Prof. Dr. Dietmar Zacharias und Dipl.-Biol. Henning Harder Angewandte und Ökologische Botanik

Fakultät 5 Natur und Technik - Internationaler Studiengang Technische und Angewandte Biologie (ISTAB, B.Sc., M.Sc.)

Tagung „Wiederherstellung und Neuschaffung artenreicher Mähwiesen“ - 13. September 2011 – Universität Oldenburg

Umsiedlung einer Pfeifengraswiese (Molinietum caeruleae) als Kompensationsmaßnahme des Baus

der Autobahn A 39

Umsiedlung einer Bergwiese bei Braunlage im Harz im Juni 1993

Biological Conservation, Volume 92, Issue 1, January 2000, Pages 109-120

Evaluating the transplantation of a meadow in the Harz Mountains, Germany

Helge Bruelheide and Thomas Flintrop

Abstract

The transplantation of 0.4 ha of montane grassland in the Harz Mountains was accompanied by evaluating the achievement of declared objectives for 5 years. The project is unique in central Europe with respect to the transplantation technique employed, size of translocated area and intensity of monitoring. The meadow was transplanted to a nearby location using a bulldozer with a special excavating shovel.

The preservation of the flora of the whole transplanted area was successful. Disturbance indicator species appeared only to a negligible degree. Of 18 regionally threatened species present, the majority responded indifferently or positively to the transplantation; only two showed a distinct decline in population size, which was probably not caused by the transplantation alone.

The preservation of the species composition of the four vegetation types occurring in the study area after a period of 4 years was also successful with all types reverting toward their pre-transplantation state. In contrast, the maintainance of the spatial vegetation mosaic failed completely. Dissection of previously coherent vegetation types and levelling of the ground surface resulted in an artificial vegetation pattern with predominantly geometric patterns.

Projekt Umsiedlung Pfeifengraswiese: Trasse Neubau der A 39 wurde durch eine vorhandene Pfeifengraswiese, FFH-LRT 6410: Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion

caeruleae) geplant. Durch die Umsiedlung sollte die überregional wertvolle Wiesenfläche erhalten werden. Der Projektstart war 2005.

Fragestellungen

1.Wie sind aktueller Zustand und Wertigkeit der Wiese vor der Umsiedlung?2.Welche Empfehlungen werden aus Sicht des Naturschutzes für die Umsiedlung gegeben?3.Wie entwickelt sich der Zustand der umgesiedelten Fläche?4.Welche Empfehlungen für die Nachpflege der umgesiedelten Fläche ergeben sich aus den Ergebnissen der Begleituntersuchung?

Begleituntersuchungen (2005 vor der Maßnahme und seit 2007 nach der Maßnahme jährlich)

1.Erfassung der Gefäßpflanzenflora qualitativ2.Erfassung der Populationsgrößen der Rote-Liste-Pflanzenarten3.Erfassung der Vegetationsentwicklung exemplarisch auf Dauerflächen4.Spezielle bodenkundliche Untersuchungen

Projektdurchführung

1. Jährliche Begleituntersuchungen durch die Hochschule Bremen2.Jährliche Berichterstellung3. Jährliche Abstimmung der weiteren Managementmaßnahmen mit den beteiligten

Akteuren (Straßenbauverwaltung, Naturschutzverwaltung, Bewirtschafter)

Übersichtskarte Raum Braunschweig, eingekreist ist das Untersuchungsgebiet östlich des Ortes Schandelah

Betonica officinalis

Silaum silaus

Silaum silaus Selinum carvifolia

Serratula tinctoria

Galium boreale Inula salicina

Geplante Trasse

Vorhandene Pfeifengraswies

e

umzusiedelndeWiese

Baustelle Umsiedlung Pfeifengraswiese bei Schandelah 2006

Foto: NLStBV Wolfenbüttel

Entwicklung des Artenbestandes auf der umgesiedelten Wiese (Vergleich 2005 mit 2011)

Rote-Liste-Arten auf der umgesiedelten Wiese und deren Gesamt-Individuenzahl

Wissenschaftlicher Artname Deutscher NameGefährdungskategorie

(GARVE 2004)

Betonica officinalis Heil-Ziest 3

Carex vulpina Fuchs-Segge 3

Galium boreale Nordisches Labkraut 3

Saxifraga granulata Knöllchen-Steinbrech 3

Selinum carvifolia Kümmel-Silge 3

Serratula tinctoria Färber-Scharte 2

Silaum silaus Wiesen-Silau 2

Succisa pratensis Teufelsabbiss 3

Jahr der Zählung Individuenzahl

2005 7310

2007 1966

2008 2494

2009 1351

2010 2537

2011 2789

Entwicklung der Individuenzahlen der Rote-Liste-Arten der umgesiedelten Wiese (2005 vor der Umsiedlung, ab 2007 nach der Umsiedlung

Entwicklung der Individuenzahlen der Rote-Liste-Arten der umgesiedelten Wiese (2005 vor der Umsiedlung, ab 2007 nach der Umsiedlung

Entwicklung der Vegetation auf der umgesiedelten Wiese (gekürzte Vegetationstabelle Dauerfläche Nr. 7)

DBF 7

Größe 4 x 4 m

Untersuchungsjahr 2007 2008 2009 2010 2011Gesamtdeckung (%) 50 65 60 75 65

Sippenzahl 35 37 38 30 32

Wissenschaftlicher Name Deckung / AbundanzÖkologische Zeigerwerte

(L) (F) (R) (N)Selinum carvifolia 1 1 + 1 1 7 7 5 2Serratula tinctoria 1 1 1 1 1 6 x 7 3Silaum silaus 1 1 1 1 1 7 x 7 2Achillea ptarmica 2m 2m 1 1 + 8 8 4 2

Agrostis stolonifera 2b 1 2a 2m + 8 7 x 5

Agrostis canina 2b 2b 2b 2a 9 9 3 2

Alopecurus pratensis 2a 2m 2m 2m 2m 6 6 6 7

Anthoxanthum odoratum 2m 2m 2m 2m 1 x x 5 x

Centaurea jacea agg. 2a 2a 2a 2m 2a 7 x x x

Deschampsia cespitosa 2a 1 + + 2a 6 7 x 3

Festuca rubra 2a 2a 2a 2a 2m x 6 6 x

Holcus lanatus 2m 2m 2m 1 2m 7 6 x 4Lathyrus pratensis 1 1 2m 2m + 7 6 7 6

Mittlere Zeigerwerte

2007 6,8 5,8 5,8 5,22008 6,8 6,2 5,6 4,9

2009 6,9 6,1 5,4 4,82010 7,0 6,4 5,3 4,6

2011 7,0 6,2 5,4 4,7

Entwicklung der Flora als ökologische Zeigerarten für die Standortbedingungen (Faktor pH-Wert)

Entwicklung der Flora als ökologische Zeigerarten für die Standortbedingungen (Faktor Stickstoff)

Entwicklung der Flora als ökologische Zeigerarten für die Standortbedingungen (Faktor Feuchte)

Bildung von Senken mit Flutrasen in der umgesiedelten Pfeifengraswiese

Entwicklung der Individuenzahl der Rote-Liste-Arten auf der Wiese mit Heublumenansaat

August 2011: Auffüllen von Senken und Heublumenansaat

Fragestellungen und unsere Antworten

1.Wie sind aktueller Zustand und Wertigkeit der Wiese vor der Umsiedlung?

Aus Sicht des Naturschutzes überregional schutzwürdig (§ 30 BNatSchG und FFH-RL)

2. Welche Empfehlungen werden aus Sicht des Naturschutzes für die Umsiedlung gegeben?

Die Zielfläche muss mit landwirtschaftlichen Maschinen zu bewirtschaften sein; Oberbodenabtrag auf Zielfläche, möglichst große Soden mit 30 cm Oberboden umsetzen

3.Wie entwickelt sich der Zustand der umgesiedelten Fläche?

Die Umsiedlung ist in der Summe gelungen, Zielartenbestand und Vegetationstyp konnten erhalten werden

4.Welche Empfehlungen für die Nachpflege der umgesiedelten Fläche ergeben sich aus den Ergebnissen der Begleituntersuchung?

Für eine optimale Entwicklung ist eine jährliche Anpassung des Managements auf Basis der jährlichen Monitoringergebnisse sinnvollUnd wie geht es weiter? Fortsetzung des Monitorings der umgesiedelten Pfeifengraswiese und Start neuer Wiesen-Regenerationsprojekte

Dank an alle Kartiererinnen und Kartierer, an die UNB Wolfenbüttel, die NLStBV Wolfenbüttel und die Gemeinde Cremlingen

…und an das Publikum für`s Zuhören!