12
Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t KSnigsberg i. Pr. (Direktor: Prof. Dr. F. Eichholtz). Uber Kombinationsnarkosen. Voil Dr. meal. C. E. Sehuntermann. Mit 7 Textabbildungen. (Eingegangen am 12. VI. 1931.~ In neuerer Zeit geht das Bestreben dahin, Narkosen durch Kombi- nationsgemische mSglichst gefahrlos zu gestalten, und seit den Arbeiten Fiihners x und seiner Schiiler sind zur Kontrolle der Narkosegefahr quantitative Methoden des Tierexperimentes verwendet worden. So ist die )[ther-Avertinnarkose tierexperimentell von K ~ r b e r u. L e n dl e ~ fiir den Fall der gleiehzeitigen maximalen Wirkung beider Narkotika gepriift und bezilglich ihrer narkotischen Breite nach der yon K~rber a ange- gebenea Formel untersucht worden. Als Narkosebreite bezeichnen K~rber u. Lendle den Quotienten aus letaler und narkotischer Dosis unter Beriicksichtigung b eider Nar- kotika, w~hrend der friiher yon Ei c h holt z ~ und B le 6 5 filr die Kombi- nation Kaliumchlorid-Avertin ats Narkosebreite bezeiehnete Quotient aus letaler und narkotiseher Dosis des Zusatznarkotikums naeh Gros 6 zweckm~l~iger als Zudosierungsbreite bezeichnet wird und dabei einer Formel folgen soll, die letzten Endes zu der Konsequenz ftihrt, dab man diese ,,beliebig groB maehen kann fiir jedes beliebige Zusatznarkotikum, wenn man nur die Vordosierung passend w~hlt". I H. Fiihner, Biochem. Zeitschr. 1921, Bd. 15, S. 235, a. a. O. 2 G. K~rber und L. Lendle, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1929, Bd. 1427 S. 1. 3 G. K~irber, Ebenda 1929~ Bd. 146, S. 105. 4 F. Eichholtz, Dtsch. reed. Wochenschr. 1930, Nr. 28, S. 1172. 5 Gertraud Bless, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1930, Bd. 148, S. 129. 60. Gros, Dtsch. med. Wochenschr. 1930, Nr. 287 S. 1172. Archiv f. experiment. Path. u. l~harmakol. Bd. 161. 41

Über Kombinationsnarkosen

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Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t KSnigsberg i. Pr. (Direktor: Prof. Dr. F. Eichholtz).

Uber Ko mbi na t i o ns na rk osen .

V o i l

Dr. meal. C. E. Sehun te rmann .

Mit 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 12. VI. 1931.~

In neuerer Zeit geht das Bestreben dahin, Narkosen durch Kombi- nationsgemische mSglichst gefahrlos zu gestalten, und seit den Arbeiten

F i i h n e r s x und seiner Schiiler sind zur Kontrolle der Narkosegefahr quanti tat ive Methoden des Tierexperimentes verwendet worden. So ist

die )[ther-Avertinnarkose tierexperimentell von K ~ r b e r u. L e n dl e ~ fiir den Fall der gleiehzeitigen maximalen Wirkung beider Narkotika gepriift

und bezilglich ihrer narkotischen Breite nach der yon K ~ r b e r a ange- gebenea Formel untersucht worden.

Als Narkosebreite bezeichnen K ~ r b e r u. L e n d l e den Quotienten aus letaler und narkotischer Dosis unter Beriicksichtigung b e i d e r Nar- kotika, w~hrend der friiher yon Ei c h h o l t z ~ und B le 6 5 filr die Kombi-

nation Kaliumchlorid-Avertin ats Narkosebreite bezeiehnete Quotient aus letaler und narkotiseher Dosis des Z u s a t z n a r k o t i k u m s naeh Gros 6 zweckm~l~iger als Zudosierungsbreite bezeichnet wird und dabei einer Formel folgen soll, die letzten Endes zu der Konsequenz ftihrt, dab man diese ,,beliebig groB maehen kann fiir jedes beliebige Zusatznarkotikum, wenn man nur die Vordosierung passend w~hlt".

I H. Fiihner, Biochem. Zeitschr. 1921, Bd. 15, S. 235, a. a. O. 2 G. K~rbe r und L. Lendle, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1929,

Bd. 1427 S. 1. 3 G. K~irber, Ebenda 1929~ Bd. 146, S. 105. 4 F. Eichhol tz , Dtsch. reed. Wochenschr. 1930, Nr. 28, S. 1172. 5 Ger t raud Bless, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1930, Bd. 148, S. 129. 60. Gros, Dtsch. med. Wochenschr. 1930, Nr. 287 S. 1172.

Arch iv f. exper imen t . Pa th . u. l~harmakol. Bd. 161. 41

610 C.E. ScnnNTER~X~N:

Fiir das praktische Problem, welches 57arkotikum sich besonders ffir eine derartige Zusatznarkose eignet, und bei welehem 5[engenverhi~ltnis die Kombination eines Basisnarkotikums nfit einem Zusatznarkotikum miiglichst gefahrlos ist, wird diese Zudosierungsbreite offensichtlich der ausschlaggebende Faktor. Denn da das Basisnarkotikum nut in einer ungefiihrlichen, nicht vollnarkotischen Dosis gegeben werden soll, und da diese Dosis dutch eine groi~e klinische Erfahrung festgelegt wird und nunmehr als fixiert anzusehen ist, so bleibt ftir die Beurteilung der iNar- kosegefahr neuer 5~axkosegemische in erster Linie die Frage zu entsehei- den, welche Menge des Zusatznarkotikums bei feststehender Basis zur Vollnarkose erforderlieh ist, und wieweit man diese wirksame Dosis fiber- sehreiten darf, ehe der Tod eintritt. Aus diesem Grunde wurde es not- wendig, die Gro s sehe AnsichL die in genereller Weise die Veriinderung der Zudosierungsbreite bei allen Mischnarkosen erfassen will, im Tier- experiment zu prfifen.

In einem I. Teil dieser Arbeit wird deshalb fiber den Kombinations- effekt yon Barbitursi~uren als Vordosierung und Avertin als Zusatznarko- tikum berichtet. Ansehliei~end daran, in Anlehnung an Kiirber u. Lendle , folgen Versuehe tiber Avertin-~ther.

I. Teil. Barbiturs~urebasis und Avertinzudosiernng. Versuehsmethodik.

Zt~ den Versuchen fiber den Kombinationseffekt yon Barbiturs~uren und Avertin wurden etwa 600 Laboratoriumsratten yon durchsehnitttich 200--350 g Gewieht benutzt. In einem Vorversuch wurden die letalen Dosen ftir die zur Verwendung kommenden Schlafmittel in Reihenversuchen festgelegt. Als letale Dosis wurde diejenige ~[enge des Sehlafmittels angesehen, die bei ffinf, in zweifelhaften Fhllen aueh bei sieben Tieren in fiber 50% den Tod herbeiffihrte.

Die auf diese Art gefundenen letalen Dosen betrugen ffir

Diathytbarbitursgure (Verona l) 0,4 g pro Kilogramm, Pheny]~thylbarbiturshure (Lmmna,1) 0,14 g pro Kitogramm, Dially]barbitursi~ure (Dial) 0,15 g pro Kilogramm, Isoamylathylbarbiturshure (Amytal) 0,14 g pro Kilogramm, Allylisopropylbarbitursi~ure (ira Allional enthalten) 0,125 g pro Kilogramm.

Von diesen Sehlafmitteln wurden in der Regel ffinf Tieren je 10--70% der letalen Dosis subkutan injiziert. Nach 15 Minuten erhielten die Tiere rektal steigende Dosen einer 3%igen AvertinlSsung. Die narkotisehe Kombinationsdosis erschien dann erreicht, wenn die Tiere auf Schmerz- reize (Kneifen) keine Reflexe mehr zeigten. Ffir jede Stufe der Vor-

Uber K o m b i n ~ t i o n s n a r k o s e n . 611

dosierung wurden auch die letalen Zusatzdosen festgelegt, wobei eine starkere Abktihlung der Tiere zu verhindern war.

V e r s u c h s e r g e b n i s s e .

Die narkotischen und letalen Grenzdosen fiir Avertin wurden ftir Ratten in Vorversuehen bei 0,3 und 0,6 g pro Kilogramm KSrpergewieht gefunden.

T a b e l l e 1.

[ V e r o a a l n a t r i u m als B a s i s in g p ro k g Avc,,tin i o,o~ o,os ! o,12 i o,16 [ o,~ [ o,2~ o,2s

kose Nax- ! {tot~; t o t kcse t o t kose t o t g l?ro k g ' Nax- t o t _ t o t { Na r - i N a t - N a t - Na t - Nar-

[ •ose i kose } ]kose kose t o t

0,05 - - - - . . . . . . . . . 4 4

0.1, - - i ' . . . . . i 4 4

_ 6 5 0.15 - - - . . . . . 5 2 5 1 - - - -

6 i 5! 44 4 5 0,2 ~3 5 i - - : - - 4 1 - - - - 5 . . . .

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0,25 4 5 __ _ . . . . . . . . . . . . . .

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0,3 . . . . . 5 3 2 - - - - - -

/ 2 o,35 - - - - [ 2 3 - -

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5!" 1 5 3 0,4~ - i - 5 L1[5 ~ ~ a , . . . . . .

~[ 3 3 _ ! o,~ ,5 1 4 1 3 . . . . . . .

3 3 0,55 3 3 3 3 . . . . . . . . . ~ - -

I Z u d o s i e r u n g s b r e i t e 2,75 2,75 2,5 2,0 2,0 2,33 1,0 Na rkoseb re i t e . . 2,17 2,17 2,0 1,67 1,5 1,67 1,0

In Tabelle I i s t die Kombinationswirkung yon wechselnder Veronal- natriumbasis mit Avertinzudosierung wiedergegeben. Es ist daraus

* Diese Zahlen b e d e u t e n die G e s a m t a n z a h l der a n g e s e t z t e n Versuchs t i e re .

41"

612 C.E. ScHuNTERMAN~:

ersichtlich, da6 die Avertindosis fiir den narkotischen und letalen Wir- kungseffekt mit steigender Veronalvordosierung kleiner wird. Tabelle 2 gibt tiber die Wirkungsart der Kombination Anfsehlu]~.

Tabelle 2. Veronalnatr iumbasis mit Avert inzudosierung. Abweichungen der experimentell gefundenen Werte yon dera arithmetischen

Mittel.

theotetisch Veronal + Avertin ~ehier

in g in g in %

0,04 0,08 0,12 0,16 0,2 0,24 0,28

0,54 0,48 0,42 0736 0,3 0,24 0,18

experimentell Veronal d- Avertin

in g in g

0,0~ 0,55 0:08 0:55 0,12 0~5 0,16 0,4 0,2 0,3 0,24 0,35 0,28 0,05 (?)

-4- 2 ~-15 ~- 19 -{-11 § 0 ~- 46

-]- etwa 100

Es sind hier die Zahlen, die sich beider Komponenten ergeben, den

\

rein reehnerisch arts einer Addition experimentell gefundenen Werten

:'J i ,

o, o8

o, ov

o o,1 0,e

I [ L

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I,/r ]

gr ~s 0, 0,z 4r o# N S z~rliz

:/ : / :/ 1,8 40 z / z~ M zl 3,o Mart:ose-u Dbs/erunjs/Zrel2e

Abb. 1.

gegentibergestellt. Da Schlafmittel keine minimal-narkotischen Dosen im Sinne der 5Tarkotika besitzen, konnten nur letale Wirkungseffekte berechnet werden.

Uber Kombin ~tionsnarkosen. 613

Aus der T~belle 2 ist ersichtlich, da,l~ fiir die Kombin~tion Veronal- Avertin die experimentell gefundenen Werte von den rechnerisch er- mittelten um 2--100% abweichen. Es wird viel mehr Avertin benStigt,

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s,r s,v s j 7,s 40 z,z 4 ~, g: M AlarA'ose-lx OOsl~rzizgs~reile

Abb. 2.

o

um den Tod des Versuchstieres herbeizuft~hrem als sich aus dem arithme- tischen Mittel ergeben w~irde. Es tritt also eine Abschwachung der Avertinwirkung ein, d. h. bei einer Kombinetion Veronal-Avertin kann

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lldri~ose-a ga$1~ruNjshreile dibb. 3.

es sich far die letalen Dosen nicht um eine additive Wirkung beider Komponenten handeln. Um dieses zu veranschaulichen, wurden die ex- perimentell gefundenen Werte in ein Nomogramm eingetragen, auf dessen Ordinate die Veronalvordosierung und auf dessen Abszisse die Avertin- dosen eingetragen sin&

614 C.E. SOHUNTERSI~vbTb::

Bei rein additiver Wirkung beider Komponenten mul3ten die experi- mentell gefundenen Werte auf der Verbindungslinie a b yon 0,6 g Avertin und 0,4 g Veronal liegen. Das ist aber nieht der Fall. Die narkotisehen Dosen mul~ten bei rein additiver Wirkung auf einer Parallelen zu ab

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Abb. 4.

liegen, die durch die narkotische Grenzdosis des Avertins (0,3) geht. Auch dieses ist nicht der Fall. Es tritt in beiden Fi~llen mit stdgender Veronalvordosierung eine Abschwi~chung der Avertinwirkung ein, und

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e2

zwar fiir die n a r k o t i s c h e n Dosen in s t a r k e r e m ~Ial~e als ftir die le ta len. Um Narkose zu erzielen, mul~ infolgedessen das Avertin iiberdosiert werden. Die Gefahr ist aus der mit eingezeichneten und nach Karbe r berechneten Narkosebreite zu ersehen. Diese mul3 n~tmlich dann mit steigender Vordosierung kleiner werden (Tabelle 2).

Bei einer Vordosierung yon 0,16 g Veronal sinkt die Narkosebreite um ruud 20%. Bei 0,28 g u ist sie gMch 1, d.h. die narkotische

Uber Kombinationsnarkosen. 615

und letale Dosis f~llt zusammen, eine Narkosebreite ist praktiseh nieht mehr vorhanden. Die Kurve d 1 stellt die naeh Gros bereehnete Zu- dosierungsbreite dar. Diese wird zwar mit der Narkosebreite zunaehst grSl~er als die Narkosebreite der reinen Avertinnarkose, f~llt aber daan ebenfalls st~ndig ab und erreieht aueh den Weft 1, so da6 bei 0,28 g Veronalbasis die narkotisehen und letalen Kombinationsdosen zusa,mmen- fallen und eine Zudosierungsbreite praktisch nieht mehr besteht.

~hnlieh liegen die Verh~ltnisse bei Luminal, Dial und Allional. Naeh anf~nglicher Zunahme der Zudosierungsbreite fE]lt diese damn aaf sehr kleine, um I herum liegende Werte ab. Bei dem Amytal wird die Zu- dosierungsbreite tiberhaupt nieht grSger.

Um Narkose zu erzielen, mu6 bei allen untersuehten Schlafmitteln als Basisnarkotikum das Avertin als Zusatznarkotikum iiberdosiert werden. Daraus resultiert eine besonders bei hSherer Vordosierung un- gtinstige Kombination, denn die narkotisehen und letalen Dosen rt~eken n~her aneinander, d. h. die Narkose- und Zudosierungsbreite Mrd stfindig kleiner und erreieht sehlieNieh Werte um 1. In keinem Falle ist die yon Blel? besehriebene Dosierungsbreite yon 3,3"4,0 ffir Kalium- und Oxal- s~urevordosierung aueh nur a*m~hernd erreieht worden, wie naeh der Grossehen Ansieht zu erwarten war. Das Wesentliehe an den Bleg- sehen Versuehen besteht ja nieht darin, dal~ man kiinstlieh die Dosie- rungsbreite vergrSl~ert, indem man die Vordosierung mSgliehst nahe an die Narkosedosis des Vordosierungsnarkotikums heranlegt, sondern darin, da6 diese auffallenden Werte bei einer Vordosierung yon */5 der letalen bzw. narkotisehen Dosis erreieht werden. Derartige Werte sind bei den vorliegenden Kombinationsnarkosen aueh nieht annahernd erreieht wor- den, aueh nieht bei systematiseher Variation der Vordosierung.

I

II. TeiI. Avertiu-)~therkombination.

Diese Kombination ist im Tierexperiment noeh nieht untersueht worden. K~rber legte seiner Bereehnung fiber die Narkosenbreite der Avertin-~therkombination die experimentellen Befunde aus friiheren Ver- suehen mit Lendle fiber die ~ther-Avertinwirkung zugrunde. Dabei hat sieh rein rechnerisch ergeben, dal~ die Narkosebreite der Avertin-~ther- kombination mit steigender Avertinvordosierung zwar gr56er wird, aber diejenige der reinen Avertinnarkose hie erreieht. Da sieh diese Ansieht der Publikation entspreehend nur auf Festlegung zweier Kurvenpunkte aufbaut, wurde es ftir nStig gehalten, zun~ehst weiteres Versuehsmaterial beizubringen. Dementspreehend wurde an etwa 1300 K~usen gearbeitet.

d in den Kurven bezeichnet als ,Dosierungsbreite".

616 C.E. ScHuNTERMAM~:

Zur Kritik der ~[ethode ergab sich zun~chst, dal~ die Streuung des Versuches, die sich bei der reinen Inhalationsiithernarkose innerhalb sehr enger Grenzen bewegt, bei Kombination mit Avertin ganz erheblich zu- nimmt, so dab es kaum mSglieh erscheint, auf Grund weniger Versuche einen einigermal~en verliiflliehen Punkt der Kurve festzulegen.

Fiir die Untersuchung der Avertin-~therkombination an weil~en )~[i~usen wurde die erforderliche ~therkonzentration durch u des ~thers in der Glasdrosselapparatur von GroI~ 1 hergestellt.

Es ist notwendig, den Apparat vet dem Versuch a.uf die gewfinschte Tem- peratur des Wassers und die Luftmenge einzustellen. Ffir die sp~ter mitzu- teilenden Versuehe wurde eine Temperatur yon + 28 ~ C und eine Luftmenge yon 4,041 pro Minute gewahlt.

Das Avertin wurde in besonders hergestellten L(isungen verabfolgt, so dal~ jedes Tier nieht mehr als hSehstens 0,2 und nicht weniger als 0,1 ccm Flfissig- keit erhielt. Als Xther wurde frisch filtrierter ~ther D.A.B. VI verwandt.

Das Gewicht der M~use schwankte durchschnittlieh zwisehen 14 und 20 g. Die Tiere wurden intraperitonea] mit Avertin vorbehandelt, und zwar mit 0,06, 0,12 und 0,18 g pro Kilogramm KSrpergewicht in Gruppen zu je fiinf Tieren, die durch Farbstoffe kenntlieh gemaeht wurden; Itinf weitere Tiere dienten als Kontrollen. So~ort nach der Injektion wurden die 20 Tiere in die Gaskammer gesetzt, weil bekanntlieh die Avertinwirkung sehr raseh eintritt. Die Ather- zudosierung begann ebenf~lls sofort. In der Gask~mmer lief~en sieh die 20 Tiere gut nebeneinander beobachten.

Die Versuchsdauer betrug 30 und 60 Minuten. Naeh Beendigung des Ver- suches wurde die Gaskammer geiiffnet - - Bunsenbrenner auslSschen! - - und sofort das Verhalten der Reflexe geprtiit. Auf den Eintritt des Todes wurde bei gutem Warmhalten der Tiere 15 Minuten gewartet. Ffir die Festlegung des Wirkungseffektes mul~ten fiber 50% der Tiere aus jeder Gruppe einheitliches Verhalten zeigen. Es wurde durch diese Versuchsanordnung bewuBt darauf verzichtet, zu gleicher Zeit maximale Wirkungseffekte beider 7Narkotika zu er- zielen. Deshalb wurden aueh die Versuchszeiten yon 30 und 60 ]~Iinuten ge- wghlt, weil zwar der Maximaleffekt des ~thers - - im Gegensatz zu der u suchsanordnung yon Kiirber und Lendle - - noeh nicht eingetreten ist, da- gegen der Maximaleffekt des Avertins auch bei geringer Vordosierung a.nniihernd erreicht wird. Wir glauben, uns mit dieser Versuchs~nordnung mehr den Ver- h~ltnissen der Praxis zu n~hern.

Versuehsergebnisse.

Es war erforderlich, fiir die Kombination Avertin-Ather die narko- tische und letale Grenzdosis fttr Avertin an dem zur Verfiigung stehenden Tiermateri~l zu bestimmen, um die da~'~us resultierende N~rkose- und Zudosierungsbreite festzulegen und um Ausgangswerte f~ir die erforder-

I E. Grol] und E. Kul~, Zentralbl. f. Gewerbehygiene u. Unfallverhiitung 1931, ~Nr. 4, Bd. 8, S. 95.

Uber Kombinationsnarkosen. 617

lichen Vordosierungen zu haben. Die Grenzdosen wurden bei 0,24 und 0,45 g Avertin pro Kilogramm KSrpergewicht gefunden. Die Grenzdosen ftir Ather wurden tells in Vorversuchen, teils aus den Kontrollen der Hauptversuche ermittelt, und sic betrugen bei einer Versuchsdauer von 30 ~[inuten 1,19 und 2,77 g a u f 10 1 Luft, bei einer solchen yon 60 1Vfinuten 1,03 und 2,02 gauf 10 1 Luft.

Nach diesen Feststellungen ist der Quotient ftir die Narkosenbreite der reinen Athernarkose unter den gewghlten Versuchsbedingungen ftir die Versuchsdauer yon 30 5finuten 2,33 g und fiir die yon 60 2Vfinuten 1,96 g auf 101 Luft. Er liegt wesentlich hSher als in den Versuchen yon Karbe r und Lendle. Der Grund hierfiir liegt in der kurzdauernden

Tabelle 3.

K o m b i n a t i o n A v e r t i n - A t h e r . V e r s u c h s d a u e r 30 M i n u t e n .

Xther

~ r g i n letalen [ 101Luft Dosis I

Avertin in g pro kg. Je 5 Tiere ]

0 0:06 [ 0,12 0,18 ] = 0 % = 1 3 % I = 2 7 % = 4 0 %

Nat- tot lNar- tot Nar- tot Nat- tot kose kose kose kose

:Bemerkungen : Abweichungen yore )Ii t tel in %

9 0,26 . . . . 11 0,31 ~ 4 22 0,62 - - 2 5

2 3 0,64 5 5 5 31 0,86 5 5 33 0,91 1 5 5 36 0,99 3 5 41 1,14 5 5 5 43 1,19 o 5 5 5 45 1,25 - - 5 5 5 52 1,44 5 5 5 5 60 1,64 5 5 5 72 2,00 5 5 5 83 2,31 5 2 5 5 92 2.55 5 1 5 5 - -

98 2173 5 -5 5 5 99 2,76 5 5 5

190 2,77 5 5 3 101 2.81 5 4 3 5

107 2195 5 1 5 5 107 2,98 5 5 5

115 3,19 5 5 5 118 3,28 5 ] 4 5 5 119 3,29 5 ~ 4 5 5 120 3,32 5 ~ 5 5 126 3,49 5 5 5

11 + 40 = 51 = -4- 8%.

23 d- 27 ---- 50 = + 7 %.

41 + 13 = 5 4 = + 11%. 43%.

100%

lgeuer Tierstamm. Alter Stature: 107 -t- 13

120 =- + 20%. Neuer Tierstamm.

Neuer Tierstamm. 126 ,-4- 27 ~ 153 = -t- 53 %.

618 C.E. ScHu~TERMAN~:

Einwirkung des Gases. In dem 1-Stundenversuch niihert sich der Quo- tient scSon dem yon K a r b e r u~ld Lelldle und cltiffte ihn vor~ussicht- lich bei der Fortftihrung des Versuches tiber 2 Stunden erreichen. Frtihere Uatersuchungen yon L e n dle, nach denen die maximale ~therkonzen- tration nur bei li~nger d~uernder ~hereinwirkung erreicht wird, bestiitigen sich dadurch.

Aus T~belle 3 ist flit die Avertin-Atherkombination zu entnehmen, dal~ ftir eine Versuehsdauer von 30 ~inutea der tats~chliche ~ther- verbrauch, um einen n~rkotischen Wirkungseffekt hervorzurufen, mit steigendem Avertinanteil als Basis kleiner wird. Die nurkotische Dosis betragt fiir Ather a]lein 43% der letalen ~therdosis. Die experimentell ge- fundenen Kombin~tionswerte fiir eiae Avertinbasis von 13, 27 und 40% der letalen Avertindosis weichen im )/[ittel u m + 7 bis -~ 11% yon dem arith- metisehea ~ittel ab, liegen also oberh~lb der Additionskurve. Ftir die le~ale~ Kombi~tionswerte weiche~ die experimentell gefundene~ GrS~e~ stiirker von dem arithmetischen Mittel ab. Die Differenzen betragen bier ~-20 his -~53%. Auf diese Weise e~tsteht auch ftir die let~len Kom- binationswerte eine Kurve, die deutlich yon dem linearen Verlauf eines

Ta.belle 4. Kombinat ion Avertin-X~her. Versuchsdauer 60Minuten.

/g 0 0,06 0,12 0 ,18 Bemerkungen : i~ =0% I =18%] =~% I =~~176176 Abw~icnung+,

letalen [ 101Luft I yore Mittel in % D~ I ] ~ a r - t o t Nar'[tot].hTar'ltut Ear-]tot

37 1 0,74 [ . . . . 1 - - 3 [ - - 37 + 40 --~ 77 = + 27 %.

48 ] 0,97 [ 4 8 + 1 3 = 6 1 = + 1 1 % . 4 9 [ o99 I - - 5 - 5 - i 5 - 5 1 1 1 ; o 3 1 5 - ~ - 5 i - b ~ - ~ 1 % 72j 1,46] 5 - 5 - 5 - 5 - 80 ] 1,61 ] 5 2 5 - - 5 . i 5 - - 82 , 1,66 I 5 . - - 5 - - 5 - - ] 5 - - 8 7 1 1 , 7 6 t 5 5 5 2 5 2 5 2

911 ~,8~ I ~ p - I 5 i - I 5 1 1 1 ~ 1 1 / 95 ] 1,91 / 5 - 5 1 5 9. 5 3 9 5 + 4 0 = 1 3 5 = + ~ 5 % . 98 ! 1,97 5 2 5 3 5 3 5 3 9 8 + 2 7 = 1 2 5 = + 2 5 % .

L 9 8 + 13 = m = + 11~. l o o 2~o~] 5 / 3 1 5 1 1 5 / ~ / 51311oOO/o.

105 i 2A3 ] 5 , 5 ] 5 ] 3 i 5 1 3 1 5 ( 3 [

Ubor Kombinationsnarkosen. 619

additiven Effektes abweieht und darauf zurtiekzuftihren ist, dab eine Absehwaehung der ~therwirkung eintritt, wie sie bereits dm'eh K fir b e r und Lendle beobaehtet wurde.

~hnlieh liegen die Verhgltnisse bei einer Versuehsdauer von 60 3ii- unten. Aueh hier weiehen die narkotisehen Kombinationsdosen u m + 11 bis + 27% yon der Additionsgeraden ab. Aueh die Absehw~iehung der letalen Kombinationsdosen tritt deutlieh hervor.

Der Grund ftir diese Absehwaehung ist mUglieherweise in einem antagonistisehen Verhalten yon Ather und Avertin zu suehen. Indessen wird aueh die Atmung bei h0herer Vordosierung verlangsamt und ober- flgehlieher. Es wird demnaeh mit steigender Avertinvordosierung in der Zeiteinheit weniger Ather aufgenommen. Weiterhin ist ft~r die vorliegende

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Xbb. 6.

Fragestellung aueh der Einwand yon K~rber und Lendle zu berttek- siehtigen, wonaeh mUgliehenfalls die Avertinresorption bei Prtifung le- taler Dosen mehr verlangsamt ist.

Die Feststellung, dal~ bei Priifung der letalen Kombinationsdosen eine st~rkere Absehwaehung des Kombinationseffektes eintritt, als bei Feststellung der narkotisehen Dosen, mugte sieh auf die Narkosebreite der Kombination auswirken. Diese mugte griJ6er geworden sein. Es be- reehnen sieh Narkosebreiten yon Kombinationsnarkosen aus Vordosie- rung und Zusatzdosierung naeh der von Karb er angegebenen Art. Diese Bereehnung ist sowohl far eine Versuehsdauer yon 30 Minuten, wie aueh fiir eine solehe yon 60 Minuten durehgeftihrt nnd mit der Bereehnung der Zudosierungsbreite in die Abb. 6 und 7 eingetragen.

Aus diesen Abbildungen ist ersiehtlieh, dag die Narkosebreite der beiden kombinierten Narkotika grSl~er wird, je hSher die Avertinvordosie- rung ist. Sie Mrd in der gew/~hlten Versuehsanordnung, die yon der yon K~irber und Lendle abweieht, sogar gri~6er als diejenige jedes einzelnen Narkotikums. Aueh ftir die Zudosierungsbreite hat sieh ft~r die gewfihlten

620 C.E. SOHUNTERMA~N: Uber Kombinationsnarkosem

Vordosierungen experimelltell eine Zunahme feststellen lassen, im Gegen- satz zu den Versuchen mit Schlafmittelbasis und Aver~inzudosierung.

s,o ~2 gelher/iT# ~ 70 Z lu l l

A/oll'ko3e-l~ ~od/erlillff~$#re//e Abb. 7.

Die Avertin-Xtherkombination elltspr/~che also ann/~hernd der Gros- schen Formel. Das ist besonders am 30-~[inutenversueh festzustellen, w/~hrend der 1-Stundellversueh schon stark divergierende Werte ergibt.

Zusammel l fassung .

1. Bei der Kombinationsnarkose yon Barbiturs/~urederivaten wie Ve- ronal, Lumillal, Dial, Amytal ulld Allylisopropylbarbiturs/~ure als Basis- narkotikum und Avertill als Zusatz war unter den gew/~hlten Versuehs- bedingungen der Wirkungseffekt ftir Avertillzudosierung llieht additiv. Es trat vielmehr ein Antagonismus auf, durch den eine Avertintiberdosie- rung erforderlich wurde. Da dieser sich auf den narkotischen und letalen Kombinationseffekt gleichzeitig, auf den n a r k o t i s c h e n aber in s t ~ r k e r e m M a13 e erstreckte, resultierte bei hSherer Vor dosierung eine zunehmende Verkleinerung der Narkose- und ebenso der Zudosierungs- breite, die der ersteren parallel verl~uft. Ftir Verollal und Luminal ergab sich bei niedriger und mittlerer Vordosierung eine Zullahme der ~Tarkose- breite tiber diejenige der reinen Avertillnarkose.

2. Ftir kurzdauernde Xthernarkosen mit Avertinbasis, bei denen es nicht zu gleichzei~iger maximaler Wirkung beider Narkotika kommt (1/~ und 1 Stun@), tritt eine st/~rkere Absehw/ ichung des l e t a l en W i r k u n g s e f f e k t e s eill als des narkotisehen. Daraus resultiert eine VergrSfterung der INarkose- und Zudosierungsbreite ftir die untersuchten );[ischungsverh~ltltis se.

3. Die lXTachpriifung der yon Gros angegebellenFormel ergab, daft die Zudosierullgsbreite in den untersuchten Kombinationsnarkosen keineln einfachen mathematischen Gesetz folgt.