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Baustatik II – Umdruck 2 Prof. Dr. Seeßelberg 04.03.2005 Seite 1 Umdrucke Baustatik II - 2. Teil - Ausgabe SS 2005 Stand 4.3.2005 FB02 Studiengang Bauingenieurwesen - Stahlbau und Gestaltungstechnik - Prof. Dr.-Ing. Christoph Seeßelberg

Umdrucke Baustatik II - 2. Teil · am Stab: im Uhrzeigersinn pos. ... 10 Torsion 10.1 Was ist Torsion ? Torsionsbeanspruchung eines Trägers liegt dann vor, wenn Verdrehungen ϑ(x)

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Umdrucke Baustatik II

- 2. Teil -

Ausgabe SS 2005

Stand 4.3.2005

FB02 Studiengang Bauingenieurwesen

- Stahlbau und Gestaltungstechnik -

Prof. Dr.-Ing. Christoph Seeßelberg

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zu Kap. 6.5: Symmetrieeigenschaften ebener Stabwerke,

deren symmetrische Belastung in der Tragwerksebene liegt S : symmetrisch A : antimetrisch

Verlauf Stäbe in der SA

Auflagerkräfte S idR. ≠ 0 N S idR. ≠ 0 Q A = 0 M S = 0

Biegelinie S = 0

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8. Drehwinkelverfahren als Spezialfall des allg. Weggrößenverf.

8.1 Prinzip Grundlage : Kirchhoffscher Eindeutigkeitssatz "Zu bestimmten Kraftgrößen eines Tragwerks gehören eindeutige Verschiebungsgrößen und umgekehrt zu bestimmten Verschiebungsgrößen eindeutige Kraftgrößen." d.h. es gibt zu jeder Belastung nur eine einzige mögliche Verformung !

Kraftgrößenverfahren : Kraftgrößen als Unbekannte eingeführt und mit Hilfe von Formänderungsbedingungen berechnen.

Weggrößenverfahren : Verschiebungsgrößen als Unbekannte einführen und mit Hilfe von Gleichgewichtsbetrachtungen berechnen.

Allg. Weggrößenverfahren : Verformungen aus Momenten, Längs- und Querkräften werden berücksichtigt.

Werden Verformungen inf. Längs- und Querkräften weggelassen: Drehwinkelverfahren (DWV). Nur sog. Knotendrehwinkel und Stabdrehwinkel werden als Unbekannte eingeführt. --> diese Vereinfachung gilt ab sofort

Welches Verfahren ist zweckmäßigerweise anzuwenden ? Zahl der Unbekannten Kraftgrößen n beim KGV bestimmen Zahl der unbekannten Winkel m beim DWV bestimmen. n < m => KGV m < n => DWV Falls Längskraft-, Querkraft-, oder Torsionsverformung eine Rolle spielt, ist das DWV ungeeignet. Beispiele : a) b)

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Vorzeichenregel : o Knotendrehwinkel: im Uhrzeigersinn positiv. o Stabdrehwinkel: gegen Uhrzeigersinn positiv.

o Momenten:

am Stab: im Uhrzeigersinn pos. am Knoten: im Gegenuhrzeigersinn pos.

8.2 Unterscheidung unverschieblicher und unverschieblicher Systeme Verschiebliche Tw sind Tw, bei denen sich die Knoten nicht nur verdrehen, sondern auch (unter Verursachung von Schnittgrößen und Spannungen) verschieben können. Verschiebliche Tw sind nicht mit unbrauchbaren Tw zu verwechseln. Bsp.:

a b a) Kno a,b und c sind unverschieblich => unverschiebliches Tw b) Kno a und c können in x-Richtung verschoben werden => verschiebliches Tw

Unter "verschieblichen Tragwerken" werden solche brauchbaren statischen Systeme verstanden, deren Knoten sich unter Entstehung von Schnittgrößen verschieben können. In der Praxis treten solche Tragwerke häufig auf. Beispiele :

Zusätzlich zu den Knotendrehwinkeln treten als Unbekannte des Drehwinkelverfahrens dann auch Stabdrehwinkel auf. Ein Stabdrehwinkel liegt vor, wenn die Endknoten eines Stabes ungleiche Verschiebungskomponenten aufweisen.

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8.3 Berechnung unverschieblicher Tragwerke mit dem DWV

8.3.1 Gleichungen für Stabendmomente

8.3.1.1 Beidseitig elastisch eingespannter, belasteter Stab :

gesucht : Stabendmomente Mab und Mba => Die Stabendmomenten bestehen aus 3 Anteilen:

1. Starreinspannmomente MAB und MBA, die sich bei zu 0 angenommenen Knotendrehwinkeln unter der äußeren Last einstellen. (Achtung : Vorzeichen)

2. Momente, die sich aus der Verdrehung des Knotens a bei festgehaltenem Knoten b ergeben

3. Momente aus der Verdrehung des Knotens b Berechnung des 2. Anteils: Biegemomentenverlauf inf. der Verdrehung des Kno a :

Die Beziehung zwischen den Momenten und dem Knotendrehwinkel ϕa* läßt sich mit Hilfe der Mohrschen Analogie beschreiben (die Auflagerkraft der als Belastung angesetzten Momentenlinie entspricht dem 1/EI-fachen Drehwinkel).

ϕa* =

Mab,a= Das Moment am anderen Stabende ist damit: Mba,a =

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Starreinspannmomente für das Drehwinkelverfahren Quelle: Schneider Bautabelle, 12. Auflage, S. 4.27

*) Ist die Einspannung rechts und das Loslager links angeordnet, sind die Werte M2 analog zu M1 zu bilden und mit (-1) zu multiplizieren.

Bsp.:

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Der 3. Anteil (aus Verdrehung Kno b) ergibt sich sinngemäß: Mba,b = Mab,b= Die Summe aller 3 Anteile ergibt: Mab= Mba = Um nicht mit Zahlen in unpraktischen Größenordnungen rechnen zu müssen, wird ersetzt:

ϕa= 2 E ϕa* und ϕb= 2 E ϕb*

Außerdem wird eine verzerrte Steifigkeit definiert:

Damit wird:

Damit ist das Stabendmoment als Funktion der beiden Drehwinkel ϕa*, ϕb* und der äußeren Last bestimmt.

8.3.1.2 An einem Ende gelenkig angeschlossener Stab

a) Anteil 1: siehe Tabelle „Starreinspannmomente“#

b) Anteil 2 aus Knotenverdrehung ϕa*

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c) Der 3. Anteil fällt weg, da Knoten b gelenkig ist und es daher dort keine Stabendmomenten gibt.

Die Summe ergibt:

Mab =

Mab =

8.3.2 Aufstellen der Knotengleichungen Nachdem die Stabendmomenten als Funktion der noch unbekannten Knotendrehwinkel bestimmt wurden, wird nun die Bedingung formuliert, um diese Knotendrehwinkel zu bestimmen. Die Bedingung ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung am Knoten: ΣM=0 (die Summe aus den Schnittmomenten und einem ggf. als äußere Last angreifenden Moment ist 0). Diese Gleichung stellen wir für jeden Knoten des Systems auf und erhalten so einen Satz Gleichungen, aus denen sich die gesuchten Knotendrehwinkel bestimmen lassen. Beispiel :

Gleichgewicht für Knoten a:

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Für Knoten b läßt sich ebenfalls eine Gleichung aufstellen, die als Unbekannte ebenfalls ϕa und ϕb enthält. lineares Gleichungssystem: 2 Gleichungen, 2 Unbekannte Nach der Lösung des GlSys liegen die Zahlenwerte für die Winkel vor. Durch Rückeinsetzung der Winkel in die entspr. Gleichungen erhält man Mab und Mba. Die Knotengleichungen können direkt, ohne Umweg über die Stabendmomenten, bestimmt werden.

02 , =++⋅+⋅⋅ ∑∑∑ iLastJ

IJj

ijjj

iji MMkk ϕϕ

j: alle benachbarten Knoten, die stabmäßig mit i verbunden sind MLast,i ist das an Kno i angreifende äußere Moment

Der Vorteil der direkten Bestimmung der Knotengleichung ist die geringere Fehleranfälligkeit.

Bsp.:

Knoten a:

Knoten b:

Knoten c:

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8.4 Ausnutzung von Symmetrie beim DWV Tragwerk und Belastung sind symmetrisch -> M symmetrisch

Q antimetrisch N symmetrisch Verformungen: symmetrisch

Siehe auch: • Vorlesung Baustatik II, Kap. 6.5: „Symmetrie beim KGV“ Symmetrieausnutzung beim KGV: + Berechnungen am „halbierten Tragwerk“ durchführen + Verformungsbedingungen in der Symmetrieachse formulieren Symmetrieausnutzung bei DWV Vorgehensweise: o Anzahl der Unbekannten Winkel ohne Berücksichtigung der Symmetrie

feststellen o Feststellen, welche Stab- oder Knotendrehwinkel auf Grund der Symmetrie zu 0

werden. o Feststellen, welche symmetrisch angeordneten Winkel auf beiden Seiten der

Symmetrieachse betragsmäßig gleich sein müssen o Zahl der übriggebliebenen Unbekannten Winkel feststellen. o Gleichungen für die übriggebliebenen Größen anschreiben

=> Beim DWV ist die Ausnutzung der Symmetrie besonders lohnend!

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Formelübersicht Drehwinkelverfahren – unverschiebliche Systeme 1. Knotengleichung Knoten i

02 , =++⋅+⋅⋅ ∑∑∑ iLastJ

IJj

ijjj

iji MMkk ϕϕ

j, J : sämtliche Knoten, die stabmäßig mit i verbunden sind l : alle biegesteife Knoten, die stabmäßig mit i verbunden sind k: alle gelenkigen Knoten, die stabmäßig mit i verbunden sind

2. Stabendmomenten bei unverschieblichen Systemen • ... beidseitig elastisch eingespannte Stäbe

ABbaabab MkM ++⋅= )2( ϕϕ BAbaabba MkM ++⋅= )2( ϕϕ

• ... einseitig gelenkig angeschlossener Stab ABaabab MkM ′+⋅′= ϕ2

3. Vorzeichendefinitionen • Momenten MAB, Mab , MLast am Knoten: gegen Uhrzeigersinn pos. • Momenten MAB, Mab am Stab: im Uhrzeigersinn positiv • Knotendrehwinkel ϕ : im Uhrzeigersinn positiv 4. Bezeichnungen / Definitionen ϕ bezogener Knotendrehwinkel

E2/* ϕϕ = tatsächlicher Knotendrehwinkel

ababab lIk /= Steifigkeit des Stabes ab, beidseits elastisch eingespannt

ababab lIk /75,0 ⋅=′ Steifigkeit des Stabes ab, einseitig gelenkig angeschlossen

ABM Starreinspannmoment am beidseits el. eingespannten Stab; (Indizes: Großbuchstaben!) Vorzeichen : Stabanfang x = 0; meist links : MAB = MSchneider Stabende x = l ; meist rechts : MBA = - MSchneider

ABM ′ Starreinspannmoment am einseitig gelenkig angeschlossenen Stab; (Indizes: Großbuchstaben!)

M´AB= MSchneider (bei A ist x = 0) M´AB = - MSchneider (bei B ist x = 0)

iLastM , am Knoten i angreifendes äußeres Lastmoment

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10 Torsion 10.1 Was ist Torsion ? Torsionsbeanspruchung eines Trägers liegt dann vor, wenn Verdrehungen ϑ(x) um seine Längsachse auftreten, deren Größe sich mit der Längskoordinate x ändern. Ein Beispiel für ein torsionsbeanspruchtes Bauteil ist eine Kardanwelle

Ein Balken wird auf Torsion beansprucht, wenn z. B. in der Ebene senkrecht zur Balkenachse ein Kräftepaar angreift (Bild rechts). Über die äußere Belastung ist eine Torsionsbeanspruchung nicht immer eindeutig gekennzeichnet: Nicht nur Querlasten, die außerhalb des Schubmittelpunkts M angreifen, sondern auch Einzeltorsionsmomente oder – bei einem geknickten oder gekrümmten Träger –Achsialbeanspruchungen können einen Träger auf Torsion beanspruchen.

Schnittgrößen, die zur Torsion gehören: • Torsionsmoment Mx • Wölbbimoment Mw

Spannungen, die zur Torsion gehören: • Schubspannungen τ (treten immer auf) • Wölbnormalspannungen σ (treten nur in bestimmten Fällen auf)

Verformungen, die zur Torsion gehören: 1. Auswirkung : Verwindung der Querschnitte um den Winkel ϑ(x)

Die Endquerschnitte eines Stabelements dx sind um den Winkel dϑ gegeneinander verdreht. Die Veränderung des Drehwinkels ϑ wird als Verdrillung bezeichnet :

Verdrillung = = ′ddxϑ ϑ

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2. Auswirkung der Torsion : Manche – nicht alle – Querschnitte verwölben sich, wenn sie tordiert werden. Die Querschnitte sind dann nicht mehr eben, es treten Dehnungen in Stablängsrichtungen εx auf.

Unterscheidung: MT: Torsionsmoment als äußere Last Mx: Schnittgröße – Torsionsmoment

Während man nicht auf die Idee käme, Kraft F und Querkraft Q miteinander zu verwechseln, passiert dies bei MT und Mx häufig.

Voraussetzungen für Kapitel 10 „Torsion“ • Die Stabachse ist gerade

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• Es treten nur Verdrehungen ϑ(x) des Stabes um seine Längsachse auf, wobei sich die Drehachse D frei einstellen kann. Die freie Drehachse geht durch den Schubmittelpunkt des Querschnitts.

• Verschiebungen v und w senkrecht zur Stabachse sind nicht vorhanden. • Querschnitte bleiben erhalten und unverformt • Linear elastisches Werkstoffgesetz • Verformungen bleiben klein • Der Querschnitt des Trägers ist abschnittsweise konstant.

10.2 St. Venantsche Torsion für Vollquerschnitte

10.2.1 Kreisförmiger Vollquerschnitt Stab mit Kreisquerschnitt, R=const., durch Mx =const. belastet. Verdrehung dϑ der um dx benachbarten Querschnitte gegeneinander ( ϑ positiv rechts-drehend). Zwischen dϑ und dem Gleitwinkel γ besteht der Zusammenhang : r dϑ = γ dx => γ = r · dϑ / d x (1)

Das Hook´sche Gesetz verknüpft den Gleitwinkel γ mit der Schubspannung τ. τ = G · γ = G ·r · dϑ / d x = G r ϑ´ (2) τ ist also proportional zum Abstand von der Stabachse.

τ verursacht ein Torsionsmoment, das genau dem im Schnitt wirkenden Torsionsmoment entsprechen muß : Mx = ∫ r · τ · dA Mit τ = G ·γ = G · r · ϑ´ : Mx = G · ϑ´ · ∫ r2 dA = G · ϑ ´ IT

Kreiswelle : IT= ∫ r2 · dA = π/2 · R4 Die Größe IT wird Torsionsträgheitsmoment genannt. Allgemein gilt für die Verdrillung :

ϑ´ = Mx / G IT (3) Die Endverdrehung eines einseitig eingespannten Stabes der Länge l ist

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T

xl

ll IG

lMdx⋅

⋅=→′= ∫ ϑϑϑ

0

Schubspannungsverteilung (aus umrahmter Formel ϑ´ eliminieren) (3) in (2)

T

x

T

x

T

xWM

IMr

IGMrGrG ==⋅

⋅=′⋅⋅= ϑτ ; T

xWM

=maxτ mit RIW T

T =

Der Größtwert tritt am Rand mit r = R auf . Alle Formeln gelten auch für den Kreisringquerschnitt mit :

I R RT a i= −π2

4 4( )

Bsp.: geg.: Stabquerschnitt d = 100 mm ; Mx = 4 kNm ges : IT, τT

10.2.2 Nicht kreisförmige Vollquerschnitte • Lösung durch eine „Potentialgleichung“ (Differentialgleichung) mit der

Torsionsfunktion • Ergebnis: umlaufende Schubspannungen τ im Querschnitt • Eine Lösung ist mathematisch sehr aufwendig, sie wird daher hier aus

Zeitgründen weggelassen Das Seifenhautgleichnis Die Profilform wird aus der Wand eines Kastens herausgeschnitten und mit Seifenhaut überspannt. Der dann aufgebrachte leichte Innenüberdruck hebt die Seifenhaut zu einem Hügel an. Beispiel:

• Die Höhenlinien des Seifenhaut-Hügels entsprechen den Schubspannungsrichtungen

• Die Größe der Schubspannungen ist proportional zur Querneigung des Hügels

• Die Torsionsträgheit IT ist proportional zum Volumen des Hügels.

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Auch für nicht kreisförmige Vollquerschnitte gilt allgemein:

• ϑ´ = Mx / G IT • max τ = Mx / WT

Querschnittswerte IT , WT • Aus IT – für den

Kreisquerschnitt läßt sich eine Näherungsformel für allgemeine gedrungene Vollquerschnitte ableiten:

P

T

IA

rA

rrrI

⋅⋅=

⋅⋅⋅=

=⋅⋅

⋅=

⋅=

2

4

42

4

43

844

42/4

22

πππ

πππ

Daraus folgt die Näherungsgleichung von St.Venant (Fehler ca. 7 %) (Quelle:

Schineis S. 6)

)(40

4

zyT II

AI+⋅

10.3 St. Venantsche Torsion für geschlossene, dünnwandige Profile

10.3.1 Einzellige Querschnitte Annahmen : • Querschnitt konstant • Mx = const. • Wandstärke t(s) darf veränderlich sein (s=Umfangskoordinate)

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• Außen- und Innenflächen des Hohlzylinders sind belastungsfrei

=> Spannungen an den Rändern verlaufen tangential. • τ ist über die Wanddicke gleichmäßig verteilt • Schubfluß T [Kraft / Länge] T = τ * t • Gleichgewichtsbedingung am infinitesimalen Rechteck (Bild b):

ΣV = 0 : Schubfluß über x konstant ! (d Txs = d Tsx = 0) ΣH = 0 Schubfluß an jeder Stelle s des Querschnittes ist gleich. (Txz = Tzx) (Normalspannungen treten bei primärer Torsion nicht auf!)

Berechnung der Schubspannung τ : • Die Schubkraft T*ds des infinitesimalen Abschnitts hat bezüglich eines

beliebigen Punktes 0 ein Moment dsTrdM x ⋅⋅= ⊥ (1)

• Summiert man über alle Abschnitte, erhält man

∫ ∫ ⋅⋅== ⊥ dsrTdMM xx (2)

• Das so berechnete Moment entspricht aus Gleichgewichtsgründen der Schnittgröße Mx !

• dsr ⋅⊥ ist nun die doppelte Fläche des in Bild c schraffierten Dreiecks. Das Umlaufintegral errechnet sich damit zu:

mAdsr ⋅=⋅∫ ⊥ 2 (Am = von der Profilmittellinie umschlossene Fläche) (3)

• (3) in (1) : 1. Bredtsche Formel nach R. Bredt 1842 – 1900 :

tAM

tT

m

x⋅⋅

==2

τ (4)

• max τ tritt an der Stelle der kleinsten Wanddicke min t auf.

T

T

m

xWM

tAM

tT

=⋅⋅

==minmin

max 2τ (5)

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• analog zum Widerstandsmoment bei Biegung wird das Torsionswiderstandsmoment eingeführt: WT = 2 Am tmin

Berechnung der Verdrillung ϑ´

• Wie bei den Kreisquerschnitten gilt :

τ / G = γ = r ϑ´ (6) • Multiplikation mit ds, Integration über den Umfang s :

(7) • Für τ wird die 1. Bredt´sche Formel eingesetzt und nach ϑ´aufgelöst

∫⋅⋅⋅

=′t

dsAG

M

m

x24

ϑ (8)

• mit Einführung des Torsionsflächenmoments :

(2. Bredt´sche Formel) (9) • wird daraus die bereits von den Vollquerschnitten herrührende Gleichung:

T

xIG

M⋅

=′ϑ (10)

• Bei Stahlbauquerschnitten ist die Blechdicke ti i.d.R. abschnittsweise konstant, die 2. Bredtsche Formel lautet damit :

(11) • Die Endverdrehung eines einseitig eingespannten Stabes der Länge l ist

T

xl

ll IG

lMdx⋅

⋅=→′= ∫ ϑϑϑ

0 (12)

10.3.2 Mehrzellige Querschnitte Mehrzellige Hohlquerschnitte stellen ein statisch unbestimmtes Problem dar, das im folgenden gelöst wird.

• Schub in den Wandungen einer Zelle sei konstant • In den Zwischenstegen überlagert sich der entgegengesetzt gerichtete Schub

der benachbarten Zellen (wirksam ist die Differenz).

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• Die n Einzelzellen übernehmen das Torsionsmoment Mxi; es gilt zusammen

mit der 1. Bredtschen Formel:

∑ ∑ ⋅⋅==n n

miixix ATMM 2 (13)

• Durch Quersteifen wird der Querschnitt stabil gehalten. Die Verdrillung der Einzelzelle entspricht derjenigen des Gesamtquerschnitts und ergibt sich aus Gleichung 8 (si= Umfangkoordinate der Zelle i; Ami=Fläche Am der Zelle i):

∫ ⋅⋅⋅⋅

=′=′

simii ds

tT

AG 21ϑϑ (14)

bei konstanten Blechdicken ergibt sich pro Zelle als Summe über die a Bleche pro Zelle:

∑ ⋅⋅⋅⋅

=′a

iaia

ia

mis

tT

AG 21ϑ (15)

• Es stehen nun n+1 Gleichungen zur Verfügung (Gl. 13 und n * Gl. 15), um die n+1 Unbekannten (Verdrillung + n Schubflüsse, je 1 pro Zelle ) zu berechnen.

• Aus den Werten ϑ′ und Mx kann nun das St. Venantsche Torsionsmoment zurückgerechnet werden:

ϑ′⋅=

GMI x

T

• Torsionsschubspannungen und Verdrillungen mehrzelliger Kästen lassen sich in erster Näherung gut berechnen, wenn die Zwischenstege einfach vernachlässigt werden. Im obigen Beispiel beträgt der Fehler dabei ca. 6%.

Beispiel:

Gesucht: max τ und ϑ’

10.3.3 Ersatz eines Fachwerks durch ein vollwandiges Blech

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Fachwerkträger oder Vierendeel-Rahmen können hinsichtlich der Torsion berechnet werden, indem sie durch ein Blech mit der Dicke tE ersetzt werden.

(Quelle: Petersen, Stahlbau, T.27.1)

10.4 St. Venantsche Torsion für dünnwandige, offene Profile

10.4.1 Schmale Rechteckprofile Schubspannungen fließen anders als bei geschlossenen Querschnitten

Der Querschnitt wird als die Summe einzelner sehr dünner Hohlquerschnitte aufgefaßt. Es wird – da alle Hohlquerschnitte die gleiche Verdrillung aufweisen - angenommen, daß die Schubspannungen von der Mitte aus linear mit y bis zum Maximalwert τ0 anwachsen.

2/)( 0 t

yy ⋅=ττ

Die Verhältnisse an den Blechenden dürfen vernachlässigt werden. Für die von der Profilmittellinie überstrichene Fläche gilt:

hyyAm ⋅⋅= 2)(

Der einzelne Hohlquerschnitt überträgt dann (siehe Gl. 4):

dyyht

dTAdM mx2082 ⋅⋅⋅=⋅⋅=

τ

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Durch Integration über den Querschnitt folgt daraus:

20

2/

0 31 thdMM

t

yxx ⋅⋅⋅== ∫

=τ (16)

Formal ergibt sich aus der Definition:

T

xWM

=maxτ das Torsionswiderstandsmoment 231 thWT ⋅⋅=

Analog ergibt sich aus der 2. Bredtschen Formel für den einzelnen Hohlquerschnitt mit der Dicke dy:

dyyh

dyh

hydIT2

28

2

)2(4⋅⋅=

⋅⋅⋅=

Integration dieser Formel über y von y=0 bis y = t/2 liefert :

tWhtI TT ⋅== 331 (17)

Voraussetzung dieser Überlegungen ist: t << h Der Fehler in der Formel für IT ist kleiner als 10%, wenn gilt: t<6*h

10.4.2 Aus schmalen Rechteckprofilen zusammengesetzte Querschnitte • Torsionsträgheitsmoment ergibt sich als Summe der Werte aus den

Einzelquerschnitten

(mit hi = Blechlänge, ti=Blechdicke) (18)

• Das Torsionsträgheitsmoment IT für Walzprofile kann Profiltabellen entnommen werden. Stehen diese einmal nicht zur Verfügung, läßt sich auch Formel (18) anwenden. Zur Berücksichtigung der Ausrundungen wird dann ein Korrekturwert η hinzugefügt. Er beträgt für Winkelprofile 0,99 , für T- und U-Profile 1,12 und für I-Profile 1,30.(Quelle Script Minning, S.19)

• Die Spannungen im Blech i mit der Dicke ti ergeben sich zu:

T

ixi I

tM ⋅=τ

• mit WT = IT / tmax wird

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T

x

T

xI

tMWM maxmax ⋅

==τ (19)

• Für die Verdrillung gilt weiterhin :

′ =⋅

ϑ MG I

T

T

• Der von einem Blech i übernommene Anteil am Torsionsmoment ergibt sich aus:

T

Tixxi I

IMM ⋅= (20)

Werden schmale Rechtecke wie unten dargestellt fest miteinander verbunden (Schweißung, GV-Verbindung), so darf in Gl. 18 der Wert (ta + tb) als Dicke t angesetzt werden.

Andernfalls sind beide Bleche als Einzelbleche zu behandeln, es gilt:

133

, )(31 httI baGurtT ⋅+⋅=

Beispiel: HEB300; Flansch: 30*1,9 cm2; Trägerhöhe 30 cm; Stegdicke 1,1 cm; Korrekturwert η=1,3

433 cm 1943,1)1,1)1,1230(9,1302(31( =⋅⋅⋅−+⋅⋅≈TI ; Profiltabelle: 186 cm4

10.4.3 Gekrümmte, offene Profile mit konstanter Wanddicke t Wenn die Blechdicke t klein gegenüber dem Krümmungsradius r ist, kann mit der Abwicklungslänge s der Profile gerechnet werden.

stIT ⋅⋅= 331 ; stWT ⋅⋅= 2

31

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10.4.4 Gemischt offen-geschlossene Profile Berechnung von Profilen, die aus Hohlquerschnitte und Blechen bestehen, ohne daß sich mehrere Zellen berühren. Die Formtreue des Querschnitts wird vorausgesetzt.

(siehe Schineis S. 9) Das Torsionsträgheitsmoment ergibt sich also Summe der Einzelwerte der i=1,n Teilquerschnitte:

∑=

=n

iTiT II

1 (21)

Der Anteil Torsionsmoment, der von jedem einzelnen Teilquerschnitt i übernommen wird, ergibt sich zu:

T

Tixxi I

IMM ⋅= (22)

10.5 Querschnittswerte der Wölbkrafttorsion

10.5.1 Wölbkrafttorsion Den Kapiteln 1.2 bis 1.4 liegt die Annahme zu Grunde, daß entweder ein wölbfreier oder quasi-wölbfreier Querschnitt vorliegt oder aber die Verwölbung nicht behindert wird. Ist nicht mindestens eine der beiden genannten Voraussetzungen gegeben, tritt Wölbkrafttorsion auf, wie in den folgenden Beispielen

Beispiel: nicht wölbfreier Querschnitt und ....

• Bild a: constM x ≠ infolge einer Torsionslast MT. Verwölbungsbehinderung liegt bei nicht wölbfreien Querschnitten stets vor, wenn das Torsionsmoment Mx nicht konstant ist.

• Bild b: constM x ≠ infolge einer verteilten Torsionslast mT • Bild c: Verwölbungsbehinderung liegt bei nicht wölbfreien Querschnitten

stets vor, wenn an den Trägerenden – z.B. durch eine Kopfplatte – die Ausdehnung in Stablängsrichtung behindert ist.

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Wölbfreie, quasi-wölbfreie und nicht wölbfreie Querschnitte (Quelle: Schineis, Torsion, FH München 1971)

Da es bei wölbfreien Querschnitten keine Verwölbung gibt, kann die (nicht vorhandene) Verwölbung auch nicht behindert sein; in diesem Fall tritt nur primäre, St. Venantsche Torsion auf. Es werden wölbfreie quasi-wölbfreie und nicht wölbfreie Querschnitte unterschieden (siehe Bild oben)

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In diesem Abschnitt geht es darum, die für die Wölbkrafttorsion notwendigen Querschnittswerte zu berechnen.

Was bedeutet Wölbkrafttorsion?

• Verwölbung bedeutet Verformung u in Stablängsrichtung x und damit Normalspannungen σx, die zur Unterscheidung von Biegespannungen und Normalspannungen aus Längskräften mit σw bezeichnet werden (w steht für Wölbkraft) (Bild unten, a).

• Die Wölbnormalspannungen σw sind den Verwölbungen u im Querschnitt proportional.

• σw ändert sich über die Stablänge. Beispiel siehe erstes Bild im Unterkapitel, oben rechts: Die Verwölbung ist an der Kopfplatte 0, die Zwängungsspannungen aus verhinderter Verwölbung maximal; Am rechten, freien Trägerende ist die Verwölbung maximal, aber die Wölbnormalspannungen sind 0, da sich die Verwölbung an dieser Stelle unbehindert einstellen kann. Bild unten b zeigt, daß sich wegen der veränderlichen Spannung σw aus Gleichgewichtsgründen auch Wölbschubspannungen (sekundäre Schubspannungen) einstellen müssen.

• Diese im Querschnitt wirkenden sekundären Schubspannungen ergeben das

sog. sekundäre Torsionsmoment Mxs (Bild oben c), das ein Anteil des gesamten Torsionsmoment Mx ist. Es gilt:

xsxpx MMM += (1)

mit: + Mxp = primäres Torsionsmoment, aus dem sich nach den Abschnitten 1.2

bis 1.4 die primären St. Venantschen Torsionsschubspannungen berechnen lassen (Bild unten a).

+ Mxs = sekundäres Torsionsmoment, aus dem sich nach Abschnitt 1.7 die sekundären Torsionsschubspannungen berechnen lassen (Bild unten b).

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• Das Bild zeigt den Verlauf der primären und sekundären Torsionschubspannungen im Querschnitt. Während τp an der einen Blechseite hin- und an der anderen Blechseite zurückfließt, ist τs über die Blechdicke konstant. In sehr vielen Fällen, wenn die sekundären und die primären Torsionsmomente eine gleiche Größenordnung haben, können die sekundären Torsionsschubspannungen vernachlässigt werden, da wegen des viel größeren Hebelarms h viel kleinere Schubspannungen τs nötig sind, um das sekundäre Torsionsmoment Mxs zu erzeugen als ein gleich großes primäre Torsionsmoment (ähnlich dem Vergleich von Torsionsschubspannungen von offenen und geschlossenen Profilen).

• Wölbkrafttorsion ist ein äußerst komplexes Problem, dessen ausführliche Behandlung den Rahmen dieser Vorlesung sprengen würde. Im folgenden wird nur das Basiswissen wiedergegeben

10.5.2 Querschnittswerte der Wölbkrafttorsion bei offenen dünnwandigen Querschnitten

10.5.2.1 Einheitsverwölbung, Hauptverwölbung • Als Querschnittsverwölbung u wird die Verwölbung der Profilmittellinie

angesehen. u wird als über die Blechdicke konstant angenommen. • Aus der primären Torsion ergibt sich für die Profilmittellinie τp=0. Die

sekundären Schubspannungen sind aus o.g. Grund so klein, daß sie vernachlässigt werden können. Damit gilt für die Profilmittellinie:

0≈+= sp τττ daraus folgt dann nach dem Hookeschen Gesetz, daß die zugehörige Gleitung γ ebenfalls mit 0 angenommen werden kann. Damit ist die Verwölbung u dann ausschließlich von der Verdrehung des Stabes abhängig. Als Verwölbungszuwachs im Bereich ds erhält man:

dsrdu D ⋅⋅′=− ϑ (2) mit: rD = Lot von der Profilmittellinie auf den Drehpunkt.

• Einheitsverwölbung w: Verwölbungszustand bei Verdrillung 1=′ϑ ;

w ist ein reiner Querschnittswert, Einheit: [cm2]; w ist abhängig von der Querschnittsform und der Drehachse. Mit (2) gilt dann : dw = - rD * ds

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• Bezogen auf einen beliebigen Drehpunkt D erhält man für die Stelle s die Einheitsverwölbung:

∫=

+=+⋅−=s

sDDDDD wswwdsrsw

00

*0 )()( mit ∫

==⋅−

s

sDD swdsr

0

* )( (3)

(aufgetragen ist –wD)

• Die Grundverwölbung )(* swD entspricht dem doppelten Inhalt der vom Fahrstrahl auf dem Integrationsweg 0 bis s überstrichenen Fläche Am. Am ist abhängig vom Anfangspunkt der Integration und vom Drehpunkt. Bei der Drehung des Fahrstrahls im Gegenuhrzeigersinn entstehen negative Werte )(* swD , bei Drehung im Uhrzeigersinn positive Werte.

• wD0 ist als Integrationskonstante die zur Drehachse D gehörige Einheitsverwölbung am Startpunkt der Integration. Sie soll jetzt bestimmt werden:

• Die Wölbnormalspannung σw ist im Querschnitt proportional zu wD(s). Da es keine Längskräfte gibt, muß gelten: ∫ = 0dAwσ . Damit gilt dann auch: ∫ =⋅

AD dAsw 0)(

Mit (3) ergibt sich nun:

AwdAswdAwsw DA

DA

DD ⋅+⋅==⋅+ ∫∫ 0*

0* )(0))((

Damit ergibt sich die Bestimmungsgleichung für wD0:

∫∫ ⋅⋅−=⋅−=A

DA

DD dstswA

dAswA

w )(1)(1 **0 (4)

• Symmetrische Querschnitte: Drehpunkt und Integrationsanfangspunkt auf die SA legen, dann wird der )(* swD -Verlauf antimetrisch und es gilt: wD0 =0

• Im Normalfall ist der Schubmittelpunkt M der Drehpunkt. (Ausnahme: es wird ein anderer Drehpunkt konstruktiv erzwungen). Die Einheitsverwölbung mit M als Drehpunkt wird als Hauptverwölbung wM bezeichnet. Es gilt analog zu (3): 0

* )()( MMM wswsw +=

Analog zu (4) gilt: ∫ ⋅−=A

MM dAswA

w )(1 *0

• Beispiele für die Berechnung der Hauptverwölbung bei vorgegebenem Schubmittelpunkt M, wenn der Integrationsanfangspunkt auf die

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Symmetrieachse gelegt wird: mit wM0=0 entspricht die Hauptverwölbung der doppelten vom Fahrstrahl überstrichenen Fläche Am

(Achtung: wM mit falschem Vorzeichen aufgetragen)

• Umrechnung der Einheitsverwölbung in die Hauptverwölbung: yzzzyyswsw DMDMDM ⋅−−⋅−+= )()()()( (4b)

10.5.2.2 Wölbfläche, Wölbwiderstand Zur Bestimmung der Verwölbungsspannungen müssen Wölbfläche Aw und Wölbwiderstand Iw bekannt sein. Der Wölbwiderstand wird zuweilen auch als CM bezeichnet.

• Wölbfläche: ∫ ⋅=A

Mw dAswsA )()( [cm4] (Funktion über s) (5)

• Wölbwiderstand: ∫ ⋅=A

Mw dAswI )(2 [cm6] (Querschnittswert) (6)

Beispiel: Für den geg. I-Querschnitt ist der Aw-Verlauf und Iw gesucht.

(Achtung: wM mit falschem Vorzeichen aufgetragen)

4/bhwM ⋅±=

Aw1=0; 42 cm 36454,2

430

2135270

=⋅⋅+

=wA ; usw.

Iw kann mit (6) berechnet werden:

Mit yhwM ⋅⋅=21 und dA=t ds wird

248863242

323322/

2/

322

2/

2/

2 bthbbthythdstyhIb

b

b

bw

⋅⋅=

+

⋅=⋅

⋅=⋅⋅⋅⋅=

−−∫

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mit 12

2 3btI z⋅⋅

≈ wird daraus:

4

2hII zw ⋅=

10.5.2.3 Schubmittelpunktsberechnung mit der Wölbmethode

Die Schubkräfte haben gegenüber dem Querschnitt des Querschnitts ein Moment. Wenn die Querkraft im Schwerpunkt angreift, ist sie deshalb nicht äquivalent zu den Schubkräften. Der Schubmittelpunkt M ist derjenige Punkt, an dem die Querkraft angreifen muß, damit das durch die Schubkräfte verursachte Torsionsmoment Mx gleich dem Torsionsmoment Mx aus der Querkraft ist.

Verformung des U-Querschnitts, wenn Q im SPkt angreift :

Die natürliche Drehachse eines Querschnitts liegt im Schubmittelpunkt M. Die Lage dieses Punktes muß bekannt sein, damit die oben beschriebenen Berechnungen ausgeführt werden können. Grundsätzlich liegt M auf einer Symmetrieachse. D.h.: bei doppeltsymmetrischen Profilen liegt M im Schwerpunkt. In allen anderen Fällen sind Berechnungen notwendig.

M kann auf zweierlei Art bestimmt werden: • Mit der Querkraftmethode; siehe Vorlesung TM/Baustatik 2. Semester • Mit der Wölbmethode. Letztere hat u.a. bei unsymmetrischen Profilen den

Vorteil, daß eine Umrechnung auf die Hauptachsen unterbleiben kann.

Da keine Biegemomente wirken, muß aus Gleichgewichtsgründen gelten:

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∫ =⋅⋅ 0dAzwσ und ∫ =⋅⋅ 0dAywσ (y,z: Hauptachsen des Querschnitts) Wegen der Proportionalität von σw und wD(s) gilt deswegen auch: ∫ =⋅⋅A

D dAzsw 0)( und ∫ =⋅⋅A

D dAysw 0)(

Mit der Umformungsgleichung (4b) erhält man durch Multiplikation mit z und Integration über A:

∫ ∫ ∫∫ =⋅⋅−−⋅−+⋅⋅=⋅⋅A

DMDMDM dAyzzzdAzyydAzwdAzw 0)()( 2 (7)

Nach Multiplikation mit y und Integration ergibt sich:

∫ ∫ ∫∫ =⋅⋅−+⋅−−⋅⋅=⋅⋅A

DMDMDM dAyzyydAyzzdAywdAyw 0)()( 2 (8)

Nach Ersatz der entsprechenden Integrale durch Iy, Iz und Iyz=0 (y,z: Hauptachsen!) Und nach Definition:

∫ ⋅⋅= dAzwR DyD, und ∫ ⋅⋅= dAywR DzD, (9)

wird aus (7): 00)()(, =⋅−−⋅−+ DMyDMyD zzIyyR

Dy

yDM y

IR

y +−=⇒ , (10)

aus (8) wird:

00)()(, =⋅−+⋅−− DMzDMzD yyIzzR

Dz

zDM z

IR

z +=⇒ , (11)

Gültigkeitsvoraussetzungen für (10) und (11): • y, z sind Hauptachsen • D ist eine beliebige Drehachse.

Wenn y,z ein beliebiges Schwerachsensystem ist, aber nicht das Hauptachsensystem, lauten (10) und (11) (ohne Herleitung)

Dyzzy

yzzDzyDM y

III

IRIRy +

−⋅

⋅−⋅−= 2

,, und Dyzzy

yzyDyzDM z

III

IRIRz +

−⋅

⋅−⋅= 2

,, (12), (13)

10.5.2.4 Vorgehensweise bei der Berechnung von Querschnitten mit der Wölbmethode Geg.: beliebiger dünnwandiger, offener Querschnitt, Schwerpunktlage, Iy, Iz, Iyz

a) Berechnung des Schubmittelpunkts 1. Der Querschnitt wird durch seine Mittellinien ersetzt. Es wird ein

Anfangsdrehpunkt D gewählt, zweckmäßigerweise – falls vorhanden – im

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Schnittpunkt mit einer Symmetrieachse (SA). Ist keine SA vorhanden, bietet sich ein Schnittpunkt mehrerer Bleche an.

2. Die Mittellinien werden als Rinnen aufgefaßt. In D sei eine Quelle, in den freien Enden seine Abflüsse. Die Strömungsrichtung gibt die Richtung der wachsenden Wegkoordinate s an.

3. Bestimmung von rD : Länge des Lots der Koordinatenrichtung s auf den Drehpunkt. (nur Betrag)

4. Grundverwölbung wD*(s) bezogen auf den gewählten Drehpunkt D berechnen

(=doppelter Inhalt der vom Fahrstrahl überstrichenen Fläche Am, positiv im Uhrzeigersinn).

∫=

⋅−=s

sDD dsrsw

0

* )(

5. RD,y-Wert bestimmen aus der Grundverwölbung *Dw

∫∫ ⋅⋅⋅=⋅⋅= dstzwdAzwR DDyD**

, Integration kann mit Hilfe der Koppeltafeln vorgenommen werden. z ist die Schwerpunktskoordinate

6. RD,z-Wert bestimmen aus der Grundverwölbung *Dw

∫∫ ⋅⋅⋅=⋅⋅= dstywdAywR DDzD**

, Integration kann mit Hilfe der Koppeltafeln vorgenommen werden. y ist die Schwerpunktskoordinate.

7. Schubmittelpunktslage bezogen auf den Schwerpunkt:

Dyzzy

yzzDzyDM y

III

IRIRy +

−⋅

⋅−⋅−= 2

,, und Dyzzy

yzyDyzDM z

III

IRIRz +

−⋅

⋅−⋅= 2

,,

yD, zD: Koordinaten des gewählten Drehpunkts im Schwerpunktskoodinatensystem yM, zM: Koordinaten des SMP im Schwerpunktskoodinatensystem

b) Berechnung der Hauptverwölbung 1. bis 4. wie unter a) 5. Integrationskonstante wD0 berechnen (Koppeltafeln verwenden)

∫ ⋅⋅−=A

DD dstswA

w )(1 *0 wD

*(s) aus Schritt 4

6. Einheitsverwölbung, bezogen auf den gewählten Drehpunkt D, berechnen

0* )()( DDD wswsw +=

7. Hauptverwölbung, bezogen auf den SMP, berechnen und auftragen. yzzzyyswsw DMDMDM ⋅−−⋅−+= )()()()(

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c) Berechnung des Wölbwiderstands Iw 1. bis 7. wie unter b) 8. Iw : Integral mit Hilfe der Koppeltafeln berechnen

∫ ⋅⋅=A

Mw dstswI )(2

10.5.2.5 Beispiele a) Zeta-Pfette b) Kammquerschnitt

geg.: Iy = 20930 cm4 Iz = 147024 cm4 Iyz = -3977 cm4 A = 215 cm2

10.5.3 Querschnittswerte der Wölbkrafttorsion bei einzelligen Hohlprofilen 10.5.3.1 Rechnerischer Weg Wir haben es mit einem statisch unbestimmten Problem zu tun. Aufgabe: Berechnung der Einheitsverwölbung für einen beliebigen Drehpunkt D

Zustand I: Punkt a festgehalten, Grundverwölbung • a) Man stelle sich den einzelligen

Hohlquerschnitt an der Stelle a aufgeschnitten als offenen Querschnitt vor und belaste ihn durch ein Torsionsmoment. Als Drehpunkt D kann z.B. der Kastenmittelpunkt verwendet werden.

∫=

⋅−=s

sDD dsrsw

0)(

Es tritt eine Klaffung der Schnittkante auf, d.h. EndeDAnfangD ww ,, ≠

• b) Diese Klaffung kann in Wirklichkeit nicht auftreten, da der Querschnitt ja geschlossen ist. Es muß gefordert werden:

0,, == EndeDAnfangD ww

Also muß ein gleichmäßig umlaufender Schubfluß so wirken, daß die Klaffung wieder zu 0 wird.

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Die Verschiebung in Stablängsrichtung sei u. Es gilt:

ϑτγ ′⋅=⋅⋅

=⋅=⋅= dwdstG

TdsG

dsdu

Der erste Teil der Formel enthält die Definition der Gleitung γ, der letzte Teil ergibt sich daraus, daß die Verwölbung die Verformung in Stablängsrichtung für die Verdrillung ϑ´=1 ist.

ϑ′⋅=⋅⋅=⋅⋅

= ∫∫ wdstG

TdstG

Tuss

00

1 => ∫ ⋅⋅′⋅

=s

dstG

Tw0

• Beide Verwölbungen werden überlagert:

∫∫ ⋅′⋅

+⋅−=ss

DD tds

GTdsrsw

00)(

ϑ (1)

Es muß jetzt für den Endpunkt gelten: w=0

∫∫ =′⋅

+⋅−= 0, tds

GTdsrw DEndeD ϑ

mit mD Adsr 2=⋅∫

daraus ergibt sich der notwendige Schubfluß, um die Schnittufer zusammenzuhalten:

ϑ′⋅⋅=∫

G

tdsAT m2 (2)

(2) wird jetzt in (1) zurück eingesetzt:

∫∫

∫ ⋅+⋅−=s

ms

DID tds

tdsAdsrsw

00,

2)( (3)

Man beachte in (3) den Unterschied des Umlaufintegrals (=Konstante) zum Integral (=Variable, die für jeden Querschnittspunkt einen eigenen Wert annimmt). Die „I“ im Index bedeutet: Zustand I.

Zustand II: Punkt a loslassen (Integrationskonstante, Einheitsverwölbung) • Problem: die Annahme, daß Punkt a keine Verformung in Stablängsrichtung

macht, ist nicht korrekt: Deshalb muß jetzt die Festhaltung in Punkt a gelöst werden. Die Stablänge darf sich wegen N=0 nicht ändern, die einzelnen Querschnittspunkte können sich jedoch in Stablängsrichtung verschieben. Es muß daher verlangt werden:

0=⋅⋅∫ dstwII

• Die Verwölbung aus Zustand I ist daher mit einem konstanten Wert wa zu überlagern, so daß die obige Gleichung erfüllt ist.(Minning,S.52ff; Schineis, Kap. 10.3) Die Einheitsverwölbung, bezogen auf den Kastenmittelpunkt D, ist:

as

ms

DIID wt

ds

tdsAdsrsw +⋅+⋅−= ∫

∫∫

00,

2)( mit ∫ ⋅⋅⋅−= dstwA

w IDa ,1 (4)

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Schubmittelpunkt (yM , zM) kann mit den Formeln aus Kapitel 1.5.2.4 a) 5.-7. und der oben bestimmten Grundverwölbung wD,II wie bei den offenen Profilen über RD,y und RD,z berechnet werden.

Hauptverwölbung wM nach 1.5.2.4 b) 7. berechnen

Wölbwiderstand Iw kann wie in 1.5.2.4 c) beschrieben berechnet werden.

Beispiel: Kastenprofil

Geg: einfachsymmetrisches Kastenprofil Iy = 892800 cm4

Gesucht: Schubmittelpunkt (yM , zM) Wölbwiderstand Iw

10.5.3.2 Abschätzung mit grafischer Methode Bei Kastenprofilen kann die Lage des Schubmittelpunktes M grafisch leicht eingegrenzt werden. Die Wandstärken werden dabei als Kräfte aufgefaßt, deren Resultierenden M eingrenzen. In dem dargestellten Beispiel muß M

• im schraffierten Bereich liegen • und zusätzlich auf der hier

vorhandenen eingezeichneten Symmetrieachse.

• Und zusätzlich weiter außen zum dickeren Steg hin als der Schwerpunkt

Das Verfahren ist nützlich für Vorberechnung und Kontrolle. Wenn sich übrigens alle 4 Resultierenden in einem Punkt schneiden, liegt ein wölbfreies Profil vor.

10.5.4 Mehrzellige Hohlprofile Mehrzellige Kästen sind so oft aufzuschneiden, bis ein offener Querschnitt ohne geschlossene Teile entsteht. Für jeden Kasten ist ein umlaufender Schubfluß zu ermitteln, der die Klaffung der Schnittkanten wieder zu 0 macht. Es entsteht ein Gleichungssystem, dessen Lösung die statisch unbestimmten Schubflüsse liefert.

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1.5.5 Tabellierte Torsionskennwerte von Walzprofilen

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10.6 Schnittgrößen: primäres und sekundäres Torsionsmoment und Wölbbimoment

10.6.1 Auflagerungen • Gabellager (siehe Bild) : Torsionsmomente Mx

werden aufgenommen, die Verwölbung des Querschnitts ist nicht behindert

• Torsionseinspannung: wie Gabellagerung, zusätzlich ist auch die Verwölbung vollständig behindert. Eine dicke Kopfplatte am Trägerende kann als Torsionseinspannung gewertet werden. Tatsächlich ist eine vollständige Einspannung kaum zu 100% realisierbar, meistens gibt es noch Verformungen in Trägerlängsrichtung. In solchen Fällen müßte zutreffender von einer Wölbfeder gesprochen werden. Der Grad der Wölbbehinderung ist oft nur schwer abschätzbar.

10.6.2 Statisch bestimmte Systeme Während wir uns in den Abschnitten bis 1.6 mit der Querschnittsberechnung beschäftigt haben, werden nun die Schnittgrößen aus Wölbkrafttorsion berechnet. Das Torsionsmoment setzt sich aus primärer und sekundärer Torsion zusammen.

xsxpx MMM += (14)

Für das primäre Torsionsmoment gilt (Kap. 1.6, (1)): )(xIGM Txp ϑ′⋅⋅= (15)

Für das sekundäre Torsionsmoment gilt (ohne Herleitung): )(xIEM wxs ϑ ′′′⋅⋅−= (16)

eingesetzt ergibt sich: )()( xIExIGM wTx ϑϑ ′′′⋅⋅−′⋅⋅= (17)

Nach Einführung des Abklingfaktors

w

TIEIG

⋅⋅

=λ (18)

folgt daraus die gewöhnliche, inhomogene Differentialgleichung 3. Ordnung:

)()(2 xxIE

M

w

x ϑϑλ ′′′+′⋅−=⋅

− (19)

Der Lösungsansatz dafür lautet:

w

x

IExMAxAxAx

⋅⋅

⋅++⋅⋅+⋅⋅= 2321 )cosh()sinh()(

λλλϑ (20)

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Die Konstanten A1 bis A3 lassen sich durch Rand- und Übergangsbedingungen ermitteln. Die Ableitungen von ϑ(x) lassen sich dann in (15) und (16) einsetzen, um Mxp und Mxs anzugeben. sinh = sinus hyperbolikus ; cosh = cosinus hyperbolikus

Wölbbimoment Analog zur Biegung wird das Wölbbimoment Mw aus den Wölbnormalspannungen definiert:

∫ ⋅⋅−=A

Mww dAwM σ in [kNcm2] (21)

Wegen des Zusammenhangs zwischen den Wölbnormalspannungen σw und den sekundären Torsionsschubspannungen τs besteht zwischen dem Wölbbimoment und dem sekundären Torsionsmoment die Beziehung:

xsw M

dxdM

= (22)

Das Wölbbimoment Mw ist nur schwer anschaulich nachvollziehbar. Es läßt sich bei einem I-Profil als ein inneres Doppelkräftepaar ansehen, das die Flansche entgegengesetzt in ihrer Ebene beansprucht (siehe Abbildung). (22) mit (16) gleichsetzen liefert:

)(xIEM ww ϑ ′′⋅−=

Für einige Trägersysteme und Lastfälle sind die Lösungen in der nachstehenden Tabelle angegeben.

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In der Literatur (z.B. Bornscheuer [1]; Cywinski [4]) sind weitere Fälle behandelt. Bei Anwendung der Cywinski-Tafeln und der Bornscheuer-Tafeln (siehe Anhang) sind die unterschiedlichen Bezeichnungsweisen zu beachten. Wesentliche Unterschiede sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Die Cywinski Tafeln enthalten keine Formeln für die Verteilung des primären und des sekundären Torsionsmoments. Primäre und sekundäre Torsionsmomente können dagegen den Bornscheuer-Tafeln entnommen werden.

Tab.: Bezeichnungen der Cywinski-Tafeln

Bezeichnung ....in diesem Script ...bei Bornscheuer Wölbwiderstand Iw CM Primäres Torsionsmoment Mpx D1 Sekundäres Torsionsmoment Msx D2 Wölbbimoment Mw Mϕ Sinus hyperbolikus sinh sinh, manchmal: sin Cosinus hyperbolikus cosh cosh, manchmal: cos Stablängskoordinate x z

Tab.: Bezeichnungen der Bornscheuer-Tafeln

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Bornscheuer-Tafeln (Ausschnitt, Fall 8, 9 und 16b) [1]

Cywinski-Tafeln (Ausschnitt, Fall 5) [4]

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10.6.3 Durchlaufträger als statisch unbestimmte Systeme Ein Zweifeldträger soll in beiden Feldern eine Torsionsbelastung erhalten. Der Unterschied zu 2 Einfeldträgern besteht darin, daß bei Einfeldträgern kein Wölbbimoment Mw bei b auftreten kann, während es beim Zweifeldträger die Durchlaufwirkung erzwingt. Die Lösung des statisch unbestimmten Problems erfolgt mit dem Kraftgrößenverfahren.

Statisch bestimmtes Grundsystem: Trennt man den Träger bei b auf, wird das Wölbbimoment Mwb=0. Dafür können unbehinderte Verwölbungen auftreten. Das Wölbbimoment am Zwischenauflager sei die statisch unbestimmte X1. Lastspannungszustand 0: Verformungen u in Stablängsrichtung infolge Verwölbung an der Schnittstelle b:

Links: 0,,0,, libMlib wu ϑ′⋅=

Rechts: 0,,0,, rebMreb wu ϑ′⋅=

Einheitsspannungszustand 1: Bei b wird an beiden Schnittufern ein Wölbbimoment Mwb=X1=1 angebracht.

( Das Wölbbimoment ist im Bild der Einfachheit halber wie ein Biegemoment eingezeichnet, obwohl es kein Biegemoment ist, was schon an der Einheit [kNm2] ablesbar ist) Es treten nun Verwölbungen u bei b auf, die tatsächlich so nicht vorhanden sind.

Verträglichkeitsbedingung: Die Verwölbungen links und rechts vom Punkt b müssen identisch sein. Aus dieser Randbedingung wird die statisch unbestimmte X1, die dem Wölbbimoment am Zwischenauflager entspricht, bestimmt.

10.7 Spannungen infolge Wölbkrafttorsion Die Wölbtorsion spielt nur bei offenen Profilen eine Rolle. Bei geschlossenen Profilen ist sie ohne Bedeutung.

a) primäre Torsionsschubspannungen (siehe (19) in Kap. 1.5.2)

T

ixpp I

tM ⋅=τ

b) sekundäre Torsionsschubspannungen

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iw

wxss tI

sAM⋅

⋅=

)(τ

Die sekundären Torsionsschubspannungen ergeben sich – ähnlich wie die Querkraftschubspannungen – aus der Veränderung der Normalspannungen über die Trägerlängsachse. Die Formel ist daher auch ähnlich aufgebaut; die am besten betragsmäßig einzusetzende Wölbfläche Aw steht analog zum statischen Moment S und der Wölbwiderstand Iw ist analog zum Flächenträgheitsmoment I. Die Werte τs sind üblicherweise sehr klein. c) Wölbnormalspannungen lassen sich mit Wölbbimoment und Hauptverwölbung

bestimmen zu:

w

Mww I

wM ⋅−=σ

Beispiel Gesucht sind sämtliche Spannungen an der Einspannstelle a mit Verläufen.

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Beispiel: Schnittgrößen und Spannungen eines Zweifeldträgers geg.: C-Profil als Wandriegel mit exzentrischer Last ges.: Querschnittswerte, Schnittgrößen, Spannungen

Schnittgrößenverläufe:

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10.8 Vorgehensweise bei der Lösung von Torsionsaufgaben gegeben: Tragwerk mit Torsionsbelastung gesucht: Torsionsschnittgrößen und Spannungsberechnung

a) Ist der Querschnitt wölbfrei, quasi-wölbfrei oder werden die Verwölbungen nicht behindert (Mx=const) ? Wenn ja, ist Mw=0 und alle Effekte aus Wölbkrafttorsion können vernachlässigt werden. Mx=Mxp; Um die Lage des Schubmittelpunkts zu bestimmen, kann es dennoch erforderlich sein, die Grundverwölbung zu berechnen. Wenn nein, muß Wölbkrafttorsion berücksichtigt werden

b) Berechnung der Querschnittswerte • yM; zM; IT für St.Venantsche Torsion; Iw , wM und ggf. Aw für Wölbtorsion • Querschnitte, die in Querschnittstabellen enthalten sind : Querschnittswerte

aus Tabellen entnehmen • einzellige geschlossene Querschnitte: siehe Abschnitt 1.3.1 (St. Venant) und

1.5.3 (Wölbkraft) • mehrzellige geschlossene Querschnitte: siehe Abschnitt 1.3.2 (St. Venant);

Wölbkrafttorsion hier nicht behandelt, siehe Literatur • offene, dünnwandige Querschnitte; siehe Abschnitt 1.4 (St. Venant) und 1.5.2

(Wölbkraft) • gemischt offen-geschlossene Profile: IT für St.Venantsche Torsion nach

Abschnitt 1.4.4; Querschnittswerte der Wölbkrafttorsion: siehe Literatur, hier nicht behandelt.

• Querschnitte, die in keine der genannten Kategorien passen (z.B Kranschienen): FEM-Berechnung, z.B. mit Sofistik oder DUENQ erforderlich

c) Schnittgrößenberechnung + Mxp für St. Venantsche Torsion; Mxs und Mw für Wölbtorsion + mit Bornscheuer-Tafeln oder Cywinski-Tafeln

d) Verformungsberechnung ϑϑ ′ bzw. + mit Bornscheuer-Tafeln oder Cywinski-Tafeln

Die Berechnungen zu b) können auch mit dem Programm DUENQ (Dlubal GmbH) durchgeführt werden. c) und d) lassen sich sehr gut mit den Programmen BTII (Friedrich und Lochner) oder DLT II (Frauendorfer Software) ausführen.

Vorzeichen und Bezeichnungen • Vorzeichen und Bezeichnungen wurden – wenn nicht ausdrücklich anders

gesagt – in Anlehnung an Friemann [5] gewählt. In anderer Fachliteratur können andere Vorzeichenregeln getroffen sein, z.B. ist in Schweda [2] die Einheitsverwölbung mit umgekehrtem Vorzeichen gewählt.

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Literatur [1] Bornscheuer, F.W.; Systematische Darstellung des Biege- und Verdrehvorganges unter

besonderer Berücksichtigung der Wölbkrafttorsion. Der Stahlbau 21 (1952), H1, Seite 1-9 [2] Schweda, Krings; Baustatik – Festigkeitslehre, Werner Verlag Düsseldorf 2000 [3] Roik, Carl, Lindner, Biegetorsionsprobleme gerader, dünnwandiger Stäbe. Berlin;

München, Düsseldorf, Verlag Wilhelm Ernst & Sohn 1972 [4] Cywinski, Drillträger-Formeln für die wichtigsten Belastungsfälle; Der Stahlbau Heft 8 /

1983, S.245ff [5] Friemann, Schub und Torsion in geraden Stäben; 2. Auflage Werner Verlag Düsseldorf

1993

Software [11] DUENQ, Version 5.11, Ing-Software Dlubal GmbH (verfügbar im EDV-Labor) [12] BTII, Friedrich und Lochner GmbH, Version 2/2002 (verfügbar im EDV-Labor) [13] DLT II, Frauendorfer Software, Ausgabe 2002 (verfügbar im Dozentenordner

Seeßelberg)

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11. Einblick in das Tragverhalten und die Berechnung von Flächentragwerken

11.1 Allgemeines Flächentragwerke: dünnwandige, nach Flächen geformte Systeme. Merkmal: 2 Abmessungen groß gegenüber 3. Abmessung

Scheiben Platten Schalen (allgemeiner Fall) Membrane (Sonderfall)

Lasten Lasten nur in der Mittelebene

Lasten senkrecht zur Mittelfläche

beliebige Belastung

Form eben eben eben, einfach- oder zweifach gekrümmt

Beispiele Wandartige Träger aussteifende Wände Lasche mit Schraubenloch

„Fensterscheiben“ Stauwehr: Schütz Fahrbahn einer Brücke Geschoßdecke

Tonnendach Kühlturm Kuppeln Tanks, Silos

Schnitt-kräfte

„Dehnungskräfte“ + Normalkräfte/Länge nx, ny + Schubkräfte/Länge nxy => in der Ebene

„Biegungskräfte“ + Biegemomente/Länge mx ,my , mxy + Querkräfte/Länge qx, qy => senkr. zur Ebene

Schalen: nx, ny ,nxy ,mx ,my , mxy qx, qy Membrane: nur nx, ny , nxy

Theorie Scheibentheorie Plattentheorie Schalentheorie Membrantheorie (Verhältnis Schalen/ Membrane ähnlich wie Stabwerke/Fachwerke)

Schnittgrößen der Schale:

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11.2 Platten Isotrope Platte: Biegesteifigkeiten in alle Richtungen gleich. Beispiel: Stahlplatte orthotrope Platte: Biegesteifigkeit in 2 aufeinander senkrecht stehenden Richtungen unterschiedlich Beispiel: rippenversteifte Fahrbahnplatte einer Brücke

11.2.1 Isotrope Platten Lösung mit der Differentialgleichung:

Nyxp

yw

yxw

xw ),(2

4

4

22

4

4

4=

∂∂

+∂∂

∂+

∂∂

mit: w(x,y) : Durchbiegung der Platte p(x,y) : Flächenlast der Platte

)1(12 2

3

µ−⋅⋅

=tEN : Biegesteifigkeit

N ist analog zu EI beim Balken.

=> Vergleich mit einem Balken der Breite 1 und der Dicke t: 12/3tEEI ⋅= Unterschied: Faktor 1 /(1-µ2) Ursache: Behinderung der Querverformung bei der Platte. Berechnungsmöglichkeiten für isotrope Platten:

a) Lösung der Differentialgleichung: sehr aufwendig, nur bei Platten mit einfachen Lagerungsbedingungen, einfachen Formen und einfacher Belastung möglich => scheidet hier aus

b) Plattenstreifen als Balken berechnen; Voraussetzungen: o einachsig gespannte Platte oder min. l/b > 3 o konstante Belastung in Richtung l

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Bsp.: zweiseitig aufgelagerte Plattee unter Gleichflächenlast p

c) Berechnung mit Tabellenwerken

o möglich in Standardsituationen, z.B. + Rechteckplatte unter Einzellast + Kreisringplatte unter Gleichstreckenlast usw.

o Beispiele für Tabellenwerke: + Czerny, Tafeln für Rechteckplatten, siehe Betonkalender + Roark+Young - Tabellen + Schneider Bautabellen, Kap. Stahlbeton + DIN 19704 - Stahlwasserbau; Rechteckplatten unter Gleichstreckenlast, 4-seitig gelagert

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d) Berechnung mit Finite-Element-Programmen (gilt für Schalen allgemein) o beliebige Belastungen und Randbedingungen möglich o flexibelstes Berechnungsverfahren o aufwendige Einarbeitung in Programmsysteme o Software z.B. : Sofistik, Ansys, Antras, Abaqus, Nastran usw. o Tragwerke werden z.B. aus 4-knotigen Quad-Elementen

(Rechteckelementen) zusammengesetzt. Definition durch Knotenkoordinaten, Werkstoffkennwerte, Schalendicke.

o sehr viel Erfahrung notwendig!

11.2.2 Orthotrope Platten o Berechnung aufwendiger als bei isotropen Platten o nur wenige FEM Programme sind für die Berechnung geeignet (z.B. Abaqus,

Nastran) o genaue Berechnungsmethoden werden an dieser Stelle nicht näher behandelt

(siehe Vorlesung Stahlwasserbau) o vereinfachte Betrachtung einer rippenversteiften Platte als Trägerrost:

Aufteilung in eine Reihe von Balken, die Deckplatte wirkt als mittragende Breite. Berechnung: siehe Kap. 6.9

o Beispiel: Stauwand

11.3 Membran (als Sonderfall der allg. Schale) o Membrantheorie anwenden, wenn Krümmung und Belastung stetig sind (d.h.

keine Knicke in der Form, keine Einzellasten) o Eine Membran verhält sich zur Schale ähnlich wie ein Fachwerk zum

Biegebalken o Berechnung:

+ Tabellenwerke und fertige Lösungen + FE-Programme, die über Membran- oder Schalenelemente verfügen

Beispiel: zylindrischer Tank unter konstantem Innendruck