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Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik Das Institut für Umwelt- und Verfahrens- technik UMTEC besteht aus vier Fach- gruppen: Rohstoffe und Verfahrens- technik, Abfall und Ressourceneffizienz, Wasser und Abwassertechnik sowie Geruch. Rund 20 Wissenschaftler und Ingenieure aus den Bereichen Maschi- nen- und Verfahrenstechnik, Umwelt- wissenschaften und Chemie betreuen Forschungs- und Entwicklungsprojekte. In der Fachgruppe Wasser und Abwas- sertechnik entwickeln wir Lösungen für die Behandlung von verschmutztem Ab- wasser mit starkem Praxisbezug. Dafür untersuchen wir Prozesse, prüfen Ver- fahren und bilanzieren Stoffflüsse. Wir greifen auf eine langjährige Erfahrung aus unseren Projekten mit Industrie- unternehmungen und Umweltämtern zurück. Unsere sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Wasser sind Naturwissenschaftler und Ingenieure von der HSR Hochschule für Technik Rapperswil, der ETH Zürich oder an- deren Hochschulen. Sie werden durch Zivildienstleistende, Praktikanten und Studierende unterstützt. www.umtec.ch / www.hsr.ch Thema Mikroverunreinigungen Hintergrund «Mikroverunreinigungen» ist ein Sammelbegriff für organische Spurenstoffe oder auch Schwermetalle, die in sehr tiefen Konzentrationen (Milliardstel- bis Millionstel Gramm pro Liter) in den Gewässern vorkommen. Bereits in diesen tiefen Konzentrationen können Mikroverunreinigungen auf Wasserlebewesen nachteilig einwirken oder die Trinkwasser- ressource beeinträchtigen. In der Schweiz sind über 30‘000 solcher Stoffe in unzähligen Produkten im täglichen Gebrauch. Nach der Anwendung von Produkten wie Arzneimitteln, Körperpflegeprodukten, Röntgenkontrastmitteln, Reinigungsmitteln sowie Pflanzen- und Materialschutzmitteln (z.B. Holzschutzmittel oder Fassadenanstriche) gelangen sie in die Gewässer. Speziell langlebige Stoffe, die in grossen Mengen eingesetzt werden, können für Gewässer problematisch sein. Die Stoffe können gelöst oder an Schwebestoffen gebunden, in die Gewässer gelangen 1 . Die heutigen Abwasserreinigungsanlagen sind nicht auf die Entfernung von organischen Mikroverunreinigungen ausgelegt. Nach heutigem Kenntnisstand sind die Ozonung sowie die Behandlung mit Pulveraktivkohle aufgrund ihrer Breitbandwirkung und der Machbarkeit für die Entfernung von Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser geeignet 2 . Zur Elimination von Mikroverunreinigungen mit Pulveraktivkohle liegen in der Schweiz noch keine Langzeitversuche und erst wenige grosstechnische Erfahrungen vor. Im Rahmen ei- nes gemeinsamen anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsprojektes (aF&E) wird die Direktdosierung von Pulveraktivkohle in ein Biologiebecken zur Elimination von Mikroverunreinigungen auf der Kläranlage in Wetzikon in einem Grossversuch getestet. 1 Bundesamt für Umwelt BAFU. Was sind Mikroverunreinigungen. Thema Gewässerschutz. [Online] BAFU, 11. März 2011. [Zitat vom: 18. September 2012.] http://www.bafu.admin.ch/gewaesserschutz/03716/11215/index. html?lang=de. 2 Abegglen, Christian und Siegrist, Hansruedi. Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser. Bern : Bundesamt für Umwelt, 2012. UMTEC Projektpartner Stadt Wetzikon HOLINGER AG aQa.engineering Ensola AG Wetzikon UMTEC Hochschule Rapperswil Unterstützung durch BAFU AWEL Initiiert durch eco-net

UMTEC Thema Mikroverunreinigungen Institut für Umwelt- und

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Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik

Das Institut für Umwelt- und Verfahrens-technik UMTEC besteht aus vier Fach-gruppen: Rohstoffe und Verfahrens-technik, Abfall und Ressourceneffizienz, Wasser und Abwassertechnik sowie Geruch. Rund 20 Wissenschaftler und Ingenieure aus den Bereichen Maschi-nen- und Verfahrenstechnik, Umwelt-wissenschaften und Chemie betreuen Forschungs- und Entwicklungsprojekte. In der Fachgruppe Wasser und Abwas-sertechnik entwickeln wir Lösungen für die Behandlung von verschmutztem Ab-wasser mit starkem Praxisbezug. Dafür untersuchen wir Prozesse, prüfen Ver-fahren und bilanzieren Stoffflüsse. Wir greifen auf eine langjährige Erfahrung aus unseren Projekten mit Industrie-unternehmungen und Umweltämtern zurück.

Unsere sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Wasser sind Naturwissenschaftler und Ingenieure von der HSR Hochschule für Technik Rapperswil, der ETH Zürich oder an-deren Hochschulen. Sie werden durch Zivildienstleistende, Praktikanten und Studierende unterstützt.

www.umtec.ch / www.hsr.ch

Thema Mikroverunreinigungen

Hintergrund«Mikroverunreinigungen» ist ein Sammelbegriff für organische Spurenstoffe oder auch Schwermetalle, die in sehr tiefen Konzentrationen (Milliardstel- bis Millionstel Gramm pro Liter) in den Gewässern vorkommen. Bereits in diesen tiefen Konzentrationen können Mikroverunreinigungen auf Wasserlebewesen nachteilig einwirken oder die Trinkwasser-ressource beeinträchtigen. In der Schweiz sind über 30‘000 solcher Stoffe in unzähligen Produkten im täglichen Gebrauch. Nach der Anwendung von Produkten wie Arzneimitteln, Körperpflegeprodukten, Röntgenkontrastmitteln, Reinigungsmitteln sowie Pflanzen- und Materialschutzmitteln (z.B. Holzschutzmittel oder Fassadenanstriche) gelangen sie in die Gewässer. Speziell langlebige Stoffe, die in grossen Mengen eingesetzt werden, können für Gewässer problematisch sein. Die Stoffe können gelöst oder an Schwebestoffen gebunden, in die Gewässer gelangen1.

Die heutigen Abwasserreinigungsanlagen sind nicht auf die Entfernung von organischen Mikroverunreinigungen ausgelegt. Nach heutigem Kenntnisstand sind die Ozonung sowie die Behandlung mit Pulveraktivkohle aufgrund ihrer Breitbandwirkung und der Machbarkeit für die Entfernung von Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser geeignet 2. Zur Elimination von Mikroverunreinigungen mit Pulveraktivkohle liegen in der Schweiz noch keine Langzeitversuche und erst wenige grosstechnische Erfahrungen vor. Im Rahmen ei-nes gemeinsamen anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsprojektes (aF&E) wird die Direktdosierung von Pulveraktivkohle in ein Biologiebecken zur Elimination von Mikroverunreinigungen auf der Kläranlage in Wetzikon in einem Grossversuch getestet.

1 Bundesamt für Umwelt BAFU. Was sind Mikroverunreinigungen. Thema Gewässerschutz. [Online] BAFU, 11. März 2011. [Zitat vom: 18. September 2012.] http://www.bafu.admin.ch/gewaesserschutz/03716/11215/index.html?lang=de.2 Abegglen, Christian und Siegrist, Hansruedi. Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser. Bern : Bundesamt für Umwelt, 2012.

UMTEC

Projektpartner ■ Stadt Wetzikon ■ HOLINGER AG ■ aQa.engineering ■ Ensola AG Wetzikon ■ UMTEC Hochschule Rapperswil

Unterstützung durch ■ BAFU ■ AWEL

Initiiert durch ■ eco-net

PROjEKTBEISPIEL MIKROVERuNREINIGuNG

AktivkohleMit dem Einsatz von Pulveraktivkohle kann ein breites Spektrum an Mikroverunreinigungen sowie deren Effekte weitgehend aus dem kommunalen Abwasser entfernt werden. Für granulierte Aktivkohle liegen erst wenige Erfahrungen zur Entfernung von Mikroverunrei-nigungen vor. Während die granulierte Aktivkohle eine Korngrösse im Bereich von einigen Millimetern aufweist, ist die Pulveraktivkohle sehr fein gemahlen mit Korngrössen im Bereich von einigen Mikrometern1. Versuche zeigen, dass sowohl granulierte Aktivkohle als auch eine Pulveraktivkohlenstufe gut in den ARA-Betrieb integriert werden können. Während jedoch für granulierte Aktivkohle erst wenige Erfahrungen zur Entfernung von Mikroverunreinigun-gen vorliegen, haben verschiedene Versuche von Zwickenpflug et al2, Böhler et al3.und Margot et al4 gezeigt, dass mit Pulveraktivkohle ein breites Stoffspektrum weitgehend aus dem kommunalen Abwasser entfernt werden kann. Bei der Adsorption an Pulveraktivkohle werden die im Abwasser vorhandenen Spurenstoffe an die Aktivkohle gebunden und mit der Aktivkohle aus dem Abwasserstrom entfernt (Abb. 2). Der Nachteil dieses Verfahrens ist der hohe Platzbedarf.

ProjektideeDieser Nachteil kann umgangen werden, wenn die Aktivkohle statt in ein neues Becken in ein Biologiebecken der Kläranlage dosiert wird. Der nachgeschaltete Dynasandfilter stellt sicher, dass keine Pulveraktivkohle in den Vorfluter gelangt (Abb. 2). Diese Idee wird nun das erste Mal in einem grosstechnischen Versuch auf der ARA Flos in Wetzikon umgesetzt. Folgende Fragenstellungen sollen mit dem Versuch geklärt werden:

■ Welche Betriebsbedingungen sind nötig, um in einer ARA mit einer Direktdosierung von Pulveraktivkohle in die Belebtschlammbecken und einem nachgeschalteten Dynasand-filter die geforderte Elimination von Mikroverunreinigungen sicherzustellen?

■ Wie stark ist der positive Einfluss der Direktdosierung von Pulveraktivkohle in die Biolo-gie auf die Absetzeigenschaften des Belebtschlammes und wird dadurch die Erhöhung der Schlammproduktion in der Biologie kompensiert?

■ Welchen Einfluss hat die Behandlung der gesamten Dimensionierungswassermenge bei Regenereignissen auf die Elimination von Mikroverunreinigungen mit Aktivkohle?

■ Wie lässt sich der Rückhalt von Pulveraktivkohle im Filter im Betrieb messtechnisch überwachen?

Im Interesse der ÖffentlichkeitDie erwähnten Fragestellungen sind nicht nur für die ARA Flos in Wetzikon, sondern auch für andere Kläranlagenbetreiber und planende Ingenieure von Interesse. Die Implementie-rung einer Direktdosierung in ein bestehendes Belebtschlamm-Filtrations-System ist eine Ingenieuraufgabe, welche in der Schweiz für viele Anlagen auftreten wird. Die Randbedin-gungen und Grenzen dieses Systems zu kennen ist von Bedeutung für die umsetzung der Elimination organischer Mikroverunreinigungen (Abb. 3).

1 Abegglen, Christian und Siegrist, Hansruedi. Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser. Bern : Bundesamt für Umwelt, 2012.2 Zwickenpflug, Ben, Böhler, Marc und al., et. Einatz von Pulveraktivkohle zur Elimination von Mikroverunreini-gungen aus kommunalem Abwasser. Dübendorf : Bundesamt für Umwelt, 2010.3 Böhler, Marc, Zwickenpflug, Ben und al., et. Aktivkohledosierung in den Zulauf zur Sandfiltration Kläranlage Kloten/Opfikon. Dübendorf : Eawag, 2011.4 Margot, Jonas, Aagnet, Anoys und al., et. Traitment des micropolluants dans les eaux usées. Lausanne : Ville de Lausanne, 2011.

KontaktProf. Dr. jean-Marc Stoll, Tel. 055 222 48 60 (Sekretariat)HSR Hochschule für Technik Rapperswil . Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC . Oberseestrasse 10 . CH-8640 Rapperswil

07.06.2013

Abb. 1: Pulveraktivkohle verfügt über eine hohe Oberfläche, an der Mikroverunreini-gungen adsorbiert werden.

Abb. 2: Direktdosierung von Pulveraktiv-kohle in die Biologie mit nachgeschaltetem Dynasandfilter.

Abb. 3: Der Ursprung von Mikroverunreini-gungen liegt in der Schweiz in unzähligen Produkten im täglichen Gebrauch.