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Übergang neu und anders denken! Überlegungen zu einem Gelingen des Übergangs vom Kindergarten in die Volksschule. Prof. in Dr. in Cornelia Wustmann Tagung des Kompetenzzentrums Vorschulische Bildung an der KPH Wien Wien, 19. November 2010 1 Wustmann 2010

Übergang neu und anders denken! Überlegungen zu einem ... · Systeme (Hopf/ Zill-Sahm/ Franken 2004, S. 12). • Positive Erkenntnisse zur Gestaltung von Übergängen sind vorhanden

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Übergang neu und anders denken! Überlegungen zu einem Gelingen

des Übergangs vom Kindergarten in die Volksschule.

Prof.in Dr.in Cornelia Wustmann

Tagung des Kompetenzzentrums Vorschulische Bildung an

der KPH Wien

Wien, 19. November 2010

1Wustmann 2010

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Gliederung1. Zwei kleine Einstimmungen

2. Was sind zentrale Aussagen der Transitionsforschung, also der Übergangsforschung?

3. Wie ist der erste Übergang vom Elternhaus in die Kinderkrippe bzw. den Kindergarten gedacht und gestaltet?

4. Woher stammen die Herausforderungen aus zwei sich unterschiedlich entwickelnden Bildungsinstitutionen?

5. Welche Aufgaben stehen für Mädchen und Buben im Übergang zur Schule?

6. Wie könnte ein gutes Übergangsmanagement gedacht werden? Oder die Frage: Sind alle überhaupt auf den Übergang vorbereitet?

7. Fazit und AusblickWustmann 2010 2

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Einstimmung

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Einstimmung

Ob man es möchte oder nicht:Der Schulbesuch ist einfach Pflicht.Lass´ nun mit diesen leckren Grüßenden ersten Schultag Dir versüßen!

Jetzt ist es nun soweitund Du bist endlich auch startbereit!Zur Einschulung wirst Du gehn,und jeden Tag die Lehrer sehn.Auch wenn's mal nicht so fein,behalt den Mut, es soll so sein.

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

Die Übergangsforschung beschäftigt sich mit normativen Ereignissen im Leben eines Menschen und untersucht die Schnittstelle zwischen

� individuellem Handlungs- und Bewältigungsver-

mögen und

� gesellschaftlichen Handlungsvorgaben und

Anforderungen.

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

• Mädchen und Buben haben zahlreiche Übergänge zu bewältigen: von der Familie in die Krippe, von der Krippe in den Kindergarten, vom Kindergarten in die Grundschule.

• Innerhalb eines Transitionssprozesses agiert das Individuum aktiv handelnd. Übergänge beinhalten sowohl Chancen als auch Belastungen, die bewältigt werden müssen. (nach Welzer 1993, Niesel 2004)

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

• Transitionsforschung thematisiert die Bewältigung

von Diskontinuität und berücksichtigt, dass nicht nur

die Kinder, sondern auch die Eltern Übergänge

bewältigen müssen. Dabei speisen sich die

Erkenntnisse für das Übergangsmodell aus

verschiedenen Disziplinen

• (Kleiner Einwurf: Es wäre hier ein

Forschungsdesiderat zu füllen: Wie bewältigen

Pädagog/innen den Übergang?)Wustmann 2010 7

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

Beiträge der Disziplinen:

• Familienentwicklungspsychologie (zu verschiedenen

familialen Übergängen),

• der Stressforschung (zur Erklärung von Belastungs-

reaktionen)

• Motivationspsychologie (Berücksichtigung von Vor-

freude oder Befürchtung hinsichtlich bevorstehender

Veränderungen). Wustmann 2010 8

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

Veränderungen für die Mädchen und Jungen (und

ihre Eltern)

• auf der Ebene des Individuums: Veränderung der

Identität und Bewältigung starker Emotionen

• auf der Ebene der persönlichen Beziehungen:

Aufnahme neuer Beziehungen bzw. Veränderung

bzw. Verlust bestehender Beziehungen und

Rollenzuwachs, sowie

• auf der Ebene der Lebensumwelten: Integration

zweier Lebensbereiche, Wechsel des Curriculums. Wustmann 2010 9

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Zentrale Aussagen der Transitionsforschung

Es handelt sich jeweils

• um Diskontinuitäten in den Erfahrungen des Kindes,

die es bewältigen muss.

• Da die Anpassungsleistungen in relativ kurzer Zeit

geleistet und verdichtete Lernprozesse als

Entwicklungsstimuli gesehen werden, sind diese

Anforderungen als Entwicklungsaufgaben zu

verstehen (Griebel 2004, Griebel/Niesel 2004).

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Zwischenruf –oder mit was befassen wir uns eigentlich hier?

Optionen eines vierjährigen Kindes in Europa

• Es könnte bereits in die Schule gehen, wenn es in

den Niederlanden, Großbritannien oder Irland zu

Hause wäre,

• es könnte auch eine Vorschule oder einen

Kindergarten besuchen, wenn sein Zuhause in

Frankreich, Belgien, Italien, Griechenland, Portugal,

Spanien, Luxemburg, Deutschland oder Dänemark

läge.

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Zwischenruf –oder mit was befassen wir uns eigentlich hier?

• Zusätzlich gäbe es in den Ländern Frankreich,

Portugal und in den skandinavischen Ländern noch

die Möglichkeit, in einer Gruppe von

Tagespflegefamilien aufzuwachsen (Oberhuemer/

Ulich 1997, S. 18f).

• Dabei ist es bspw. in den Niederlanden die Regel,

dass der Eintritt in die Schule mit dem vierten

Geburtstag erfolgt. Sind diese Vierjährigen dann

schon schulreif?Wustmann 2010 12

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Übergang Familie - Krippe

• Übergang vom Elternhaus in eine Form

außerhäuslicher Betreuung bildet für Mädchen und

Buben eine der ersten Herausforderungen, die sie

unterschiedlich bewältigen und die nicht zuletzt vom

bislang erlebten Bindungsverhalten bestimmt

werden

• Bindung = Grundvoraussetzungen für die Sicherheit

der Kinder, sich neuen Personen, Dingen und

Relationen zuzuwenden

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Übergang Familie - Krippe

• Übergang ist kein zeitlich festgelegter. So kann ein

Kind bereits vor seinem ersten Geburtstag in eine

Einrichtung aufgenommen werden, diesen Übergang

aber auch erst nach seinem dritten Geburtstag

vollziehen.

• In der pädagogischen Diskussion wird gerade die

Gestaltung dieses Übergangs in den

Qualitätsdebatten fokussiert (Tietze/Viernickel

2003). Wustmann 2010 14

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Übergang Familie - Krippe

Berliner Krippenmodell

• Grundgedanke: Übergänge sind von den Mädchen

und Buben und ihren Müttern und Vätern sowie den

Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen zu

bewältigen.

• Zielstellung: sichere Bindung an eine neue

Bezugsperson

• hohe Standards für die Übergangsgestaltung bzw. als

Eingewöhnungszeit deklarierte Übergangsphase

konzipiertWustmann 2010 15

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Herausforderungen aus zwei unterschiedlichen Bildungsinstitutionen

• Kindergarten und Grundschule haben getrennte

Entwicklungsverläufe genommen (vgl. Griebel 2004,

S. 91) und stellen im Aufbau des Bildungswesens

derzeit formal voneinander getrennte Bereiche „mit

eigenständigen Bildungsaufträgen, verschieden-

artigen Erwartungen an die Kinder, spezifischen

curricularen und pädagogischen Orientierungen

sowie unterschiedlichen administrativen

Zuordnungen“ dar (Faust/ Roßbach 2004, S. 91).

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Herausforderungen aus zwei unterschiedlichen Bildungsinstitutionen

• Beide Systeme agieren unter unterschiedlichen

Strukturmaximen.

• Das Prinzip der der pluralistische Trägerlandschaft

der Kindertageseinrichtungen mit den

unterschiedlichsten pädagogischen Konzepten.

• Anders im Schulsystem, das klaren staatlichen

Curricula zu folgen hat.

• Was insgesamt bedeutet, dass Bildungsprozesse

nach dem BildungsRahmenPlan/Curricula ganz

unterschiedlich angeregt und begleitet werden

(können). Wustmann 2010 17

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Herausforderungen aus zwei unterschiedlichen Bildungsinstitutionen

• Auch die auf unterschiedlichem Qualifikationsniveau

angesiedelten Ausbildungen von Erzieher/innen und

Lehrer/innen machen dies deutlich (vgl. List 2003, S.

66).

• Das erschwert einerseits die kontinuierliche Bildung

der Kinder über die Institutionsgrenzen hinweg und

nimmt andererseits selbstverständlich Einfluss auf

die Kooperationsbeziehung von Kindergarten und

Grundschule (vgl. Griebel/ Niesel 2004, S. 37).Wustmann 2010 18

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Herausforderungen aus zwei unterschiedlichen Bildungsinstitutionen

• Die Ergebnisse internationaler Vergleiche

verdeutlichen darüber hinaus, dass beide

Bildungsorte vor neuen Herausforderungen stehen

(vgl. Cortina u.a. 2003, S. 17).

• Anlässe und Notwendigkeiten für Reformen

„ergeben sich einerseits aus Veränderungen der

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwelt,

andererseits aus Modernisierungsversäumnissen im

System selbst“ (ebd.)Wustmann 2010 19

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Zwischenruf –Überlegungen zur Bildung im 21. Jahrhundert

• Wechsel von der Industriegesellschaft zur Informations- und

Wissensgesellschaft erfordert die Konzipierung von ganz

individuellen Bildungsverläufen.

• Individuen erhalten nicht mehr nur durch Normierungen oder

gesellschaftliche Standards Orientierungen.

• Statt dessen sind sie gefordert, sich selbst diese

Orientierungen in einer Welt der kulturellen Diversität und

sozialen Komplexität schaffen bei einer hohen

Erwartungshaltung hinsichtlich ihres späteren

selbstbestimmten Erwachsenenseins

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Zwischenruf –Überlegungen zur Bildung im 21. Jahrhundert

• Im Gegensatz zur Auffassung der Moderne von einer

Kontinuierlichkeit stellt das Konzept der Postmoderne diese in

Frage und eröffnet damit die Akzeptanz für Komplexitäten,

multiple Perspektiven und der Berücksichtigung historischer

und kontextueller Bezogenheiten

• Dies zieht einer erste, nicht unwesentliche Frage für

Pädagog/innen nach sich, wie Kinder in der frühen Kindheit

auf ein Leben in einer postmodernen Zukunft vorbereitet

werden sollen.

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Zwischenruf –Überlegungen zur Bildung im 21. Jahrhundert

• Daraus folgt, dass jedes Kind Gelegenheiten benötigt, mit

allem, was die Kultur und das Zusammenleben ausmacht, in

Berührung zu kommen, um sich sein Bild von der Welt

konstruieren und im Dialog mit anderen abgleichen zu

können

• Jedes Mädchen und jeder Junge konstruiert sich diese Welt

individuell und benötigt bestimmte, individuelle

Unterstützungsleistungen zur Entfaltung seiner Potenziale im

Miteinander. Das setzt jedoch voraus, dass diese Potenziale

erkannt, wertgeschätzt und nutzbar gemacht werden. Wustmann 2010 23

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Aufgaben der Mädchen und Buben im Übergang zur Schule

• Übergang von der Kindertageseinrichtung in die

Grundschule ist für die Mädchen und Jungen meist

mit erwartungsvoller Freude verbunden.

• Sie wollen endlich zu den Schulkindern gehören, sie

möchten etwas „Richtiges“ lernen, Lesen, Schreiben,

Rechnen können und dadurch erwachsener werden

(vgl. Bartnitzky 1999, S. 119).

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Aufgaben der Mädchen und Buben im Übergang zur Schule

• Diese „frohe Erwartung, das zukunftsoffene Sich-

Freuen der Sechsjährigen [ist] immer auch mit einer

unterschwelligen Ängstlichkeit vor dem

Unbekannten, vor dem noch nicht Durchschauten

verbunden“ (Lichtenstein-Rother/ Röbe 1991, S. 50),

denn der Schuleintritt kann „sehr spezifische Formen

von Übergangsproblemen produzieren“ (Fölling-

Albers 1980, S. 29).

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Aufgaben der Mädchen und Buben im Übergang zur Schule

• Die Unterrichtszeiten bringen für die Mädchen und Jungen andere Zeiteinteilungen. „Die Kinder ‚müssen‛ in die Schule gehen [und die Schule] zwingt die Kinder, sich an ihre strikten […] Organisationsformen anzupassen“ (Böhnisch 2001, S. 123).

• Mädchen und Jungen stehen in dieser neuen Gruppe - der Klasse - vor der Aufgabe, ihren Platz in dem „soziale[n] Gefüge einer neuen, gleichaltrigen Gruppe“ zu finden, sowie neue soziale Aufgaben zu übernehmen (Franken 2004, S. 5).

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Aufgaben der Mädchen und Buben im Übergang zur Schule

• Rollenwechsels vom Kindergarten- zum Schulkind ist auch mit der Zunahme an Freiraum sowie Selbstständigkeit verbunden (vgl. ebd.).

• Herausforderung, mit weniger emotionaler Aufmerksamkeit auskommen zu müssen. Denn die/ der Klassenlehrer/in „als neue Bezugsperson kann sich dem einzelnen Kind in der Regel emotional nicht mehr in der Intensität zuwenden, wie es bisher bei der Mutter und der Erzieherin im Kindergarten üblich war“ (Wiedemann 1997, S. 34).

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Aufgaben der Mädchen und Buben im Übergang zur Schule

• Der Unterricht stellt einen Arbeitszusammenhang her, der vor allem eine veränderte kognitive Beanspruchung und das Stillsitzen für einen bestimmten Zeitabschnitt beinhaltet (vgl. Franken 2004, S. 5).

• Insbesondere die Leistungsanforderungen und deren formalisierte Überprüfung stellen die Kinder immer wieder vor eine neue Herausforderung, nämlich unter Zeit- und Konkurrenzdruck zu den Mitschülern bestimmte Aufgaben zu bearbeiten (vgl. Däschler-Seiler 2004, S. 22).

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Übergangsmanagement? Oder die Frage: Sind alle überhaupt auf den Übergang

vorbereitet?

• Entgegen vielfach geäußerter bildungspolitischer Einlassungen ist die Zeit, die Kinder in Kindertageseinrichtungen verbringen, Bildungszeit.

• Diese kann allerdings keinesfalls als eine bloße und ausschließliche Vorbereitung auf die Schule verstanden werden.

• Es kann nicht die Intention von Kindertageseinrichtungen bzw. Pädagoginnen und Pädagogen im Arbeitsfeld der Elementarpädagogik sein, Mädchen und Jungen lediglich für die Schule „fit zu machen“ oder diesbezüglich zu trainieren.

Wustmann 2010 29

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Übergangsmanagement? Oder die Frage: Sind alle überhaupt auf den Übergang

vorbereitet?

• Eine so verstandene vorschulische Bildung – so lassen

einzelne Statements vermuten – ist offenbar dazu angedacht,

homogene Gruppen von Mädchen und Jungen in die Schule

zu bringen.

• Werden elementare Bildungs- und Entwicklungsprozesse auf

eine vorschulische Ausbildung reduziert, wird das

ganzheitliche Lernpotential von Kindern, ihre Eigenaktivität in

sozialen Kontexten, ihre individuelle Entwicklung, ihre

biografischen Erfahrungen und leib-seelischen Bedürfnisse

nicht ausreichend geachtet, wertgeschätzt und anerkannt.

(Vgl. Bamler/Wustmann 2010)Wustmann 2010 30

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Übergangsmanagement? Oder die Frage: Sind alle überhaupt auf den Übergang

vorbereitet?

• Für den Übergang gilt aber ebenso, dass mit „Blick auf die heterogenen Lernvoraussetzungen und Lerninteressen der Kinder […] das Ziel nicht darin liegen [kann], die Leistungsanforderungen zu minimieren“ (Denner/ Schumacher 2004, S. 65).

• Vielmehr liegen die Aufgaben der Pädagog/innendarin, Transparenz zu schaffen. Und dass für alle: Für Mädchen und Buben, Mütter und Väter und für die Pädagog/innen der anderen Institution

Wustmann 2010 31

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Übergangsmanagement? Oder die Frage: Sind alle überhaupt auf den Übergang

vorbereitet?

• Wenn so durch Kooperation „individuell und flexibel

auf die bereits im Kindergarten festgestellten

Fähigkeiten auch nach der Einschulung kontinuierlich

Bezug genommen wird“ sei dies schließlich schon ein

großer Gewinn für die Anschlussfähigkeit der

Systeme (Hopf/ Zill-Sahm/ Franken 2004, S. 12).

• Positive Erkenntnisse zur Gestaltung von

Übergängen sind vorhanden (Krippe), andere

Beispiele zeigen aber auch Nichtbeachtung von

Bildungsbiographien (Max)Wustmann 2010 32

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Fazit

• Übergänge sind „kritische Lebensereignisse“, deren Bewältigung eine Leistung des Kindes darstellen, die begleitet werden muss.

• Übergänge haben im besten Fall ko-konstruktionistischen Charakter, d.h. der Übergang darf nicht allein auf das Mädchen und der Buben bezogen sein, sondern ebenso auf Familie und Beteiligten der abgebenden und aufnehmenden Institution.

Wustmann 2010 33

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Fazit

• Beteiligte Personen einer Transition sind also zum

einen diejenigen, die aktiv den Übergang vollziehen

und zum anderen all diejenigen, die die Transition

(auch aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds)

moderieren und begleiten.

• Übergangsmanagement meint die Notwendigkeit,

die Wechsel von einer Lebensphase in eine andere

gesellschaftlich so zu flankieren, dass sie vom

Einzelnen eigenverantwortlich und aktiv gestaltet

werden können. Wustmann 2010 34

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Fazit

• Bildungsbiografie könnten so wahrgenommen,

anerkannt und für weitere pädagogische Arbeit

genutzt werden.

• Dazu bedarf es entsprechender Systeme und

Strukturen, die ein Übergangsmanagement sichern

und sowohl den Übergang zu einem gelingenden

Biografie- als auch Bildungsverlauf werden lassen.

Wustmann 2010 35

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Fazit

• Das könnte bedeuten, dass die Mädchen und Jungen

nicht nur nach starren Kriterien begutachtet werden,

sondern dass die Dokumentationen der Lern- und

Bildungswege der Mädchen und Jungen gemeinsam

mit ihnen selbst, ihren Müttern und Vätern und den

Pädagog/innen der ab- und der aufnehmenden

Institutionen reflektiert werden.

Wustmann 2010 36

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Gewinn für alle?

Übergangsmanagement könnte

� sicherlich Mädchen und Buben dabei helfen, diese

Entwicklungsaufgabe positiv zu bewältigen.

�Mütter und Väter einen neuen Einblick in die Schule

bringen, der vielleicht sogar die Bedenken aus den

Glückwünschen schon „den Wind aus den Segeln

nimmt“

� Pädagog/innen in Kindergarten und Schule „ihre“

Mädchen und Buben in den verschiedensten

Facetten kennen lernen.Wustmann 2010 37

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Literatur

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• Bartnitzky, H. (1999): Was Kinder lernen müssen, obwohl es auf keinem Stundenplan steht. in: Naegele, I. M./ Haarmann, D. (Hrsg.): Schulanfang heute. Ein Ratgeber für Elternhaus, Kindergarten und Schule. Weinheim, Basel, S. 119-125

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• Bowlby, J. (1969): Attachment and loss, Vol. 1: Attachment. New York: Basic Books.

• Cortina, K. S./ Baumert, J./ Leschinsky, A./ Mayer, K. U./ Trommer, L. (Hrsg.) (2005): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Ein Bericht des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. [vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe,] Reinbek

• Däschler-Seiler, S. (2004): Übergänge: zur Kontinuität und Diskontinuität im Erziehungsprozess unter anthropologischen Gesichtspunkten. in: Denner, L./ Schumacher, E. (Hrsg.): Übergänge im Elementar- und Primarbereich reflektieren und gestalten. Beiträge zu einer grundlegenden Bildung. Bad Heilbrunn, S. 15-29

• Denner, L./ Schumacher, E. (2004): Übergänge zwischen Bildungsinstitutionen – bildungspolitische, pädagogische, didaktische und curriculare Überlegungen. in: Denner, L./ Schumacher, E. (Hrsg.): Übergänge im Elementar- und Primarbereich reflektieren und gestalten. Beiträge zu einer grundlegenden Bildung. Bad Heilbrunn, S. 52-74

• Eurydice (1994): Die Bildung im Elementar- und Primarbereich in der Europäischen Union. Brüssel: Europäische Informationsstelle von Eurydice.

• Eurydice (1996): Ergänzung zu der Veröffentlichung – Die Bildung im Elementar– und Primarbereich in der Europäischen Union. Die Lage in Österreich, Finnland und Schweden und in den EFTA/EWR-Staaten. Brüssel: Europäische Informationsstelle von Eurydice.

• Faust, G./ Roßbach, H.-G. (2004): Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. in: Denner, L./ Schumacher, E. (Hrsg.): Übergänge im Elementar- und Primarbereich reflektieren und gestalten. Beiträge zu einer grundlegenden Bildung. Bad Heilbrunn, S. 91-105

• Fölling-Albers, M. (2004): Geleitwort. in: Denner, L./ Schumacher, E. (Hrsg.): Übergänge im Elementar- und Primarbereich reflektieren und gestalten. Beiträge zu einer grundlegenden Bildung. Bad Heilbrunn, S. 7-10

• Franken, B. (2004): Basiswissen Kita: Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule. in: Kindergarten heute. Sonderheft.

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Literatur

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• Laewen, H.-J./Andres, B./Hédervári, E. (2000): Ohne Eltern geht es nicht. Die Eingewöhnung von Kindern in Krippen und Tagespflegestellen. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz. Deutscher Studienverlag.

• Lichtenstein-Rother, I./ Röbe, E. (1991): Grundschule. Der pädagogische Raum für Grundlegung der Bildung. [5. [unveränderte] Auflage,] Weinheim, Basel

• List, J. (2003): Elementar- und Primarbereich: Erziehung und Bildung in der frühen Kindheit. in: Klös, H.-P./ Weiß, R. (Hrsg.): Bildungs-Benchmarking Deutschland : Was macht ein effizientes Bildungssystem aus? Köln, S. 43-65

• Niesel, R. (2004): Einschulung – Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. In: Schumacher, Eva (Hrsg.): ‚Übergänge’ in Bildung und Ausbildung – pädagogische, subjektive und gesellschaftliche Relevanzen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. S. 89-101.

• Oberhuemer, P./Ulich, M. (Hrsg.) (1997): Kinderbetreuung in Europa. Weinheim und Basel: Beltz.

• Tietze, W./Viernickel, S. (2003): Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz. Deutscher Studienverlag.

• Welzer, H. (1993): Transitionen: Zur Soziapsychologie biographischer Wandlungsprozesse. Tübingen: edition discord. Hochschulschrift.

• Wiedemann, M. (1997): Neue Wege zur Erziehungspartnerschaft. Zusammenarbeit von Kindergarten, Grundschule und Elternhaus. Dortmund

Wustmann 2010 39