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G. Lunde. Titansesquioxyd. 34 1 Uber Titansesquioxyd. Von GULBRAND LTJNDE. Wahrend der Untersuchungen von V. M. GOLDSCHMIDT und seinen Mitarbeitern') uber die Isomorphie- und Polymorphiebeziehungen der Sesquioxyde wurde BUC~ das Titansesquioxyd in den Bereich der Untersuchungen einbezogen. In der erwahnten Abhandlung (1. c. S. 35) ist die Darstellung kurz beschrieben. Es sol1 nun hier etwas ein- gehender auf diese Frage eingegangen werden, insbesondere weil fruher die Moglichkeit der Bildung von Titansesquioxyd nach dem Verfahren von FRIEDEL und GU~RIN angezweifelt worden ist, und weil neuere Forscher sich mit dieser Frage ebenfalls befaBt haben. FRIEDEL und Gu~~RIN~) haben zuerst Ti,O, erhalten, indem sie einen mit TiC1,-Dampfen beladenen Wasserstoffstrom uber wei6- gluhendes TiO, leiteten. Sie erhielten eine violettrot metallisch gliinzende Kristallmasse von Ti,O, ,,von der Form des Eisen- glanzes von Elba". Es kristallisierte ditrigonal skalenoedrisch mit einem Rhomboederwinkel a = t37O 10' und einem Achsenverhiiltnis c/a = 1,316. TH. KOENICI und 0. VON DEE PFORDTEN3) konnten indessen die Angaben von FRIEDEL und GU~RIN nicht bestatigen. Sie finden im Gegenteil die Methode fur die D a r s t e l l u n g des Sesquioxyds d l i g unbrauchbar und ziehen sogar die Bildung des Sesquioxyds unter den angegebenen Bedingungen in Zweifel. Spater hat 0. RUFF^) das Verhalten des TiO, im Kohlerohr- vakuumofen bei Temperaturen bis zu 1460O studiert. Er hat dabei ein Oxyd der Zusammensetzung Ti,O,, hergestellt. Er beschreibt l) V. M. GOLDSCBYIDT, T. BARTH und G. LUNDB, Geochem. Verteilungs- gesetze der Elemente V. Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo, I 1926, No. 7. 2, Comptes rendus 82 (1876), 509, 972; Bull. 2700. c h k . France [2] 22 (1876), 482; Am. chim. phys. [5] 8 (1876), 38. Vgl. auch P. GBOTH, Chemische Krystalloqruphie 1 (1906), 103. s, Ber. 22 (1889),1485, 2070. ') 2. alzorg. 26. ullg. Chem. 82 (1913), 373.

Über Titansesquioxyd

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G. Lunde. Titansesquioxyd. 34 1

Uber Titansesquioxyd. Von GULBRAND LTJNDE.

Wahrend der Untersuchungen von V. M. GOLDSCHMIDT und seinen Mitarbeitern') uber die Isomorphie- und Polymorphiebeziehungen der Sesquioxyde wurde B U C ~ das Titansesquioxyd in den Bereich der Untersuchungen einbezogen. In der erwahnten Abhandlung (1. c. S. 35) ist die Darstellung kurz beschrieben. Es sol1 nun hier etwas ein- gehender auf diese Frage eingegangen werden, insbesondere weil fruher die Moglichkeit der Bildung von Titansesquioxyd nach dem Verfahren von FRIEDEL und G U ~ R I N angezweifelt worden ist, und weil neuere Forscher sich mit dieser Frage ebenfalls befaBt haben.

FRIEDEL und G u ~ ~ R I N ~ ) haben zuerst Ti,O, erhalten, indem sie einen mit TiC1,-Dampfen beladenen Wasserstoffstrom uber wei6- gluhendes TiO, leiteten. Sie erhielten eine violettrot metallisch gliinzende Kristallmasse von Ti,O, ,,von der Form des Eisen- glanzes von Elba". Es kristallisierte ditrigonal skalenoedrisch mit einem Rhomboederwinkel a = t 3 7 O 10' und einem Achsenverhiiltnis c/a = 1,316.

TH. KOENICI und 0. VON DEE PFORDTEN3) konnten indessen die Angaben von FRIEDEL und GU~RIN nicht bestatigen. Sie finden im Gegenteil die Methode fur die D a r s t e l l u n g des Sesquioxyds d l i g unbrauchbar und ziehen sogar die B i ldung des Sesquioxyds unter den angegebenen Bedingungen in Zweifel.

Spater hat 0. RUFF^) das Verhalten des TiO, im Kohlerohr- vakuumofen bei Temperaturen bis zu 1460O studiert. Er hat dabei ein Oxyd der Zusammensetzung Ti,O,, hergestellt. Er beschreibt

l) V. M. GOLDSCBYIDT, T. BARTH und G. LUNDB, Geochem. Verteilungs- gesetze der Elemente V. Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo, I 1926, No. 7.

2, Comptes rendus 82 (1876), 509, 972; Bull. 2700. c h k . France [2] 22 (1876), 482; A m . chim. phys. [5] 8 (1876), 38. Vgl. auch P. GBOTH, Chemische Krystalloqruphie 1 (1906), 103.

s, Ber. 22 (1889), 1485, 2070. ') 2. alzorg. 26. ullg. Chem. 82 (1913), 373.

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das Oxyd als ein blauschwarzes, kristallinisches Produkt mit bronze- farbenen Reflexen. Es hatte die Dichte g = 3,33 (17,5O C). Beim Gliihen an der Luft nahm es 6,05O/, an Gewicht zii. RUTF formu- liert es als Doppelverbindung 2Ti,O, - 3Ti0, und will es a.ls feste Losung der beiden Oxyde nicht aufgefaBt wissen. Die Verbindung reagiert bei Botglut mit H,O bzw. mit CO, entsprechend ihrem Qehalt an Tj,O, yuantitativ nach den Gleichungen:

Ti,O, + H,O -+ 2Ti0, + H, . Ti,O, + CO, --t 2Ti0, + CO.

Die Verbindung Ti,O,, war auch friiher als gut charakteri- siertes Oxyd des Titans bekannt.l)

Kurzlich haben E. FRIEDERICH und L. SITTIG versucht, niedere Oxyde des Titans daszustellen.

Durch ReduktiGn von TiO, rnit H, bei 1250O erhielten sie ein tiefdunkelblaues Produkt, bisweilen rnit violettern Schimmer. Die Gewichtszunahme beim Gluhen an der Luft betrug 7,7O/,.

Theoretisch betragt die Zunahme fur:

Ti,O,, . . . . 6,05O/, Ti,O, . . . . . 7,13 ,, Ti,O, . . . . . 1 1 , l O ,, Ti0 . . . . , 24,96 ,,

Die Reduktion ging also bei diesen Versuchsbedingungen weiter als bis zu Ti,O,.

Durch Reduktion mit H, und C bei 1250-1300O erhielten sie ebenfalls ein dunkelblaues Produkt, das eine Gewichtszunahme beim Gliihen an der Luft von 16,5-17,5°/0 aufwies.

Irgendein Oxyd von bestimmter stochiometrischer Zusammen- setzung erhielten sie nicht.

Wir versuchten zunachst TiO, mit reinem Wasserstoff zu redu- zieren. Wir erhitzten eine bekannte Menge TiO, in einem Schiffchen im Wasserstoflstrom 20 Minuten lang bei 1000°. Der Gewichts- verlust betrug 4,64O/,, wahrend der Ubergang TiO, + Ti,O, einen Gewichtsverlust von loo/, verlangt.

DEBYE-SCHERRER-AUfllahmen des dunkel blauschwarzen Priii- parates zeigten starke Allgemeinschwarzung und einige sehr un- deutliche Linien, die weder rnit denen des TiO, noch rnit denen

l) 0. VON DEB PFOBDTEN, An%. d. Chem. 237 (1886), 201. ') 8. anorg. u. allg. Chem. 146 (1925), 127.

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des spIter zu besprechenden Ti,O, identisch waren. Es wurde ver- sucht, das Produkt aus NaCl bei 1000° im Wasserstoffstrom um- zukristallisieren. Die DEBYE-SCHERRER- Aufnahmen waren aber auch von diesem Praparat sehr schlecht mit undeutlichen Linien.

Wie diese Versuche und auch diejenigen von FBIEDERICH und SITTIG zeigen, ist es nicht maglich, oder jedenfalls sehr schwer, auf diesem Wege zu einheitlichen Produkten zu gelangen.

Wir versuchten deshalb nacb der Methode von FRIEDEL und GUI~RIN das Ti,03 darzustellen.

Durch Reduktion von TiO, in einem rnit TiCI, beladenen Wasserstoffstrom bei etwa 650° erhielten wir ein amorphes, blau- schwarzes Produkt und in sehr geringer Menge ein rotviolettes Sublimat. Wir erhiihten dann die Temperatur auf 1000° und er- hitzten im TiCI,-Strom 30 Minuten lang. Wir erhielten dabei in geringer Menge ein violettes, metallisch griinschimmerndes Oxyd. Die Rijntgenaufnahme zeigte, wie Prof, V. M. GOLDSCHMIDT fand, aus- schlieSlich und sehr deutlich die Linien einer Verbindung vom Korundtypus. Das Produkt war demnach zweifellos mit dem von FRIEDEL und GU~CRIN erhaltenen identisch. Die Berechnung des Diagramms von W. H. ZACHARIASEN~) ergab fur die Gitterkonstanten des Eleruentarrhomboeders mit zwei Molekiilen Ti,03 :

u = 5,42 R , u = 56'32', c/a = 1,320

in sehr guter Ubereinstimmung rnit dem von FRIEDEL und GUARIN ermittelten Werte: c/u = 1,316.

Es ist demnach auBer jedem Zweifel, datl Ti,O, in kristallinem Zustand damtellbar ist, und daB es mit den anderen Sesquioxyden vom Korundtypus isomorph ist

( 4 0 3 7 VZO, 9 CrZO3 9 Fez03 7 Gat03 9 RhZO3).

Wir stimlnen dem Befunde von KOENIG und TON DER PPORDTEN vollig zu, wenn sie die Methode von FRIEYEL und GUBRIN als un- geeignet fur die Dar s t e l lung des Sesquioxydes bezeichnen. Wir erhielten nur so vie1 von dem Produkt, daB es fur die kristallo- graphische Untersuchung und fur die RGntgenaufnahme gerade aus- reichte. Die B i ldung des Sesquioxydes nach diesem Verfahren

l) Bei: V. M. GOLDSCHXIDT, Geochem. Verteilungsgesetze VIII, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo I, 1926, No. 6, S. 150. Er- gebnisse einer vodaufigen Ausmessung, ebenfalls von W. H. ZAGHARIASEN, zitiert in Geochem. Verteilungsgesetze V.

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steht aber auBer jedem Zweifel. Wir haben uns die Bildung wohl etwa folgendermaBen vorzustellen :

2 TiO, +:3 H + 2 TiC1, , --f TjzO, + TiCI, + TiOCI, + 3 HC1.

Aus der vorliegenden Untersuchung geht hervor, daB Ti,O, irn Korundtypus kristallisieren kann , nicht aber daB wir e8 mit Sicher- heit in reinem Zustand gehabt haben. Es ist immer noch die Mijg- lichkeit diskutierbar, daB das kristallisierte Ti,O, eine gewisse Menge TiO, in fester Liisung aufgenommen haben kiinnte. Die gute Uber- einstimmung mit den Daten (Achsenverhaltnis und Dichte) von FRIEDEL und GUI&IN deutet aber darauf hin, daB die Verbindung einheitlich ist. Aus den Zahlen fur die Gitterkonstanten erhalten wir nach ZACHARIASEN die Dichte Q = 4,605, also eine Zahl, die bedeutend hoher ist sls die von R u m fur die Verbindung 2Ti,O, - 3Ti0, erhaltene (Q = 3,33), die aber ausgezeichnet iibereinstimmt mit der von FRIEDEL und OUI%IX angegebenen Zahl, g = 4,601.

Osto, Mineralogisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 24. Mai 1927.