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Uber Elektrolyse der Salzsaure. Von F. HABEB und S. GRINBERG. 11. Mitteilung. Mit 2 Figuren im Text. The o r e t i sc h e r Te i I. Von F. HABER. Die folgende Mitteilung beriihrt sich in mehreren Punkten mit den Untersuchungen OETTEL’S uber Elektrolyse neutraler und alka- lischer, konz. Chlorkaliumlosungen. In experimenteller Hinsicht habe ich gegen die Arbeiten dieses vortrefflichen Beobachters nur zweierlei zu erinnern; einmal, dds er die durch Elektrolyse erreichbare Maximalkonzentration von Hypo- chlorit mit 12.7 g bleichendes Chlor pro 1 Liter zu niedrig ange- nommen hat, weil er die kathodischen Stromdichten nicht hoch genug griff, andererseits, dals er die Chlorsaure auf Grund einiger qualitativer Beobachtungen uber ihr Verhalten zu Metallen generell in saurer Losung fur leicht reduzierbar erklart hat, was nur mit einiger Einschrankung zutrifft. In Rucksicht auf die Deutung der Vorgange halte ich allge- mein fur richtig, die Retrachtungsweise OETTEL’S zu verlassen, welcher Anoden- und Kathodenvorgannge und sekundare chemische Prozesse nicht sondert und statt des einfachen, elektrochemischen Vor- gangs ausschliefslich das komplizierte chemische Resultat der Vorgange der Beschreibung und Erklarung zu Grunde legt. Fur theoretisch irrig erachte ich im speziellen OETTEL’S Ausfuhrungen iiber die Einflusse der Stromdichte und der Temperatur. Um das Hinabgehen der Sauerstoffentwicklung mit steigender Stromdichte zu begrunden, vergleicht OETTEL die Zerseteungsspannungen von Schwefel- saure (1.7 Volt) und Chlorkalium (2.26 Volt), wahrend die Verschie- 1 Chcmiker-Ztg. (1894) 18, 69. Zcitschr. Elek&roehem. 1, 354 und 471.

Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

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Page 1: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

Uber Elektrolyse der Salzsaure. Von

F. HABEB und S. GRINBERG.

11. Mitteilung.

Mit 2 Figuren im Text.

T h e o r e t i s c h e r T e i I . Von F. HABER.

Die folgende Mitteilung beriihrt sich in mehreren Punkten mit den Untersuchungen OETTEL’S uber Elektrolyse neutraler und alka- lischer, konz. Chlorkaliumlosungen.

In experimenteller Hinsicht habe ich gegen die Arbeiten dieses vortrefflichen Beobachters nur zweierlei zu erinnern; einmal, d d s er die durch Elektrolyse erreichbare Maximalkonzentration von Hypo- chlorit mit 12.7 g bleichendes Chlor pro 1 Liter zu niedrig ange- nommen hat, weil er die kathodischen Stromdichten nicht hoch genug griff, andererseits, dals er die Chlorsaure auf Grund einiger qualitativer Beobachtungen uber ihr Verhalten zu Metallen generell in saurer Losung fur leicht reduzierbar erklart hat, was nur mit einiger Einschrankung zutrifft.

In Rucksicht auf die Deutung der Vorgange halte ich allge- mein fur richtig, die Retrachtungsweise OETTEL’S zu verlassen, welcher Anoden- und Kathodenvorgannge und sekundare chemische Prozesse nicht sondert und statt des einfachen, e lek t rochemischen V o r - gangs ausschliefslich das komplizierte chemische R e s u l t a t der Vorgange der Beschreibung und Erklarung zu Grunde legt. Fur theoretisch irrig erachte ich im speziellen OETTEL’S Ausfuhrungen iiber die Einflusse der Stromdichte und der Temperatur. Um das Hinabgehen der Sauerstoffentwicklung mit steigender Stromdichte zu begrunden, vergleicht OETTEL die Zerseteungsspannungen von Schwefel- saure (1.7 Volt) und Chlorkalium (2.26 Volt), wahrend die Verschie-

1 Chcmiker-Ztg. (1894) 18, 69. Zcitschr. Elek&roehem. 1, 354 und 471.

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deiiheit der Losung an der Kathode in Bezug xuf Wasserstoffionen diesen Vergleich verbietet und Chlorkalium mit Kaliumsulfat in eine Linie zu stellen notigt. Bei diesem Vergleiche nun erscheint die Zersetzungsspannung des Chlorkaliums als kleiiier, werin man die LE B L A N C ’ S C ~ ~ ~ Werte

K,SO, 2.2 Volt CIK 1.95 l l

neben einanderstellt.’ OETTEL mifst die Chlorkaliumlbsung, nachdem sie an der Kathode alkalisch geworden ist und findet deshalb seiner1 hoheren aber nicht mafsgeblichen Wert. Dafs die Beobachtungeu OETTEL’S init dem herichtigten Sachverhalt sich sehr wohl vereinigen, wird im folgenden anseinandergesetzt.

Den Einfluls der Temperatur hat OETTEL meines Erachtens nicht in seinem wesentlichen Sinne erkannt. Seine Versuche 14 und 16 erscbeinen ihm deshalb als Abnormitaten, wahrend sie auf Grund einer veranderten Anschauungsweise iiber die Wirkung der Erhitzung unseren Beobachtungen sich angliedern und in Zusammew hang mit eiiier Reihe wohl bekannter anderer Phanomene treten.

-- ~- - _ _

Gegenuber den in der ersten Mitteilung geschilderten Bedin- gungen der Elektrolyse : reine Salzsaure, Flanke Elektroden, Zimmer- temperatur sind drei allgemeine Anderungen moglich: Salzsaure mit teilweise oder ganz durch Metal1 vertretenem Wasserstoff resp. allra- lische Chloride, Elektrolyse in der Hitze und platinierte Elektroden.

Ersetzt man einen Teil des Wasserstoffs der Salzsaure durch Metalle, so mufste in dem Falle, dafs nur Chlor uiid Sauerstoff bei der Elektrolyse anodisch gebildet wurden, die Sauerstoffentwicklung unter sonst gleichen Umstanden wachsen. Mit der Verminderung der Wasserstoffkonzentration geht namlich die Hydroxylkonzentration hinauf und die Hydroxylentladnng wird erleichtert. Die abweichen- den Anschanungen, welche dem D. R. P. 83565 zu Grunde liegen, hat schon ABEGG in seinem Referat iiber clieses Patent2 genugend widerlegt. Wenn die Dissoziation der entstehenden Salze schwacher als die der Salzsaure ist, so liegt darin ein weiterer Grund fur die Begunstigung der Sauerstoffbildung, denn der osmotische Druck der Chlorionen geht dann bei partieller Neutralisation der SBure zuriick, und damit wird die Chlorentladung emchwert. Da nun aber rieben der Chlor- und Sauerstoffentbindung noch ninnnigfache Nebenvorgiinge

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in der Salzsaure an der Snode erwiesen sind, so treffen diese theoretischen Erwartungen beziiglicli der Sauerstoffentbindung aus nur Chlorgas und Sauerstoff liefernden Elektrolyteii nicht scharf zu.

Ein qualitativer Einflufs des Kations auf den Vorgang ist vor- handen; nicht etwa in der Weise, dafs bei gleichem osmotischen Druck der Chlor- und Hydroxylionen in der Orenzschicht des Elek- trolyten, bei gleicher Stromdichte und gleichem Zustand der Anode, aus einer Magnesiumchlorid haltenden Salzsiiure mehr Sauerstofl' oder Chlorsaure oder Perchlorsaure entstelien lionnte als aus einer chlor- natriumhaltigen oder metallfreien. Aber es ist sehr leicht einm- sehen, dafs bei drei Proben derselben Salzsaure, von denen die eine mit Magnesiumoxytl, die andere niit Atznatron zu z/3 neutralisiert, die letzte aber unverandert zur Elektrolyse lrommt, der osmotische Ilruck der Chlor- und Hydroxylionen in der Grenzschicht, der auf komplizierten Verarrnungserscheinungen beruht, in allen clrei Fallen bei gleicher Stromclichte in nicht vorausbestimmbarer W eke ver- schieden sein kann. Allein schon der Umstand, dafs das Verhaltnis der Uberfiihrungszahlen von Anionen und Kationen ein anderes wird, wenn dem Wstsserstoff Xlemente voii differenter Wanderungs- geschwindigkeit substituiert werden, bedingt im Sinne der in der ersten Mitteilung entwickelten Theorie eine wichtige Verschiedenheit der moglichen Zustande in der Losungsschicht dicht um die Anode. Die partielle Absiittigung einer Salzsiiure bedeutet also bei der Elektrolyse einen Eingriff mit komplizierten Folgen.

Indessen bedingt dies nur jene feineren quantitativen Abwei- chungen, welche vom Standpunkt der e l e k t ro chemischen Theorie interessieren ; die Zahlen des experimentellen Teils vom r e i n c h e - m i s c h e n Standpunkt betrachtet, lehren, dals im grofsen und ganzen eine zu z/3 neutralisierte Salzsaure einer metallfreien gegenCber sich recht ahnlich verhalt. Xs ist dies zum guten Teil dadurch erkliirt, dak die Haftintensitat der Chlorionen der der Hydroxylionen gegen- uber in partiell abgesattigter Saure wie in metallfreier niedriger bleibt, dafs die Hydroxylionen nicht merklich an der Leitung teil- nchmen und d a k an der sekundiiren Reaktion

ebenso weilig etwas geandert wird, wie an den priiniiren elektro- chemischen AnodenvorgiLngen.

BetriLchtet man im Gegensatz dazn cine starke alkalische Chlor- natriumlosung, so liegen diese Verhalt1iisse samtlich anders. Gesetzt, es liegt einerseits eine reine Salzsiiure, welche an Chlor- und zugle~cl~

ClOH +HCI=Cl,+H,O

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auch an Wasserstoffionen l/,-normal ist und ferner eine alkalische Chlo- ridlosung, welche an Chlor- und an Hydroxylionen l/,-normal ist, vor, so unterscheidet sich die Haftintensitkt der Hydroxylionen in bei- den urn 0.8 Volt. Dies leitet sich aus folgender Betrachtung her. Wenn man fiir irgend ein galvanisches Klement z. B. Cu/CuSO, : ZnSO,/Zn mit den Ionenkonzentrationen Ccu und Czo die elektro- motorische Kraft kennt, so unterscheidet sich die elektromotorisclie Kraft desselben Elements bei anderen Konzentrationen CcoI uncl Cznl yon der ersten um den Wert zweier Konzentrationsketten.

und

Die Anderung des Anionenzustandes im Falle der Salzsaure und der alkalischen Koclisalzlosnng beclirigt demnach nach der elek- tromotorischen Seite liin dasselbe, wie der Hinzutritt einer Konzen- trationskette, gebilclet aus zwei Wasserstoffelektroden, von denen die eine in eine a n Wasserstoffionen, die andere in eine an Hydr- oxylionen I/,-norm. Losung taucht. Eine solche Kette hat nach NEENST~ die elektromotorische Kraft von 0.8 Volt. Da nun nach NERNST die Hydroxylionen in der an Chlor- und Wasserstoff- ioiien l/l-norm, Salzsaure urn 0.37 Volt die Chlorionen an Haft- intensitat iibertreffen,2 so stehen sie in der an Chlor und Hydroxyl- ionen l/l-norm. Losung urn 0.43 Volt hinter ihnen zuriick. Damit ist gegeben, dafs in dieser alkalischen Chloridlosung, umgokehrt wie in der Snlzsaure von l/l-norm. Ionenkonzentration, die Chlor- uird riicht die Hydroxylentladung mit der wachsenden Stromdichte be- giinstigt ist. Es ist ferner ohne weiteres ersichtlich, dars wahrend in der Saure die Hydroxylionen keinen merklichen Strom befordern, in cler alkalischeri Lauge sie den weit iiberwiegendeii Teil der nega- tiven ElektrizitBt transportiereri , weil sie den Clilorionen an Zahl gleioh, an Beweglichkeit rund 2,5 fach iiberlegeri sind. Schlieklich \.crsahwintlet in der alkalischen Losung die Sekundiirreaktion

1. ClOH -+ IICl = C1, f H,O

vollst&inclig uiid eirie entgegcngesetzte sekundare Reaktion 2. ci, + ~ N ~ O H = C ~ O N ~ -I- C I N ~ +II,O

~nitcllt sich gel tend. Dieser dreifacheii Verscliiedeiilieit in der Haftintensit Lt der Hydr-

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oxyle, ihrem Anteil an der Wanderung urid der sekundaren Reaktion der Primarprodukte, entspringt einer sehr verwickelten Sachlage bei der Elektrolyse von Chloralkalilosungen in der Nahe des Neutrali- sationspunktes.

Beziiglich der sekundaren Reaktion ist deutlich, dart sie auf der Seite der unvollsiandig neutralisie~ten Siiuren nach 1 , auf der Seite der alkalischen Losungen nach 2 verlauft.

Bczuglich der Haftintensitaten von l/l-norm. Chlorionen und von Hydroxylionen ist anzunehmen , d a k dieselben in einer bereits merklich alkalischeri Losung gleich grok sind, dalk also in neutraler Losung die Chlorionen noch die leichter entladbaren sind. Dafur spricht die Thatsache, d a k iniilsig konz. Kochsalzlosung oder Chlor- kaliumlosung , anodisch mit Diaphragma elektrolysiert, fast vollig sauerstofffreies Chlor liefert, dal's die Zersetzungsspannung L e BLANC'S fur Chloralkalien merklich niederer wie die fur Alkalisalze der Sauer- stoffsauren ceteris paribus ist, uad es versteht sich auf Grundlage dieser Aiischauung leicht , dafs die Versuche OETTEL'S und SCHOOP'S eine scheinbare Differenz zeigen. SCHOOP~ elektrolysierte stromende 3('/,,ige Kochsalzlosung mit sehr kleinen Stroindichten unter Verhiiltnissen, bei denen Entweichen von gasformigem Chlor vermieden wurde, das entstehende Chlor vielmehr im Elektrolyten sich liiste und mit kathodisch gebildeter Natronlauge rasch in Reaktion gelangte. Es entstand dann Hypochlorit, uncl der l3lektrolyt wurde nur insoweit alkalisch, als die Hydrolyse des Hypochlorits, das als Sale einer sehr sehwachen Saure naturgemal's hohere Hyclroxylkonzentrtttion in der Losung mit sich bringt, als mit der Gegenwart der aquivalenten Mengen Chloriiatrium verbunden ist, es bedingt. Uriter diesen Ver- h&ltnissen scheint sich die Hydroxylkonzentration noch bei Werten xu halten, welche d a m fuhren, dals diese Ionen in1 Vergleich z u den Chlorioneii schwerer entladbar sind. Eine solclie Sachlage bringt es mit sich, dais steigende Stromdichte die Anzahl der Hydr- oxyle, welche pro 1 F entlacleii werden, relativ vermehrt, die Sauer- stoff'entwicklung begiinstigt, die Hypochloritbildung benachteiligt, wie dies SCHOOP gefunden hat. Bei OETTEL, der von Haus ans ruliende Elektrolyte uncl hohere Stromdicliten benutzt, entweiclit an- finglich, wie er anmerkt, Chlor an der Anode. Dem Elektrolyten, i ~ u s dem kathodisch Wasserstoff fortgeht , w i d also Salzssure in Summa entzogeii, untl es tritt eine starkere Alkalinitat auf. Die

Zeitschr. Bektrochem. 2, 230.

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Hydroxyle sind danii leichter entladbar als die Chlorionen , und wachsencle Stromdichte begiinstigt die Abscheidung der letzteren, liebt damit die Hyperchloridausbeute und vermindert die Sauerstoff- ausbeute, wie OETTEL dies beobachtet hat.l

Das dritte Moment, welches die Vorgange gerade in der Nahe des Neutralisationspunktes kompliziert , ist der Umstand , dals die Hydroxyle mit wachseiider .4lltalinitat bald Betrtige erreichen , bei denen ihr Anteil an der Wanderung merklich wird. Sobald dies der Fall ist, niul‘s das Verhaltnis von Chlor- und Hydroxylentladung, das von den Verarniungszust%nden an der Anode lnedingt ist, mit wechselnder Stromdichte schon bei kleinen Anderuiigen der Alkali- nitat in verwickelter Weise variieren.

Die nahere Diskussion der elektrochemischen Verhaltnisse in neutraler Losung wiirde eine experimentelle Unterlage erfordern, die noch mangelt, fur die allralischen Lijsnngen hingeben bieten OlCTTEL’S Experirnente diese Basis.

F u r die Deutung der OETTEL’schell Versuche irn Mime primarer elektrochemischer Vorgange scheint es geniigend , wenn man an- nimmt, dak die Hydroxylkonzentration bei diesem Forscher sich stets in solchen Grenzen bewegte, dak bei den Stromdichten, die er benutzte , das relative Verhaltnis der entladenen Chlorionen zu den entladenen Hydroxylionen von C1: OH = 1 : 1 bis zu C1: OH = 1 : > 5 variierte. Die ganze Hypochloritbildung ware dann nicht sekundarer Vorgang unter &litwirkung von Natronlauge nach der rein chemischen Umsetzung

2C1+ 2NaOI-I = ClNa + ClONa,

sondern primare Ionenaddition im Entladungsmomente. Ob das genau zutrifft, oder ob bei manchen Versuchen mit von Haus aus neutralem Elektrolyten das Verhaltnis der entladenen Ionen C1 : OH=1 : < 1 war, und sekundare, rein cliemische Hypochlorit- bildung in grolserem oder kleinerem Retrag stattfnnd, ist unwesent-

’ Es ware erwiinscht, atis den Messmigen SMALE’S (Zeitschr. physilc. Chem. 13, 577) dic theoretieche Riclitigkeit dieser Ilingc ableiten z i i konnen, aber diese hfessungen zeigen gerade bei Sauerstoffelektroden in Chloridcn Verhdtnissc, mclche riiclit durchsichtig crscheirien. Es ware wichtig zu ermitteh, warui~i dio naheliegende Schlufsweise von der Siiarealkdikctte anf die Ketten

- iihcrall ‘/,-norm. f,iisurigen voramsgesetzt - nioht, bezw. nicht auf die hicr behandeltcn Frageri anwendbar ist. Sie wiirde, wie mail leicht sieht, zu dem Ergchis leitcn, (I;& in neutraler ‘],-norin. Koclisalzliis~~ng die Hydroxyle lcichter cntladbar sind und Idcine Strolndiclltcn iiur SaucrstoE geben diirften.

OjKOH K,SO,/O = O/K,SO, H,SO,/O = l/e{O/KOH i H,SO,,’Oj = 0.40 Volt

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lich; wichtig fur die Retrachtungsweise ist nur, daSs in deutlich alkali- schen Losungen, in denen Hypochlorit, Sauerstoff und Chlorat nuftreten , das Verhaltnis der Chlorentladung z u r Hydroxylent- ladung C1 : O H = l : >1, und in diesem Falle alle Bildung von Chlor- sauerstoffsauren als primare Ionenaddition angesehen wird.

Auf dieser G&ndlage verstehen sich OETTEL'S Beobachtungeri sehr leicht.

Wenn es prinzipiell moglich erscheint , dafs in den Grenzen des Verhaltnisses CI : OH 1 : I bis 1 : 5 die Hydroxyle unter Hypo- chlorit- und Chloratbildung glatt aufgeteilt werden, so lehren OETTEL'S Versnche zunachst, dals dies nicht der Elall ist, sondern, dsSs dn- neben Sauerstoff aiiftritt. I n der Nahe des Anfangsverhaltnisses 1 : 1 ist die Sauerstofiildung aukerst klein, es entstehen meist uber 90°/" oft fast 100°/, Hypochlorit. Bei OETTEL'S Schreibweise tritt dies nicht ganz deutlich hervor, weil er die an der Kathode reduzierten Mengen von den nnodisch gebildeten subtrahiert. Die anodisch ge- bildete Menge erhalt man durch Addition der von OBTTEL unter Stromausbeute und Reduktion aufgefiihrten Zahlen. Weicht das Verhaltnis C1: OH von 1 : 1 stark sb, etwa bis 1 : 5, so nimmt die frei werdende Menge Sauerstoff zu. Die Ariderung im Verhiiltnis der eiitladenen Ionen wird von OETTEL durch zunehmende Alltalitat be- wirkt , die wachsende Sauerstoffentbindung als Wasserzersetzung tabellarisch aufgezeichnet. Es sieht also, grob sinnlich gesprochen, so aus, als fande beim Entladungsverhiiltnis 1 : 1 jedes Chlorteilchen leicht sein Hydroxyl zur Bildung von unterchloriger Saure, wahrend man 6-7 Hydroxyle mit entladen m u k , damit die Chlorteilchen funf von diesen in geeigneter Lage und Nahe so fassen kijnnen, d a k sie mit ihnen zu Chlorsaure zusammentreten. Dementsprechend sind beim Optimum der Chloratausbeute 30°/, der Stromarbeit der Kntbindung von Sauerstoffgas gewidmet. Wie die Verrnehrung der Alkalitat wirkt die Erniedrigung der Stromdichte, indem sie den prozentualen Anteil des leichter entladbaren Ions, das ist des Hydr-

oxyls hebt und das Entladungsverhaltnis -- verkleinert. c1 OH

Einen besonderen Einflufs iibt eine Variation der Versuchs- bedingungen in Rucksicht auf die zweite der drei eingnngs ge- nannten prinzipiellen Modifikationen : die Steigerung der 'l'emperatur. OBTTEL erachtet bei seinen Elelrtrolysen dafur , dah Erhitzung wie eine TTermehrung der Alka!itat oder eine Erniedrigung der Strom- dichte wirkt, daSs sie also nach der hier erlauterten Betrachtungs-

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c1 weise das Entladungsverhaltriis -- verkleinert. Diese Wirkung, OH welche in der Anderung des Dissoziationszustandes begrundet sein diirfte, sol1 in keiner Weise geleugnet werden, aber es scheint aus OETTEL’S Versuchen sich zu bestatigen, was bei der Elektrolyse metall- freier Sdzsaure sich aufdriingt, dafs das wesentlich Charakteristische ein anderes ist. Die Vereinigung von Ionen im Entladungsmomente zu viel- atomigen Substanzen erscheint benachteiligt, wenn man heirs elektro- lysiert und , weil im Falle der Chlorid- und Salzsaurezersetzung Chlor und Sauerstoff die einfachen, die Chlorsauerstoffsauren, nament- lich Chlorsaure und Perchlorsaure, die komplizierten Formeii sind, so erscheint die Addition von Chlor an Hydroxyl in der Hitze er- schwert. In OETTEL’S Versuchen 13-16 wirkt die Temperatur- steigerung derart, als entzoge sie eine Anzahl Hydroxyle, die in der Kslte mit Chlorionen sich zu Clilorsauerstoffsauren verkniipfen, dieser Reaktion, so dafs sie sofort in Sauerstoff ubergehen. Das Er- gebnis eines derartigen Einflusses kanri kein anderes sein, als d d s die Bildung gasformigen Sauerstoffs (OETTEL’S Wasserzersetzung) prozentisch nnwachst, w%hrend die Chlorionen mit den Hydroxyl- ionen, die ihnen verfiigbar bleiben , in der Weise zusammentreten,

C1 als ob ein grofseres Entladungsverhaltnis von Hsus aus be- OH standen hstte. Dem griifseren Entladungsverhaltnis entspricht mehr Hypochlorit nnd weniger Chlorat, wie dies OETTEL thatsachlich findet. An diesem Resultate wird nichts geandert, wenn das Ent-

ladungsverhaltnis durch den Einflufs der Ternperatur auf den

Zustand des Elektrolyten auch verkleinert wird. Es wird d a m diese Verkleinerung in ihrer Wirkung auf die Hgpochlorit- und Chloratausbeute durch die scheinbare Vergrofserung , welche das erlauterte Heritusreifsen der Hydroxyle als Saucrstoff bedingt, je naeh Uinstii.rtdeu iiberwogen oder xuch nur zu eineni Rruchteil kompensiert.

Bei tler Elektrolyse der Salzsknre findet sich eiii genau gleich- artiges Phiinomen. Es sinkt dort ceteris paribus die Chlorsyiure- aui;heute. 3Tan wircl zunaichst geiieigt sein, dies auf Reclinung eirier Clilorsaul.ezer.storunfi clurch Reduktion an der Kathode oder durch cliemischen Urnsatx mit Salzsaure nacli

zu setzen.

c1 OH

5HC1+ C10,H = 3C1, + YH20

Dieser chemische Umsatz tritt aber in ganz verdunnteii Liisungen

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in keinem merklichen Betrage ein. Gleiche Volumina 1/3- oder l/lo-norm. Salzsaure einerseits , 1/82-norm. Kaliumchloratlosung (1 g im Liter) andererseits, lessen sich zusammen ohne Zerstorung von Chlorsaure kochen. Chlorsaure ist also unter diesen Verhaltnissen neben Salzsaure bestandig, wahrend auf der anderen Seite 1 Volu- men der gedachten Kaliumchloratlosung mit 2 Volumina konz. Salz- saure sich so vollstiindig umsetzt, dafs wir uns dieser Reaction zur analytischen Bestimmung unserer Chlorsaurelosungen bedienen durften. Es sei dabei angemerlit, dals im letztereri Falle immer eine Spur Chlorsaure unverandert bleibt , wie auf Zusatz von Jodkalium zu der heifsen, ausgekochten Losung erkannt wird, aber diese ist so klein, dah die Ergebnisse dadurch nicht getriibt werden.

Anders aber steht es mit der Reduktion der Chlorsaure an der Kathode. Wenn man Losungen Ton 1 und von 3 g chlorsaurem Kali in 1 Liter l/l-norm. Schwefelsaure mit kathodischen Stromdichten von 0.02 Am. pro Quadratcentimeter einseitiger Elektrodenflache elektrolysiert, so zeigt sich in der Kalte keine wesentliche Verande- rung der Chlorshn-e , elelrtrolysiert man aber in der Siedehitze, so findet man ein merlrliches Defizit an kathodisch entbundenem Wasser- stoff und ein Zuruckgehen der Chlormenge, welche beim spateren Erhitzen niit konz. Salzsaure auftritt. Hier findet also starlre Re- duktion statt. Dieses Phanomen hindert aber nicht, zu erkennen, dals die Bildung der Chlorsaure von Haus aus eine geringere gerade unter den Bedingungen ist, bei denen reichlich Sauerstoffgas auf- tritt, und Chlorsaure sonach leicht in erheblicher Menge entsteheii konnte. Die in '/,,-norm. Losung noch recht ansehnliche Reduk- tion wird namlich nahezu Null, wenn die Konzeiitratioii wesentlich schwacher ist. Es lalst sich dann darthun, dals die iiberhaupt ent- standene und die erhalten gebliebene Nenge Chlorsaure sich sehr nahe stehen. Den Weg dazu bietet folgende Betrachtung. Bei der Elektrolyse in der Siedehitze engt sich die Zahl der in analytisch fafsbarer Menge aus Salzsaure erscheinenden Anodenprodukte auf drei ein: Sauerstoff, Chlor, Chlorsaure. Perchlorsaure haben wir in keinem Falle mit Sicherheit ermittelt. Kennt man die Anfangs- und Endkonzentration des Chlorwasserstoffs im Elektrolyten , sein Volumen, die Stromquantitat und die Chlorsaurekonzentration , SO

kann man nach dem FARADAY'SChen Gesetz die Volumina Sauerstoff berechnen, welche pro 1 F. aufgetreten sein miissen. Enthielt der Elektrolyt zu Anfang a g HC1, zu Ende 6 g derselben Saure und c g Chlorsaure, so sind a-(b+c) g HC1 (entsprechend I Am. Stun-

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den) in Chlor und Wasserstoff 1 eiwaiidelt, c g Chlorsiiure (ont- cprechend y Am. Stunden) gebildet worden. Die entsprechendeii StromqnitiititBtei? .T uiid y von dem voltametrisch gemesserien Werte der Stronimenge A subtrahiert. lassen einen Rest A-(lr+y), welcher

Knallgas erzeiigt ha t , und der Quotient A-lJ-t') - a stellt die Knt- ladungsprozente Sauerstoff Tor.

1st Chlorsaure ksthodisch reduziert worden, so wird y zu klein A -(sty) uncl daniit - - gegenuber dem wahren Wert cler Entladungs-

prozente Sauerstoff zu grofs ausfallen. Bestiinmt man nun miltels eirier hesonderen Versuchseinrichtung die Entladungsprozente Sauer- stoff, (1. h. das aus Salzsaure entstehende Sauerstoffvolumen , aus- gedriickt in Prozenten des durch den gleichen Strom aus Kalilauge entbundenen Sauerstoffvolnmens, und firidet man diesen von der katho- dischen Reduktion unabhiingigen experimentellen Wert mit dem :&US

A - ( x -- - -I- 14' berechneten nahe ubereinstimmend. so ist damit erwiesen, A

dafs die Chlorsiiure, welche iiberhaupt entstand, auch erhalteii geblieben ist, uiid es entfallt der Einwand, dals nicht die Bildung der Chlor- saure eine geringe, sondern 11ur ihre Widerstaridsfaliigkeit gegen die Reduktion an der Kathode eiiie unvolllrommene, und darum die Ausbeute an dieser Substanz eine mangelhafte ist. Mit dieser Be- weisfiihrung vermochten wir festzustellen, dafs die in der Hitze ge- bildeten Anteile Chlorsaure wirklich merklich kleiner, als die in der Kklte gebildeten, sind , wshrend die Sauerstoffentwicklung erheblich grofser ist , d. h., es findet sich geriau das, was OETTICL in seinen angezogenen Versuchen 13- 16 auf einem minder verwickelten experi- mentellen Boden konstatierte.

Wie die Temperatursteigernng bewirlct die Vertauschung einer blanken Platinelektrode gegen eine platinierte einen Riickgang in der Menge der entstehenden Chlorsauerstoffsauren , den die Zahlen des experimentellen Teils eingehend erliiutern. Man kann diese Xin- fiiisse am einfachsten durch folgendes Schema ausdruclcen :

Blank 1 platiniert l l a t in ie r t

Kalt heirs blank

f - _ _ _ _ _ _ - ~ - fallelide Mengen Chlorsauerstoffsauren.

Bei den platiiiierten Elektroden markiert sieh diese ihre Wir- kungsweise noch besoiiders hiibsch in dem Umstande, dals bei der

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l!,-norm. Salzsiiure anodisch pliitzlich (la erheblicli Sauerstoff auftritt. wo seine Menge bei blanken Elektroden sehr geringist. Die Eritladungs- verhaltnisse sind in der Kalte bei der l/l-norm. Saure derart , dafs Hydroxylionen noch in merklicher Menge bei hohen Stromdichten mit in Freiheit gesetzt werden, aber an blanken Anoden gehen sie mit Chlorioneri zu unterchloriger Saure znsammen, die sekundar mit der Salzsiiure Chlor und Wasser liefert. Die Hydroxyle werden also an den Elektrolyten zuriickgegeben, und im Gase findet sich fast nur Chlor. An platinierteri Elektroden findet die Vereinigung von Chlor- und Hydroxylionen im Entladungsmomente vie1 schwerer statt. Jene bilden Chlor, diese Snnerstoff, und damit werden alle die Hydroxyle, die sonst ixnterchlorige Saure und mit Salzsaure schliefslich Wasser neben Chlor bildeten, zu Sauerstoff, und dessen Betrag geht an einer dem ununterrichteten Reobachter uberraschen- den Stelle plotzlich hinauf.

Weder der Einflufs der Temperatur noch der der Platinierung bietet in einem weiteren Zusammenhange etwas Anormales. Dais die Elektrode blank sein mufs, um gute Ausbeute an Uberschwefel- s h r e zu erhalten, geht aus ELBS~ Mitteilungen hervor. Es ist eine eigentumliche, in der folgenden Mitteilung niiher zu erlauternde Er- scheinung, dals die Elektrodennietalle unter der Relastung mit hohen Stromdichten direkt anfreil3en, und es ist nichts leichter, als einen Platindraht gleichmafsig mit fein verteiltem Platin zu bedecken, indem man ihn in Salzsaure rnit hoher Stromdichte als K a t h o d e benutzt. Deshalb giebt ELBS die Vorschrift, den Anodendraht ofters auszugluhen. Der Einflufs der Temperatur auf die Rildung der Perkarbonate, auf die Ausbeuten der BROWN und WALKER'SChen bezw. v. D/IILLER'SChen Synthesen ist der namliche, wie er hier auf die Bildung der Chlorsauerstoffsauren beobachtet wird. Dafs er hier in der besonderen Erscheinungsform als Erschwerung der Ad- dition differenter Ionen sich geltend macht, ist wohl nur Konsequenz der allgemeinen Regel, dak die komplexen Verbande von entladenen Ionen sich im allgemeinen schwerer als die einfachen bilden und in ihrem Zustandekommen besonders durch Temperaturerhohung be- eintrachtigt werden. Dafs bei der Erzeugung der Chlorate unter den von OETTEL studierten Bedingungen eine erhebliche Sauerstoff- bildung unvermeidlich ist, ist eine in gleichem Sinne zu verstehende Thatsache. Welchen tieferen energetischen Grund diese Verhalt- nisse haben, mufs vor cler Hand dahingestellt bleiben.

Zeitsehr. Blddrochawz. 2, 245.

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Die Unterschiede, welche durch die Vertauschung blanker gegen platinierte Xlektroden bedingt werden, sind damit nicht erschopft. Sehr wesentlich ist, dafs platinierte Elektroden eine wirkliche Ober- flache haben , welche ein erhebliches Vielfaches ihrer scheinbaren Oberflache ist. Da dies nun von der Art der Platinierung, ob liauchdiinn oder kraftig, tiefschwarz oder grauschwarz abhangt, so ist erklklich, dal's bei Elektrolpen , deren Ergebnisse empfindlich von der Stromdichte abhiingen , die Resultate schwankeri, sobald man die Elektroden neu platiriiert oder auch nur iangere Zeit mit Pausen benutzt. Dies m:trkiert sich namentlich in den experimen- tellen Daten uber Elektrolyse der l/,-norm. Salzsaure in der Kiilte.

Schliefslich sei bemerkt, dafs die Methode der Vergleichung, welche wir bei der Elektrolyse in der Hitze benutzten, indem einer- seits die Sauerstoffbildung pro 1 F experimentell bestimmt, anderer- seits die Chlorsaurebildung und der Konzentrationsverlust der S:dz- saure ermittelt und daraus die Sauerstoffbildung berechnet wurde, bei Elektrolysen in der K d t e nicht anwendbar ist, weil bei diesen an tier Kathode eine eventuell sehr erhebliche Riickbildung von Salzsaure stattfindet , indcm geliistes Chlor kathodisch reduziert wird. Diese Riickbildung ist um so erheblicher, je niedriger die Stromdichte ist, vorausgesetzt, dafs die Stromdichte so hoch bleibt, dafs ubei-haupt iioch Wasserstoffgas an der Kathode auftritt. OETTEL beobachtet Analoges bei seinen Hypochloritlaugen. Der Grund liegt in folgendem. Wenn nian eine unangreif bare Elektrode in der Losung eines retluzierbaren Kiirpers kathodisch polarisiert, also etwa eine Platinkathode in chlorhaltiger Salzsaure, so wird die reduzierende Wirkung von einem bestimmten, je nach den speziellen Bedingungeri wechselnclen Kathodenpotential an auftreten und an Intensitat ceteris paribus so lange mit wachsendem Yotentialsprung an der Kathode, also wachsender Stromdichte, zunehmen, bis Wasser- stoffblasen an der Kathode auftreten. E i n e P l a t i n k a t h o d e , an d e r Wasse r s to f f i n B l a s e n zu en tweichen beg inn t , i s t gegen d i e s ie umgebende r e d u z i e r b a r e Li jsung i n dem Zus tan t l e max im a l e r R e d u k t i o n s b r a ft. Jede weitere Vermehrung des Potentialsprungs der Kathodenlijsung grundet sich nur auf Verarmung von H-Ionen in der Lijsung und niclit auf eine Zustandsiinderung der fur sich betrachteten liilektrode.

1st die Reaktionsgeschwindigkeit des Wasserstoffes gegen den geliisten Depolarisator irn Zustaride der Gasblasenentwickelung klein, wie dies bei der chlorhaltigcri Salzsiiure kathodisch zutrifft, so wird

Page 13: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 341 -

schon bei geringen Stromdichten (0.02 Amp. pro qcm) ein Teil cles Wasserstoffes als Gas entweichen. Geht man unter diesen Verhalt- nissen mit der Stromdichte bei ungeanderter Anodenflache auf den 10- und 100fachen Wert, so vermehrt man das pro Zeiteinheit ent- bundene Wasserstoffvolumen, ohne das reagierende Wasserstoffquan- tum, das schon zuvor seinen maximalen Wert erreieht hatte, zu vergrofsern. Relativ zur ganzen kathodischen Stromarheit nimmt also dann die Reduktion des Depolarisators an der Kathode mit der Stromdichte ab, die Entwickelung gasformigen Wasserstoffs zu.

Was die Perchlorsaure anlangt, so haben wir in der I. Mit- teilung dargethan, dak sie aus Salzsaure in der Kalte entsteht, und dafs ihre Bildung eine umfangliche nur ist, wenn die Same- konzentration eine sehr geringe ist. Wir erwiesen, dars sie jedenfalls zum Teil aus Chlorsaure stammt, die zunachst erzeugt wird, und liehen dahingestellt, ob ein anderer Teil unmittelbar aus Chlor- uiid Hydroxylionen durch Addition im Entladuiigsmomente zustande kame. Bei der Elektrolyse in der Siedehitze habeii wir ihr Auf- treten nicht mehr wahrgenommen, ohne damit ausmachen zu wollen, ob es moglich ist Bedingungen zu finden, unter denen sie auch aus siedender Salzsaure erhalten werden kann. J edenfalls wird es sich dabei aber immer nur um ganz kleine Mengen handeln konnen. Mit der theoretischen Betrachtung, dafs in der Hitze die Bildung komplexer Atomverhande erschwert ist, halt sich dies Ergehnis im Einklaiig, gleichviel, ob man die Perchlorsaure auf die Addition der Jonen der Chlorsaure und der Hydroxylionen

- - 1. C10, -I- OH = C10,H

oder auf die der Chlor- und Hydroxylionen

zuriickfuhrt. Ich neige indessen zu der Ansicht, dafs nur der elektio- chemische Vorgang nach 1. die Basis der Perchlorsaurebildung ist. Chlorsaure und unterchlorige Saure sind dann die einzigen unmittel- baren Ergebnisse einer Addition von Chlor- und Hydroxylionen, und der elektrochemische Anodenvorgang ist in seinen Resultateii iclentisch mit dem chemischen Umsatz zwischen Chlor und Alkali in wasseriger Losung. Diese Ubereinstimmung erscheint als eine notwendige, so- bald man die Einwirkung von Chlor auf Alkali aus der Redeweise der anoganischen Chemie in die der Ionentheorie iibersetzt. Man wird dann vom Chlor auszusagen haben, dals es in wasseriger Losung in positiv und in negativ geladene Chlorionen dissossiiert,

2. C1+ 70H = ClO,H+ 3H,O

2. anorg. Chew. XVI. 23

Page 14: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 342 -

sohald den erstereri , die exii;tenzunfahig sind, die Moglichkeit ge- boten wird , mit Hydroxylioneri im Entstehungsmoment zu einem komplexen Anion zusammenzutreten. Wir liaben also zwei Vorgiinge

- f + _ _ - cs verscliwiriden 20H, 3 c1, - c1+ c1 unil c1+ zOH = c10 +H,O { es entstehen C1 +ClO.

i f ff -- j es verschwinden GOI-T, _ - +++ ++f --- - - - _

4. 3C1, - !)GI + C1 und C1 + (;OH - CI03+3H,0\ es cntstelien 5C1+ C10,.

In beiden F d l e n bleibt die elektrische Neutralitat gewahrt. Der Vorgang verlauft bei geringer Hydrosylkonzentration (kalte , ver- diinnte Lijsung) wesentlich nach 3, bpi hoher Hydroxylkonzentration (heilse. konzentrierte Liisung) wesentlich nach 4.

Wenn der Vorgang nach 3 vor sich gegangen ist, bewirkt eine starke Vermehrung der Wasserstoffionen in der Losung, d a k er wieder auriickgeht.

- - ++ 5. c 1 0 + C1 -I- 2 8 = C1, +H,O.

I n reinem Wasser wird Chlorgas iIn Dunlieln nicht versndert, \veil, der kleinen Hydroxylkonzentration entsprechend, uiiterchlorige Siiure neben Salzsiiure nach 3 entstehen sollte, welche nach 5 wieder Chlorgas zuriiclibiltlete. I n Gegenwsrt von Quecksilberoxyd, Kreide und anileren Verbindungen , welche das Steigen der W asserstoff- konzentration verhindern, is t die Verwandlung yon Chlor in unter- chlorige Saure leicht. Diese Betrachtungsweise Mst sich bequem ausspinnen, ohne auf Schwieriglieiten zu stossen. Sieht man aber ihr folgend in der Eintvirknng yon Chlorgas auf Alkali einen gleich- artigen I onenvorgeng wie in den elektrochemischen Prozessen an der Anode bei der Salzsaureelektrolyse, dann wird man die Per- chlorsiiurebildung, solange nicht bewiesen ist, dak sie durch Addition voii 1C1+ 70H zustande kommt, in Anlehnung

Thatsachen durch Oxydation der Chlorsaure nach zu erklaren vorziehen.

Experimenteller Teil. Von F. I ~ A B E R und s. GRINBERG.

an die chemischen

C16, +OH = C10,H

1. Elektrolyse in der Kalte, blanke Elektroden, metallhaltige Salzsauren.

Die Versuchsanordnung und die Arbeitsweise waren dieselben, wie sie in der ersten Mitteilurig geschildert sind. Die Tabelle I

Page 15: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 343 --

bringt die Entladuiigsprozente Sauerstoft: , Die unter Na angefiilirten Zahlen beziehen sich auf Sauren, welche zu 2/3 mit Natronlauge, die unter Mg verzeichneten auf solche, die zu 2/3 mit Magnesia neu- tralisiert waren. Saurekonzentration bedentet also, dafs die Saure ill,, g-Aq. Chlor, 2/30 g-Aq. Natrium bezw. Magnesium und '/30 g-Aiq. Wasserstoff enthalt.

In der letzten Spalte sind die Werte wiederholt, welche unsere I. Mitteilung uber metallfreie Sauren bringt.

Tabelle I. - - -

SLurekonzen- Anodische tration Stromdichte

norm. Siiure 8 1

1

1

1

- _ _ _ _ _ ~

' i s

'la ' I s

%o

' I 1 0

'I10

in Am. pro qcm

2

_ _ - ..___~ -

' 1 5

' I e o

2

'15

'150

2

' 1 6

'150

Na

7.8 4.2

6.3 6.0 4.5

4.3 4.6

-. -~ ~-

12.1 13.6 13.0 18.2 13.3 14.2

10.8 10.2 10.3 9.5 18.6 22.7

8.5 11.9

22.9

32.4

36.2

Ng -

~~

31.05

30.94

32.04

..

Na 1 Siiure - - ~~

6.0

5.6

4.4

14.1

13.5

10.2

22.9

32.4

36.2

. -~ -

3.4

1.7 0.9

13.7

11.9

9.8

22.9

33.5

34.8

Man sieht aus den drei letzten Spalten, dafs die Werte durch die partielle Absattigung der Saure nicht sehr wesentlich geandert werden. Wenn in metallhaltiger Salzsaure eine s tkkere Sauerstoff- entwickelung ceteris paribus im Vergleich zur metallfreien nur ziemlich undeutlich sich zeigt, so ist im theoretischen Teil die Ursache dafiir auseinandergesetzt.

2. Elektrolyse in 'der Kalte, platinierte Elektroden, metallfreie Salzsaure.

Versuchsanordnung und Arbeitsweise waren dieselben wie bei 1. Ebenso sind die Zahlen der Tabelle in der namlichen Weise ge- ordnet.

23 *

Page 16: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 344 --

Tabelle 11.

Baurekonze tration

'/,-norm. Slure = 1

1

1

1

'18

'13

'I10

'I10

' I 1 0

' I a n

' I s 0

' I 8 0

'13

itrorndichte in Am.

pro qcm - .

~

2

'I, ' 1 5 n

' f a

' 1 5 0

2

2

' 1 5

'150

' 1 5

' I 5 0

2

Entladungsprozente Sauerstoff

~

11.2 1 3 8 14.4

2.7 0.0

26.7 26.5 25.4 31.5 33.0 34.5

22.2 31.1 22.3 31.0 12.5 42.0 45.0 40.2 1.0 4.4 0.0 2.4 2.7 6.4 5.4

54.6 54.6 50.4 43.5 43.6

8.4 2.7

51.6 56.4 55.3 55.3

31.6 31.0

~ _-

Mittel

- .. ~

13.1

2.7 0.0

29.6

30.8

3.2

53.2 43.6

5.5

54.0 55.3

31.3

Unter diesen Daten , deren relative Unregelmassigkeit im ein- zelnen hiilier hegrundet wurde, sind hesonders wichtig die mit ver- schiedeneri Elektroden ermittelten, nahe ubereinstimmenden Werte fiir l/,-norm. Saure, 2 Amp. pro ycm Stromdichte. Sie iiber- schiefsen den ebenfalls aus gut stinimendeii Beobachtungen bei blanken Elektroden ermittelten Durchschnittsbetrag von 3.4 ('I, erheblich. Die Betrage fur Chlorsaure sind , wie spatere Zahlen zeigen, fur platinierte Elektroden etwas kleiner als die an sich schon geringen Werte, die bei blanken Elektroden mit dieser S h r e und Stronidichte ermittelt wurden. Perchlorskure entsteht nicht bei dieser Siiurekonzentration. Vernachlassigt man nun die unter- chlorige Saure und fafst nur Chlor und Sauerstoff als Produkte der Entladung ins Auge, so sollte mit blanker Anode schlechter- dings ein grofserer Sauerstoffbetrag als mit platinierter bei 2 Amp. pro ycm erwartet werden. Bei der l/I-norxn. Saure gehen namlich die E:ntlxdurigsprozeiite Sauerstoff mjt der Stromdichte stets hinauf. Die wahre Stromdichte ist an einer platinierten Oberflache aber kleiner als an einer blanken, wenii die auf die aufseren Abmessungen bezogene scheinbare Stromdichte ebenso grols ist. Der im theo- retischen Ted erlauterte Gedanke, dafs die Hydroxyle an blanken

Page 17: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 345 -

Anoden leicht, an platinierten schwer an Chlorionen im Entladungs- moment sich addieren, beseitigt die Schwierigkeit und erklart das Uber- wiegen des Sauerstoffes bei der platinierten Anode. An der blanken Anode entsteht viel unterchlorige Saure ? die mit der Salzsauro Chlor und Wasser giebt, an der platinierten entsteht wenig von dieser Chlorsauerstoffverbindung. In Konsequenz davon zeigt sich bei der platinierten Anode mehr Sauers toff, obwohl weniger Hydroxyle entladen werden als an der blanken, wo die Entladungsprozente Hydroxyl jedenfalls hoher sind.

1/30-norm. Saure hoher sind, als sie mit blanker Anode gefunden wurden, bestatigt diesen im theoretischen Teil naher dargelegten Gedanken iiber die Erschwerung der Bildung von Chlorsauerstoff- sauren.

Das Maximum, welches im Gang der Sauerstoffentwickelung mit der Stromdichte bei den einzelnen Sauren mit blanken Elek- troden hervortritt, wird hier nicht deutlich beobachtet , demzufolge ergeben die Stromdichtekurven, graphisch dargestellt, auch keine irgencl regelmassige Uberschneidung ; dies ist aber nicht wesentlich. Die Einzelzahlen schwanken um ihrer Abhangigkeit vom Zustand der Platinierung willen viel zu sehr, als dafs man feinere Regelmafsig- keiten erwarten kiinnte, und es erscheint viel wesentlicher, dak bei blanken Elektroden in der Siedehitze das Maximum sich der Theorie gemak wieder findet, als d d s es hier undeutlich ist, wo die Be- dingungen ein delikates Phanomen zu fassen recht ungiinstig sind.

Die Bildung von Chlorsaure an platinierten Elektroden ver- sinnlicht die folgende Tabelle.

Dafs die Eiitladungsprozente Sauerstoff bei der

(Siehe Tabelle I11 auf S. 346.)

Ein Versuch. bei welchem durch 1/3-norm. Sdzsaure mit I/, Am. pro qcm unter Vorschaltung eines Kupfervoltatneters 4.039 Am. Stunden gesandt wurden, ergab 34.7 1 ccm l/l,,-norm. Chlors%ure, eritsprechend eirier Stromausbeute voii 13.8

Was die Perchlorsaurebildung anlaiigt? so haben wir uns be- gnugt darzuthun, d& sie bei der Klektrolyse der l / l - n ~ ~ m . Siiure mit 2 Am, pro qcm Stromdichte nicht entsteht, weil diese That- sache fur die Diskussion der Sauerstoffzahlen bei der geiiannten S&ure eiiie d er Un terlagen bildet . W ir elek troly s i erten deshal b 100 ccm l/l-norm. Salzsaure mit platinierten Elektroden (1 qcm 2 Am.) und eineni Kupfervoltameter im Stromkreis.

Page 18: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 346 -

pro qcm

~

SBurc

. - _ _ ~ ___ 81 I 1

'11

'I' "1

'11

'I' 'I1

'19

' I s

' I s

' I10

' L o

' / lo

l/*O

'180

'180

nallgas - _ _

2

2

' 1 5

'/a"

2

'15

'/SO

2

'15

'150

2

' 15

' i s 0

2

' I 5

'150

Dabei ergab sich: Am. Stunden

-

Null

0.09 Null

7 1

0.54 Spur Null

1.85

{ ;:2 0.19

2.06

{ :::: 2.15

0.52

0.81

0.52

0.39

= 1.029

200

200 200

200

200 200 200

100 100 200

200

100 100 100 200 200

100

100

100

Strom- ausbeute an Jhlorsaure in

"0 - _ _ ~ _ Null

0.9 Null

11

5.7 Spur Null

19.6

13.0 { 13.0

2.1

21.9

11.4 5.5

8.6 5.5 4.1

Chlorsaurebildung = 6.97 ccm l/lo-norm. C10,H. ~ _____-- ___ ____-

Folglich Clilorsaureausbeutc = 10.89 "Io. Die AcirliCat der Salzsaure betrug zum SchluIs:

Der mit I/, -norm. Silberlosung ermittelte Titer war 50 ccm = 22.86 ccin '/,-norm. NaCH.

___ _. -~ 50 ccm = 22.50 ccm '/,-norm. HC1.'

Diese Zahlen sind umgerechnct. D a bei der Restimmung zunachst mit Quecksilber gescliiittelt, dann filtriert wird, so resultieren aus 100 ccm nicht 100, sondern wcniger, in diesem Falle 96.9 ccm. Diese wurden auf 100 auf-

gefiillt. 25 ccm der aufgefiillten Fliissigkcit brauchten 10.2 ccm einer &,60-norm. ThiosulfatlGsung, 50 cc'm 22.15 ccm norm. NaOH, und dicser so ncntralisicrte Antcil 21.8 ccm noun. Silberltisuug.

q93

Page 19: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

347

Die Differenz 22.86 - 25.50 = 0.36 ist l/l-norm. Chlorsaure plus PerchlorsSiure, wahrend aus der direkten Bestimmung der Chlorsaure allein (6.97 ccm l/lO-norm. Chlorsaure in 100 ccm, also in 50 ccni 0.35 ccm l/l-norm. Chlorskure) sich genau der gleiche Wert ableitet. Perchlorsaure ist also nicht vorhnnden. Die Endkonzentrntiori der Salzsaure ist 46/100-norm. Fur '/,-norm. Salxsiiure giebt die Tabelle 5.7 O/" Chlorsaure-Ausbeute, fur '/,-norm. 19.6 o/o. Iler gefundene Wert von 10.89"/, ist also mit dem Verduiinungsgrade in be- friedigender Ubereinstirumung.

3. Elektrolyse in der Kalte, platinierte Elektroden, metallhaltige Salzsaure.

Apparat und Bestimmungsweise waren wieder die fruheren. Die Tabellc IV vereinigt die Ergebnisse; in der letzten Kolumne sind die Mittelwerte der Elektrolyse bei metallfreier Salzsaure wiederholt. l/l-norm. Saure bedeutet eine Normalsaure, welche zu z/3 durch Natrorilauge bezw. durch Magnesia neutrnlisiert war.

Tabelle IV.

Saurekonzen- tration

l/l-xi. Stiure = 1

1

1

1

~ -~ ____

'Is

'13

' I s

'I10

'I10

'I10

Ariodisclie ' atromdichte 1 Entladnngsprozentc

in Am. 1 Sailerstoff pro qcm

2

__ -

' 1 5

'150

2

' 1 5

' 1 5 0

'15

'Is0

2

Na - -

- - -

30.0 19.5

3.3

57.0

55.3

50.6

Mb'

7.8 5.3

Spur

20.4

7.2

Spur

46.6 56.8

27.6

Reine Saure _ _ -

13.1

2.7 0.0

29.6

30.8

3.2

53.2

43.6

5.5

Diese Resultnte widerlegen fiir platiriiertc Elektroderi die irri U.R.P. 83 565 ausgesprochenen Anschauungen, welclie fiir blrmke Elektroden zuvor schon durch die Werte der Tabelle I als unxu- treeend erwiesen wurden.

Page 20: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 348 -

4. Elektrolyse mit blanken und mit platbierten Elektroden in der Hitze.

Fur diese Versuche kamen veranderte Anordnungen zur Be- nutzung. Fu r die gasanalytische Messung der Snuerstoffentwickelung bedienten wir uns cles beistehenden Appara tes, welcher eine erheb-

3

Fig. 1.

liche Genauigkeit in den Ergehnissen zu erreichen erlaubte. Der Kolben A wurde mit ca. 600-700 ccm der zu untersuchenden Saure beschickt, und dann 100 ccm Wasser hinzugefiigt. Der KIi+scEie Apparat C eritwickelte aus luftfreiem Marmor eineii Kohlensaure- stroni , welcher durch die ganze Apparatur strich. Nachdem der- selbe in Gang gesetzt war, wurde zunachst aus dem Kolben ,4 durch das kapillare, hei d endende Ansatzrohr so vie1 Wasser nach der eisgekuhlten Vorlage B hinuberdestilliert , dafs dieses Destillztt gerade den 100 ccm fassenden Unterteil dieser Vorlage bis D aus- fillte. Die Saure in A hatte dann wieder ihre durch den Zusatz von Wasser verminderte Anfangskonzentration erreicht uiid war gleichzeitig durch dieses Auskochen ini Kohlensaurestrom griindlich eiitluftet. Da die .4pparatteile samtlich Glas an Glas schlossen bezw. irieinarirler geschliffen waren, bestand gegen Einclringen von Luft oder (hsverlust bei der nun folgenden Elektrolyse volle Sicherheit. Vor Beginn clei*selben wurde zunachst festgestellt, d d s in dern SCmFP'schen S p p ~ ~ r a t E wallrend 10 Min. bei lebhaftem Kohlensiiurestrom hoelistens 0.1 coin in Kalilauge uiilosliches Gas sich sammelte.

Darauf wurde die Kzlmmer, in welcher der Apparat stand, voll- stiiudig vedunkclt und der Stromschlul's hergestellt. Die Elektroden- bleche LUIS blankem bexw. platinierteni Platin waren , was in der Figur nicl-it erkennbar ist, an mm starlre Platindrahte genietet, r u ~ t l dicse wurdeii ruit drn eingrscliniolzerieii 1 min starken Platin-

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- 349

drahten, welche durch den Kopf von A liefen, durch feinen Platin- draht fest verbunden. Ubergeschobene Stiicke engen Glasrohres machten jede von den Drahten statt von den Blechen ausgehende Stromleitung durch die Flussigkeit hindurch zu einem Minimum. Die Stromdichten sirid also ohne Beachtung der Zuleitungsdrahte nur auf die Elektrodenplatten berechnet und von diesen ist jeweilig, wie bei den Versuchen in der Kalte, nur eine Seite als wirksam angesehen. I n dem hellen Nebenraume befand sich im gleichen Stromkreis ein Voltameter mit Kalilauge, Ampbremeter und Wider- stand wie bei den in der I. Mitteilung geschilderten Versuchen. Wahrend der Elektrolyse blies die Kohlensaure dauernd durch den Apparat, und die Salzsaure befand sich standig in schwachem, aber deutlichem Sieden. Unter diesen Verhaltnissen wurden Sauerstoff und Wasserstoff in ihrem Partialdruck durch die Gegenwart der Kohlensaure soweit erniedrigt, dals ihre Losung in dem Kondensat in B als verschwindend zu betrachten war. Die Chlorentwickelung wurde nicht verfolgt. Siiintliches Chlor, welches nach E iiberging, blieb in der Kalilauge und gelangte nicht in das Sauerstoff-Wasser- stoffgemisch, welches dariiber sich ansammelte. Beim Durchgang durch den Quecksilberverschlufs des Schiffchenapparates verschmierte infolge der Gegenwart des Chlors das Quecksilber jedesmal ein wenig, weshalb es nach jedem Versuch durch Filtration durch einen Rohrstock gereinigt wurde. Das Funktionieren des Apparates wurde im ubrigen dadurch nicht gestort. Wenn das in dem hellen Nebenraume aufgestellte Voltameter ca. 60 ccm Knallgas Itufwies, wurde der Strom unterbrochen. I)er fortdauernde Kohlensaurestrom spiilte in der Apparatur im Nebenraume jetzt allmahlich die Reste der entwickelten EIektrolytgase nach E. Es liefs sich nach einiger oburig leicht die Zeit richtig treffen, welche dafur bei der gewUilten Geschwindigkeit des Kohlensaurestromes ausreichte. Die in E ange- sammelten Gase wurden dann mittels eines kapillaren, wasser- gefullten Glaswinkels in eine BuNrm:-Burette bei schwachem Licht iibergesogen, der Sicherheit wegen in dieser nochmals mit Kalilauge geschuttelt, und dann erst die Burette niit den1 nun zweifellos chlor- freien Gemisch aus Sauerstoff und Wasserstoff in den hellen Neben- mum gebracht, damit sie neben dem Voltameter aufgestellt vor der Analyse dessen Temperatur annahm. Es ergab sich nun, wie niclit anders zu erwarten, eine erliebliche Zeitersparnis, wenn das Aus- treiben der letzteri Spuren des Elektrolysengases riicht abgewartet wurde, bevor der Gasinhalt des SCHIF&~’SChen Apparates in die Burettc

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-- 350 --

iibergesogen wurde. Es erschien unwesentlich 0.1 oder 0.2 ccm auf diese Weise zu wenig zu firiden, cla die Methode der Gasanalyse init Ablesung iiber Wasser , welche wir fur die Untersucliung des Gases benutzten, eine Unsicherheit von der gleichen Griifse mit sich bringt. Um aber sicher zu seiti, d d s die iiiclit i n die Burette iibergesogene Menge dieseri kleinen Betra.g nicht iiberschritt, wurde iiachher das Ausblasen der Kolilensiiure noch regelmafsig fortgesetzt uiid der Versuch nur d a i i t i fur bruuclibar genommen, wenn der Nschspiilungsrest ari Gus, der iiber der Kalilaizge sich iioch an- sammelte, binnen 10 Niiiuteii bei rascliem Kohlens8uregang hochsteiis 0.3 ccm erreichte. Bei der Elektrolyse der Gase in der BUNTE- Burette liefs sich die Sauerstoff Inestinimung, wie zwar wohl den Gasanalytikern durchweg bekannt ist, hier aber urn der Gefkhrlichkeit des Versuches willeii ausdriicklich noch betont sei, nicht ohne weiteres mit Phosphor ausfiihren, wenn das Gas der Zusammen- setzung des Knallgases nalielroinnieride Sauerstoffgehalte aufwies. So sauerstoffreiches Gas mufs zuvordewt mit dkalischer Pyrogallol- losung eines Teiles seines Sauerstoffes beraubt werden, wenn man nicht Gefahr laufen will, dal's der Phosphor in der Pipette sich ent- ziindet, und dafs diese unter Umherschleudern von breiinendem Phos- phor zerspringt. Bei etwn 20 Volumprozent Sauerstoff, wie sie die Luft aufweist, ist diese Gefahr vollstandig ansgeschlossen. Die bei cler Analyse gefunderien Zalilen giebt fur blanke und platinierte Elektroderi ilie Tabelle V. Es sei angemerlrt, dals eine rechnerische Beriicksichtigung des kleiiieri Nachspiilungsrestes an Gas nicht stattfniid, sondern nur die in dei Burette ermittelten Volumina beriicksichtigt wurden. Die Tabelle verzeichnet unter n die Saure- konzentrationen, l/l-norm. Siiure = 1 gesetzt, unter b die Stromdichten in Am. pro qcm einseitige Anodenoherflache (Anode uiid Kathode waren stets gleich grors). I n L: sind die Versuchsdaten fiir blanke Elektroden so dargestellt, dafs die durch 1 zusammengefd'sten Zahlen die Kubilicentimeter Sauerstoff mid Wasserstoff in der BrrNTE-Burette, die eiiigelrlammerten ( ) ilie Kubikceiitimeter Wasserstoff im Knallgas- voltameter, berechnet durch Multiplikation des Ku:tllgasvoluinens mit 2/3, and die fettgeclruckten Prozentzalilen die Entladurigsprozente Simerstoff angeben, welche sich atis dem gefundenen SauerstoR- betragc in der BuwrE-Burette uiid Clem Sauerstoffbetrage, deli das Knallgasvoltameter ergab, in der i n tier I. Mitteilung erlkuterten Weise berechnen. I n d sind in derselben Weise (lie Versuchsdaten mit platinierteii Klektruden aufgczeichnet. Die Wasserstoffzahlen

Page 23: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

351 - -

Tabelle V.

U .

~. - __

1

1

'IS

' i s

' I S

/8

'110

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4i:i] 8.3 o/o (47.8)

4i:;f,) 5.5 (50.7)

i;:;} 53.3 O/, (48.4)

15.3 48.2

4.8 50.2

-

63.6 (48.1)

-

18.9 o/o (50.7)

4::i) 34.0 O/,* (48.1)

ii:;] 78.4 O/,, (46.9)

-

25::;) 88.2 (56.0)

:::! ] 76.8'O/, (45.6)

i;:; ) 87.1 Ole* (44.8)

d.

- - __-- ~ ___ ___ ____

4::i} 0.5 (40.1)

4::i] 0.5 ' Io (40.8)

4A:i} 8.2 O/, (41.4)

4;:i ) 10.1 o /o (41.5)

3i:i] 1.0 (40.3)

4:;i} 0.5 O l 0 (40.9)

:;:; ] 61.6 O/,, (41.2)

i;::) 62.6 O/,, (39.6)

4y::} 2.9 o/o (41.8)

4::E} 2.5 (40.3)

4:::} 1.0 O,JO (40.4)

-

84.1 o/o (41.1)

i:::} 83.0 o/o (41.2)

3t::} 19.8 (40.3)

5i:!} 6.7 o/o (53.5)

-

vor f , die dem Versuchsgase und die in (), welche dem Voltameter zugehoren, mulsten uberall ubereinstimmen, wenn kein kathodischer Prozefs bei der Elektrolyse sich abspielte, welcher Wnsserstoff ver- braucht. In den meisten Fallen ist diese Ubereinstimmung eine

Page 24: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

-- 352 -

gute , und die Wasserstoffmengen aus dem Versuchsapparat sind nur um ein ganz geringes kleiner als die im Voltameter ent- wickelten, was mit der Vernachlassigung des Nachspulungsrestes sich befriedigend erklart. Bei der Elektrolyse der l/,-norm. Saure, aber mit blanken Elektroden (*/6 und Am. Stromdichte), und bei der der 1/30-norm. Saure (1/5 Am. Stromdichte), mit platinierten wo 0.9 bezw. 1.1 ccm an dem Wasserstoff aus dem Elektrolysier- gefak fehlen, wird man auf einen Verbrauch von Wasserstoff durch Reduktion anodisch entstandener Chlorsaure zu schliefsen haben. Ein Wasserstoffverbrauch zur Reduktion von Chlor ist durch die Versuchsanordnung ausgeschlossen, da das entstehende Chlor sofort aus dem Elektrolyten entfernt wird. Auch wurde diese Ursache des Wasserstoffverbrauchs nicht x i f einzelne spezielle Falle sich beschranken , sondern bei allen Sauren auftreten. Die Versuche, die mit * versehen sind, wurden mit besonders schon hochblanken Platinblechen ausgefuhrt (siehe Tabelle V auf S. 351).

Diese Zahlen scheinen in verschiedenen Riicksichten lehrreich. Zunachst sieht man, wenn man sie, wie im folgenden Schema ge- schehen, graphisch nacli dem Muster von Fig. l in der I. Mit- teilung anftragt, dak die charakteristischen Maxima bei den blanken Elektroden fur

Bei platinierten Elektroden werden, wie die Tabelle zeigt, untcr Benutzung der Stromdichte voii 2 Am. pro qcm gerade etwa jene

und 1/30-norm. Saure deutlich auftreten.

10 20 30 40 50 60 70 80 90

Fig. 2.

Werte erreicht , welchc bei Benutzung blanker Bleche niit I/, Am. erhalten werden. Bei ' i5 und Am. bleiben die Eiitladungsprozente bei deli plsttinierten Blechen so tief unten, da8 ein Maximum bei ihnen nicht in Prage kommt. Die 1/30-norrn. Saure zeigt insbe- sondere den iiiteressanten Fall bei gleicher Tempersttur ausschliels-

Page 25: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 353 -

lich unter dem Einfluls der Stromdichteanderung ins Verhaltnis 1 : 100 von 6.7 bis 84.1 Entladungsprozente Sauerstoff zu wechseln.

Die erreichten Werte fur die Sauerstoffentwickelung scheinen etwas hoch, wenn man fur die Uberfuhrung in der Kalte bei den Salzsaureionen das Verhaltnis : 5 / 6 berucksichtigt und in Er- wagung nimmt , dafs die Wanderungszahlen mit steigender Tempe- ratur einander sich nahern.' Wenn DUANE'S~ Formeln fur Salz- saure noch bei looo angewandt werden durfen, so wird das Ver-

haltnis der Wanderungsgeschwindigkeiten K, das bei 18O = - ist,

bei looo =-. Es ist aber ein Umstand zu beriicksichtigen,

welcher geeignet erscheint , eine Naherung der Wanderungszahlen von Chlor und Wasserstoff zu kompensieren und eventuell zu uberkompensieren. Es grundet sich namlich das Maximum in der Kurve, welche die Abhangigkeit der Sauerstoffentwickelung von der Stromdichte darstellt auf den Umstand, dafs , wenn

einmal das Verhaltnis der entladenen Ionen a gleich dem der

Wanderungsgeschwindigkeiten ist , die Grenzschicht nicht mehr

an Chlor verarmen und die Hydroxylentladung prozentisch mit der Stromdichte nicht mehr wachsen kann. Dies gilt aber nur solange keine merkliche Menge fremder Anionen zugegen ist. Wenn neben Salzsaure auch Chlorsaure in der Losung sich findet, und die Anionen der letztercn einen Teil der Wanderung mit bestreiten, dann wandern

beim Entladungsverhaltnis 0H = 5 noch nicht so vie1 Chlorionen

zu als entladen werden, obwohl das Verhaltnis der Wanderungsd

geschwindigkeiten H auch = 5 ist. Die Verarmung an Chlor in

cler Grenzschicht kann also noch fortschreiten, und erst wenn das

Verhaltnis so gross geworden ist, dals die pro 1 F neben Hydr-

oxylen entladene Anzahl Chlorionen von den neben Chlorsaureanionen zuwandernden Chlorionen erreicht wird , ist das Kurvenmaximum gegeben. Aus dieser Ursache kaiin es verstanden werden, d d s die Kntladungsprozente Sauerstoff bis 88.2 hinltufgehen d. h. hoher werden, als sie in reinen chlorsaurefreien Chlorwasserstofflosungen er-

c1 18 82

30 70

OH

H

c1

c1

OH

OSTWALD, Allgenzeine Cheiwie (Bd. 11, 'I'eil I, Ruch 11, S. 604) Leipzig 1893. DUANE, Sitxungsber. Preufi. Akad. 39, 455.

Page 26: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

-- 354 -

wartet werden sollten. Die Gegenwart des fremden Anions mirkt also im selben Sinne als wenn das Verhiiltnis der Wanderungsgeschwindig-

keiten kleiner wiirde. Es ist dabei der Einfluls der Chlorsaure

jedenfalls davon abhangig, wie diese an der Anode entstehende Ver- bindung unter dem Eiiiflufs der li'lussigkeitsbewegung , Diffusion u n d Zuwanderung urn die Anode sich verteilt, iind es liifst sich denken, d d s es keines hohen Chlorskurebetrages bedtlrf, um das Maximum der Stromdichtekurve bri einer nur l/,,]-norm. Salzsiiure zu beeinflussen.

Die Chlorskurebildung ist bei der Elektrolyse in der Siedhitze in der That eine recht geringe. Ersichtlich werden die Fiille, in deneri die Wasserstoffausbeute im Voltameter diejeiiige aus dem elektrolytischen Apparat merklich hinter sich lafst, besonders durch relativ erhebliche Chlorsaurebildung ausgezeichnet sein.

Diese Schlufsfolgerung haben wir zunachst an der Elektrolyse mit platinierten Etektroden bestiitigt, welche nur in einem Falle (Tab. V) bei der 1/30-r10rm. Siiure ein erhebliches Defizit an Wasserstoff yon 1.1 ccm aufweist. Die Chlorsiiurebestimrnungen wurden so aus- gefiihrt. dak 100 ccm der Siiure auf dem Wasserbade bei 95-970 mit vorgeschaltetem Knallgasvoltameter elektrolysiert wurden. Da hier kein Chlor in der Losung bleibt, so kann die Fliissigkeit nnch der Elektrolyse ohne Behandlung mit Quecksilber auf Chlorsaure untersucht werden; es fanden sich

Tabelle VI.

I Stromausbeute in O/,)

ccin '/,,-norm. , 1 ccm '/l,-n. C10,H = 10.619 ccm

Knallgas 1

Sbure = 1 -~

I

'19 2 0.13

' 15 1 spur l150 I 'Is , 77

' /in ~ i 0.27

2 j 0.24

1 0.41

'Is ' 0.07 i

~

I

~

I ' I 1 0 ' '15

1' ~

/30 I

'Lo I 1

1.35

Null

77

2.86

0.74

2.55

4.99

Page 27: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 355 -

Nur also bei der 1/30-norm. Saure und einer St,romdichte von Am. fand sicli eine relativ erhebliche Chlorsauremenge, d. 11. ebenda,

wo das Wasserstoffdefizit dsrauf hinwies. Es ist daraus zu schliefsen, dafs die Reduktion der Chlorsaiure

in der Siedehitxe eine erhebliche ist, wenn sie eine nennenswerte Koiizentration im Elektrolyten besitzt , d d s aber bei sehr starken Verdiinnungen diese Reduktion nicht in merklichem Mars eintritt. Um den Umfang der eintretenden Reduktion festzulegen , elektroly- sierten wir in der Siedehitze mit einer Stromdichte von Am. pro ycm K a t h o d e und einem Stromverbrauch von 1 Am. Stunde eine Schwefelsaure, welche pro 1 Liter 1 g chlorsaures Kali enthielt, also in Bezug auf Chlorsaure rund '/,,-norm. war. Dabei anderte sich der Titer - in gewolinter Weise durch Zersetxung mit Salz- sgure und Bestimmung des Chlors festgestellt - von 24.54 ccm l/lo-norm. Thiosulfat pro 50 ccm der Losung (1 g C10,K im Liter entspricht theoretisch 24.52 ccm l/lo-norm. Thiosulfat pro 50 ccm der Liisung) auf 18.55 ccm. Da aber fiir diese Erniedrigung des Titers auch eine anodische Bildung von Perchlorsaure Ursache sein konnte, so elektrolysierten wir die gleiche Saure in der Siedehitze in dem Apparat Fig. 1 und beobachteten, dafs, wiihrend im Voltameter 57.33 ccrn Wasserstoff in Form von 86.0 ccrn Knallgas auftraten, nur 50.8 ccm Wasserstoff neben Sauerstoff im SCHIFF'Schen Apparat sich ansammelten. Auch bei diesem Versuch war die kathodische Stromdichte Am. pro qcm, da es darauf ankam, die Bedingungen fur eine ausgiebige Reduktion moglichst gunstig zu wahien.

I)a bei siimtlichen 3 Stromdichten (2 Am., '1, Am., Am.) Wssserstoffentwickelung bei der Elektrolyse der Schwefelsiiure mit 1 g chlorssurem Kali pro 1 Liter auftritt, so ist nach den Dar- legungen des theoretischen Teils die niedrigste diejenige, bei welcher relativ zur Strommenge am meisten reduziert wird. Die Elektroden waren in beiden Versuchen mit l/l-norm. Schwefelsaure + chlor- saurem Kalium von blankem Platin.

Es seien hier auch die Zahlen angefuhrt, welche bei der Elek- trolyse von Kaliumchlorat haltender Schwefelsaure in der Kalte ermittelt wurden.' Wiederum wurde eine ill- norm. Schwefelsanre benutzt, welche in einer Gruppe von Versuclien 1 g, in der nnderen 3 g chlorsaures Kali im Liter enthielt. Auch hier war die katho-

Wahrend ich die Korrektur dieser Abhandlung erledige, erscheint eine vorlkufige Mitteilung von WINTELEN (Cherm. Z. 22, 89), in welcher auf die

Page 28: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 356 -

dische Stromdichte in allen Fiillen Am. pro qcm. Bei der Elektrolyse von jeweils 600 ccm dieser Sauren im Becherglase mit 0.8 bezw. 1 Am. Stunde Stromaufwand vermochten wir keine merk- liche Erniedrigung des Chlorsauretiters durch vorher oder nachher ausgefuhrte Prufung mit konzentrierter Salzsaure und Bestimmung des entwickelten Chlors zu entdecken. Die Titansaurereaktion erwies in der elektrolysierten Saure einen merklichen Gehalt an Wasserstoffsuperoxyd, das bei der Elektrolyse in der Hitze in der Endfliissigkeit nicht vorhanden ist. Die Priifung der bei der Elek- trolyse der beiden, chlorsaures Kali haltenden Schwefelsauren auf- tretenden Gase, welche unter Benutzung des in der I. Mitteilung abge- bildeten Elektrolysierapparates vorgenommen wurde, ergab ein Wasser- stoffdefizit. Die Schwefelsaure rnit 3 g chlorsaurem Kali im Liter ergab

WasserstoE im Voltameter: Wasserstoff aus dem Elektrolysierapparat: a. 55.6 54.9 b. 66.67 65.2

Die Schwefelsaure mit 1 g chlorsaurem Kali im Liter: Wasserstoff irn Voltameter: Wasserstoff aus dem Elektrolysiergefli :

a. 61.46 60.6 b. 60.8 59.5

In beiden Fallen wurden die Versuchc nach einander oline Auswechselung der S&ure im Elektrvlysierspparst vorgenommen. Nach Beendigung der Analysen fand sich mit der Titansaurereaktion in dell dem Apparat entnommenen, jeweilig zu zwei Versuchen benutzten Sauren deutlich Wassserstoffsuperoxyd. Das Wasserstoff- defixit ist bei den zweiten Versuchen b und b l , bei denen vom ersten Versuche herstammencles W-asserstoffsuperoxyd in dem Elek- trolyteii anwesend war, jedesmal grijker als bei der frischen Losung a und a. Unter diesen Verhaltnissen kann es nicht als ausgemacht geltcn, ob eine auf Chlorsaure 1/82-norm. bezw. 3/82 -norm. Losung in der Kalte bei Am. pro qcm Kathode iiberhaupt Reduktion erfihrt, oder ob das Wasserstoffdefizit nur der Zerstorung Tion anodisch gebildetem Wasserstoffsuperoxyd zur Last fallt, aber es leidet keinen Zweifel, clds , wenn Reduktion von Chlorsaure statt-

starkc anodisclie Ozonbildung bei der Elelttrolyse chlorathaltiger Lijsurigen hingewiesen wird. lelt liabe bei den him behandelten Versuchen diese Ozon- bildung in Kaliumehlorat enthaltender Scliwefelsaure ebenfalls beobachtet und bin bcscliiXtigt, die Ozonbildung BUS wasserigen Lijaungen naher zu studieren.

9. Marz 1898. HABEK.

Page 29: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 357 -

findet, diese hier sehr klein ist, und damit ist ausgemacht, dafs die fur die Chlorsaurebildung bei der Elektrolyse der Salzsaure in der Kalte beobachteten Werte nicht etwa durch eine kathodische Reduktion der Chlorsaure merklich zu niedrig ausgefallen sind. Auf Grund dieser Beobachtungen ist im theoretischen Teil der OETTEL’SChen Angabe, dafs Chlorsaure in saurer Losung leicht redu- ziert wurde , nur eine eingeschrankte Gultigkeit zuerkannt worden.

Es sei an dieser Stelle gleichzeitig die andere Einwendung welche bezw. des Maximums der Hypochloritbildung gegen OETTEL erhoben wurde, belegt , obgleich diese Daten eigentlich in eine Oruppe von Versuchen gehijren, die erst in einer spateren Mitteilung zu schildern ware. OETTEL benutzte eine kathodische Stromdichte von hochstens 0.146 Am. pro qcm (1460 Am. pro qm). Wir ver- wendeten eine drahtf6rmige Platinkathode, welche an beiden Seiten in Glasrohren eingeschmolzen war, in denen etwas Quecksilber sich befand. In die Quecksilbertropfen tauchte das gegabelte Ende der negativen Stromzufuhrung. Das freie Stuck des Platindrahtes, welches in den Elektrolyten gesenkt wurde , besafs 0.2 qcm Ober- flache bei 2.7 cm Lange, die Stromstarke betrug 1 bezw. 2 Am. Die Stromdichte war also 5 bezw. 10 Am. pro qcm Kathode. Ein Platinblech yon 1 qcm einseitiger Oberflache diente zur Anode. Der Elektrolyt bestand stets aus 100 ccm 20°/,iger neutraler Chlor- kaliumlosung.

Anoden- Stromdichte

pro qcm

_____

5 10 10

5 5

10

Tabelle VII.

1 g Bleichendes Chlor nsch der

1 Liter Elektrolyt

5.327 1.32 1.07 0.594 1.061 0.700

22.84 13.96 18.03

6.54 11.24

7.67

Wer mit diesen Materien vertraut

Strom- tusbeute an deichendem

Chlor ___ .- ___

32.4 O/,, 80.0 ,, 67.0 ,, 83.5 ,, 82.9 ,, 80.1 ),

Temperatur stieg wahrend der Elektrolyse trotz Kuhlung

yon - bis ______ -. ____-

20-24’ C. 18-30° C. 15-30’C. 21-24O c . 18.5-24’ C. 21.5-35’ C.

ist, ersieht leicht, dafs sie den guten Nutzeffekt der KELLNER’Schen Elektrolysensaure,

Nahere Angaben siehe HABER, Qrwndrifi der technischen Elektrockem ip, ~ _ _

Rap. XI. (Munchen 1898.) Z. anorg. Chem. XVI. 24

Page 30: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

I 00

In

M

I

Tabelle VIII.

1.

Sliurekonzentration

'/,-norm.

Saure = 1

__

_

'I10

'!I 0

'I10

'13

0

'Is0

l/30

'130

'I10

'/a0

'!30

-_

_-

1 L

iter m

tspricl 1, ,, - nor11 N

aOH

1015.0

1008.8

1008.8

324.0

330.3

329.8

329.8

__

_

1012.0

375.8

362.5

-

__

2.

- $ i?

5 :cd rn

-_ -

- 500

500

500

1000

1000

1000

1000 _

_

500

1000

1000

1.24

1.67

1.02

1.31

1.26

2.20

1.25

2 2 '1.5

1.06

1.11

1.64

2.23

1.10

8.27

6.

(12

8 &:a --- I u

E:cd

0

do

(12 m

x-6 gz

W

Z-

a

.au.- - c -

(50) 35.2

(50) 35.1

(50) 36.1

[loo) 26.7

[loo) 29.3 :loo) 12.4 :loo) 14.5

(50) 42.3

100) 31.4

100) 14.9

7.

Sil bernitra titer des

$eichen V

lumens

~ _

_

__

-

35.0

34.9

35.7

27.0

29.3

12.7

14.2

42.3

31.3

15.0

8.

Verinder

der Acid

m Elektrt in g H

- _

_

-

__

0.525

0.533

-

0.184

0.135

0.287

0.152

9.

Aquivalen t

lieser A

nde rung

in Am

Stunden

__

0.387

0.390

-

0.136

0.100

0.222

0.112

10.

Entladungsprozente

3 durch Gasanalyse

3erechne a

56.3

58.6

_I_

-

81.5

87.9

88.6

89.5

-

-

-

gefunden b

53.3

63.6

-__

-

-

78.4

88.2 76.8 87.1 87.1

2.4

1.6

8.1

Page 31: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 359 -

welche von SIEMENS & HALSKE in Wien gefertigt werden, natiirlich erscheinen lassen. Diese Apparate erzeugen aus einer nur 11 O/,igen Kochsalzlosung, rnit einem Stromnutzeffekt von 50 O/, - 70 ,,lo, bei einer Temperatur, die bis 30, steigt, eine Liisung mit 10 g bleichen- dem Chlor pro Liter, was an der Hand der OETmL’schen Daten nicht verstandlich ist.

Zuriickkehrend zu den anodischen Phanomenen bei der Elek- trolyse der Salzsaure in der Siedesitze sei darauf hingewiesen, dafs die Chlorsaureausbeuten in der Siedehitze nach Tabelle VI gegen die in der Kalte erhaltenen nach Tabelle 111 zuriickstehen. Weiter sind in Tabelle VIII die Versuche dargestellt, welche nach den im theoretischen Teil angestellten Erwagungen unternommen wurden, um gleichzeitig den Betrag der Chlorsaurebildung, die Thatsache, dah die Chlorsliure, welche ermittelt wurde, derjenigen, welche uberhaupt entstanden war, sehr nahe kam und das Fehlen einer merklichen Perchlorsaurebildung erlautern. Die in der Tabelle unter 2 genannten Volumina von Sauren der sub 1 gegebenen Konzentration wurden unter Ersatz des verdampfenden Wassers in einem auken mit schwarzem Papier urnhiillten Becherglase mit den unter 3 und 4 verzeichneten Stromdichten (Anode = Kathode) und Strommengen elektrolysiert. Wahrend der Elektrolyse wurde ein Kohlensaurestrom hindurchgeleitet. Die dunkle Einhiillung und der Kohlensaurestrom dienten dazu , eine Ruckbildung von Salzsaure zu verhindern, welche eintreten kiinnte, wenn Wasserstoff- und Chior- gasblasen in der belichteten Fliissigkeit sich begegneten. Die iiber dem Horizontalstrich verzeichneten Versuche sind mit blanken, die darunter stehenden mit platinierten Elektroden ausgefiihrt. Am Ende der Elektrolyse wurde der Ersatz des verdampfenden Wassers so geregelt, dafs das Volumen ein wenig abnahm, und dann nach Abstellung des Stromes und Abkiihlung des Elektrolyten das Anfangs- volumen genau wieder hergestellt. 50 bis 100 ccm der SBure wurden dann zur Ermittelung der Chlorsaureausbeute benutzt ? die unter 5 , auf das ganee Volumen berechnet, sich verzeichnet findet. Weitere 50 bezw. 100 ccm dienten dazu mit ‘/,,-norm. NaOH die Aciditat zu messen. Diese Aciditat setzt sich zusammen aus Chlor- saure, Perchlorsaure und Salzsaure. Nach Abzug der besonders ermittelten Chlorsaure verblieben die in 6 genannten Betrage, welche Kubikcentimeter l/,,-norm. Salzsaure plus Perchlorsaure darstellen. Wurden jene 50 bezw. 100 ccm nach der Neutralisation rnit l/lO-norm.

24 *

Page 32: Über Elektrolyse der Salzsäure. II. Mitteilung

- 360

Silberlosung titriert, so ergaben sich die sub 7 genannten Volumina zur Fallung der Salzsaure als notig. Diese Zahlen miissen bei Abwesenheit von Perchlorsaure mit denen der Kolumne 6 identisch, bei Vorhandensein von Perchlorsaure aber kleiner ausfallen. That- sachlich zeigt sich Ubereinstimrnung. Nach dem im theoretischen Teil erorterten Rechenmodus sind nun die Werte von 8, 9, 10a abgeleitet, denen in 10 b die gasanalytisch ermittelten Werte nach Tabelle V hinzugesellt sind. 11 enthalt die Chlorsaureausbeuten in O i 0 . Um die Rechnung genauer zu verdeutlichen, sei der erste Versuch naher besprochen.

Die Anfangsaciditat pro 50 ccm betrug= 50.75 ccm '/,,-norm. NaOH Die Endaciditat pro 50 ccm betrug=36.20 ccm ,,

Folglich der Salzsaureverlust 145.5 ccm '/,,-norm. HC1= 0.5252 g.

Dem Salzsaureverlust von 0.5262 g entsprechen 0.3875 Am. Stunden.

In Chlorsaure verwandelt wurden weitere 9.60 ccrn I/,,-norm HCI. Der Chlorsaurebildung von 9.60 ccm '/,,-norm. C10,H entspr. 0.1547 Am. Std.

, l - ~-

Folglich Am. Stunden fur Cl-Bildung = 0.3875. )) ), ,) C10,H-Bildung =0.1547.

7, ,, ,, 0-Bildung 0.6978.

____- 0.5422.

1.24. (Siehe linter 4 der Tab. VIII.) Folglich Entladungsprozente 0 = 56.3.

Strornausbeute an CI0,H = 12.5.

Es ist noch anzumerken, dafs zur Ermittelung der Aciditat nach der Elektrolyse zunaichst eine Titration mit Methylorange als Indikator vorgenommen, und dann eine zweite mit Tiipfeln auf Lakmuspapier ausgefuhrt wurde. In der durch Tiipfeln neutral gestellten SSiure wurde nach Zusatz von Kaliumchromat mit Silber- losung weitertitriert. Der Alkalitupfeltiter, welcher den Alkali- methylorangetiter regelmafsig um 0.1 ccm l/lO-norm. NaOH iibertraf, galt als der maIsgebliche.

Schliefslich sei angemerkt, dah die Werte der Tabelle VI rnit der Tabelle VIII, Kolumne 11 nur im Falle der 1/30-norm. Saure '/, Am. Stromdichte stark differieren, d. h. da , wo die Reduktion der Chlorsaure erwiesenermal'sen erheblich ist, und eine Uberein- stimmung rein zufallig ware. Die mit blanken Elektroden (iiber dem Horizontalstrich) ermittelten Werte in Kolumne 11, Tabelle VIII

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361 -

sind in zwei Fallen, in denen Tabelle V kein Wasserstoffdefekt und, Tabelle VIII, Kolumne 10 befriedigende Annaherung der Zahlen zeigt, ziemlich hoch: bei den mit der Stromdicbte 2 Am. ausge- fiihrten Elektrolysen der 'Ilo -norm. und l/QO-norm. Saure. Es ist dies dadurch zu erklaren, dab die Chlorsaurekonzentration geringer wie l/~ooo-norm. blieb, und dak blanke Elektroden und hohe Strom- dichte die relativ ungunstigsten Bedingungen fur eine prozentisch erhebliche Reduktion sind, wahrend platinierte Kathode und kleine Stromdichte (Tabelle VIII unter dem Strich 1/30-norm. Saure, 1/5 Am. Stromdichte) die Reduktion relativ sehr begiinstigen.

Die Platinelektroden blieben bei allen in dieser Mitteilung behandelten Versuchen unangegriffen. Uber die Bedingungen des Angriffes handelt die nachste Mitteilung.

Chem.-technisches Instikt der Technischen Hoohschule Karlsrzllae.

Bei der Rednktion eingegaugen am 29. Dezernber 1897.