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52. Band. ] O. Keller, ~ber Marzipan. 151 Juli-Augus~ 1926.J Uber Marzipan und Marzipanersatz. Yon 0. Keller-Jena. Der Ubergang der Herstellung yon Marzipan in den fabrlkmM~igen Gro~betrieb erm6glichte und bedingte eine Teilung: Erzeugung eines I~Ialb{abrikates, der Marzipan- rohmasse, und ihre Verarbeitung zu Marzipanwaren durch die Konditoren usw. Mit der Zunahme des Verbrauchs maehte sich das Bedfirfnis ge]tend, einen billigeren Ersatz ffir solehe Waren zu besitzen, bei denen Marzipan nut als Zutat, Ffillung bei Geb~cken und zu i~hnliehen Zwecken zu dienen hatte. Indem man die Mandeln durch entbitterte Aprikosen- und Pfirsiehkerne ersetzte, erhielt man eine derartige sehr brauchbare ,,Backmasse". Diese Masse wurde indessen sehr bald auch zur Herstellung von Konfitiiren in der gleiehen Weise wie Marzipanmasse benutzt. Das Streben nach weiterer Verbilligung ffihrte dazu, die Aprikosen- oder Pfirsiehkerne wieder durch andere weniger wertvolle Stoffe zu ersetzen; es wurden und werden abet hierzu nicht nur Eiweil~ und Fett enthaltende Samen benutzt, sondern aueh st~rkehaltige Rohstoffe, aueh Mehl und Stfirkemehle selbst, unter gleichzeitig steigendem Ersatz des Zuckers durch St~irkesirup. Es entstanden auf diese Weise die sog. ,,Ffillmassen" in ver- wirrender Mannigfaltigkeit und oft recht minderwertiger Beschaffenheit. Von einem Ersatz fiir Marzipanmasse ist zu verlangen, da~ er der echten Ware in der Zusammensetzung, dem /'~fihrwert und Genu~wert weitgehend gthnlich ist. Die Aprikosen- und Pfirsiehkerne sind aber den Mande]n anatomisch und chemisch sehr ~ihnlich, abgesehen yon ihrem hohen Amygdalingehalt (2--3 ~ der zuniiehst entfernt werden mul~. Das geschieht durch einen AuslaugungsprozeI~, wobei naturgem~i~ kleine Mengen anderer wasserlSslicher Stoffe -- in der Hauptsache wohl etwas Mineralstoffe, Glykose und Eiweii~- mit entfernt werden; indessen ist dieser Verlust nicht wesent- lich. Jedenfalls erhhlt man aus diesen Rohstoffen eine Masse, die allen Ansprfiehen geniigt. Ein Bedfirfnis zur Herstellung weiterer billigerer Massen besteht nicht und wird neuerdings aueh yon der Industrie selbst verneint. Damit ergibt sich als erste Forderung: Ffir Marzipanmasse sind neben Zucker nur Ma~deln, ftir M a r z i p a n e r s a t z m a s s e nur Aprikosen- und Pfirsichkerne (entbittert) zuzulassen; unter Umst~nden kSnnen der Ersatzmasse Mandeln oder ~Nfisse zugesetzt werden. Alle die zahlreichen sog. Ffillmassen haben kiinftig fortzufallen. Herrscht hierfber Einigkeit, so ergeben sich folgende Begriffsbestimmungen: 1. M a r z i p a n m a s s e (Marzipanrohmasse) ist ein inniges Gemenge yon feucht- geriebenen Mandeln mit Zueker. Die Menge des zugesetzten Rohr- oder Riibenzuckers darf 35~ der Feuehtigkeitsgehalt 17~ der fertigen Masse nicht fibersteigen. Alle sonstlgen Zus~tze sind unzuliissig und gelten als Verfiilschung. 2. Per s i p an m a s s e (Persipanrohmasse, Backmasse) ist ein inniges Gemenge yon entbitterten, feuchtgeriebenen Aprikosen- oder iPflrsichkernen mlt Zucker. Die Menge des zugesetzten Rohr- oder Rfibenzuckers darf 350/0, der Feuchtigkeitsgehalt 20O/o der fertigen Masse nicht fibersteigen. Alle sonstigen Zusi~tze, ausgenommen die in Absatz 2 genannten, sind unzulassig. Rohmassen, bei denen die Aprikosen- oder Pfirsichkerne zum Teil durch Mandeln oder Haselnfisse ersetzt sind, gelten als Persipanmassen und unterliegen den hierfiir geltenden Festsetzungen.

Über Marzipan und Marzipanersatz

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Page 1: Über Marzipan und Marzipanersatz

52. Band. ] O. Keller, ~ber Marzipan. 151 Juli-Augus~ 1926.J

Uber Marzipan und Marzipanersatz. Yon

0. Keller-Jena.

Der Ubergang der Herstellung yon Marzipan in den fabrlkmM~igen Gro~betrieb erm6glichte und bedingte eine Teilung: Erzeugung eines I~Ialb{abrikates, der Marzipan- rohmasse, und ihre Verarbeitung zu Marzipanwaren durch die Konditoren usw. Mit der Zunahme des Verbrauchs maehte sich das Bedfirfnis ge]tend, einen billigeren Ersatz ffir solehe Waren zu besitzen, bei denen Marzipan nut als Zutat, Ffillung bei Geb~cken und zu i~hnliehen Zwecken zu dienen hatte. Indem man die Mandeln durch entbitterte Aprikosen- und Pfirsiehkerne ersetzte, erhielt man eine derartige sehr brauchbare ,,Backmasse". Diese Masse wurde indessen sehr bald auch zur Herstellung von Konfitiiren in der gleiehen Weise wie Marzipanmasse benutzt. Das Streben nach weiterer Verbilligung ffihrte dazu, die Aprikosen- oder Pfirsiehkerne wieder durch andere weniger wertvolle Stoffe zu ersetzen; es wurden und werden abet hierzu nicht nur Eiweil~ und Fett enthaltende Samen benutzt, sondern aueh st~rkehaltige Rohstoffe, aueh Mehl und Stfirkemehle selbst, unter gleichzeitig steigendem Ersatz des Zuckers durch St~irkesirup. Es entstanden auf diese Weise die sog. ,,Ffillmassen" in ver- wirrender Mannigfaltigkeit und oft recht minderwertiger Beschaffenheit.

Von einem Ersatz fiir Marzipanmasse ist zu verlangen, da~ er der echten Ware in der Zusammensetzung, dem /'~fihrwert und Genu~wert weitgehend gthnlich ist. Die Aprikosen- und Pfirsiehkerne sind aber den Mande]n anatomisch und chemisch sehr ~ihnlich, abgesehen yon ihrem hohen Amygdalingehalt (2--3 ~ der zuniiehst entfernt werden mul~. Das geschieht durch einen AuslaugungsprozeI~, wobei naturgem~i~ kleine Mengen anderer wasserlSslicher Stoffe - - in der Hauptsache wohl etwas Mineralstoffe, Glykose und Eiwei i~- mit entfernt werden; indessen ist dieser Verlust nicht wesent- lich. Jedenfalls erhhlt man aus diesen Rohstoffen eine Masse, die allen Ansprfiehen geniigt. Ein Bedfirfnis zur Herstellung weiterer billigerer Massen besteht nicht und wird neuerdings aueh yon der Industrie selbst verneint.

Damit ergibt sich als erste Forderung: Ffir M a r z i p a n m a s s e sind neben Zucker nur Ma~deln, ftir M a r z i p a n e r s a t z m a s s e nur Aprikosen- und Pfirsichkerne (entbittert) zuzulassen; unter Umst~nden kSnnen der Ersatzmasse Mandeln oder ~Nfisse zugesetzt werden. Alle die zahlreichen sog. Ffillmassen haben kiinftig fortzufallen.

Herrscht hierfber Einigkeit, so ergeben sich folgende Begriffsbestimmungen: 1. M a r z i p a n m a s s e (Marzipanrohmasse) ist ein inniges Gemenge yon feucht-

geriebenen Mandeln mit Zueker. Die Menge des zugesetzten Rohr- oder Riibenzuckers darf 35~ der Feuehtigkeitsgehalt 17~ der fertigen Masse nicht fibersteigen. Alle sonstlgen Zus~tze sind unzuliissig und gelten als Verfiilschung.

2. Per s i p an m a s s e (Persipanrohmasse, Backmasse) ist ein inniges Gemenge yon entbitterten, feuchtgeriebenen Aprikosen- oder iPflrsichkernen mlt Zucker. Die Menge des zugesetzten Rohr- oder Rfibenzuckers darf 350/0, der Feuchtigkeitsgehalt 20O/o der fertigen Masse nicht fibersteigen. Alle sonstigen Zusi~tze, ausgenommen die in Absatz 2 genannten, sind unzulassig.

Rohmassen, bei denen die Aprikosen- oder Pfirsichkerne zum Teil durch Mandeln oder Haselnfisse ersetzt sind, gelten als Persipanmassen und unterliegen den hierfiir geltenden Festsetzungen.

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152 23. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [ Zeitschr. f. Untersuctmng ! der Lebensmit te l .

Die Herstellung yon Rohmassen (Persipanmassen) aus anderen als den genannten Rohstoffen ist aueh unter Kennzeichnung unzul/issig.

ttierzu ist zu bemerken: Die Bezeichnung ,,Persipan".Masse hare ich ffir reeht glficklich; sic kennzeichnet die Ware unmiJ~verstii.ndlieh.

Den Zusatz yon 0,5~ St/i, rke zu Persipanmasse zur leiebteren Kennzeichnung mSehte ich ablehnen. Abgesehen davon, dab der Masse ein ihr wesensfremder Stoff zugeffigt wird, wende ich dagegen ein:

1. Der Zusatz ist unn5tig, da durch einfaehe Farbreaktionen an dem kalt mit Ather extrahierten Fett die Identit~t leicht feststellbar ist.

2. Es besteht die Gefahr, dab ebenso wie jetzt bei Back- und Ffillmassen ein hSherer Stfi.rkezusatz gew~ihlt wird.

3. Es wfirde sich bei der Untersuchung stets eine quantitative St/irkestimmung notwendig machen, wodurch die Analyse unnfitz verteuert wird.

3. M a r z ip a n w a r e n (angewirkter Marzipan) sollen aus Marzipanrohmasse unter Zusatz yon Rohr- oder Rfibenzueker bis hSehstens zur gleichen Gewichtsmenge herge- stellt werden. Der Zuckergehalt yon ~berzugsstoffen, Frfiehten u. dergl, bleibt hierbei aul~er Betracht.

Den vonde r Industrie gewfinschten Zusatz yon 375 ~ Stiirkesirup zur Verhin- derung zu starken Austroeknens halte ich bei Marzipanwaren ffir unn6tig und uner- wfinscht. Die Ware sollte als ,,Edelfabrikat" m(iglichst frisch verbraucht und nicht zu alt werden. Aromaverlust, Ranzigwerden des Fettes usw. verhfitet der Zusatz doeh nicht.

4. P e r s i p a n w a r e n sollen aus Persipanrohmasse unter Zusatz bis zur andert- halbfachen Gewichtsmenge Rohr- oder Rfibenzucker hergestellt werden. Zur :Frisch- erhaltung ist ein Zusatz his zu 3,5~ Stfi.rkesirup ohne Deklaration zul/issig, jedoeh darf die Gesamtmenge an zugesetztem Zucker und St/irkesirup das Anderthalbfaehe des Gewichtes der Persipanrohmasse nicht fibersteigen. Die Waren sind als Persipan- waren deutlich zu kennzeichnen.

Sonstige Marzipanersatzwaren sind aueh unter Kennzeiehnnng nicht zuliissig.

A n a l y t i s c h e s . 1. W a s s e r b e s t i m m u n g: Trocknung mehrerer kleiner Proben, nieht fiber 5 g,

nach Durchkneten mit etwas Alkohol bei 100 ~ 2. F e t t b e s t i m m u n g: Xtherextraktion im Soxhlet-Apparat naeh Verreiben mit

Sand oder wasserfreiem :Natriumsulfat. Mindestgehalt: 27--28~ 3. Z u c k e r b e s t i m m u n g : 5 g im 250 Ccm-KSlbehen mit etwas warmem Wasser

(10 cm) (Vorsicht bei Sti~rkegehalt!) zerfallen lassen, Wasser bis etwa 200 em zusetzen, reinigen mit 5 eem Bleiessig und 10 ecru ges~ttigter l~atriumsulfatl5sung, aufffillen, filtrieren. Im Filtrat vor und nach Inversiofi Zucker bestimmen (polarimetrisch oder naeh Al l ihn) . Ein Spielraum yon + 1~ muB zul/issig bleiben.

4. S t/~rkeb e sti m m ung: Nach eigener Erfahrung am sehnellsten und sichersten naeh B a u m a n n - G r o l ~ f e l d . Das Verfahren ist naeh zahlreichen Kontrollanalysen absolut exakt; die Vorwfirfe dagegen, in der ,,Kazett" und der Nahrungsmittel-Rund- sehau sind unbegrtindet.