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Übungen zur Allgemeinen Geologie WS 2012/13 LMU München Geologie 1 Übung 4 – Isostasie und Flexur der Lithosphäre 12./13./14./15.11.2012 Die Großteil der Topographie der Erde lässt sich sehr gut anhand des Prinzips der Isostasie erklären. Es gibt verschiedene Arten der Isostasie (Watts, 2001): lokale Kompensation (Airy‐/Pratt‐Isostasie) und regionale Kompensation (Flexurisostasie). Wir werden in dieser Übung Gleichungen für die Isostasie herleiten (4.1), diese experimentell überprüfen (4.2‐4.3) und dann auf die Natur anwenden (4.4‐4.6). 4.1 Herleitung der Formeln Das archimedische Prinzip lautet: Ein im Wasser schwimmender Körper verdrängt genau die Menge an Wasser, die seiner eigenen Masse entspricht. Abbildung 1: Skizze zur Herleitung der Formeln für die Isostasie Abb. 1 zeigt einen Körper mit Dichte ρ k , der eine Gesamthöhe von h hat und in einer Flüssigkeit der Dichte ρ f schwimmt. Die Höhe über der Flüssigkeitsoberfläche ist h t (topographische Höhe), die Höhe unter der Flüssigkeitsoberfläche ist h w (Wurzeltiefe). a) Leiten Sie mit Hilfe des archimedischen Prinzips die Berechnung von h w in Abhängigkeit von h her. b) Benutzen Sie die Formeln aus Aufgabe 4.1a, um die Berechnung von h t in Abhängigkeit von h herzuleiten. c) Leiten Sie mit Hilfe der Formeln aus Aufgabe 4.1a und 4.1b die Formel zur Berechnung von h w in Abhängigkeit von h t her.

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Übungen zur Allgemeinen Geologie WS 2012/13                 LMU München Geologie 

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Übung 4 – Isostasie und Flexur der Lithosphäre             12./13./14./15.11.2012 

Die Großteil der Topographie der Erde lässt sich sehr gut anhand des Prinzips der Isostasie erklären. Es gibt verschiedene Arten der Isostasie (Watts, 2001): lokale Kompensation (Airy‐/Pratt‐Isostasie) und regionale Kompensation (Flexurisostasie). Wir werden in dieser Übung Gleichungen für die Isostasie herleiten (4.1), diese experimentell überprüfen (4.2‐4.3) und dann auf die Natur anwenden (4.4‐4.6). 

 4.1 Herleitung der Formeln 

Das archimedische Prinzip lautet: 

Ein im Wasser schwimmender Körper verdrängt genau  die Menge an Wasser, die seiner eigenen Masse entspricht. 

 

 Abbildung 1: Skizze zur Herleitung der Formeln für die Isostasie 

 

Abb. 1 zeigt einen Körper mit Dichte ρk, der eine Gesamthöhe von h hat und in einer Flüssigkeit der Dichte ρf schwimmt. Die Höhe über der Flüssigkeitsoberfläche ist ht (topographische Höhe), die Höhe unter der Flüssigkeitsoberfläche ist hw (Wurzeltiefe). 

a)  Leiten Sie mit Hilfe des archimedischen Prinzips die Berechnung von hw in Abhängigkeit von h her.  

b)  Benutzen  Sie  die  Formeln  aus  Aufgabe  4.1a,  um  die  Berechnung  von  ht  in  Abhängigkeit  von  h herzuleiten. 

c) Leiten Sie mit Hilfe der Formeln aus Aufgabe 4.1a und 4.1b die Formel zur Berechnung von hw in Abhängigkeit von ht her. 

 

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Praktischer Teil (im Analoglabor) 

Dieser Teil der Übung wird im Analoglabor (Raum 11, im Untergeschoß der Luisenstr. 37) stattfinden. Sie werden in Vierergruppen arbeiten. Nehmen Sie das Arbeitsblatt, ein Lineal, einen Stift und einen Taschenrechner mit. 

 4.2 Bestimmung der Dichte der Arbeitsmaterialien 

Bestimmen  Sie  die  Dichte  aller  Holzarten,  die  Sie  im  folgenden  benutzen  werden,  indem  Sie  die Ausmaße des Holzklotzes messen und die Masse mittels Laborwaage bestimmen. Nehmen Sie dazu nicht  die  Holzklötze,  die  im  Versuch  verwendet  werden,  da  diese  Löcher  für  die  Führungsstäbe haben. Es gibt von jeder Holzart pro Gruppe ein Klötzchen speziell zur Dichtebestimmung. Tragen Sie Ihre Resultate in die Tab 1. ein. Geben Sie dabei auch Fehler mit an. 

 

Tabelle 1: Messung und Berechnung von ht und hw Material  Länge 

[cm] Breite [cm] 

Höhe [cm] 

Volumen [cm3] 

Masse [g] 

Dichte [g/cm3] 

MDF            

Pappel            

Kiefer            

Buche            

 

 

4.3 Experimente mit Holzklötzen 

Folgendes Material sollte an jedem Arbeitsplatz vorhanden sein: 

• Aquarium • Holzklötze 25x MDF, 15x Pappel, 15x Kiefer, 4x Buche • Lineal 

 

a) Berechnung und Messung von ht und hw 

In dieser Aufgabe sollen zunächst die in Aufgabe 4.1 hergeleiteten Formeln experimentell überprüft werden. Nehmen Sie dazu mehrere Klötze der selben Holzart und stapeln Sie diese aufeinander. Treffen Sie eine theoretische Vorhersage von ht und hw mit Hilfe der hergeleiteten Formeln unter Verwendung der berechneten Dichten und messen Sie anschließend diese Werte. Führen Sie das Experiment dreimal mit verschiedenen Holzarten und Anzahl Holzklötzchen durch. Tragen Sie alle Werte in Tab. 2 ein. Inwiefern entsprechen die gemessenen den berechneten Werten?  

 

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Tabelle 2: Messung und Berechnung von ht und hw Material  Anzahl 

Holzklötze h  hw 

berechnet hw 

gemessen ht 

berechnet ht 

gemessen              

             

             

 

b) Airy‐Modell Bauen Sie ein Airy‐Modell mit den MDF‐Klötzen auf, das aus 4 Säulen mit einer variierenden Anzahl von Klötzen pro Säulen (zwischen 1 und 12) besteht. Skizzieren Sie das Ergebnis und notieren Sie ht und hw für jede Säule. 

 

c) Pratt‐Modell Bauen Sie nun neben dem Airy‐Modell ein Pratt‐Modell auf, das aus 4 Säulen besteht. Erzeugen Sie die gleiche Topographie wie bei dem Airy‐Modell. Achten Sie dabei darauf, dass die Basis möglichst flach ist. Skizzieren Sie das Ergebnis und geben Sie die Dicken und Dichten für jedes Element an. Berechnen Sie auch die durchschnittliche Dichte für jede Säule.   

Tabelle 3: Messung der Durchschnittsdichte jeder Säule des Pratt‐Modells. 

Parameter  Säule 1  Säule 2  Säule 3  Säule 4 Klötze 

        

Durchschnitts‐ Dichte 

der Säule 

       

 

d) Erosion Verteilen Sie einige Klötzchen von höheren Bereichen des Airy‐Modells auf die umliegenden niedrigeren Bereiche und beobachten Sie, was passiert. Dies entspricht der Erosion eines Gebirges und der Sedimentation in einem benachbarten Becken. Stapeln Sie 8 MDF‐Klötzchen übereinander und messen Sie h, ht und hw. Nehmen Sie nun jeweils ein Klötzchen von diesem Stapel herunter und messen Sie bei jedem Schritt h, ht und hw und tragen Sie die Messwerte in Tab. 4 ein. Tragen Sie in Abb. 2  jeweils ht und hw gegen h auf. Tragen Sie in Abb. 3 ht gegen hw auf. Welcher Zusammenhang besteht jeweils zwischen ht und hw bzw. zwischen h und ht/hw? 

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Tabelle 4: Messung von h, ht und hw für das Erosions‐Experiment. 

Schritt  1  2  3  4  5  6 h 

[cm]            

ht 

[cm]            

hw 

[cm]            

 

 Abbildung 2: Diagramm zum Auftragen der Messwerte aus 4.3 d). 

 Abbildung 3: Diagramm zum Auftragen der Messwerte aus 4.3 d). 

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Anwendung auf die Natur (im Hörsaal) 

Da wir in der Natur das Äquivalent der „Wasseroberfläche“ in den Experimenten nicht festlegen können, muss bei isostatischen Berechnungen immer eine Referenzsäule mit bekannten absoluten Höhenlagen zum Vergleich betrachtet werden. Zur Berechnung der folgenden Aufgaben verwenden wir eine isostatisch kompensierte, kontinentale Kruste mit der Oberfläche auf Meerespiegel als Bezug. Wir nehmen an, dass diese eine Mächtigkeit von 35 km besitzt und aus Granit (2800 kg/m³) besteht.  Die Dichte von ozeanischer Kruste entspricht etwa der von Basalt (2900 kg/m³). Meerwasser hat eine Dichte von 1030 kg/m³. Der Mantel, auf der die Kruste „schwimmt“ hat die Dichte von Peridotit (3300 kg/m³). Die Kompensationstiefe beträgt 100 km. 

 

4.4 Allgemeine Beispiele zur Airy‐Isostasie 

a) Welche Wassertiefe entsteht bei einer 8 km mächtigen ozeanischen Kruste? 

b) Wie tief ist die Wurzel eines Gebirges, wenn man annimmt, dass dieses aus kontinentaler Kruste besteht eine mittlere Höhe von 2 km über dem Meeresspiegel aufweist? 

 

4.5 Hochplateau von Tibet 

a) Durch Kontinent‐Kontinent‐Kollision wurde die Krustenmächtigkeit im Bereich des Tibetischen Hochplateaus verdoppelt. Welche topographische Höhe hat das Plateau nach dem Airy‐Modell? 

b) Welche Mächtigkeit des Tibetischen Hochplateaus würde abgetragen werden, wenn keine isostatische Kompensation stattfindet? Wie lange dauert es bei einer konstanten Langzeit‐erosionsrate von 2,5 mm/a (Galy und France‐Lanord, 2001), bis das Tibetische Hochplateau vollständig (also bis zum Meeresspiegel) abgetragen ist? 

c) Welche Mächtigkeit würde abgetragen, wenn isostatische Kompensation stattfindet und wie lange dauert die Abtragung bei gleicher Erosionsrate? 

 

4.6 Flexurisostasie am Beispiel Hawaii 

a) Effektive elastische Dicke 

Berechnen Sie die effektive elastische Dicke für die ozeanische Lithosphäre unter Oahu, Hawaii. Es wird Vening‐Meinesz‐Flexurisostasie angenommen. Die Vulkankette ist eine Streckenlast (Abb. 4). 

 Abbildung 4: links: Auslenkung der Lithosphäre unter einer Streckenlast (Vulkankette), Turcotte und Schubert (2002). rechts: Bathymetrische Profile durch die Insel Oahu (Hawaii‐Archipel), aus Watts und Cochran (1979). 

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Bestimmen Sie zunächst den Flexurparameter α [m], der sich aus dem Abstand zwischen dem Zentrum der Last und dem höchsten Punkt des Forebulges (xb) berechnet. Diesen Abstand können Sie aus den bathymetrischen Profilen (Abb. 4, rechts) ablesen. 

𝛼 =x!π 

Zusammen mit den Werten für die Dichte des Mantels (ρm) sowie von Wasser (ρw) können Sie nun die Biegesteifheit D [Nm] berechnen. 

𝐷 =𝛼!𝑔 𝜌! − 𝜌!

Ein typischer Wert für das Elastizitätsmodul E für ist etwa 70 GPa, das Poisson‐Verhältnis ν entspricht ca. 0,25. Berechnen Sie damit die effektive elastische Dicke 𝑇!. 

𝑇! =  12𝐷(1 − 𝜈!)

𝐸

!

 

Ist der Wert für 𝑇!  vergleichbar mit den typischen Werten für die Mächtigkeit der ozeanischen Lithosphäre (siehe Übung 2)? 

 

b) Forebulge 

Die Höhe des Forebulges hängt von der Maximal‐auslenkung w0 ab. Die Biegegleichung für das Vening‐Meinesz‐Modell beschreibt die Auslenkung (w) als Funktion des Abstands von der Maximalauslenkung (w!): 

𝑤(𝑥) = w!e!!! cos

xα+ sin

 

Wie in 4.6 a) bereits schon angegeben befindet sich der Forebulges (x!) im Abstand 𝜋𝛼. Setzen Sie  x! = 𝜋𝛼 in die Gleichung ein und finden Sie die allgemeine Lösung für die Höhe des Forebulges (w!). Berechnen Sie dann die Höhe des Forebulges für Oahu. Die Maximalauslenkung kann aus dem seismischen Profil in Abb. 5 (Reflektor 2) bestimmt werden. 

Abbildung 5: Seismisches Profil durch Oahu,  aus Watts und ten Brink (1989). 

 

Literaturangaben Turcotte DL und Schubert G (2002): Geodynamics. 2. Auflage, Cambridge University Press, 456 S. Watts AB und Cochran JR (1979): Gravity anomalies and flexure of the lithosphere along the Hawaiian Emperor Chain. Geophys. J. Roy. Astr. Soc. 38, 119‐141 Watts AB und ten Brink US (1989): Crustal structure, flexure, and subsidence history of the Hawaiian Islands. JGR 94(B8), 10473‐10500 Watts AB (2001): Isostasy and Flexure of the Lithosphere. Cambridge University Press, 480 S.