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(Aus der Universitgts-Ohren-, Hals-Nasenklinik Frankfurt a/M. [Direktor Prof. Dr. O. Vofl].) l~ber Geruchsstiirungen und ihre klinische Bedeutung. Von Hermann Laemmle. (Eingegangen am 1. August 1931.) Bei der Begutachtung zahlreicher Fiille yon Verletzungen der Nase oder bei Sch~delbrfichen wird klinisch immer wieder die Frage aufgeworfen, wieweit die subjektiven Angaben derartiger Patienten, dal3 durch die Verletzung des Gesichtssch~dels oder der Nase oder durch die Commotio cerebri die Geruchsempfindung gestSrt sei, bereehtigt sind. Wir stehen klinisch nicht nur vor der Frage, objektiv beurteilen zu sollen, ob derartige Angaben yon Patienten zutreffen, sondern wir sind auch h~ufig ver- pflichtet ein Urteil darfiber abzugeben, ob hier Zusammenhiinge zwischen subjektiver Geruchsst~irung, objektivem Befund und vorangegangenem Trauma vorhanden sind. Die Beantwortung einer derartigen Frage ist yon um so grSBerer Bedeutung, als man garnicht selten erlebt, dal3 z. B. Patienten als einzige StSrung nach einer Commotio cerebri einen Geruchs- verlust angeben, l~berblickt man die seither niedergelegte Literatur, so muI~ man zwei Fragen prinzipiell trennen: 1. Die Methodik der Geruchspriifuag und 2. die ldinisehe Verwertbarkeit der mit diesen Methoden gewonnenen Resultate ffir die topische Diagnostik. Es ist yon grunds~tzlicher Bedeutung, bei diesen Fragen festzustellen, ob aus dem gefundenen ,,objektiven" Resultat einer Geruchsprfifung einerseits Schlfisse fiber die organische Natur fiberhaupt un4 andererseits fiber den Sitz der StSrung zu ziehen sin4. Bevor wir auf Einzelheiten dieser Kardinalfragen eingehen, mfissen wir uns mit den GeruchsstSrungen als solchen kurz besch~ftigen. Wir unterscheiden in der Klinik: I. StSrungen des Geruchs im Sinne einer Herabsetzung (Hyposmie). II. StSrungen des Geruchs im Sinne einer qualitativen Ver~inderung (Parosmie). III. Vollstiindiges Fehlen des Geruchssinnes (Anosmie). IV. Eine ,, ~beremp/indlichkeit'" gegen Geruchswahrnehmungen (Hyper- osmie).

Über Geruchsstörungen und ihre klinische Bedeutung

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(Aus der Universitgts-Ohren-, Hals-Nasenklinik Frankfurt a/M. [Direktor Prof. Dr. O. Vofl].)

l~ber Geruchsstiirungen und ihre klinische Bedeutung.

Von

Hermann Laemmle.

(Eingegangen am 1. August 1931.)

Bei der Begutachtung zahlreicher Fiille yon Verletzungen der Nase oder bei Sch~delbrfichen wird klinisch immer wieder die Frage aufgeworfen, wieweit die subjektiven Angaben derartiger Patienten, dal3 durch die Verletzung des Gesichtssch~dels oder der Nase oder durch die Commotio cerebri die Geruchsempfindung gestSrt sei, bereehtigt sind. Wir stehen klinisch nicht nur vor der Frage, objektiv beurteilen zu sollen, ob derartige Angaben yon Patienten zutreffen, sondern wir sind auch h~ufig ver- pflichtet ein Urteil darfiber abzugeben, ob hier Zusammenhiinge zwischen subjektiver Geruchsst~irung, objektivem Befund u n d vorangegangenem Trauma vorhanden sind. Die Beantwortung einer derartigen Frage ist yon um so grSBerer Bedeutung, als man garnicht selten erlebt, dal3 z. B. Patienten als einzige StSrung nach einer Commotio cerebri einen Geruchs- verlust angeben, l~berblickt man die seither niedergelegte Literatur, so muI~ man zwei Fragen prinzipiell trennen:

1. Die Methodik der Geruchspriifuag und 2. die ldinisehe Verwertbarkeit der mit diesen Methoden gewonnenen

Resultate ffir die topische Diagnostik. Es ist yon grunds~tzlicher Bedeutung, bei diesen Fragen festzustellen,

ob aus dem gefundenen ,,objektiven" Resultat einer Geruchsprfifung einerseits Schlfisse fiber die organische Natur fiberhaupt un4 andererseits fiber den Sitz der StSrung zu ziehen sin4.

Bevor wir auf Einzelheiten dieser Kardinalfragen eingehen, mfissen wir uns mit den GeruchsstSrungen als solchen kurz besch~ftigen. Wir unterscheiden in der Klinik:

I. StSrungen des Geruchs im Sinne einer Herabsetzung (Hyposmie). II. StSrungen des Geruchs im Sinne einer qualitativen Ver~inderung

(Parosmie). III . Vollstiindiges Fehlen des Geruchssinnes (Anosmie). IV. Eine ,, ~beremp/indlichkeit'" gegen Geruchswahrnehmungen (Hyper-

osmie).

Hermann Laemmle : ~ber GeruchsstSrungen und fllre klinische Bedeutung. 53

I. H y p o s m i e .

Unter Hyposmie verstehen wir eine StOrung der Empfindliehkeit fiir Geruchsreize derart, dab Geriiehe in gleicher Weise wie yon Normalen, aber erst bei st/~rkerem Reiz wahrgenommen werden.

Nach d.er seitherigen Literatur finder man diese StSrung bei lokalen Nasenver/~nderungen wie Musehelsehwellungen, Septumdeviationen, SchJeimhauthyperplasien, entziindtichen Ver/~nderungen der Nasen- schleimhaut und Tumorem Diese Art StSrur~gen, die man als ,,peripher bedingte Hyposmie" (respiratorische) bezeichnen kann, steht im Gegensatz zur ,,central bedingten Hyposmie", die man bei doppelseitigen, aber nieht vollst/~ndigen L/s innerhalb des Nervenverlaufs des Olfaktorius, und zwar in seinem ganzen Verlauf bis zur l~inde, antrifft.

Von manehen Autoren wird. zu dieser Gruppe yon RiechstSrungen eine besonctere Form, die ,,essentielle ttyposmie" gerechnet; sie soll bei Ver/~nderungen der Riechschleimhaut auftreten. Diese Art der Einteilung der Hyposmie ist anatomisch und physiologiseh nicht ganz bereehtigt, und zwar d.eshalb, weft wir unter dem gesamten ,,nervSsen Riechapparat" seine Ausdehnung yon den Fila olfactoria bis zu der Rinde verstehen. Genauer ausgedrfiekt miil~te man deshalb eigentlieh unterscheiden zwischen

1. peripher bedingten RiechstSrungen; 2. zentral bedingten RiechstSrungen und diese wieder unterteilen in a) St5rungen im prim/s l~ieehneuron, (Rieehepithel, fila olfactoria,

bulbus olfactorius) ; b) StSrungen im sekund~ren Riechneuron (Bulbus olf. bis Thalamus) ; c) St(irungen zwischen Thalamus und. Riechrinde.

Man finder diese ,,zentralen" Hyp- bzw. Anosmien bei Ozaena, nach postoperativen Ver/~nd.erungen der Nasenschleimhau$, bei Grippe, bei Seh/~delbasisfrakturen, Commotio cerebri, Hirnbasisblutungen, Tumoren im Bereich des nervSsen Riechapparates, also vornehmlich bei Tumoren im Bereich tier vorderen Seh~delgrube.

3. funktionelle RiechstSrungen; sie werd.en bei Hysterie, Neurosen und Psychosen nachgewiesen.

II . Anosmie. In Wirklichkeit bestehen zwischen Hyposmie und Anosmie nur

graduelle Unterschiede, so daf~ man sie auch mit dem gleichen Recht in dieselben ~tiologischen Gruppen einteilen kann,

I I L Parosmie Parosmie ist eine ,,perverse", Geruchsempfindung, bei der die Menschen

qualitativ ver~nderte Geruehseindriieke haben. Sie empfinden bestimmte Geriiche im Gegensatz z~m gesunden Mensehen als unangenehm bzw.

24 Hermann Laemmle:

als angenehm oder sie haben Geruchsempfindungen, die andere Menschen nicht haben (Geruchshalluzinationen), und die subjektiv oft in Form iibler Gerfiche wahrgenommen werden (Kakosmia subjektiva). Parosmie tr i t t bei Ozaena, bei Herden innerhalb des nerv6sen Riechapparates, z .B. Commotio cerebri, Tumoren, ferner bei Geisteskrankheiten und funktionellen St6rungen auf.

IV. Hyperosmie. Unter Hyperosmie versteht man eine gesteigerte Geruchsempfindung

derart, dab Gerfiche besonders stark empfunden werden, eventuell zu subjektiven Besehwerden wie Kopfsehmerzen und Erbrechen ffihren. Ob auch eine echte Hyperosmie in der Weise vorkommt, dab die Reiz- sehwelle gegenfiber dem l~ormalen herabgesetzt ist, ist noch nicht genfigend erforseht, zumal die individuelle Verschied.enheit der Empfindliehkeit gegenfiber Gerfiehen auBerordentlich groB ist.

Z u diesen Geruchsst6rungen im engeren Sinne ist eine Art yon ,, Geruchsst6rung" hinzuzuffigen, bei der als Quelle der geruchlichen MiB- empfindungen kari6se Z/~hne, NebenhShleneiterungen, Mandelerkran- kungen usw. in Frage kommen (Kakosmia objektiva).

Methodik der Geruchspriifung. Die Prfifung der Riechsch/trfe stSSt nach aller klinischen und experi-

mentellen Erfahrung auf groBe Schwierigkeiten, die zum Tell in der Funktion des Geruchssinnes selbst gelegen sind, zum Teil abet durch unsere mangelhaften Kenntnisse fiber den Zusammenhang zwischen Riechstoffen and Geruchsempfindung sich erldgren lassen. Bei jeder Prtifung des Riechapparates ist in erster Linie seine enge funktionelle Verknfipfung mit zwei anderen Sinnesapparaten: dem Tastsinn 1 (Trige- minus) und dem Geschmackssinn (Glossopharyngeus und sensibler Facialis) zu beriicksichtigen. Diese funktionelle Beziehung ist deshalb ldinisch besonders wichtig, weil Patienten oft fiber StSrungen des Geruchssinnes klagen, die in Wirklichkeit GeschmacksstSrungen der Zunge haben, wie fiberhaupt vom Laien sehr h~ufig Geschmack- und GeruchstSrungen verwechselt werden. Auch die ,,Tastkomponenten", die wir dem Trige- minus verdanken (das Stechende, das Kfihle, das Warme) werden h/~ufig f~Ischlicherweise yore Laien als Geruchseindruck bewertet. Da auBerdem im Nasenrachenraum Gesehmacksknospen enthalten sind, resultiert aus diesen Tatsachen, dab man nicht allein mit reinen Riechstoffen unter- suchen soll, sondern gleichzeitig auch mit Stoffen, in denen eine Tast- oder Geschmackskomponente (gustatorisches Riechen) enthalteu ist. Ein zweiter Gesichtspunkt, der yon vornherein bei jeder Prfifung zu

1 Wit verstehen unter Tastsinn die Empfindlichkeit ffir Kal*-, Warm- und Schmerzreize der eingeatmeten Stoffe (entsprochend: Tastkomponente).

Uber Geruchsst6rungen und ihre klinisehe Bedeutung. 25

berficksichtigen ist, ist damit gegeben, da6 die ,, Qualit/~t" des Geruches in hohem Grade yon der ,,Intensit/s des Riechstoffes abh/~ngt, z .B. konzentriertes Skatol riecht nach F/~kalien, verdiinntes Skatol riecht blumig (v. Skramlik).

Man hat wiederholt versucht, aus den ungef/~hr 30 000 bekannten Riechstoffen ein psyehologisches System der Geriiche aufzustellen (Henning, Zwaardemaker), um auf diese Weise sowohl den psyehologisehen wie klinisehen Anforderungen gereeht zu werden. Diese Versuehe haben sich aber ebensowenig bew/~hrt, wie der Versuch, zwischen ehemischer Struktur und Geruch eine gesetzms Beziehung herzustellen. Eine erschSpfende Erfassung s/~mtlicher ,,Riechqualit/s auf einfaehe Weise ist bisher nicht gelungen.

So hat Zwaardemaker versucht, die Welt der Gerfiehe ill 9 Klassen zu gliedern: /~therische, aromatische, balsamisehe, Mosehus-, Allyl-, empyreumatische, Kapryl-, widerliehe und ekelhafte Geriiche. Wesentliehe praktische Bedeutung hat dieser Versueh der Einteilung aber nieht erlangt.

Dagegen hat sich fiir die experimentelle Forsehung der Vorsehlag yon Zwaardemaker gut bew/~hrt, mittels seines ,,Olfactometers" den jeweilig gebotenen Rieehstoff quantitativ zu bestimmen.

Das Prinzip des Olfaktometers beruht darauf, dab ein beiderseits offenes Glasrohr, dem am distalen Ende ein den Rieehstoff tragendes verschiebbares Zylinderrohr aufgesetzt ist, mit dem vorderen Ende in alas Nasenloeh eingeffihrt wird. Aus der Streeke, die ctas Mantelrohr verschoben werden mu6, damit eine eben bemerkbare Riechempfindung zustande kommt, 1/~Bt sich die Empfindlichkeit des Untersuchten fiir d.iesen Rieehstoff ablesen. Diese Rieehzylinder haben, wie Zwaardemaker ausdriicklich hervorhebt, denVorteil, ,,daB sie lange Zeit hindureh ungef/~hr dieselbe Geruehsintensit/~t erhalten" (Zwaardemaker). Zwaardemaker maeht iibrigens bereits selbst darauf aufmerksam, dab der Gerueh der einzelnen Rieehzylind_er je naeh dem Rieehstoff versehieden , ,stark" empfunden werde. Diese Methode yon Zwaardemaker, die sich fiir experimentelle Untersuehungen sehr gut bew/~hrt hat, ist fiir klinisehe Zwecke aber ebensowenig brauehbar wie die vor einigen Jahren yon Ho[mann-Kohlrausch angegebene und yon Teu]er modifizierte Methode der Geruchspriifung, da sie alle zu kompliziert sind.

Von d.ieser Tatsache ausgehend hat BSrnstein versucht, eine ,,Stu]en- leiter" der Gerfiehe aufzustellen, die derart gegliedert ist, dab Geriiehe je einer ,, Stufe" etwa die gleiehe Eindringliehkeit besitzen, die yon Stufe zu Stufe an Intensit/~t stetig zunimmt. BSrnstein ord.net die zu unter- suehenden Stoffe zu einer Reihe in der Weise, dab cter am sehw/~chsten riechende Stoff (Waehs) am Anfang, die am st/~rkSten riechenden Stoffe am Ende tier Reihe stehen (,,Geruehsleiter"). Dabei beriicksiehtigt er die eben sehon angefiihrten Geschmaeks- lind Tastkomponenten.

26 tIermann LaemmIe:

Die Geruehsleiter naeh Bgrnstein, die ffir jede Stufe eine Anzahl yon Stoffen enthglt, ist von dem Autor folgenderma•en angegeben:

A. Reine RiechstoHe. I. Waehs, Stearin.

II. Kernseife. III . Rosenwasser, Heliotrop. IV. Bittermandelwasser, Terpentin, Kampferspiritus.

V. Lavendel61, Amylium aceticum, Oleum rusci, Anis. VI. Schwefelwasserstoff (Sehwefelammonium).

B. Tast]compvnente. I. Menthol. crist. (,,kfihl").

II. Ammoniak (,,steehend").

C. Geschmacks/coponente. I. Chloroform (,,sfi6").

II. Pyridin (,,bitter").

Diese Riechstoffe h/~lt man sich praktischerweise in Flasehen mit GlasstSpseln in einer Menge von ungefghr 20 ccm vorrs Man fs bei der Prfifung mit Wachs an und prfift die oben angegebene Reihe herunter, und zwar immer ,,monorhin" (Henning), d. h. jedes Nasenloch fiir sich, indem der Untersucher das andere Nasenloch zuhglt.

Die,,dirhine" Prfifung ist eigentlich nur in Ausnahmef/~llen notwendig, und. zwar vor allem dana, wean die monorhine Untersuchung eine Anosmie ergeben hat.

W~hrend d_er Prfifung h~lt der Untersuchte die Augen geschlossen. Er wird. gefragt, ob er etwas riecht (Wahrnehmung) und was er riecht (Erkennung).

Ausgehend v o n d e r Fragestellung d.ieser vorliegenden Arbeit, dab in vielen F~llen Geruchs- und GesehmacksstSrungen miteinand.er ver- weehselt und ausgehend yon der Tatsaehe, da6 manche Geruehsstoffe Tastkomponenten enthalten, die nicht fiber den Olfactorius, sondern fiber den Trigeminus empfunden werd.en, war es unerl~tI~lich, in jedem Fall einer Geruchsprfifung eine Geschmacksprfifung d.er Zunge anzuschlie~en. Es ist dabei zu berfieksichtigen, d.a~ die Geschmaekskomponente, die d u r e h ,,Riechstoffe" vermittelt wird, von Geschmaeksknospen wahr- genommen wird, die in der Gegend der Choanen liegen.

Wir haben zur Gesehmacksprfifung nach dem Vorschlag von BSrnstein folgende LSsungen verwandt.

1. t~ohrzuekerlSsung (4~ 10~ 40~ 2. KoehsalzlSsung (2,5% , 5~ 15~ 3. Zitronens~urelSsung (l~ 7,5~ 15~ 4. ChinilflSsung (0,075% , 1%).

Man bringt mit einer Pipette 1--2 Tropfen dieser LSsungen zuerst auf die linke H/~lfte der herausgestreckten Zungenspitze, dana auf die

~ber GeruchsstSrungen und ihre klinische Bedeutung. 27

rechte H/flfte, dann auf den linken und sehliel31ich auf den rechten Zungen- k6rper 1. Der Patient mu$ die Zunge herausgestreckt halten und den Geschmack entweder aufschreiben oder auf einer Tafel anzeigen, auf tier die vier Geschmacksqualiti~ten geschrieben Stehen. Vor tier Priifung einer neuen L6sung 1/~Bt man den Mun4 spiilen. Die Reihenfolge der Prtifung ist die oben angegebene.

Bei d.er Geruchspriifung ist besonders die sehr rasche Ermiidbarkeit des Geruchsinnes zu beachten. Infolgedessen ist es notwendig, nach jeder einzelnen Priifung eine kurze Pause einzusehalten, w/~hrend d e r e n d e r zu Untersuchende reine Luft zu aCmen hat. Es scheint, als ob manehe Menschen fiir den einen oder anderen Riechstoff besonders empfindlich bzw. unempfindlich sind - - eine Tatsache, dig ebenfalls zu berficksichtigen ist and das Prinzip der Geruchsteiter nicht immer v611ig eindeutig hervor- treten 1/~I3t.

I. F~tlle m i t l o k a l e n E r k r a n k u n g e n d e r N a s e ( P e r i p h e r e R i e c h s t i i r u n g e n ) .

a) Doppelseitige Anosmie.

Unter 32 F/~llen mit lokalen Erkrankungen der Nase wie Kieferh6hlen- eiterungen (einseitig und doppelseitig), Siebbeineiterungen, Stirnh6hlen- eiterungen oder ein- und 4oppelseitiger Pansinuitis, Tumoren der Nase, Frakturen im Bereich des Gesichtssch/idels, Siebbein- un4 Kieferh6hlen- operationen konnte ir~ 16 F~llen mit d.er oben angegebenen Geruchs- leiter normale Geruchsempfindung festgestellt werden. Von den iibrigen 16 F/~llen mit Geruchsst6rungen zeigen 7 F/~lle komplette und doppel- seitige Anosmie, die bei allen d.urch Nebenh6hleneiterungen bzw. endo- nasale Operationen bedingt war. Dabei mul~ gleichzeitig erw/~hnt werden, da~ in s/imtlichen F/illen, und zwar mit weitgehender Sicherheit yon den Patienten die Tast- und Geschmackskomponente einwand.frei angegeben wurde. Die Geschmackspriifung auf dvr Zunge bei diesen Patienten ergab regelrechte Werte.

b) Einseitige Anosmie. Von 4ieser Art konnten zwei F/~l]e untersucht werd.en, und zwar ein

14j~hriges M/~dchen mit Rachensarkom, alas weir in die linke Nasenseite hineingewucher~ war and diese vollkommen verlegte. Hierbei zeigte sich eine kompIette Aufhebung der Geruchsempfindung ffir alle drei Kom- ponenten auf der linken Seite. Diese Anosmie ist schon dadurch otme weiteres verstgndlich, da6 Geruchsempfindungen nut bei Luftbewegung in der Nase m6glich sind. Gleichzeitig bestand auf der linken Seite tier Zunge eine hochgradige Herabsetzung der Geschmacksempfindung,

1 Bgrns~ein dagegen teilt die Zunge ftir genaue 1)rtifungen in 6 Felder ein.

28 Hermann Laemmle:

die abe r wah r sche in l i ch du rch die A u s d e h n u n g des T u m o r s in der Sch•del- basis bed ing t war , wie auf G r u n d des O b d u k t i o n s b e f u n d e s fes tges te l l t w e r d e n konn te . R e c h t s h a t t e die P a t i e n t i n e inen Ausfa l l n u r ffir die schwi icheren l~iechstoffe , also eine H y p o s m i e .

Der zwe i t e Fa l l d ieser G r u p p e ze ig te e ine rech t sse i t ige Anosmie , die du rch e ine Pans inu i t i s r ech t s h e r v o r g e r u f e n war . Tas t - u n d Geschmacks - k o m p o n e n t e n w a r e n e rha l t en . L inks w a r v o l l k o m m e n n o r m a l e r B e f u n d fes tzus te l len . Es ze ig te sich also in d iesem Fal l , dal~ bei der P r f i fung der

Tabelle 1. Grgber, Kath. , 19 Jahre. Pansinuitis rechts 1.

Geruchspriifung Rechts Links

A. Riechsto]/e : I. 1. Wachs . . . . . . . . . .

II. 2. Kernseife . . . . . . . . . III . / 3. Aqua rosae . . . . . . . .

4. Heliotrop . . . . . . . . . ( I 5. Aqua amygdalar, amar. . .

IV. 6. Torpentin . . . . . . . . . 7. Kampferspiritns . . . . . .

. Ol. lavendul . . . . . . . . Amytium aceticum . . . . .

V. 10: 01. rusci . . . . . . . . . 11. Anis . . . . . . . . . . .

VI. 12. Schwefelwasserstoff . . . . .

B. Tastkomponente. 1. Menthol (kiihl) . . . . . . 2. Ammoniak (stechend) . . .

C. Geschmacl~skomponente. 1. Chloroform (sfiB) . . . . . . 2. Pyridin (bitter) . . . . . .

, ,kalt" , ,sticht"

,,sii~"

~- ? § § § § § + § §

§ -b

§

§ §

Goschmacksp r f i fung

1. Rohrzuckerl6sung ( 4 ~ ) 2. Rohrzuckerl6sung (10 ~ ) 3. RohrzuekerlSsung (40 ~ ) 4. Salzl6sung (2,5~ 5. Salzl6sung (15 ~ 6. Zitronensi~urelfsung ( 1 ~ ) 7. Zitronens~urel6sung (7,50/0) 8. Zitronens~urel6sung (15 ~ 9. Chinin16sung (0,075~

1O. Chininl6sung ( 1 0/o)

Rechts

Zungen- Z u n g e n - spi tze kSrpe r

§ § § § § § § § § §

, ,bitter" , ,bitter" , ,bitter" , ,bitter" , ,bitter" , ,bitter"

§ § § §

Links

Zungen- Zungen - spi tze k5 rpe r

,,bitter" § § + §

,,bitter" ,,bitter" § §

,,salzig" ,,salzig" ,,salzig" ,,bitter" ,,salzig" , ,bitter"

§ § § §

1 Zeichenerkl~rung: -~ ~ als Geruch wahrgenommen und erkannt; -~ ? ~ als Geruch wahrgenommen, jedoch nicht erkannt.

~ber Geruchsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 9,9

Tas tkomponen te mi t Menthol dieses rechts nu t als , ,kal t" , bei der Pr i i fung mi t A m m o n i a k dieses nu~ als , , s techend" angegeben wurde, w/~hrend l inks auf der gesunden Seite gleichzeit ig die Geruchsqualit /~t des bet reffenden Stoffes empfunden wurde (s. Tabel le 1).

Die entsprechende Fes t s te l lung wurde bei der Prf ifung der Geschmacks- komponen te mi t Chloroform gemacht . Der Untersch ied in der Empf indung zwischen rechts und l inks is t dadurch zu erkli~ren, dab rechts die Tast - und Geschmackskomponen ten (Trigeminus bzw. Glossopharyngeus )noeh e rha l ten s ind und nu t die R iechkomponen te (N. olfaetorius) ausfitllt , ws l inks alle Sirmesgebiete i n t a k t sind. Auch aus d iesem Fa l l ergibt sich schon, dab anscheinend die Tas tkomponen te die s tab i l s te ist, was sich im fibrigen auch aus den wei teren Unte r suchungen zeigen wird.

e) Doppel- bzw. einseitige Hyposmie.

I n dieser Gruppe konn ten 7 Fs un te rsuch t werden, bei denen die Hyposmie du tch NebenhShlenei terungen bedingt war. Die Empf indl ich- ke i t fiir Stoffe der n iedr igs ten Stufe der Geruchslei ter war hier ausgefallen, ws die e indr ingl icheren Stoffe, die h 6 h e r e n Stufen, noch wahr- genommen wurden. Die Geschmacks- un4 Tas tkomponen te war in s/~mtlichen F/i l len erhal ten, auch in 4enjenigen F/~llen, in denen eine hoch- gradige Herabse tzung der re inen Riechstoffe, also der o l faktor ischen K o m p o n e n t e vorlag, wie z. B. folgender Fa l l zeigt :

TabeUe 2. Becker, Heinr., 23 J. Chronische NebenhOhleneiterung beiderseits, reehts mehr als links. Behauptet seit einiger Zeit Geriiche schlecht wahrnehmen

zu k6nnen.

I . ] . II . 2. m/34:

I IV. 6. 7.

V. lO[ l l .

VI. 12.

1. 2.

C. 1.

2 .

Geruchspriifung Rechts Links

A. 2~ievhsto//e. Wachs . . . . . . . . . . Kernseife . . . . . . . . . Aqua rosae . . . . . . . . Heliotrop . . . . . . . . . Aqua amygdal~r, amar. . . Terpentin . . . . . . . . . Kampferspiritus . . . . . . O1. lavendul . . . . . . . . Amylium aceticum . . . . . 01. rusci . . . . . . . . . ~ i s . . . . . . . . . . . Sehwofelwasserstoff . . . . .

B. Tastkomponente: Menthol (kiihl) . . . . . . Ammoniak (steebend) . . .

Ges~hmavleskompor~ente. Chloroform (siiB) . . . . . . Pyridin (bitter) . . . . . .

( 4 ) ? +

+ (+) ? 4 ? + ? + ? 4 ?

(+ ) ?

+

,,ktihl" ,,stechend"

, ,SU~ ,,bitter"

( 4 ) ? 4

+ (+ / 4 ? 4 ? + ? 4 + + 4

+ +

+ +

80 tIermann Laemmle:

G e s c h m a c k s p r i i f u n g

1. RohrzuckerlSsung ( 4 ~ ) 2. RohrzuckerlSsung (10 ~ 3. Rohrzuckerl0sung (40 ~ ) 4. SalzlSsung (2,5~ 5. Salzl~sung (15 ~ ) 6. Zitronensiturelbsung( 1 ~ ) 7. Zitronensdurelbsung (7,50/0) �9 8. Zitronensi~urelSsung (15 ~ ) 9. ChininlOsung (0,075~

10. ChininlSsung ( 1 ~ )

R e c h t s

Z ~ n g e n - Z u n g e n - s p i t z e k S r p e r

§ § § + + § § § + + + + + § + +

+ §

L i n k s

Z u n g e n - Z u n g e n - s p i t z e k 0 r p e r

+ + § + § + + + + + + + + + § +

§ +

Wie aus diesem Fall hervorgeht und wie auch in anderen zahlreichen F~llen beobaehtet werden konnte, ist die Hyposmie h~ufig gleichzeitig dadurch charakterisiert, dab die 1)atienten angeben, den Geruch der einzelnen Stoffe wahrzunehmen, aber ihn im einzelnea nieht erkennen zu kSnnen. I m iibrigen geht aus diesen Fi~llen wieder die besondere Widerstandsf~higkeit der Tastkomponente hervor.

In seltenen F~llen kann man allerdings beobachten, dal3 die Geruehs- leiter insofern nieht absolut zutreffend ist, als die Ausf~lle nieht voll- kommen tier Geruchsleiter entsprechen, 4. h. class eindringlichere Stoffe sehlechter wahrgenommen werden als die werLiger eindringliehen. Ob diese Ausnahmef~lle auf die Ermiidbarkeit des Patienten oder auf die physi- kalisehen Bedingungen (Abnahme der Rieehst~rke der Stoffe, Verdun- stungsst~rke usw.) i m einzelnen zurfickzufiihren sind, mul~ yon Fall zu Fall diskutiert werden.

d) Hyp- bzw. Anosmien naeh grii]leren extranasalen operativen Eingriffen (Killian und Riedel'sehe Operation der Nebenhiihlen).

S/imtliche 4 F~lle dieser Gruppe zeigten eine komplette bzw. fast komplette Aafhebung der Empfindlichkeit ftir Riechstoffe. Hingegen zeigten alle 4 Patienten eine normale Tast- und Geschmackskomponente. Hier 1/~Bt sich alas Erhaltenbleiben tier Tast- un4 Geschmackskomponente zum Teil rein topographisch erkls da anatomisch die Endorgane ffir diese Empfindungen ganz bzw. teilweise auBerhalb tier Riechschleimhaut liegen and die Operationen vorzttgsweise im Bereich tier Riechschleimhaut ausgefiihrt werden. Wieweit die an anderen F/~llen nachgewiesene st/~rkere Widerstandsf/ihigkeit der Tastkomponente hier eine Rolle spielt, muB dahingestellt bleiben.

e) Periphere Erkrankungen besonderer Art (Ozaena, Lues).

Unter dieser Gruppe soil die Ozaena besonders betrachtet werden. I m ganzen wurden 13 F/ille yon Ozaena untersucht. Es zeigte sich dabei,

~ber Geruchsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 81

dab 4 Fi~lle v o l l k o m m e n n o r m a l waren. 3 wei tere F~l le b o t e n das B i ld einer k o m p l e t t e n doppe l se i t igen A n o s m i e ffir Rieehstof fe , w~hrend die reine Tast- u n d G e s e h m a c k s k o m p o n e n t e in d ie sen F~ l l en erha l ten war. Also aueh hier ze igt es sigh wieder, dab die o l faktor isehe K o m p o n e n t e a m le i chtes ten l~dierbar ist u n 4 dab bei ihrem k o m p l e t t e n Ausfa l l n o c h die Tast- u n d G e s e h m a c k s e m p f i n d u n g ffir Riechs to f fe erha l ten b le iben kann. In 3 we i teren Fi i l len y o n Ozaena k o n n t e e ine mehr oder weniger s tark ausgepr~gte H y p o s m i e beobachte t werden. I n 2 v o n d iese~ 3 F~ l l en war diese H y p o s m i e nur in den unteren Stufen der Geruchsle i ter nach- zuwei sen; die H y p o s m i e fiir l~ ieehstoffe war so gering, dai~ die o l factorische K o m p o n e n t e bei den Riechs to f f en m i t Tast- u n d G e s e h m a c k s e m p f i n d u n g ebenfal ls n o e h in normaler Weise v o r h a n d e n war (Tabelle 3).

Tabelle 3. Schneider, Karl, 20 J . Ozaena, rechts mehr ~ls links.

I . 1. II. 2.

I I I . / 3. 4.

IV. 6. 7.

V. 101 11.

V I . 12.

1o 2.

C.

1. 2.

Geruchsprfifung Rechts Links

A. Riechsto//e. Waehs . . . . . . . . . . Kernseife . . . . . . . . . Aqua rosae . . . . . . . . Heliotrop . . . . . . . . . Aqua amygdalar, amar. . . Terpentin . . . . . . . . . Kampferspiritus . . . . . . O1. l~vendul . . . . . . . . Amylium aceticum . . . . . O1. rusei . . . . . . . . . Anis . . . . . . . . . . . Schwefelwasserstoff . . . . .

B. Tastkomponente. Menthol (kiihl) . . . . . . Ammoniak (steehend) . . .

Geschmackskomponente. Chloroform (sii[~) . . . . . . Pyridin (bitter) . . . . . .

( §

(-4-) ? -4- ? 4- ? -4- §

§ -4-

§

_- ? -4-? § -4- -4- -4- § -4- §

+ § §

-4--4- -?-4-

-4--4- -4--4-

Gesclm~ackspriifung ,

1. Rohrzuekerlfisung ( 4 ~ ) 2. Rohrzuckerlfisung (10 o/(,) 3. RohrzuekerlOsung (40 0/0 ) 4. SalzlSsung (2,50/o) 5. Salzl6suag (15 0/0 ) 6. ZitronensSurelSsung( 1 ~ ) 7. Zitronens~ure16snng (7,5~ 8. Zitronens~urel6sung (15 ~ 9. Chininl6sung (0,075~

10. Chininlfisung ( 1 ~ )

Rechts

Zungen - Zungen - spitze kSrper

4- -4- -4- -4- 4- -4- 4- ? 4- ? 4- -4- 4- -4- 4- -4- 4- -4- 4- +

Links

Zungen- Zungen- spitze kSrper

§ -4- -4- -4- 4- -4- 4- ? 4- ? 4- -4- 4- ,4, 4- -4- 4- -4- 4- -4-

32 Hermann Laemmle:

I m Gegensa tz dazu w u r d e n be im 3. Fa l l dieser Gruppe Menthol , A m m o n i a k , Chloroform u n d P y r i d i n n u r insowei t w a h r g e n o m m e n als sie zu f a s t en bzw. zu s chmecken sind.

Tabdle 4. Bauer, Marie, 42 J. Ozaena.

II.

I IL

IV.

V.

VI.

Geruchspri i fung l~echts Links

A. Riechsto//e. 1. Waehs . . . . . . . . . . 2. Kernseife . . . . . . . . . 3. Aqua rosae . . . . . . . . 4. Heliotrop . . . . . . . . . 5. Aqua amygdalar, amar. . . 6. Terpentin . . . . . . . . . 7. Kampferspiritus . . . . . . 8. O1. lavendul . . . . . . . . 9. Amylium aceticum . . . . .

10. 01. rusci . . . . . . . . . 11. Anis . . . . . . . . . . . 12. Sehwefelwasserstoff . . . . .

B. Tastkompone~te. 1. Menthol (kfihl) . . . . . . 2. Ammoniak (stechend) . .

C. Geschmavkskomponente. 1. Chloroform (sfiB) . . . . . . 2. Pyridin (bitter) . . . . . .

+ ?

___

,,sticht"

-t- ?

- ~ ?

, ,kfihl" ,,sticht"

,,siiB" ,,bitter"

,,stieht" - ~ ?

,,kfihl" ,,sticht"

,,siil3" ,,bitter"

Geschmackspr i i fung

1. RohrzuekerlSsung ( 4 ~ ) 2. Roh'zuekerl6sung (10 ~ 3. RohrzuckerlSsung (40 /o) 4. Salzl6sung (2,5o/o) 5. Salzl6sung (15 ~ ) 6. Zitronens~urel6sung( 1 ~ ) 7. Zitronensaure16sung (7,5~ 8. ZitronensaurelSsung (15 ~ ) 9. ChininlSsung (0,075~

10. ChininlSsung ( 1 ~ )

Rechts

ZRngon- Zungen- sp i tze k6rper

4- + + + + + + + + + + + + + + + + +

Links

Zungen- Zungen- spi tze kSrper

+ + + § + + + + + + + +

+ -+ + +

Zwei wei tere Fi~lle y o n Ozaena b o t e n das typ i sche Bi ld e iner Pa rosmie (Tabelle 5).

E i n e r be sonde ren Be s p rech u n g bedar f der 13. Fa l l von Ozaena. Hie r h a n d e l t es sich u m e inen 48 jah r igen M a n n m i t lue t i scher Ozaena der Nase, wobei die Af fek t ion wel t i n d en R a c h e n r a u m hine inre ich te . Der P a t i e n t bo t das B i ld der k o m p l e t t e n Anosmie m i t Ausfal l s~mt l icher 3 K o m p o n e n t e n (l~iech-, Tas t - u n d G e s c h m a c k s k o m p o n e n t e ) . Die

Uber Geruchsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 33

Tabelle 5. Asmus, gos~, 20 J. Ozaena.

Gcruchspr i i fung- t-teehts i L inks

I . II.

III .

IV.

V~

VI.

A. Rievhsto//e. 1. Waehs . . . . . . . . . . 2. Kernseife . . . . . . . . . 3. Aqu~ rosae . . . . . . . . 4. Heliotrop . . . . . . . . . 5. Aqua amygdal~r, amar. . . 6. Torpentin . . . . . . . . . 7. Kampferspiritus . . . . . . 8. O1. lavendul . . . . . . . . 9. Amylium aceiicum . . . . .

10. 01. rusci . . . . . . . . . l l . Anis . . . . . . . . . . . 12. Schwefelwasserstoff . . . . .

B. Tastl~ompo~ente. 1. Menthol (kiihl) . . . . . . 2. Ammoni~k (stechend) . . .

C. Geschmackskvmponente. 1. Chloroform (stil]) . . . . . . 2. Pyridin (bitter) . . . . . .

+ i --- ,,schlecht" , ,,schlecht" t" k T M , , s m ~ ,,stinkt"

,,schlecht" i ,,sehlecht" ,,stinkt" ,,stinkt"

,,schlecht" ,,wie Essig" ,,wie Essig" ,,wie Blur" ,,wie Blur" ,,wie Anis" ( + ) ?

,,s~uer" (+ ) ? ,,gut" ,,gut."

,,scharf" ,,sticht"

,,wie Anis" ,,stinkt"

,,seharf" ,,sticht"

,,wie Anis" ,,stinkt"

G eschmackST~riifnng

1. RohrzuckerlSsung ( 4 0/0 ) 2. Rohrzuckerl6sung (10 0/0 ) 3. Rohrzuckerl6mmg (40 0/0) 4. S~lziSsurLg (2,50/0) 5. Salzl6sung (15 0/0) 6. Zitronensimrel6suag( 1 ~ ) 7. Zitronens~urelSsung (7,50/0) 8. Zitronens~urel6sung (15~ 9. Chininl6sung (0,075~

10. Chininl6sung ( 1 ~

I~ochts

ZungOIl = Zungoil- spi tze k0 rpe r

d- + + + + +

sauer bitter + + + + + +

b + + +

Links

Zungen - Zungen- spi tze kSrt)er

+ + + + + +

Sai ler Sa i le r + + + + + + + + + 4- + +

Gesehmackspr t i fung auf tier Zunge ergab e in normMes g e s u l t ~ t . Aus diesem Fa l l l s sieh sehlieBen, 4aB AusfM1 Mler 3 K o m p o n e n t e n bei per ipherer E r k r a n k u n g eine S tSrang vor~usse tz t , die fiber die N~sen- s ch le imhau t h i n a u s den g e s a m t e n N a s e n r a c h e n r a u m s ta rk in Mi t le iden- sehaf t zieht.

Zusammen/assunj der Geruchsst6rungen bei peripheren Erkrankungen.

Als wesent l iehes Ergebn i s dieser U n t e r s u c h u n g e n s te l l t sich heraus , 4M~ q u u n t i t a t i v e S t S r u n g e n des Geruchss innes (Hyp- bzw. Anosmie) bei der Pr f i fung m i t der Geruchs le i te r y o n B6rnstein sich d a d u r c h ch~rak- ter is ieren, dab die weniger e ind r ing l i chen Stoffe zuers t aus fa l l en u n d bei st/~rkeren S t 6 r u n g e n wei tere Stoffe der a u f s t e i g e n d e n Lei te r in Mi t le iden-

Arch iv f , Ohren- , Nasen- u . K e h l k o p f h e i l k u n d e . Bd . 120. "~

34 Hermann Laemmle:

schaft gezogen werden. Weiterhin zeigt sich aus dieser Gruppe yon Unter- suchungen, dag selbst bei kompletter Anosmie oder hoehgradiger Hyposmie s/~mtliche Riechstoffe mehr oder weniger ausfallen, abet die Tastkompo- nente un4 Geschmaekskomponente qualitativ erhMten bleiben k6nnen. Es zeigt sich also immer wieder, dab die Tastkomponenten am 1/~ngsten erhalten bleiben, dab sie anscheinend die widerstandsf~higs~en gegeniiber lokalen Sch~digungea sind. Bei Siebbeinerkrankuagen und postoperativen Ver/~nderungen dieser Nasenregion kann die Differenzierung zwischen olfaktorischer and Tastkomponen~e aber auch rein topographisch bedingg sein, weft durch die Lamina cribrosa nut die Fila olfac~oria verlaufen, w/thrend die in der Nasenschleimhaut verlaufenden TrigeIniausfasern einen ganz anderen Weg nehmen. Wenn die Geschalackskomponente (gustatorisches Riechen) bei peripheren Erkrankungen ebenfalls mit- gesch/idigt ist, so spricht alas fiir eitle weit ausgedehnte Erkrankung der Nase und des Nasenrachem'auales.

Schon aus diesen Untersuehungen kann ein sehr wichtiger klilfischer Schluf3 insofern gezogen werden, als bei gutachtlichea Untersuchungen das Resultat einer Priifung mit" der Gerachsleiter fiir die Beurteiluag der Richtigkeit der Angabert des Patie~lten vort Bedeutung ist. Wir denken an die Fglle, wo bei Begutachtungen die Patientei1 nach leichten Nasenver/tnderuagen angeben, einen kompletten Verlust ihres Geruchs- verm6gens erlitten zu haben. Nach den oben gemaehtetl Ausfiihrungen k6nnen die Angaben nut dana zutreffen, wena ein Ausfall aur der reine~t Riechstoffe angegeben wird. Wire[ ein Ausfall s/~mtlicher 3 Komponentea angegeben, so setzt diese Angabe eine weitgehende Zerst6rung der Nasen- schleimhaut bis in den Nasenrachenraum voraus.

II. Zentrale Erkrankungen mit nerviisen Geruchsstiirungen. a) Traumen.

Unter unseren 26 Fgllen von Schgd.elbasis- Schgdeldachfrakturen, Commotio cerebri, Hirndurchschiissen, fanden sich 17 F/~lle, in denen Ver/~nderungen der Geruchsempfindlichkeit nachzuweisen waren. Es wurdea sowohl einseitige wie doppelseitige Anosmien nachgewiesen, mit ErhMtenbleiben der Tast- und. Geschmackskomponente. Es waren auch vereinzelte F/~lle dabei, die auf3erdem noch Herabsetzu~.g bzw. Aufhebutlg des Geschmacksinnes auf der Zunge zeigtea. Einige andere F/~lle zeigten nur eiae St6ruag des Geschmackssinnes auf der Zung'e. Bei allen 17 Fi~llen konnte wieder festgestellt werden, d.a[] die weniger eindringlichen Riechstoffe fiir die Empfindung zuerst verlorea gingen, und. dal3 erst bei st/~rkeren St6rungert auch die eindringlicherert Riech- stoffe nicht mettr empfmldert wurden. Auch hier zeigte sich wieder, dal~ die Tast- und Geschmackskompoaente am widerstandsf/~higsten gegenfiber der Sch/~digung ist.

~ber GeruebsstSrungen and ihre klinische Bedeutung. 35

Die Lokalisation des Traumas am Sch/~del war in den einzelnen FMIeI1 verschieden. I n Anbe t rach t der Tatsache, dub das vorliegende Material noch zu gering ist, u m einwandfreie Schliisse attf die Zusammenh/s zwischen Trauma u n d RiechstSrllngen zn ziehen, miissei1 wir tins vorerst eines endgiil t igen Urteils enthal ten. Nnr eines sckeint ans clem Material bisher hervorzugehen, daft dig Trau lnen im Bereieh cter vordereu Sch/~clel- grnbe vie1 eher zu RiechstSrmlgen ffihren als die i ibrigen T r a u m e n des Sch/s Allerdings darf man bei diesen Zusammenh/~ngelL IfiCht ver- gessen, 4aft die Folgezttst/~nde nach einer Commotio cerebri auch neuro- logisch oft n icht ohue weiteres zn lokalisieren s ind; m a n k a n n sich vor- stellen, daft bei einem Fall auf c[ei1 Hinterkopf dutch Contreeoup-Wirktmg eine sehr starke Bhl tnng in die vordere Sch~delgrnbe s ta t t f indet , a~lf diese Weise den Olfaktorius seh~digt trod somit eine RieehstSrtmg bectingt. Die Lokalisat ion des Traumas ist insofern yon Bedeutung, als maI~ das kortikale Rieehzent rnm in den Sehli~fenlappen (Unctm mid Ammons- horn) verlegt und m a n eventuell aus rein zentrMen RieehstSrungen, c[ie oft n n r in einer StSrnng des Erkenneils cter Rieehstoffe bestehen, Sehliisse auf Krankheitsprozesse dieser Region ziehen kanm I n anseren F/~llen ist allerdings dig Schi~4igung so diffas und wenig lokalisiert, dab wir nieht Sehlfisse ia dieser Richtung ziehen wollen.

Folgen4er interessa~lte Fall (Tabelle 6) sei noeh erws : Hier betriff t die RieehstSrnng die l inke Seite, w~Lhrer~d die GesehmaeksstSrung auf

Tabelle 6. Fuchs, Herta, 19 J. Schi~delbasisfraktur reehts mit Hi~matotympanum, InnenohrschwerhSrigkeit.

I . ] . If. 2.

Ill. { 4.3"

[ IV. 6. 7.

Ix v. 10: 11.

VI. 12.

Geruchspri i fung Rochts Links

A. Riechsto]/e. Wachs . . . . . . . . . . Kernseife . . . . . . . . . Aqua rosae . . . . . . . . Heliotrop . . . . . . . . . Aqua a mygdala.r, am~r. . . Terpentin . . . . . . . . . Kampferspiritas . . . . . . O1. lavendul . . . . . . . . Amylium aceticum . . . . . 01. rasei . . . . . . . . . Anis . . . . . . . . . . : Schwefelwasserstoff fehlte

m

(+) ?

B. Ta~tkomponente. 1. Menthol (kiihl) . . . . . . 2. Ammoniak (stechend) . . .

C. Geschmavkskompo~ente. 1. Chloroform (siil3) . . . . . . 2. Pyridin (bitter) . . . . . .

+ + + + ? + + +

+ +

+ +

u

m

m

,,st, ieht"

,,kOhl" ,,stioht"

,,siiBlich" ,,bitter"

3*

36 Herm~nn Laemmle:

G e s e h m a e k s p r i i f u n g

]. RohrzuckerlOsung ( 4 ~ ) 2. RohrzuckerlOsung (10 ~ ) 3. RohrzuckerlOsung (40 ~ ) 4. Salzl6sung (2,5~ 5. Salzl6sung (15 ~ ) 6. Zitronensihlrel6sung ( 1 ~ ) 7. Zitronensi~urelfsung ( 7,5 ~ ) 8. Zitronens/~urel6sung (15 ~ ) 9. Chininl6sung (0,075~

10. Chininlfsung ( 1 ~ )

l ~ e c h t s

Zungen - Z u n g e n - s p i t z e k S r p e r

L i n k s

Zungen~ Zungen - s p i t z e k6rper

+ .I- -I- + -I +

I . . . . !-

I ~.I-

�9 § +

der rechten Zungenseite naehzuweisen ist. Da im vorliegenden Fall die Fraktur im Bereieh des reehten Schlgfenbeines liegt, ist die herdgekreuzte Rieehst6rung m6glieherweise mit der Kreuztmg der Rieehbahnen zu erkl/~ren. I m gleichen Sinne sprieht aueh die geringgradige Hyposmie auf der herdgleiehen Seite.

Zusammenfassend kann man aus diesen Untersuehungen also sagen, dab bei allgemeinen Seh/~deltraumen, Durehsehiissen, Tangentialtraumen, Geruehsst6rungen nur dann vorkommen, wenn der Rieehapparat in irgendeinem Gebiet seiner Bahn getroffen wird.

Derartige F/file miissen arts abet immer wieder an die Tatsache denken lassen, da[~ ,, Gesunde" nieht selten Rieehst6rungen leiehterer oder schwerer Art bei tier objektiven Prfifung erkennen lassen, obwohl sie subjektiv bis dahin unbekannt geblieben sind, eine Erfahrung, die man aueh bei anderen Arten von Erkrankungen maeht.

b) GeruehsstSrungen bei Apoplexie. Von 7 F/illen dieser Grappe zeigten 5 normMen Befund, obwohl es

sich z .T . um Patienten jenseits des 70. Lebensjahres handelte. Wir wollen hier nur erw/~hnen, dab in h6herem Alter s/~mtliehe Sinneshmktionen, also auch der Geruehssinn, oft abstumpfen, so dal~ hier beim Ausfall der Geruchsempfindung besondere Vorsicht bei der klinisehen Bewertung geboten ist. 2 F/~lle yon Apoplexie zeigten Geruchsst6rungen, einer eirte Hyposmie und einer eine Anosmie, beide F/~lle zeigten gleichzeitig hoch- gradige Ver/~uderungen tier Nase, die vollkommen zur Erklgrung des pathologischen Befundes gentig~en. Wir h~ben im ersten Kapitel schon darauf hingewiesen, dab Polyposis der NebenhOhlen und der NasenhaupthShle sowie Septumdeviationen usw. Geruchsst6rungen hervorrufen kSnnen. In den beiden oben erwghnten Fgllen war die Tast- und Geschmackskomponente erhalten. Es ergibt sich aus ihnen aber auch andererseits wieder die Tatsaehe, dag ffir die Beurteilung von Geruchs- und Gesehmacksuntersuchungen die grfindliehe Inspektion der Nase eine unerl/~Bliehe Voraussetzung ist.

Ober Geruehsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 37

Zusammenfassend kSnnen wir also aus diesen Fgl len bis jetzt nur den negat iven SehluB ziehen, d~ft bei Apoplexie der Geruchssimx anseheinend nicht mitgetroffen ist. Dieser Befund war auch ztt erwarten, da naeh den anatomischen Kenn tn i s sen die Geruchsbahn vol lkommen auBerhalb der Sphi~I'e (Kapsel) liegt, in der apoplektische Blu tungen gew6hnlich auftreten.

c) Geruehsstiirungen bei Hirntumoren. Fiir diese Gruppe s tanden uns leider nu r 6 F~tlle einschlieitlich eines

Hypophysen tumors zm" Verfiigung, die alle 6 einen normalen Geruchs- und Geschmacksbehmd erguben. Der Zusammenhang zwisehen Tumor und g i eeh funk t ion is~ tier gleiehe wie zwisehen Commotio und gieeh- funk t ion : n u t solche Sch/idigungen des Gehirns durch Tu.mor kSnnen eine Geruchsst6rung zur Folge h~ben, die irgendwie den nervSsen Rieehappara t in Mitleidensehaft ziehen.

d) GeruehsstSrungen bei Meningitis und GehirnabszelL

I n dieser Gruppe konn t en 7 F~lle unterst tcht werden. 5 FMle waren eitrige Meningit iden bei gleichzeitigem StirnhirnabszeB. 3 yon diesei1 5 F~l len bo ten vol lkommen normale Resul ta te bei der Geruchspriifung. Nu t der 4. und 5. Fal l zeigten einen komple t ten Ausfall der Riechf/~higkeit fiir Riechstoffe, wi~hrend die Tast- and Geschmackskomponenten zum Teil noch erhal ten waren (Tubelle 7).

Tabelle 7. Samss, A., 51 J. SchuBverletzung beider Stirnh6hlen, Stirnhirnabsze3, doppelseitige Riedelsehe Operation mit Verlust der Siebbeinplatte. "

I. II.

III. {

IV. {

v. / VI.

Geruchspr(ifung IZechts Links

A. Riechstoffe. 1. Wachs . . . . . . . . . . 2. Kernseife . . . . . . . . . 3. Aqua rosae . . . . . . . . 4. Heliotrop 5. Aqua amygdalar, amar. . . 6. Terpentin . . . . . . . . . 7. Kampferspiritus . . . . . . 8. O1. lavend~l . . . . . . . . 9. Amylillm aeeticum . . . . .

10. O1. rusci . . . . . . . . . 11. Anis . . . . . . . . . . . 12. Schwefelwasserstoff . . . . .

B. Tastkomponente. 1. Menthol (kiihl) . . . . . . 2. Ammoniak (stechend) . . .

C. Ge.sehmackskomponente. 1. Chloroform (stilt) . . . . . . 2. Pyridin (bitter) . . . . . .

,,bitter"

,,salzig" ,,siiglich"

_ w

,,bitter"

,,s~lzig" ,,siiglioh"

3 8 H e r m a n n L a e m m l e :

Geschmacksprt~fung

1. RohrzuckerlSsung ( 4 ~ ) 2. Rohrzuckerl5sung (10 ~ ) 3. RohrzuckerlSsung (40 ~ ) 4. SalzlOsung (2,5~ 5. Salzl~sung (15 ~ ) 6. Zitronens~4urel0sung( 1 ~ ) 7. Zitronens~urel5snng (7,5~ 8.. Zitronens~urelSsung ( 15 ~ ) 9. Chininl0sung (0,075O/o)

10. ChininlSsung (1~

l~echts

Znngon- Z~nge~- spitze kSrper

Links

Zungen- Z~mgen- spitze kSrper

§ § +

§ § § § §

§ §

, ,ktihl"

+ § § + § § § §

,,kfihl"

§ § § § §

I

+ § + § § + § §

,,kfihl"

Gerade aus diesen oben angeffihrten F~llen geht mit Deutlichkeit hervor, da$ selbst bei restloser Ausschaltung der Lamina cribrosa auf beiden Seiten und ZerstSrung tier Film olfaetoria die Tast- und Geschmaeks- komponente noch erhalten sein muB, was, wie wir weiter oben sehon auseinandergesetzt gaben, sich ohne weiteres erkl~ren l~Bt. Diese F~lle sind wieder Paradigmata ftir die Notwendigkeit der Differenziermlg in olfactorische, taktile und Geschmackskomponenten bei der Vornahme jeder Geruehsprfifung.

Alle 5 bisher beschriebenen F~tlle dieser Gruppe haben eine einwand- freie Meningitis tier Hirnbasis durchgemacht, und zeigen mit Ausnahme tier eben geschilderten 2 F~lle eine normale Geruchsempfindu~g. Die Prfifung hat in einem Stadium stattgefunden, in dem die Patienten als kliniseh gesund zu betrachten waren. Daraus ergibt sich also die Tat- sache, da$ eine fiberstandene basale Meningitis keinen Einflu$ auf die Geruchsempfindung zu haben braucht.

Zu dieser Gruppe gehSren noch 2 weitere Fglle yon Meningitis luetica tier Hirnbasis, beide Falle boten vollkommen normalen Befund in bezug auf die Geruehsprfifung, so da$ alles eben Gesagte aueh hier zutrifft.

Der eine Fall yon luetischer Meningitis bot eine Besonderheit insofern, als linksseitig eine vollkommene Aufhebung tier Geschmacksempfindung auf der Zunge nachweisbar war. Dieser Befund stand mit anderen neuro- logischen Ver/~nderungen der Hirnbasis in Einklang, z .B. einer links- seitigen Hypoglossusl~thmung, Abduzens-, Rekurrensl~hmung und Akustikusaussehaltung.

Anhang.

Als besonderen Fall wollen wir zum Sehlul~ noch einen Patienten mit pernizi6ser An/~mie erw/~hnen, bei dem die Huntersche Glossitis schon sehr ausgepr/~gt war and der ~uBerdem such fiber Geruchs- und Geschmacks- stSrungen seit karzer Zeit kl~gt. Die Untersuchurtg ergab bei normalem Nasenbefund eine detltliche Hyposmie beiderseits und norm~le Gesehmacks-

?dber Geruchsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 39

empfii).dung auf der Zunge. Der Befund verdieut besonderes Interesse, weil er analog zu den Untersuchungen yon Bielschowski und Simon eble sensorisehe StSrung (bier des Geruehsinnes), die offeilbar Teil- erscheinung der perniziSsen An~mie ist, bietet. Allerdings wird erst die Untersuchung weiterer F~lle eine Kl~rung soleher Zasammenh~nge zwischen pernizi6ser An~mie und Rieehfanktion bringen kSnnen.

Ergebnisse. Ausgehe~d yon der klinischen Erfahrungstatsaehe, da[~ die Methoden

der Geruchsprfifung f fir rein klinische Zwecke und Fragen der Begat- achtung zu kompliziert sind, wurde die yon BSrnstein angegebene Methode der Geruchsprfifung an ungef/~hr 100 F~llen imchgeprfift; B6rnstein hat sich in~ Gegensatz zt~ den fibrigen Autoren nicht auf alas System der Geriiche oder gro~e physikMische Apparaturen eingelassen, sonderll yon physikMischen und psychologischen Methoden ausgehend eine Leiter d.er Gerfiche, eine sog. Geruchsleiter, geschaffen. Seine Geruchsleiter ist so zusammengesetzt, dal~ die untersten Stufen der Riechstoffe durch wenig eindringliche Substanzen dargestellt werden und die der h&heren Stufen. der aufsteigenden Leiter entsprechend immer mehr an Eindringlich- keit des Geruches ZUllehmen. Auf diese Weise entstand die weiter obell wied.erholt angegebene Geruchsleiter; au6erdem hat BSrnstein bei der Zusammenstellung der Riechstoffe fiir eine braachbare klinische Geruchs- prfifung berfieksichtigt, dM3 im ~Bereich der Nasenschleimhaut und des l~aehens Endorgane ffir Tast- (K~lte-, W~rme-, Sehmerz-) und Geschmaeks- empfindungen (gustatorisehes Rieehen) vorhanden sind, d.ie beim Erkennen yon Gerfichen eine wesentliche Rolle spielen. El" hut deshMb bei seiner Geruchsleiter auch Riechstof'fe verwandt, die neben einer olfaktorischen Kompor~ente eine Tast-, bzw. Geschmackskomponente enthMten.

Entsprechend den Erfahrangen, die man bei Untersuchungen an anderen Sinnesorganen gesammelt hat, sollte hier mit dieserMethodik zum erstenmM an gr6i~orem Material versucht werden festzustellen, ob aus dem AttsfM1 der Geruchsprfiftmg ein Schlu[~ auf den Sitz der St6rung gezogen werden kann. Dabei mu6te natfirlieh ttmgekehrt vorgegangen werden, ~nsofern, Ms Fiflle ffir die Untersuehung herangezogen wurden, bei denen der Herd mit gr56ter Wahrseheinliehkeit lokMisiert werden kolmte.

Die zweite Frage, die diese Untersuchungen kli~ren sollten und die fiir den ghinologen yon besonderem In~eresse is~, war : wieweit kann man aus dem AusfMl der Geruehsprfifung anterscheiden zwischen organischen und funktionellen StSrungen ?; ferner wieweit kann tier AttsfM1 der Prfifung einen Schlu[~ auf das Vorhand.enseilx yon Aggravation oder Simulation erlauben ?

Auf Grund unseres Materials l~{tt sich mit dieser Methodik bisher eine einwandfreie Entseheidung fiber die Frage, ob eine GeruchsstSrung peri- pher oder zentrM bedingt ist, ~ticht f/fllen. KeinesfMls darf man sich

40 Hermann Laemmle :

dureh einen negativen Nasenbefund allein dazu verleiten lassen, die StSrung zentral zu lokalisieren.

Fiir die Beantwortung der zweiten Frage, ob eine organisehe oder funktionelle St6rung im Bereich des Geruehsinnes vorliegt, hat die Arbeig sehr aufsehluBreiehes Material ergeben. Es konnte bei s/~mtliehen peri- pheren Seh/~digungen wie Nasennebenh6hleneiterungen, Nasentumoren, postoperativen Ver/inderungen der Nasensehleimhaut, Ozaena usw, immer wieder mit Regelm/~gigkeit festgestellt werden, dab je naeh dem Grad der Hyposmie oder gar bei der Anosmie die reinen Rieehstoffe mehr oder weniger ausgefallen waren und dab die Tast- und Gesehmaeks- komponente stets naehweisbar erhalten war. Nut in einem einzigen Falle waren aueh diese beiden Komponenten nieht mehr naehweisbar: hier hatte der Erkrankungsproze6 nieht nur die Sehleimhaut der Nase, sondern aueh die des Raehenraums in Mitleidensehaft gezogen. Diese bevorzugte Stellung der Tast- und Gesehmaekskomponente lgBt sieh rein anatomiseh dadureh erkl/~ren, da6 das Ausbreitungsgebiet beider Sinnesregionen sehr viel ausgedehnter ist als die Rieehsehleimhaut, die nur einen sehr eng begrenzten Tell der Nasensehleimhaut einnimmt. Abgesehen davon ist aueh funktionell die Widerstandsf/ihigkeit der Tastkomponente, wie sich aueh bei Untersuehungen auf anderen Gebieten zeigt (v. Weizsiic~:er u. a.) stets am gr6Bten. DaB bei Erkrankungen innerhalb des nerv6sen Rieehapparates die Tast- und Geschmackskomponenten erhalten sein miissen, geht auch ohne weiteres aus der Tatsache hervor, dab die Tast- empfindung fiber den Trigeminus und die Geschmacksempfindung fiber den Glossopharyngeus und sensiblen Fazialis zentral geleitet wird. Ein isolierter Ausfall der Tast- und Geschmackskomponenten h/ttte also eine St6rung im Bereieh des Trigeminus bzw. Glossopharyngeus und sensiblen Fazialis zur Voraussetzung.

Nit dieser Feststellung ist auch die Beantwortung der 3. Frage gegeben. Wenn ein Patient angibt, bei der Ausfiihrung der oben angebenen Bdrn- steinschen Methodik alle drei Komponenten nicht wahrzunehmen, so kann es sich nur um eine psychogene StSrung oder eine bewugte T/~uschung handeln, denn bei einem Ausfall aller drei Komponenten miiBte ein der- artiger Patient eine Sch/idigung im Bereieh des Olfaktorius, Trigeminus und Glossopharyngeus haben, also in einer Ausdehnung, die naeh der klinischen Erfahrung mit dem Leben nicht vereinbar ist.

Es ist klinisch kaum vorstellbar, dab bei einer Erkrankung oder /~ugeren Sch/tdlichkeiten tatsiichlich drei isolierte Herde (Olfaktorius, Trigeminus und Glossopharyngeus) ohne gleiehzeitige sehwere sonstige St6rungen auftreten. Solche isolierr Erkrankungen k6nnte man sich h6chstens bei der Enzephalitis oder multiplen Sklerose theoretisch vor- stellen, aber auch dann wfirde man zweifellos zum mindesten Gesehmacks- st6rungen auf der Zunge und Sensibilit/~tsst6rungen an anderen Ver- breitungsgebieten (Gesieht, Kornea) erhalten. Bei der Prfifung auf

Ober Geruchsst6rungen und ihre klinische Bedeutung. 41

Simulation ist besonders auf die Reaktion (Mimik usw.) zu aehten, die bei Darbietung sehr unangenehmer Riechstoffe (Schwefelwasserstoff) oder stechender Stoffe (Ammoniak) auftreten.

Als weiteres Resultat dieser Untersuchungen ist festzustellen, daft in einem Fall z .B. eine Nebenh6hleneiterung zur Geruchsst6rung fiihrt, in einem anderen Fall dagegen keinerlei EinfhlB auf die Geruchsempfindung durch eine derartige Erkrankung hervorgerufen wird. Man kaml also bei keiner peripheren Erkrankung, gleich welcher Art sie auch sei, yon vornherein das Vorliegen einer Geruchsst6rung erwarten, wie attch ger~de bei der Untersuchung der Ozaena in deutlicher Weise zum Aus- druek kam.

Weiterhin hat sich gezeigt, dab selbst ausgedehnte Meningitiden keine l%ieehst6rungen zu hinterlassen brauehen. Der Einfluft yon raum- beengenden Prozessen im Sch/~del (Tumoren, Abszesse) auf die Geruchs- empfindung scheint einzig und allein yon dem Sitz im Bereich der vorderen bzw. mittleren Sch/~delgrube abh~ngig zu sein.

Alle Geruchspriifungen setzen selbstverst/indlicherweise eine einwand- freie rhinoskopische Untersuchung voraus. Bei ~llen Prtifungen ist ~n die individuelle Sehwankung der Geruchsempfindung zu denken, eine Sehwankung, die auf diesem Sinnesgebiet offenbar wesentlieh grSBer ist als auf anderen Sinnesgebieten.

Zusammen/assung. 1. Die seither angegebenen Methoden der Geruchspr~ifung haben sich

wegen ihrer komplizierten Anwendungsweise fiir die Klinik nicht bewi~hrt.

2. Eine einfache und klinisch brauchbare Methode scheint uns in der VOlt Bgrnstein ffir andere Zwecke angegebenen Geruchsleiter fiir die klinische Untersuchung gegeben zu sein. Diese Geruchsleiter beriick- sichtigt im iibrigen nicht nur die Geruchsempfindung, sondern auch die Tast- und Geschmackskomponente bei der Wahrnehmung yon kom- plexen Geruchseindriicken.

3. Es gibt bisher keine einwandfreie Methodik zur Unterscheidung yon peripheren oder zentralen GeruchsstSrungelL

4. Bei organischen RiechstSrungen finder man eine StSrung nut der Geruchskomponente, wahrend die Tast- und Geschmackskomponente erhalten bleibt.

5. Der Ausfall auch der taktilen und Geschmackskomponenten spricht bei normalem Schleimhautbefund im Nasenrachenraum fiir das Vorliegen einer rein funktionellen Sch~digung oder Simulation.

6. Mit der Geruchsleiter l~t~t sicla bis zu gewissem Grade eine quanti- tat ive Abstufung der St6rung (Hyposmie) erfassen.

7. Zwischen den subjektiven Geruehsst6rungen und deln objektiven Befund k6nnen Diskrepanzen bestehen; objektive Geruehsst6rungen

42 Hermann Laemmle: t)ber GeruehsstSrungen und ihre k]inisehe Bedeutung.

kommen zuweilen nicht zum Bewal3tsein - - subjektive Rieehbeschwerden brauchell nicht objekt iv n~chweisbar zu sein.

8. Individ.ue]le Schw~nkungen der Geruchsempfindlmg, Abs tumpfen der Geruchsempfindung im Alter, ubnorme Ermiidbgrkei t und gngebore- nes Fehlen des Geruchssinnes miissen bei der Untersuchung beriick- sichtigt werden.

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