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Darapsky: Uber Hydrszinosauren. 251 Mitteilnng am den chemischen Institaten der UniversitAt Heidelberg nnd dsr stiidtischen Handels- Hochschnle Cbln. Uber Hydrazinos%uren ; von August Darapsky. Erste Abhandlung. Phenylderivate von HydrazinosiLuren sind schon sehr lange bekannt So haben Emil Fischer und Jourdanl) bereits 1883 durch Reduktion von Phenylhydrazinbrenztraubens3hre mit Natriumamalgam Phenylhydrazinpropionsaure dargestellt: Von Eydrazinosiiuren selbst wurde zuerst a -Hydrazino- isobuttersaure 1894 von Thiele und Stangea) erhalten und spiiter von Thiele und Heusers) nilher untersucht; sie gingen dabei von dem Semicarbazon des Acetons aus, dieses gab durch Anlagerung von Blaus%ure zunkhst Carbonsmidhydrazoiso- butyronitril, das durch Verseifung und Abspaltung des Harn- stofiestes schlief3lich Hydrazinoisobuttersaure lieferte: f i. HCN - NH, . CO .NH.NFI. C(CH,), CarbonamidhydraaoniMI NH, . CO . NH . N : C(C&), Semicarbazon CN 2NH, + CO, + NH,.NH. C(CH& + 3&0 G0,H Hydrsainoetiure In analoger Weise haben dann Thiele und Bailey4) daa Semi- carbazon des Acetaldehyds in a-Hydmzinopropionsiiure aber- gefiirt. I) Bar. 16, 2244 (1883). *) Ann. Chem. 37 (1894). a) Ann. Chem. $90, 1 (1898). 3 Ann. Chem. 303, 75 (1898). Journal f. prakt. Chde “4 Bd. 96. 17

Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

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Page 1: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: Uber Hydrszinosauren. 251

Mitteilnng am den chemischen Institaten der UniversitAt Heidelberg nnd dsr stiidtischen Handels-

Hochschnle Cbln. Uber Hydrazinos%uren ;

von

August Darapsky. E r s t e A b h a n d l u n g .

Phenylderivate von HydrazinosiLuren sind schon sehr lange bekannt So haben Emil F ischer und Jourdanl) bereits 1883 durch Reduktion von Phenylhydrazinbrenztraubens3hre mit Natriumamalgam Phenylhydrazinpropionsaure dargestellt:

Von Eydrazinosiiuren selbst wurde zuerst a -Hydrazino- isobuttersaure 1894 von Thiele und Stangea) erhalten und spiiter von Thiele und Heusers) nilher untersucht; sie gingen dabei von dem Semicarbazon des Acetons aus, dieses gab durch Anlagerung von Blaus%ure zunkhst Carbonsmidhydrazoiso- butyronitril, das durch Verseifung und Abspaltung des Harn- stofiestes schlief3lich Hydrazinoisobuttersaure lieferte:

f i. HCN - NH, . CO .NH.NFI. C(CH,),

CarbonamidhydraaoniMI

NH, . CO . NH . N : C(C&), Semicarbazon CN

2NH, + CO, + NH,.NH. C(CH& + 3&0

G0,H ’

Hydrsainoetiure

In analoger Weise haben dann Thiele und Bailey4) daa Semi- carbazon des Acetaldehyds in a-Hydmzinopropionsiiure aber- gefiirt.

I) Bar. 16, 2244 (1883). *) Ann. Chem. 37 (1894). a) Ann. Chem. $90, 1 (1898). 3 Ann. Chem. 303, 75 (1898).

Journal f. prakt. C h d e “4 Bd. 96. 17

Page 2: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

252 Darapsky: ober Hydrazinosauren. Gtleichzeitig mit Thiele, aber auf ganz anderem Wege

war auch Wilhelm T r a u b e zu Hydrazinosauren gelangt Wie dieser Forscher l) in einer Reihe interessanter Arbeiten ge- zeigt hat, tritt Stickoxyd mit Acetessigester und dessen Yono- alkylderivaten bei Gegenwart von Natriumathylat leicht zu Verbindungen zusammen, die eich mit Alkalien zu den stick- stoffhaltigen Isonitraminsauren verseifen lassen, z. B.:

CH,.CO.CH,.CO,C,H, +* CH, . CO. C(N,0,Nla2). CO,C,B, Acetessigester Stickoxydnatriumverbindung

+ CH, . CO,H + H o p l . CH, . CO,H .

Die Isonitraminsluren sind als N - Nitrosoderivate yon Hydroxylaminosiiuren zu betrachten und liefern bei der Reduktion in saurer Losung Aminosiiuren , bei alkalischer Reduktion dagegen rnit Natriumamalgam neben Diazosauren, welche das Hauptprodukt der Reaktion bilden, in untergeordneter Menge Hydrazinosauren, z. B.:

HO . N(N0). CH, . CO,H Isonitraminessissanre

Essigs%ure Isonitraminessigsanre

:>a. CO,H NH, .NH .CH,. C0,H

Diszoessigsaure Hy drazinoessigsaure

Auf diesem Wege habenTraube undHoffa3 das Anfangs- glied in der Reihe der Hydrazinofettsauren, die Hydrazino- essigsiiure, zuerst dargestellt und Traube und Long inescu3 in analoger Weise a-Hydrazino-propionsaure, -buttersaure, -valerianstlure und -benzylessigsaure gewonnen.

Die Hydrazinosauren sind in Wasser liislich mit schwach saurer Reaktion, in Alkohol und Ather fast unliislich. Mit Sauren bilden sie gut krystallisierende Salze, mit Basen scheinen solche nur in wiiSriger Liisung bestehen zu konnen. Als primare Derivate des Hydrazins besitzen sie kriiftiges Reduktionevermogen. Zur Isolierung kann man sie in schwach saurer Losung mit Benaaldehyd (oder Salicylaldehyd) zu Alde- hydderivaten kondensieren, die sich dann beim Erwarmen mit

l) Ber. 27, 1507 (1894); 28, 1785, 2297 (1895). ’) Ber. 29, 2729 (1896). 7 Ebenda, S. 670.

Page 3: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: Uber Hydrazinosauren. 253

verdilnnten Mineralsauren - zum Teil schon beim Behandeln mit hei6em Wasser - wieder ruckwiirts spalten lassen, z. B.:

HO . C6H4. CHO + NH, . NH . CH, . CO,H Salicylaldehyd Hydrazinoessigsiiure

+ HO . C,H,. CH: N. NH . CH, . CO,H . - EsO

+ o-Oxybenzalhydrazinoessigsku-e

Mit alkoholischer Salzsaure liefern die Hydrazinosauren kry- stallinische Esterchlorhydrate, z. B. salzsauren Hydrazinoessig- saureathylester,

HCl, NH, . NH . CH, . CO,C,H, . Nach Traubel) entstehen bei der Reduktion der Iso:

n i t r am in e s sig s a u r e uber 50 O l 0 D iaz o e s s ig s Pure, wahrend an Hydrazinoessigsaure nur bis zu 5OI0 erhalten werden.9 Wie P r a b h a k a r und ichg) gezeigt haben, laSt sich unter anderen Versuchsbedingungen - energische Reduktion mit Natriumamdgam in dauernd alkalischer Liisung unter Erwjirmen - die Ausbeute an Hydrazinoessigsaure bis auf 65 steigern. Man muBte danach die Diazoessigsaure als Zwischenprodukt bei der Reduktion betrachten. In der Tat gelang es uns3, auch fert igen Diazoessigester in alkalischer Liisung mittels Natriumamalgam in einer Ausbeute von fiber 9O0/, - weniger gut auch mit Zinkstaub und Natronlauge - zu Hydrazino- essigsiiure zu reduzieren. Zur Isolierung fanden wir dabei, wie auch in anderen Fallen, den so leicht entstehenden, in kaltem Alkohol schwer liislichen salzsauren hhylester be- sonders geeignet.

Uber das Verhalten des Diazoessigesters gegen redu- derende Mittel lagen bereits verschiedene, iiltere Beobach- tungen von Curtiuss), sowie von Curt ius und Jay6) vor. Bei energischer Reduktion in saurer Liisung mit Zinkstaub und Eisessig liefert Diazoessigester Ammoniak und Amino e s si g- siiure,

+ NH, + NH,. CH, . CO,H , i 3 H s ~ , :CH.CO,H ~

Diazoessigsiiure Aminoessigsiiure

I) Ber. 29, 669 (1896). 9) Traube u. Longinescu, Ber. 29, 672 (1896). 9 Ber. 46, 2617 (1912). 5, Ber. 17, 956 (1884); dies. Jonrn. [2] 38, 440 (1888); 39, 128 (1889).

') Ebenda, S. 1654.

Dies. Journ. [2] 39, 31 (1889); Ber. 27, 775 (1894). 17*

Page 4: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

254 Darapsky: ober Hydrazinosiiuren.

bei gelinder Einwirkung aber entstehen Hydrazinverbindungen, welche mit Siuren leicht Hydrazinsalz abspalten ; auf diesem Wege wurde von Curt iu a I) zuerst Hydrazinbichlorhydrat er- halten. Eine wesentjich bessere Ausbeute an Hydrazin ergab die Reduktion in verdiinnter, a lkal ischer Losung mittels Zinkstaub, Aluminiumfeile oder am besten mit Eisenvitriol ; dabei bildet sich zuniichst die nur in Form ihrer Salze be- stilndige Hydraziessigsiiure, ' welche mit Sauren schon in der Killte in Hydrazinsalz und Glyoxylsjiure zerfallt. J a y und Curt ius ' ) wiesen aber auoh bereits auf die hierbei weiter m6gliche Entstehung der damJs noch unbekannten Hydra- z i n o e s s ig s a u r e hin :

CH . CO,H N>CH.CO,H N NH Diazoessigsliure Hydrsziessigsgure

NH, . NH . CH, . C0,H . Hydrazinoessigslure

+fI.

Zur Erklirung dieser so iiberaus glatt verlaufenden Re- duktion der Diazoessigsaure zu Hydrazinoessigsaure erscheint die fur fette Diazoverbindungen von Angeli? und Thiele*) vorgeschlagene offene Diazoniumformel besonders geeignet: Die Hydraziessigsaure ware danach als normales H y dr az on der Glyoxylslure zu betrachten, das bei weiterer Reduktion in das zugehorige Hydrazin ubergeht:

N:N:CH.CO,H - f NH2.N:CH.C0,H Diazoessigsgure Hydrazon der Glyoxylaaure

NH, . NH . CK, . C0,H . Hydrazinoessigsilure

-F &

Aber auch nach der alten Curtiusechen Ringformel, die zu- folge neuerer Untersuchungen von Hantzsch 6, und Stau- dinger6) den Vorzug verdient, ist diese Bildung der Hydrazino- essigsiiure unschwer verstandlich. Die danach bei der Reduktion

I) Dies. Journ. [2] 39, 32 (1889). s, Ber. 27, 777 (1894). s, Rend. Acad. Linc. 16,11, 790 (1907); 20, I, 626 (1911). ') Ber. 44, 2522, 3836 (1911). 7 Hantzech u. Lifschitz, Ber. 46, 3011 (1912).

Ber. 49, 1891 (1916).

Page 5: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: Uber Hydrazinosauren. 255

der Diazoessigsaure wohl zunachst entstehende echte Hydrazi- essigshure diirfte sich namlich sofort in das Hydrazon der GlyoxylsLure umlagern, da nach den Beobachtungen von S tau-

NH dinger und Gaulel) unsubstituierte Hydrazikarper, R. C’. \NH’ wahrscheinlich keinen Bestand haben :

Z F H . CO,H NH iH)CH. CO,H --f NH,.N:CH.CO&.

Wir haben weiter auch aus dem van v. Pechmannq be- schriebenen Anlagerungsprodukt von Kaliumsulfi t a n Diazoessigester, dem Kaliumsalz eines am Stickstoff sulfo- nierten Hydrazimethylencarbonesters , durch Reduktion mit Natriumamalgam unter gleichzeitiger Abspaltung der Sulfo- gruppe Hydrazinoessigsilure erhalten. Die Hydraziverbindung diirfte sich dabei, wie oben, zunachst in das isomere Hydrazon umlagern; vielleioht tritt aber auch schon bei der Bildung dea Kaliumsalzes aus Diazoessigester und Sulfit Umlagernng zu einem am Stickstoff sulfonierten Hydrazon des GlyoxylsBure- esters ein:

KO,S. N HN . >CH. CO,R --f KO,S. NH. N : CR . CO,R

ROSS. NH . NH . CH, . CO,R

+ KHSO, + NH, . NH . CH, . CO,H + ROH . + HI

+ 2Fi.20

Die Reaktion bildet eine interessante Parallele zu der be- kannten Darstellung des Phenylhydrazins aus benzoldiazosulfon- saurem Kalium nach dem Vorgmg von Emil Fischer.s)

Besonders bemerkenswert verlauft die Einwirkung von s a1 p e t r i g e r S a u r e auf Hydra z in o e s s i g e s t e r. Tr a u b e und Hoffa4) haben bereits diese Reaktion untersucht, in der Erwartung zu einem Derivate dee Stickstoffwasserstoffs zu gelangen, erhielten aber statt dessen beim Behandeln des srtlz- sauren Esters mit Natriumnitrit in wsfiriger Losung und An- sauern mit Mineralshren Diazoessigester. Nach unseren Be- obachtungen entsteht beim Zusammenbringen von salzsaurem

*) Bee.49, 1964(1916); vgl. auch ErnstMul ler , Ber.47,3001(1914). *) Ber. 28, 1548 (1895).

Ann. Chem. 190, 71 (1877). ’) Bee. 31, 164 (1898).

Page 6: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

256 Darapsky: n e r Hydrazinosauren.

Hydrazinoessigester und Natrinmnitrit in konzentrierter was- riger Lljsung zunilchst der in Wasser leicht lbsliche Nitroso- hydrazinoesaigester,

NH,.N(NO).CH,.CO,R, der der wa6rigen Fliissigkeit durch Ausathern entzogen werdeu kann. Die Mischung enthalt aber auch noch unverbndertes Nitrit; dieses gibt beim Ansiiuern salpetrige Siiure, die mit dem Nitrosoester vielleicht zuniichst eine unbestandige Di- nitrosoverbindung liefert, welch letztere dann sofort in Stick- oxydul, Wasser und Diazoessigester zerfiillt : l)

+ E N 4 -+

Nitrosoester Dinitrosoester NH, . N(N0). CH, . CO,R NO. NH . N(N0). CH, . CO,R

* W,O + H,O + N,:CH.CO,R. Diazoester

Eine ganz analoge Entstehung von Diazoverbindungen aus Hydrazinen hat in der aromatischen Reihe schon vor lhgerer Zeit Altschula) beobachtet: So liefert Phenylhydrazin mit Natriumnitrit in saurer Lljsung neben Nitrosophenylhydrazin bzw. Diazobenzolimid stets auch geringe Mengen Phenyldiazo- niumsalz , bei genugendem h m c h u 6 an salpetriger Siure kann letztere Reaktion sogar zur Hauptreaktion werden ; da6 daneben auch Stickoxydul gebildet wird, hat Thieles) vor einigen Jahren gezeigt.

Analog Nitrosophenylhydrazin 3 zerfallt Nitrosohydrazino- essigeeter beim Erhitzen fur sich in Stickoxydul und Amino- essigeeter, beim Erwiirmen mit verdilnnter Schwefelsiiure da- gegen in Wasser und Azidoessigeeter.

Durch die Reduktion des Diaeoessigesters zu Hydrazino- essigester und die Urnwandlungen dieses in Nitroeohydrazino-, Azido- und Aminoessigester wird das so vielgestaltige Bild, das der Diazoessigester in seinen Reaktionen darbietet "), um einige weitere Ziige bereichert. So erhiilt man z. B. nach

l) Vgl. dazu Thiele, Ber. 41, 2806 (1908). Dies. Journ. [Z] MI 496 (1896).

9 Ber. 41, 2807 (1908). 3 Thiele, Ber. 41, 2809 (1908); E. Fischer, Ann. Chem. 190,

Vgl. dam Curt ius , Darapsky u. Mtiller, Ber. 41, 3170 bis 92 (1877).

3171 (1908).

Page 7: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Daraps k y: Uber Hydrazinosauren. 257

friiheren Untersuchungen von Curtius, Darapsky und Bock- miihll) Azidoessigsilure - in Form ihres Hpdrazids - auch durch Behandlung von Diazoessigester mit Hydrazin. Zur Erlauterung dieser mannigfachen Beziehungen diem nach- stehende Tabelle :

N,:(JH.CO,R I Diasoessigester i

NH, . N(N0). CH, . GO9 R ', Nitroeohydr~inoessigester

I Y

NH, . NH .N:N. CH, . CO,R Buzylenessigester

N,. CH,. CO,B Azidwaigeaer

1 - & O

I I

J

Wie 5.254 gezeigt, verlauft die Reduktion der Diazoessig- silure zu Hydrazinoessigsilure unter Zwischenbildung der so- genannten Hydraziessigsliure oder des Hydrazons der Gly- oxylsilure. Versuche , dieses Hydrazon aus Hydrazinhydrat und Gtlyoxylsiinrs darzustellen und in alkalisoher Losung zu Hydrazinoessigsilure zu rednziereo, hatten nicht den gewiinschten Erfolg. Dagegen konnten Prabhakar und ich') die Carbon- amidverbindung des Glyoxylsilurehydrazons, das Gl y o x y 1 - siiuresemicarbazon, 80 leicht in Hydrazinoessigsiiure iiberzufiihren ; als Zwisohenprodukt entsteht die spilter von

l) Ber. 41, 344 (1908). *) Ber. 45, 2620 (1912).

Page 8: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

258 Dsrapsky: ober Hydrazinosauren.

Bailey und Read1) dabei auch als solche isolierte Semi- carbazinoessigsiiure : ' H1 * N&.CO.NH.N:CH.COIA NH, . CO .NH.NH. CH, . CO,B

+ NH, + CO, + NH,.NH.CH,.CO,H . + H,O _- Auch unsubst i tuier te Hydrazone von a-Ketonsiiuren

lassen sich, wie ich neuerdings fand, mittels Natriumamalgam glatt zu den entsprechenden a- Hydrazinosauren reduzieren. So lieferte das Hydrazon der Brenztraubensi iure bzw. dessen Rvdrazinsalz.

das schon von Curt ius und Lang2) als Diammoniumsalz der ,,Methylhydrazimethylencarbonsaurefc besohrieben wurde, a- H y - drazinopropionsaure,

die, gleich der Hydrazinoessigsaure, am besten als salzsaurer khylester aus der Reduktionsfliissigkeit isoliert wird.

In analoger Weise wurde am dem Diammoniumsalz des Hydrazons d e r Phenylglyoxylsaure die erwartete Hy- d r az in op hen y le s s ig saure erhalten,

und in Form ihrer Benzalverbindung abgeschieden. ammoniumsalz des Phenylglyoxylsaurehydrazons,

Das Di-

entsteht leicht als weiler, krystallinischer Niederschlag vom Schmp. 160- 16 1 O aus Phenylglyoxylsaure und Hydrazinhydrat In alkoholischer Lasung beim Stehen in der KUte. Ein gleich zuaammengesetztes Salz, aber von niedrigerem Schmp. 118 bis 120° haben Curt ius und Langs) aus dem Ester und Hydrazin-

I) Journ. Amer. Chem. SOC. 36, 1751 (1914). %) Dies. Journ. [2] 44, 555 (1891). 7 Ebenda, 5. 567.

Page 9: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

D ara p SIC y : Uber Hydrnzinosiiuren. 2 59

hydrat nnter gleichzeitiger Verseifung erhalten und als Di- ammoniumsalz der ,,Phenylhydrazimethyleacarbonsiiure" be- schrieben. Vielleicht leiten sich die beiden Salze, im Falle wirklicher Verschiedcnheit, von zwei stereoisomeren Hydrazonen ab. Sauert man die wii6rige Lbsung des Hydrazondiammo- niumsalzes mit verdunnter Salzsliure an, so zerfaIlt das zu- nachst entstehende freie Hydrazon zum Teil sofort weiter in Hydrazinchlorid und Phenylglyoxylsaure, welch letztere mit unverilndertem Hydrazon zu dem schwer laslichen Azin,

C A can %:N.N:C' + K O ,

HO,C/ \CO,H

zusammentritt ; dieses entsteht auch unmittelbar als gelber, flockiger Niederschlag beim Zusammenbringen von Phenylgly- oxylshre nnd Hydrazinsulfat in wli0riger Lasung und wurde iihn- lich bereits von Bouveault l) dargestellt. Gleich dem Hydrazon 1&6t sich auch das Azin mittels Natriumamalgam glatt redu- zieren; die so unter Anlagerung von vier Wasserstoffatomen entstehende H y dr az op hen y le 8 sig saure,

C H C,Hn '\CH .NH . NH . CH<

CO,H HO,C/ CO*H ' wurde zur Charakterisierung mittels dkoholischer Salzsaure in den gut krystallisierenden Dilithylester,

ubergeftihrt. Die Hydrazinosiiuren leiten sich von den Fettsauren durch

Austausch eines Wasserstoffatoms gegen den einwertigen Hy- drazinrest (NH,.NH)' ab. Man kann dieselben aber auch als Subvtitutionsprodukte des Hydrazins betrachten ; nach dieser Auffassung stellt die Eydrazinoessigs&nre ein Hydrazin dar, i n welchem ein Wasserstoffatom durch den einwertigen Essig- saurerest (CH, . C0,H)' ersetzt ist, und bildet das Anfangsglied einer Anzahl hoher substituierter Verbindungen, die in der Reihe des Ammoniaks der Di- und Triglykolamidshre ent- sprechen. Durch Eintritt von zwei Essigsaureresten entstehen

*) Bull. SOC. c h i n [3] 17, 366 (1897).

Page 10: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

260 D ar a p s k y : U ber Hydrazinosauren.

so zwei isomere zweibasische Siluren, die eymmetrische und die unsymmetrische Hydrazinodiessigs%ure,

CH, . COIH HO,C. CK.NH. NH. CH,. CO,H und NH,.N/

\CH, .CO,H ’ und durch Eintritt von drei und vier Essigshreresten la6t sich weiter auch die Existenz von drei- und vierbasischen Siluren voraussehen:

C& . C0,H H0,C. CH, CH,. CO,H

9 * ‘<OH$. C0,H’ \cH,. CO,H HO,C . CH, H0,C. CH, . NH . N/ und

Von derartigen Verbindungen sind zuerst syrnmetrisch disubstituierte Derivate des Hydrazins bekannt geworden. Da diese gleioh dem Hydrazobenzol eine Hydrazogruppe (XH.NH)” enthalten, so werden dieselben Hydrazosiiuren genannt. Nach den Untersuchungen von Thiele laasen sioh die einbasischen Hydrazinosauren durch Anlagerung von Blau- siiure an ihre Kondensationsprodukte mit Aldehyden oder Ke- tonen und nachfolgende Verseifung in die zweibasischen Hy- drazosauren uberfubren, z. B. :

CH, p s CHs CIIt CH.NH.NH, + CHO -*p CH.NH.N:CH C0,H CO,H

H y drazinopropionsaure Acetaldehydverbindung

CH, CH, CH, CH, CH.NH.NH.CH - ~H.NH.NH.CH ;

+HCN * CO,H CN bO*H CO,H

Hydrazonitrilpropionsiiure Hydraropropionsgure

diese entstehen in Form ihrer Dinitrile auch unmittelbar aus Carbonylverbindungen durch gleichzeitige Einwirkung von Hy- drarinsulfat und Cyankalium, z. B. : a(CH&CO + NH,.NH, + 2HCN (CEUC.NH.NH.C(CH,),

Hydrazoisobutters&uenitril Aceton CN CN - (CH,),C , NH . NH . C(CH&

CO,H CO,H Hydrazoieobuttersaure

Page 11: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: Uber Hydrszinosauren. 261 Thiele and seine Mitarbeiter 1) haben so a-Hidrazo-propion- saure und -isobuttersaure dargestellt.

Eine weitere Hydrazosiiure, die Hydrazophenylessigsiure, haba ich aelbst auf anderem Wege gewonnen, namlich durch Reduktion des b i n s der entsprechenden KetonsLure, wie be- reits S. 259 erwahnt.

Die der bisher noch nicht beschriebenen Hydrazoessigslure iaomere asymmetrische H y d r az in o di e s sigsii u r e wurde zuerst von Curtius und Hussonga) erhalten durch Umsetzung von Hy drazin h y d r a t mit Mono c hlor es sig saure in alkoholi- scher Losung, wahrend unter anderen Bedingungen, bei An- wendung von Yonochloressigester, auch Hydrazino essig- saure in Form ihres Hydrazids entstand:

NH, . NHp +- C1. CH, . C0,f-l - HC, NH, . NH . CH, . C0,H ; CB, . CO,H

NH,.NH.CH*.CO,H + CI.CH,.CO~H -HcI : NH,.N/ \cH,. CO,H

Bailey und Reada) httben so Hydrazinodiessigs%ure neben Hydrazinoessigslure aus Monochloressigsiiure und Hydrazin- hydrat auch in wlfiriger Losung bei Gegenwart von Kalium- carbonat dargestellt und in analoger Weise unter Anwendung von Semicaxbazid Semicsrbszinodi- neben -monoeseigslure ge- wonnen :

N&. GO. NH. NH, -t- C1. CHs. C0,H

NH, . CO .NH. NH. CH,. C0,H + C1. CH, . CO,H

-- -RCI 5 NH,.CO.NH.NH.CB,.CO,H;

CH, . C0,H

‘CH,. CO,H ’ THe NH,. co .NH , N/

Semicarbaxinodiessigaure gab beim Erhitzen mit Alkalien unter Abspaltung von Ammoniak und Kohlensaure gleichfalls H y drazinodiessigsaure.

Noch auf einem dritten Wege sind Bailey und Snyder*) zu dieser Skure gelangt : Diglykolamidsi3ure wurde in ihren

I) T h i e l e u. Heuser, Ann. Chem. 290, 3, 21 (1896); T h i e l e u.

*) Dies. Journ. [2] 83, 249 (1911). s, Journ. Amer. Chem. SOC. 36, 1747 (1914). *) Journ. Amer. Chem. SOC. 37, 935 (1915).

B a i l e y , Ann. Chem. 303, 78, 87 (1898).

Page 12: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

262 D ar a p s k y : Uber Hydrazinosauren.

salzsauren Methylester iibergefiihrt, dieser lieferte mit Natrium- nitrit Nitrosoiminodiessigester und dieser endlich durch Re- duktion und Verseifung Hydrazinodiessigsbre ; letztere ward umgekehrt durch salpetrige Siiure in Iminodiessigsaure zuruck- verwandelt :

Iminodieesigeiiure CH,. CO,H f - + H N 4 NH, . N/ - NSO, - H,O \cH,. C O ~ H

Hydrazinodiessigsaure

In analoner Weise haben Bailey und

Nitrosoester I

Reduktion I und Verseifung

4

Mikeskal), von ge- ., mischten Iminosiluren ansgehend, auch gemischte zweibasische Hydrazinosiiuren, z. B. Hgdrazinoessigpropionsaure,

CH, . CO,H

CH(CH,).CO,H ’ NH*.N(

dargestellt ; diese konnten weiter auch durch Umsetzung ein- bmischer Hydrazinosiiuren mit den entsprechenden a-Halogen- sauren erhalten werden.

Hydrazinodiessigsaure ist im Gegensatz zu Hydrazinoessig- saure eine auegesprochene zweibasische Siiure. Die waBrige Lijsung wirkt schon bei gewiihnlicher Temperatur stark redu- zierend. Al8 asymmetrisches sekundares Hydrazin kondensiert sich die Siure mit Benzaldehyd unter geeigneten Bedingungen in normaler Weise zu Benzalhydrazinodiessigsaure 3,

CH%. CO,H

\CH,.CO,H *

c~H,. CH : N . N/

Beim Erhitzen mit Mineralsiiuren wird die Halfte des Stick- stoffs als Ammoniak abgespalten y); daneben entstehen in eigen- tumlicher Reaktion Glykokoll und Triglykolamidsii~re.~)

l) Journ. Amer. Chem. SOC. 38, 1771 (1916). $) B a i l e y n. M i k e s k s , Journ. Amer. Chem. SOC. -38, 1771 (1916). 3, Curt ius u. H n e s o n g , dies. Journ. [2] 83, 256 (1911). ‘) B a i l e y u. Read , Journ. Amer. Chem. SOC. 36, 1750 (1914).

Page 13: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: Uber Hydrazinosauren. 263 Zur Gewinnung der Hydrazinodiessigsiiure lieBen Curt ius

und Hussong') in eine alkoholische LSsung von Monochlor- essigsiiure (2 Mol) unter Kuhlung Hydrazinhydrat (ungefahr 5 Mol) eintropfen. L%Bt man dagegen umgekehrt zu einer zum Sieden erhitzten alkoholischen Lijsung von Hydrazinhydrat (4 Mol) lsngsam eine alkoholische Losung von Monochloressigsaure (1 Mol) zufieBen, so entsteht, wie P r a b h a k a r und icha) bereits an anderer Stelle beschrieben haben, in einer Ausbeute von 41 Hydrazinoessigsiiure. An Stelle von Chloressigsiiure kann man mit gleichem Erfolg auch von Bromessigsaure ausgehen.

Diese bequeme Darstellung der Hydrazinoessigsaure durch Umsetzung von Hydrazinhydrat mit Chlor- oder Bromessig- siiure in alkoholischer Ldsung veranlaBte mich, auch andere Hydrazinofettsauren in analoger Weise zu gewinnen.

In Gemeinschaft mit Herrn M. P r a b h a k a r konnte ich so zunkhst a -B r o m p r o p i on s iiur e und a- B r o mi so v a1 e r ia n - sau re leicht in a-Hydrazinopropionsaure und a-Hydra- zinoisovaleriansaure,

uberfiihren. a-Hydrazinopropionsiiure war nach S. 251 u. 252 auf anderen Wegen bereits von Thiele und Traube dargestellt worden, wiihrend ich selbst nach S. 258 die Siiure weiter durch Reduktion des Hydrazons der Brenztraubensaure erhielt. Die bisher noch nicht beschriebene a-Hydrazinoisovaleriansaure ist in Wasser schwer loslich und liefert beim Erwarmen mit Essig- saureanhydrid eine gut krystallisierende Diacetylverbindung,

Bus Hydrazinhydrat und Brommalonsaure sollte analog Hydrazinomalonsaure entstehen , welche beim Erhitzen ver- mutlich leicht Kohlendioxyd abspalten und in Hydrazinoessig- saure ubergehen durfte:

NH,.NH.CH(CO,H)S -mco,+ NHX.NH.CH,.COSH.

I) Dies. Journ. [a] 83, 271 (1911). %) Ber. 45, 1660 (1912).

Page 14: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

264 Darapsky: Uber Hydmzinosauren.

Beim Vermischen der alkoholischen Losungen von Hydrazin- hydrat und Monobrommalonsaure unter Kuhlung scheidet sich sofort ein braunlicher, dicker, in Wasser leicht liislicher Sirup ab ; versetzt man die konzentrierte waSrige Lijsung des Sirups bis zur Kongoreaktion mit verdiinnter Salzslure, so fallt das Bis -Diammoniumsalz d e r Hydraz inodimalons i lure ,

als krystallinischer Niederschlag aus. Das Salz la& sich aus heifiem Wasser umkrystallisieren. Beim Schutteln seiner w&S- rigen LGsung mit Benzaldehyd entsteht neben der berechneten Menge Benzaldazin (2 Mol) die in Wasser spielend Iiisliche, freie Hydrazinodimalonsaure (1 Mol), die beim Eindunsten des Filtrats vom Benzaldazin im Vakuum als weiBe, amorphe, auBerst hygroskopische Masse hinterbleibt und mit Hydrazin- hydrat (2 Mol) obiges schwer liisliches Bis- Diammoniumsalz wieder zuriickliefert. Mit mehr Hydrazinhydrat (4 Mol) erhalt man das leioht lijsliche neutrale Salz, das zweifellos auch in dem urspriinglichen Sirup enthalten ist. Die bei der Ein- wirkung von Hydrazinhydrat auf Brommalonsaure wohl zu- niichst entstehende Hydrazinomalonsaure lief3 sich nicht fassen.

P h e n y 1 bro m’e s s igs a u r e dagegen gab mit Hydrazin- hydrat in alkoholischer LBsung wieder die erwartete H y d r a - z inophenyless igsaure ,

C,H, NH, . q ~ . CH/

\co,€I ’ die dab& zusammen mit Hydrazinbromid direkt krystallinisch ausfallt und von letzterem durch Umliisen aus heiBem Wasser leicht getrennt werden kann. Wir haben grti6ere Mengen Hydrazinophenylessigsaure auf diesem Wege dargestellt und die Siiure nach verschiedenen Richtungen hin eingehend unter- sucht.

Zur Charakterisierung wurden zunlchst mit Benzaldehyd und Salicylaldehyd Benzal- und o-Oxybenzalhydrazinophenyl- essigsaure,

C6H5. CH : N . NH . CH(C,H,) . C0,H HO . C,H, . CH 1 N . NH . CH(C,,H,) . CO,H , und

Page 15: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Damp sky: iiber Hydrazinosauren. 265

sowie weiter mit Benzoylchlorid h alkalischer Lbsung Di- b enzoylhydrazinophen ylessigsiiure,

bereitet. Einen eigentiimlichen Verlauf nimmt die Oxydation der

Eydrazinophenylessigs~ure mit Eisenchlorid in kalter wai3riger Llisung. Beim Zusammenbringen entsteht sofort ein gelber Niederschlag von Benzaldazin ; das Filtrat von diesem enthhlt Hydrazinsalz. Vielleicht ist die Reaktion so zu erklaren, daki die Hydrazinosaure zuniichst zur zugehiirigen Hydrazonsaure osydiert wird, welch letztere sodann unter Abspaltung von Kohlendioxyd Benzalhydrazon liefert, das durch die gleich- zeitig entstandene Salzsiiure in bekannter Weise l) sofort weiter in Benzaldazin und Hydrazinsalz iibergefiihrt wird :

2NH,.NH.CH(C6H5).C0,H - zE,+ 2NH~.N:C(C,H6).C0,H Hydrazinoslure H y drazonsilure

(C,H,. COhN,H. CH(C6H6). C0,H ,

y 2 e 2 NH, . N : CH . C6H6 Hydrazon

+ 2HCl * C ~ H S . C H : N . N : C H . C ~ H ~ +N,H,, 2HC1. Azin

Beim Erwarmen mit alkoholischer Salzsiiure lost sich Hydrazinophenylessigsiiure leicht auf unter Bildung des gut krystallisierenden salzsauren Hthylesters,

HCl, NH,. NH . CH(C6HS). COSCSH, ;

unter Anwendung von Methylalkohol entsteht analog der en+ sprechende salzsaure Methylester. Die zugehorigen freien Ester bilden iilige Fliissigkeiten, die sich beim Aufbewahren unter Gasentwicklung zersetzen und auch im Vakuum nicht unzer- setzt destillierbar sind.

Durch Einwirkung von cyansaurem Kalium auf salzsauren Hydrazinophenylessigsaureathylester wurde eine Verbindung er- halten, welche den Carbonamidrest sehr wahrscheinlich an den hinostickstoff gebunden enthillt, entsprechend der Formel

l) Vgl. Curtiue u. Pflug, dies. Journ. [2] 44, 539 (1891).

Page 16: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

266 Daraps ky: Uber Hydrazinosauren.

Dies geht daraus hervor, da6 das erhaltene Produkt mit Salz- shure zu einem Chlorhydrat,

CO . NH, HCl, h’H, . N/

\cH(c,H,). CO,C,H~

zusammentritt, das in Wasser leicht und ohne Zersetzung los- lich ist und sich in w5Briger L6sung mit Salicylaldehyd zu einer in Wasser unloslichen o-Oxybenzalverbindung,

Die Einwirkung von salpetriger Siure auf Hydrazino- phenylessigester verl’iuft ganz analog wie beim Hydrazino- essigester. Wie dort, so entsteht auch bier in neutraler Losung zunachst e k e feste Nitrosoverbindung ) die aber im Gegensatz zu dem leicht loslichen Nitrosohydrazinoessigester in Wasser schwer loslich ist und sich darum beim Vermischen der wL6- rigen Lasungen von salzsaurem Ester und Nitrit unmittelbar abscheidet. Der so zuerst gebildete Nitrosohydrazinophenyl- essigester sollte durch weitere Einwirkung von salpetriger Siure unter Stickoxydulentwicklung Diazophenylessigester liefern:

+ HNOs NH,.N(NO).CH(C,Hs)-CO,C,H, - Npo, -2ir,cj f N*:C(CJ%).CO,C&s 8

In der Tat wurde beim Versetzen einer Suspension von feingepulvertem Nitrosoester in Wasser mit Natriumnitrit und verdiinnter Schwefelshure und sofortigem Ausschutteln mit Ather eine gelbe atherische Lasung erhalten, welche mit Jod schwache Gasentwicklung zeigte und sonach den erwarteten Phenyldiazoessigester enthalten mubte. Dagegen gelang es nicht, letzteren in reinem Zustande zu gewinnen, vielmehr lief3 sich dabei nur sein Zersetzungsprodukt, Phenylglykolsaureester oder Mandelsaureester, fassen:

+ npo * C% * C O s C A f C,H,. CH(0H). CO,C,H, .

Die gleiche Beobachtung machte Andreas Kossel’) bei der Einwirkung von Natriumnitrit und verdiinnter Schwefelsaure a d salzsauren Phenylaminoessigester , und auch Cur ti us und

l) Ber. 24, 4154 (1891).

Page 17: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Dar ap sky: Uber Hydrazinosauren. 267 Miillerl) konnten so den Diazoester nur in sehr unreinem Zu- stande isolieren.

Beim Erhitzsn fur sich ging Nitrosohydrazinophenyleasig- ester unter Stickoxydulentwicklung in Amin~phenyleesigester~) uber, wahrend beim Erwarmen mit verdiinnter Schwefelsaure s, unter Austritt von Wasser Azidophenylessigester erhalten wurde :

NH, s N(N0). CH(C6HJ. CO*CJ& --“;“I +

XH,. CH(C,H,).CO,C,H, .I.

N, . CH(C,,H,). CO,C,H,

LiiSt man auf Hydrazinophenylessigsaure in bromwssser- stoffsaurer Losung Brom einwirken, 80 wird dieselbe unter Stickstoffentwicklung in Phenylbromessigsaure zuruckverwandelt :

+ 2Br.

I K\ + NHa . NHs /

/--:N*, - 3 BBr

N H, , N H . CH( C,H,) . CO,H Br . cH(c6Hs). CO,H .

- EBr

In analoger Weise liefert Chlor mit einer salzsauren Lbsung der Hydrazinosaure bzw. ihres Esterchlorhydrats Phenylchlor- essigsaure bzw. deren Ester. Versetzt man endlich die schwefelsaure Losung der Hydrazinosaure mit Natriumnitrit, so entsteht unter Stickstoffentwicklung Handelsaure.

Nach den zuletzt geschilderten Eeaktionen kann somit in der Hydrazinophenylessigsaure die Hydrazinogruppe leicht gegen die Amino- und Azidogruppe sowie gegen Halogene und Hydroxyl ausgetauscht werden.

In Gemeinschaft mit Herrn H. Berger habe ich sodslnn die Einwirkung von Hydrazinhydrat auf G- nnd /3- Brom- ,$phenylpropionsaure nilher untersucht. a -B r om- @- p h e n y l - propionsiiure gab EO leicht in normaler Weise die prachtig krystallisierende a - H y dr a z i n 0- ,5 - p h en y 1 prop i o n s a u r e ,

l) Ber. 37, 1266 (1904). 5, Andreas K088e1, Ber. 24, 4148 (1891). 3, Foreter 11. Miil ler, Journ. Chem. SOC. 97, 138 (L910).

Journal f. prm. Chemis [Z ] Bd. 98. 18

Page 18: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

2 68 Darapsk y: Uber Hydrazinosauren. Diese erwies sich als identisch mit der von W. Traube

und Longinescu l) aus Isonitraminbenzylessigsaure durch Re- duktion dargestellten Hydrazinobenzyleseigstlure. Auch die Kondensationsprodukte beider Stluren rnit Benzaldehyd und Salicylaldehyd zeigten die gleichen Eigenschaften. a-Hydrazino- ,9 - phenylpropionliiiure besitzt , gleich den ubrigen Hydrazino- stluren, amphoteren Charakter und ist sowohl in Alkalien wie such in Sauren leicht lbslich. Die wlBrige Losung reagiert schwach sauer. Mit Salzsaure liefert aie ein bestandiges salz- saures SaIz, wahrend das Ammonsdz, das durch Losen der Hydrazinosaure in Ammoniak erhalten wird, nur in waBriger Losung existenzfahig zu sein scheint, da diese beim Verdampfen im Vakuum die reine Hydrazinoskure zuruckliefert. Anderer- seits li3t sich jedoch cc-Rydrazino-@-phenylpropionsiiure vollig exakt titrieren, indem man sie in uberschiissiger 'Ilo n-Natron- lauge lost und mit 'Ilo n-Salzsiiure in Gegenwart von Phenol- phtalern zuriicktitriert.

Beim Zrhitzen der m-Hydrazino-P-phenylpropionsaure mit Essigsaureanhydrid sowie beim Schutteln der alkalischen Lasung mit Benzoylchlorid erhalt man Diacetyl- und Dibenzoyl- a- hydrazino-@-phen ylpropionsaure,

CH, . C,H, CH, . CJ& (CH,. CO),N,H . CH/ und (C,H,. CO),N,H. CH/

\CO,H \GOSH

gut krystallisierende Korper von stark saurem Charakter. Wlihrend die Diacetylverbindung schon durch zweistiindiges Kochen rnit 10 prozentiger Salzsaure vijllig in Essigsaure und Hydrazinosaure gespalten wird , wird die Dibenzoylverbindung unter diesen Bedingungen iiberhaupt nicht angegriffen; auch bei betrachtlich langerem Erhitzen (1 4 Stunden) und Anwen- dung starkerer Salzsaure wird letztere Verbindung nur zu einem geringen Teile verseift.

Durch alkoholische Salzsaure wird a-Hydrazino-@-phenyl- propionsaure in der Warme in den gut krystallisierenden salz- sauren Bthylester,

CH, . CeHs HC1, NH,.NH.CH<

CO,C,H, ' I) Ben 29, 675 (1896).

Page 19: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

D ar a p s lc y : ober Hydrazinosauren. 269 iibergefiihrt; der aus diesem in wl6riger Losung mit Pottasche abgeschiedene freie Ester bildet ein gelbes 01, das sich beim Aufbewahren langsam zeraetzt und bei dem Versuch, es durch Destillation im Vakuum zu reinigen, unter Stickstoffentwick- lung Phenylpropionsiiureester lieferte.

Mit Kaliumcyanat gibt der salzsaure Hydrazinoester in wiiBriger Liisung Carbonamid-a-hydrazo-p-phenylpropionsiiure- Bthvlester,

CH, . C6H5 NH, . CO .NH .NH . CH<

C02C*& ’ Der Carbonamidrest ist dabei wahrscheinlich in die Amin o - gruppe des Hydrazinrestes eingetreten, da der Korper im Gegensatz zum salzsauren Hydrazinoester mit Aldehyden sich nicht mehr kondensiert. Die Verbindung besitzt schwach basische Eigenschaften; sie liist sich in Salzsaure auf, fillt aber auf Zusatz von vie1 Wasser unverandert wieder aus der Msung aus. Bei dem malogen aus dem Hydrazinophenyl- essigester entstehenden Korper (vgl. S. 265) tritt die Carbon- amidgruppe umgekehrt in die Iminogruppe ein, wiihrend beim Hydrazinoessigester nach friiheren Beobachtungen von W. Traube und Hoffal) die beiden mijglichen Verbindungen, Carbonamidhydrazoessigester und Aminohydantoinsaureeeter,

CO.NH, NH,. G O . NH. NH. CH, . CO,C,H, und NH,. N/

\cH,. CO,C,H, ’ sowie weiter das um 1 Mol. Alkohol armere Aminohydantorn nebeneinander erhalten werden.

Versetzt man die Losung des salzsauren Hydrazinoestere mit der aquimolekularen Nenge Natriumnitrit16sung7 so acheidet aioh Nitroso- a-hydrazino -p - phenylpropionsaureathylester kry- stallinisch ab. Aus dem Filtrat fallt auf Zusatz von uber- schlissigem Nitrit beim Stehen sin gelbliches 01 aus; dieses stellt wahrscheinlich ol-Oxy-@-phenylpropionsaureester dar, der aus dem zunachst gebildeten , leicht zersetzlichen /3 -Phenyl- a-diazopropionsaureester 9 unter Stickstoffentwicklung entstan- den iet. Bei vorsichtigem Erhitzen auf 120-125O zerfallt der

*) Ber. 31, 162 (1898). %) Vgl. Curtina u Miiller, Ber. 37, 1268 (1904).

18*

Page 20: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

270 Darapsky: Uber Hydrazinosauren.

Nitrosoester glatt in Stickoxydul und a-Amino-/?-phenylpropion- siinreester (Phenylalaninester) I), wahrend er andererseits beim Erw’rlrmen mit verdiinnter Schwefelsiiure unter Abspaltung von Wasser in den bisher noch nicht beschriebenen a-Azido- B-phenylpropionsaureilthylester iibergeht:

i Y

Letzterer lieferte bei der Verseifung mit kalter Natronlauge die niedrig schmelzende krystallipische a- Azido -@- phenyl- propionsaure. Durch Einwirkung von salpetriger Saure auf die freie Hydrazinosiiure entsteht unmittelbar unter Stick- stoffentwicklung a-Oxy-/?-phenylpropionsaure. a) Endlich haben wir noch das analog dem salzsauren Ester mittels alkoho- lischer Bromwasserstoffsaure Ieicht erhaltliche Esterbromhydrat durch Behandeln mit Brom in wahiger LSsung in a-Brom- @-phenylpropionsiiureester ubergefuhrt.

Es gelingt somit leicht, auch in der u-Hydrazino-/?-phenyl- propionsaure den Hydrazinrest gegen die Amino-, Azido- und Hydroxylgruppe sowie gegen Brom auszutauschen.

Einen unerwarteten Verlauf nahm die Einwirkung von Hydrazinhydrat auf ,B - B r o m -g - p h en y l p r o p i o n s a u r e. Beim Kochen in alkohnlischer Losung entetaud als Hauptprodukt neben Hydrazinbromid ein weiBer, krystallisierter KSrper, der zwar die Zusammensetzung der erwarteten Hydrazinosaure besaS, der aber selbst wie seine Benzalverbindung in Alkalien unlaslich war; an Nebenprodukten wurden erhalten zimtsaures Hydrazin und Styrol. Die nahere Untersuchung ergab , dsB statt der erwarteten @Hydrazino-@-phenylpropions&ure,

C,H, . CH(NH . NH,) . CH, . CO,H ,

l) E. Fiacher, Ber. 34, 450 (1901). *) E. Fiecher u. ZemplBn, Ber. 42: 4891 (1909).

Page 21: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

Darapsky: ober Hydrazinosliuren. 271 das isomere H y d r a z i d d e r /? - 0 x y - /? - p h e n y l p r o p i o n s a u r e ,

C,H, . CH(0H). CH, . CO . NH . NH, , entstanden war.

Die Bildung dieser Verbindung ist wohl durch Annahme der Zwischenbildung eines unbestiindigen /? - Lactons zu er- klken, welches aus @-Brom-@-phenylpropionsiiure unter Aus- tritt von Bromwasserstoff hervorgeht, und das sodann durch Eydrazin unter Wanderung des einen Sauerstoffatoms zum j3-Kohlenstoff zu @-Oxy -@-phenylpropionsilurehydrazid auf- gespalten wird:

C,H,. CHBr . CH,. CO. OH - k e C,,H,. UI-I. CH, .GO 1-0- 1

+ C,H, . CH(0H). CH, . CO . NH . NH, . i NpHi

In der Tat wurde die gleiohe Verbindung als normales Hydrazid auch aus @-Oxy-,6-phenylpropionsaure&thylester l) und Hydrazin- hydrat erhalten:

C,H5. CH(0H). CH, . CO . OC,H5 C N& - -. CPH60 __ + C,H5. CH(OH), CH, . CO. NH . NH, .

Die Einwirkung von Hydrazinhydrat auf P-Brom-8-phenyl- propionsaure verlauft somit ganz analog der Einwirkung von Ammoniak. Zwar will Posena) auf diesem Wege @-Amino- @-phenylpropionsaure erhalten haben , aber schon die Be- schreibung, die Posen von seiner Aminoslure gibt - die Substanz ist weder in verdiinnten Alkalien noch Stiuren lbslich und liefert keine Metallsalze und nur schwierig Sauresalze -, l a B t vermuten, da6 die Verbindung P o s e n s weder Amino- base, noch Carbonsaure ist. Die Richtigkeit dieser Vermutung wurde von Posne r s ) bewiesen, der gezeigt hat, da6 die Amino- saure P o s e n s in Wirklichkeit Phenyl-@-milchsllureamid dar- stellt und von der wahren, auf anderem Wege erhtiltlichen @-Amino-@-phenylpropionsaure vbllig verschieden ist. Ahnliche Falle von Sauerstofianderung innerhalb des Molekiils wurden

I) F indlay u. Hickmanne, Journ. Chem. Sac. %, 1069 (1909). *) Ann. Chem. 196, 144 (1879); 200, 97 (1880). 9 Ber. 38, 2318 (1905).

Page 22: Über Hydrazinosäuren. Erste Abhandlung

272 Daraps ky : m e r Hydrazinoaiiuren.

von Lutz l ) auch bei der Einwirkung von Ammoniak und anderen Basen auf Halogenbernsteinsauren beobachtet.

Im Gegensatz zu der bestandigen, isomeren Hydrazino- saure wird p-Oxy-@-phenylpropionsaurehydrazid durch lilngeres Kochen mit verdiinnter Salzsaure leicht hydrolysiert ; die so neben Hydrazinsalz zunachst entstehende P-Oxy -16 - phenyl- propionsaure geht aber dabei weiter unter Wasserabspaltung in Zimtsaure uber.

Mit salpetriger Siiure liefert das Hydrazid das olige p-Oxy- /Lphenylpropionsaureazid,

C,H, . CH(0H). CH, . CO . N, , das sich beim Stehen rasch zersetzt und zur Charakterisierung mittels Anilin in atherischer Losung in das zugeharige feste Anilid iibergefiihrt wurde.

In der nachfolgenden TabelIe ist das Verhalten der a- Hydrazino- p - phenylpropionsaure nnd des isomeren p- Oxy- p-phen ylpropionsaurehydrazids iibereichtlich zusammengestellt :

Ein- w irkung

von

Alkalien

propionsiiure

Salz- aGiure

Benz- aldehyd

~~~

Sd- petrige SGiure

bestindig

C,H, . CH, . CH(C0,H). NH . N:CH. C,H,,

Benaal-a-hydrazino- (5-pbenylpropionsaure ;

in Alkalien liislich

C,H,.CH,.CH(OH). CO,H, a-Oxy-8-phenylpropiona~ure

spaltet beim Kochen Hydraein ab

C,H, . CH(0H). CH, . CO . NH . N : CH . C,,H,,

Benzal-&oxy-/?-phenyl- propionatiurehydrozid ; in Alkalien unliislich

C,,H,. CH(0H). CH, , CO . Ns , @- Oxy-@-phenylpropionaiiure-

azid . ....- ~ ~

*) Chem. Centr. 19OO,II, S. 1009; Ber. 36, '1460,4369 (1902); 41, 841 (1908); Chem. Centr. 1910, I, S. 907; vgl. auch E. Fischer u. Rsake, Ber. Po, 1051 (1907).