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I7, APRIL 1937 b2LINISCHE WOCHENSCHRIFT. 16. JAHRGANG. Nr. ~6 men worden. Die Ascorbinsgure wurde per os aufgel6st ge- geben -- io mg pro Kilogramm K6rpergewicht. Alle Unter- suchungen wurden morgens ausgeffihrt, doch waren die Ver- suchspersonen niche nfichtern. Versuchs- Versuehs- Nr. person o Std. I Std. 2 Std. 3 Std, 4 Std. 5 Std. A t c D A O,OO (0,20) 0,00 (o,2o) o, I5 (o, 16) 0,20 (o, I4) o, 15 (O, 12) 0,30 (0,60) o,25 (O,II) 0,20 (0,21) 0,35 (o, I2) 0,40 (o, I4) (o,1~) 0,60 (0,39) O,OO O,OO 0,60 0,80 0,70 (0,23) 0,40 (0,85) (0,20) (0,45) 0,25 (0,27) (I,I5) (2,00) o,3o (0,58) (o,~9) (0,40) 0,20 (0,50) 0,60 (t,9o) 0,40 (z,o8) (0,43) (~,39) (I,58) B Die erste Zahl in der Kolonne gibe die verbrauchte Menge Methylenblau an, mit 2 multipfiziert und auf die n~chsten 1/20 ccm abgerundet (0,50 ccm = I rag% Ascorbins~ture). Die eingeklam- merten Zahlen geben die zur Titrierung yon 5 ccm Urin verbrauchte Menge 2,6-Dichlorphenolindophenol an (o,43 ccm = Img Ascorbin- saute). Das Resultat geht aus obenstehender Tabelle hervor. Das Schema zeigt, dab es im AnschluB an die 13elastung mit Ascorbins~ture in allen Fgllen zu einer Erh6hung der Serum- ascorbinsi~ure gekommen ist, und dab die H6he und Dauer der Steigung in einem bestimmten Verhalt zur 1Reduktion beim 13eginn steht (d. h. Reduktion vor 13elastung). In den beiden ersten F~llen A und 13, bei denen die Re- duktion bei 13eginn o war, kam nach I Stunde eine schwache Steigerung, bis o,2 und 2 Stunden, naeh Eingabe der Ascorbin- sgure war die Reduktion wieder o. In den beiden ngchsten F~llen C und D, bei denen die Reduktion bei t3eginn um o,2 lag, hielt sieh die Steigerung fiber die erste Stunde. Das Serum der Versuchsperson C gab so nach 2 Stunden eine Reduktion yon 0,6, und erst nach 3 Stunden war die Reduktion auI 0,25 gefallen, w/ihrend das Serum der Versuchsperson D, das die h6chste Reduktion bei t~eginn hatte, eine Reduktion yon o,8 nach 2 Stunden gab und noeh nach 4 Stunden eine Reduk- tion yon 0, 4. Diese Resultate stimmen auch mit der Nose fiberein, die die Versuchspersonen zu sich nahmen : A und 13 hatten lgngere Zeit mit einer Vitamin C-armen Kost gelebt, C hatte ge- w6hnliche Kost mit reichlichen Mengen Kartoffeln, und D hatte reiehliche Mengen Frfichte mit einer tfigliehen Zulage yon 2 EB16ffel Vitameller erhalten. Die Versuche 5 und 6 wurden ausgeffihrt, naeh dem die Versuchspersonen innerhalb yon IO Tagen t~tglich 5omg Ascorbins~ure per os eingenommen batten, t3ei der Ver- suchsperson A sieht man keine besondere Xnderung in der Reaktion, auBer einer Reduktion bei Beginn, dagegen sieht man nun bei Versuchsperson 13, die vorher sehr schwaeh reagierte, eine kr~tftige und andauernde Erh6hung der Serum- ascorbinsAure. Eine so geringe Zahl yon Untersuchungen kann nur Richt- linien geben Ifir die Forderung, die man zu begrfinden suchte, und man muB vorlgutig annehmen, dab sich im Sermn yon Menschen normalerweise eine Ascorbins~turekonzentration yon etwa o,3o rag% finde" (Reduktion = o,15 ccm), und dab nach 13elastung mit lo mg Ascorbinsgure per os pro Kilo- gramm Gewicht noch nach 2 Stunden etwa I mg % Ascorbin- sXure im Blutserum nachweisbar ist. Bei Menschen mit vitamin-C-armer Kost werden die Zellen des Organismus schneller die Ascorbins~ture aus dem 131ut aufnehmen, und eine Analyse 2 Stunden nach 13elastung wird negativ ausfallen und so der direkte Ausdruck sein ffir die dutch falsche Ern~hrung entstandene erh6hte Affinitgt zwisehen den Zellen des Organismus und der Ascorbins/iure. Erst mit Untersuchung eines gr6Beren Materials k6nnen Erfahrungen gesammelt werden, auf Grund deren eine Grenze zwischen normal und pathologiseh festgesetzt und eine mit 557 Hinblick auf Vitamin C-Inhale zufriedenstellende Di/it be- urteilt werden kann. Hit dieser Methode hat ]~RIK TRIER nun fiber 5o0 Unter- suchungen der Serumascorbins~ure ausgeffihrt und hat ffir I56 Personen in den Monaten Juli und August als Mittelwert o, 4 mg Aseorbins/~ure per ioo ccm .131utserum gefunden. TRIER hat sein Material in 3 Gruppen eingeteilt auf Grund einer schgtzungsweisen Veranschlagung des C-Vitamin- Gehaltes in der Kost und finder, dab die Serumascorbins~ture- titer eine gute Abh~ngigkeit hiervon zeigen. Literatur : t-I. LUIVD u. tI. LIECK, Skand. Arch. Physiol. (Berl. n. Lpz.) 74, 255 u. 270 (1936). -- MARTINI U. BONSIGNORE, Biochem. Z. 273, 17o (1934). -- W. NEU~VEIL]~R, Klin. ~Zschr. 1936, 854. -- ERIK TRIER, Ugeskr. Laeg. (dAn.) 1936, 1238. UBER IRRTOMER BEI AUSWERTUNG DER STERNALPUNKTION. ~v~on Prof. Dr. A. v. DOMARUS, Direktor dec I, medizinischen Abteilung des ttorst %Vessel-Krankenhauses ira Friedrichshain, Berlin. Die groBe diagnostische Bedeutung der Knochenmarks- untersuchung am Lebenden mittels der Sternalpunktion steht heute atil3er Zweifel. Teils bietet sie wesentliche Er- g~tnzungen ffir die 13eurteiIung des klinischen 13ildes, teils hefert sie fiberhaupt erst die richtige F/ihrte ffir die Diagnose. Auch auf meiner Abteilung wird yon diesem diagnostischen Verfahren seit l~tngerer Zeit ausgiebig Gebrauch gemacht, wobei in l[rbereinstimmung mit den Berichten im Schrifttum in zahlreichen lCMlen wichtige Feststellungen gemacht werden konnten. ]3ei einer relativ jungen Untersuchungsmethode, die wie die Sternalpunktion in kurzer Zeit weiteste Verbreitung und infolge ihrer Vorzfige in steigendem Mal3e begreiflicherweise fiberall begeisterte Zustimmung land, ist es aber unerl/~Blich, rechtzeitig die Grenzen zu erkennen, die ihr als diagnostischem Verfahren gesteekt sind und insbesondere die ihr, wie jeder derartigen Methode, notwendigerweise anhaftenden b-ehler- quellen kenne~zulernen, deren Ignorierung allzu leicht zu einer Diskreditierung des an sich wertvollen Vcrfahrens ffihren k6nnte. Zwei 13eobachtungen der letzten Zeit, die wir auf meiner Abteilung machten und die einen Beitrag zu dieser ~ber- legung bilden, zeigen, dab auch bei der Sternalpunktion eine gewisse Zurfickhaltung in der 13ewertung der erhobenen ]3e- funde unter manchen Umst~inden angebracht ist. Ich gebe zun~ichst die beiden t(rankengeschichten auszugsweise wieder. Im 1. ~'all handelt es sich uln eine 28j~hr. Xleberin H. 1,2. Krankenhausbeobachtung vom 25. XII. 1935 bis 3. III. 1936. Autn.-Nr. 5989. Die jetzige l(rankheit begann im September 1935 mit zunehlnender Bl~tsse und Schw~tche. Pat. arbeitete damals in einer Gumnlifabrik (fiber eine ghnliche 1-2rankheit ihrer Arbeits- kolleginnen lieB sich nichts feststellen). Blasse und Mfidigkeit nah- men langsam zu, dazwischen trat heitiges Nasenbluten auf. Bei der Aufnahme ins Xrankenhaus besteht hochgradige Bl~sse bei gutenl Ern~hrungszustand. Keine Petechien. Zunge normal, nicht glatt. Innere Organe o. I3. Milz 5 cm. Blut: 25 Hb., J,I8 Mill. t~ote, FI. etwa 1,o, 40oo Leuk., 57 Segm., 4 Stab., lO Jug., 25 Lymph., o Eos. Vv'eder Normo- noch Megaloblasten, keine Megalocyten. Reticuloc. 30/00, Serumfarbe hell. Senkung lO5 bzw, 154 nach 1 resp. 2 Stunden. WaR. o. I-Iarnfarbe normal; Urobilin und Urobilinogen negativ. Im Stuhl reichlich okkultes Blue. Der Coffeinprobetrunk ergibt geringe Subacidit~tt, keine Achylie. Blutdruck 13o[5o. Rumpel-Leede positiv. "Wegen des Fehlens wichtiger Merkmale einer pernizi6sen AnXmie wird zun~chst die Vermutungsdiagnose aplastische An~mie gestellt. Eine sofort vorgenommene Transfusion hat nur geringen Erfolg (3~ Hb., 1,6 Rote); Campolondepot yon lo ccm; in der folgenden Zeit verst~rkt sich die hamorrhagische Diathese. Naeh io Tagen lib. 30, Rote 1,62o. Es tritt eine sehr heftige, 8 Tage dauernde Menstrualblutung ein. 1~s bestehen leichte snDfebrile Temperatur- steigerungen, t;ortsetzung der Campolonbehandlung (je z ccm). Die gyngkologische Untersuchung ohne wesentlichen Befund ffir die Angmie. Das Krankheitsbild verlfiuft nun die n~tchsten VVochen in der gleichenWeise weiter ; da das Hb. wieder auf 25 sinkt, ernente Trans-

Über Irrtümer bei Auswertung der Sternalpunktion

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I7, A P R I L 1937 b 2 L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 16. J A H R G A N G . N r . ~6

m e n worden . Die Asco rb insgure wurde pe r os aufge l6s t ge- geben - - io m g p ro K i l o g r a m m K6rpe rgewich t . Alle U n t e r - s u c h u n g e n w u r d e n m or gens ausgeff ihr t , doch w a r e n die Ver - s u c h s p e r s o n e n n iche n f ich te rn .

Versuchs- Versuehs- Nr. person o Std. I Std. 2 Std. 3 Std, 4 Std. 5 Std.

A

t c

D

A

O,OO (0,20) 0,00

(o,2o) o, I 5

(o, 16) 0 , 2 0

(o, I4) o, 15

(O, 12) 0,30

(0,60)

o,25 (O, II) 0,20

(0,21) 0,35

(o, I2) 0,40

(o, I4)

(o,1~) 0 , 6 0

(0,39)

O,OO

O,OO

0 , 6 0

0,80

0,70 (0,23) 0 , 4 0

(0,85)

(0,20)

(0,45) 0,25

(0,27)

( I , I 5 )

(2,00) o,3o

(0,58)

(o,~9)

(0,40) 0 , 2 0

(0,50) 0,60

(t,9o) 0,40

(z,o8)

(0,43)

(~,39)

( I , 5 8 ) B

Die erste Zahl in der Kolonne gibe die verbrauchte Menge Methylenblau an, mi t 2 multipfiziert und auf die n~chsten 1/20 ccm abgerundet (0,50 ccm = I rag% Ascorbins~ture). Die eingeklam- merten Zahlen geben die zur Titr ierung yon 5 ccm Urin verbrauchte Menge 2,6-Dichlorphenolindophenol an (o,43 ccm = I m g Ascorbin- saute).

Das R e s u l t a t g e h t aus o b e n s t e h e n d e r Tabe l l e he rvor . Das S c h e m a zeigt, d a b es im Ansch luB a n die 13elastung m i t Ascorbins~ture in a l len Fgl len zu e iner E r h 6 h u n g de r Se rum- ascorbinsi~ure g e k o m m e n ist, u n d d a b die H 6 h e u n d D a u e r de r S t e igung in e inem b e s t i m m t e n V e r h a l t zu r 1Reduktion b e i m 13eginn s t e h t (d. h. R e d u k t i o n v o r 13elastung).

I n den be iden e r s t en F~l len A u n d 13, bei d e n e n die Re- d u k t i o n bei 13eginn o war , k a m n a c h I S t u n d e eine s chwache S te igerung, bis o,2 u n d 2 S t u n d e n , n a e h E i n g a b e de r Ascorb in - sgure wa r die R e d u k t i o n wieder o. I n den be iden n g c h s t e n F~l len C u n d D, bei denen die R e d u k t i o n bei t3eginn u m o,2 lag, h i e l t s ieh die S t e ige rung fiber die e rs te S t unde . Das S e r u m de r Ve r suchspe r son C gab so n a c h 2 S t u n d e n eine R e d u k t i o n y o n 0,6, u n d e r s t n a c h 3 S t u n d e n w a r die R e d u k t i o n au I 0,25 gefal len, w/ ih rend das S e r u m der V e r s u c h s p e r s o n D, das die h 6 c h s t e R e d u k t i o n bei t~eginn h a t t e , e ine R e d u k t i o n yon o,8 n a c h 2 S t u n d e n gab u n d noeh n a c h 4 S t u n d e n eine R e d u k - t i on yon 0, 4.

Diese R e s u l t a t e s t i m m e n auch m i t de r Nose f iberein, die die V e r s u c h s p e r s o n e n zu sich n a h m e n : A u n d 13 h a t t e n lgngere Ze i t m i t e iner V i t a m i n C-a rmen K o s t ge lebt , C h a t t e ge- w6hn l i che K o s t m i t r e ich l i chen M e n g e n Kar to f f e ln , u n d D h a t t e re ieh l iche M e n g e n Fr f i ch te m i t e iner t f ig l iehen Zulage yon 2 EB16ffel V i t a m e l l e r e rha l t en .

Die Ver suche 5 u n d 6 w u r d e n ausgeff ihr t , n a e h d e m die V e r s u c h s p e r s o n e n i n n e r h a l b yon IO T a g e n t~tglich 5 o m g Ascorb ins~ure pe r os e i n g e n o m m e n b a t t e n , t3ei de r Ver- suchspe r son A s i eh t m a n ke ine b e s o n d e r e X n d e r u n g in de r R e a k t i o n , auBer e iner R e d u k t i o n bei Beg inn , dagegen s i eh t m a n n u n bei Ve r suchspe r son 13, die v o r h e r sehr s c h w a e h reagier te , eine kr~tftige u n d a n d a u e r n d e E r h 6 h u n g de r S e r u m - ascorbinsAure .

E ine so ger inge Zah l yon U n t e r s u c h u n g e n k a n n n u r R i c h t - l in ien geben Ifir die F o r d e r u n g , die m a n zu beg r f inden suchte , u n d m a n muB vor lgu t ig a n n e h m e n , d a b sich i m S e r m n yon M e n s c h e n no rma le rwe i se eine Asco rb ins~ tu rekonzen t r a t i on yon e t w a o,3o r ag% f i n d e " ( R e d u k t i o n = o,15 ccm), u n d d a b n a c h 13elastung m i t l o m g Asco rb in sgu re pe r os p ro Kilo- g r a m m Gewich t noch n a c h 2 S t u n d e n e t w a I m g % Ascorb in - sXure im B l u t s e r u m n a c h w e i s b a r ist .

Bei M e n s c h e n m i t v i t a m i n - C - a r m e r Kos t w e r d e n die Zel len des O r g a n i s m u s schne l l e r die Ascorbins~ture aus d e m 131ut a u f n e h m e n , u n d eine Ana lyse 2 S t u n d e n n a c h 13elastung wird n e g a t i v ausfa l len u n d so de r d i r ek t e A u s d r u c k sein ffir die d u t c h fa lsche E r n ~ h r u n g e n t s t a n d e n e e r h 6 h t e A f f i n i t g t zwisehen den Zel len des O r g a n i s m u s u n d de r Ascorbins / iure .

E r s t m i t U n t e r s u c h u n g eines gr6Beren Mate r i a l s k 6 n n e n E r f a h r u n g e n g e s a m m e l t werden , auf G r u n d d e r e n eine Grenze zwischen n o r m a l u n d pa tho log i seh fe s tgese tz t u n d eine m i t

557

H i n b l i c k au f V i t a m i n C- Inha le zu f r i edens t e l l ende Di/i t be- u r t e i l t w e r d e n k a n n .

H i t d ieser M e t h o d e h a t ]~RIK TRIER n u n fiber 5o0 U n t e r - s u c h u n g e n de r S e r u m a s c o r b i n s ~ u r e ausgef f ih r t u n d h a t ffir I56 P e r s o n e n in den M o n a t e n Ju l i u n d A u g u s t als M i t t e l w e r t o, 4 m g Aseorbins/~ure pe r i oo ccm .131utserum ge funden . TRIER h a t sein Ma te r i a l in 3 G r u p p e n e inge te i l t au f G r u n d e iner s chg t zungswe i sen V e r a n s c h l a g u n g des C-Vi t amin - Geha l t e s in de r K o s t u n d f inder , d a b die Serumascorbins~ture- t i t e r eine gu t e A b h ~ n g i g k e i t h i e r v o n zeigen.

L i t e r a t u r : t-I. LUIVD u. tI . LIECK, Skand. Arch. Physiol. (Berl. n. Lpz.) 74, 255 u. 270 (1936). -- MARTINI U. BONSIGNORE, Biochem. Z. 273, 17o (1934). - - W. NEU~VEIL]~R, Klin. ~Zschr. 1936, 854. - - ERIK TRIER, Ugeskr. Laeg. (dAn.) 1936, 1238.

U B E R IRRTOMER BEI AUSWERTUNG DER STERNALPUNKTION.

~v~on

P r o f . Dr . A. v. DOMARUS, Direktor dec I, medizinischen Abteilung des t torst %Vessel-Krankenhauses

ira Friedrichshain, Berlin.

Die groBe d iagnos t i s che B e d e u t u n g de r K n o c h e n m a r k s - u n t e r s u c h u n g a m L e b e n d e n mi t t e l s de r S t e r n a l p u n k t i o n s t e h t h e u t e atil3er Zweifel. Teils b i e t e t sie wesen t l i che E r - g~tnzungen ffir die 13eurteiIung des k l in i schen 13ildes, tei ls h e f e r t sie f i b e r h a u p t e r s t die r i ch t ige F / ih r t e ffir die Diagnose . A u c h auf m e i n e r A b t e i l u n g wird yon d iesem d i agnos t i s chen V e r f a h r e n sei t l~tngerer Zei t ausgiebig G e b r a u c h gemach t , wobei in l [ rbe re in s t immung m i t den B e r i c h t e n i m S c h r i f t t u m in zah l r e i chen lCMlen wich t ige F e s t s t e l l u n g e n g e m a c h t werden k o n n t e n .

]3ei e iner r e l a t i v j u n g e n U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e , die wie die S t e r n a l p u n k t i o n in k u r z e r Zei t we i tes te V e r b r e i t u n g u n d infolge i h r e r Vorzfige in s t e igendem Mal3e begre i f l icherweise f iberal l bege i s t e r t e Z u s t i m m u n g l and , i s t es a b e r unerl/~Blich, r ech tze i t ig die Grenzen zu e rkennen , die i h r als d i a g n o s t i s c h e m V e r f a h r e n ge s t eek t s ind u n d i n sbesonde re die ihr , wie j ede r d e r a r t i g e n Methode , no twend ige rwe i se a n h a f t e n d e n b-ehler- que l len k e n n e ~ z u l e r n e n , de ren I g n o r i e r u n g allzu l e ich t zu e iner D i s k r e d i t i e r u n g des an sich wer tvo l l en V c r f a h r e n s f f ihren k 6 n n t e .

Zwei 13eobach tungen de r l e t z t en Zeit , die wir au f m e i n e r A b t e i l u n g m a c h t e n u n d die e inen B e i t r a g zu d ieser ~ b e r - l egung bi lden, zeigen, d a b auch bei de r S t e r n a l p u n k t i o n eine gewisse Z u r f i c k h a l t u n g in der 13ewertung de r e r h o b e n e n ]3e- funde u n t e r m a n c h e n Umst~ inden a n g e b r a c h t ist. Ich gebe zun~ichst die be iden t ( r a n k e n g e s c h i c h t e n auszugsweise wieder .

Im 1. ~'all handelt es sich uln eine 28j~hr. Xleberin H. 1,2. Krankenhausbeobachtung vom 25. XII . 1935 bis 3. I I I . 1936. Autn.-Nr. 5989. Die jetzige l ( rankhei t begann im September 1935 mit zunehlnender Bl~tsse und Schw~tche. Pat. arbeitete damals in einer Gumnlifabrik (fiber eine ghnliche 1-2rankheit ihrer Arbeits- kolleginnen lieB sich nichts feststellen). Blasse und Mfidigkeit nah- men langsam zu, dazwischen t r a t heitiges Nasenbluten auf.

Bei der Aufnahme ins Xrankenhaus besteht hochgradige Bl~sse bei gutenl Ern~hrungszustand. Keine Petechien. Zunge normal, n icht glatt . Innere Organe o. I3. Milz 5 cm. Blut : 25 Hb., J,I8 Mill. t~ote, FI. etwa 1,o, 40oo Leuk., 57 Segm., 4 Stab., lO Jug., 25 Lymph., o Eos. Vv'eder Normo- noch Megaloblasten, keine Megalocyten. Reticuloc. 30/00, Serumfarbe hell. Senkung lO5 bzw, 154 nach 1 resp. 2 Stunden. WaR. o. I-Iarnfarbe normal; Urobilin und Urobilinogen negativ. Im Stuhl reichlich okkultes Blue. Der Coffeinprobetrunk ergibt geringe Subacidit~tt, keine Achylie. Blu tdruck 13o[5o. Rumpel-Leede positiv.

"Wegen des Fehlens wichtiger Merkmale einer pernizi6sen AnXmie wird zun~chst die Vermutungsdiagnose aplastische An~mie gestellt.

Eine sofort vorgenommene Transfusion ha t nur geringen Erfolg (3 ~ Hb., 1,6 Rote); Campolondepot yon lo ccm; in der folgenden Zeit vers t~rkt sich die hamorrhagische Diathese. Naeh io Tagen l ib . 30, Rote 1,62o. Es t r i t t eine sehr heftige, 8 Tage dauernde Menstrualblutung ein. 1~s bestehen leichte snDfebrile Temperatur- steigerungen, t ;ortsetzung der Campolonbehandlung (je z ccm). Die gyngkologische Untersuchung ohne wesentlichen Befund ffir die Angmie. Das Krankheitsbild verlfiuft nun die n~tchsten VVochen in der gleichenWeise weiter ; da das Hb. wieder auf 25 sinkt, ernente Trans-

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fusion. Am 20. I. 1936 Blutbefund: 25 ]:lb., 1,2 Mill. Rote, 3ooo Weil3e, 2oooo Thrombocyten (nach FoNIo), Resistenz max. 0,30, min. 0,44. Im Harn fehlen dauernd Urobilin und Urobilinogen. Erythr.- Durchmesser im Mittel 8,2. Augenhintergrund zeigt beiderseits kleine Blutungen. I-I~ufiges Nasellbluten sowie Zahnfleisehblutungell. Wegen des Blutbefundes ulld insbesolldere wegen des Fehlens aller ft~r pernizi6se An~mie charakteristischen Merkmale wird an der Diagnose aplastische AnXmie bzw. ]?anmyelophthise festgehalten.

Die am 2o. I. 1936 vorgenommene Sterna~punktion ergibt jedoch reichlich kernhaltige rote Blutk6rperchen -corn Typus der Normo- blasten und ein weiBes Knochenmarksblutbild, welches etwa der Norm entspricht (mit Fehlen der Megakaryocyten).

Auf Grulld dieses 13efundes wird die ursprfmgliche Diagnose nna- gestogen und wegen des Nachweises deutlicher Regenerations- erscheillungen im Knochenmark eine gflnstigere Prognose als an- fangs gestellt.

Fortsetzung der Therapie mit Campoloninjektiollen, Ferrum carbonicum sowie reichlichen Mengen Vitamin C (Cebion bzw. Cantan). Trotz dieser Therapie und mehrfacher weiterer Trans- fusionen macht sowohl die An~mie wie die h~tmorrhagische Dia- these (illsbesondere in Form yon Uterusblutullgell) weitere Fort- schritte, wobei die Leukocyten auf 18oo, die Thrombocyten auf 1900o sinken. JKurz vor dem Exitus, welcher am 3- III . 1936 er- iolgt, betr~gt das Hb. 15, die Zahl der Roten 77oooo.

Die Sektlon (Prof. BOC~lXER) ergibt im wesentlichell Fet tmark in den langen R6hrenknochen mit nur ganz vereinzelten Blut- bildungsherden in den Diaphysen, im Sternum Wechsel von Fett- mark lllld blutbildendem Mark, ferller deutliche H~tmosiderose ill der Leber und in der Milz. Die Diagnose des pathologischen Anatoms lautet: Aplastische Andimie.

Der 2.'Fall betrifft einen 25j~hr. Arbeiter H. t1. Aufnahme- Nr. 6287. Krankenhausbeobachtung yore 25. III. bis 13. VI. 1936. Im AnschluB an eine vor 3]4 Jahren erworbene luische Infektion t ra t nach Abschlul3 der 2. Salvarsankur angeblich ein aus roteu Flecken und Kn6tchen bestehender Ausschlag auf; die hierauf begonnene Hg-Sehmierkur, die der Pat. selbst vornahm, wurde yon ihm aus Unwissenheit in der Weise durchgeffihrt, dab er 6real hinter- einander den ganzen K6rper mit Quecksilbersalbe einrieb. 4 Tage -r der Aufnahme ins Krankenhaus t ra ten Entziindungen des Zahnfleisches mit Blutulagen, Nasenbluten, Schmerzell beim Schlucken ulld Fieber auf.

Bei der Aufnahme besteht ein schwerer Krankheitszustand. Temperatur 39,o. Es wird eine schwere Gingivitis mit Neigung zu ~Blutungen ulld mit zahlreichen Erosionen festgestellt. Die rechte Tonsille zeigt nekrotische BelXge, die linke Tonsille o. B. Am rechten Kieferwinkel eine druckempfindliche, etwas vergr6Berte Drfise, sollst sind keine wesentlichen Drflsenschwellungen festzustellen. Milz nicht vergr6Bert. Auch die i~brigen inneren Organe o. B. Au~ der RumpG haut zahlreiche erbsengrol3e Flecke, die offenbar den frfiheren luischen Efflorescenzen entsprechen.

Bl~tbe]unct bei der Aufllahme : 7 ~ Fib., 3,6 Mill. Rote, 28oo Leuk., 22 Seg., 4 Stab., 2% Mollo., 7o% kleine Ly.; 2ooooo Thromboc., 50]00 Reticuloc., Senkung 95 bzw. 128 nach I bzw. 2 Stunden. Wassermann, Meillicke, Kahn negativ. In den n~chsten Tagen bleibt der Gesamtstatus etwa derselbe, die Leukocytenzahl sinkt autl 23oo. Es t re ten Netzhautblntungen auf.

Die am 2. und 4. IV. vorgenommelle Sternalp~nktion ergibt beide Male reines Fet tmark mit nur ganz vereinzelten einkernigen Zellen. Die Anamie macht weitere Fortschrit te. 6. IV.: 45 Fib., 2,36 Mill. Rote.

Das Ergebnis der zweimaligen Sternalpunktion legt den Ge- danken nahe, dab ein regenerationsloses Mark im Sinne einer Pan- myelophtMae auf toxiseher Grundlage vorliege. Die Prognose lautet daher ungi~llstig.

Die Therapie besteht in Ill~ektionen yon 2 mal IO ccm Nueleotrat (am 28. I lI . und 2. IV.). Nach einer Cebiondosis yon 2mal 2ooo E. (= o,i) intraven6s am 4. IV. sinkt vom n~chsten Tage ab die Tempe- ratur, das Allgemeinbefinden und der Mundbefund bessern sich, w~hrend der rote und weige Blutbefulld zunXchst noch unver~ndert bIeiben. Die Cebiontherapie wird fortgesetzt. Die Temperatur wird normal. Die Leukocytenzahl bewegt sich um 3ooo. Nach Anwen- dung von Ferrum redact, geht die An~mie sehnell zurfick und er- reieht am 26. IV. 80 Hb. nnd 4,Io Mill. Rote. Leukoc.-Zahl 4400 mit 42% Lympho. Von Allfang Mai ab ist auch die ]Besserung des Allgemeinzustandes unverkennbar. Am Augenhintergrund sind die Blntungen in Resorption begriffen. Am 12. VI. verlangt der Pat. seine Entlassung. Blutbefund: 8o Itb., 4,2 Mill. Rote, 430o Leuk. Senkung 8]22, Mulldh6hle o. B,

Es e rg ib t sich aus d e m v o r s t e h e n d e n t3ericht, dab das Ergebn i s der S t e rna lpunk t ion auch hier i r reff ihrend war. Bei der in A n b e t r a c h t des sehr schweren Aufnah meb e fu n d es re la t iv grogen Geschwindigkei t de r E rho lung kann von einer

m a n g e l n d e n Regenerat ionsfAhigkei t des K n o c h e n m a r k s im Sinne einer Myeloph th i se n ich t die Rede sein. Es hande l t e sich of fenbar lediglich u m eine t o ~ s c h e Schgdigung bzw. H e m m u n g der Ausfuhr yon K n o ch en mark s ze l l en in das Blut , n ich t aber u m eine At roph ie des K n o c h e n m a r k e s . Somi t war die Prognose tatsXchlich en tgegengese tz t gegenfiber der - jenigen zu stellen, wie sie von uns auf Grund der be iden S t e rna lpunk t ionen geste l l t wurde.

Die be iden hier kurz skizz ier ten F~Llle erscheinen mir im Hinbl ick au~ die B e w e r t u n g der S t e rna lpunk t ion fiir die Kl inik yon B e d e u t u n g zu sein. W u r d e in denl e rs ten Fal le bei e iner ta tsXchlich v o r h a n d e n e n ap las t i schen An~mie bzw. Myelophth ise auf Grund der K n o c h e n m a r k s p u n k t i o n f~lsch- lich eine gute R e g e n e r a t i o n s t e n d e n z des K n o c h e n m a r k s an- genommen , so lag die S i tua t ion im zwei ten Falle, wie geschil- der t , umgekehr t .

Es e rg ib t sich da raus bei aller A n e r k e n n u n g des h o h e n W er t e s der S t e rna lpunk t ion doch die Warnung , im Einzel- Ialle ihre Ergebnisse n ich t zu tibersch~ttzen, zum mindes t en aber sich durch das kl inische Gesamtb i id n ich t bei.rren zu 1assert, w e n n auch zugegeben w e rd en mug, dab wenigs tens im zwei ten Falle der cytologische Befund der S t e rna lpunk t ion m i t d e m gesamten Krankhe i t sb i l de gut zu h a r m o n i e r e n schien.

Schon a priori lag es nahe, die geschi lder ten Feh l r e su l t a t e auf eine gewisse In h o mo g en i t ~ t der zelligen Zusammen- se tzung des I~nochenmarks zurfickzuffihren. Die in der fo lgenden Arbe i t auf meine Veran lassung yon H e r r n Dr. HEL- PAI~ v o r g e n o m m e n e n ana tomischen U n t e r s u c h u n g e n bestAtigen diese A n n ah me .

Z U R K R I T I K D E R STERNALPUNKTION.

Von

M a r i n e s t a b s a r z t Dr . K . HELPAP. Aus der I. Inneren Abteilung des Horst Wessel-Kraukeuhauses im Friedrichshain, Berlin

(Direktor Professor Dr. A. v. DOMARUS).

Die A n w e n d u n g de r S t e rna lpunk t ion zu d iagnos t i schen Zwecken, insbesondere zur Beur te i lung des Zus tandes des K n o c h e n m a r k s , se tz t s t i l l schweigend 2 Ta t sachen voraus , e rs tens dab das S t e r n a l m a r k sich h ins ich t l ich seiner zelligen Z u s ammen s e t zu n g in seinen ve r sch iedenen A b s c h n i t t e n gleichar~ig vert lal t , u n d dab zwei tens zwischen d e m Sternal - m a r k und d e m K n o c h e n m a r k im fibrigen Skelet ein wei tes t - gehende r Para l le l i smus bes teh t . Bi lde t doch diese A n n a h m e f iberhaupt e rs t die logische Grundlage fiir die klinische Ver- w e r t u n g des S t e rna lpunk ta t e s .

Die A n g ab en des Schr i f t tums , die auf diese Frage Bezug nehmen , s ind ~uBerst sp~trlich, abgesehen davon, dab sie ffir die h ier zu e r 6 r t e r n d e n speziellen Ges ich t spunk te keine ver- w e r t b a r e n A n h a l t s p u n k t e liefern.

ASKANAZY weis t zwar ausf i ihr l ich da rauf hin, dab im D i a p h y s e u m a r k yon H u m e r u s und F e m u r be im Erwachsenen die Ver te i Iung yon r o t e m Zel lmark u n d F e t t m a r k auf be iden Sei ten n ich t f ramer v611ig gleichm~tBig sei, und b e m e r k t dann wel te r lediglieh, dab im SchXdeI, im S t e r n u m und in der Rippe se l ten makroskop i sch s ich tbare re in gelbe Inseln yon F e t t - m a r k v o r k o m m e n . PAESSLER, der die normale und pa tho - logische A n a t o mi e des Brus tbe ines nn t e r such t e , k o m m t zu fo lgendem Schlul3: , ,Das K n o c h e n m a r k des Brus tbe ines ist bis ins Al ter h ine in gew6hnl ich ro tes Mark. W e n n es sich in F e t t m a r k u m w a n d e l t , so sche in t dieser ProzeB seinen An- fang besonders oft im obers t en Tell des Handgr i f f s zu nehmen . Auf d e m Sag i t t a l schn i t t sah m a n d a n n einen ovalen, e twa haselnuBgroBen F e t t m a r k h e r d , de r ziemlich schar f gegen die U m g e b u n g abgegrenz t war. Es w~tre denkbar , dab in diesem Gebiete, in d e m das ganze Brus tbe in seine gr613te Bre i t e und Dicke besi tz t , die B lu tb i ldung zuers t nachl~13t." Schliel3- lich ist eine Arbe i t yon CUSTER und ~kHLFELD fiber die S t ruk- t u r und F u n k t i o n des K n o c h e n m a r k s zu erw~hnen, die auf der U n t e r s u c h u n g der langen R6hrenknochen , der Rippen , Wirbe l und des S t e rn u ms fug t n n d zu folgenden SchluB- Iolgerungen ge langt : Mit s t e igendem Lebensa l t e r i s t der p rozen tua le Geha l t an ak t ivem Mark am ger ingsten in der