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Uber kolloide Kohle. Von H. R. Kruyt und G. S. de Kadt. (Aus dem van 't Hoff-Laboratorium der Rijksuniversiteit Utrecht.) (Mit 20 Figuren.) (Eingegangen am 8. Dezember 1930.) Inhaltsverzeichnis. soite I. Einleitung und Voruntersuchungen . . . . . . . . . . 250 1. Untersuchung an aschehaltiger Kohle . . . . . . . . . . . 250 2. Untersuchung an aschefreier Kohle . . . . . . . . . . . 254 II. Experimentelle Untersuchungen an aktiver Kohle . . . . 258 1. Aktive Zuckerkohle . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Aktivit~itsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Versuche fiber Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . 261 4. Weitere Behandlung der Kohle . . . . . . . . . . . . . 265 5. Reinigung aschehaltiger Kohle . . . . . . . . . . . . . 266 III. Kataphoresemessungen . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Ultramikroskopische Messungen . . . . . . . . . . . . 268 2. Makroskopische Kataphorese. Methodik ...... . . . . 274 3. Resultate der Messungen . . . . . . . . . . . . . . . 276 IV. Stab ilitiitsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 2. Das Verhalten einer negativen und einer positiven Suspension gegenfiber verschiedenen Elektrolyten . . . . . . . . . . . 278 a) Negative Suspension . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Positive Suspension . . . . . . . . . . . . . . . . 281 3. Das Verhalten verschiedener Kohlepriiparate gegeniiber NaOH 282 a) Ungereinigte carbo medicinalis neu (Merck) IC. M.N.] . 282 b) Gereinigte C.M.N. bei verschiedener Vorbehandlung . . . . 282 c) Zuckerkohle yon verschiedener Vorbehandlung . . . . . . 286 d) Sauerstoffreie Zuckerkohle . . . . . . . . . . . . . . 287 V. Weitere experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . 289 1. Adsorption yon NaOH . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Benetzbarkeit der Kohle . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Ausflocken yon positiven Suspensionen gegen Glas . . . . . . 290 VI. Theoretische Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . 291 1. Die Oberfliichenchemie der Kohle . . . . . . . . . . . . 291 2. Neue Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 z) Vorliiufige Mitteilung yon H. R. Kruyt in der Versammlung der Kolloid- Gesellschaft in Hamburg 1928, vgl. Koll.-Zeitschr. 47, 44 (1929). Die experi- mentellen Data sind der Doktorarbeit G. S. de Kadts (Utrecht 1920) entnommen. 16"

Über kolloide Kohle

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Uber kolloide Kohle. V o n H. R. K r u y t u n d G. S. d e K a d t .

(Aus dem van 't Hoff-Laboratorium der Rijksuniversiteit Utrecht.)

(Mit 20 Figuren.)

(Eingegangen am 8. Dezember 1930.)

I n h a l t s v e r z e i c h n i s . soite

I. E i n l e i t u n g u n d V o r u n t e r s u c h u n g e n . . . . . . . . . . 250 1. Untersuchung an aschehaltiger Kohle . . . . . . . . . . . 250 2. Untersuchung an aschefreier Kohle . . . . . . . . . . . 254

II. E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u c h u n g e n an a k t i v e r K o h l e . . . . 258 1. Aktive Zuckerkohle . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Aktivit~itsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Versuche fiber Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . 261 4. Weitere Behandlung der Kohle . . . . . . . . . . . . . 265 5. Reinigung aschehaltiger Kohle . . . . . . . . . . . . . 266

III. K a t a p h o r e s e m e s s u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Ultramikroskopische Messungen . . . . . . �9 . . . . . . 268 2. Makroskopische Kataphorese. Methodik . . . . . . . . . . 274 3. Resultate der Messungen . . . . . . . . . . . . . . . 276

IV. S t a b i l i t i i t s m e s s u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 2. Das Verhalten einer negativen und einer positiven Suspensio n

gegenfiber verschiedenen Elektrolyten . . . . . . . . . . . 278 a) Negative Suspension . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Positive Suspension . . . . . . . . . . . . . . . . 281

3. Das Verhalten verschiedener Kohlepriiparate gegeniiber N a O H 282 a) Ungereinigte carbo medicinalis neu (Merck) IC. M.N.] . 282 b) Gereinigte C .M.N. bei verschiedener Vorbehandlung . . . . 282 c) Zuckerkohle yon verschiedener Vorbehandlung . . . . . . 286 d) Sauerstoffreie Zuckerkohle . . . . . . . . . . . . . . 287

V. W e i t e r e e x p e r i m e n t e l l e E r g e b n i s s e . . . . . . . . . . 289 1. Adsorption yon N a O H . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Benetzbarkeit der Kohle . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Ausflocken yon positiven Suspensionen gegen Glas . . . . . . 290

VI. T h e o r e t i s c h e B e t r a c h t u n g e n . . . . . . . . . . . . . 291 1. Die Oberfliichenchemie der Kohle . . . . . . . . . . . . 291 2. Neue Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

z) Vorliiufige Mitteilung yon H. R. K r u y t in der Versammlung der Kolloid- Gesellschaft in Hamburg 1928, vgl. Koll.-Zeitschr. 47, 44 (1929). Die experi- mentellen Data sind der Doktorarbeit G. S. de K a d t s (Utrecht 1920) entnommen.

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I. Einleitung und Voruntersuchungen. Die nachstehende Untersuchung wurde angestellt, um eine Er-

klS;rung ftir die bekannte Erscheinung zu linden, dab in Wasser suspen- dierte Kohle dutch Hinzuftigen yon Lauge kr~ftig peptisiert wird. Dieser allgemein bekannte Versuch war ja bisher ungekl~rt geblieben.

Vor zwanzig Jahren h~tte man eine Erkl~rung dahin gefunden, daft die Hydroxyl-Ionen durch den Kohlenstoff adsorbiert werden, und daft dadurch eine negative Teilchenladung entsteht oder vergr6Bert wird. In dieser Erkl~rung ist aber die Tatsache enthalten, dab eine fimderung des Grenzfl~tchenpotentials die Ursache der Stabilisierung ist, und dieses wurde niemals genau kontrolliert. AuBerdem ist der Aus- druck , ,Hydroxyl-Ionen werden adsorbiert" ohne weiteres nicht be- friedigend. In beinehe allen FSAlen, in denen Lauge peptisierend wirkt, mug man eine Wechselwirkung mit anderen GrenzflS.chenmolektilen annehmen, indem deren Orientierung die Ursache der Ladung ist. Wie sich dieser Prozefl beim Kohlenstoff abspielt, ist von vornherein nicht leicht verst~ndlich. Man k6nnte vermuten, dab die Aschebestand- teile der Kohle eine Rolle spielten, und schon bei Beginn dieser Unter- suchung war es uns klar, dab nur eine Untersuchung an aschefreien Kohlesolen hiertiber Aufschlufi geben k6nnte. Die hier folgenden Unter- suchungen sjnd also einzuteilen in solche mit aschehaltiger Kohle und solche (hier die wichtigeren), die mit aschefreier Kohle angestellt wurden.

1. Untersuchung an aschehal t iger Kohle .

Bei der Untersuchung tiber den Einflug der Lauge auf die Stabilit~t von Kohlesuspensionen ergab sich, daft yon einer grogen Anzahl Kohle- arten (Handelspr~paraten) die meisten tats~chlich peptisierbar sind, am besten die ,,carbo medieinalis neu" yon M e r c k (C. M. N.), welche daher in der Hauptsache ftir die weitere Untersuchung verwendet

wurde. Die Erscheinung stimmte mit den Angaben aus der Literatur tiber-

ein. Die Kohle wurde in StSpselfl~schchen mit NaOH-LSsungen yon steigender Konzentration (meistens 1/4 g in 50 ccm Fltissigkeit) gesehtittelt. Nach einigen Stunden zeigte sich dann folgendes Bild: In destilliertem Wasser war keine stabile Suspension zu erkennen, und die Kohle war vsilig ausgeflockt. Bei kleinsten Na 0 H-Konzentrat ionen war kein Untersehied mit reinem Wasser zu sehen, erst bei etwa 0,5 m-Mol N a O H trat eine starke Stabilisierung ein, welche bei etwa 2 m-Mol ihr Maximum erreichte. Dann nahm die Trtibung allmS.hlich ab, bis die Kohle bei 10 m-Mol wieder v611ig sedimentiert war.

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KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 251

Mikroskopische Kataphoresemessungen mit der v a n der G r i n t e n - Kfivette 1) best~itigl:en die Vermutung, dari die Stabilisierung mit einer Ladungserh6hung einhergehe. Durch Hinzufiigen yon N a O H nahm die Kataphoresegeschwindigkeit, die in Wasser ziemlich niedrigwar, zu, um da- nach allm~hlich wieder herabzusinken. Die Maximalladung lag ungefMar bei der gleichen NaOH-Konzen t r a t i on wie das Optimum der Stabilitgt.

Trotz vieler Versuche gelang es nicht, eine stabile Suspension der C. M. N. in destilliertem Wasser herzustellen. Die Ursache davon war nattirlich, dari die Teilchen in destilliertem Wasser nicht genfigend Ladung besarien. Was aber die Ursache dieser geringen Ladung war, blieb unverst~indlich. M6glicherweise war, wie M i c h a eli s annimmt, der Kohlenstoff durch seinen neutralen Charakter durch H- und O H-Ionen in gleiehem Marie aufladbar und besari daher in reinem Wasser prak- tisch keine Ladung; oder aber aus der Kohle stammende Elek-

trolyte nehmen eine an sich vorhandene Ladung fort. Man kann dabei an erster Stelle an adsorbierte S~iuren denken : entweder organische bei der l-Ierstellung der Kohle entstandene Sfiuren - - oder an die ffir die Reinigung verwendete Salzs~ture. Die Laugenpeptisation wtirde dann einfach auf einen Ersatz des stark flockenden H-Ions durch das viel weniger flockende Na-Ion zurfickzuffihren sein.

Um zu einer Entscheidung zwischen diesen beiden M6glichkeiten

zu gelangen, wurde die Kohle intensiv mit destilliertem Wasser aus- gewaschen. Im ersteren Fall dtirfte durch diese Behandlung keinerlei 2~nderung eintreten, w~ihrend im zweiten, wenn es gelang, die ent- ladenden Verunreinigungen zu entfernen, Ladung und Stabilitlit der Suspensionen zunehmen wtirden.

Ungefghr 50 g Kohle wurden in etwa 2 Liter destilliertem Wasser suspendiert. Nach einigen Stunden hat te sich die Kohle abgesetzt. Dann wurde dekantiert und von neuem in destilliertem Wasser sus- pendiert. Nachdem dieses etwa zehnmal wiederholt worden war, t rat eine spontane Peptisation der Kohle auf.

Diese Bearbeitung wiederholten wir noch ungef~thr i0mal, jedoch mit dem Unterschied, dab die Kohle jedesmal auf einem gehArteten Filter in einen Bf i chne r -Tr i ch te r abfiltriert, und schlierilich auf dem Bf iehner -Tr i ch te r noch mit einer groBen Menge doppelt destilliertem

Wasser gewaschen wurde. Das Produkt ergab in destilliertem Wasser eine sehr gute Sus-

pension. In Ubereinstimmung damit war die Kataphoresegeschwindig-

x) K. van der Grinten, Diss. (Ziirich 1925); Journ. Chim. Phys. 23, 226 (1926).

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252 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7~12

keit mehr als doppelt so groB wie bei der unbehandelten Kohle. Hinzu- ffigen yon einzelnen Millimol N a O H hatte auf die Stabilit~.t wenig oder keinen EinfluB, die Kataphoresegeschwindigkeit zeigte nur mehr eine minimale Erh6hung, und in den h6heren Konzentrationen zeigte sich eine allm~hliehe Abnahme der Stabilit~tt und Kataphoresegeschwin-

digkeit, Rhnlieh wie bei der unbehandelten Kohle. Bei der Blutkohle von K a h l b a u m waren die Verh~tltnisse die

gleichen: die ungereinigte Kohle gab keine Suspension in Wasser und wurde dutch Lauge peptisiert; die gereinigte Kohle lieB sieh dagegen gut in Wasser suspendieren und zeigte kaum mehr eine weitere Pepti-

sation dureia NaOH. Das Waschwasser enthielt eine bedeutende Menge CaSO i. Aus

100 g C. M. N. konnten wir z. B. 0,99 g CaSO 4 auswaschen. Die Verh~tlt-

nisse sind also anseheinend folgende: N a O H wirkt atff die dureh CaSO4 entladene Kohle peptisierend.

Wir begegnen hier also der 6fters auftretenden antagonistischen Wirkung einer Base und eines zweiwertigen Kations. Diese Auffassung konnten �9 wir dadureh best~tigen, dab es gelang, an der gereinigten C. M. N. die Laugenpeptisation zu reproduzieren dutch Hinzuffigung eines zwei-

wertigen Kations. Die Suspension der gereinigten Kohle hatte gegentiber BaC12 einen

Grenzwert yon etwa 0,2 m-Mol. Setzten wir nun mit einer Suspension,

welehe diese BaCl~-Konzentration enthielt, die gebr~.uchliche Laugen- reihe ein, so erhielten wir das gleiche Bild wie bei der Laugenpeptisation der ungereinigten Kohle: die Kohle in dem ersten F1Rschchen war stark ausgefloekt, bei etwa 0,5 m-Mol N a O H begann eine deutliche Stabili-

sierung, welehe, naehdem sie bei 0,2 m-Mol ihr Maximum erreicht hatte,

in den h6heren Konzentrationen wieder herabsank. Die Peptisation der Blutkohle durch Lauge beruht also anscheinend

auf einer antagonistisehen Wirkung. Dureh die Anwesenheit des Alkalis wird das Ausfloekungsverm6gen des als Verunreinigung vorhandenen Salzes geringer. ~_hnliehe F~ille yon Antagonismus sind in der Literatur

6fters besehrieben worden. 1) Die Tatsache, dab Entf~rbungskohle Ca SO 4 abgeben kann, ist in

Ubereinstimmung mit dem Befund yon Wo. O s t w a l d , W. S t e i n b a c h Und R. K6h le r~ ) , dab die Wirkung einer gewissen Menge Peptisators abgeschwXcht wird, wenn man die Menge der zu peptisierenden Kohle

x) Vgl. H.R. Kruy t u. P. C. van der Wil l igen , Proc. Kon. Akad. van Wetenschappen Amsterdam 29, 484 (1925).

�9 ) Wo. Ostwald, W. S te inbach u. R. K6hler , Koll.-Zeitschr.48,215 (1927).

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KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE I.(OHLE ~

vergr6t3ert. Nicht nur wird die Teilung des Peptisators zwischen Kohle und L6sung yon der Menge letzterer beeinflut3t, sondern die KoMe erteilt der L6sung seine flockenden Aschenelektrolyten; je mehr Kohle der Fltissigkeit zugesetzt wird, um so schwS~eher wird deshalb die Pepti- sierung sein.

Es wurden dann noch einige Versuehe mit Ruff angestellt. W h i t n e y u n d S t r a w 1) hatten beobachtet, daft sich RuB in der

gleichen Weise dutch Lauge peptisieren I~tt?t wie Blutkohle, und in der Literatur finder man meistens F r e u n d l i e h 2 ) , W h i t n e y u n d S t r a w zusammen als die Entdecker der Kohlepeptisation dureh Lauge aul- geftihrt. Man nimmt dabei anscheinend stiIlschweigend an, dab die Er- scheinung bei Blutkohle (Freundlich) und RuB (Whitney) wesentlich die gleiche ist. Da wir nun aber fanden, dab bei der Merckschen Kohle die Peptisationserseheinung eine Folge der anorganischen Verunreini-

gungen war, mugte bei Rug etwas anderes die Ursache sein, da RuB in der Regel nur sehr wenig Asche enth~lt.

Wir verwendeten, wie W h i t n e y , bei unseren Versuehen ein , ,Lampblac-Handelspr~para t" . 3) Dieses lieg sich, wahrscheinlich

durch die Anwesenheit teerartiger Stoffe, nieht benetzen, es blieb an der OberflXche des Wassers oder der Laugenl6sung schwimmen. Darum wurde es zuerst l~ingere Zeit mit Azeton extrahier~c und darauf in einem verschlossenen Porzellantiegel auf einem Bunsenbrenner ausgegltiht. Von dem Produkt wurde 1/4 g mit 50 ccm Na O H-L6sungen zunehmender Konzentration in verschliel3baren Jenaer l~laschen geschtittelt. Zu unserer 13berrasehung trat keine Spur yon Peptisation auf, w~thrend doch W h i t n e y einen deutlichen Effekt beobaehtet hatte. N u n sahen wir aus der seiner Abhandlung beigeftigten Abbildung, dab die yon ihm zum Sehtitteln verwendeten Reagenzgl~ser mit Korken verschlossen ge- wesen waren, und, um zu prtifen, ob dies einen EinfluB auf das Ergebnis haben konnte, wurden zwei Reihen in der oben beschriebenen Weise ge- sehtittelt, bei der einen waren die Reagenzgl~ser mit Glasstopfen ab- gesetllossen, bei der anderen mit Korken. Das Ergebnis ist in Fig. 1 wiedergegeben.

Anscheinend werden beim Sc~ltitteln aus dem Kork Stoffe extra- hiert, deren Salze eine stark peptisierende Wirkung auf den RuB haben. Wir konnten dieses ferner durch einen Versuch mit Korkextrakt - - her-

11 W. R. Whi tney u. A. Straw, Journ. Amer. Chem. Soc. 29, 325 (1907). 2) H. Freundl ich, Zeitschr. f. physik. Chem. 57, 385 (1907). 3) Ein amerikanisches Produkt ,,Shawinigan", das uns liebenswiirdiger-

weise yon der ,,My. voor Handel en Industrie, Rotterdam", zur Verfiigung ge- stellt wurde.

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gestellt durch Auskochen von feingeschnittenen Korken mit destilliertem Wasser - - bestgtigen. Von diesem Extrakt wurde jedesmal 1 ccm zu einer Rugserie von zunehmender NaOH-Konzent ra t ion geftigt. Nach krgftigem Schtitteln erhielten wir das normale Bild einer Peptisation, alas bei 1 m-Mol ein deutliches Maximum zeiete.

Fig, 1

2 . U n t e r s u e h u n g a n a s e h e f r e i e r K o h l e .

Die oben erSrterte Erfahrung l~Bt vermuten, daft aschefreie Kohle sich genau so wie die im vorherigen Kapitel beschriebene Kohle ver- h~lt, nachdem diese asehefrei gemacht worden ist. Vorversuche konnten dies best~tigen; bei der weiteren Untersuchung zeigten sich jedocn bald ganz unerwartete Erscheinungen.

Bevor wir auf die einzelnen Versucllsergebnisse n~her eingehen, sei bier eine allgemeine Ubersicht tiber die erhaltenen Resultate gegeben.

Die ersten Versuche mit Zuckerkohle wurden mit einigen uns von Herrn Dr. K o l t h o f f zur Verftigung gestellten Proben von der gleichen Kohle, wie dieser zu seiner Untersuchung tiber die Adsorption yon Elektrolyten an asehefreier Kohle benutzt hatte, angestellt. 1)

Da die Pr~parate ziemlicn grobk6rnig waren, wurden sie in einem Achatm6rser zerrieben. Diese scheinbar unwesentliche Behandlung hatte, wie sich sp~ter zeigte, eine unerwartete Bedeutung. Wir erhielten so zwar noch keine sehr sch6nen Suspensionen, jedenfalls aber eine zu Kataphoresemessungen hinreichende Zahl kleinster Teilchen.

Diese Zuckerkohle zeigte die erwarteten Erseheinungen. Sie hatte eine hohe negative Ladung nnd gab mit Lauge keine weitere Peptisation. Die negativen Suspensionen wurden durch Elektrolyte in normaler Weise ausgeflockt. So fanden wir fol~ende Flockungswerte : KC1 8; BaC1~0,75; KAI(SO4)2 0,075 m-Mol. (Dieses sind, die Kon- zentrationen in denjenigen Flockungsgl~.schen, welche nach 9,4 Stunden gerade noch nicht v611ig klar waren.) Auch die Kataphoresemessungen ergaben das ftir ein negatives Sol normale Bild: K + verursachte eine

1) I. M. K o l t h o f f , Rec. Tray. Chim. 46, 549 (1927).

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KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 2 5 5

allm~hliche Abnahme der Kataphoresegeschwindigkeit, Ba *+ eine viel

raschere, A1 + + + gab schon in sehr niedrigen Konzentrationen Umladung. Fiir die Abwicklung unseres weiteren Programms war es n~tig, dab

wit selbst aschefreie aktive Zuckerkohle herstellten, und zwar erschien es uns erwtinscht, eine Methode zu verwenden, welche ein homogenes Produkt reproduzierbar liefert.

Nach eingehenden Versuchen, wobei mit Luft, mit Sauerstoff-

Kohlens~ure-Gemischen und mit reiner Kohlens~ure aktiviert wurde, gelangten wit zu einer , ,Standardmethode", wobei wit bei 950 o mit CO 2 aktivierten. Die aktivierte Kohle wurde dann pulverisiert und danach noch einmal kurze Zeit auf die gleiche Weise nachaktiviert, um eine vbllig gleichbehandelte Oberfl~iche zu erhalten. Die Bedeutung dieser Mafiregel wurde uns erst sp{~ter viSllig klar. Aus dem Entweichen yon empyreumatischen D~mpfen bei der Naehaktivierung zeigte sich aber sofort, dab die aktivierten Ksrner nicht dureh und durch aktiviert worden waren.

Inzwischen bat ten wir beobachtet, daft bei dieser Kohle das Ent- stehen einer guten Suspension in Wasser nur yon dem Dispersit/itsgrad abh/~ngig ist, u n d e s wurde daher besonders darau{ geachtet, dab die Kohle intensiv zerrieben war. So erhielten wir Suspensionen, welche. wochenlang schwarz bis dunkelgrau blieben, und mit denen man sehr gut die Grenzwerte bestlmmen konnte.

Bei der Bestimmung der Kataphoresegesehwindigkeit und der Grenzwerte an diesen Suspensionen mit den gebr~uehlichen Elektrolyten (K-, Ba-, A1- und Th-Chloride, HC1 und NaOH) stiei3en wir auf einen merkwtirdigen Gegensatz. Bei der Kataphorese in der v a n d e r G r i n - t e n- Ktivette zeigte sich die Kohle in destilliertem Wasser stark negativ geladen und gab das ftir ein negatives Sol zu erwartende Bild, das un- gef~hr dem bei unseren vorigen Messungen mit der Zuekerkohle von K o i t h of f gefundenen gleich ist. Die Flockung s t immte hiermit jedoch keineswegs tiberein. W~ihrend normalerweise bei den vorigen Versuchen zwischen K +, Ba ++ und A1 +++ ein grot3er Unterschied bestand, lagen hier die Grenzwerte von K + bis Th ++++ in der Gr6J3enordnung 0,5 his l m - M o l nahe zusammen. AI + + + u n d T h + + + + z e i g t e n e i n e n h S h e r e n Grenzwert als K + und Ba++; HC1 lag nieht, wie bei der Kataphores~, zwischen KCI und BaC12, sondern hatte weitaus den hSchsten Grenz- wert (etwa 10 m-Mol), N a O H dagegen den kleinsten (0,1 m-Mol). Bei zahlreichen Wiederholungen, wobei, um eventueile Fehler zu vermeiden, alle m6glichen Faktoren variiert wurden, blieb das Ergebnis das gleiche.

Auch andere Elektrolyte hat ten eine umgeke!~rte Wirkung, wie n a c h

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256 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--12

der fundamentalen kolloidchemischen Theorie zu erwarten gewesen

w~re. K4Fe Cy6 flockte stark, AgN O a sehr wenig. Hier bestand also anscheinend ein Paradoxon: ein Sol ist kata-

phoretisch negativ und zeigt zu gleicher Zeit einen ausgesprochen posi- tiven Flockungscharakte r. Die L6sung wurde schliefllich gefunden, als eine Suspension eines auf die gleiche Weise hergestellten Pr~parates mit allen Elektrolyten wieder die gleichen Grenzwerte, mit NaO H abet eine u n r e g e l m / ~ B i g e Reihe gab. Bei 0,1 m-Mol flockte das Sol, da- nach folgte jedoch eine zweite stabile Zone.

Ein negatives Sol, das mit N a O H eine unregelm/~Bige Reihe gibt,

ist so undenkbar, dab nun kein Zweifel tiber die Fehlerquelle mehr bestehen konnte. Und wirklich ergab sich bei gleichzeitig an einem Objekt angestellten Messungen, daft, w/~hrend die v a n d e r G r i n t e n - Ktivette eine starke Bewegung nach dem positiven Pol hin zeigte, das Sol sowohl in der Bi l tzschen Ktivette, so wie diese ftir Kataphorese- messungen modifiziert worden ist 1), wie in demvon B u r t o n beschriebenen U-Rohrapparat eine positive Ladung zeigte.

So gelangten wir zu dem SchluB, dab die v a n d e r G r i n t e n - Ktivette, bei einem Sol, das in Wirklichkeit positiv geladen ist, eine negative Ladung vort/iuscht. Scheinbar steht die Fltissigkeit nicht, wie v a n der G r i n t e n nach theoretischen Oberlegungen annimmt, in der Mitte der Ktivette still, sondern es besteht dort eine starke negative Wasser- bewegung, auf welche die Elektrolyte den gleichen Einflufl austiben wie auf ein negatives Sol. Die StrSmung der Fltissigkeit muB so s tark sein, dab sie die Eigenbewegung yon positiv geladenen Teilchen vSllig zu tiberdecken vermag.

Abet wenn wir auch nun annehmen muflten, dab die Zuckerkohle positiv geladen war, so blieb doch noch ein Gegensatz bestehen. Die zuletzt gefundenen Grenzwerte waren in Ubereinstimmung mit einer positiven Ladung, zuvor bat ten wir jedoch bei der K o l t h o f f s c h e n Zuckerkohle ein v611ig negatives Flockungsbild beobachtet.

Die Erkl/~rung hierftir ergab sich bei makroskopischen Kataphorese- messungen mit der nach K r u y t und v a n d e r W i l l i g e n (loc. cit.) ver- besserten B u r t o n - Methode an KohleprXparaten, die auf verschiedene Weise hergestellt waren. Es zeigte sich n~imlich, dab unsere , ,Standard"- Kohle, die also aktiviert, pulverisiert und mit C 02 bei 950 o nachaktiviert worden war, stets eine positive Ladung besaB. Wurde das Nachaktivieren

1) Vgl. H. R. Kruyt u. P, C. van der Wil l igen, Koll.-Zeitschr. 44, 31 (1928) speziell Fig. 9. Im folgenden soil diese Ktivette als R6hren-Kiivette bezeichnet werden.

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KRUYT u. DIE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE ~ 5 7

unterlassen, wie bei der w~hrend der ersten Versuche verwendeten Kohle, so war die Ladung negativ, also in Ubereinstimmung mit der Flockung.

Auch nicht aktivierte Zuckerkohle war ebenfalls negativ. Mit der C. M. N. wurden ebenfalls Bur ton -Messungen angestellt,

deren Resultate sich an die vorigen anschlossen. Die ungereinigte negative C. M. N. zeigte in Wasser eine geringe Geschwindigkeit (durch die geringe Stabilit~tt waren diese Suspensionen schwer zu messen);

wurde sie mit Lauge peptisiert, so hat te sie ungef~hr die doppelte

Geschwindigkeit. Auch durch Aus- waschen nahm die Kataphorese- geschwindigkeit bei der ungereinig- ten Kohle zu. Dieses ist also in [3bereinstimmung mit der zuerst gewonnenen Anschauung und mit den ultramikroskopischen Messun- gen. Dutch Ausglfihen bei 9500 in

CO~ wurde die C. M. N. positiv, und dabei war der Gehalt an Asehe ohne EinfluB; ein Pr~tparat, dessen Aschegehalt bis auf einige Hun- dertstel Prozent reduziert worden war, wurde durch Erhitzung auf 9500 ebensogut p0sitiv als die un- Fig. 2. gereinigte, beinahe 2 Proz. Asche Die Aufnahme wurde 24 Stunden nach

dem Schiitteln gemacht. Die nut aus- enthaltende Kohle. Diese letztere gewaschene negative Kohle wird also muBte dann zur Entfernung des dureh die Lauge noch etwas weiter ausfloekenden Elektrolytenvor der peptisiert; die ausgegliihte positive Kohle

wird durch die gleiche Konzentration Herstellung einer Suspension erst stark ausgefloekt. gut ausgewaschen werden (Fig. 2).

Die positiven Kohlepr~parate stimmen mit d e r n u r SSmren (nicht Alkali) adsorbierenden Kohle von Mi l l e r und K o l t h o f f fiberein. Aueh diese werden bei der Herstellung auf hohe Temperaturen erhitzt. Diese Erscheinungen - -pos i t i ve Ladung, hoher Grenzwert ffir IIC1, Adsorption yon HC1, aber nicht yon N a O H - - sind also anscheinend zusammen-

geh6rig. �9 Es ist eine in der Kolloidchemie schon lange bekannte Erscheinung,

daft sich entgegengesetzt geladene Sole gegenseitig ausflocken. 1) Ebenso war hier zu erwarten, dab beim Zusammenbringen eines negativen und

1) W. Bi l tz , Bet. 117, 1095 (1904).

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eines positiven Kohlesols Flockung auftreten wtirde. Diese Erwartung wurde dutch den nachfolgenden Versuch best~tigt.

Das linke und rechte Flockungsgl~tschen enthalten 20 ccm einer positiven bzw. negativen Suspension von Zuckerkohle (Fig. 3), das mittlere 10 ecm von jedem. WS.hrend nun die beiden reinen Sus-

pensionen ihre Stabilit~t bewahrten, war die Mischung schon nach 15 Minuten stark ausgeflockt. Die Aufnahme wurde etwa 2 Stunden nach dem Mischen gemach~c.

Es zeigte sich ferner, daft die Kohle stets yon dem einen Zustand in den anderen fiberffihrbar ist. Dies Fig. 3. lieB sich tibrigens am einfachsten

dadurch prfifen, wie sich das Sol N a O H gegenfiber verhMt. Es zeigte sich nun, daft Kohle, welche nacla Aktivierung auf 9500 positiv war, durch Erhitzen auf 350--4500 in Sauerstoff negativ wurde, und daft dann eine Erhitzung in CO 2 oder auch in Vakuo auf 9500 die positive

Ladung wiederherstellte (vgl. S. 286). Schliet31ich m6ehten wir bemerken, daft die vorliegenden Unter-

suchungen in den Jahren 1926 bis 1928 ausgef~hrt worden sind. A l s dieselbe schon einige Zeit im Gange waren, kam die Untersuehung Iwao O g aw as 1) zu unserer Kenntnis. O g aw a hat ausffihrliche Untersuchun-

gen fiber die Adsorption und einige fiber Elektroendosmose an Kotile ausgeffihrt. Dieselben ftihrten ilan zum Schlufi, daB nicht aktivierte Kohle immer negative, aktivierte aber positive Ladung tragt. Wir haben aber festgestellt, dab man dies nicht so allgemein behaupten kann, son- dern dab das Vorzeichen der Ladung von der Temperatur, auf welche

die Kohle zuvor erhitzt ist, abh~tngt.

II. Experimentelle Untersuchungen a n aktiver Kohle. 1. A k t i v e Z u c k e r k o h l e .

Gut adsorbierende Kohle mit niedrigem Asc!legehalt wurde aus Zucker zuerst yon B a r t e l l und Mi l l e r ~) mit den im Kriege ent- wiekelten Aktivierungsmethoden hergestellt. Die Rohkohle wird in einem chemiseh aktiven Medium, wie z. B. Luft, Wasserdampf oder Kohlens~ure bei einer Temperatur, welche sich naeh der Wahl des Gases regelt, und z. B. ftir Kohlens~ure optimal etwa 1000 o betr~gt,

1) Iwao Ogawa, Bioehem. Zeitschr. 161, 275 (1925); 172, 248 (1926). 3) F. E. Bar te l l u. E. J. Miller, Journ. Amer. Chem. Soc. 44, 1866 (1922);

45, 1106 (1923).

Page 11: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBRR KOLLOIDE KOHLI! 259

erhitzt. Erhitzen in einem chemisch inerten Gas hat keine Wirkung. 1) Man gewinnt durchaus den Eindruck, daft das Wesen dieser Aktivie- rung primS.r in einer VergrSilerung der Kohleoberfl~iche besteht. Das oxydierende Gas wird in dem inhomogenen Material den geringsten

Widerstand suchen, und die Kohlc auf unregelm~iilige Weise angreifen, so dab an der OberflXche der Kohleteilchen gleichsam eine iiut3erst un- gleichmiiilige Berglandschaft molekularer Dimensionen gebildet wird. Das Innere der Teilchen bleibt vorlXufig unangegriffen. Dieses Bild zeigt iiberdies, dail das AnziehungsvermSgen fiir Adsorptiva nicht in der ganzen Oberfkiche gleichm~ifiig verteilt ist: ein C-Atom auf einer , ,Bergspitze" wird ein grSt3eres Streuungsfeld haben, als das, welches in einem ,,Tale ̀ ` liegt; in einem ,,Tale" wird ein fremdes Molektil sehr

s tark gebunden werden. Auch werden sich die Menge und die Dimen- sionen der , ,H6hlungen" geltend machen, l) Neben Oberfl~ichen-

vergrSilerung besteht also auch eine Differenzierung. B a r t e l l und Mi l l e r aktivierten ihre Zuckerkohle durch Erhitzen

in einem nicht vSlhg abgeschlosscnen Quarzbecher auf einem Meker- Brenner. Vorbedingung hierbei war eine riehtige Verschluilart: ,,When the crucibles and covers were not close fitting, too much air entered during the heating and the charcoal was entirely burned up during the 9,1 hours. When they fitted too closely, the charcoal was not acti-

va ted ." Auch wurde, wie zu erwarten, die oberste Kohleschicht, welche dem hinzutretenden Sauerstoff am meisten ausgesetzt war, am st~irksten aktiviert. Bei einer Erhitzungsdauer yon einigen Tagen verbrannte ein Drittel his die H~ilfte der Kohle.

Anfangs haben wir die aktive Zuckerkohle aus einer Saccharose hergestellt, die aus Alkohol umkristallisiert war, sp~iter aus einem spe-

�9 ziellen Pr~iparat 3) mit sehr niedrigem Aschegehalt (0,001 bis 0,009. Proz.). Zuerst wurde der Zucker in Portionen yon je 50 g in einem Quarz-

becher, welcher in einem elektrischen Ofen erhitzt wurde, verkohlt. Bei etwa 9.000 setzte der Abbau ein. Unter fortdauerndem Umriihren wurde die Temperatur langsam erh6ht, wobei die Masse irilmer dunkler wurde, sich Gasblasen entwickelten, und die Masse viskoser, schliei31ich

1)) P. Honig, Diss. (Delft 1925); tiber Aktivierung siehe auch Lamb, Wilson u. Chaney, Journ. Ind. Eng. Chem. 11, 420 (1919); A.B. Ray, Chem. Met. Eng. (1923), 982.

3) CL Herbs t s ,,Ultraporositiit", KolL-Zeitschr. 88, 314 (1926). Siehe auch H. Freundl ich , Kapillarchemie 3. Aufl. (Leipzig 1923), 295 und Honig, Diss. (Delft 1925), 57.

3) Diese wurde uns liebenswtirdigerweise durch Vermittlung von Dr. P. Honig von der Algem. Norit-Maatschappij zur Verfiigung gestellt; beiden sprechen wir auch an dieser SteUe unseren Dank aus.

Page 12: Über kolloide Kohle

260 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7.--12

hart und schwarz wurde. Bei 350--400 o wurde dann noch eine Zeitlang erhitzt, bis nur mehr wenig oder keine empyreumatischen D~impfe ent- standen. Das Endprodukt war eine harte, einigermat3en gl~inzende

Kohle. Aus 50 g Zucker entstanden 12,2--12,3 g Kohle; 5 g gaben bei der Verbrennung 6,8 mg Asche, das ist ein Aschegehalt yon 0,1 Proz.

2. A k t i v i t l i t s b e s t i m m u n g.

Als Mat3 ftir die Aktivit~tt wurde stets das Adsorptionsverm6gen

ftir Jod nach H o n i g best immt; dieser fand ja die Adsorption yon Jod am geeignetsten ftir eine schnelle Orientierung tiber das Adsorptions- vermSgen, trotzdem es ftir eine vSllige Adsorptionscharakteristik sicher nicht ausreichend ist. 1) Die Bestimmungen wurden folgendermat3en angestellt: 0,25 oder 0,5 g Kohle wurden mit 50 ccm einer jodl6sung verschiedener Konzentration w~thrend etwa 15 Minuten ab und zu ge- schtittelt. Wir stellten die Jodl6sungen durch Verdtinnen einer 1/10 n- L6sung, welche 25 g KJ pro Liter enthielt, her. Dann wurde in dem Filtrat (die ersten etwa 20 ccm wurden nicht verwendet) die Gleich- gewichtskonzentration durch Titration mit 1/10 oder 1/50 n-Thiosulfat, bestimmt. Zuv0r war kontrolliert worden, dab durch die Filtration kein Fehler entstand. AuBerdem wurde der von D a v i s betonte Zeiteffekt bei der Jodadsorption untersucht, um zu kontrollieren, ob dieser unsere Bestimmungen beeinflussen kSnnte. Zu diesem Zwecke wurde eine Anzahl verschlieBbarer Fl~sc!~chen, welche jede 1 g M e r c k s ,,Carbo med. neu" und 100 ccm 1/10 n-JodlSsung enthielten, zu ver- schiedenen Zeiten untersucht. Die nachfolgende Tabelle gibt die Resul- rate wieder :

Filtriert nach 125 ccm verbrauchen ccm 1/5 0 n Thiosulfat

15 Minuten 30 ,, 6O

2 Stunden 14 ,,

22,25 2 2 , 1 1

22,11 21,72 21,25

Es besteht also tats~tchlich eine geringe Konzentrationserniedri- gung, die aber, wie nach dem D avisschen Versuche 2) zu erwarten war,

1) Cf. H. R. Kruyt u. C. F. van Duin, Rec. Tray. Chim. 39, 679 (1920). *) Davis, Journ. Chem. Soc. 91, 1666 (1907). Dieser arbeitete mit orga-

nischen L6sungsmitteln.

Page 13: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 261

so langsam vor sich geht, daft sie bei unseren Bestimmungen, wobei stets nach gerade 15 Minuten mit der Filtration begonnen wurde, keine UnregelmS.t3igkeiten verursachen konnte.

Die ungereinigte Zuckerkohle wurde in einem AchatmSrser zer- rieben und auf eine bestimmte Korngr6Be ausgesiebt (zwischen etwa 2 und 0,2 mm Durchmesser). Das AdsorptionsvermSgen der Rohkohle war sehr gering, wobei zu erwarten war, daft es mit abnehmender Korn- gr6t3e merklich zunehmen wtirde, da von einer inneren OberflS~che bei nicht aktivierter Kohle kaum die Rede sein kann. Bei einem Vergleich

der ausgesiebten mit der durch das feine Haarsieb geriebenen Kohle wurde dies, wie die untenstehende Tabelle zeigt, in der Tat best~tigt. 1)

Ungereinigte Zuckerkohle, grob Ungereinigte Zuckerkohle, fein A n f a n g ~ 7 - - . - - - - Ad~sorbiert I I - - r

konzentration End- in Milliiiqu. /I End- Adsorbiert in Milh/iqu. konzentration pro // konzentration

pro Liter Gramm Kohle~_

100 75 50 25

97,2 72,6 47,6 23,4

0,28 0,24 0,24, 0,16

96,0 71,0 46,4 22,3

0,40 0,40 0,36 0,27

3. Versuehe fiber Aktivierung.

Zur Aktivierung wurden v o n d e r ungereinigten Kohle jedesmal e twa 5 g in zwei verschiedene Porzellan- oder Quarzschiffchen gebracht, und diese hintereinander in eine QuarzrShre geschoben, die in einem elektrischen Ofen erhitzt wurde. Als Aktivierungsgas wurde nicht Luft oder Wasserdampf, sondern Kohlenstture genommen, trotzdem diese die hSchste Temperatur erforderte, und zwar aus der "~lberlegung her- aus, dab hierdurch eine eventuelle Aufnahme yon Stickstoff oder Was- serstoff in die Kohleoberflttche ausgeschlossen war. Die Geschwindigkeit des Gasstroms betrug bei allen Versuchen 8 Liter pro Stunde. Die mit einem Thermoelement gemessene Temperatur war bei den ersten Ver- suchen 9000 C. Die Kohle wurde durch langsames Einftihren der Schiff- chen allm/ihlich erhitzt, wobei sich stets reichlich empyreumatische Dttmpfe entwickelten. Hierunter folgen die Ergebnisse der Adsorptions- messung an Kohle, welche auf diese Weise w~hrend resp. 1, 3 und 10 Stunden aktiviert worden war:

l) Das gleiche wurde yon Ogawa (loc. cit. S. 258) und yon Honig (Diss. S. 55) fiir Methylenblau beobachtet. Nach letzterem w/ire es eine Eigenart des Methylenblaus.

Page 14: Über kolloide Kohle

6 9, KOLLOIDCHEMISCH[~ BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--12

A k t i v i e r u n g s d a u e r .

80

70

6 0

SO

'qO

30

20

~0

0

1 Stunde 3 Stunden 10 Stunden

c x/m c x/m

79,8 52,0 30,4

8,2

2,52 2,30 1,96 1,68

c x/m

52,8 4,72 31,8 4,32 11,9 2,62

5,5 1,41

41,2 24,0 10,5

4,3

5,88 5,10 2,90 1,64

Hier und in den nachfolgenden Tabellen ist: c . . . . die Endkonzentration an Jod in Milli/iqu. pro Liter, x/m . . die adsorbierte Menge in Milli~iqu. pro Gramm Kohle.

In den Diagrammen ist: x/m die adsorbierte Menge in Milli/iqu. 10 pro Gramm.

Aus Fig. 4, in welcher auch die Kurven ffir die nicht aktivierte Kohle aufgenommen sind, ergibt sich die Aktivit~ttszunahme.

Zum Vergleich ist die Adsorption auch an der Merekschen Kohle (C. 3/I. N.) gemessen, die noch bedeutend bessere Adsorption zeigt.

x Milli/iqu. m in ~ - - ]g

CO@OO"

J o k k

~ j Ix.

,a ~o fro 40 ~o c (Milli~qu./Liter)

Fig. 4.

60 70 80 9Q

C. M. N.

c x/m

17 4,3 3,0 0,4

8,30 7,17 4,70 2,46

Da uns 9000 eine

zu niedrige Tempera tur ffir eine intensive Akti- vierung mit C Ol.erschien,

und wir mit dem anf~ng- lich verffigbaren Ofen keine h6here Tempe- ratur erreichen konnten, gingen wir zu einem

Kohlens~ure-Sauerstoffgernisch fiber, welches durch Mischen zweier regu- lierbarer Str6me der beiden Gase erhaIten wurde. Es war schwierig, die Regulierung so einzustellen, dab eine Mischung yon v611ig konstanter Zusalnmenstellung rcsultierte. Daher wurde stets das Ol prozentual durch Analyse kontrolliert; die Variationen sind bei den untenstehenden

Versuchen verzeichnet, ebenso die zugeh6rigen Ausbeuten an aktivierter

Page 15: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE; KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 2 6 3

Kohle, welche also anzeigen, welcher Teil der Rohkohle beim Aktivie- rungsprozet3 fortoxydiert wurde. Als Temperatur wurde bei diesen Versuchen 800 0 gew~hlt (s. Fig. 5).

Aktivierungsdauer 1 Std. Aktivierungsdauer 2 Std. Aktivierungsdauer 31/2 Std. O~-Gehalt des Gases O2-Gehalt des Gases O~-Gehalt des Gases

26,4--27,4 Proz. 27,4--26,2 Proz. 27--30 Proz. Ausbeute 59,2 P roz . Ausbeute 45,2 Proz. Ausbeute 30,4 Proz.

c x/m c x/m c x/m

64,4 3,56 55,2 4,96 52,2 5,56 34,0 3,20 28,2 4,36 25,2 4,96 12,2 2,56 11,1 2,7 8 9,0 3,20

4,2 1,66 3,9 1, 72 4,1 1,68

Die Aktivit~ttszunahme war also nicht erheblich gr6Ber als bei den vorigen Versuchen; aul3erdem h/~tte, nach der Ausbeute zu urteilen, eine stS~rkere Aktivierung auftreten mtissen. Die Ursache dieses ziem- lich geringen Effektes ergab sich bei einer gesonderten Behandlung der Kohle aus dem ersten und aus dem zweiten Schiffchen. Im ersten

1. Schiffchen 2. Schiffchen Ausbeute 44,7 Proz. Ausbeute 60 Proz.

c j . / m [

56,8. I 4,64 29,0 4,20

9,2 3,16 4,7 1,56

Sch'iffchen wird die Kohle

c I * / ~

70,0 2,00 42,611,48 19,0 [ 1 , 2 0 7,6 /o,98

stark aktiviert und weiterhin stark ver- brannt, wobei soviel Sauerstoff ver-

Milliiiqu. x_ in ~ / g m

eoq CO~* 0~//8~176176 ~ , , , J , 3 ~ 50 . 2h

90

20

l0

o 'lb 2b ~b 4o sb 6o zb

c (Milliiiqu./L.) Fig. 5.

braucht wird, dab ftir das zweite Schiffchen nicht gentigend tibrig b l e i b t - und man erh~lt ein durchschnittlich nicht sehr gut akti- viertes Produkt. (Vgl. Tabelle und Fig. 6.) Auch im ersten Schiff- then wird die Kohle nicht regelm/~Big verbrannt, sondern vorne st/~rker als hinten. Man erhMt auf diese Weise nicht nur ein ungleictam~tBiges Produkt, die Methode ist auch sehr unvorteilhaft, weil, allgemein ge- sprochen, die obere Schicht, nachdem sie durch alle Stufen der Aktivie- rung gegangen ist, v611ig wegoxydiert sein muB, ehe eine n~tchste Schicht an die Reihe kommen kann. Die beste Aktivierungsart ist zweifellos

Page 16: Über kolloide Kohle

264 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXll, HEFT 7--12

die von H o n i g 1) beschriebene ,,schwebende" Aktivierungsmethode, bei welcher alle Teilchen gleichm~tt3ig an alien Seiten yon dem akfivie- renden Gas umgeben sind. Ftir unser Ziel war diese Methode jedoch x Milli~iqu., in ~ / g

raO.

SO

SOso ~ I.~iffrie~

20 ~ I I

I0

0 I0 20 30 q0

c (MiUi/iqu./Liter) Fig. 6.

SO 60 70

kaum durchftihrbar; wir begnfig- ten uns deshalb damit, die Kohle dann und warm zu durchmischen.

Inzwischen erhielten wir einen Heraeus-Ofen, womit bei h6herer Temperatur gearbeitet werden konnte. Wir kehrten wieder zurtick zur Kohlens~ure und w~ihlten 9500 als Aktivie- rungstemperatur3) Es wurde jetzt nur ein Schiffchen genom-

8a men, das etwa 2,5 g Kohle ent- hielt. Nach je 10 Minuten wurde das Schiffchen aus dem heigen

Teil der R6hre genommen und dann die Kohle nach einigem Ab- kfihlen in dem CO2-Strom durch Entleeren und Wiederffillen des Schiffchens durcheinandergemischt. Hierunter sind die nun recht be- friedigenden ResUltate wiedergegeben (vgl. Fig. 7):

Aktivierungsdauer Aktivierungsdauer Aktivierungsdauer II Aktivierungsdauer 2 X 10 Min. 3 X 10 Min. 6 X 10 Min. II 12 X 10 Min.

Ausbeute 66 Proz. Ausbeute 62 Proz. Ausbeute 54 Proz. Ausbeute 38 Proz.

c ~ c x/m c _ _ x/m

62,25 51,0 ~ 11,8 30,5 4,5 ~ PI14,~ 6,8 j 8,64 13,9 17,9 3,42 II 3,55 I 4,29 II 2,3 I 4,53

4,55 4,55 1,59 I[ 2,8 ~ 1,94 II 0,9 I 2,32

Mit zunehmender Aktivierung finder eine allm~l~lichc Gewichts- abnahme durch Oxydation start, welche nur in der ersten Periode un- verh~Itnism~iflig grofl ist. Diese rfihrt daher, dab im Anfang teerartige Substanzen in groBen Mengen ausgestofien und verbrannt werden.

Durch eine zweistfindige Aktivierungszeit erreichten wir also eine Aktivit~t, die derjenigen einer guten Handelsadsorptionskohle ungef~hr entsprach. Es w•re hier interessant zu versuchen, wie weir man die

~) P. Honig, Diss. S. 25. s) HSher wurde nicht gegangen, weil sich bei 10000 die Rekrista|lisation

(Graphitisierung) der amorphen Kohle bemerkbar macht.

Page 17: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE ~65

Aktivierung mit einem aschefreien Material (wobei also nicht zuletzt

bei einem groBen Oxydationsverlust, die Asche v0rherrschend wird)

treiben kann. Ftir unser Ziel gentigte jedoch ein wt~hrend 6 • 10 Minnten gleichmtiBig aktiviertes Pro-

dukt, so daft wir fernerhin

diese Aktivierungsdauer ver- wendeten.

�9 Milli~n_.___.__~u. , X - - I n ~ /g m

IlO

z~. Weitereder Kohle.Behandlung ,oo ~ / / / 90 ~XtO

Die so aktivierte Kohle war durchschnittlic!l grob- so

k6rniger als das durch- 7o gesiebte Ausgangsprodukt,

well die feineren Teilchen so /

/ mit i]~rer relativ groBen so Oberfl/~che am schnellsten t fortoxydiert wurden. Ftir ,o

das Zustandekommen einer 3o einigermaflen haltbaren Sus- pension ist jedoch das Vor- 2o /

handensein einer gentigen- m den Anzahl von Teilchen

mit einem Durchmesser yon fo 2"0 ~b do so weniger als etwa 1 /~ er- c (Milliiiqu./Liter) forderlich. Die aktivierte Fig. 7.

C02Aso~

3XlO'

-2X~I0 I I }

nitbt aklivied so zb e'o a s-c

Kohle wurde daher durch Zerreiben in einem Ac!~at-M6rser (z. B. wurden

1/3 g wt~hrend 3 Stunden zerrieben) zu einer so feinen Verteilung ge- bracht. Sp~ter verwendeten wir mit gutem Erfolg einen automatisch

betriebenen, v o n d e r Firma Nel les u. Co. in Meit3en konstruierten

M6rser. Um Verunreinigung durch hereinfallende Staubteilchen usw.

zu verhtiten, befestigten, wir an dem Achatpistill noch eine Nickel- platte, wAhrend der ganze M6rser in einem Glaskasten aufgestellt wurde.

Das feine Pulver wurde nun nochmals 5X3 Minuten unter den

gleichen Bedingungen nachaktiviert. Wir tiberlegten uns nRmlich, ob

nicht die beim Zerreiben neugebildeten Teilchen eine anders geartete Oberfl/~che hRtten als die ursprtinglichen. Bei jenen war ja das vielleicht

weniger oder gar nicht aktivierte Innere der gr6i3eren Teilchen zur AuBenseite geworden. Es zeigte sich, dab diese Vermutung begrtindet

war, es wurden n/~mlich zu Beginn der Nachaktivierung wieder grot3e

17

Page 18: Über kolloide Kohle

~ 6 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXll, HEFT 7--12

Mengen teerartiger Substanzen frei. Sptiter zeigte sich tibrigens, dab die zuvor negative Koille durch dieses Nachaktivieren positiv geworden

waY.

Nun wurde das Kohlepulver auf einem Btichner-Trichter mit hei- Bern Leitftihigkeitswasser gewasehen. Die geringe in der Kohle enthal- tene Menge Asehe bestand n/~mlich zum gr6t3ten Teil aus Alkalikarbonat, und man durfte erwarten, dab dieses sich - - insofern es wenigstens in der Oberflttehe vorhanden war - - auswaschen lieta. Tatsttchlich gab das Zuckerkohle-Pulver an das doppelt destillierte Wasser eine Spur yon Alkali ab, welches sich an der kaum sichtbaren Farbentinderung des zugeftigten Indikators (neutralisiertes Bromthymolblau 1) zeigte. N6tig

war hierbei das Arbeiten unter vollsttindigem Ausschlut3 yon CO 2. Nach dem Auswaschen tinderte sich das PH vom destillierten Wasser durch weitere Auswaschung nicht mehr.

Das so hergestellte Kohlepulver wurde in einer verschlossenen Flasche aufbewahrt. Die f/Jr das Herstellen einer Suspension erforder- liche Menge wurde nach dem Abw/igen, kurz vor Gebrauch, noch einmal in Kohlenstiure bei etwa 6000 ausgegltiht, um die eventuell beim Han- tieren adsorbierten Dttmpfe zu entfernen. Die adsorbierte Kohlen- stiure wurde durcb wiederholtes Evakuieren in einem Vakuumexsikkator

entfernt, wobei jedesmal C O2-freie Luft zugelassen wurde.

5. R e i n i g u n g a s e h e h a l t i g e r K o h l e .

Wtthrend im vorhergehenden yon reiner aktivierter, zerriebener Zuckerkohle ausgegangen wurde, erhielten wir auch geeignetes Sus- pensionsmaterial, indem wir aktivierte, rein verteilte Handelskohle reinigten. Wie schon erwtthnt, 2) liefert z. B. C. M. N. (,,carbo medici-

nalis neu"), welche raseh im Wasser sedimentiert, durch intensives Aus- waschen mit destilliertem Wasser stets eine bessere Suspension in

Wasser. Das ungereinigte Handelsprttparat hatte einen Aschengehalt yon 1,9 Proz. Nach 30maligem Dekantieren mit destilliertem Wasser und 20maligem Auskochen mit doppelt destilliertem Wasser war der Aschengehalt auf 0,6 Proz. gesunken. Die so gereinigte Kohle gab eine gute Suspension.

Zu einer systematischen Reduktion des Aschengehalts bis zu dem der ,,aschenfreien', Zuckerkohle gelangten wir spttter durch die Publi- kation yon Mi l l e r : A method for the purification of adsorbent char-

1) Neutralisiertes Bromthymolblau, I. M. Kolthoff, Biochem. Zeitschr. 168, 110 (1926).

2) S,ehe S. 251.

Page 19: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 267

coal. I) Man kann hierdurch auf einfachem Weg gral3ere Mengen feinen Materials herstellen, w~.hrend selbst bei automatischem Antrieb die Zerkleinerung im M6rser nur langsarn vor sich geht. Mi l l e r betont, dab die in der Literatur beschriebenen Methoden zur Entfernung der Asche aus Adsorptionskohle durch Extraktion erfolglos waren. So allgemein genommen ist diese Behauptung jedoch, wie wir schon sahen, unrichtig.

Mi l l e r arbeitete nun eine neue Methode aus, welc!le als Basis die Verwendung von Fluorwasserstoffs~ture hatte. Es gelang ibm, den Aschegehalt bei den verschiedensten Adsorptionskohlesorten bis a u f . einige t-Iundertstel Prozent zu reduzieren. Mi l l e r s Vorgang ist, kurz

gesagt, iolgender: Die Kohle wurde mit H F abgeraucht, zweimal mit konzentrierter Salzsgure und dann mit destilliertem Wasser extrahiert. Gentigte dies noch nicht, so wurde die Kohle danach getrocknet, bei 900---10000 ausgegltiht und danach noch einmal in der gleichen Weise behandelt, usw.

Gegen diese Methode ist zweierlei einzuwenden. Einmal tiberseh~itzt Mi l l e r die spezifische Wirksamkeit der FluB-

sgure sehr. Die nachstehenden Versuehe sollen zeigen, inwieweit sich die Reinigung differenzieren l~itlt, wenn man die Natur der Aschenbestandteile in Betracht zieht. Die Asche der zu diesem Zwecke verwendeten C. M. N. enthielt in der Hauptsache Ca S 04, weiterkin F%O 3 und Si 02. Man durfte also erwarten, dab die Asehe durch aufeinander- folgende Behandlung mit Wasser, H C1 und H F entfernt werden konnte.

Ausgangs- C. M. N . . . . . . . . . Idem nach intensiver Waschung

mit destilliertem W a s s e r . . . Vorgehende nach einigen Ex-

traktionen mit HC1 . . . . . Vorg. noch zweimal mit HC1

extrahiert . . . . . . . . . . . Vorg. mit H F . . . . . . . . . . Vorg. noch einmal mit H F . . Vorg. mit H C1 . . . . . . . . . Vorg. noch zweimaI mit HC1

extrahiert und dann intensiv mit desti l l iertem Wasser ge- waschen . . . . . . . . . . . .

Verbrannte Kohle

in Gramm

Asche in

Milligramm

2,06 39,2

1,705 10,0

3,115 6,5

2,82 5,9 3,O6 4,0 2,53 3,2 3,46 2,0

2,77 1,7

1) E. J. Miller, Journ. of Physical Chem. 30, 1031 (1926).

17"

Also Proz. Asche

1,9

0,6

0,21

0,21 0,13 0,13 0,06

0,06

Page 20: Über kolloide Kohle

268 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXll, HEFT 7--12 �9

Aus der Tabelle geht deutlich hervor, ein wie kleiner Teil der Asche durch H F weggenommen wird. Auch Mi l l e r s untere Grenze ist

in der Regel 4- -6 Hundertstel Prozent; dies h/ingt vermutlich mlt der von Mi l l e r gefundenen Tatsache zusammen, dab das Innere, speziell der grSberen Teilchen, nicht der Extraktion zug~tnglich ist.

Ein zweites Bedenken gegen die Mi l le rsche Methode war ftir un- seren Fall die hochgradige Erhitzung I da diese unserer Erfahrung nach

den kolloidchemischen Charakter der Kohle 5~ndert. Dagegen gibt dieses Erhitzen die MSg!ichkeit zur Reinigung durch den AufschluB allerlei schwerl6slicher Verbindungen wie Phosphate, Sulphate usw. So wird bei s tarkem Erhitzen von M e r c k s C. M. N. stets viel SO 2 dutch Reduktion des Kalziumsulfats frei. Da wir sp~iter fanden, dab die Kohle willktirlich positiv und negativ zu machen ist, so gilt dies Bedenken nicht mehr. Wir wtirden die folgende Reihenfolge als zweckmgi3ig vorschlagen: Erhitzen auf 1000 ~ Extraktion mit H C1 und, wenn nOtig, Abrauchen mit H F und wiederholte Extraktion mit HC1,

also gerade umgekehrt wie bei M i l l e r s Anordnung.

II I. Kataphoresemessu ngen. 1. U l t r a m i k r o s k o p i s c h e M e s s u n g e n .

Urs~rtinglich wurden unsere Versuche mit der v a n d e r G r i n t e n - schen Ktivette 1) angestellt. Diese bietet durch ihren einfachen Bau viele Vorteile , und gab bei den Versuchen, welche v a n d e r G r i n t e n an Glassuspensionen anstellte, gute Resultate.

Grundsgtzlich wichtig ist bei der Bestimmung der Kataphorese- geschwindigkeit nach v. d. G r i n t e n die Voraussetzung, dab die Fltis- sigkeit in der Mitte der Ktivette stillsteht, so dab die dort gemessene Geschwindigkeit der Kolloidteilchen tats~ichlich ihre wirkliche kata- phoretische Geschwindigkeit ist. Dieser Stillstand des Wassers sollte die Folge einer zuf~lligen Kompensation der elektrosmotischen Wasser- bewegung und der entgegengesetzt wirkenden kapillaren Krgfte sein. V a n d e r G r i n t e n gelangte zu diesem Schlufi auf Grund yon Messungen an Glassuspensionen, welche aus der gleichen Glassorte wie die Ktivette hergestellt waren. Der Zweck dieses Kunstgriffes ist, dab nun die beiden Potentialsprtinge, der far die Elektrosmose an der Ktivettewand ver- antwortliche und der an den Teilchen vorhandene identisch sind, und bei Kombination der fiir die beiden Erscheinungen geltenden Formeln gegeneinander wegfallen. V a n d e r G r i n t e n land nun, dab bei solchen

1) Loc. cit. S. 251.

Page 21: Über kolloide Kohle

KRUY T u. DE KADT, 0BER KOLLOIDE KOHLE 269

Suspensionen die gemessene Geschwindigkeit der an der Wand befind- lichen Teilchen die H/ilfte yon der in der Mitre der Ktivette betrug. Theoretisch folgt hieraus, daft die in der Mitte der Ktivette gemessene Geschwindigkeit die wirkliche kataph0retische Wanderungsgeschwin- digkeit der Teilchen ist.

Zu Beginn unserer Versuche wurden auch einige Messungen an Glas- suspensionen angestellt. Hierbei wurden die yon v a n d e r G r i n t e n

gemachten Erfahrungen best~tigt. Ftir die Geschwindigkeitsverteilung in der Ktivette geben nach-

stehende Versuche ein gutes Bild. Es wurden an verschiedenen H6hen der Ktivette Messungen mit Zuckerkohle, erst in destilliertem Wasser, dann in dreierlei HCl-Konzentrationen, angestellt. Jede Zahl gibt das Mittel von je etwa 10 Messungen in jeder Str6mungsrichtung an.

K a t a p h o r e t i s c h e G e s c h w i n d i g k e i t v.

Dispersions- fiiissigkeit

dest. Wasser Kiivettennummer

KiivettenhShe 21~/~ X 50

h v

Dispersions. [1 fliissigkeit tl

0,56 Millimol H CI [[ 3 Kiivettennummer 18

Kiivettenh6he 1[ x t, I[

v

Dispersions- [1 fliissigkeit I/

2,25 Millimol HC1 Kiivettennummer 2 I[

Kiivettenh6he I] 16 • 50 ~ _]

h v [

Dispersions- fliissigkelt

5,6 Millimol H C1 Kiivettennummer 8

Kiivettenh6he 14 X 50

h v

0 2 4 6 8

10ah 12 14 16 18 20 211/2

+ 3,9 klein

- - 4,9 - -6 ,8 - -9 ,4 - -9 ,9 - -9 ,9 - -7 ,7 - - 6,0 - - 3,5 klein

+ 3 , 9

0 1

2

3 4 5 6 67/8

10 11 12 153h

+ +

+

2,8 1,3 1,7 3,4 4,9 5,1 6,1 6,4 5,9 53 4,9 3,2 1,6 3,4

0 2 4

6 8

10 12 16

+ klein - -1 ,7 �9 - - 2,3 - - 3 , 0

- - 3,4 - - 2,95 - -2 ,3 + klein

0 2 4 7

12 14

+ klein - - 1,2 - - 1 , 7

- - 2 , 2

- - 1,2 + klein

h ist die H6he, auf die in der Kiivette gemessen wird; als Einheit ist 50 ,~ gew~ihlt.

In Fig. 8 gibt die Abszisse einmal die H6he in den Kfivetten an, w/~hrend auf der Ordinate die zugeh6rigen Geschwindigkeiten verzeich- net sind. Zum zweiten gibt die Abszisse die HC1-Konzentrationen an. Dazu wurden die Kurven so verschoben, dab das Mittel jeder Kurve

Page 22: Über kolloide Kohle

9 , 7 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--12

bei der zugehGrigen HC1-Konzentration lag. Die oberste punktierte

Linie stellt also die Gesehwindigkeitsabnahme in der Mitre der Ktivette

(wirkliche Kataphoresegeschwindigkeit nach der Theorie) dar, die untere

den Geschwindigkeitsv~rlauf der an den WXnden haftenden Teilchen.

Die letztere ist die algebraische Summe der elektroosmotischen Ge-

schwindigkeit des Wassers und der Kataphoresegesehwindigkeit der

p,/Volt/cm/Sek.

10

9,

8.

7 t x

6

S.

o D

3

2 -[

0

+1

2

3

Fig. 8.

Teilchen. Meistens wurde diese in unsere Messungen einbezogen, weil wir uns - - vorausgesetzt, daft die Theorie richtig ist - - auf diese Weise

zugleieh ein Bild tiber die Ladungs~nderungen der Glaswand machen

konnten.

Wir wollen nun noeh einige eharakteristische Beispiele aus unseren

Messungen hervorheben, und zwar zuerst die Kataphoresegesehwindig-

keit roher und gewaschener C. M. N. in Abh~ngigkeit yon der NaOH-

Konzentration (siehe Tabelle und Fig. 9).

Die durch CaSO 4 entladene Kohle erh~lt durch Hinzuftigen von

Na 0 H wieder eine h6here negative Ladung. Dieser Effekt ist zweifellos

reell, da er auch bei einigen Messungen mit der Ktivette naeh K r u y t

und v. A r k e l 1) und mit der Makromethodik auftrat.

x) H. R. Kruyt u. A. E. van Arkel, Koll.-Zeitschr 82, 91 (1923).

Page 23: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, ~BER KOLLOIDE KOHLE

, , C a r b o med. n e u " , M e r c k .

271

Millimol NaOH

Kataphoretische Geschwindigkeit in v~/Vo/t/cm/sec

gewaschene Rohkohle i Kohle

0 0,15 0,3 0,6 1,25 1,9 2,5 3,1 3,75 5

10 2O

2,3 2,4 2,9 2,9 3,6 5,0 4,7 4,6 4,1 4,25 4,2 3,1

5,1 5,0 4,9 5,4 5,1 5,3 4,9 4,7

4,3 3,8 3,0

/~/Volt/cm/Sek.

Millimol NaOH Fig. 9.

Die Kataphorese von fein zerriebener und nicht nachaktivierter Zuckerkohle (von K o l t h o f f ) zeigte das von einem negativen Sol zu er- wartende Bild (siehe Fig. 10). Auch dem Flockungswert nach war diese Kohle negativ.

Auffallend ist der abnorm hohe Wert der Kataphoresegeschwindig- keit der Kohle in reinem Wasser. Stets fanden wir mit der ultramikro-

Page 24: Über kolloide Kohle

2'~ KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--12

skopischen Ktivette bei Zuckerkohle solche hohe Geschwindigkeits- werte: meistens 9--10#/Volt /cm/Sek. In der Literatur finder man nur noeh bei L i m b u r g 1) ftir mit K2CO 8 aufgeladene Olemulsionen so hohe Werte. In einer yon F r e u n d l i c h e) angegebenen Tabelle ftir Kata- phoresegesehwindigkeiten ist der h6chste Wert 4#. Die niedrigste Ge- schwindigkeit, die wir an Zuckerkohle in reinem Wasser gemessen haben, betrug 6if, und zwar an einem yon K o l t h o f f in Stickstoff ausgegliihten Pr~parat. Eine positive kataphoretisehe Ladung yon Kohle in reinem Wasser fanden wir in dieser Ktivette niemals.

I~/Volt/cm/Sek. 10

8

7 A ~ 6 S

3

- J aa. C[~ I 2 3 ~ S

0

3

6 7 8 9

Elektrolytkonzentration (Millimol) Fig. 10.

Danach wurden Messungen an einer Suspension angestellt, welche nachaktiviert war und das Flockungsbild eines positiv geladenen Sols zeigte; die Kataphorese war aber die eines stark negativ geladenen Sols, und wenn auch einige Abweichungen auftraten, so wurde doch im grot3en und ganzen prinzipiell das gleiehe Bild, wie in dem vorigen Beispiel be- obachtet (Fig. 11). Aus unseren sp~tteren Erfahrungen ergab sich, dab dieses Pr~parat positiv geladen war.

Auch die an den W~tnden gemessenen Teilchengeschwindigkeiten lieferten keinen Hinweis darauf, daft dieses Sol positiv war.

1) H. Limburg, Diss. (Delft 1925}, 22; Rec. Tray. Chim. 45, 854 (19~6). 3) H. Freundl ich , Kapillarchemie 3. Aufl. (Leipzig 1923} 349.

Page 25: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE' 2 7 ~

Wie sich dieser Gegensatz von Kataphorese und Flockung auf- klSxte, ist schon frtiber berichtet worden. 1) Die Fl0ckung durch Elektrolyten versehiedener Valenz war stets so wie bei einem positiven Sol. Schliei31ich wurde als einzige M6glichkeit in Erw~igung gezogen, dab sich die Ladung der Kohle mit der Zeit ver~ndert, wobei uns die Tatsache, daft unsere Kataphoresemessungen meistens an einige Tage alten Suspensionen angestellt worden waren, unterstiitzte. Um dies n~her zu untersuchen, wurde folgendermat3en vorgegangen: Die tZohle wurde sofort, nachdem sie in das Wasser gebracht worden war, katapho- retisch gemessen, dann wurden

/:/Volt/cm/Sek. - - ebenfalls so schnell als m6g- I0 lieh - - v o n d e r gleichen Sus- pension Floekungsversuche an- 9 ~, I~cI gesetzt, und dann der Verlauf 8 ' ~ ~

der Kataphoresegeschwindig- 7 keit verfolgt. Da das Hantieren 8

m i t d e r v a n d e r G r i n t e n - g t i - S ~ HIICII~ vette zu umst~tndlich war, be- 't

nutzten wir ftir die erste 3 Messung, bei der es in der 2

Hauptsache auf das Vorzeiehen _ I der Ladung ankara, die von O.,S !

K r u y t und v a n der W i l l i - 0

gen 2) beschriebene abgeSm- +l M / t

derte B i l t z - Ktivette. 2 " ' - . .~AI(Sn. ' / ~ Einige Minuten nach Her- 3

stellung der Suspension konnte Elektrolytkonzentration (Millimol)

gemessen werden, und das Er- Fig. 11.

gebnis bestSMgte unsere Vermutung - - die Kohle war positiv geladen. Nachdem die Floekungsreihe angesetzt worden war, gingen wir zu quantitativen Messungen mit der v a n d e r G r i n t e n s c h e n Kfivette fiber. Zu unserer fdberrasehung bewegten sieh die Teilchen nun wieder mit der Gesehwindigkeit von etwa 9/~ nach dem positiven Pol hin! Daft in der kurzen Zeit eine so groBe Ver~inderung eingetreten w~ire, sehien unwahrscheinlich. Bei Wiederholung der Messung mit der ROhrenkiivette bewegte sich hier die Kohle noch stets zum negativen Pol hin, unmittelbar nachher in der v a n d e r G r i n t e n s e h e n Kfivette wieder nach dem positiven Pol. Inzwischen hatte sich beim Ausfloeken

a) Loc. cit. S. 256ff. ~) Loc. eit. S. 256.

Page 26: Über kolloide Kohle

2 7 ~ KOLLOIDCIIEMISCI-IE. BEII-1EFrE BAND XXX II, HEFT 7--12

ein v611ig positives Bild gezeigt : K2S 0 4 flockte viel st~irker als K C1 usw.

Hiernach konnte wohl kein Zweifel mehr bestehen, daft die v a n d e r G r i n t e n sche Kiivette das Zeichen verkehrt angab. Zum l]berflut3 zeigte

sich bei einer am n/ichsten Tag in einem B u r t o n - A p p a r a t angesteilten Messung, dat3 die Kohle anstat t einer sehr grot3en negativen Ladung eine allerdings kleinere positive Ladung aufwies.

Nach diesem Ergebnis gaben wir die Messungen mit der v a n d e r G r i n t e n - K t i v e t t e auf. Wiewohl es an sich interessant wXre, zu unter- suchen, welcher Str6mungsmechanismus die Ursache dieses Fehlers war, wurde hierauf nieht ni~!aer eingegangen. Um positiv geladenen Teilchen

eine so grot3e Gesehwindigkeit naeh der anderen Richtung lain zu geben, muI3 die Riickstr6mung in der Mitre eben gr6i3er sein, als v. S m o l u - c h o w s k i ftir eine v611ig verschlossene Ktivette berechrlet. VV'ahrschein- lich spielen hier Kapillarkr~ifte eine Rolle.

2. Makroskopisehe Kataphorese. Methodik.

Nachdem sich aus unseren Versuchen die zuerst verwandte Mikro- methodik als unbrauchbar erwiesen hatte, wurde zur Bestimraung der Ladung der Kohle zu makroskopisehen Messungen tibergegangen.

Es wurde die von K r u y t und v a n d e r W i l l i g e n 1) angegebene Modifikation der B u r t o n - M e t h o d i k verwendet. Diese Methode i s t

dadureh gekennzeichnet, dab die Spannung zwischen zwei Hilfselektro- den, welche fiber den Grenzflgchen des Sols angebracht werden, und eine stromlose Messung erlauben, w~hrend der Messung konstant er- halten werden kann. Als tiberstehende Fltissigkeit wurde das Ultra- filtrat genommen. Ftir weitere Einzelheiten sei auf die ursprtingliche Publikation verwiesen.

Es ergab sieh, daft auch die makroskopisehe Kataphorese der Kohle allerlei Komplikationen mit sich bringt, welche nun nicht durch die Methode, sondern eher dureh das Objekt selbst verursacht werden. Experimentell hat te die Methode bei zahlreichen Messungen an Ob- jekten wie AseS 3- und HgS-Solen ja nie irgendwelche Schwierigkeiten gemacht.

Eine erste Unbequemliehkeit war der geringe Dispersit~ttsgrad unserer Suspensionen, jedenfatls einer gewissen Fraktion der Teilchen. Hierdurch k6nnte wghrend der Messung das Sol sedimentieren. Diese St6rung wird zwar bei der Messung sowohl an dem steigenden wie an dem herabsinkenden Schenkel bis zu einer gewissen H6he eliminiert, kam uns aber doeh unerwtinseht vor. Diese Sehwierigkeit wurde dadurch

1) Loc. cit. S. 256 ; siehe auch L. W. J an s s e n, Rec.'Ira-,,. Chim. 46, 739 (1927).

Page 27: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, 0BER KOLLOIDE KOHLE 9,75

behoben, dab die Suspension vor der Messung sedimentiert wurde. Wir lieflen sie zu diesem Zwecke in Jenaer Flaschen wS~hrend 7--10 Tagen (einen Tag ftir jeden Zentimeter H6he Fltissigkeit) stehen. Vor der Mes- sung wurde die Suspension, welehe jetzt nur gentigend feine Teilchen enthielt, mit Hilfe eines Jenaer Glashebers, dessen kurzes Ende 180 0 umgebogen war, in einen anderen Jenaer Glaskolben tibergeftihrt.

Eine zweite Schwierigkeit lag in der Unsch~irfe der Grenzfl~tchen. W~ihrend z. B. das HgS-Sol stets eine haarscharfe Grenze zwischen Sol und tiberstehender Fltissigkeit zeigte, gab die Kohlesuspension unter den gleichen Bedingungen immer eine unscharfe, verschwommene Grenz- Ii~iche, die eine genaue Ablesung nicht erlaubte. Es gelang uns nicht, diese Schwierigkeit v611ig zu beseitigen. M6glicherweise ist das geringe spezifische Gewicht der Kohle die Ursache und vielleicht k6nnte man bei Verwendung einer konzentrierteren Suspension (wir lieflen immer einviertelprozentige oder einhalbprozentige Suspensionen sedimentieren) durch den gr6Beren Kontrast eine sch~irfere Ablesung erzielen.

Das gr613te Hindernis lieferte jedoch eine beim Stromdurchgang, insbesondere bei den positiv geladenen Solen auftretende St6rung. Es zeigte sich dann, dab an der Seite des positiven Pols, bei einem posi- riven Sol also in dem absinkenden Schenkel, ein Teil des Sols nicht sank, sondern stieg. Meistens war das Bild so, daft sich tiber der sinkenden, sich mehr oder weniger scharf abzeichnenden Hauptmasse, eine helle Wolke erhob, welche sich nach oben zuspitzte und durchsichtiger wurde. An der anderen Seite zeiehnete sieh die Grenzfl~iche scharf ab. Wurden die Pole umgedreht, so kehrte sich auch das Bild urn, die aufsteigende Wolke wurde gleichsam heruntergezogen, bis eine scharfe GrenzflS~che entstand, w~thrend die Grenzfl~tche an der anderen Seite sich mehr und mehr trtibte.

Eine elektro-endosmotische Wasserbewegung, wie sie von K r u y t und v a n d e r W i l l i g e n 1) als Ursache einer ~ihnlichen StSrung bei nega- riven Solen angenommen wird, ist hier wohl ausgeschlossen, da dann die Verh~tltnisse gerade umgekehrt sein wtirden. Ferner wurde stets mit so geringen Stromst~irken gearbeitet, weniger als 1/4 Milli-Ampere, dab auch bei der geringen Leitf~ihigkeit unserer Objekte, die Str6mungs- w~irme (welche bei K r u y t und v a n d e r W i l l i g e n ebenfalts St6rungen verursachte, wenn die Stromst~irke zu groB genommen wurde) nicht in Betracht kommen konnte.

Uberdies gibt diese stets eine gleiche St6rung in beiden Schenkeln.

1) Loc. eit. S. 256.

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276 KOLLOIDCPIEMiSCHE BEIHEFTI~ BAND XXXll, HEFT 7--12

Die wirkliche Ursache dieser Erscheinung, welche unsere Messungen sehr erschwerte, muff also vorlt~ufig unerkl/~rt bleiben. Ftir die Ablesun- gen wurde stets die Grenze der Hauptsolmasse genommen. Anstatt des Ultrafiltrats geniigte meistens das durch ein dichtes quantitatives Filter ( S c h l e i c h e r u. S c h n e l l Nr. 589, Blauband) durchpassierte Fil- trat, das die Kohleteilchen gut zurtickhielt.

3. Resultatc der Messungen.

Hier unten folgen eine Anzahl unserer Messungen an verschiedenen Pr~paraten :

1. Die ursprtingliche robe C. M. N. hatte eine negative Ladung; sie ist, da sie keine stabile Suspension gibt, nattirlich ein sehr schlechtes Objekt ftir Bur tonmessungen. Wit konnten sie nicht sedimentieren lassen, sondern muflten die geschtittelte Suspension sofort messen. Nach einer Anzahl Wiederholungen konnte jedoch mit Sicherheit auf eine geringe negative Ladung geschlossen werden. In einem Fall, mit wenigstens eipigermaflen bestimmten Grenzfltichen, gelangten wir zu einer Gesehwindigkeit von 1,7/~/Volt/cm/Sek.

2. Die gleiche Kohle gibt mit 2 Millimol N a O H eine viel bessere Suspension, wobei wir nach einigen Tagen Sedimentierens eine Kata- phoresegeschwindigkeit yon 3,8/~ feststellen konnten.

3. Die ausgewaschene C. M. N., die eine viel stabilere Suspension gibt als die ursprtingliche, hatte auch sofort eine h6here Geschwindigkeit, n/~mlich 2,8 #. Dutch diese Messungen konnte also das schon oben Mitgeteilte aus den van der G r i n t e n s c h e n Messungen gewonnene Haupt- ergebnis besttitigt werden, dab die Stabilit/~tserhShung yon Suspensionen von Handelskohle durch Hinzuftigen von Lauge oder dutch Auswaschen einer ErhShung der negativen Ladung zuzuschreiben ist.

4. Auch die ungereinigte Zuckerkohle war negativ geladen, die Geschwindigkeit betrug 2,2 #, ebenso war die einmal aktivierte, fein zerriebene und nicht nachaktivierte Kohle negativ mit e;ner Ge- schwindigkeit yon 3,7/~.

5. Positiv war die Zuckerkohle immer dann, wenn die AutBenseite der Teilchen einer Behandlung m;t Kohlens/iure bei 950 o ausgesetzt gewesen war. Die Gr6~Be der Ladung variierte jedoch stark. Dies stem vielleicht im Zusammenhang mit der erst sp/~ter beobachteten Tatsache, dab die Kohle, wenn sie bei 300--400 o mit Sauerstoff behandelt wird, wieder einen negativen Charakter erh/ilt. Dieses kSnnte dann eine Rolle spielen, wenn die Kohle beim Herausbringen aus dem C O2-Strom an die Luft, n!cht gentigend abgektihlt war. Einige Beispiele sind:

Page 29: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 277

Zuckerkohle aktiviert, pulverisiert und nachaktiviert 2,6 /z id. 0,8 /z,

ungereinigte Zuckerkohle pulverisiert und aktiviert 2,1/z. 6. M e r c k s Kohle wurde in der gleichen Weise positiv wie die

Zuckerkohle. Hierbei machte es keinen prinzipiellen Unterschied, ob die Kohle erst ausgewaschen und dann ausgegltiht wurde, oder um- gekehrt. Im ersteren Fall fanden wir eine Geschwindigkeit von 1,5 /z; im zweiten - - wenn also die ungereinigte Kohle bei 9500 in CO 2 aus- gegl/iht worden war - - w u r d e stets durch Reduktion des CaSO 4 reich- lich SO 2 frei. Das Produkt lieferte keine stabile Suspension und gab viel Alkali ab. Nach grtindlichem Auswaschen erhielten wir auch hier eine gute Suspension, die gemessen wurde. Die Geschwindigkeit war

aut3erordentlich gering, sie betrug zweimal nur 0,1 /z. Es ist nicht klar, was diese niedrige Kataphoresegeschwindig-

keiten verursachte. Sie sind so gering, dab man geneigt wXre, auf eine

sehr geringe Stabilit/~t zu schliet3en. Dies trifft jedoch keineswegs zu. Mit Ausnahme der ungereinigten C. M. N. sind es alle recht stabile Suspensionen, deren Teilchenladung ohne Zweifel oberhalb des kritischen Potentials liegt. Wenn man durch Hinzuftigen eines flockenden Elektro- lyten tats~chlich die Ladung fortnimmt, so flockt die Suspension in wenigen Minuten vOllig aus.

Augenscheinlich besteht ein Zusammenhang zwischen der geringen Kataphoresegeschwindigkeit und der besonderen Reinheit dieser Suspen- sionen. Wir haben hier in Leitf~higkeitswasser eine vOllig unlOsliche dis- perse Phase suspendiert, w/~hrend bei Mien mOglichen anderen Solen in der Regel kleine Elektrolytmengen anwesend sind. Hierauf wird in Zusammen- hang mit neueren Erfahrungen in diesem Institut in Ktirze n~her ein- gegangen werden. (Untersuchungen yon E. F. de H a a n an AgJ-Solen.)

Als Hauptergebnis dieser Messungen ist zu verzeichnen, dat3 alle Pr/~parate, bei denen die Aut3enseite der Teilehen bei hoher Tem- peratur behandelt worden war, positiv waren, aber auch nur diese. Die kataphoretisch bestimmte Ladung war dabei stets in Ubereinstimmung mit dem Flockungsverhalten.

.IV. Stabilit~tsmessungen. 1. M e t h o d i k .

Ursprtinglich bat ten wir uns auf die Bestimmung der Grenzwerte von Suspensionen mit versclaiedenen Elektrolyten beschr/~nkt. Bei Pep- tisationen mut3ten wir uns dann mit einer Beschreibung der Erschei- hung begntigen. Deshalb gingen wir sp/~ter dazu tiber, die Reihen photo-

Page 30: Über kolloide Kohle

278 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--1g

graphisch festzulegen. Auch dieses hatte seine Schwierigkeiter~; die feineren Nuancen kamen nicht genfigend zum Ausdruck, und ffir die Wiedergabe eines nur einigermafien ausgedehnten Materials eignete sich diese Methode nicht. Sehliefilich fanden wir eine recht befriedi- gende Weise des Registrierens, indem wir die Konzentration der Sus- pension ptlotometrisch bestimmten.

Verwendet wurde ein Photometer yon J o b in. l) Wir gingen folgen- derrnaflen vor: 1/4prozentige Kohle in LeitfS.higkeitswasser (ausgekocht und unter C O2-freiem Luftstrom ausgektihlt) wurde einige Stunden lang in einem verschlossenen Jenaer Kolben durch eine Schfittelmaschine geschtittelt. Inzwischen wurde jedesmal 1 eem des Elektrolyten in Jenaer oder Pyrex-Flockungsgl/isehen, die mit einem mit Stanniol ver- kleideten Korken versehlossen waren, gebraeht. Bei den NaOH-Reihen wurden die Gl~ischen vor und w~ihrend des Einftillens dureh einen C 02- freien Luft- oder N2-Strom ,,ausgespfilt". Die Laugenverdfinnungen wurden stets auf ihr PI-I hin kontrolliert und, wenn n6tig, erneuert. Nach dem Schtitteln wurden sofort in jedes der Gl~isehen 10ccm der Suspension eingeffillt, wobei noch ab und zu umgeschfittelt wurde, um die gleich- m~t3ige Verteilung auch der gr6beren Teilehen zu erhalten. Auch die Gl~ischen wurden noch einige Male umgeschfittelt, wonach wir sie in einem dunklen Zimmer stehen liet3en. Nach etwa 40 Stunden wurde mit Hilfe eines mit einem Teilstrich versehenen Hebers, dessen kurzes Ende nach oben umgebogen war, stets bis zur selben Tiefe unter der Ober- flS~c!le abgehebert. Das andere Ende des Hebers endigte in einem FIockungsgl~ischen mit einem doppelt durchbohrten Stopfen. Durch die zweite Offnung steckte eine Glasr6hre mit einem Gummischlauch; durch Aufsaugen an diesem Gummisehlaueh wurde der Heber in Be- wegung gesetzt. Die so erhaltene Fltissigkeit wurde in dem Photometer bis auf den Teilstrich genau gemessen. Die 6fters auftretenden Sedimen- tationserscheinungen st6rten die Regelm/ii3igkeit der Ergebnisse nicht; trotzdem sollte man bei einer Perfektionierung der Methode Sedi- mentation vermeiden.

2. Das Verhalten einer negat iven und einer pos i t iven Suspens ion gegeniiber verschiedenen Elektrolyten.

In diesen Versuchsreihen sollte kontrolliert werden, ob kataphore- tisch positive bzw. negative Kohlesuspensionen die yon der Theorie geforderten normalen Floekungsbilder zeigten, um nach~er umgekenrt aus dem Flockungsverhalten auf den Ladungszustand schliegen zu k/Sn-

x) Syst. Vern~s, Bricq und Ivon.

Page 31: Über kolloide Kohle

K1RUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE I~OHLE 279

nen. Wir verwendeten hierffir wieder K-, Ba-, A1- und Th-Chloride sowie HC1 und NaOH.

a) N e g a t i v e S u s p e n s i o n .

Zu diesen Versuchen wurde gereinigte C. M. N. (Endprodukt S. 267) verwendet. Das Ergebnis ist in nachstehender Tabelle wiedergegeben. e ist die Konzentration der Elektrolyten in Millimol pro Liter; f gibt die Ablesung der Photometerskala wieder, wobei f = 0 ftir reines Wasser gilt.

NaOH

c f c

0 39 0,09 30 0,01 0,18 76 0,05 0,45 ~7 0,1 0,9 61 0,25 2,1 77 3,4 1D8 4,5 113 6,8 113 9,1 118

15 108 20 89 30 26 60 .--

HC1 KCI

f c f

83 0,05 84 47 0,1 78 10 0,25 61 - - 0,5 45

1 33 2 13 5 2

BaCI~ A1C13 Th C14

C

0,001 0,005 0,01 0,05 0,1 0,25 0,5

f

0,01 72 0,05 8 0,1 - -

c f

0,001 81 0,005 61 0,01 4 0,05 4 0,1 14 0,25 24 0,5 33

11 3

1 1

2 2

5 5

81 2

85 83 91 86 84 88 92

2

Um die Bedeutung dieser f-Zahlen festzustellen, wurde yon einer Suspension in destillier~em Wasser der Sehw/irzegrad einer An- zahl yon Verdfinnungen gemessen. Dann wurde die Konzentration bestimmt, indem 200 ccm eingedampft und die trockene Kohle ge- wogen wurde. Es zeigte sieh, daft die photometrischen Werte der Konzentration einer Suspension ungef/ihr proportional sind, wobei ein Wert 100 etwa mit einer Konzentration 0,02 Proz. Kohle tibereinstimmte.

Fig. 12 stellt das Flockungsbild der negativen Suspension graphisch da r .

Das Flockungsbild stimmt, wie man sieht, v611ig mit dem von einer negativen Suspension zu erwartenden Bilde fiberein: zunehmende Flockung dutch K +, H +, Ba ++, AI +++ und Th ++++, yon denen die beiden letzteren eine unregelm~it3ige Reihe geben. N a O H flockt weit- aus am wenigsten, erst bei mehr als 30 Millimol ist die Suspension v611ig klar. Nach anf/tng|icher Stabilit~itsabnahme scheint in den mittleren

Page 32: Über kolloide Kohle

~ 8 0 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E B A N D X X X l l , H E F T 7 ~ 1 2

Konzentrationen von N a O H wieder eine Stabilisierung aufzutreten. Ob dieses Minimum, das bei N a O H immer wieder auftrat, eine tiefere

Bedeutung hat, wissen wir nicht. In Fig. 13 ist die Anfangskurve von Fig. 12 wiedergegeben, die

Konzentrationskurve ist hier in grSt3erem MaBstabe gezeiehnet.

Konzentration der Suspension 120!

foO~

60" ~

",lhCl~

20. KCl ",, Elektrolytkonzentration (Millimol)

Fig. 12.

ThClq

KCI

. . - - - - - . . . . . ; dl;

I-Ict

Konzentration der Suspension "30

7O 60 $8 qC 3O

20 I0

0 0,0 i 0.0 S O)

Elektrolytkonzentration (Millimol) Fig. 13.

02S

Die sch6ne unregelm/iflige Reihe mit Th C14 tri t t bier deutlich zu- rage. Die Umladung dutch A1C18 ist nicht so ausgesprochen. Die Relativit~t des Begriffes ,,Flockungswert" stellt sich hier deutlich heraus; w~.hrend das Anschauungsbild der Serie selber meistens so ist, dab man ohne ZOgern den Flockungswert zwischen zwei Gl/~schen an- geben kann (wie es auch anfangs in unserer Untersuchung geschah), ergibt sich aus den Photometerkurven, daft die Stabilit~tsabnahme, es sei langsamer oder schneller, doch stets ganz allm/~hlich vor sich geht.

Page 33: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 2 8 1

Anschliet3end stellten wir noch eine Reihe yon Messungen an, wo- bei zu Th C14 eine konstante Menge H C1 zugeftigt war. Der Anlat3 hierzu

war, dab in den letzten Jahren noeh hgufig in der Literatur die Meinung vertreten wird, dab das Auftreten einer UnregelmS~Bigen Reihe die Folge

gegenseitiger Ausflockung yon entgegengesetzL geladenen Solen, d. h. a l s o des betreffenden negativen Sols und des durch Hydrolyse gebil-

deten Aluminium- oder Thoriumhydroxydsols, ist. Diese Meinung, die auf den ersten Bliek wohl

einige Wahrscheinlichkeit t hat, wurde indessen schon vor lgngerer Zeit grtind- 80 lieh widerlegt.*)

Es wurden nun neben- 60 einander drei Reihen mit

zunehmender Th C14- Menge gemessen, und '40

zwar eine mit nut Th C14, die anderen beiden mit 20 einer konstanten Bei- mischung yon bzw. 0,005 0 und 0,025 Millimol HC1.

Diese Beimengungen, welehe die Hydrolyse zu-

~ekdr{tngen, gnderten an dem Auftreten der un- regelm~gigen Reihe nichts.

Konzentration der Suspension

p , ~ . . . . @3

�9 �9 m i

001 005 Of Elektrolytkonzentration (Millimol)

1 . . . . ThCI~ ohne Zusatz 2 . . . . ThCI 4 mit 0,005 Millimol HC1 3 . . . . ThCI 4 mit 0,025 Millimol HCI

Fig. 14.

Der einzige Unterschied ist, dab durch Hinzuftigen der Salzs~ture die positive Umladung gerade st~irker wird, was mit der Ansicht, dab die Umladung durch das Th-Ion verursacht wird, tibereinstimmt (Fig. 14).

b) P o s i t i v e S u s p e n s i o n .

Das Pr~iparat aus den vorigen Versuchsreihen wurde durch Ausgltihen wS.hrend ftinfmal 3 Minuten bei 9500 im CO2-Strom positiv gemacht. Nach je 3 Minuten wurde die Kohle, nachdem sie in dem CO2-Strom ab- gektihlt war, in einem Achatm6rser zerrieben, um das manchmal auf- tretende Zusammensintern zu verhindern. Das in Fig. 15 wiedergegebene Flockungsbild ise genau das Umgekehrte der vorigen Figur. N a O H floekt am stgrksten, HCI nur in sehr geringem MaBe, die Chloride we-

1) H. R. Kruyt u. Frl. H. G. Adriani , Rec. Trav. Chim. 89, 609 (1920); vgl. aueh P. C. van der Wil l igen, Diss. (Utrecht 1927), 23.

18

Page 34: Über kolloide Kohle

282 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND X X X l l , H E F T 7- -12

niger mit zunehmender Valenz des Kations. Es ist merkwtirdig, wie ausgepr~gt diese Unterschiede sind, und ebenso, dab dieser groBe Unter- schied gerade zwischen K und Ba einerseits und A! und Th anderseits liegt, welehe paarweise ganz dicht nebeneinander liegen. Die beiden letzteren wirken in den kleineren Konzentrationen sogar stabilisierend. Wir k6nnen hier noeh hinzuftigen, dab K2SO4 hier eine viel starker flockende Wirkung hat ais KC1, und K4FeCy e eine noch st~trkere.

Konzentration der Suspension ~0

160

120

B0

60'

LIO'

2O

0~5 1 2 3 4

Elektrolytkonzentration (MiUimol) Fig. 15.

5 6 7 8

3. D a s Verha l ten v e r s c h i e d e n e r Kohlepr~iparate gegenfiber N a O H.

a) U n g e r e i n i g t e C.M.N.

Diese Versuche zeigten keine Besonderheiten. Sie sollten auch ausschlieBlich dazu dienen, die auf S. 251 beschriebene Laugenpeptisa- tion noch einmal in einer Photometerkurve festzulegen. Wenn wir ohne besondere VorsichtsmaBregeln gegen K ohlens~ure arbeiteten, so erhielten wit das in Fig. 16 dargestellte Ergebnis bei Messung nach 13 und 70 Stunden. Wurde unter AusschluB yon CO 2 gearbeitet, so erhielten wir nach 70 Stunden die in Fig. 17 wiedergegebenen Werte. Diese Kurve zeigte eine etwas andere Gestalt.

b) G e r e i n i g t e C .M.N . be i v e r s c h i e d e n e r V o r b e h a n d | u n g .

Bei den folgenden Versuchen wurde also das Flockungsverhalten der Suspension gefientiber N a O H als Indikator ftir den Zustand der Kohleoberfl~che verwendet. Dies war eine rasche und bezfiglich der

Page 35: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE ~ 8 3

Menge ben6tigten Materials sparsame Methode ohne Komplikationen und wurde daher vor der Kataphoresemethode bevorzugt.

Einige Orientierungsversuche bestiitigten die Hypothese, dab die positive Kohle durch Be-

handeln mit Sauerstoff bei 70 1

niedriger Temperatur wieder [ negativ wird. Sodann wurde

I dieser Umladungsprozet3 60

n~iher verfolgt. Zuerst wurde ein posi- 50

tives Pr~iparat stets dreimal i 3 Minuten 1) lang bei 150, 40 I 300 und 4500 in einem

Sauerstoffstromerhitzt. Die 30 ] niedrigste Temperatur gab keine prinzipielle Ver~inde- rung, die Suspension wurde, 20 ebenso wie die urspriing- liche, stark durch N a O H 10 ausgeflockt. Vielleicht deu- tet die verringerte Stabilit~it 0 auf eine Abnahme der posi- tiven Ladung. Nach Be- handlung bei 3000 war die Kohle noch positiv, zeigte jedoch eine unregelm~tlige Reihe, bei 4500 war sie wieder negativ ge]aden, flockte nicht mehr mit Lauge und gab genau das gleiche Bild wie die ursprfing- liche negative C. M. N.

Diese Versuchsreihe ist in Fig.18 wiedergegeben. Es wurden noch hinzugeftigt: a) die Kurve yon ungereinigter C.M.N. ; b) die der gereinigten noch

Konzentration der Suspension

2 ~+ 6 O l0 Millimol NaOH . . . . . . . Messung nach 13 Stunden ~ x - - x - - x ~ ,, ,, 70 ,,

Fig. 16.

Konzentration der Suspension O

6.

5 2 ~ 6 Millimol NaO H

Fig. 17.

8 l0

negativen C.M.N. ; c) die Kurve der vorigen nach Ausgltihen bei 9500 in CO2, mit diesem Prttparat wurden die obenbeschriebenen Versuche angestellt (d, e, f). Das Ganze stellt gleichsam die Lebens-

1) Siehe S. 264. 18"

Page 36: Über kolloide Kohle

2 8 4 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTIS BAND XXXII, HEFT 7--12

Konzentration der Suspension

120'

60

0

120

6O .

0-

120-

a CIVllkl Handelsprodukt

12~ I d

0 ~'

~20 e

60. ~

0 120"

60 / /

~ / / # / / ' , j / , J , ~ .

b ~///.////~ �9 ~ / / / / / / / CMNo.~.lo, / / /

/ / / / / / / / / // . L / / / / / / / / / / / / / I / / ,' ,~

C VotanOehende. 990~01,

Millimol NaOH

Vorangehende 0~, 3~3' ISO"

10, bei 300"

f ID. bei ~ 0 ~

i 2 3 4. S 6 7 8 9-

Fig. 18.

geschichte eines Kohlepr~parates, ausgedrfickt in seinem Verhalten zu NaOH, dar.

Eine /ihnliche Reihe zeigt Fig. 19. Hier haben wir den ~bergang

Page 37: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 9,85

8ereinigte CMN

Konzentration der Suspension

12Dt a so/co,

62~ . . . .

120 t b Vor~.gehe':de 6' Z"fOO'O=

! 1201 C ID, IS'

/

'2~ t d so]

or// / / /

60

0

120"

BO~

I 2 3 ,q- S 6 7 Millimo] NaO H

Fig. 19.

O~

"t

I D. ~S'

/ ~ / / / / / / F

IO. 180' e

Vorangehende IN VACUO 990" f

t , , i

yon pos i t iv zu nega t iv verfolgt , indem wir umgekehr t die T e m p c r a t u r

k o n s t a n t erhiel ten und die Ak t iv i e rungsdaue r var i ier ten . Es wurde yon

Page 38: Über kolloide Kohle

~ 8 6 KOLLOIDCHEMISCHE BIEIHEFTE BAND XXXIl, HEPT 7--12

demselben positiven Pr~parat ausgegangen wie in der vorigen Reihe (a) und w~thrend 6, 15, 45 und 180 Minuten erhitzt (b, c, d, e).

Wir erhalten folgendes Bild: Dureh die O2-Behandlung bekommt die positive Kohle allmS.hlich einen negativen Charakter (die Geschwin- digkeit ist yon der Temperatur abh~tngig). Die erste Andeutung hierftir ist das deutliche Auftreten einer unregelm~tt3igen Reihe (Fig. 18), wo- bei bemerkt werden muB, dab eine schwache unregelm~t3ige Reihe bei- nahe immer bei der positiven Kohle auftritt, d .h . ein wenig stabiler, negativer Teil, der so sehnell sedimentiert, dab bei dem Photometrieren naeh 40 Stunden sehon niehts mehr in Suspension tibrig ist. Dann tri t t ein Zwischenstadium ein, wo die ,,Negativierung" noch nieht weir genug vorgeschritten ist, um ein negatives Sol zu geben, wohl aber die positive Ladung zerst6rt. Die Kohle flockt dann im Wasser fast sofort aus, kann aber dureh Lauge wieder einigermaBen aufgeladen werden (Fig. 19b). Mit zunehmender Behandlungsdauer nimmt diese Peptisation an Intensit~it zu und wird zugleich nach den kleineren Konzentrationen hin verscho- ben, so daft sich selaliefllich wieder das Bild der negativen Kohle zeigt (Fig. 19% d, e). Bei niedriger Temperatur bis zu 2000 geht dieser Prozet3 sehr langsam vor sich. Trotzdem ist es sehr gut m6glich, daft die Kohle in dem auf die Dauer erreichten Gleiehgewiehtszustand bei Zimmer- temperatur in Bertihrung mit Luft eine negative Ladung hat.

Die dureh die Oberfl~ehenoxydation negativierte Kohle wird wieder positiv durch Erhitzen auf 9500 in C O3 oder aueh im Vakuum (Fig. 19f). Beim ]etzteren Versueh wurde die Quarzr6hre, in der das Schiffchen mit der Kohle erhitzt wird, mit angeschliffenen H~hnen versehen und mit einer G a e d e p u m p e bis zu einem Vakuum yon etwa 0,0002 mm Hg evakuiert. Dann wurde erhitzt auf 950 ~ wobei viel Gas frei wurde. Als das Vakuum wieder etwa 0,007 mm erreicht hatte, wurde der Strom ausgeschaltet; der Ofen ktihlte nun in ungef~hr 4 Stunden, stets unter Vakuum, aus. Erst nach v611iger Ausktihlung wurde wieder Luft hin- zugelassen.

c) Z u c k e r k o h l e von v e r s c h i e d e n e r V o r b e h a n d l u n g .

Wir stellten das ftir diese Versuche notwendige Ausgangsmaterial her, indem wir die automatisch zerriebene Kohle w~thrend ftinfmal 3 Minuten bei 9500 in Kohlens~ure aktivierten.

Diese Versuche zeigten prinzipiell das gleiche Ergebnis wie die vorigen. Aut3er ihrem Verhalten gegeniiber NaOt-I wurde auch die Flockhng durch H C1 untersucht, wobei man eine entgegengesetzte Wirkung erwarten konnte.

Page 39: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE KOHLE 28~

Das Ergebnis ist in Fig. 20 wiedergegeben. Hier wurden jedesmal die Photometerwerte des Sols ohne Elektro-

lyt als 100 angenommen.

Konzentration der Suspension

t

a ,/ .

2 ,

.

'~ t Yola ngelmde 35o)/bo" " / i "

I c

/ / / / / / / / , 4 / / / / / / / / / / / S

d

s (

9 8 7 6 S ~ 3 2 I 0 I

Millimol H CI Fig. ~0.

NaOH

d) S a u e r s t o f f r e i e Z u c k e r k o h l e .

Fig. ~0d stellt das Verhalten eines Pr/~parates dar, das w~thrend 4 Stunden bei 9500 in einem Wasserstoffstrom gegltiht wurde, im H~- Strome abktihlte und unter vollkommenem Ausschlut3 yon Sauerstoff in Wasser gebraeht wurde. Beabsichtigt war, auf diese Weise radikal allen an die Kohle gebundenen Sauerstoff zu entfernen, um entscheiden zu k6nnen, welche Ladung eine reine Kohlenstoffoberfl/~ehe besitzt. Die Kohle befand sich wieder in einem Quarzschiffchen in der elektriseh geheizten Quarzr6hre. Diese R6hre trug an beiden Enden angeschliffene Stticke. An der einen Seite wurde durch einen diekwandigen Gummi- schlaueh der Wasserstoff zugeftihrt. An dem anderen war eine wei te ,

Page 40: Über kolloide Kohle

~ 8 8 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, I-lEFT 7--12

nach unten umgebogene Glasr6hre angeschmolzen, welche in einem mit einem dreimal durchbohrten Gummistopfen versehenen Jenaer Kolben

unter Wasser mfindete. Der Bombenwasserstoff wurde erst zur Reinigung durch einige Flaschen mit alkalischem Permanganat bzw.

Wasser geleitet, dann dureh Uberleiten fiber glfihende Kupferspiralen yon eventuell vorhandenem Sauerstoff befreit, schliet31ich in einem Trockenturm mit Kalk und Chlorkalzium und in einem mi tGlaswol le und P20~ getrocknet, Dureh die beiden anderen Durchbohrungen des Gummistopfens ffihrten zwei dfinne GlasrShren: eine kurze und eine, die ebenfalls unter Wasser ausmfindete; beide waren mit Gummi- schlXuehen versehen. Die erste diente zur Ableitung des Gases (der Schlauch endigte in einer Schale mit Wasser), die andere zum Einleiten von sauerstoffreiem Stiekstoff. Letzteres geschah, um die St6psel- flasche, in welcher sich naehher die Suspension bildete, besser sauer- stoffrei zu machen und zu halten. Besonders beim 0ffnen der Flasche war eine Stickstofffillung und Stickstoffstrom ein viel besseres Schutz- mittel gegen den Zutrit t yon Sauerstoff als der leichte Wasserstoff. Der Stickstoff wurde durch die yon K a u t s k y und T h i e l e 1) besehrie- bene Methode vom Sauerstoff befreit; diese besteht darin, daft der Stickstoff durch eine Pasteurkerze in eine lange, vertikal stehende RShre gepreflt wird, welche mit einer Natriumhydrosulfitl6sung geffillt ist. Das Gas tr i t t dabei in aut3ergew6hnlieh feiner Verteilung in die Wasch- fltissigkeit, wird also intensiv gereinigt.

Vor Beginn der Untersuehung wurde die Apparatur durch mehr- maliges Evakuieren und Wiederftillen mit Wasserstoff oder Stickstoff soweit als m6glich vom Sauerstoff befreit. Hierzu erwiesen sich baro- metrische Steigr6hren, welehe augerdem als Sicherheitsventile ver- wendet wurden, als zweekdienlieh. Nun wurde die St6pselflasche, ge- ffillt mit etwa 200 ccm ausgekochtem Leitf~higkeitswasser, an ihren Oft gebracht, die beiden Gasstr6me angestellt und der elektrisehe Ofen erhitzt. Nach gentigend langem Erhitzen lieBen wir die Kohle - - immer im Wasserstoffstrom - - wieder abktihlen. Indem wir den Ofen um seine ttorizontalachse drehten, liegen wir das Schiffchen mit der Kohle nach der Seite der Flasehe gleiten, wobei daftir gesorgt war, dab durch Drehen der Quarzr6hre die Kohle aus dem Schiffchen durch die weite Glas- r6hre in die Flasche fallen konnte.

Durch den als Rtihrer arbeitenden Gasstrom entstand alsbald eine Suspension. Unter fortdauerndem Zuleiten des Gasstroms wurde nun schnell der Gummistopfen gegen einen Glasstopfen ausgeweehselt und

a) H. Kau tsky u. H. Thie le , Zeitschr. f. anorg. Chem. 15~, 34"2 (1926).

Page 41: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, 0BER KOLLOIDE KOHLE ~89

die Suspension danach auf die bekannte Weise weiterbehandelt, wo- bei noch als VorsiehtsmaBregel ein Sticl~stoffstrom wXhrend des Fill-

lens der FloekungsglXsehen hindurchgeleitet wurde. Man sieht nun in Fig. 20d, dab diese sauerstoffreie Kohle positive

Ladung tr/~gt.

V. Weitere experimentelle Ergebnisse. 1. A d s o r p t i o n y o n N a O H .

Wie schon erw~hnt, waren wir zu der Auffassung gelangt, dab das Fehlen jedes AdsorptionsvermSgens ftir NaOH, wie dies v0n M i l l e r als kennzeichnend ftir reine Aktivkohle beschrieben war, nur ftir die positive Kohle zutreffend sei, und dab die negative Kohle dagegen Lauge adsorbiere,

Durch die nachstehenden Versuche wurde diese Vermutung be- stXtigt. Zu je 250 mg Kohle wurden in einem Jenaer Kolben 50 ccm 1/10 n N a O H hinzugeftigt, und wg~hrend etwa 10 Minuten ab und zu gesehtittelt. Dann wurde dureh ein aschefreies Filter filtriert. Von dem Filtrat, wovon die ersten 25 ecm nicht benutzt wurden, kochten wir dann 10 ecm mit 10 ccm H~SO 4 yon etwas h6herer Konzentration als 1/!0 n auf und titrierten aus einer Mikrobtirette mit der gleichen Lauge auf Phenolphtalein zuriick. Ein Kontrollversuch wurde in der gleichen

Weise behandelt.

Millimol NaOH Kohlepriiparat ads. yon

1 g Kohle

Gereinigte C.M. N . . . . . . . Die Vorige, 950~ . . . . . Die Vorige, 1 Stunde 3500 . . Id. 3 Stunden 4000 . . . . . .

0,98 0,10 0,88 2,68

DaB die positive C. M. N. doch noch eine geringe Laugenadsorption zeigt, rtihrt vielleicllt von Spuren S~ture her, welche beim Auswasctaen nicht v611ig entfernt worden waren. TatsXchlich wurde nach Aufkochen einer grSBeren Menge dieser Kohle mit Lauge in dem Filtrat eine sehr sehwache Chlorreaktion gefunden.

Trotz der sehr intensiven Reinigung (viel 1/inger als bis zum Ver- sehwinden der Chlorreaktion in dem Wasehwasser) blieb also doch noch eine Spur der S~ure gebunden zurtiek. Diese hatte jedoeh keinen prin- zipiellen EinfluB auf das Ergebnis, weder bei den Flockungsversuchen, noeh bei der Laugenadsorption, was sic!a unter anderem darin zeigte, dab mit Zuckerkohle prinzipiell dasselbe Resultat erhalten wurde.

Page 42: Über kolloide Kohle

290 KOLLOIDCHFMVflSCHE BEIPIEFTE BAND XXXll, HEFT 7--12

Kohlepriiparat

Nullversuch . . . . . . . . . Idem . . . . . . . . . . . . Aktivierte Z u c k e r k o h l e . . . Idem . . . . . . . . . . . . Die Vorige nach 5 Stunden

bei 350 ~ in O 2 . . . . . . Die Vorige 3 X 3 Minuten bei

9500 in CO 2 . . . . . . .

ccm NaOH titriert

2,02 2,01 2,01 2,00 2,01 2,02 2,00 2,01 2,02 2,00 2,78 2,74 2,75 2,75 2,75

2,02 2,01 2,01

0

0,74

0

Millimol Na O H

idsorbiert pro g Kohle

0

1,48

0

Diese drei PrXparate sind die gleichen wie die aus Fig. 90 bezw. a,

b und c.

2. B e n e t z b a r k e i t d e r K o h l e .

Auf folgende Weise hat ten wir beobachtet, dab die negativen Pra- parate viet leichter zu benetzen sind, als die positiven : Ftir das Herstellen yon Suspensionen oder ftir die Adsorptionsversuche brachten wir die abgewogene Menge an Kohle in trockene St6pselflaschen. Die Fltissigkeit wurde dann hinzupipettiert. Hat ten wit ein positives Pra- parat, so schwamm die Kohle als eine unbenetzbare Schicht auf der klaren Flfissigkeitsoberflache; bei der negativen Kohle entstand da- gegen sofort eine schwarze Suspension, wozu im ersteren Fall immer noch Umschtitteln nOtig war. Dieser Unterschied ist so typisch, dab man daraus mit Sicherheit sagen kann, ob ein Praparat positiv oder negativ

geladen ist. Es ware in diesem Zusammenhang vielleicht interessant, einmal

die B a r t e l l s c h e n Versuche 1) mit positiven und negativen Kohleprapa- raten zu maehen.

3. A u s f l o c k e n y o n p o s i t i v e n S u s p e n s i o n e n a n Glas .

Ein anderes Kriterium ftir die Ladung der Kohle ist es, dab die posi- tive Kohle sofort an einer ncgativen Glaswand gefallt wird. W~ihrend nach Schtitteln der Suspensionen in der Schtittelmaschine das Gtas der StOpsclflaschen bei negativer Kohle vollkommen klar geblieben war, wurde es bei den positiven Suspensionen mit einer feinen schwarzen Schicht bedeckt, woran die Ladung sofort zu erkennen war.

1) F. E. Bar te l l , Coll. Symp. Monogr. 5, 113 (1927).

Page 43: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, OBER KOLLOIDE NOHLE 291

Noch deutlicher zeigte sich die Erscheinung, wenn wir nach den Grenzwertbestimmungen die Suspensionen einige Wochen in den FlockungsgI~ischen stehen lieBen. Wurde dann die Flfissigkeit vorsichtig aus den Fl~schchen gegossen, so zeigten die leeren Gl~tschen das Flockungsbild der Suspensionen. Dort, wo die Suspension an sich stabil war, hat te sich an dem Glas eine dicke schwarze Fallung abgesetzt; wo sie instabil war, waren die Gl~ser ganz klar. Eine leicht erklXrliche Ausnahme bildeten die Reihen mit A1 +++ und Th ++++. Hier wurde in sehr kleinen Konzentrationen die Glaswand entladen, lange bevor die Suspension ausgeflockt war und gegen das nun positive Glas flockte die positive Suspension nicht aus, so daft auch die Gl~ser mit stabiler

Suspension vollkommen klar blieben.

VI. Theoretische Betrachtungen. I. D i ~ O b e r f l ~ t c h e n c h e m i e d e r K o h l e .

Wir nehmen davon Abstand, hier eine ersch6pfende Ubersic!lt tiber die sehr ausgedehnte Literatur zu geben, welche sich mit dem kapil- laren Verhalten der Kohle befafit. Studiert man diese aber eingehend, s~ ergibt sich, dab neben der fast unfibersehbar grofien Zahl von Unter- suehungen fiber die Adsorption an Kohle, die kolloidchemischen Eigen- schaften in engerem Sinne kaum Beachtung gefunden haben. Es ist dabei zu beachten, dab bei den sogenannten ,,Kohlesolen", die durch Zersetzung yon Zucker mit konzentrierter Sehwefels~iure entstehen, oder bei der Elektrolyse mit Kohlenstoffelektroden, die Natur der dis- persen Phase recht unbest immt ist, wahrend in anderen F~llen, wie bei der Untersuehung der Alkalipeptisation, wie wir zeigen konnten, das Ergebnis gef~lscht wurde durch den Asehengehalt der verwendeten Kohle.

Nach Abschlufi unserer Vorversuche war folgendes uns sofort klar: Die kolloidchemischen Eigenschaften hydrophober Kolloide werden yon ihrer OberflS;chennatur beherrscht; die peptisierenden Gruppen sind dort lokalisiert, und zwar, weil ionogenes Material dort vorhanden

ist. Diese ionogenen Stoffe haben sich aus dem Material des Teilchens selbst gebildet oder infolge einer chemischen Umsetzung, welche die Oberfl~che des Teilchens beim Peptisieren erlitten hat. Als Beispiel des letzteren Vorganges (welcher wahrscheinlich ganz allgemein ein- tritt) ftihren wir die Peptisierung des SnO 2 mittels K O H an, wobei K H S n O 3 sich in der Oberfl~che bildet. Bei kolloid dispergierter Kohle muB nun .Ahnlic!aes stattfinden; in der Oberfl~che mtissen sich ionogene

Page 44: Über kolloide Kohle

292 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7~12

Komplexe bilden, falls das Material kolloid dispergierbar sein soil. Bei

aschenfreier Kohle finder die Vorbereitung der OberflS~che aber nieht in Wasser mittels 5tzender Elektrolyte start, sondern ist bereits zu Ende bevor man die Kohle in reines Wasser gibt. Der zuvor aufgenommene Sauerstoff mug also eine chemische Anderung in der Oberfl~iche der Kohle hervorgebracht haben; das kolloidchemisehe Verhalten derselben wird somit yon den Verbindungen in der Oberfl~iehe beherrscht, welehe

sieh bilden bzw. entfernt werden. Was wir verstehen unter Oberfl~chenverbindung, kSnnen wir ver-

deutlichen mit folgendem schematischen Beispiel:

COOH COOl4 COOH

COON COOH COOH i , i I ~ . i

\\y 3̀ .A.y/k y . A l [ Y AI Y ).1 Y 3.I Y ~ 3..y ̂ .y..k y...y..l..T..l..y./~, I ,

i i i i Y Y Y Y Y N " x x ~, x x i i y i

t

Eine Carboxylgruppe in Oberfl~ichenverbindung an Kohle ist ganz analog den Carboxylgruppen der Benzoes~iure usw.; der , ,Rest" der Gruppe ist hier eben ein Graphitkristallit. Ebenso wie mit C O O H sind

Oberfl~ichenverbindungen von Kohle mit OH, H, CI, S usw. im Prin- zip msglieh.

Die ,,peptisierenden Gruppen" der Kolloide sind ohne Zweifel in vielen F~tllen derartige OberflS~chenverbindungen. 1) Der direkte Naeh- weis einer Oberfl~tehenverbindung ist ktirzlich R u pp2) zum erstert Male gelungen mittels Elektronenwellen beim Fall der Bindung von Wasser- stoff an einer Nickeloberfl~iche.

Auller den Untersuetmngen W a r b u r g s 3 ) , der die Bedeutung yon N---Fe-Komplexen in der Oberfl~ehe von Blutkohle ftir die katalytische

1) Cf. z. B. H. R. Kruyt , Colloids 2. Aufl. (New York 1930), 111--112. 2) E. Rupp, Zeitschr. f. Elektrochem. 85, 530 (1929). ~ O. Warburg , Biochem. Zeitschr. 118, 257 (1921); 119, 134 (1921); 186,

266 (1923); 145, 461 (1924); Bet. 1925, 1, 1001.

Page 45: Über kolloide Kohle

KRUYT u, DE KADT, ~BER KOLLOIDE KOHLE 293

Oxydation von Aminos~turen darlegte und Wi b au t s 1) Untersuchungen

*iber die irreversible Bindung yon Sehwefel an Kohle und noch sonst

einige spS;rliche Andeutungen, beschr/~nken sich nnsere Kenntnisse der

Oberfl~tehenchemie der Kohle auf den Fall Kohlenstoff - - Sauerstoff.

Untersuchungen yon vier verschiedenen Seiten her haben zur

Erkenntnis gefti!lrt, dab Sauerstoff an eine Kohlenoberfl~tche chemisch

durch prim~tre Valenzen gebunden wird. 1. Bei ~ der Bestimmung der Gasadsorption, speziell an durch Er-

t?itzung im Vakuum entgaste Kohle, unterscheidet sich der Sauerstoff

yon den anderen Gasen dureh zwei Eigenttimlichkeiten. Einmal er-

reicht beim Sauerstoff die Adsorption nicht wie in den anderen Fallen

nach kurzer Zeit einen Endzustand, sondern, naehdem die Hauptmenge

sehnell gebunden ist, gibt es auch danach eine langsame fortwghrende

Zunahme der adsorbierten Gasmenge. Schon bei den alten Unter- suchungen von de S a u s s u r e 2) hat sich dieses gezeigt, und L o w r y

und H u l e t t 3) haben es neuerdings best~tigt. L o w r y und H u l e t t

untersuchten weiterhin nS.her die ebenfalls schon mehrmals beobachtete

Tatsache, daB, im Gegensatz zu anderen Gasen, sich vom adsorbierten

Sauerstoff nur e in Teil durch Evakuieren wiedergewinnen l~tt3t. Der

Rest wird an der Oberfl/~che ,,fixiert" und l~tl3t sich nur als C O und C 02

wieder gewinnen durch Evakuieren bei tl6heren Temperaturen. 9,. Eine sehr feste Bindung yon Sauerstoff an Kohle zeigte sich auch

bei Untersuchung der Adsorptionswgrme. 4) WO.hrend bei !16heren Gas-

drucken sowie bei der Adsorption an nieht entgaster Kohle (deren Ober-

fl~tche schon mit ,,fixiertem" Sauerstoff gesgttigt ist) die differentielle

AdsorptionswS.rme des 0 2 yon derselben Gr6t3enordnung ist wie die von

N2, H=, He, CO usw.; ngmlieh etwa 4 Kal. pro Mol., nimmt diese bei tier Adsorption von kleinen Mengen von Sauerstoff an entgaster Kohle

einen abnorm hohen Wert an, bei weitem den h6chsten Wert, der tiber-

haupt bei der Adsorption yon Gasen an Kohle beobachtet wird, nS.mlich

fast 70 Kal. Dieser Wert liegt zwisehen den BildungswS~rmen von CO

und CO=. Zur genauen quantitativen Verkntipfung mtiBte man die Dif-

ferenz der SublimationswXrme des Kohlenstoffs und der Energie, die ftir die Aufhebung der gegenseitigen Abs~tttigung der an de r Ober-

flgche der entgasten Kohle befindliehen freien Valenzen ben6tigt wird,

kennen.

x) j. p. Wibaut, Zeitschr. f. angew. Chem. 40, 1136 (1927); Rec. tray. Chim. 49, i21 (1930).

3) Th. de Saussure, (Gilberts) Ann. d. Phys. N. F. 27, 113 (1814). a) H. H. Lowry u. G. A. Hulett , Journ. Amer. Chem. Soc. 4,2, 1408 (1920). 4) H. R. Kruyt u. J. G. Modderman, Chemical Reviews 7, 259 (1930).

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29~: KOLLOIDCHEM1SCHE BEIHEFTE BAND XXXII, HEFT 7--12

3. Mit der soeben erw~hnten zeitlichen Zunahme der Sauerstoff- adsorption ist verkntipft eine Bildung von C 02, wie schon de S a u s s u r e 1) beobachtet hat. Es findet also bei gew6hnlicher Temperatur eine lang- same Verbrennung der Kohle statt . Diese langsame Verbrennung, die man mit einem nicht sehr glticklich gew/ihlten Terminus3), die ,,Aut- oxydat ion" der Kohle nennt, ist von W a r b u r g 3 ) , sparer yon R i d e a l 4) studiert worden. R i d e a l fand, dab ftir jede adsorbierte

Molekel 03 eine Molekel C03 entsteht und ferner, dab die Oxydation lokalisiert ist an einer relativ sehr kleinen Zahl , ,aktiver Bezirke". Man hat dieses wohl so zu verstehen, dab die Fixierung zweier O-Atome an einem C-Atom und die nachherige Losl6sung des Ganzen nur s ta t t - finden kann an den hervorstehenden, nut mit einer Valenz rtickwlirts gebundenen C-Atomen.

4. W~hrend das Vorhergehende sich bezieht auf Untersuchungen bei gew6hnlicher Temperatur, verdanken wir R h e a d und W h e e l e r 5) einen Einblick in den Reaktionsmechanismus bei h6heren Temperaturen aus einer Untersuchung, die zu brennstoffchemischen Zwecken angestellt wurde. Ihre Hauptergebnisse k6nnen wir so zusammenfassen: Bei der Verbrennung yon I4ohle entsteht als Zwischenstufe an der Ober- fl/~.che ein ,,physico-chemical complex" CxOy. Durch Evakuieren bei h6heren Temperaturen zerf~illt dieser und liefert den gesamten fixierten Sauerstoff als CO und CO 3 zurtick. Bei einer bestimmten Temperatur wird .dabei nur eine best immte Menge yon Gasgemisch frei, und es ~indert sich das Verhiiltnis C O : C O 3 in dem Sinne, dab bei niederer Temperatur das CO2, bei h6herer das CO tiberwiegt. Es I/it3t sich hier- aus (bei Beriicksiehtigung der m6glichen sekund/tren Reaktionen) das Verhgltnis CO3: CO im ursprtinglichen , ,Komplex" bestimmen. Dabei zeigt sich ebenfalls, dab die bei 3000 bis 4000 gebildeten Komplexe vor-

wiegend C 02, die bei h6heren Temperaturen gebildeten vorwiegend C O enthalten.

Nun war man im Jab re 1913, vor L a n g m u i r s bekannten Ab- handlungen yon 1917, nicht gewohnt, sieh den molekularen Aufbau einer Grenzfl~iche in Einzelheiten vorzustellen. Wit k6nnen nun diesen

~) Sie Fu~note 2 auf S. 293. 2) Sofern man ihn wemgstens nicht in der urspriinglichen Bedeutung

verwendet, nfimlich zur Bezeichnung der Oxydation der Kohle selbst im Gegen- satz zu der Oxydation der Aminosiiuren.

3) Loe. cit. 4) E. K. R i d e a l u. W. M. W r i g h t , Chem. Soe. 157, 1347 (1925); 158,

1813 (1926). 5) Th. F. E. Rhead u. R. V. Whee le r , Chem. Soc. 101, 831 846 (1912);

108, 461 (1913).

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KRUYT u. DE KADT, OBER, KOLLOIDE KOHLE 295

,,physico-chemical complex" C~Oy, der beim Zerfall CO 2 und CO lie- fert, wohl in dem Sinne deuten, daB,bier zwei verschiedene Bindungs- arten des Sauerstoffs in der Oberfl~iche m6glich sind. Die schon oben- erw/~hnten hervorstehenden, nur mit einer Valenz im Graphitgit ter gebundenen C-Atome werden sich bei verh/~ltnismiiBig niederer Tem- peratur als CO s abspalten, die fester gebundenen C-Atome erst bei hSherer Temperatur als CO. 1)

Obwohl die Untersuchung yon R h e a d und W h e e l e r in verschie- dener Hinsicht Fragen often 1/~flt, bietet sie doch wertvollen Anhalt

ftir ein Verst/~ndnis der Aktivierung der Kohle bei verschiedenen Tem- peraturen.

Bevor wir jedoch den Zusammenhang mit unseren Ergebnissen auseinandersetzen, mSchten wir erst einige Untersuchnngen erw~ihnen, die nach AbschlutB unserer Experimentalarbeit erschienen sind.

2. N e u e r e A r b e i t e n .

L a n d t 2) hat eine Reihe von Untersuchungen an Noritkohle ver- 6ffentlicht /~hnlich dem entsprechenden Teile der unsrigen. Er bestg- tigte die Peptisation dutch Alkali, Pikrinsgure, Na-Stearat usw., er- w/ihnt jedoch nicht die Bedeutung der Aschenbestandtei]e der Kohle ftir das Zustandekommen dieser Erscheinung. Er zeigte weiterhin, dab eine Suspension dieser Kohle sich in bezug auf Koagulation wie ein negatives hydrophobes Kolloid verh/~lt. Es besitzt also die Noritkohle ebenso wie die von uns untersuchte Mercksche Kohle trotz des Aschen- gehakes noch eine gewisse Ladung. Ferner stellte er Verteilungsversuche an in der Art, wie sie yon R e i n d e r s und von H o f f m a n n beschrieben wurden, best immte die Benetzungsw~rme durch Wasser, und folgerte aus den Ergebnissen, dab der Norit eher hydrophoben als hydrophilen Charakter hat. In einer sp/iteren VerSffentlichung ~) hat er auf Grund unserer Untersuchung die Pept isat ion und Koagulation der aktiven Kohle eingehend erSrtert. SchlieBlich untersucht er 4) die Adsorptions- eigenschaften yon auf verschiedene Art aktivierten Kohleprgparaten. Eine Umkehr der T r a u b e s c h e n Regel, wie diese N e k r a s s o w und D u b i n i n (siehe welter unten) fanden, konnte er nicht best/itigen.

1) Auch Garner und McKie [Chem. Soc. (1927), 2451] haben eine /ihn- liche Auffassung vertreten.

2) O. Speng le r u. E. L a n d t , Zeitschr. Ver. Deutseh. Zuekerind. 78, 199, 550 (1928~; 79, 44 (1929).

3) Ibidem 79, 397 (1929). 4) Ibidem 79, 470 (1929).

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~9~ KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXII; HEFT 7--12

Auch B a r t e l l 1) befatlte sich mit der Benetzbarkeit der Kohle, be-

sehr~inkte sich jedoch leider auf eine Reihe von technischen Rufiarten. Dieses ist wohl die Ursache, dab der yon Uns festgestellte Untersehied in der Benetzbarkeit zwischen der positiven und der negativen Kohle auch in dieser Untersuchung nicht zutage tritt . Er best immte mit seiner schSnen neuen Methodik die Haftspannung. Es zeigten sich ziemlich grofle Unterschiede bei den verschiedenen Typen. Durch Evakuieren bei 5000 und bei 1000 ~ traten nur geringftigige ~_nderungen ein.

D u b i n i n 2) brachte neue Tatsachen fiber die zuerst von N e k r a s - sow berichteten Eigenttimlichkeiten mit Bezug auf die T r a u b e s c h e Regel. Er verkohlte Saccharose und aktivierte das Produkt dureh Luft bei 550~ bzw. 800 ~ Die bei niedriger Temperatur aktivierte Kohle ad- sorbierte anorganische S~uren in einer , ,konvalenten Reihe" (d. h. zu- nehmende Adsorption mit zunehmender Valenz) und organische S~ure entsprechend der T r a u b e s c h e n Regel; die bei hOherer Temperatur aktivierte dagegen umgekehrt i n einer , ,antivalenten Reihe" (abneh- mende Adsorption mit zunehmender Valenz) und entgegengesetzt der T r a u b e s e h e n Regel.

Die beiden Pr~parate wahrten ihren Adsorptionscharakter auch, als das erste bei 8000 bis 10000 nachaktiviert oder wS~hrend 2 Stunden im Vakuum bei 11000 erhitzt wurde, und als das Zweite nochmals bei niedriger Temperatur aktiviert wurde.

Wie schon erw~ihnt, konnte L a n d t bei einer Wiederholung der Versuche D u b i n i n s diese Umkehrung nicht bestiitigen. Es lassen sich aber die Pr~tparate L a n d t s in einer Reihe einordnen solcherart, dab das obere eine sehr s t a r k e Adsorptionszunahme zeigt in der Reihe Ameisens~iure, Essigs~iure, Butters~ture; das untere jedoch kaum einen Unterschied in der Adsorption dieser SS.uren zeigt. Man kann sieh dem Eindruck nicht entziehen, daft eine Fortsetzung dieser Pr~tparatenreihe zu einer Umkehr der Adsorptionsfolge ftihren mut3. 8) Es l~flt sich weiter

aus den Daten L a n d t s folgern, dab (in Gegensatz zu den Mitteilungen D u b i n i n s ) die Auspr~Lgung der T r a u b e s c h e n Regel abh~ngig ist yon der weiteren Hitzebehandlung einer gegebenen Rohkohle. Dabei ergibt sich, daft im grot3en und ganzen mi t dem Hervortreten der T r a u b e s c h e n Regel auch die Adsorption yon N a O H zunimmt.

1) F. E. Bar te l l u. C. N. Smith, Ind. Eng. Chem. 21, 1102 (1929). 2) Michae l Dubinin , Zeitschr. f. phys. Chem. 140a, 81 (1929). 3) Es ist auch zu beachten, dab bei Dubinin Propions~iure, Valerians~iure

und Heptyls~iure zur Adsorption gelangten, bei Landt lcdoch Ameisens~iure, Essigs~iure und Butters~iure.

Page 49: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, 0BER KOLLOIDE KOHLE 297

Zur ErklS~rung dieser Umkehrung nimmt D u b i n i n an, daft die bei

niedriger Temperatur hergestellte Kohle amorph sei, die bei h6herer

Temperatur aktivierte jedoeh eine mikrokristallinische Struktur babe.

Diese Erkl~irung erscheint uns nieht sehr befriedigend. Einmal kann es

sich hierbei nur handeln um einen {)bergang yon sehr kleinen zu gr6fleren Kristalliten, und dabei k6nnte man einen quantitativen Einflufi auI die

Adsorption erwarten, aber nicht eine v611ige Umkehr der Verh~iltnisse.

Weiter f~ingt bei etwa 1100 ~ die Graphitisierung, d. h. eine Rekristallisation

der Kohle, an bemerkbar zu werden. Ein Erhitzen auf diese Tempe- ratur war bei D u b i n i n jedoch, wie erw~ihnt, ohne Einflufl.

L a n d t dagegen deutet die Abweichung von der T raubeschen Regel als eine Art Siebwirkung der Kohle (,,Ultraporositgt" nach

H e r b s t ) , wodurch kleineren Molektilen ein grSfierer Teil der Oberflgche

zuggnglich ist. Daneben kann nach seiner Meinung der von uns ge-

fundene Unterschied in der Hydrophilie der positiven und der negativen

Kohle eine Rolle spielen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung L an dt s, dab die Mehrzahl seiner aktivierten Zuckerkohle-

pr/iparate (die in bezvg auf jodadsorption zum Teil guten Handels-

kohlen gleichwertig waren) nur eine geringe Adsorption yon Melasse-

farbstoffen zeigten. Man erinnert sich aueh bier des Befunds K o l t -

hof f s l ) , daft die Millersche Kohle Alkaloide gar nicht adsorbiert.

Es erscheint uns die Deutung L a n d t s (Unterschied in der

Hydrophilie und Siebwirkung) wahrscheinlich. Es bleiben aber noch

verschiedene experimentelle Unstimmigkeiten in diesem Gebiete zu er- klgren.

Die wichtigsten der neueren Ergebnisse verdanken wir F r u m kin 2)

und seinen Mitarbeitern. Diese Arbeiten hatten ihren Anfang in einer

Untersuchung der Adsorption an der Pt-Wasserstoffelektrode, und man

kam dann tiber absichtlich mit Pt-Salz imprS~gnierte Kohle zur reinen

aktivierten Zuckerkohle. Betrachten wir zunS.chst nur das mit letzterem Material erhaltene Resultat, da die platinierte Kohle einen zwar sehr

interessanten, aber unseres Erachtens scharf gesonderten Fall darstellt.

F r u m k i n konnte best~ttigen, dab bei 9000 bis 10000 mit CO s aktivierte Kohle kein NaOH, sondern He1 adsorbiert. Wurde aber

1) I. M. Kolthoff, Rec. Trav. Chim. 46 549 (1927). 2) H. Frumkin u. Obrutsehewa, Zeitschr f. anorg. Chem. 158, 84 (1926);

H. Frumkin u. A. Donde, Ber. 60, 1816 (1927); N. Bach-Nikola jewa u. A. Frumkin, Koll.-Ze~tschr. 46, 89 (1928); B. Bruns u.A. Frumkin, Zeitschr. f. phys. Chem. 141a, 141; R. Burstein u. A. Frumkin, ibid. 158, 219; B. Bruns u. A. Frumkin, ibid. 147, 125 ~1930)i A. Frumkin, Koll.-Zeitschr. 51, 123 (1930).

19

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~)98 KOLLOIDCHEMISCHE BE1HEFTE BAND XXXlI, HEFT 7--12

die Untersuchung angestellt, nachdem dieselbe Kohle w~thrend einiger Stunden im H2-Strom erhitzt war, und bei peinlichstem Ausschlufi yon Sauerstoff in v6llig geschlossener Apparatur, dann war das Verhalten umgekehrt und es wurde nicht S/~ure, wohl aber Alkali adsorbiert. Zutrit t einer Spur yon Sauerstoff gentigt, um das ursprtingliche Vert~alten wieder herzustellen.

F r u m k i n schliefit hieraus, dab die Sauerstoffkohle positiv, die Wasserstoffkohle negativ geladen sei. Nachdem wir gefunden haben, dab in der Tat nur die negative Kohle N a O H adsorbiert, ist dieser SchluB wahrscheinlich richtig. Doch wS~re, da es sich um ein anderes Produkt handelt, eine elektrokinetisehe Nachprtifung erwtinscht. (3ber- dies steht F r u m k i n s Befund an der Wasserstoffkohle in Widerspruch mit den Resultaten yon K o 1 t h o f f 1) und der vorliegenden Untersuchung.

K o l t h o f f land, daft ein derartiges Pr/~parat genau so adsorbierte, wie die der Luft ausgesetzte Kohle. Wir haben die Kohle w~hrend 4 Stunden in sauerstoffreiem Wasserstoff gegRiht. Naeh dem Erkalten im H 2- Strom wurde die Kohle in lufttreies, yon reinem O2-freien Stickstoff durchsptiltes Wasser gebracht. Es entstand sofort eine Suspension; nach F r u m k i n sollte diese negativ geladen sein. z) Sehliet31ich wurde die Suspension in Flockungsgl/~schen geftillt (bei m6glic!astem AusschluB von O3) , und es erwies die Floekung, dag die Suspension positiv geladen war. Es ist nicht absolut ausgeschlossen, dab in der zweiten H~tlfte des Experiments eine Spur Sauerstoff zugetreten ist. Dann aber mtiBte diese eine erst negative Suspension zu positiver umgeladen haben, ein merk-

wardiger SehluB, der diese Versuche einer Uberprtifung wert mac!at, a) Im Lieht der letzten F r u m k i n s c h e n Ergebnisse w~re allerdings eine derartige Umladung nicht als ausgeschlossen zu betraehten.

F r u m k i n land n~tmlich, dab tZohle, die durch Evakuieren bei 1000 ~ entgast war, als sie in vacuo untersucht wurde, keine Adsorption zeigte, weder von HC1 noch von NaOH, und eine sehr wenig stabile Suspension lieferte (sehr schwache positive Ladung, nach Frumkin einer noch nieht v611ig einwandfreien Entgasung zuzuschreiben). Bringt man diese Kohle nun an die Luft, so erlangt sie wieder die F~higkeit, HC1 zu adsorbieren und eine stabile Suspension zu geben.

Zur ErklS~rung der experimentellen Tatsachen betrachtet F r u m k i n die KoMe als eine H 2- bzw. O2-Elektrode. Er wurde hierzu geftihrt durch

1) Siehe Fultnote 1 auf S. 297. 3) Wenn wenigstens, wie es wahrscheinlich ist, der Stickstoff keine aktive

Ro|le spieh. 3) Die Untersuchung ist zurzeit im Gange.

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KRUYT u. DE KADT, UBER KOLLOIDE KOHLIE 299

die vorhergehenden Untersuchungen an Pt-Mohr und Pt-haltiger Kohle.

Bei Pt-Mohr ist die Adsorption yon S/iuren und Alkali abh/ingig yon der

Gasbeladung, wie man nach der Theorie erwarten dtirfte. Noch besser

reversibel zeigt aber diese Abh~tngigkeit merkwtirdigerweise aktive

Zuckerkohle, die mit geringen Mengen Pt impr/igniert ist. In einer H 2-

Atmosph/ire adsorbiert diese Alkali und liefert eine negative Suspen-

sion, die yon HC1 st/irker koaguliert wird als von NaOH. In einer 02-

Atmosph/ire ist das Verhalten umgekehrt. Merkwtirdig ist hierbei spe-

ziell die Kleinheit der Pt-Menge (0,16 Proz.), die zu dieser Umkehr

gentigt. Wenn F r u m k i n nun aber extrapoliert und auch die Pt-freie Kohle

als H2/O2-Etektrode bezeichnet, so erscheint uns dieses nicht als be- reehtigt. Weder ftihrt diese Annahme zu einem besseren Verst/indnis

der Tatsachen, noeh erscheint sie uns tiberhaupt in denselben begrtindet

zu sein. Nach unserer Meinung trennt F r u m k i n nieht gentigend den ,,thermodynamischen" Nerns t s chen Potentialsprung, den man bei

der Pt-Wasserstoffelektrode mit3t, vom elektrokinetischen, der mat3-

gebend ist ftir die kolloidehemischen F.rscheinungen. DaB diese beiden

nicht identisch sind, haben zur Gentige H a b e r und K l e m e n s i e w i c z l ) , K r u y t 2) und F r e u n d l i c h u n d R o n a 3) gezeigt. Aber auch abgesehen

hiervon ist eine Betrachtung der reinen aktiven Kohle als H~/O2-Elek-

trode unbegrtindet. W/ire dieses richtig, dann sollte man einmal er-

warren, dab die H +- und OH-- Ionen bei der Flockung stark in den Vor-

dergrund treten wtirden. Dieses ist aber, wie wir zeigten, nicht der Fall. H + und O H - ftigen sich auf die gew6hnliche Weise in die Reihen der

Nat- und Anionen ein. Und weiter sollte die Ladung abh/ingig sein yon

der Gasbeladung. Dieses ist bei der reinen Kohle nicht der Fall; sie

1/it3t sich nur durch Gltihen im Wasserstoffstrom bei 1000 ~ umladen. Frl. B u r s t e i n, Mitarbeiterin F r u m k i n s, liet3 an der v611ig ent gasten

Kohle, welehe weder Alkali noch S~ure aufnimmt, Sauerstoff in ver-

schiedenen Mengen adsorbieren und bestimmte sodann die S~Lure- adsorption. Es ergab sieh eine angen~therte Aquivalenz zwischen den

adsorbierten Oz- und HC1-Mengen. Hierin erblickt F ru m k i n eine starke Sttitze seiner Theorie. Es ftigt sich aber auch diese Tatsache zwanglos

in unsere Auffassung, dab nur chemische Reaktionen an der Ober-

fl/iche der Kohle das weehselnde kolloidchemische Verhalten der Kohle

verursaehen.

1) F. Haber u. Klemensiewicz, Zeitschr. s phys. Chem. 67, 385 (1909). 2) H. R. K r u y t , Koll.-Zeitschr. ,0,2, 81 (1918). 3) H. F r e u n d l i c h u. R o n a , Preul]. Akad. d. Wiss. 20, 397 (1920).

19"

Page 52: Über kolloide Kohle

3 0 0 KOLLOIDCHEMISCI-IF-. BEItfEFTE BAND XXXlI, HEFT 7--12

3. Zusammenfassung.

Folgendermaflen m6chten wir die Eigenschaften der verschiedenen

Kohlepr~tparate erkl~tren : 1. Die bei niedriger Tempera tur aktivierte Kohle. Die Aktivierung

ist im Wesen eine langsame Verbrennung der Kohle (wobei das inhomo-

gene Material aufgerauht wird). Es bilden sich bei Tempera turen von

300 bis 400 ~ wie R h e a d und W h e e l e r zeigten, Oberfl~chenkomplexe,

aus welchen bei stSorkerer Erhi tzung vorwiegend C 0 2 abgespalten wird. Diese Karboxylgruppen 1) der Oberfl~che, welche die letzte Stufe des

Verbrennungsprozesses darstellen, sind es, welche die negative Ladung

und die Adsorpt ion yon Alkali bedingen. 2) 2a. Die bei h0herer Tempera tur aktivierte Kohle. Bei 8000 bis

900 o sind die Karboxylgruppen nicht mehr stabil. Es befinden sich

dann nach den genannten Forschern Komplexe in der Oberfl~che, die bei

weiterem Erhitzen und Evakuieren CO abspalten. Man wird zur Annahme geftihrt, dal3 hier (vielleicht erst nach

Hydrat is ierung) Karbinolgruppen basischen Charakters vorliegen, welche

der Kohle die positive Ladung und das Adsorpt ionsverm6gen ftir S~iure

geben; oder - - u n d das scheint uns wahrscheinlicher - - die yon C O O H - Gruppen befreite Kohle hat eine spezifisch bevorzugte Adsorpt ion far

H-Ionen und ladet sich deshalb in reinem Wasser positiv. Wird die positive Kohle nun wieder bei niedriger Tempera tur in

Anwesenheit yon Sauerstoff erhitzta), so bilden sich wieder Karboxyl-

gruppen, und die Kohle erlangt allm~ihlich wieder negativen Charakter.

Der Anfang dieses Prozesses ~ut?ert sich im Auftre ten einer unregel-

m~t3igen Flockungsreihe mit N a O H . W~hrend nfimlich die positiven

Stellen der Oberfl~iche yon NaO H entladen werden (die positive Kohle koaguliert v611ig bei einigen Zehntel Millimol), werden die negat iven

1) Woher stammt der Wasserstoff dieser Karboxylgruppen? Die aktive Kohle enth~ilt nach allen bekannt gewordenen Analysen immer eine ziemlich grofle Menge yon Wasserstoff. Dies ergibt sich auch aus unserem Befund, dab im Innern der Kohleteilchen stets unvollstiindig verkohlte Substanz an- wesend ist (cf. S. 265--266). Auch mSchten wir daran erinnern, dal~ nach Dixon Kohle in trockenem Sauerstoff nicht verbrennt.

2) Man hat uns die Frage vorgelegt, ob nicht der Ladungswechsel der Kohle verursacht werden k6nnte dutch Aschenbestandteile. Ks kommt uns dies als unwahrscheinlich vor, da der Aschengehalt unserer Kohle gering war und wit auch nicht recht einsehen k6nnen, wie etwa anwesendes Ca-Salz oder SiO 2 einen Ladungswechsel herbeifiihren k6nnen. Oberdies ist es unabhiingig yon uns auch Dub in in gelungen, das AdsorptionsvermSgen fiir NaOH ver- schwinden und wieder erscheinen zu lassen an einer Kohle mit dem sehr ge- ringen Aschengehalt yon 0,005 Proz.

3) Cf. S. 286.

Page 53: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, 0BER KOLLOIDE KOHLE 301

Gruppen in ihrer Ladung kaum beeinflugt. (Flockungswert der negativen Kohle 20--30 Millimol.) Eine Kohle, die neben einer Anzahl yon nega- tiven S~ellen vorwiegend positive in ihrer Oberfl~ehe enthglt, liefert in reinem Wasser zungehst durch den groBen UberschutB an positive Grup- pen eine positive Suspension. Setzt man dann zunehmende Mengen von Alkali hinzu, dann werden die positiven Stellen entladen, bis zu- ngehst der positive {)bersehug den Schwellenwert unterschreitet und die Suspension koaguliert. Bei zunehmendem NaOH-Zusa tz wird durch stete Zurtickdr~tngung der positiven Ladung die Kohle allmghlieh einen negativen Charakter bekommen, bis schliet?lich der negative {3berschut3 gentigt, um eine negativ geladene Suspension entstehen zu lassen.

Bei weiterer fortsehreitender Aktivierung und Zunahme der Zahl der Karboxylgruppen wird ein Zustand erreicht, bei dem yon vornherein kein gentigender {)berschuB positiver Ladungen anwesend ist. Diese Kohle ist in reinem Wasser instabil. Erst durch Alkalizusatz erhSAt man eine einigermat3en stabile Suspension.

Sehliefllich ist die Zahl der Karboxylgruppen so grot3 geworden, daft sie hinreichend ist, um in Wasser eine negative Suspension ent- stehen zu lassen.

Wird das Pr~tparat nun wieder auf 9000 erhitzt, so spalten sich die Karboxylgruppen wieder ab und es resultiert ein positives Produkt. Es gelingt hier also, den Charakter und den Ladungssinn eines Kolloids durch absichtliehe Eingriffe in die Oberfl/~che der zu dispergierenden Substanz zu beeinflussen.

2b. Durch 1/~ngeres Erhitzen im Hoehvakuum bei 1000 ~ l~Bt sich aller an der Kohlenoberflgche gebundene Sauerstoff abspalten. L~Bt man zu der entgasten Kohle nach dem Erkalten Sauerstoff hinzutreten, dann wird, wie wir oben erw~thnten, ein Teil des Sauerstoffs (die erste Menge v611ig) irreversibel gebunden. Es werden sich bei dieser Ober flgchenoxydation nur wenige Karboxylgruppen bilden (da bei der Ab- spaltung der CO 2 die isolierten, nur durch eine Valenz gebundenen C-Atome aus der Oberflache entfernt sind), doch hauptsachlich die C O- Gruppen der zweiten Art. Die Kohle wird also positive Ladung und keine Alkaliadsorption zeigen.

Zwischen dem irreversibel gebundenen Sauerstoff und der Adsorp- tion mug, dieser Auffassung nach, Aquivalenz bestehen. F r u m k in fand eine Aquivalenz bei sehr kleinen adsorbierten O2-Mengen , w/*hrend bei grSgeren O2-Mengen die adsorbierte S/iuremenge zurtickbleibt (ent- sprechend der Zunahme an reversibel adsorbierten, nicht chemisch ge- bundenen Sauerstoff).

Page 54: Über kolloide Kohle

3 0 ~ KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEWFE BAND XXXII, HEFT 7~12

Wenn wir ferner die nach Abschlut3 unserer Untersuchung von F r u m ki m erhaltenen Ergebnisse in ~thnlichem Sinne deuten, so kommen wir zu folgender Auffassung:

3. F r u m k i n s Wasserstoffkohle. Diese ist negativ geladen und adsorbiert ausschliet31ich Alkali. Sie wird erhalten durch Erhitzen in

H 2 bei 1000 ~ Wir haben schon frfiher die M6glichkeit erw~thnt, dab beim Erhitzen von Kohle in H 2 sich eine ziemlich stabile Oberfl~tchen- verbindung C - - H bildet als , ,Vorstufe" zur Methanbildung. Diese wfirde hier realisiert sein, und der Wasserstoff dieser Verbindung mug dann ionogene Eigenschaften haben.

4. Die v61lig entgaste Kohle. Diese besitzt nach F r u m k i n bei der Untersuchung im Vakuum kein Adsorptionsverm6gen ftir HC1 oder N a O H und keine Ladung. Es sind hier ja keine peptisierenden Gruppen anwesend. D e r Kohlenstoff wfirde also an sich elektrokinetiseh neutral sein. Man erinnert sieh hier der Untersuchungen yon M i c h a e l i s und R o n a l ) , die aus Bestimmungen der Adsorption yon Elektrolyten den Schlul3 zogen, dab ,,der Kohlenstoff der elektroneutralste K6rper sei, den es gibt", in Ubereinstimmung mit seiner Stellung im periodischen System. Hierzu ist aber zu bemerken, daft dieser Schlut3 wenigstens far die Kohle, die R o n a und M i c h a e l i s ffir ihre Arbeit benutzt haben (Mereksche Blutkohle), nicht zutreffend ist. Einmal sind die Adsorp- tionsmessungen ohne Zweifel gef~tlscht durch den Elektrolytgehalt der Kohle, und weiter ist sparer dureh elektrokinetische Untersuehungen wiederholt gezeigt worden, dab derartige Kohle in Wasser eine be- tr~iehtliehe negative Ladung besitzt. Auch geht aus den Untersuchungen yon F r u m k i n hervor, daft elektroneutrale Kohle nur unter peinlieh- stein Ausschlug des Sauerstoffs zu erhalten ist.

S c h i 1 o w hat neuerdings mitgeteilt~), dab er in Gemeinschaft mit T s c h m u t o w eine eigenartige Diskontinuit~it in der Adsorption yon HC1 bei zunehmendem Sauerstoffdruek gefunden babe. Auch er be- trachtete indessen die Kohle nieht als O~-Elektrode, sondern er erkl~irte diese und andere Adsorptionseigentiimlichkeiten aus der Oberfl~ichen- chemie des Kohlenstoffs in ~ihnlicher Weise, wie wir oben auseinander-

gesetzt haben.

Wie wir gezeigt haben, wird yon der bei 300 0 aktivierten negativen Kohle Alkali adsorbiert, wiihrend die Suspension nicht empfindlich da-

1) L. Michael is u. P. Rona, Biochem. Zeitschr. 94, 240 (1919). 2) N. Schilow, Koll..Zeitschr. 55, 107 (1930).

Page 55: Über kolloide Kohle

KRUYT u. DE KADT, I~IBER KOLLOIDE I.(OHLE ~ 0 ~

gegen ist. Die auf 900 o erhitzte Kohle adsorbiert kein Alkali, doch die

Suspension wird yon sehr geringen Mengen Alkali koaguliert. Der Mecha- nismus ist bier offenbar folgender: Die ionisierten Karboxylgruppen sind es, welche der negativen Kohle ihre Ladung erteilen. Beim Zusatz yon Alkali finder eine Neutralisatioffstatt, es verschwindet O H--: das Na+-Ion tr i t t an Stelle des H +, die Ionisation (die diffuse Doppelschicht) bleibt

dabei erhalten, nimmt cben zu. Beim Zuftigen yon S~iuren dagegen wird die Ionisation der Oberfl~iehensaure zurtickgedr~ingt, wodurch die elektro- kinetische Ladung abnimmt. Bei der positiven Kohle verursachen die O H-Ionen der Oberfl~che das reziproke u

Man kann hierzu bemerken, daft es den Anschein hat, als ob die Kohle am stSzksten koaguliert wird yon dem Ion, das am wenigsten adsorbiert wird, gerade entgegengesetzt der bekannten Theorie. Es handelt sieh bier eben um zwei verschiedene Mechanismen.

Wir m6chten schliet31ieh betonen, daft durch ~iltere und die vorliegen- den Untersuchungen der Bereich der Kolloidchemie der Kohle erst zum Teil erschlossen ist. Genau wie man dieses bisher getan hat ftir Sauerstoff und Wasserstoff, sollte man an den Reaktionsprodukten mit N, S, Halogenen usf. die Zusammenh~inge untersuchen, die zwischen der Oberfl~ichenchemie und dem kolloidchemischen Verhalten der Kohle bestehen.