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150 Uber Verwandtschaft und Herkunft der Gattungen ttomogyne und AdenosSyles. Von Friedrich Vierhapper (Wien). (Mit Tafel IV.) Die Kompositen-Gattung I[omogyue Cass. stimmt in ihrer Ver- breihmg in weitgehendem Marie mit Soldanella iiberein, denn sie gehSrt gleich dieser zu den bezeichnendsten Endemiten-Geschlechtorn der Gebirge Mittel- und 8iideuropas mit dem Massenzentrum in ersteren. In ihrer Gliederung ist sie dieser insoferne i~hnlich, als sie in der Wald- und Hochgebirgsstufe durch vikarierende Arten ver- treten wird. Um die uns hier besonders interessierende Herkunft der Gattung festzustellen, bedarf es vor allem einer Kliirung ihrer verwandtschaft- lichen Beziehungen. Obwohl nun diese yon den Forschern im grofien und ganzen ziemlich einheitlich beurteilt werden, hat sich Diels ~) in seiner grundlegenden Studie fiber ,Genetische Elemente in der Flora der Alpen" fiber die tterkunft sehr zur~ickhaltend geiiu~ert. Wiihrend er Soldanella nebst Primula Seetio A~ricula, Audrosace, Vero~dca Sectio Bonarota ohne Bed~,nken zum borealen Zweige seines arkto- tertiiiren Stammes der autochthonen Alpenflora stellt, erwiihnt er Itomo- gyne nut anhangsweise als sehr zweifelhaftes Genus, dessert niichste Verwandtschaft die Systematiker bei gewissen afrikanischen Senecioneen suchen, und bemerkt hiezu, da~ ein grtlndliches Studium der alpinen Kompositen sehr erwiinscht wiire. Ihm in letzterer Hinsicht vollkommen beipfiichtend, babe ich es nun versucht, beziiglich llomogyne einea eigenen Standpunkt zu gewinnen. Hiebei ward ich aueh auf Adenostyles Cass. gelenkt, die gleichfalls eine Charaktergattung der mitte]europiiischea Hochgebirge ist, yon iihnlicber Gesamtverbreitung wie Homogynr und in mehrere, zum Teil vikarierende Artcn gespalten, jedoeh mlr auf die subalpine Stufe beschriinkt. Auch fiber sie ist sich Diels nicht ins Klare gekommen. Er nennt sie in einem Atem mit Homogyne und beruft sich auf Systematiker, die ihre niichsten Verwandten im atlantischea Amerika zu erblicken glauben. Bevor ich meine Meinung iiul]ere und begrtinde, will ich in Kiirze die Ansichten der bisherigen namhaftesten Kompositen-Systematiker fiber die Verwandtschaft yon tIomogy~tc und Adenostyles mitteilen. Es geschieht dies in folgender Zusammenstellung. 1) In E n g 1e r, Bet. J~hrb., XLIV. (1910).

Über Verwandtschaft und Herkunft der GattungenHomogyne undAdenostyles

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Uber Verwandtschaft und Herkunft der Gattungen ttomogyne und AdenosSyles.

Von Friedrich Vierhapper (Wien).

(Mit Tafel IV.)

Die Kompositen-Gattung I[omogyue Cass. stimmt in ihrer Ver- breihmg in weitgehendem Marie mit Soldanella iiberein, denn sie gehSrt gleich dieser zu den bezeichnendsten Endemiten-Geschlechtorn der Gebirge Mittel- und 8iideuropas mit dem Massenzentrum in ersteren. In ihrer Gliederung ist sie dieser insoferne i~hnlich, als sie in der Wald- und Hochgebirgsstufe durch vikarierende Arten ver- treten wird.

Um die uns hier besonders interessierende Herkunft der Gattung festzustellen, bedarf es vor allem einer Kliirung ihrer verwandtschaft- lichen Beziehungen. Obwohl nun diese yon den Forschern im grofien und ganzen ziemlich einheitlich beurteilt werden, hat sich Die l s ~) in seiner grundlegenden Studie fiber ,Genetische Elemente in der Flora der Alpen" fiber die tterkunft sehr zur~ickhaltend geiiu~ert. Wiihrend er Soldanella nebst Primula Seetio A~ricula, Audrosace, Vero~dca Sectio Bonarota ohne Bed~,nken zum borealen Zweige seines arkto- tertiiiren Stammes der autochthonen Alpenflora stellt, erwiihnt er Itomo- gyne nut anhangsweise als sehr zweifelhaftes Genus, dessert niichste Verwandtschaft die Systematiker bei gewissen afrikanischen Senecioneen suchen, und bemerkt hiezu, da~ ein grtlndliches Studium der alpinen Kompositen sehr erwiinscht wiire. Ihm in letzterer Hinsicht vollkommen beipfiichtend, babe ich es nun versucht, beziiglich llomogyne einea eigenen Standpunkt zu gewinnen. Hiebei ward ich aueh auf Adenostyles Cass. gelenkt, die gleichfalls eine Charaktergattung der mitte]europiiischea Hochgebirge ist, yon iihnlicber Gesamtverbreitung wie Homogynr und in mehrere, zum Teil vikarierende Artcn gespalten, jedoeh mlr auf die subalpine Stufe beschriinkt. Auch fiber sie ist sich Die l s nicht ins Klare gekommen. Er nennt sie in einem Atem mit Homogyne und beruft sich auf Systematiker, die ihre niichsten Verwandten im atlantischea Amerika zu erblicken glauben.

Bevor ich meine Meinung iiul]ere und begrtinde, will ich in Kiirze die Ansichten der bisherigen namhaftesten Kompositen-Systematiker fiber die Verwandtschaft yon tIomogy~tc und Adenostyles mitteilen. Es geschieht dies in folgender Zusammenstellung.

1) In E n g 1 e r, Bet. J~hrb., XLIV. (1910).

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L e s s i n g (1832)l):

Tribus V..Eupatoriaceae.

Subtrib. III. .Eupatorieae: ? Shawia, Kuhnia, Eupatorium, Mikania, A d e n o s t yl e s, Liatris, Carphephorus.

Subtrib. IV. Tussilagineae: H o m o g y n e , Tussilago, _Na~'d- osmia, _Petasites, Adenocaulon.

C a s s i n i (1834):):

Tribuu 17. T u s s i l a g i n S e s : Tussilago, Nardosmia, _Petasites. Tribus 18. A d 4 n o s t y l ~ e s .

I. Oalathide radide: ? Senecillis, Ligularia, Celmisia. II. Calathide diseoide: H o m o g y n e .

IIl. Calathide incouronnde: T'sacalium, A d e n o s t y l e s , Pa- leolaria.

De C a n d o l l e (1836)8): Trib. II. .Eupatoriaceae. Subtrib. I. Eupatorieae.

Div. III. Adenostyleae : Kuhnia, Liatris, Carphephorus, .Eu~vatorium, Mikania, A d e n o s t y l e s and noch zehn Gattungen.

Subtrib. II. Tussilagineae. Div. I. .Petasiteae: Horn og yn e, _Nardosmia, _Petasites, Adeno-

caulon. Div. II. ~utussilagineae : Tussilago, Ce~misia, Alciope, Brachy-

glottis.

E n d l i e h e r (1836--1840) 4 ) hat De C a n d o l l e s Einteilung iiber- nommen and unterstellt die .Eu~atoriaceae der Subordo I. Tubuli- florae.

B e n t h a m and H o o k e r (1873)~): Tribus II. Eupatoriaceae.

Subtribus 3. Adenostyleae: Kanimia, A d e n o s t y 1 e s, Brickellia, Carphochaete, Kuhnia, Liatris, Trilisa, Carphephorus.

Tribus VIII. Senecionideae. Subtribus 2. Tussilagineae. *Involucri braeteae erectae~ 1- ~eriatae: ? Peucephy~um,

? Luina. Tussi~ago, ._Petasites, Hom o gy n e. **Involueri lati bracteae 2- - - pauciseriatae, exterioribus brevi-

oribus: Cremanthodium, A~ciope.

1) Syn. Gen. Comp. -- 3) Opuse. phyt. 3) Prodr., V. -- 4) Gen. plant. -- a) Gen. plant., II., 1.

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Ba i l l on (1886) 1):

IV. Vernonieae. 2. Eupatorieae: 14 Gattungen, darunter Eupatorium, Agera-

tum, Stevia, Kuhnia und als letzte Adenostyles . VII. Iteliantheae.

2. Senecioneae: 30 Gattungen, darunter Senecio saint Cacalia und Ligularia, Doronicum mit Arnica, Petasites ein- schliei~lich Homogyne und Tu.~silago, ? Luina, Alciope, Cremanthodium.

H o f f m a n n (1894)~):

A. Tubuliflorae. II. Eupatorieae.

3. Adenostylinae: Kanimia, Adenostyles , TriIisa, Carpho- chaete, l~rickellia, ]tarroetea, Kuhnia, Liatris, Gerberia, Carphephorus.

VIII. Senecioneae. 2. Senecioninae: 39 Gattungen, darunter Tussilago, _Petasites,

Homogyne, Alciope, Arnica, Doronicum, Cacaliopsis, Luina, Peucephyllum, Cineraria, Cacalia, Senecio, Ligu- laria, Cremanthodium, l~rachyglottis.

lIomogyne wurde also von den i~lteren Systematikern bei den Eupatorieen untergebraeht und erst yon B e n t h a m und H o o k e r zu den Seneeioneen gestellt. Als ihre allerniiehsten Verwandten wurden yon allen aut~er Cassini , der sie abet aueh in deren n~ehste Nil, he zog, Petasites, Nardosmia und Tussilago angesehen, und Bai l lon hat sie mit diesen dreien zu einer Gattung (Petasites) vereinigt, naehdem sie sehon C]us ius s) und Linn~4), letzterer saint Nardosmia und Petasites, zu 1"ussilago gestellt hatten. Weniger allgemein wurden Alciope ( ~ Celmisia p. p.), Ligularia, .Brachyglottis, Adenocaulon usw. als Homogyne sehr nahestehend betraehtet, und Cass in i war der einzige, der sie mit Adenostyles, nebst Ligularia und anderen, zu einer Gruppe zusammenfafte.

Vergleichen wir diese Systeme noch etwas genauer, so finden wir, dal~ die jtingeren den iilteren gegentlber zweifellos einen Fortschritt bedeuten, der dureh die grii[~ere Zahl der zur Charakterisierung der Gruppen benlitzten Merkmale bedingt ist. Wiihrend Less ing , Cass in i und 1)e C a n d o l l e nut wenige Eigenschaften der Fortpflanzungsorgane, u. zw. die Geschlechterverteilung im K5pfehen und die Form der Korollen und Griffel und Narben - - L e s s i n g fiberdies die Form der hntheren

a) tiist, plant., VIII . - - -~) In E n g l e r und P r a n t l , Nat. Pflanzenfam., IV., 5. a) Stirp. Pann . Hist. (1583), p. 496--499. - - 4) Spec. plant. (1753), p. 865.

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und Pollenk/irner und die Beschaffenheit des Pappus, De Cando l l e neben der letzteren auch die Bl i i tenfarbe- heranzogen, haben die jtingeren Autoren, yon B e n t h a m und Hooker an, neben den ge- nannten auch Merkmale des Rezeptakulums und Involukrums, den Bau der Infloreszenzen und Charaktere der Vegetationsorgane, wie Blatt- stellung, Wuchsform und Lebensdauer, diagnostisch verwertet. Und so kam es denn, da[~ B e n t h a m and H o o k e r die ersten waren, die Homogyne und ihre niichsten Verwandten zu den Seneeioneen stellten. Und andererseits haben L e s s i n g und De Candol le , weil sic auf die Griffe]form zu viel Gewicht legten, die Gattung Adenocaulon zu den Tussilagineen, bzw. Petasiteen, also in die unmittelbare Nachbarschaft yon Homogyne, gebraeht, obwohl sic in der Form der Antheren und in verschiedenen anderen Merkmalen wesentlich yon ihnen abweicht und denn auch spRter yon B e n t h a m und H o o k e r und Bai l lon bei den Heliantheen, yon H o f f m a n n bei den Inuleen untergebraeht wurde. Noch krasser ist es, wenn Cass in i in Dbersehiitzung der Bedeutung der Gestalt yon Griffel und Narbe die yon Homogyne im iibrigen g/inzlich versehiedene und seit B e n t h a m und Hooker als Heleniee angesprochene Gattung _Palafoxia (als ,Paleolaria") mit dieser und einigen anderen zu einer Tribus vereinigt und gleiehzeitig Homogyne yon ihren allerniiehsten Verwandten losreifit. So bedeutsam sich auch die Merkmale des Griffels und der Narbe ffir die Systematik erweisen, sind sic doch nicht die allein ma5gebenden, da yon verschiedenen Ursprfingen aus Gleichheit dieser Organe zustande gekommen sein kann.

Ausgehend yon der Uberzeugung, dal~ nur die Berticksichtigung der Gesamtheit der Charaktere zu einem nattirlichen Systeme ffihren kann, babe ich die Liste der yon den genannten Autoren zur Unter- scheidung der Gruppen verwendeten Merkmale insbesondere durch st/irkere Heranziehung vegetativer Momente, wie vor allem der Form und Nervatur der BlOtter, ergiinzt, um mir ein selbstRndiges Urteil fiber die verwandtschaftlichen Beziehungen yon Homogyne zu bilden. Gleieh den meisten anderen Systematikern glaube ich, da5 diese Gattung den Tussilagineen _Petasites saint Nardosmia und Tussilago zuniichst steht. Innerhalb der tubulifloren Kompositen ist sic mit diesen dureh folgende gemeinsame Merkmale verbunden. Es sjnd alle drei Gattungen Stauden mit spiraliger Blattstellung. Ihrer Form naeh gehOren die Bliitter zum ,Petasites-Typus", das heii~t die grundstiindigen haben langen Stiel und handnervige, rundliehe bis breit-dreieckige, an der Basis 4 - t i e r ausgebuchtete, am Rande geziihnte, gekerbte, gelappte oder gespaltene Spreite, die stengelstiindigen stark vergrS~erten Grund und kleine bis fehlende Spreite und so Hochblattcharakter. 8tengel und Bliitter sind oft dureh lange, gekrtimmte, einzellreihige Deckhaare ~--- locker wollig

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bis dicht filzig. Die Kiipfchen sind aufrecht, mittelgro~, vielbltitig~ heterogam. Dis glockige oder walzliche HOllo besteht aus einreihigen, gleichlangen: inneren und moist auch aus einigen viol kiirzeren iiuSeren Schuppe~ (,,Senecio-Hfiile"). Der KSpfchenboden ist fiach und nackt. Die Pappusstrahlen sind haa r ig odor sehr kurz biirtig. Die Antheren basitzen ziemlich groI~o Konnektivfortsi~tza uad schmallineale, am Grunde nieht verliingerte, stumpfe odor sehr kurz zugespitzte Hi~lften, Die raifen Achiinen sind walzlich, 5--10streifig, kahl , mit wohlentwickaltem vial- strahligem Pappus.

Was die Unterschiede der drei Gattungen anbelangt, so hat Peta- sites in der Regel viol- bis wenigkSpfige trauben- odar doldentrauben- artige Rispen, deren Seiteniista insgesamt einkSpfig oder zum Toil zwei- his mehrkSpfig sind, w~hrendHomogyne ein-bis zweikSpfiga, Tussilago stets einkSpfige Stengel besitzt. Die KSpfchan yon Homogyne sind gyno- monSzisch mit zwitterigen Scheiben- und weiblichen Randbliitan, die yon Tussilago androgynisch mit miinnlichen (unfruchtbar zwitterigen) Bltiten tier Scheibe und weiblichen des Randes. t)etasites ist subdiSzisCh, indem die K~pfchen eines Individuums entweder nur zwitterige odor aber miinnliche odor sterile (unfruchtbar zwitterige) ttonigbliiten dar Scheibe uud weibliche des Randes odor aber nur miinnliche (unfruchtbar zwitterige) Bliiten enthaltenl). Die Blumeakronen der Zwitterbltiten yon Homogyne und Petasites, der miinnlichen und Honigbltiten der letzteren Gattung und der miinnlichen yon Tussilago sind strahlig, rShrig mit er- weitertem ftinfspaltigem Saume, die der weiblichen aller Gattungen sahr eng- rShrig, bei t)etasites i. e. S. fiinf- oder dreizi~hnig oder, wie auch be i Homogyne, abgestutzt oder etwas nach auIlen vorgezogen, bei Petasites Sectio _Nardosmia nach aul~en in eine ktirzere odor liingere, bei Tussi- lago i n eine sehr lange Zunge verliingert. Homogyne hat purpurn odor wai~lich, 1)etasites ebenso odor gelblich-wei5, Tussilago lebhaft gelb gefiirbte Blumenkronen. Die Griffel sind bei Homogyne fii, dlich und oben in zwei lange fiidliche, fast stiatrunde odor an der narbentragenden Innenseite etwas abgeflachte, stumpfe, an der Spitze oft etwas verdickte, au~en der ganzen Liinge nach papillSse Aste (mit ,Fegehaaren")geteilt; bei t)etasites in den miinnliehen und Honigbliiten an der Spitze keulig verdickt und tiefer oder seieht:er in zwei innen flacha, narbenlose Aste gespalten odor, gleichwie in den miinnlichen Bltiten yon Tussilago, nur zweilappigl aui~en bei beiden lang papillSs; in den weiblichen Bliiten fiidlieh, oben zweilappig oder, wie auch bei Tassitago, in zwei fi~dliche, innen stats narbentragende, aul~en sehr kurz papillSse bis fast glatte

1) ~Ian vergleiehe des N~heren lJ x k ii 11 - G y 11 e n b a n d, Phylogenie der Bl i i tenformen and der Gesehlechtervertei lung bei den Kompositen. Bibl. bot., Heft 52 (1901).

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~,ste gespalten. Der Pappus ist an den unfruchtbaren Ach~nen yon l~etasites und Tussilago • verkUmmert.

: So bedeutsam aber auch dis genannten Differenzen in der Ver- teilung der Geschlechter erscheinen, so sind sie doch nichts mehr als generische Unterschiede, wie sie sich auch sonst vielfaeh zwischen im iibrigen sich zuniichst stehenden Artengruppen der Kompositen finden, die wit eben deswegen als eigene Gattungen oder doeh Sektionen auf- fassen. Die Form der Griffel abet steht in Korre]ation zum Geschlechte der Bliite, indem in deren zwitteriger Urform die Griffel, ihrer doppelten Aufgabe als Narbentriiger und Pollenbfirate entsprechend, innen Narben, streifen und aufien Fegehaare oder Papillen tragen, w~ihrend sic in den mfinnliehen Bliiten die ersteren, in den weibliehen die letzteren verloren und dements prechende Umpr~igungen ihres Baues erlitten haben, i Doeh wie dem auch sei, jedenfa|ls treten diese Untersehiede an phyletiseher Wertigkeit ganz betritchtlich zuriick gegentiber der weitgehenden Uberein- stimmung unserer Gattungen in so wichtigen vegetativen Merkmalen~), wie es die Gestalt der Bli~tter und Htillen und die Art der Behaarung sind, und sie erscheinen fast weniger bedeutsam als die Differenzen in tier Bliitenfarbe zwisehen Homogyue und _Petasites einerseits und Tussi- lago andererseits, welch letztere uns dutch ihr Gelb auf andere nahe Verwandte yon Homogyne hinweist.

Es kommt da vor allem Cremanthodium in Betraeht, das, frtiher unter Ligularia gehend, erst im Jahre 1873 3) als eigene Gattung auf- gestellt wurde. Es sind bisher etwa 25--30 Arten bekannt geworden, die alle Oreophyten der hochasiatischen Gebirge sind. B e n t h a m und Hooke r haben die Gattung in die unmittelbare Naehbarschaft yon ttomogyne gestellt, B a ill o n und H o ffm a n n sie auch bei den Senecio- neen untergebraeht. Mit Homogyne haben in der Tat viele ihrer Arten grofie habituelle Ahnlichkeit, doeh erweist sie sich bei genauerem Zu- sehen als viel weniger nahe mit i h r verwandt a|s _Petasites, wie dies aueh B e n t h a m und H o o k e r andeuteten, indem sic sie yon diesen beiden und Tussilago gemeinsam mit Alciope als eigene Untergruppe abtrennten. Jedenfa|ls sind ihre Unterschiede yon Homogyne grS~er als ihre l~bereinstimmung mit ihr. Gemeinsam sind beiden der ausdauernde Wuehs, die spiralige Blattstellung, die fast stets einkSpfigen Stengel, die Senecio,tIfille, der naekte KSpfchenboden, die Form der Kronen

1) Ober die Bedeutung soloher fiir die Systematik vergleiche man F r i t s c h, Uber die Verwertung Vegetativer Merkmale in der botanischen Systematik in ,Mitt. naturw. Vet. f. Steiermark", Jahrg. 1907:

~) B e n t h a m in tt o o k e r~ Ic: plant., tab. 1141, 1142. Zur Untersuchung der Gattung hat mir H. H a n d e l - M a z z e t t i das reiche, yon ihmin China ge- sammelte Material in dankenswerter Weise iiberlassen.

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der Zwitterbltiten, der StaubgefiiSe und des Pappus, die Kahlheit der Achiinen usw. In der Btattform ist :die l.~bereinstimmung nur eine partielle. Wiihrend bei Homogyne die Grund- und Stengelbliitter stets nach dem Petasites-Typus gestaltet sind, zeigt Cremanthodium, ent- sprechend seiner viel grS~eren Artenzahl, in dieser Hinsicht eine viol gr55ere Mannigfattigkeit. Die Petasites-Form findet sieh nut bei einem Toil seiner Artenl). Die breiten Scheiden der Stengelbliitter yon C. bu~billiferum W. W. Sin. sttitzen sogar BrutknSllchen. Andere hrten besitzen Basalbliitter mit fiedernervigen, ganzrandigen Spreiten yon elliptischem oder breit- bis sehmal-lanzettlichem Umrisse, die allmiihlich in den Stiel verschm~lert (Arnica-Typus)~) und Stengelbliitter, die auf die Spreite reduziert sind. Wieder andere tragen Bl~ttter, die irgendwie die Mitte zwischen der Petasites- und Arnica-Form einnehmen, odor solehe ganz abweichenden Verhaltens, wie C. pinnatifidum Benth., dessen Stengelbliitter breitscheidigen Grund und fiederspaltige Spreite haben. Uberdies sind die Stengel und Biiitter yon Cremanthodium oft kahl odor aber erstere im oberon Teile saint der Hiille durch lange, steifliche, mehrzellreihige Trichome rauhhaarig odor mit anders ge- arteten Haaren besetzt, wi~hrend wollig-filzige Bekleidung, wie sie J. D. H o o k e r 8) und andero angQben, selten zu sein scheint. Die fast stets einzeln, selten zu zwei odor mehr auftretenden KOpfchen nicken und sind oft viol grSl~er als bei Homogyne. Desgleichen die in der Regel halbkugelige Htille, deren inhere Sehuppen fast zweireihig, wi~hrend die iiui~eren bald kiirzer .uad schmi~ler, bald breiter und liinger

so bei C. he~ianthus (Franch.) W. W. Sin. und suave W. W. Sin. ') - - als jene sind und manehmal wohl aueh ganz fehlen. Die Blumenkronen sind gelb oder rStlichS), selten wei;l gefiirbt, die Antheren ragen oft weit aus dem Schlunde. Die Griffel der Zwitterbltiten sind stiirker als bei Homogyne, unter der Teilung mitunter verdickt und tragen breitere, mehr bandfOrmige, sehr stumpfe ~_ste mit kriiftigeren, gegen die Spitze zu oft li~ngeren Fegepapillen. Die weiblichen Bliiten tragen eine sehr ansehnliche Zunge, wenn sie nicht wie bei C. discoideum Max. und campanulatum (French.) Diels6), fehlen, so dal~ die KSpfchea homogam sind und die Htille mimikryartig die Funktion der Zungen als Sehauapparat tibernimmt. Bezeichnend ist auch der aromatische Geruch vieler (ob aller?) Arten, der der fblgenden Gattung fehlen soll.

Viol nil.her als mit Homogyne ist Cremanthodium mit dem eur- asiatisehen Genus Ligularia verwandt, so nahe, da[] es schwer ist, die beiden scharf auseinanderzuhalten. ,This genus is hardly distinguishable from Senecio and Ligularia" sagt J .D. H o o k e r 7) yon CreJnanthodiu m,

i) Fig~ 3. -- 3) Fig. 4. - - 8) Flor. Brit. Ind., III. (1882). -- 4) Fig. 4. 5) Fig. 5. -- 6)Fig. 6. -- 7) Flor. Brit. Ind., 1. r

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und es sind denn auch Zwisehenformen bekannt geworden, wie das erst jfingst besehriebene C. microcephalum H.-M,1). Man kann sagen, dal~ sieh Cremanthodium zu Ligularia ahnlieh verh~tlt wie Homogyne zu Petasites, das heil~t wie ein Oreophyten-Gesehleeht zu einem solehen der Waldstufe, nut mit dem Untersehiede, dal~ die Kluft zwisehen den beiden letztgonannten Gattungen eine viol tiefere ist. Den Cremanthodion mit Bl~ittern veto Petasites-, Arnica- und l~lbergangs-Typus entspreehen analoge Sippen yon Ligularia 2). So hat L. sibirica (L.) (3ass. t)etasites-, L. glauca (L.) Hoffm. Arnica-Blatter. Die KSpfehen yon Ligularia sind stets zu teils reiehen, teils armen Infioroszonzon vereinigt, die entweder traubenartig, wio bei Petasites, odor schirmrispig sind, woftir bei dieser Gattung kein 2tnalogon, im allgemeinen kleiner als bei Cremanthodium und um so kleiner, je zahlreicher sie vorhanden sind. In einor jtingst ersehienenen Studio lal~t tibrigens D. S z y m k i e w i e z s) nur die Formen mit traubigen Infloreszenzen als Ligularien gelten, wiihrend er die mit rispigen zu Senecio reelanet. Die ~ul~eren Sehuppon der moist gloekigen,

seltener halbkugeligen HOllen sind stets kleiner als die inneren. Die Blfiten der Seheibe sind zwitterig, die des Randes weiblieh mit zungen- fSrmiger Krone. Die Bliitenfarbe ist gelb. Die Griffel sind im al]gemeinon denen yon Cremanthodium iihnlieh, wenn aueh sehwiieher, und erinnern an manehen Arten dadureh, daft die obersten Fegepapillen verl~tngert, also ,Fegehaare" sind, an die yon Senecio. Der Pappus ist bei gewissen Typen (Senecillis) verkiimmert.

Noeh weiter entfernt yon Homogyne ist Alciope, eine kleine Gattung des siidwestliehen Kaplandes, die seit Cassini , der sie fiilseh- lieh als Celmisia bezeiehnete, yon den Systematikern der Ji, hnliehkeit der Griffel wegen in die niiehste Niihe unserer Gattung gestollt wurde. Diese .~hnliehkoit aber besagt wonig gegenfiber so sehwerwiegenden Merkmalen wie die daehige, vielreihige Halle, die am Grunde pfeil- ftirmigen Anthe~en und die behaarten, vielnervigen hehiinen, dureh die sieh Alciope yon Homogyne untersoheidet. Noch weniger gereeht- fertigt ist es, wenn De Cando l l e und, ihm folgend, E n d l i e h e r die seit B e n t h a m und Hooke r als hstereen geltonden neusoeliindisehen Celmisien zu den Tussilagineen ziehen.

Sehliel~lich kommen aueh Brachyglottis, Peucephyllum und Luina, deren erstere D o Ca n d oil e den Tussilagineen einverleibt hat, wiihrend die beiden letzteren erst yon B e n t h a m und Hooker , allerdings mit Fragezeiehen, bier untergebraeht wurden, zu keinem ernstliehen Ver- gloiehe in Betraeht. Abgesohen davon, daft alle diese drei sehon dureh ihre Bebiiitterung yon jener Gruppe total versehieden sind, hat Luina

1) H a n d e l - h I a z z e t t i in Ariz. : d . Akad. d. Wiss. Wien, 19"20, Nr . 15. - - ~) Fig. 1 u. 2. - - 3) In ,Kosmos", Bull. See, Copern. h Leopol., 1922~ S. 603.

0sterr. botan. Zeitschrift, 192/I, Heft 6--8. 11

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(zwei Arten im Kaskadengebirge Nordamerikas) hom0game KSpfchen und gekielte Htillschuppen; die eine ihrer Arten, L, hypoleuca Benth., ist ein }talbstrauch mit an der Basis zugespitzten Antherenhiilften, dis andere, L. stricta (Greene)') Robinson ~) --- L. t)iperi Robinson S), eine Staude mit Arnica-B|attypus und traubenartigen Infioreszenzen, die Luina s. s. mit Cacaliopsis verbindet und vielleicht als eigene Gattung zu werten ist. Peucephyllum (eine Art im sonorisehen Gebiete Mexikos), das ich nur naeh der Beschreibung kenne, ist ein drtisig-klebriger Straueh mit gleichfalls homogamen Kiipfchen, dreieckigen Anhiingseln der Griffeliiste, stark behaarten Aehaenen und s~hr ungleieh langen Pappusborsten und Brachyglottis (eine Art ill Neuseeland) ein Baum mit sehr kleinen, in Menge zu umfangreiehen Rispen gehiiuften KSpfchen, spreubl~ttrigem Rezeptakulum, pinseligen Griffel~sten und papil!ss be- haarten Achiinen. Wiihrend gegen die der Beschaffenheit tier Htille wegen erfolgte Einreihung dieser drei Gattungen bei den Seneeioneen wohl nichts einzuwenden ist, liil~t sich gegen die Vereinigung yon Luina mit den Tussilagineen, die lediglich auf Grund der IJbereinstimmung im B a u d e r Griffel gesehah, sagen, da~ dieses Merkmal allein absolut nicht ma~gebend sein kann, da sich Griffel yon derartig einfaehem Bau auch sonst vielfaeh bei im iibrigen fernab voneinander stehenden Kompo- siten finden, nieht nur innerhalb der Senecioneen (Alciope), sondern auch bei Inuleen (Adenocau~on), Heliantheen (Palafoxia) usw. GehSrt nun Luina nieht neben Homogyne, so noeh viel weniger _Peucelohyllum und Brachyglottis, die aueh in den Griffeln nieht mit dieser iiberein- stimmen.

Was nun Adenostyles anbelangt, so gehSrt sie nach allen friiher genannten Systemen zu den Eupatorieen. Von den iilteren Systematikern, yon Less ing bis E n d l i c h e r , wurden dieser Gruppe auch die Tussi- lagineen untergeordnet, die dann erst Be nt ham und ~I ooke r zu den Senecioneen zogen. Bai l lon, der die Eupatorieen als Unterabteilung der Vernonieen fiihrte, stelite Adenostyles an den Schlu5 der ersteren und behauptet% da~ sie eine Art Bindeglied sei zwischen diesen und den Senecion~en: ,,Les Adenostyles, qui rattachent manifestement cette s4rie ~) aux Senegons par l'intermediaire des PetasitSes" und Adenostyles est ,Genus ab Eupatorio adspectu, foliis et costis 10 fructus diversum, a nonnullis cure Tussilagineis nonnihil affinibus adsoeiatum, Senecio- nideas enim cure Eupatorieis eonneetens".

Mich selbst ftihrten vergleichend-morphologische Betrachtungen zu der hnsicht, dab Adenostyles nicht als Zwisehenform zwischen Eupatorieen

1) In Pittonia, II . (1889), S. 21. - - 2) In Proc. Am. he., XLIX. (1913), S. 514. - - s) In Bot. Gaz,, XVI. (1891), S, 43, t. 6, f. 1--6. - - 4) Vernonieae-Eupatorieae.

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und Senecioneen aufzufassen ist, sondern unbedingt zu letzteren gehSrt. \ insbesondere sind es vegetative Merkmale, die mir diese Stellung zu rechtfertigen scheinen. So vor allem die _Petasites-Form der BlOtter mit langen Stielen und gro~en handnervigen, ruadlichen, am Grunde aus- gebuchteten und am R~nde grob gez~hnten Spreiten und speziell der stengelstandigen mJt bei einem Tei! tier Arten m~chtig ausgebildetem, zweishrigem Grunde, die bei den Tussilagineen wiederkehrt, w~hrend sie den Eupatorieen vollkommen fremd ist. Dazu noch die spiralige B|att- stellung, die bei den Senecioneen Regel, bei den Eupatorieen dagegen Ausnahme ist, und die Semcio-H~lle, in deren Besitz sich unsere Gattung innerhalb der Eupatorieae-Adenostylinae H o f f m a n n s nur mit der im fibrigen g~nzlich verscMedenen Kanimia teilt, und die auch unter den fibrigen Eupotarieen selten i~t, wie denn auch das europ~ische Eupatorium cannabinum eine daehige Hfille nebst gegenst~ndigen Bl~ttern besitzt. Auch yon den fibrigen bezeichnenden Merkmalen unserer Gattung spricht keines gegen ihre ZugehSrigkeit zu den seneeioneen. Alle Arten sind Stauden. Die Blatter sind kahl oder unterseits yon ~hn- lichen Haaren wie bei den Tussilagineen wollig-filzig. Die Infloreszenzen sind stets Schirmrispen mit zahlreichen kteinen, wenig(3)- bis viel(40)bli~tigen, homogamen KSpfchen. Die sehmalwalzliche bis glockige. H~lle besteht aus wenigen einreihigen, gleichlangen inneren und meist aueh ein~r kleineren ~ufieren Schuppe. Der K~pfchenboden ist finch und nackt. Die I:llfiten sind zwitterig mit vielstrahligem, haarigem Pappus und strah]iger, rShrig-trichteriger, rStlich oder weifi gef~rbter Krone mit vier-, selten ffinfspaltigem Saume. Die Filamente kSnnen ausnahmsweise verwachsen sein (,,Adenostylium" Rehb.), die Antheren besitzen ziemlich gro~e Konnektivforts~tze und schmallineale, ~m Grunde nicht ver- l~ngerte, stumpfe I-]alften. Die Griffel sind unter der Teilungsstelie nicht oder wenig verdickt und tragen fadliche, innen abgeflachte, au~en der ganzen L~nge nach papiI15se, + stumpfliche ~,ste. Die Achanen sind kahl und zehnrippig.

Halten wir nun Umschau, womit Adenostyles zun~chst verwandt ist, so werden wir zun~chst a u f Cacalio2sis gewiesen, einen nord- amerikanischen Typus, dessen einzige Art Asa Gray seinerzeit~ als Adenostyles nardosmia beschrieben, sp~ter ~) aber unter dem Namen Cacaliopsis zu einer eigenen Gattung erhoben hat. Diese stimmt nun in der Tat in der Gestalt des Griffels fast vsllig mit Adenostyles fiberein, weicht aber im fibrigen durch die viel tiefer gespaltenen Blattspreiten, die rispigen, armkSpfi.gen Infloreszenzen mit viel grS~eren KSpfchen, die reicherblattrige Hfille, die gelben Korollen, exser~en Antherea usw.

~) Proc. Am. Ac., VIII. (1873), S. 631. �9 2) A. a. 0 . , X I ~ . (1'883), S. 15.

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so weitgehend yon ihr ab, daft yon einer Vereinigung der beiden zu einem Genus gar keine Rede sein kann. Um die Beziehungen zwischen Adenostyles und Cacaliopsis besser zu verstehen, ist es nStig, Cacalia ins Auge zu fassen, eine groile amerikanisch-eurasiatische Gattung, die, wie Ligularia, mit Senecio zuniichst verwandt und yon ihm kaum scharf zu trennen ist, mit spiraliger Blattstellung und sehr mannigfaltiger Gestalt der Bli~tter, indem neben Petasites- und Arnica-artigen auch schildfSrmige vorkommen - - l:'sacalium 0assini mit mehreren mexi- kanischen Arten - - oft wolliger Behaarung, rispigen bis ~ ausgesprochen ebenstriiul~igen Infioreszenzen, mittelgro~en reichbltitigen bis kleinen armbltitigen, stets homogamen KSpfehen, wei5en oder rStlichen Korollen, an der Spitze stark verbreiterten, unten kurz, oben liinger papillSsen Griffeliisten usw. Von dieser Gattung unterscheidet sich nun Cacaliopsis durch nichts anderes als dutch die auSen ihrer ganzen Liinge nach mit kurzen Fegepapillen besetzten, an der Spitze abgerundeten aber nieht verbreiterten Griffelschenkol. Und yon Adenostyles gilt ganz das Gleiche. Auch sie steht zweifellos in sehr nahen Beziehungen zu Cacalia. Es ist sehr bezeichnend, dal~ Clus ius 1) und Linn~ ~) Adenostytes unter dem Namen Caca~ia geftihrt haben. Wiihrend aber Cacaliopsis ameri- kanisehen, steht Adenostyles ostasiatischen Cacalia-Arten zuniichst, wie insbesondere der C. nikomontana Mats. aus Japan, die ihr im Blatt- und Behaarungstypus, in dem Aussehen tier Infloreszenz, der GrOSe tier KSpfchen, Besehaffenheit der Htille usw. reeht nahe kommt, oder der japanisch-dahurisehen C. auriculata DC. mit an der Basis geShrten Stengelbli~ttern, aber viel loekererer Infloreszenz. Auch unter den Artea der gro~en Gattung Senecio, die durch noeh breiter abgestumpfte, an oder unter der Spitze einen Kranz ausgesprochener Fegehaare tragende und darunter aufien kurz papillSse oder kahle Griffeliiste ausgezeichnet ist, gibt es einzelne, die Adenostyles in der Blattgestalt, den] Bau der Infloreszenz usw. sehr iihnlich sind, u, zw. auch wiederum altweltliche Typen, wie vor allem der homogame kieinasiatische S. platyphyllus DC, der bezeichnenderweise auch als Adenostyles pontica beschrieben women istS). Es hiei~e ja die Bedeutung des Blatt- und Infioreszenz-Charakters tiberschiitzen, wollte man aus der Ubereinstimmung zweier Sippen in dieser Hinsicht neben immerhin betriichtlicher Verschiedenheit im Griffelbau auf eine al]zu nahe Verwandtsehait der beiden schlie[ien; dal~ aber gerade die Blattform ftir die Systematik yon Senecio sehr wichtig ist, geht daraus hervor, daff verschiedene nattirliche Sektionen der groSen Gattung, wie Annui (S. vulgaris etc.), Jacobaea, Incani

~) Stirp. Pann. Hist. (1583), p. 500-501: Cacalia glabro folio und incano folio. 2) Spec. plant., ed. 1 (1753)~ p. 836: Cacalia alpina. 3) Von C. K o c h ia Liaaaea, XIII. (1839), S. 696.

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(S. cineraria etc.), Pericallis (S. cruentus und andere makaronesisehe Arten), durch eigene Blattgestalten gekennzeichnet sind.

Doch sei dem wie immer, jedenfalls hat Adenostyles den Rang einer selbstitndigen Gattung und jedenfalls gehSrt sie zu den Senecio- neen, also in die gleiche Hauptgruppe wie Homogyne wenn sie ihr aueh nieht so nahe steht, wie man es nach C a s s i n i s System erwarten sollte.

Bevor wit uns nun fiber die mutma[~liehe Herkunft unserer Gattungen iiul~ern, wollen wir nut noch einen Blick auf ihre Verbreitung werfen. Es zeigt sich da, da~ die Gattungen, die einander morphologisch zun~ehst kommen, aueh geographisch in nahen Beziehungen stehen. Die Tussi- lagineen haben den Schwerpunkt ihrer Verbreitung in der alten Welt, u. zw. vornehmlieh in Europa. Am weitesten verbreitet ist Petasites. dessea Areal den grOi~ten Teil yon Europa nebst der nordafrikanischen Kiiste, Sibirien und zirkumpolar einen groi~en Teil des arktischen Ge- bietes umfal~t, wozu noch einzelne Teilareale in Ostasien und Japan kommen; Tussilago ist der Hauptsache nach eurasiatisch, reieht aber nut his zum Himalaya nach Osten; die zur Hi~lhe oreophytische Gattung Homogyne ist rein europiiisch. Mit dieser Gattungsgruppe stehen die Genera Loularia und Cremanthodium in einer Art pseudovikaristischen Verhaltnisses, indem ihr tIauptsitz Ostasien ist, yon wo aus erstere einzelne Vorposten (Ligularia sibirica und glauca) bis nach Mitteleuropa sender, wiihrend letztere, ihre oreophytisehe Vikuristin, ganz auf die Gebirge Hoehasiens beschr~inkt ist. In Amerika, wo die Ligularia- Sippschaft fehlt, ist die monotypische Cacaliopsis endemisch und hat Cacalia ihr Hauptareal, wiihrend sie in Ostasiea eine geringere Rolle spielt, yon hier aus in einer subarktischen Art (C. hastata) bis in den Ural nach Westen vorst(il~t und in Mittel- und Sfideuropa dureh Adenostyles ersetzt wird.

Versuchen wit es nun noch, die Frage nach der Herkunft zu be- antworten, so kSnnen wir dies wohl unter der Annahme tug, da~ unsere Gattungen im allgemeinen dort entstanden sind, wo sie heute noch das Sehwergewieht ihrer Verbreitung haben, und da~ die Oreophyten aus entspreehenden Formen tieferer Lagen hervorgegangen sind. Wir glauben ferner mit Uxkf i l l -Gy l l enband , dal~ innerhalb der Kompositen die Formen mit homogamen KSpfchen, so weir sie nicht sekundiir eat- standen, ursprfinglicher sind als die mit heterogamen, und halten fiber- dies die mit fiidliehen, auSen der ganzen Liinge nach gleichmii~ig papilliisen Griffeliisten 1) ftir alter als die mit an der Spitze verbreiterten und liinger papillSsen analogen Organen, an die sich als jtingste jene

1) Es handelt sich immer um die der Zwitterbliiten.

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schlie~en, deren Griffelitste an der Spitze Anhitngsel und einen Kranz yon Fegehaaren besitzen. Darnach sind unter den Tubulifloren die Vernonieen und Eupatorieen die iiltesten Gruppen. Von unseren Gattungen kommen ihnen Cacaliopsis und Adenostyles zuni~chst, w~hrend Cacalia, der Form ihrer Griffel nach, schon etwas mehr abgeleitet erscheint. Sekundiire Merkmale zeigen auch die Tussilagineen durch ihre bereits heterogamen KOpfchen, wozu bei l:)etasites dnd Tussilago noch, im Zusammenhange mit dem Verluste der Fruchtbarkeit der Scheiben- blfiten - - wie bei Calendula - - , eine starke Modifikation der Griffel- iiste und tiberdies eine Sonderung der Sprosse in blfihende und assimi- lierende kommt, wiihrend Homogyne in diesen l-]insichten primitiv ge- blieben ist und sich nur, gleich Tussilago, durch die Zwei-, bzw. Einzaht der Kiipfchen als abgeleitet erweist. Beim Versuche, Homogyne auf viel- kSpfige Formen zurtickzufiihren, diirfen wir nicht in tYtasites mit seiner komplizierten Geschlechterverteilung und eigenartigen Vegetationsrhytmik dieStammeltern sehen, mtissen vielmehr an heute bereits ausgestorbene Sippen mit l~etasites-Bebl~tterung, reichen traubig-rispigen Infloreszenzen, homogamen KOpfchen, Eupatorieen-Griffel und einerlei Trieben denken, yon denen die rezenten tYtasltes-Arten selbst neben Tassilago und Homogyne ihIen Ursprung nahmen. Diesen hypothetischen Stammsippen kommt unter den rezenten Senecioneen wohl Cacaliopsis zuniichst. Von I~etasites niihert sich ihnen in bezug auf die Vegetationsorgane der mediterrane /). fragrans Presl mit seinen relativ gro~spreitigen Stengel- bliittern am meisten.

Was die Gattungen Ligularia und Cremanthodium beirifft, die nach der Verteilung der Gesehlechter im KSpfchen wohl am vorge- schrittensten sind - - die Homogamie bei einzelnen Cremanthodien ist wohl sekundiir - - , nach der Ausbildung der Griffeliiste aber auf mittlerer and nach dem Besitz v(~n einerlei Trieben auf niederer Entwicklungsstufe stehen, so liegt wohl die Annahme nahe, dab die einkSpfige letztere aus der mehrkSpfigen ersteren in Anpassung an die Verhiiltnisse der Hochregion hervorgegangen ist, i~hnlich wie wir uns Homogyne in konvergenter Entwicklung aus :Petasites-artigen Vorfahren entstanden denken, wiihrend der Cacalia-Typus keine Oreophyten hervorgebracht hat.

AngehOrige tier Senecioneen wie Luina oder anderer Gruppen wie Adenoeaulon usw., die man lediglich wegen ihrer Ahnlichkeit in den Griffeln in enge Verbindung mit Homogyne gebracht hat, stehen ihr phyletisch durchaus nieht nahe, sind vielmehr ursprtingliche, alte Typen anderer Entwicklungsreihen, wiihrend im Gegentei| Senecio-Arten mit Adenostyles-Tracht und abgeleiteter Griffelgestalt mit .Anhiingsel" und .Fegehaarkranz", wie gewisse japanische Sippen, und S. platy- phyllus aus Kleinasien einer Weiterentwicklung fiber das Stadium yon

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Cacalia hiaaus, mit der sie aufs innigste zusammenh~ngen, ihren Ur- sprung verdanken.

Nach ihrer im vorausgehenden geschilderten Gesamtverbreitung, ihren n~chsten verwandtschaftlichen Beziehungen, deren keine nach Afrika weist, ihrem zum Teil sehr kleinen Umfang und der im allge- meinen scharfen Abgre~zung ihrer Arten, deren manche nur mehr refiktartig auftreten, lassen sich unsere Gattungen als typische Vertreter der arktoterti~ren Flora erkennen. Von den europ~ischen besitzt namentlich Petasites, der, wie bereits gesagt, der Hauptsache nach subarktisch- zirkumpolare und eurosibirische Verbreitung, aber auch einzelne Ver- t reter im Mediterrangebiete, in Ostasien und Japan hat, ein ausge- sprochen arktoterti~res Areal mit besonderer FSrderung in Europa. Der erst vor kurzem in :Nordalbanien aufgefundene halboreophytische _P. (Nardosmia) Dgrfleri Hayekl), der dort nur ein sehr beschr~nktes Gebiet inne hat, macht, wie mir sein Entdecker I. D S r f l e r mitteilt, an Oft und Stelle den Eindruck einer aussterbenden Pflanze. Er ist zweifellos, wie die ebenfalls nordalbanische _Forsythia europaea, ein Terti~rrelikt. In diesem Zusammenhange sei auch darauf hingewiesen, dal~ B e n t h a m und H o o k e r an den yon ihnen untersuchten Cacalia- Arten nur unreife Ach~nen mit unfertigen Keimlingen gefunden haben. Und wie anscheinend Caca~ia im Rtickgangs begriffen und _Petasites Dgrfleri dem Aussterben nahe ist, so sind wohl seit der Tertiarzeit manche Tussilagineen ausgestorben und unter ihnen auch jene homo- gamen Stammformen der rezenten Sippen, deren seinerzeitige Anwesen- heit .in Europa wir auf Grund phyletischer Erw~gungen annehmen m~issen. Wahrscheinlich war es die Eiszeit, die ihnen ein Ende bereitete. Wie sie verbreitet waren, wie und wo sie Petasites-Arten ausgliederten, ob und wie das ursprUngliche Bild dutch naehtr~gliche Wanderungen ver~tndert w.urde, vermSgen wir nicht zu beurteilen. Homogyne dt~rfte wohl nur in Europa aus derartigen Stammformen entstanden sein. Auch Adenostyles ist wohl nur europ~ischen Ursprunges, abet aus anderen Eltern hervorgegangen uncl auf niedrigerer Entwieklungsstufe stehen geblieben. Beide (]attungen scheinen uns typisehe Vertreter des arktoterti~ren Stammes *) unserer autochthonen Alpenflora zu sein, doch wagen wires nicht, zu entscheiden, ob sie zum borealen oder meridionalen Zweige desselben geh6ren oder eine Mittelstellung zwischen beiden ein- nehmen. Beide sind gleieh dem eingangs erw~hnton Primulaceen- 6eschlechto Soldanella ausgesprochen mitteleuropgisch-alpin und dies nicht nur im geographischen, sondern auch ira genetischen Sinne.

~) In Denkschr. d. Ak. d. Wiss. Wien, m.-n. KI., 94. Bd., 1917~ S. 196. ~) Im Sinne yon D i e l s.

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ErklKruug der Tafel IV.

Fig. 1. Ligularia brachyphyUa H.-M. Yiinnan : Dsehungdien (H a n d e 1 - M a z z e t t i, Iter sinense 1914--1918, Nr. 4779). - - Fig. 2. L. sp, (aft. ~leurocaulis [Franeh.]). Yiinnan: Dschungdien (H.-M., Nr. 4621). - - Fig. 3. Cremanthodium sp. (aft. bulbilli- ferum W. W. Sin.). Yiinnan: Lidjiang (H.-iK., Nr. 3635). - - Fig. 4. C. suave W. W. Sin. Setsehwan: Mull (H.-•., Nr. 7146). - - Fig. 5. C. rhodocephalum Diels. Yiinnan: Lidjiang (H.-~r., Nr. 3634). - - Fig. 6. C. campanulatum (Franeh.) Diels. Yiinnan: Lidjiang (H.-M., Nr. 3636).

Fig. 1 u. 3 mit Petasites-, 2 u. 4 mit Arnica-, 5 u. 6 mit eigenem Blatt-Typus. Fig. 1--5 mit heterogamen, 6 mit homogamen K~pfehen.

In etwas mehr als 1/3 der nattirliehen Gr~Se. - - H. H a n d e l - ~ I a z z e t t i phot.

Die Stellung der Uredineen und Ustilagineen im System der Pilze,

Von Erwin Janchen (Wien).

Die Homo]ogie yon Ascus und Basidie wird schon seit langem als wahrschein l ich betrachtet und ist durch die neueren zytologischen und entwicklungsgeschicht l ichen Untersuchungen mit Sicherheit bewiesen women ~). Jedoch wird in der Literatur tier letzten Jahre ein wichtiger, damit zusammenhi~ngender Punkt merkwtirdig wenig beriihrt, das ist die Frage , ob die ungeteilte Basidie der Hymenomyce ten oder die ge- fiicherte Basidie der Auriculariaceen und Coleosporiaceen oder gar das Promyze l ium der typischen Uredineen und der Ustilagineen als die ur- sprtinglichste F o r m der Basidie anzusehen ist; und doch ist gerade ' die Entsche idung dieser F rage ftir die Systematik der gesamten Basidiomyceten yon ausschlaggebender Bedeutung. Obwohl es im vorhinein klar zu sein scheint, dal~ man nur die ungeteilte Basidie, die sogenannte Autobasidie oder Holobasidie, d i r ek t mit dem Ascus homologisierea kann, wird doch die seit D e B a r y s und B r e f e l d s Zeiten eingebiirgerte Anordnung, die mit den Usti lagineen beginnt, dann die Uredineen folgen lii~t und mit den Hymenomyce ten und Gastromyceten abschlie~t, auch noch in den neuesten Darstel lungen des Pilzsystemes~) noch immer beibehalten.

~) H. K n i e p, w~lcher sich um die Vertiefung unserer Kenntnisse auf diesem Gebiete dis gr5Bten Verdienste erworben hat, bezeichnete bereits im Jahre 1916 die .~hnlichkeit der Vorg~nge, welche sich bei der Bildung des .kscus und der Basidie abspielen, als ,so auffallende, da5 jeder Zweifel an der Homologie beider Organe, falls ein solcher noch bestehen sollte, verstummen muS" (Beitr~ge zur Kenntnis der Hymenomyceten, IV., S. 359, vgl. FuSnote 2 auf S. 174).

'~) Wichtige neuere G e s a m t t i b e r s i c h t e n d e r P i l z e : L o t sy J. P., Vortr~ge tiber botanische Stammesgeschiehte, I. (Jenal 1907),

S. 418-745.

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V i e r h a p p e r F. , Homogyne u n d Adenostyles. Tafel IV.

(~)sterr. botan. Zeitschrift, 1923. Phot. yon H. Handel-Mazzetti.