingeist geliist , ist hinreichend , eincn Sperling binnen wenigrii Jliriuten zu tiidten, und ‘/lo Gran tiidtet einen hleinen T-ogel hlilz:ihnlicli! A ur”s \uge gebrarht , bcwirkt es nur 1turr.e Zeit andmeriitie Erweiterung tier Pu- pille. Es ist leicht schmclzbar, nicht liiichtig j liot’wt in trociiener I)estillation eiiinionialihaiteiide DErnpfi.. - 111 \Vas- ser ist es schwer lijslich, abcr sehr leicht Iijslich in W e i n - geist, .iuch in aetl iar ist es l&kich. ])it: 1,i;suiigen red- giren allralisch , und die wasserige zeigt dltnliche Reactio- nen vie die der abgcl~nndelten Alkalien ; Platiitaulliisung Gilt sic niclit. Salpetersiiore liist ,iconitin d i n e F i r h u n g auf; Vitiioliil f i tbt es eist gelblich, clanu sclinrutzig smarantroth. Aconitin neutralisirt Siiuren rollstaiirlig. Die At o n r t i n d z e

scheinen unO~rystallisirbar .m scyn. Sie sind noch wenig un- tersucht. Asich die Elementar- Aiialyse urid das Rlischungs. gevricht dus Acoiiitins ist noch nicht erforscht.

von diesen neuen Alkalien vorzulegen. Ich habe die Ehre d e r verehrlichen Gesellschafi

-

Noch erlaube ich mir, diesen neuen Thatsachen Hernerkungen hinzozofiigen :

Nustur

cinige

Man kann jetBo die orgenischeii Alkalien eintheilen in f k h t i g e und Rkhlfliichtige. Frcilich ist dieser Beariff, wis imiaer, nu1 relativ. - Unter f!iichtigen verstehe i.ch aber

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solche organische Alhalien , die schon bei getvohnlichcr Tern- pwutur jlichtig sind; diese sind, so weit sie bekonnt sind, aacb in ihnrn reinsten Zortande tropf'barflihig und zeicbnen sich iminer durch einen eigenen Geruch aus. - Die bei gwohnl ichu I'empratur n i c h jluchtigtx sind aber in ihrem reinsten Zustande fest , luftbestijndig und gvuchlos ; einige aus

der Familie der Solanaceen nehmen aber leicht einen wider- liob narkotischen Geruch an. Hyoscyamin mscht gleichsam deii Uebergang von den fliichtigen EU den nicht fliichtigen aus.

In physialo8tscher €lin$icht bann man sie eintheilen i n giJige und n i d t &.,ye organische Alkalien. - Die Qiich- tigen sind, so weit sir bekannt sind , alle scharf und giftig. Van den nicbt fliihtigen crind die abgehundrlten, wozu noch &&inin und Ernrlin gehiiren , scbarf odor bitterscharf und gifiig ; Morphium, Strychnin und Eanirumin (sonst fnlschiich Brucin gmannt) sind bitter und narkotisch gihig, Chinin ubd Cinchonin gehbmn xu den aicht giftigjen bittern agani- schen Alkaiien.

IIJ chenitsrAer Hinsicht ist noch bemerkenswerth , dam ailn wganischn Sulzbasen stickstoflhultig smd, und bei alien bis jetzt untersuchten b e s t i t i e sich das von L i e b i g aafge. fundene merhwiirdi~e Gesels , dufi d e ~ Stichtoifgehdt i h e SiittigungsccrplrcitItr bcdimmt. Nifniiicd 4 M. G. irgend cines orgunischi2 Alkalis ondiih jcderzci! genau I &I. G. St iddo$ .

Die organischen AIkelka gebaren zu den kdfiigsten Iteilmitteln und ihr Studiwr kt darum auch fdr den A n t von biichster Wiehtigbeit.

Indessen sind nicht alle ahnliche krystallisirban? giftige oder sonst lrraAig wirkende organische Stoff e Salzbasen. Viele, welche man friihcr dafir hiclt, sind keine, nnd uon diesen sind v d e strckstoffrei ! Sie xeigea in physiofogischer -His- sicbt zum Theil vide Aehsfichkeit mit den oqaoischen Sala-

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besen. So kennen wir das sehr Riftige Kokkuli/r (oder Picto- Io.tin) das mildere Columbin und das Lattlgbiller fl.actua- riron), welalies letztere freiiich iroch nicht analysirt i?t. Diese reiheo sich dern S/ryCAniu, Cuiiiramin und dcn narko- tisclen Eastandtheilen irn Opium an. Das hettig drastig wir- Irende E l a t e h , das Colocyidhin , ihyoniii und Digitaliu , zei- gen viele Analogie in ihren Wirliungen init F'erubin, Col- chicin und Emeiiii ! - SnliLiu Gsritiu~lin , Picro - Lichenin

and andere Iirystallisirbare bittcre stickstoll'fraie Stoffe , w i : ~ ken Jem Chinin und Cincltoriin iihnlich.

Bei diesen Analogien stellt sicb jedwh im Uurchschnitt heraus , dafs die stickstoffhaltigen Salzbasen weit heftiger oder lir8ftiger wirken als die stickstofffreien indifferenten Stoffe.

Und wir erkennen das Niimliche bei den Nahrungsmit- teln, denn es i a t beliannt, dal's die stickstof€haItigea vie1 niihrender sind als die stickstofffiGen.

Den Lesern der Annelen theile ith diese vorliiufigen Nachrichten einstweilen mit, uni sie von dem wirhlicherr Du- s e p dieser orgaiiischen Alkalien in Henntnifs zu setzen. ])as weitere Detail werJen wir nach uod nacli in den Annalen bekannt machen, wozu jedoch noch maoche Arbeiten &for- Jerlich sind, da die Acten iiber diese Gegenstiinde noch lange nicht geschlossen sind. Es sol1 mich freuen, wenn ich dadurch llIanchen zur Fortsetzung Jieser ArLeiten anfeuere oder Veranlassung gebe , dafs hierher gebiirige vielteicht frii- here Erfahrungm zur Kenntnifs des Publihums selangen, wie dieses bei Atropin der Fall war. Denn ich bin weit entfernt von cler llcherlicben Prioritats- Wuth , uni mir Ent- dccliungen zu conserviren , die niir vielleielit nicht zukom. men, odcr gar ctwas dnzukiindigen, was sicb spater als

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falsch herausstellt. Iliinsel und 11Aiiimer sind indessen SO

leicht miiglich in tier Chemie namentlicli h i Untersuchung organischer Stoffe, und sie lasscii sicli iifter nur durcli viel- seitiges Forschen bcriclitigen. Daher &rnancl bei Aiiltiindi- gung neuer Thatsachen daruiii das Sclbstforschen nnterlassen soll, weil er annimnit, al!es sey nun erihtert. Denn so bleiben oft falsche A n g b c n Jalire lairg stclicii urid wantlern ais V'ahrheiten von liuch zu Cuch, bis iwcflich sich d i e L'nriclrtig!ceit herausstellt. W e l c l ~ ciii Vcrlust ist dieses aber f i r die \Yisseirscliaft, und nicht sehrn f"ir die ins I,cben eingreittndeii p rac t i~chen Zweigc dersclbcn.

500 Grammen Rinde yon Poptrlus albu ~ u r d e n niit Wasser, den, 20 Grammen Si:hw.eft+Grire zugesetzt waren, ausgekocht die Auskochungaii mit Malk behandelt , und die Vliissigkeiten von dcin Niederschlage gesondert. Sie waren Litter und braun gefsibt. Durch Abdarnpfen gabcn sie ein

Juiikles graubraaiies eigerithiimlich riecbenJcs und sehr bitter schrnecttendes urireines Salicin. nieses bchandelte man drei- ma1 mit heif'seni A1'Kobol, setzte cler geistigen Fliissigkeit Wasser hinzu und dcstillirte erstere ab. Es blieb cine braune Fliissiglteit zuriick , dic mit '1'hierl;ohle behandelt I Gramm rcincs Salicin liefertc.