22
45 3. Uber Ion en adsorption an fallenden Ilropfen und Stahlkugeln; von Rudolf Lehn7zardt. (Auszug aua der Berliner Dissertation unter Berucksichtigung splterer Versuche.) Schon vor langerer Zeit hatte A. Schmaussl) in diesen Blattern eine Untersuchnng uber die Adsorption von Ionen durch fallende Wassertropfen veroffentlicht. Nach dieser Arbeit findet in einem durch RSntgenstrahlen ionisierten Gase eine erheblich starkere Adsorption der schneller beweglichen Ionen statt, d. h. also in Luft der negativen Ionen. Dieses Ergebnis stand im Einklang mit fruheren Arbeiten von Zeleny 2), nach denen von einem durch RSntgenstrahlen ioni- sierten Luftstrom an einen Leiter zunachst uberwiegend nega- tive Ionen abgegeben werden, so dab der Luftstrom bei weiterem E’ortschreiten relntiv reicher an positiven Ionen wird. Nach der Vorstellungsweise, die man sich mit Eberts) von dem Mechanismus des Adsorptionsvorganges machen kann, ist diese Erscheinung ohne weiteres verstandlich: ein Ion in der Nahe einer ungeladenen leitenden Wand bewirkt auf dieser eine Influenzladung und bewegt sich auf sie zu. Dies wird um so schneller vor sich gehen, je leichter beweglich das Ion ist, und wenn in jedem Augenblick gleich vie1 positive wie nega- tive Ionen zur Verfugungen stehen, werden die leichter be- weglichen auch in groBerer Zahl an die Wand herantreten als die langsameren. Die Zahlen der adsorbierten Ionen mussen danach in ungefahr demselben Verhaltnis stehen wie ihre Beweglichkeiten. 1) A. Schmauss, Ann. d. Phys. 9. p. 224. 1902. 2) J. Zeleny, Phil. Mag. 46. p. 120. 1898. 3) H. Ebert, Jtlhrb. d. Elektronik 3. p. 61. 1906.

Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

45

3. Uber Ion en adsorption an fallenden Ilropfen u n d Stahlkugeln;

von R u d o l f Lehn7zardt . (Auszug aua der Berliner Dissertation unter Berucksichtigung splterer

Versuche.)

Schon vor langerer Zeit hatte A. Schmauss l ) in diesen Blattern eine Untersuchnng uber die Adsorption von Ionen durch fallende Wassertropfen veroffentlicht. Nach dieser Arbeit findet in einem durch RSntgenstrahlen ionisierten Gase eine erheblich starkere Adsorption der schneller beweglichen Ionen statt, d. h. also in Luft der negativen Ionen. Dieses Ergebnis stand im Einklang mit fruheren Arbeiten von Zeleny 2), nach denen von einem durch RSntgenstrahlen ioni- sierten Luftstrom an einen Leiter zunachst uberwiegend nega- tive Ionen abgegeben werden, so dab der Luftstrom bei weiterem E’ortschreiten relntiv reicher an positiven Ionen wird. Nach der Vorstellungsweise, die man sich mit Eber t s ) von dem Mechanismus des Adsorptionsvorganges machen kann, ist diese Erscheinung ohne weiteres verstandlich: ein Ion in der Nahe einer ungeladenen leitenden Wand bewirkt auf dieser eine Influenzladung und bewegt sich auf sie zu. Dies wird um so schneller vor sich gehen, je leichter beweglich das Ion ist, und wenn in jedem Augenblick gleich vie1 positive wie nega- tive Ionen zur Verfugungen stehen, werden die leichter be- weglichen auch in groBerer Zahl an die Wand herantreten als die langsameren. Die Zahlen der adsorbierten Ionen mussen danach in ungefahr demselben Verhaltnis stehen wie ihre Beweglichkeiten.

1) A. Schmauss, Ann. d. Phys. 9. p. 224. 1902. 2) J. Zeleny, Phil. Mag. 46. p. 120. 1898. 3) H. Ebert , Jtlhrb. d. Elektronik 3. p. 61. 1906.

Page 2: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

46 R. Lehnhardt.

Nach dieser Uberlegung sind die Schmaussschen Er- gebnisse in qualitativer Hinsicht durchaus verstandlich. Als aber R. See l iger 1) eine Neuuntersuchung der Verhaltnisse vornahm, wurde er beziiglich der GroBe des zu beobachtenden Effektes zu ganz anderen Resultaten gefiihrt. Prinzip der Untersuchung ist bei beiden Autoren folgendes: aus einem TropfgefaB fallen die Wassertropfen durch einen ionisierten Raum und werden in einem mit dem Elektrometer verbundenen GefaB aus Metall aufgefangen. Auffangegefa6 und Fallstrecke befinden sich in einem als elektrostatischer Schutz wirkenden groBeren MetallgefaB. Zum Unterschied von S chmaus s arbeitete S ee l iger mit isoliertem Tropfgefa6 und bei dauernder Bestrahlung, wiihrend Schmauss sein TropfgefaB geerdet hatte und erst nach dem Abstellen der Rantgenrohre beob- achtete. See l ige r fand auch einen geringen UberschuB nega- tiver Ionen, aber weit weniger als Schmauss. Nach See l ige r wurden durch einen Tropfen nur ungefahr 0,5 Proz. der in der Fallstrecke befindlichen Ionen adsorbiert. Schm a u s s hatte einen etwa 1000 ma1 groberen Wert gefunden.

Die vorliegende Arbeit kniipft an die Untersuchung See l ige r s an. A19 elektrostatischer Schutz diente ein zylin- drisches Blechgefa6 von 1,30 m Hohe und 65 cm Durchmesser in seinem unteren Teil (s. Fig. 1). In ihm befand sich das AuffangegefaB ebenfalls aus Blech bestehend. In seinen Deckel war ein nach unten fuhrendes Rohr schrag eingelotet, damit die Tropfen in ihm an zu starkem Verspritzen gehindert wurden. Das AuffangegefaB stand auf drei kurzen Bernsteinsaulen und war durch eine sorgfaltig elektrostatisch geschutzte Leitung mit dem einen Quadranten eines Elektrometers nach Dole- za l ek verbunden. Samtliche Isolationen waren aus Bernstein gefertigt. Durch ein in den Deckel der Schutzhiille eingelotetes, kurzes Messingrohr ragte die Spitze des isoliert aufgestellten TropfgefaBes. Die Tropfenzahl konnte durch einen Hahn reguliert werden. Dieser Hahn war ungefettet. Die Rontgen- strahlen drangen durch eine in mittlerer Hohe des Blech- kastens angebrachte weite Offnung in das Innere desselben ein. Es wurde aber zum Unterschied von See l iger dafiir

1) R. See l iger , Ann. d. Phye. 31. p. 500. 1910; 33. p. 431. 1910.

Page 3: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fullenden Tropfen und Stahlhugeln. 47

Sorge getragen, daf3 die Fallstrecke der Tropfen nicht von den Rontgenstrahlen getroffen wurde. Dies wurde dadurch erreicht, daf3 die Strahlen durch ein dickwandiges, weites Blei- rohr so tief in das Innere des Kastens geleitet wurden, da8 die Trop fenstrecke fur direkte Strahlen nicht erreichbar war. Um auch noch die Wirkung der Sekundarstrahlen zu ver- meiden, war (nach Barkla')) die von den direkten Strahlen

Lbgeschnitt

d

u TropfgefaB b Bcrnsteinisolierung c kurzee Meseingrohr d geerd. BlechgefiiB e AuffangegefiiB h Bleirohr i Blechkasten

Querschnitt

C nun/

EM-&Om&U

d

k Kondensator I Aluminiumruhrer m Aluminiumschirm n Bleimautel r Rontgenrohre t Tropfenstrecke v Aluminiumstange

Fig. 1. Versuchsanordnung zu Teil I.

getroffene Partie der Schutzhiille mit einem starken Aluminmm- blech ausgekleidet. Ein Riihrer im Strahlengang sorgte fur eine gleichmaklige Durchmischung der Luft in dem ganzen Raum. Die Fliigel des Riihrers, samtliche Befestigungsteile und die nach auBen fuhrende, mit der A c h e eines kleinen

1) C. G. Barkla , Phil. Mag. 22. p. 396. 1911.

Page 4: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

48 R. Lehnhardt.

Motors gekoppelte Stange , waren gleichfalls aus Aluminium gefertigt. Symmetrisch zur Fallstrecke in bezug auf das ein- gefuhrte Bleirohr war in ungefahr halber Hohe des Kastens ein Kondensator aus zwei diinnen Aluminiumplatten von 10 cm Durohmesser angebracht. Die Entfernung der Platten konnte mefibar verandert werden, und eine von ihnen war durch eine sorgfaltig elektrostatisch geschutzte Leitung mit dem Elektro- meter zu verbinden. Alle Isolationen bestanden auch hier aus Bernstein. Zum Unterschied von See l ige r war also eine Bestrahlung der Tropfstrecke vermieden worden, und durch den Riihrer sollte die Ionisation im ganzen Raum gleichmaBig verteilt werden. Rbntgenrohre und Induktorium befanden sich wie bei See l ige r in einem mit Blei ausgekleideten, geerdeten Blechkasten. Die Vermeidung der Bestrahlung fallender Tropfen ist durch die ojberlegung begriindet, da6 durch die Wirkung der Rontgenstrahlen an den Tropfen unkontrollier- bare Storungen des Adsorptionsvorganges stattfinden konnen. Man denke z. B. an die Mtiglichkeit, da6 durch die Rontgen- strahlen Elektronen frei gemacht werden konnen. Die An- bringung des Riihrers als Ionenverteiler war geboten, da die Messung der Ionendichte ohne Tatigkeit des Riihrers mit Hilfe des Sattigungsstromes im Innern des Ktlstens und mit einern beweglichen Kondensator an den verschiedenen Stellen ganz verschiedene Werte ergab, so da6 man also die Ionendichte in der Niihe des AuffangegefaBes ohne Ruhrer nicht gleich der im direkten Strahlengang gemessenen setzen darf. Diese Bemerkung ist von Wichtigkeit , wenn spater die Ergebnisse vorliegender Arbeit mit denen von See l ige r verglichen werden sollen.

Gang der Versuche von Teil I und Berechnung derselben.

Bei Ausfuhrung der Versuche machen sich drei Neben- umstande storend bemerkbar, die sich dem eigentlichen Ad- sorptionsvorgang iiberlagern, und die also eliminiert werden mussen. Es sind dies der Abtropfeffekt, durch den die Tropfen schon eine gewisse Anfangsladung mitbekommen, der Lenard- e f e k t ’), der beim Aufschlagen der Tropfen auf ein Hindernis

1) Ph. Lenard , Wied. Ann. 46. p. 584. 1892.

Page 5: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Fropfen und Stahlkugeln. 49

entsteht und der Zerstreuungseffekt, der darauf beruht, dab das AuffangegefaB schon eine geringe Potentialdifferenz gegen die Umgebung hat, die sich beim Qorhandensein von Ionen insofern stiirend bemerkbar macht , als durch sie dau Gefab j e nach dem Sinn der Potentialdifferenz seine Ladung andern kann. See l iger hatte gefunden, dab der Fehler beim Ab- tropfen abhangig ist von dem Material der Tropfspitze und dem der niichsten Umgebung. Der Effekt ist auberordentlich empfindlich gegen geringe Anderungen an der Tropfspitze, z. B. Abwischen derselben mit Watte. Er ist vorhanden bei geerdetem GefaB und geerdeter Umgebung. Es sei nur be- merkt, dab See l ige r die Verschiedenheit seiner Ergebnisse von den S chmaussschen auf diese Fehlerquelle zuruckfuhrt. Infolge der auberordentlichen Veranderlichkeit des Effektes ist es schwer, ihn konstant zu erhalten. 1st aber Tropfspitze und Umgebung schon genugend gealtert, und ist die Tropf- geschwindigkeit immer dieselbe, dann kann er wenigstens wahrend einer Messung als unveranderlich betrachtet werden. Wird mit isoliertem TropfgefaB gearbeitet, dann wird die dem AuffangegefaB nnr von dem Abtropfeffekt zugefiihrte Ladung mit wachsender Zeit geringer und nahert sich schlieBlich dem Werte Null asymptotisch.') Dabei ist der Lenardeffekt als konstant vorausgesetzt, wenn die Tropfen in immer derselben Weise auftreffen. Dies ist durch friihere Untersuchungen b e statigt. Setzt man den Tropfapparat bei nicht ionisierter Luft in Gang und beobachtet die durch das Elektrometer angezeigte Aufladung in einer gewissen Zeit, dann kann man diese Auf- ladung als durch Abtropf- und Lenardeffekt gemeinsam hervor- gebracht, besonders ermitteln. Die Veranderlichkeit der Ladung beim Abtropfen ist in vorliegender Arbeit noch auf andere Weise umgangen worden, indem niimlich das Tropf- gefab auf so hohe Potentiale aufgeladen wurde, da6 die An- fangsladung der Tropfen grob war gegen die Aufladung, die allein durch das Abtropfen hervorgebracht werden konnte. GewiB erhalt dadurch der Tropfen eine starkere Ladung, und

1) In einer neueren Untersuchung yon Koloman von BernolBk, Ann. d. Phys. 39. p. 497. 1912, ist die Abhllngigkeit des Abtropfeffektes YOU der Auebildungsgeschwindigkeit der primken und sekundiiren Tropfen gezeigt worden.

Asnalea der Physik. IV. Folge. 42. 4

Page 6: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

50 R. Jehnhardt.

der Adsorptionsvorgang ist nicht mehr unter dem Gesichts- punkt zu betrachten, da6 der Tropfen ungeladen ist und die Anziehung durch elektrische Spiegelung der Ladung eines Ions stattfindet. Aber eine gewisse, wenn auch noch so kleine Ladung wird der Tropfen immer haben. Dabei mu6 aber die Verschiedenheit in der Adsorption der Ionen noch scharfer hervortreten als bei vollig ungeladenen Tropfen, denn alle wirksamen Krafte sind nur vergrb6ert worden. Wenn eine Verschiedenheit in der Adsorption der Ionen uberhaupt vor- handen ist, begrundet in der Verschiedenhoit ihrer Beweglich- keit, dann mu6 dieser Unterschied auch dann hervortreten, wenn der Tropfen einmal negativ geladen ist und positive Ionen an sich heranzieht oder wenn er dieselbe positive Ladung hat und negative Ionen adsorbiert. Die Adsorption negativer Ionen mu6te grij6er sein.

Es mu6 noch die dritte Fehlerquelle, der Zerstreuungs- effekt, eliminiert werden. E r tritt nur auf, sobald ionisiert ist und iiu6ert sich in einer gewissen Ladung, die das Auf- fangegefa6 schlie6lich anzeigt , wenn keine Tropfen fallen. Diese ,,erste Ruhelage" der Elektrometernadel wird nach einiger Zeit erreicht und mit ihr ist auch zugleich die Fehlerquelle angegeben.

Bei der Ausfuhrung eines Versuchs war nach der Isolations- prufung zunachst Abtropfeffekt + Lenardeffekt zu bestimmen. Es geschah dies, indem am Elektrometer abgelesen wurde, in welcher Zeit sich das System:

Auffangegefa6 + Elektrometer und Zuleitungen auf ein bestimmtes Potential aufgeladen hatte. Die Kapazitat des erwahnten Systems war mit dem Harmsschen Konden- sator durch Ladungsteilung zu 92 cm bestimmt worden. In den meisten Fallen aber wurde noch eine Kapazitiit von 1000 cm zugeschaltet, damit bei groSer Anfangsladung der Tropfen die Aufladung nicht zu rasch vor sich ging. Noch ein weiterer Grund wird unten mitgeteilt. Es konnte also ohne weiteres abgelesen werden, um wieviel Skalenteile des Elektrometers pro Minute eine Aufladung nur aus Abtropf- und Lenardeffekt zugefiihrt wurde.

Sodann wurde die Rontgenrohre in Betrieb gesetzt. Schon vorher war die erste Ruhelage ermittelt worden. Jetzt stellte

Page 7: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Propfen und Stahlkugeln. 5 1

sich die Nadel alsbald in eine ,,zweite Ruhe1age.c ein, die dem stationaren Zustand entsprach, in dem das AuffangegefaB ebensoviel Ladung durch Ionenleitung verlor als ihm durch die Tropfen zugefuhrt wurde. Um die GriiBe der zugefihrten Ladung zu bestimmen , wurde eine Zerstreuungskurve auf- genommen, d. h. das AuffangegefaB erhielt eine Ladung yon u n g e f i r f 1 Volt und von 10 zu 10 Sekunden wurde das Abklingen dieser Ladung beobachtet. Ein Beispiel bietet die umstehende Kurve (Fig. 2). Sodann wurde der Punkt der Kurve aufgesucht, der das Potential des stationaren Zustandes anzeigte. I n diesem Punkt wurde an die Kurve eine Tangente gelegt und auf graphische Weise festgestellt, um wieviel Skalen- teile pro Minute an dem betrachteten Punkt eine Aufladung erfolgte, d. h. also d v l d t fur eine Minute in Skalenteilen. Die Differenz zwischen diesem Werte und dem oben fiir Abtropf- und Lenardwirkung allein festgestellten Betrag liefert die Auf- ladung in Skalenteilen pro Minute nur als Wirkung der Ad- sorption. Die Zahl der Tropfen pro Minute war natirrlich be- kannt und ebenso die uogefahre GriiBe der Tropfen. Letztere wurde durch Wiigen einer bestimmten Tropfenzahl unter der Annahme kugelfirmiger Gestalt ermittelt. Es war also mog- lich, die auf einen Tropfen entfallende Zahl adsorbierter Ionen zu bestimmen und diese Zahl mit der Gesamtzahl der Ionen in Vergleich zu bringen, die sich in dem von einem Tropfen durchfallenen Raum befanden. Es sei noch bemerkt, daB die Aufladung in einer bestimmten Zeit wahrend des stationaren Zustandes auch dadurch hatte festgestellt werden kiinnen, daB man den Strom zwischen Auffangegefatl und geerdeter Hulle berechnete. An ersterem lag das am Elektrometer abgelesene Potential, an der HiilIe das Potential Null. Der Widerstand zwischen beiden konnte nach der Beziehung :

1 t c lnv, - Inv,

w = -

aus der Zerstreuungskurve ermittelt werden. c ist die Kapa- zitiit des Gef&6es, t die Zeit, in der das Potential von dem Wert vl auf den Wert vz sinkt. Die zuerst angegebene Methode ist aber sicherer, da in der zweiten die Behandlung des Luft- widerstandes als Ohm schen Widerstand einige Bedenken hat.

4*

Page 8: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

52 R. Zelrnhardt.

Die Aufnahme der Zerstreungskurve machte die Zuschaltung einer groBeren Kapazitat zum AuffangegefdB sehr wiinschens-

I i i

wert, da bei geringer Eapazitat die Eutladung schon in wenigen Sekunden erfolgte, so daB diese Entladungszeit in die GroBen- ordnung der Schwingungsdauer der Elektrometernatdel fiel.

Page 9: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden !Prop fen und Stahlkugeln. 53

Der eigentlichen Zerstreuungskurve waren dann die periodischen Schwingungen der Nadel iiberlagert, und wenn auch aus dieser Kurve nach dem beigefugten Bild (Fig. 3) die gesuchte ge- funden werden kann, so erschien es doch besser, den genannten Nachteil ganz durch Zu- schaltung einer Kapa- zitat von 1000 cm zu beseitigen. Dann nam- lich ist dieschwingungs- dauer klein gegen die Entladezeit und macht sich gar nicht storend bemerkbar.

Die Berechnung der Ladung eines Tropfens iat nach dem Vorher- gehenden iiuuderst ein- fach. Aus Abtropf- + Lenardeffekt werde dem auffangenden System von der Kapazitat C (1092 cm) eine Auf- ladung von a Skalen- teilen pro Minute zu- gefiihrt. Die Zerstreu- ungskurve ergibt an der Stelle des stationaren Zustandes eine Auf- ladung pro Minute von b Skalenteilen. Dann entfallen auf Adsorp- tion a - b = d Skt.

Fallen ferner pro Minute q Tropfen, dann entfallt auf einenTropfen

1001

901

5 l 2 80(

70C

600

500

Zerstreuungskurve bei negativer Auf ladung ohne zugeschaltete Kapazitiit am Auffange-

gefii1.

Fig. 3.

die Ladung: dlq = f Skt. AUB der bekannten Empfindlich- keit des Elektrometers (478 Skt. auf &- 1 , l Volt nach beiden Seiten), der Kapazitit des auffangenden Systems, der Elek- trizitatsmenge eines Ions (1,63 Coul.) konnte die Zahl 1~

Page 10: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

54 R. Jehnhardt.

der adsorbierten Tonen pro Tropfen berechnet werden nach dem Schema:

Auf ladung (Volt) x Kapazitiit (Farad) Zeit (sec) x Ladung des Elementarquantum (l,63 9 Cod.) *

Um die Zahl der von einem Tropfen adsorbierten Ionen mit der Anzahl der im Fallraum vorhandenen in Beziehung zu setzen , war die Kenntnis der Ionendichte erforderlich. See l iger hatte diese durch Messung des Sattigungsstromes festgestellt. Dadurch erhalt man die pro Kubikzentimeter und Sekunde neu erzeugten Ionen, und aus dieser Zahl und dem bekannten Rekombinationskoeffizienten kann erst die Ionen- dichte berechnet werden. Die Messung setzt aber die Kenntnis des Luftvolumens voraus, aus dem die Ionen herstarnmen. Bei ruhender Luft ist das genannte Volumen gleich dem Zylinderinhalt, dessen Begrenzungsflachen die Kondensator- platten bilden. Sobald aber die Luft bewegt wird, ist das Volumen nicht ohne weiteres bekannt , sondern hangt wesent- lich von der Geschwindigkeit des zwischen den Platten hindurch- gehenden Luftstromes ab. Deshalb wurde die Bestimmung der Ionendichte nicht durch Messung des Sattigungilstromes ausgefiihrt, sondern nach einer Methode, die auf folgender Uberlegung beruht : wird bei Annahme quadratischer Platten von der Seitenliinge b und dem Abstand T die Feldstarke Q zwischen den Platten so gewahlt, daI3

11 =

iut, wo p die Geschwindigkeit des quer durch den Konden- sator hindurchgehenden Luftstromes bedeutet und v die Be- weglichkeit der negativen Ionen, dann ist das pro Zeiteinheit zwischen den Platten hindurchgefuhrte Volumen, aus dem aUe Ionen entfernt werden :

Y= @ . v . b 2 .

Diese Formel laBt die Unabhangigkeit des genannten Volumens von der Luftgeschwindigkeit p erkennen, eofern nur die obige Bedingung erfullt ist. Fu r kreisfijrmige Platten hat b einen mittleren Wert :

4R b = - . TG

Page 11: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Bopfen und Stahlhugeln. 55

Die Breite der Platten ist 2R. Y= @. u - 6 . 2 R fir negative Ionen,

bzw. Y= (2. u . 6 2 R fur positive Ionen.

Bei einem Plattendurchmesser von 10 CIII und einern Abstand von 3,5 cm und einer Potentialdifferenz von 51 Volt wurde die Bedingung aussagen, da6 fur negative Ionen p > 40 cmlsec. sein mu6. Diese Bedingung kann nach der Beobachtung ein- geblasenen Rauches als erfiillt betrachtet werden. Das Volumen, aus dem in einer Sekunde alle Ionen entfernt werden, ist also bekannt, und es ist nur nooh die Zahl der aus ihm heraus- geholten Ionen zu bestimmen, urn die Dichte zu kennen. Diese Bestimmung wurde ausgefuhrt, indem die Zeit der Auf ladung des Systems: Platte (die mit dem Elektrometer verbunden war) + Elektrometer gemessen wurde. Die Kapazitat des Systems war zu 85 cm bestimmt worden. Bei den meisten Messungen wurde aber noch eine geeignete Kapazitat von 1000 oder 2000 cm zu- geschaltet. Die Berechnung der pro Sekunde zugefuhrten Ionenzahl geschieht nach dem Schema:

Dann ist

Aufladung (Volt) x Kapazitait (Farad.) Ionenzahl = Zeit (seo.) x Ladung des Elementarquantums (Coul.) . Statt die Zeit der Aufladung einer bestimmten Kapazitiat

zu messen, wurde auch noch zwischen Elektrometerquadrant und Erde ein Bronsonwiderstand eingeschaltet , der jedesmal durch Feststellung der Entladezei t einer Kapazitit nach der Beziehung :

t e*lnv, - lno,

W E -

ermittelt wurde. Der zwischen Quadrant und Erde flieBende Strom konnte d a m aus der am Elektrometer abgelesenen Potentialdifferenz und dem Widerstande w berechnet werden und a u s der Stromstarke die Zahl der beteiligten Ionen. Beide Methoden lieferten recht gute nbereinstimmung.

Als Ionendichte ergab sich der ungefahre Wert Ionen ccm l,o * 106 --

Page 12: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

56 R. Lehnhardt.

Ergebnisse von Teil I.

Die meisten Versuche wurden mit gewohnlichem Leitungs- wasser ausgefuhrt. War das TropfgefaB isoliert , dann ergab sich als Mittel mehrfacher Versuche fur die Zahl der von einem Tropfen adsorbierten negativen Ionen 1,2.106. In dem von einem Tropfen durchfallenen Raum befanden sich 2,2.1 O6 Ionen, so da6 also im Mittel 6 Proz. aller im Fallraum vorhandenen negativen Ionen adsorbiert werden. See l ige r hatte 0,5 Proz. gefunden. Er hatte aber die in direkten Strahlen gemessene Ionendichte als homogen fur den ganzen Fallraum angenommen, was sicher nicht zutrifft , wenn die Luft nicht durchmischt wird. Ferner wurden bei ihm die Tropfen direkt von den Rontgenstrahlen getroffen , so daB sie Elektronen verlieren konnten. Die Abweichungen der Seeligerschen Resultate von den hier mitgeteilten sind demnach zwanglos zu er- klaren.

Erhalt der Tropfen aber eine grbBere Anfangsladung, in- dem das Tropfgefafl auf ein bestimmtes Potential aufgeladen wird (f 4, f 10, f 20 Volt), dann werden naturgemafl auch mehr Ionen an den Tropfen herantreten, da jetzt das Feld in groBerer Entfernung wirksam ist. Die Zahl der adsorbierten Ionen steigt proportional dem Potential am TropfgefaB. 1st der Tropfen negativ geladen, dann adsorbiert er positive Ionen und umgekehrt. Dabei aber werden von dem positiv geladenen Tropfen mehr negative Ionen aufgenommen als von einem negativ geladenen positive Ionen. Die Zahlen der adsorbierten Ionen stehen in ungefahr demselben Verhaltnis wie ihre Be- weglich keiten.

Die Verwendung destillierten Wassers lie6 eine Verschie- denheit gegen das bisher benutzte Berliner Leitungswasser nicht erkennen. Alkohol hatte etwas geringere Adsorptions- fahigkeit und noch geringere Benzol. Auch Quecksilber wurde als Tropfmaterial benutzt. Um griiBere Tropfen zu erhalten, fiel es durch ein mit ungefettetem Hahn versehenes Trichter- rohr in dunnem Strahl in eine am Ende des Rohres befind- liche Stahlkapsel, die an der Seite eine Offnung besaB. Durch diese Offnung fiel von Zeit zu Zeit das angesammelte Queck- silber in Tropfen herab in ein AuffangegefaB, dessen Ober-

Page 13: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden llropfen und Stahlkugeln. 51

flache aus blank poliertem Eisenblech bestand. l) Durch Queck- silber wurden die Ionen in erheblich grofierer Menge adsorbiert als durch die anderen Tropfmaterialien. Es schien die Ad- sorptionsftihigkeit mit der Dielektrizitatskonstante zu wachsen.

Bei Ausfuhrung der Versuche mufite auf gro6te Unver- anderlichkeit aller Bedingungen Rucksicht genommen werden, da z. B. geringe Schwankungen in der Starke der Rontgen- rohre die Zerstreuungskurve erheblich umgestalten konnten, ebenso unregelmafiiger Gang des Ruhrers.. Deshalb konnte es nicht verwundern , wenn die erhaltenen Werte gr6Sere Schwankungen aufwiesen und wenn nur die GroBenordnung derselben und der Sinn der Veranderungen bei verschiedenen Materialien festgestellt werden konnte. Die Versuche zeigen jedoch, daB in Luft, die durch Rontgenstrahlen ionisiert ist, geladene oder ungelsdene Tropfen beim Fallen in grofierem Ma6e negative Ionen adsorbieren als positive und zwar ent- spricht bei gleich und entgegengesetzt geladenen Tropfen die Zahl adsorbierter Ionen dem VerhLltnis der Beweglichkeiten. Die Adsorptionsfahigkeit schien mit der Dielektrizitltskon- stanten der benutzten Materialien zu wachsen.

11. Teil.

Schon im Vorhergehenden hatten wir uns von der Vor- stellungsweise, daS zur Adsorption von Ionen ein ungeladener Korper notwendig sei , entfernt und auch die Adsorptions- erscheinungen an geladenen Tropfen untersucht. Dabei mufiten ja dieselben Krafte in nur veranderter Stirke wirksam sein. Urn die Abhangigkeit zwischen Ionenbeweglichkeit und der Adsorption durch geladene Korper noch scharfer zu beob- achten, wurden in einem zweiten Teile der Untersuchung die Ionen getrennt auf ihre Adsorptionsfiihigkeit gepruft. Als Ionisator fanden Rantgenstrahlen keine Verwendung. Zur Erzeugung positiver Ionen wurde ein mit Aluminiumphosphat iiberzogener Platindraht, zur Erzeugung negativer Ionen ein mit Calciumoxyd 3) bedeckter Platindraht bcnutzt. Ein durch

1) A. Becker , Ann. d. Phys. 31. p. 98. 1910. 2) Richardson, Phil. Mag. 1911. 3) A. W e h n e l t , Ber. d. phys. med. SOC. Erlangen, Dezember 1903;

Ann. d. Php. 14. p. 425-468. 1904.

Page 14: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

58 R. Lehnhardt.

den Draht flieBender Strom brachte denselben zum Gliihen. Prinzip der Methode ist folgendes: Der gluhende Draht ist von einem Metallzylinder umgeben, an den eine beliebige Spannung gelegt werden kann. Dadurch sollen die Ionen von dem in der Achse des Zylinders befindlichen Draht weggefuhrt werden durch den ganzen Zylinderraum. Zwischen Draht und Zylinder (in der Mitte zwischen beiden) fallen die Tropfmate- rialien hindurch in ein AuffangegefiiB , daS dem ionisierten Raum ganz entriibkt ist und das mit dem Elektrometer in Verbindung steht. Die Stiirke der Ionisation an der von den

a TropfgefiiS s Schliff d Platindraht e Auffangegem z Metallzylinder g GlasgefilB t Tropfenfallstrecke

m Meesingscheibe q Quecksilber k geerd. Kondensator

be f geerd. Zylinder Drahteieb

Fig. 4. Verauchsanordnung von Teil 11.

Tropfen durchfallenen Stelle wird aus dem mit dem Galvano- meter gemessenen Strom zwischen Zylinderelektrode und Draht berechnet. Um die Untersuchung bei verschiedenen Drucken und auch in anderen Gasen durchzufuhren, war die gesamte Apparatur einschlieBlich Auffangegefaf3 in Glas eingeschlossen, vie es aus der beigegebenen Figur (Fig. 4) ersichtlich iet. F u r niedrige Drucke wurde keine Flussigkeit als Tropfmaterial verwendet , sondern blank polierte Stahlkugeln. Der Fall- apparat fur diese bestand im wesentlichen aus einer am Um- fang mit Vertiefungen versehenen, durch einen Schliff dreh- baren Messingscheibe, in deren RandlBcher durch ein seitlich angesetztes Rohr beim Drehen des Schliffes Stahlkugeln hinein-

Page 15: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Propfen und Stahlkugeln. 59

fallen konnten. Durch fortgesetztes Drehen wurden die Kugeln uber die Ansatzstelle des innen versilberten Fallrohres ge- bracht. Letzteres sa6 in einem Schliff in der Stirnwand des GlasgefiaBes. Das erstere seitliche Ansatzrohr konnte durch einen Schlauch mit Klammer luftdichten Abschlu6 erfahren. Ein am Hauptgefa6 angesetztes Quecksilbermanometer erlaubte eine genaue Druckablesung. Als Tropfapparat bei gewohn- lichem Druck wurde ein isoliert aufgestelltes MetallgefaB be- nutzt, das bei Verwendung eines andern Gases in den Schliff eingesetzt werden konnte. Die Tropfenregulierung erfolgte durch einen ungefetteten Hahn im Rohr zur Tropfspitze.

Zur Berechnung der Ionendichte an einer beliebigen Stelle in dem Zylinder aus dem Ionenstrom ist die Kennt- nis der Feldstarke notwendig. W h e n keine Ionen vor- handen, dann wurde der Verlauf der Feldstiirke in radialer Richtung logarithmisch sein. Durch die Anwesenheit der Ionen iet der Verlsuf der Feldstarke ein anderer. Die vorliegende Aufgabe verlangt die Berechnung der Feldstarke in einem Zylinderkondensator , sofern nur Ionen eines Vor- zeichens im Kondensator vorhanden sind. Far diesen Fall ist die Aufgabe in der Tat verh~tnisma6ig leicht losbar. Nur die Resultate der Losung sollen kurz mitgeteilt werden.l) 1st J der mit dem Galvanometer gemessene Strom, dann ist der Strom durch die Flacheneinheit des Zylinders

J i=- B r n h '

wo T den Radius des Zylinders und h dessen Hohe bedeutet. Ferner ist i - T = I eine Konstante. Man erhllt schlieBlich fur die Feldstarke @ den Wert:

wo u1 die Beweglichkeit der Ionen bezeichnet. Die Konstante C ist durch die Potentialdifferenz zwischen Draht und Zylinder bestimmt. Diese Potentialdifferenz betrug 300 Volt. Es ist:

R

1) B. Seeliger, Ann. d. Phya. 33. p. 319. 1910.

Page 16: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

60 B. Lehnhardt.

wo in den Grenzen des Integrals r den Radius des Drahtes, R den Radius des Zylinders bedeutet. Dieses Integral lPBt sich in geschlossener Form darstellen und aus ihm kann C ermittelt werden, und damit ist auch (3 bestimmt.

Die Rechnung setzt voraus, daB keine StoBionisation ein- tritt , und sie beriicksichtigt ferner nicht die Diffusion der Ionen. StoBionisation konnte kaum erwartet werden, und es ergab sich aus Messungen der StromstPrke bei verschiedenen Spannungen bis hinauf zu 1800 Volt ein linearer Verlauf der- selben. Andernfallls hatte man vielleicht eine Exponential- kurve erwarten kbnnen. Die Diffusion der Ionen konnte in den Gleichungen iiberhaupt nicht beriicksichtigt werden , und sodann dUrfte sie fiir die vorliegenden Versuche nicht stiirend sein, da die am Draht zuriickdiffundierenden lonen der Mes- sung gar nicht unterworfen werden.

Gang der Vereuche von Teil I1 und Berechnung derselben.

Jeder Versuch zerfiel in eine Messung der Ionendichte und eine Messung der Tropfenladungen, und zwar wurden diese beiden Messungen gleichzeitig ausgefuhrt.

Wie schon angedeutet, stiitzt sich die Berechnung der Ionendichte auf die Messung des Stromes, der in Ionenform zwischen Draht und Zylinder iiberging. Am Zylinder lag eine Spannung von f 300 Volt, je nachdem der Draht negative oder positive Ionen abgab. Der Draht selbst wurde durch eine Batterie von 24 Volt mit vorgeschaltetem, regulierbarem Wider- stand zum Gliihen gebracht. Dabei war bemerkenswert, daB immer erst nach Uberschreitung eines bestimmten Schwellen- wertes der Stromstirke eine Abgabe von Ionen stattfand. Um wahrend der ganzen Versuchsdauer mit Riicksicht auf die Temperatur moglichst gleiche Bedingungen zu haben, war der Gliihstrom immer eingeschaltet, und nur bei der Ionisationsmes- sung wurde er uber den erwahnten Schwellenwert der Emission verstkkt. Der Spannungsabfall im Draht betrug rund 10 Volt, so daB also streng genommen nicht iiberall dieselbe Potential- differenz zwischen Draht und Zylinder herrschte. Immerhin diirfte diese Differenz von 10 Volt (das eine Ende des Drahtes war geerdet) nicht gegen die 300 Volt am Zylinder in Betracht

Page 17: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln. 6 1

kommen. Der Ionenstrom wurde mit Hilfe eines Galvano- meters von S iemens & H a l s k e mit hoher Stromempfindlich- keit gemessen. Von dem einen Pol der Hochspannungsbatterie wurde eine Leitung uber das Galvanometer an den Zylinder gelegt. Von dort zum Draht vermittelten die Ionen die Strom- fuhrung. Das eine Ende des Drahtes und der andere Pol der Batterie war geerdet. Die Ablesung des Galvanometers war objektiv, so da6 gleichzeitig Strom und Elektrometer be- obachtet werden konnten. Die Empfindlichkeit des Galvano- meters betrug 2,l - 10-lo Amp. pro Skalenteil.

Zur Messung der von einem Tropfen mitgefuhrten Ladung wurde das Einfadenelektrometer von E l s t e r und Ge i t e l be- nutzt. Dieses Instrument erwies sich als sehr geeignet durch seine Aperiodizitit und geradezu momentane Einstellung. I n einem Vorversuch ohne Ionisation wurcle zunachst die Ladung eines Tropfens unter dem Einflu6 aller storenden Nebeneffekte bestimmt Der Fehler beim Abtropfen wurde dadurch konstant gemacht, da6 das isoliert aufgestellte TropfgefaB auf * 60 Volt aufgeladen wurde, je nachdem negativ oder positiv ionisiert war. Zur Abschwachung des Lenardeffektes war im Auf- fangegefa6 ein Sieb angebracht. Es sei hier bemerkt, da6 bei Verwendung von Stshlkugeln dieselben auf ein Polster aus Messingfeilicht fielen , um ein Zuriickspringen derselben zu vermeiden. Da das AuffangegefiiB vom ionisierten Raum ganz getrennt war, kam der Zerstreuungseffekt in Fortfall und eine Zerstreuungskurve brauchte nicht aufgenommen zu werden.

Im Hauptversuch wurde die von den Tropfen mitgefiihrte Ladung bei ionisierter Luft gemessen. Zeigte das Elektro- meter vor der Ionenemission z. B. positive Ladung eines Tropfene an, dann kehrte sich bei geniigender Uberschreitnng des erwiihnten Schwellenwertes der Stromstarke im Draht das Vorzeichen der Tropfenladung sofort um. Eine Verkleinerung der Stromstarke unter den Schwellenwert lief3 sofort wieder die Verhaltnisse des Vorversuches erkennen. Es sei noch bemerkt, da6 die Ionendichte durch Variation der Stromstarke oberhalb des Schwellenwertes in weiten Grenzen verandert werden konnte. Bei allen Versuchen wurde moglichst gleiche Tropfgeschwindigkeiten erstrebt (50 Tropfen pro Minute). In

Page 18: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

62 R. Zehnhardt.

einem Nachversuch wurde der Vorversuch wiederholt und das Elektrometer geeicht.

Die Berechnung der Ladung eines Tropfens geschah ebenso wie im ersten Teil aus der Kapazitat des auffangenden Systems ('78 cm) und der am Elektrometer abgelesenen Span- nung. Die Zahl der von einem Tropfen adsorbierten Zahl von Ionen wurde wie fiiiher in Prozenten der von den im ionisierten Fallraum des Tropfens vorhandene Ionen aus- gedriickt.

I n der ganzen Untersuchung kam naturgemaB der Be- weglichkeit der Ionen cine erhohte Bedeutung zu. Die im ersten Teil verwendeten Werte fur die Ionenbeweglichkeit konnten im zweiten Teile nicht ohne weiteres angenommen werden, da die Ionenbeweglichkeit auch von der Temperatur abhiingig ist.l) Die Unabhangigkeit der genannten GroBe vom Ionisator ist in den verschiedensten Arbeiten gezeigt worden. Auch waren schon Versuche uber Ionenbeweglichkeit in Luft mit verschiedenen DZimpfen gemacht worden.%) SchlieBlich wurden folgende Werte angenommen:

Negative Ionen Positive Ionen Feuchte Luft 1,80 1,34 Kohlensliure 0,90 0,98 Luft mit Alkoholdampf 1,51 1,20

Bei niederen Drucken wurde die Beweglichkeit dem Druck umgekehrt proportional angenommen , was in dieser Unter- suchung erlaubt war (Druck von ungefar 'la Atmosphare).

Ergebnisee vom II. Teil.

Von vornherein hatte man erwarten miissen, daB bei aller Komplikation, die in dem zylindrischen Feld, der Ladung ekes Tropfens und der Verteilung der Ladung auf dem Tropfen liegt , die Adsorption der leichter beweglichen Ionen ent- sprechend gr6Ser sein miisse als die der langsamen Ionen. Es war deshalb um so uberraschender, daS das Experiment scheinbar eine andere Aussage machte und zwar die, da6 bei

1) A. F. Kovarik, Phys. Rev. p. 1315. 1910. 2) Z. B. Rutherford, Phil. Mag. 4. p. 219. 1901; K. Przibam,

Wiener Ber. 118 (11), p. 1419, 1909.

Page 19: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln. 63

gleicher Ionendichte die Adsorption der Beweglichkeit un- gefiihr umgekehrt proportional ist. Zur Aufklarung uber diesen Punkt .wurde zunachst festgestellt, ob die durch die Tropfen mit herabgerissene Luft vielleicht als Ursache zu betrachten sei, indem sie namentlich am unteren Rand des Kondensators die langsameren Ionen in gr6Berer Zahl mit sich fiihrt bis zum AuffangegefaB. Diese Vorstellung ware plausibel, da in einem Luftstrom die p e r durch ihn fortschreitenden Ionen urn so langer bleiben miissen, je langsamer sie sich bewegen. Ein Versuch, bei dem der emittierende Platindraht zur Halfte verkiirzt wurde, so da6 also nur im oberen Teil des Konden- sators Ionenemission stattfand, zeigte, da6 die Vermutung nicht richtig war. Das Ergebnis blieb ungeandert. Der verkiirzte Platindraht setzt sich nach unten in einem dicken Kupfer- draht fort, so dab das Feld genau so bestand wie vorher und alle in einem Luftstrom nach unten gelangenden Ionen hatten herausgeholt werden miissen.

Sodann wurde gepriift, ob nicht die durch den gltihenden Draht aufwarts steigende, und nur durch die enge Offnung des Tropfeneintritts hinausgelangende Luft in derselben Weise am oberen Kondensatorende wirkte wie es im vorhergehenden Falle am unteren Ende vorgestellt war. Zu dem Zwecke wurde ein Metallzylinder von derselben GroBe wie der vom Glas umschlossene benutzt und in seiner Achse der Platin- draht aufgehhgt. Nun konnte die erhitzte Luft gleich am Draht nach oben steigen und war nicht gezwungen, ihren Weg in der Fallstrecke der Tropfen zu nehmen. Es zeigte sich, daB in der Tat die Adsorption der Beeeglichkeit direht propor- tional war. Dabei waren die Ionenstrome so eingestellt, da6 die Dichte der Ionen immer dieselbe blieb. Mit dem letzt- erwahnten Versuch wurde zugleich die Abhangigkeit der Tropfenladung von dem am TropfgefaB liegenden Potential beobachtet und zwar zunachst ohne Ionisation. Es ergibt sich, daB die Tropfenladung dem Potential am TropfgefaB propor- tional ist. Auch bei dem Potential 0 des TropfgefaBes zeigen die Tropfen eine bestimmte Ladung, die hier hauptslchlich auf die influenzierende Wirkung des benachbarten Zylinders auf das TropfgefaB zuriickzufiihren ist.

Wurde ionisiert, dann ergab sich, daB bei einem ganz

Page 20: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

64 R. Jehnhardt.

bestimmten Potential am TropfgefaB eine Aufnahme von Ionen nicht mehr stattfand. War das Potential nach dem den Ionen entgegengesetzten Vorzeichen hbher , dann wurde die Adsorp- tion der Spannung am TropfgefaB wieder proportional beob- achtet. Die Kurve lauft dann der Abszisse parallel. War das Potential nach der andern Seite grbBer, d a m fand keine Aufnahme von Ionen mehr statt. Eine ganz geringe Ladung ging sogar verloren. Wenn man die Tropfen als Leiter be- trachtet, dann lilBt sich die Spannung eines Tropfens, bei der mit der benutzten Anordnung keine Ionen mehr aufgenommen werden, zu ungefahr 70 Volt berechnen. Die Messungen fanden

statt. Ionen bei einer Ionendichte in der Fallinie yon rund lo8=

Durch die letzten Versuche mit freiem Kondensator war gezeigt worden, daB die Ionenadsorption der Beweglichkeit ungefilhr proportional ist. Die Resultate der ersten Versuchs- reihe von Teil I1 im GlasgefaB sind nun immer noch wertvoll, indem sie die Abhangigkeit der Adsorption von der Beweg- lichkeit der Ionen zwar nicht unmittelbar angeben, aber nach Aufdeckung des Zusammenhangs in nicht minder scharfer Form. Eine schiine Bestatigung ergaben einige Versuche in Kohlen- saure, bei der die positiven Ionen nach der mitgeteilten Tabelle leichter beweglich sind als die negativen. In der Tat war hier eine Umkehrung des Effektes zu beobachten, der Ver- schiedenheit der Beweglichkeiten entsprechend. Die Versuche mit Stahlkugeln ergaben, daB hier die Abhangigkeit bei dem- selben Bruck nicht mehr so scharf war wie fruher, wenn auch der Sinn des Resultates gewahrt wurde. Es diirfte dies seine Erkliirung darin finden, daB jetzt bei abgedichtetem GefaB die Luft nicht mehr so ungehindert aufsteigen konnte wie fruher , wenn auch eine Zirkulation in ahnlichem Sinne statt- gefunden haben wird. Ferner war das Ende der Fallrohre dicht iiber dem Kondensatorrand. Bei einem um die Halfte verminderten Druck fand bei gleicher Ionendichte eine starkere Adsorption derselben Ionenart als bei Atmospharendruck statt. Hier tritt die Wirkung der mit dem aufsteigenden Luftstrom nach oben mitgefuhrten Ionen gegen die im Kondensator be- findlichen zuriick. Ein bemerkenswerter Unterschied der Tropfmaterialien. Destilliertes Wasser , Leitungswasser , ver-

Page 21: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

henadsorption an fallenden Tropfen und Staltlkugeln. 65

schieden stark konzentrierte NaC1-Losungen hinsichtlich des Adsorptionsvermogens konnte nicht beobachtet werden. Nur Alkohol wies geringere Werte auf, ganz ahnlich wie im ersten Teil der Arbeit Benzol. Diese Substanz wurde auch im zweiten Teil verwendet. Schwierigkeiten bei der Messung des Ioni- sationestromes fiihrten dazu, eine quantitative Feststellung des Effektes in diesem Fall zu unterlassen. Es war aber ersicht-

Adsorption eines Tropfens bei verschiedenen Ionendichten, aus- gedruckt in Prozenten der im

Fallraum befindlichen Ionen.

(Kondensstor im GlasgefiiB ein- geschlossen.)

Fig. 5.

lich , daB Benzol noch geringeres Adsorptionsvermogen hatte als Alkohol. Eine Erkliirung fur den verhiiltnismL6ig geringen Effekt bei Stahlkugeln ist schon gegeben worden. Endlich ist bemerkenswert, daB stets die Adsorption, ausgedriickt in Pro- zenten der im Fallraum vorhandenen Ionen mit abnehmender Ionendichte gro6er wurde. Es diirfte diese Erscheinung wohl auf dem Umstand beruhen, da8 bei grij6erer Ladung eines Tropfens Ionen desselben Vorzeichens in geringem Mal3e an ihn herantreten werden, und da0 bei groSer Ionendichte diese

Annalen der Phpik. IV. Folge. 42. 5

Page 22: Über Ionenadsorption an fallenden Tropfen und Stahlkugeln

66 R. Lehnhardt. Ionenadsorption usw.

gr6Bere Ladung schneller erreicht wird als bei geringerer Dichte. Einige Kurven, die die Adsorption eines Tropfens in Prozenten der im Fallraum vorhandenen Ionen bei verschie- denen Dichten angeben, sind in Fig. 5 dargestellt.

Endlich mochte ich nicht verfehlen Herrn Geheimrat Borns t e in fur das der Arbeit entgegengebrachte Interesse zu danken, ebenso Herrn Dr. Seel iger . Ferner bin ich Herrn Prof. W ehne l t fiir die muhevolle Durchsicht der Arbeit zu Dank verpflichtet.

Ber l in , Physik. Institut der Landwirtschaftl. Hochschule. c

(Eingegangen 8. Mai 1913.)