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Umwelt und Geologie Bioabfallkompostierung Neue Entwicklungen und Lösungsmöglichkeiten zur Reduzierung von Geruchsemissionen Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

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Umwelt und Geologie

BioabfallkompostierungNeue Entwicklungen und Lösungsmöglichkeiten zur Reduzierung von Geruchsemissionen

H e s s i s c h e s L a n d e s a m t f ü r U m w e l t u n d G e o l o g i e

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Bioabfallkompostierung

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VOLKER KUMMER

Emissionsminderung bei der Bioabfallkompostierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

JOACHIM MÜSKEN

Einfluß der Betriebsführung auf die Emissionscharakteristik einer Kompostanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

THOMAS LUNG

IRAS – Immissionsreduzierte Anlagensteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

MICHAEL KÜHNER

Planenkompostierung – Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

WOLFGANG JAESCHKE, WERNER HAUNOLD & MARTIN SCHUMANN

Entwicklung eines Verfahrens zur Absorption von übelriechenden Emissionen aus Landwirtschaft, kommunalen Entsorgungsbetrieben und Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

ADAM STRECKER

Biofilter – Praxiserfahrungen aus der Anlagenüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

MATTHIAS BÜCHEN

Standortkriterien aus Sicht des Immissionsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VOLKER KUMMER

Bioaerosole im Umfeld von Kompostierungsanlagen – Erfahrungen aus dem Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geruchsbeeinträchtigungen werden von der Bevöl-kerung zunehmend kritisch gesehen. Die gewachse-ne Sensibilität der Menschen gerade auch in Bezugauf abfallwirtschaftliche Behandlungsanlagen und diegestiegene Zahl von Kompostierungsanlagen verlan-gen einen differenzierteren Umgang mit Gerüchenin der Öffentlichkeit. Deshalb stellt sich verstärkt dieAufgabe, durch geeignete Luftreinhaltemaßnahmendiese Geruchsemissionen zu mindern, soweit diesstandortspezifisch notwendig ist.

Da es sich bei den Geruchsstoffen aus biologischenBehandlungsanlagen vor allem um organische Ver-bindungen handelt, die sich in wässriger Phase bio-logisch abbauen lassen, sind biologische Abluftreini-gungsverfahren eine Alternative zu den üblichen aufthermischer oder physikalischer Grundlage basie-renden Abluftreinigungsverfahren. Aufgrund ökolo-gischer und ökonomischer Vorteile wird fast aus-schließlich der Biofilter bei größeren Kompostie-rungsanlagen mit gefasster Abluft eingesetzt.Hierzu wurden aber gerade in den letzten Jahren,auch durch Forschungsaktivitäten, alternative Ent-wicklungen betrieben:• Primärmaßnahmen durch betriebliche

Vorkehrungen• Einsatz von semipermeablen Membranen• Einsatz von Mischnebel• Immissionsorientierte Anlagensteuerung• neuere Planungsansätze• Berücksichtigung von Bioaerosolemissionen, -quel-

len und -minderungsmaßnahmen.

Unterschiedliche Ansätze zur Geruchsreduzierungsollten im Rahmen eines Fachgespräches mit exter-nen Referenten, aber auch vor allem verwaltungsin-tern mit den Bediensteten des Umweltministeriumsund der Staatlichen Umweltämter mit dem Ziel dis-kutiert werden, einen Erfahrungsaustausch zu denaktuellen Entwicklungen zur Geruchsemissionsre-duzierung zu intensivieren.

Die Beiträge sind in der Reihenfolge der Veranstal-tungsvorträge in der Übersicht dargestellt. Die Zu-sammenfassungen der Vorträge können aus derInhaltsübersicht einzeln aufgerufen werden. Dievollständigen Beiträge, auch mit Literaturangabenund Diskussion sind in der Schriftenreihe Umweltund Geologie des HLUG veröffentlicht und könnenüber den Vertrieb des HLUG per

Telefon 0611 / 7010 34Telefax 0611 / 97 40 813email [email protected]

bestellt werden.

Bei Fragen, Anregungen, Kritik (oder auch Lob)wenden Sie sich bitte direkt an den Bearbeiter:

Volker KummerHLUG, Dezernat AbfallTelefon 0611 / 69 39-794email [email protected]

Fortbildungsveranstaltung

Bioabfallkompostierung – neue Entwicklungen und Lösungsmöglichkeiten zur Reduzierung vonGeruchsemissionen

Fachaustausch mit Fachleuten der hessischen Umweltverwaltung und externen Referenten

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Maßnahmen der Emissionsminderung

Die unterschiedlichen zur Anwendung kommendenKompostierungstechnologien lassen sich im Hin-blick auf die Abluft zu den beiden unterschiedli-chen Emissionstypen (kontinuierliche bzw. diskonti-nuierliche Emissionen) zusammenfassen, die sichdann zur Abluftnachbehandlung im wesentlichenauf betriebliche oder nachgeschaltete technischeMaßnahmen stützen.

Die möglichen Maßnahmen lassen sich wie obenbegründet in zwei Kategorien unterteilen und zwarin die

• betrieblichen Maßnahmen (oder auch Primär-maßnahmen), die die Freisetzung von Geruchs-stoffen im Rotteprozess reduzieren, sowie die

• technologiebezogenen Maßnahmen (Sekundär-maßnahmen), die sich auf die Abluftreinigung ge-fasster Abluft beziehen.

Die biologische Behandlung getrennt erfasster orga-nischer Abfälle hat sich in den letzten 10 Jahrenfest etabliert. So ist eine deutliche Zunahme vonAnlagen bzw. verarbeiteter Mengen in den letzten5 Jahren zu verzeichnen . Basierend auf Datenerhe-bungen in den Jahren 1999 und 2000 werden inHessen 80 Anlagen zur biologischen Behandlung or-ganischer Abfälle betrieben.Abb. 1 zeigt die räumliche Verteilung der Anlagenin Hessen, während die Tabellen die Anlagenhäufig-keiten, ausgewertet nach dem Anlageninput, denDurchsatzmengen sowie dem verfahrenstechnischenAnlagentyp, zusammenfassen.

Offene Kompostie- Tafel-, Umsetzung 59rung (ev. überdacht) Dreieckmieten

Teilgeschlossene Box, Tunnel, Zwangs- 17Kompostierung Trommel o.ä. belüftung/(offene Nachrotte) Intensivrotte- Abluft-

verfahren reinigung

Geschlossene Box, Tunnel, Zwangs- 4Kompostierung Trommel o.ä. belüftung/(incl. geschlossene Intensivrotte- Abluft-Nachrotte) verfahren reinigung

Tafelmiete

<3 000 39

<65 00 20

<12 000 14

<25 000 3

>25 000 4

1

Emissionsminderung bei der BioabfallkompostierungVOLKER KUMMER*

* Dipl.-Ing.(FH) Volker Kummer, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Rheingaustraße 186, 65203 Wiesbaden

Bioabfallkompostierung in Hessen

Anlagenarten Anzahldifferenziert nach Inputmaterialien

Bioabfälle 29Pflanzenabfälle 46Klärschlamm 1Vergärungsanlage mit anschließenderKompostierung 2Mechanisch-biologische Aufbereitungvon Restabfällen 2

Anlagendurchsatz in Mg/a Anzahl

Verfahrenstyp Technik Belüftung Anzahl

Maßnahmenbetriebsbezogen (primär)

technologiebezogen (sekundär)

Anlagentyp

offenteilgekapseltgeschlossen

Abluft / Emissionendiskontinuierlich kontinuierlich

X –X X– X

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VOLKER KUMMER

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Betriebliche Maßnahmen

Mit den betrieblichen Maßnahmen ist eine aerobeProzessführung sicherzustellen, die eine optimaleLuft-/Wasserführung beinhaltet, Überlastfahrweisenvermeidet, alle relevanten Prozessparameter einhältund alle notwendigen Anlagenbereiche unter Abwä-gung einer Immissionsbetrachtung einschließt. Aus-führliche Abhängigkeiten und Daten sind von MÜS-KEN zusammengefasst.

Letztendlich lassen sich dabei die beiden Teilberei-che formulieren:

• Durchführung eines optimalen Rottebetriebes

• Schaffung der baulichen und verfahrenstechni-schen Voraussetzungen.

Technologische Maßnahmen

Werden Anlagenbereiche teilweise oder vollständigumhaust, bedarf es einer weitergehenden Abluftrei-nigung. I.d.R. unterliegen die Abluftströme starkenSchwankungen in der Zusammensetzung und bein-halten niedrige Stoffkonzentrationen. Zur Behand-lung der geruchsbeladenen Abluftströme sind fol-gende Verfahren einsetzbar [3]:• thermische Nachverbrennung• katalytische Nachverbrennung• Adsorptionsverfahren• Ozonierung• Biofilter, Biowäscher.

Dabei haben sich Biofilter aufgrund niedriger Be-triebskosten und den o.g. Ablufteigenschaften alsgeeignete Abluftreinigung etablieren können, stel-len sie doch unter betriebswirtschaftlichen undökologischen Gesichtspunkten eine sinnvolle Lö-sung dar. Dies ist auch unter dem integrierten An-satz einer kombinierten Abluft- und Abwasserbe-handlung zu sehen. Allerdings ist die ordnungs-gemäße Betriebsweise Voraussetzung für einen ge-ruchsarmen Betrieb.

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0 10 20 km

Kartengrundlage: ArcD500, ESRI GmbH, KranzbergDatengrundlage: HLUG, Stand: 1999

Art und Größe der AnlagePflanzenabfallBioabfallKlärschlammMechanisch-biologische Abfallbehandlung (MBA)Vergärung

Anlagenkapazität in Mg pro Jahr

unter 3000

3000 bis unter 6500

6500 bis unter 12500

12500 bis unter 25000

25000 und mehr

BiologischeBehandlungsanlagen

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Abb.1.

BiologischeBehandlungsanlagenin Hessen

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Einfluss der Betriebsführung auf die Emissionscharakteristik einerKompostanlage

JOACHIM MÜSKEN*

* Dr. Ing. Joachim Müsken, Dr. Müsken +Partner, Reinsburgstraße 110, 70197 Stuttgart

Exposition

Die wesentlichen Einflussgrößen auf die Geruchs-außenwirkung eines Kompostwerkes sind neben derAuswahl eines möglichst unkritischen Standortesund einer auf die örtlichen Gegebenheiten angepass-ten Planung• der Anlagendurchsatz und die Art der verarbeite-

ten Abfälle,• das gewählte Rotteverfahren,• der Grad der Einhausung von geruchsemittieren-

den Anlagenteilen,• die erzielte Reinigungsleistung in Abluftströmen

aus eingehausten Anlagenteilen und• die Betriebsführung.

Die Analyse von geruchstechnischen Schadensfällenzeigt, dass folgende Problemkreise regelmäßig rele-vant sind:a) Planungsfehler• Unterschätzung der Geruchsemissionsstärke der

gewählten Kompostierungstechnik bereits im Pla-nungsstadium und entsprechend ungenügendeMaßnahmen zum Emissionsschutz.

• Falsche Bemessung des Rotteteils, daraus resul-tierend zu niedriger Rottegrad im Fertigprodukt(z.B. nur Rottegrad II anstatt IV) und starke Ge-ruchsemissionen bei der Kompostkonfektionie-rung und im Lagerbereich.

• Ungenügend ausgestattete bzw. falsch dimensio-nierte Abluftreinigungsanlagen sowie schlechtesLuftmanagement (Stichworte: Filtermaterial, Roh-gaskonditionierung).

• Technische Probleme beim Betrieb der Kompos-tierungsanlage mit der Folge nicht eingeplanterBetriebszustände und entsprechend höherenEmissionen.

b) Betriebsführung• Nachlässige Betriebsführung, die den Belangen

des Emissionsschutzes nicht genügend Rechnungträgt (Stichworte: Offene Tore, andere diffuseQuellen).

• Unterschätzung der Wirkung „kleiner“ Geruchs-quellen, wie z.B. offene Reststoffcontainer oderdie offene Verladung von Frischkompost.

• Unzureichende Kontrolle und Wartung der Abluft-reinigungsanlagen (Stichwort: Filterpflege).

c) Einflüsse von außen• Verharmlosung von Beschwerden von Nachbarn

durch den Anlagenbetreiber und damit Eskalationder Auseinandersetzung über erträgliche Bedin-gungen im Umfeld des betroffenen Werkes, aberauch Ausnutzung der Situation durch Nachbarn,die sich einen materiellen Gewinn versprechen,wenn sie an sich zumutbare Immissionen proble-matisieren.

• Zögerliches Vorgehen bei der Problemlösung, seies aus Kosten- oder aus Imagegründen.

• Heranrücken von Wohnbebauung oder Gewerbean die Grenzen des Kompostwerkes durch Neu-bauten nach der Inbetriebnahme.

Die Kapselung aller geruchsstoffemittierender Anla-genteile macht den aus der Abluftreinigung austre-tenden Luftstrom i.d.R. zum Hauptträger der insge-samt abgegebenen Geruchsfracht bei der Kompostie-rung von Bioabfällen. Daher ist ein störungsfreierund emissionsarmer Betrieb der zur Abluftdesodo-rierung meist eingesetzten Biofilter für das Gesamt-ergebnis aller Maßnahmen zur Verhinderung von Ge-ruchsemissionen aus geschlossenen Anlagen bzw.Anlagenteilen entscheidend.

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Einfluss der Betriebsführung auf die Emissionscharakteristik einer Kompostanlage

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Emissionsminderungsmaßnahmen bei offenen Anlagen

Generelle Einflussmöglichkeiten auf die Emissionvon Geruchsstoffen aus offenen Anlagen sind• die sofortige Verarbeitung der angelieferten Ab-

fälle,• die Herstellung eines strukturreichen Rohmateri-

als für die Rotte (ausreichende Strukturgutbevor-ratung zur Mischung mit nassen Bioabfällen),

• die Rotteführung (z.B. regelmäßiges Umsetzenzur Vermeidung anaerober Zonen in den Mieten,strikte Begrenzung der Mietenhöhe),

• die Wahl des Umsetzzeitpunktes (z.B. nicht inden ersten beiden Rottewochen, nur bei günsti-ger Windrichtung),

• eine saubere Betriebsführung (regelmäßige Reini-gung der Verkehrswege etc.).

Bei kleineren Anlagen, die die Emissionen ihreroffenen Mieten durch Abdeckungen (Häcksel-schichten oder Planen) reduzieren, kommen längerandauernde nicht geplante Geruchsemissionen ei-gentlich nur dann vor, wenn nach Umsetzvorgängen

die frisch aufgesetzten Mieten nicht sofort wiederabgedeckt werden oder die Deckschichten bzw. Pla-nen nicht ordnungsgemäß aufgebracht werden. DieGesamtemission kann durch Mietenabdeckung sehrweitgehend reduziert werden. Dies gilt auch fürWerke, die mit Druckbelüftung arbeiten.

Eine weitere, wichtige Einflussgröße auf den Rotte-verlauf und auf das Geruchsemissionspotenzial inoffenen Anlagen stellt die Niederschlagsmengedar. An Standorten in niederschlagsreichen Gebie-ten, aber auch in Zeiten mit starken Regenfällen,empfiehlt sich eine Abdeckung der Mieten, sofernkeine überdachten Flächen verfügbar sind. Zumin-dest im Rottestadium fortgeschrittene Mieten ver-nässen aufgrund der geringen Verdunstungsratesehr schnell. Anaerobe Zonen und die zugehörigenGeruchsemissionen sind die Folge. Zudem wirddurch nasse Materialien die Feinaufbereitung (Sie-ben, Störstoffabscheidung) behindert.

Innerbetriebliches Konzept

Jeder Anlagenbetrieb kann nur so gut sein, wie es dieMotivation und die Ausbildung bzw. Erfahrung desBetriebpersonals zulässt. Aufbauend auf der Sensibi-lisierung des Personals für die Belange des Emissions-schutzes müssen zum emissionsarmen Betrieb desKompostwerkes entsprechende Handlungsanweisun-gen vorliegen. Diese Anleitungen sollten umfassen:• Alle notwendigen Hinweise zur Minimierung von

Geruchsemissionen im laufenden Betrieb, wiez.B. die Handhabung des Luftmanagements, dieAuswirkungen der Rotteführung, das Entstehenund die Vermeidung diffuser Geruchsquellen etc.

• Genaue Anweisungen zu Kontrolle und Wartungder Einrichtungen zur Abluftreinigung.

• Eine möglichst detaillierte Beschreibung des Stör-fallmanagements, die auch die Vorgehensweise beinotwendigen Reparaturarbeiten enthält.

• Anweisungen zur Eigenkontrolle im betriebseige-nen Labor.

Deshalb sollte ein innerbetriebliches Konzept zurVerhinderung von über das zulässige Maß hinausge-henden Geruchsemissionen von folgenden Prämis-

sen ausgehen:• Das Betriebspersonal ist durch entsprechende Er-

fahrung und evtl. Schulung in der Lage, alle Anla-genteile ordnungsgemäß zu bedienen. Dies setztvoraus, dass während der Betriebszeit minde-stens ein Entscheidungsbefugter anwesend istund außerhalb der Betriebszeit durch die Einrich-tung eines Notdienstes sichergestellt wird, dassinnerhalb kürzester Zeit verantwortliches Perso-nal auf der Anlage eintreffen kann, um Störfällezu beheben.

• Die Wartung der für die Emissionssituation ent-scheidenden Anlagenteile (Entstaubungseinrich-tungen, Zu- und Abluftaggregate, Biofilter etc.)erfolgt in regelmäßigen Abständen nach einemWartungsplan, der die Betriebs- bzw. Standzeiteneinzelner Aggregate sowie evtl. Vorgaben der je-weiligen Hersteller berücksichtigt. Eine entspre-chende Vorhaltung von Ersatzteilen wird dabeivorausgesetzt.

• Zur Dokumentation der Klimaverhältnisse amStandort sollten folgende meteorologischen Da-ten kontinuierlich aufgezeichnet werden:

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•Lufttemperatur•Windrichtung und -stärke•Niederschlagsmengen•relative Luftfeuchte

• Eine Eingangskontrolle für die in den einzelnenBetriebsteilen verarbeiteten Abfälle findet statt.

• Durchführung von Analysen zur Eigenkontrolle,wie z.B. Wassergehalt und pH-Wert in Rottegutund Filtermaterial.

• Die einschlägigen Vorschriften der TA Siedlungs-abfall (v.a. Abschnitt 6, Anforderungen an die Or-ganisation und das Betriebspersonal von Abfall-entsorgungsanlagen sowie an die Dokumentationund Information [ANONYM, 1993 b]) werden ein-gehalten.

Die Verhinderung von vermeidbaren Geruchsemis-sionen setzt voraus, dass beim Betrieb einer einge-hausten Kompostierungsanlage stets darauf geach-tet wird, dass• im Außenbereich (Verkehrsflächen, Anlieferung

von besonderen Abfällen, wie z.B. Grünabfällenoder stark wasserhaltigen Abfällen, Direktverla-dung von Kompost etc.) zur Verhinderung vondiffusen Quellen eine regelmäßige (arbeitstägli-che) Reinigung der Verkehrswege, der Verladesta-tion für Kompost und des Anlieferungsbereichesvorgenommen wird,

• Hallentore nur dann geöffnet werden, wenn diesbetriebstechnisch erforderlich ist, und sofort

nach Gebrauch wieder geschlossen werden (z.B.Einbau von elektrischen Meldeeinrichtungen, diees möglich machen, von der Leitwarte aus offenstehende Tore zu erkennen),

• die Hallentore automatisch geöffnet und ge-schlossen werden können (Fernsteuerung z.B.vom Radlader aus),

• im Außenbereich möglichst keine Abfälle oderKompost zwischengelagert werden,

• Anlagenteile, in die geruchsbeladene Abluftströ-me eingeleitet werden (Mehrfachnutzung vonLuftströmen), entsprechend abgesaugt und dieseLuftströme entweder anderen geschlossenen undentlüfteten Anlagenteilen oder direkt dem Biofil-ter zugeführt werden,

• ein Steuerprogramm für alle Be- und Entlüftungs-einrichtungen vorhanden ist, in dem alle Be-triebszustände der Gesamtanlage sowie einzelnerTeile bzw. Aggregate berücksichtigt werden (z.B.Tag- und Nachtbetrieb, Wartungsarbeiten in sonstarbeitsplatzfreien Anlagenteilen, Störfälle, Neu-belegung von Filtersegmenten, Mindestluftwech-selzahlen etc.), so dass die vorgegebenen Rand-bedingungen zur Minimierung von Geruchsemis-sionen eingehalten werden können,

• in den abgesaugten Anlagenteilen dauernd einleichter Unterdruck erzeugt wird, um diffusesAustreten von Geruchsstoffen zu verhindern,

• die Vorgaben zur Filterpflege und zum Filterbe-trieb vorrangig erfüllt werden.

Vermeidbare Geruchsemissionen bzw. -immissionen

Die Tabelle zeigt mögliche Quellen für Geruchse-missionen und Regelmechanismen, die zu derenVermeidung führen, auf. Die Maßnahmen zur Emis-sionsminderung reichen dabei von Eingriffen in denBetriebsablauf bis zur Umrüstung von Aggregaten.

Neben der einwandfreien technischen Ausrüstungkommt der Betriebsführung und dem Engagementdes Anlagenpersonals die größte Bedeutung bei derMinimierung von Geruchsemissionen zu. Aberauch die technische Ausstattung eines Kompostwer-kes und die vorausschauende Planung von Betriebs-abläufen haben einen deutlichen Einfluss.

In offenen bzw. nur teilweise eingehausten Anlagenkann mit Hilfe eines Systems zur immissionsredu-

zierten Anlagensteuerung (IRAS) erreicht werden,dass unvermeidliche, nur temporär auftretende Ge-ruchsemissionen (z.B. bei Beschickungs- und Um-setzvorgängen) nur in unbewohntes Gebiet abgege-ben werden. Dies setzt voraus, dass die Kompostan-lage über • eine geeignete Wetterstation,• eine Online-Ausbreitungssimulation und• ein entsprechendes Betriebskonzeptverfügt. Damit ist das Betriebspersonal in der Lage,kritische Situationen im Anlagenumfeld zu erken-nen und entsprechende Maßnahmen zur Verminde-rung der aktuell abgegebenen Geruchsfracht zu er-greifen.

JOACHIM MÜSKEN

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Einfluss der Betriebsführung auf die Emissionscharakteristik einer Kompostanlage

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Tab. Mögliche Quellen für vermeidbare Geruchsemissionen

Verkehrswege

Bunker

Grobaufbereitung

Rotte

Verunreinigungen

geruchsintensive Anlieferung und/oder nasse Inputmaterialien

längere Zwischenlagerung vonAbfällen (z.B. wegen Anlagenstill-stand)

Presswässer aus Sammelfahrzeu-gen

offene Tore

nasse Inputmaterialien

mangelhafte Materialübergabe-stellen

geruchsintensive Reststoffe

Materialbewegungen bei ungün-stiger Wetterlage/Windrichtung(offene Rotte)

mangelnder Rottefortschritt (z.B.Rottegrad IV wird nicht erreicht)

nachlässiger Umgang mit emissi-onsmindernden Maßnahmen (z.B.Abdeckungen offener Mietennach dem Umsetzen)

diffuse Geruchsemissionen

erhöhte Geruchsemission (auch innachfolgenden Anlagenteilen)

erhöhte Geruchsemission (auch innachfolgenden Anlagenteilen)

erhöhte Geruchsemission im Bunker-bereich und auf Verkehrsflächen

diffuse Geruchsemissionen

Verstopfungen, Presswässer etc., dar-aus resultierend erhöhte Geruchs-emissionen

Materialaustritt aus dem Stofffluss,Verunreinigungen am Boden und aufAggregaten, daraus resultierend er-höhte Geruchsemissionen

erhöhte Geruchsemission aus denReststoffbehältern

erhöhte Geruchsemissionen in Rich-tung nahe gelegener Nachbarschaft

erhöhte Geruchsemissionen beim Ma-terialaustrag, in der Feinaufbereitungund im Lager

stark erhöhte Geruchsemissionen

strikte Einhaltung des Reinigungspro-grammes (mindestens arbeitstäglich)

Verkürzung des Abfuhrintervalls (Bio-abfälle), bevorzugte und schnelle Ver-arbeitung (z.B. Markt- und Gastrono-mieabfälle)

Ausfallverbund mit anderen Werken,auf jeden Fall arbeitstägliche Leerung

separate Auffangeinrichtung für Fahr-zeuge mit Presswassertank, regelmäßi-ge Reinigung

Automatiktüren (z.B. vom Radladeraus zu bedienen), Trennung von An-nahmebereich und eigentlichem Bun-ker (Schleusenfunktion, v.a. bei Tief-bunkern praktikabel)

Ausreichender Strukturgutvorrat

Umrüstung der fehlerhaften Anlagen-teile

im Außenbereich Abdeckung oder ge-nerelle Aufstellung im abgesaugten In-nenbereich

Umstellung des Betriebsablaufes

Optimierung des Rottebetriebes, evtl.Senkung des Durchsatzes bzw. Ver-größerung der Rottekapazität

Optimierung des Betriebsablaufes

Anlagenteil Probleme Folgen mögliche Abhilfen

Feinaufbereitung

Lager

alle

mangelhafte Materialübergabe-stellen

geruchsintensive Reststoffe (v.a.bei Frischkompost)

nicht ausgerottetes Kompostma-terial

Verladung im Freien

nicht bewirtschaftete Lagermie-ten

mangelnde Kapazität

zu hoher Durchsatz

Materialaustritt aus dem Stofffluss,Verunreinigungen am Boden und aufAggregaten, daraus resultierend er-höhte Geruchsemissionen

erhöhte Geruchsemission aus denReststoffbehältern

erhöhte Geruchsemissionen

erhöhte Geruchsemissionen (v.a. beiFrischkompost)

erneute Selbsterhitzung des Kompo-stes, erhöhte Geruchsemissionen beiMaterialbewegungen

erhöhte Geruchsemissionen

absinkender Rottegrad, Überlastung al-ler Anlagenteile, erhöhte Geruchs-emissionen

Umrüstung der fehlerhaften Anlagen-teile

im Außenbereich Abdeckung oder ge-nerelle Aufstellung im abgesaugten In-nenbereich

Optimierung des Rottebetriebes, evtl.Senkung des Durchsatzes bzw. Ver-größerung der Rottekapazität

Einhausung des Anlagenteils oder Ein-satz von Abwurfschläuchen

Umstellung des Betriebsablaufes (z.B.regelmäßiges Umsetzen, Begrenzungder Mietenhöhe, Belüftung der Lager-mieten etc.)

Auslagerung überschüssiger Mengen,Erweiterung des Lagers

strikte Begrenzung der verarbeitetenTagesmenge, evtl. Ausfallverbund mitanderen Werken

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JOACHIM MÜSKEN

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Tab. Fortsetzung

alle mangelnde Sauberkeit

Zeitmangel, Personalmangel

schlechtes Luftmanagement

mangelhaftes Störfallmanagment

offenstehende Türen und Tore ingeschlossen konzipierten Anla-gen

Entstehung diffuser Geruchsquellen

unpräzise Arbeitsweise, mangelhafteKontrolle und Wartung, daher erhöhteGeruchsemissionen

zu große Abluftströme, daher Steige-rung der emittierten Geruchsfracht

länger als nötig andauernde Ausfällevon Anlagenteilen

Entstehung diffuser Geruchsquellen

strikte Einhaltung des Reinigungspro-grammes (mindestens arbeitstäglich)

Durchsatzbegrenzung, mehr Personal

strikte Einhaltung der entsprechendenVorgaben, evtl. Umrüstung bzw. Opti-mierung der Lüftungsanlage

eindeutige Betriebsanweisungen fürStörfälle und entsprechende Unter-weisung des Personals

strikte Einhaltung der entsprechendenVorgaben, evtl. Umrüstung der Toreauf Automatikbetrieb mit Fernsteue-rung, zentrale Überwachung aller Toreund Türen (Schließmelder)

Anlagenteil Probleme Folgen mögliche Abhilfen

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IRAS – Immissionsreduzierte Anlagensteuerung

PC-gestütztes Instrument zur Charakterisierung von immissionsrelevanten AusbreitungssituationenReduzierung der Geruchs- und Keimfrachten durch Einflussnahme auf die Anlagensteuerung

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THOMAS LUNG*

* Dipl.-Phys. Thomas Lung, Ingenieuerbüro, Eosanderstraße 17, 10587 Berlin

Einleitung

Meteorologische Messstationen gehören inzwi-schen zur Grundausstattung von Kompostierungs-anlagen, jedenfalls in ihren einfachsten, meist unzu-reichenden Ausführungen. Bei der Auswahl undAufstellung einer meteorologischen Messstation amStandort der Anlage sind gewisse Voraussetzungenzu beachten, von deren Einhaltung in hohem Maßedie Qualität der Messdaten abhängt. So müssennicht nur die Windrichtung und die Windgeschwin-digkeit mit ausreichender Genauigkeit erfasst undregistriert werden, darüber hinaus empfiehlt sichauch die Messung von Turbulenzgrößen, aus denensich atmosphärische Stabilitätsparameter für dieAusbreitungsrechnung ableiten lassen.

Auch der Aufstellung der Messwertgeber kommt imHinblick auf die Datenqualität eine große Bedeu-tung zu. Hier muss ein Standort in weitgehend frei-er, ungestörter Anströmung für das Messgerät mitmöglichst kurzen Kabelverbindungen zum Mess-rechner und ausreichendem Blitzschutz gefundenwerden. Grundlegende Kenntnisse der Strömungs-mechanik sind erforderlich, um in Abhängigkeit vonder Topografie, dem Bewuchs sowie evtl. vorhande-nen Strömungshindernissen wie z.B. Gebäude,Störzonen im Strömungsfeld bestimmen zu kön-nen.

Des weiteren stellt die Archivierung der Messdatenhohe Anforderungen an die Datensicherung undDatenbankverwaltung; gerade in diesem Bereichspielen weiterführende Entwicklungen mit lei-stungsfähiger Datenbank-Standardisierung sowieSystemlösungen zu Messdaten- und Stromausfälleneine wichtige Rolle. Im folgenden Beitrag zum Fach-gespräch soll versucht werden, die Funktion einermeteorologischen Messstation mit industriellwis-senschaftlicher Datenqualität im Rahmen des Ge-samtkonzepts zur Immissionsreduzierten Anlagen-steuerung IRAS darzustellen.

Immissionsminderungen lassen sich grundsätzlichdurch 4 verschiedene Verfahrensweisen erzielen:1. An der Quelle durch Abluftreinigungseinrich-

tungen2. Zeitliche und ggf. auch räumliche Änderung der

Emissionsverteilung3. Umlenkung der wirksamen Strömungsfelder/

Abluftfahnenüberhöhung4. Am Immissionsort durch Belüftungsanlagen mit

Schadstoff-Filterung o. ä.Die im folgenden beschriebene immissionsreduzier-te Anlagensteuerung gründet sich ausschließlich aufdie 2. Verfahrensweise, wobei Kombinationen mit1. und 3. möglich sind.

Grundlegendes Konzept

a. Erfassung der immissionskritischen Wet-terlagenDie sichere Immissionsberechnung insbesonderefür austauscharme Ausbreitungssituationen basiertauf dem Einsatz eines Ultraschallanemometers, dasneben dem dreidimensionalen Windvektor und derLufttemperatur auch Informationen zum Turbulenz-

spektrum der Atmosphäre liefert. Damit können al-le für die Ausbreitung von Geruchsstoffen wichti-gen atmosphärischen Einflussgrößen automatischgemessen und archiviert werden. Der Sensor, derüber keine beweglichen Teile verfügt und unter ex-tremen Bedingungen noch arbeitet, ist in Abb. 1dargestellt.

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THOMAS LUNG

b. Berechnung der EmissionsreichweiteDas System OdorSonic liefert eine Diagnose derImmissionssituation im Einwirkungsbereich der An-lage. Hierbei werden für frei wählbare Zeiträumedie Immissionsverteilungen auf der Grundlage dererfassten meteorologischen Daten automatisch be-rechnet und grafisch dargestellt. Das System ist mo-dular aufgebaut und kann ggf. für topografisch kom-plexere Standorte angepasst werden. Abb. 2 zeigtexemplarisch das Immissionsfeld einer Geruchsfah-ne, wie sie sich vorzugsweise bei morgendlichen In-versionswetterlagen ausbildet.

Nach Auflösen der Inversion im Verlauf der erstenStunden nach Sonnenaufgang erfolgt durch Son-neneinstrahlung ein Übergang zu stärkeren atmos-phärischen Turbulenzen, welche die meteorologi-schen Ausbreitungsbedingungen entscheidend ver-ändern und damit die Geruchsreichweite signifi-kant verkürzen (Abb. 3). Der Vergleich der Abb. 2und 3 zeigt daneben sehr deutlich, dass die Aufnah-me von Windrichtung und -geschwindigkeit alleinnicht ausreicht, um einen immissionskritischen Zu-stand als solchen zu identifizieren.

c. Einflussnahme auf die Anlagensteuerung– die meteorologiegesteuerte RotteführungMit Kenntnis einer immissionsgefährlichen Wetter-lage besteht erstmalig die Möglichkeit, die Emissio-nen von belästigenden Gerüchen und auch von po-tentiell gesundheitsgefährdenden Keimen und Pilz-sporen über das durch die installierte Filtertechnikvorgegebene Maß mit rein betrieblichen Maßnah-men weiter zu senken. Dazu muss der betrieblicheAblauf gezielt auf eine mehrstufige Emissionsmin-derung eingestellt werden:• Im ersten Schritt durch bewusstes Vermeiden

von zusätzlich emittierenden Betriebsabläufen,wie Umsetzen von offenen Mieten

• Im zweiten Schritt durch Reduzierung der durchden Biofilter geförderten Luftvolumina bzw. emis-sionsmindernde Maßnahmen bei offenen Mieten

Der zweite Schritt ist besonders für vollgekapselteAnlagen von Bedeutung, die über keine offenen unddamit emissionsrelevanten Flächen verfügen, sondernvielmehr durch eine nahezu vollständige Kapselungca. 90 % der Emissionen über den Biofilter abgeben.

Um diese Luftmengen gezielt zu reduzieren, bedarfes eines gestuften Maßnahmenkataloges, der so-wohl die unterschiedlichen, betrieblichen Abläufeje nach Tageszeit, als auch die Zustände der Rotteangemessen berücksichtigt. Zielsetzung ist immer,dass die Aufrechterhaltung des Luftvolumenstroms,der zur Belüftung des Rottegutes benötigt wird, dieRichtschnur bildet. Damit wird das Augenmerk aufdie Belüftung der besonders emissionsstarken In-tensivrotte gerichtet.

Wenn in einem letzten Schritt auch die Luftzufuhrin das Rottegut zeitweise reduziert wird, sinktzwangsläufig die Emission von Gerüchen, Keimenund Pilzsporen und beeinflusst damit die Filterrest-emission. Neben der reinen Emissionsreduzierungführt eine Verringerung des Luftvolumenstromsdarüber hinaus zu einer Verlängerung der abbau-wirksamen Aufenthaltszeit der Abluft in der biolo-gisch aktiven Filtermatrix.

Die immissionsreduzierte Anlagensteuerung IRASzeichnet sich im wesentlichen durch eine Änderungder zeitlichen und auch räumlichen Verteilung derEmissionen aus. Der immissionskritische Sektorwird dabei nachweislich weniger stark belastet, alsdies ohne Einsatz der meteorologisch bedingtenEmissionssteuerung der Fall ist.

14

Abb. 1. Ultraschallanemometer zur Ermittlung der vertikalenund horizontalen Austauschparameter.

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IRAS – Immissionsreduzierte Anlagensteuerung

1515

Abb. 3. Geruchsfahne bei labiler Schichtung der Atmosphäre.

Abb. 2. Geruchsfahne bei stabiler Schichtung der Atmosphäre.

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THOMAS LUNG

16

Aufwendungen zur nahezu vollständigen Reduzie-rung der Geruchs- und Keimfrachten aus Kompost-werken mit kritischen Standorten sind häufig un-nötig, in jedem Fall aber unwirtschaftlich. Dies giltfür die meisten Kompostwerke im Randbereich vonSiedlungen, bei denen der immissionsproblemati-sche Sektor nur 10–25 % des Anlagenumfeldes aus-macht. Ein dauerhaft beschwerdefreier und wirt-schaftlicher Betrieb kann hier durch die kurzzeitigeReduzierung der Anlagenemission während aus-tauscharmer und damit immissionskritischer Aus-breitungssituationen in dem „sensiblen“ Sektor desAnlagenumfeldes realisiert werden.

Die immissionsreduzierte Anlagensteuerung IRASbietet ein Konzept zur organisatorischen und techni-schen Ausführung. Dabei werden auf der Basis einesneuartigen Prognosesystems Eingriffe in das Belüf-tungsmanagement des Rottematerials vorgenom-men, so dass während der austauscharmen Ausbrei-tungssituationen durch gezielte Reduzierung desLüftungsvolumens und/oder andere Maßnahmen dieEmissionsstärke vorübergehend gemindert wird.

Mit solchen emissionsseitigen Maßnahmen lässtsich der Geruchsbelästigung an besonders kriti-schen Immissionsorten im Einwirkungsbereich vonKompostierungsanlagen wirksam begegnen. Der Be-triebsleitung werden somit erstmals verlässlicheInformationen über die jeweils aktuelle Reichweiteder Geruchsfahne bzw. der Immissionsstärke ihrerAnlage an die Hand gegeben, die sie zu einer kurz-fristigen Reduzierung der Emissionen und damit zurMinderung der Immissionsbelastung befähigt.

Praktische Erfahrungen konnten auf bisher zweiKompostierungsanlagen gesammelt werden. Das Sy-stem OdorSonic ist nach Aussage von Herrn Lungauf zwei Kompostierungsanlagen seit jeweils einemJahr erfolgreich in Betrieb. Zum einen handelt essich um ein Erden- und Rindenwerk in Baden-Würt-temberg mit einem Jahresdurchsatz von ca.70 000 t. Im anderen Fall wird das System auf einerAnlage zur Bioabfallkompostierung im Norden Bay-erns mit etwa 15 000 t Jahresdurchsatz betrieben.(Nähere Informationen dazu können über die Ver-fasser bezogen werden).

Zusammenfassung

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17

Planenkompostierung – Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen

MICHAEL KÜHNER*

* Dr. Ing. Michael Kühner, Trinikens AG, Marketing/ Vertrieb, Greefsallee 1–5, 41747 Viersen

a. VerfahrenstechnikFür eine Optimierung der offenen Mietenkom-postierung durch den Einsatz von Planenabdeckun-gen existieren inzwischen viele unterschiedlicheKomponenten, die zu einer Verbesserung des Rotte-prozesses und der Emissionen beitragen sollen.

Grundsätzlich kann sowohl • eine Planenabdeckung, als auch• eine Kombination von Planenabdeckung mit ei-

ner Belüftungs- und Steuereinheit eingesetzt werden.Ziel der Kompostierung unter einer semiperme-ablen Planenabdeckung ist die Emissionsreduzie-rung und die Optimierung des Rotteprozessesdurch den Einsatz einer Plane als Systemgrenze. In der Abb. 1 sind die Verfahrenskomponenten unddie Prozessabläufe in einer abgedeckten Mieteschematisch dargestellt.

Die Planenabdeckung besteht aus drei verschiede-nen Schichten. Die Ober- und Unterseite sind UV-stabilisierte Polyestergewebe und zeichnen sichdurch hohe Reißfestigkeit und Stabilität aus. Zwi-schen diesen beiden Gewebeschichten befindetsich eine semipermeable Membran. Die Strukturder Membran ist für die Luft- und Wasserdampf-

durchlässigkeit sowie für die Wasserundurchlässig-keit verantwortlich. Sauerstoff kann von außendurch die semipermeable Membran in das Rottema-terial diffundieren. Gleichermaßen können Kohlen-dioxid und Wasserdampf von innen durch die Mem-bran nach außen gelangen. Der Einsatz einer Planenabdeckung als Systemgrenzesoll im Vergleich zur offenen Mietenkompostierungzu:• einer Verringerung der Geruchs- und Keimemis-

sionen,• einem Schutz vor Vernässung des Rottematerials

durch Niederschläge,• einer gleichmäßigen Temperaturverteilung in der

Miete bis in die Randzonen und damit zu einerbesseren Hygienisierung des Rottematerials,

• einem Schutz vor der Austrocknung der Miete,• einem Erhalt eines konstanten Mikroklimas in

der Miete und• einer Intensivierung der Rotte und damit zu ei-

ner Verkürzung der Rottezeitenführen.Die Sauerstoffversorgung der abgedeckten Kompost-miete erfolgt mittels Druckbelüftung durch gelochteBelüftungsrohre an der Mietenbasis (vgl. Abb. 1).Die Belüftung kann sowohl über Sauerstoff- als auchüber Temperatursonden gesteuert werden. DieseMesssonden messen den Sauerstoffgehalt bzw. dieTemperatur im Rottegut und sorgen über eine Regel-und Steuereinheit für die erforderliche Belüftung.Auf diese Weise wird eine optimale Sauerstoffversor-gung in der Kompostmiete erzielt. Ebenso lässt sichdie Optimaltemperatur für den Rotteprozess regeln.

b. Funktionsweise und Eigenschaften derMembranenDer Durchmesser der Mikroporen lässt sich zwischen0,1 und 3 µm einstellen. Da z.B. PTFE ein stark hy-drophobes Polymer ist, werden Wassertropfen mit ei-nem mittleren Durchmesser von 0,1 bis 3 mm auch

Grundlagen

RegenCO2

Keime GeruchFeuchtigkeit

WärmeO2

O2

O2

PlanenabdeckungO2

KontrolleSteuerung

Belüftung

Abb. 1. Verfahrenskomponenten und Prozessabläufe in einerabgedeckten und geregelten Miete.

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MICHAEL KÜHNER

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bei einem größeren Porendurchmesser der Membranam Durchtritt gehindert, während Wasserdampfmo-leküle mit einem mittleren Durchmesser von ca.0,0003 µm problemlos durch die Membran hin-durchtreten können. Auch die verschiedenen Keimar-ten, bei denen von folgenden Größenverteilungenausgegangen werden kann (BÖHM et al. 1997):• Bakterien und Bakteriensporen von 0,5 bis 10 µm• Pilzsporen von 1 bis 30 µm• Viren von 0,02 bis 0,26 µmsollten daher teilweise von der Membran zurückge-halten werden können. Dieser Rückhalteeffekt wirddadurch verstärkt, dass die Mikroorganismen in derMietenabluft meist nicht als Einzelkeime vorliegen,sondern als Aerosole von an Staubpartikel oder Was-sertröpfchen gebundenen Mikrokolonien undAggregaten.

c. Systemlösungen

Der Einsatz einer semipermeablen Planenabde-ckung kann je nach Systemlösung• in Trapezmieten, Tafelmieten, Boxen oder Contai-

nern,• mit Druck- und/oder Saugbelüftung,• mit mobilen oder fest installierten Belüftungsein-

heiten,• mit automatisierter Temperatur- und/oder Sauer-

stoffregelung sowie• mit einer manuellen oder automatisierten Para-

meterüberwachungerfolgen.In der Abb. 4 ist eine Boxenversion mit Planen-abdeckung und in Abb. 5 mehrere Rottemodule miteiner automatisierten Flügeldachkonstruktion dar-gestellt.

Abb. 2. Elektronenmikroskopische Aufnahme einer PTFE-Membran.

Abb. 3. Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Quer-schnittes durch ein Textillaminat.

Abb. 4. Boxenversion mit Planenabdeckung.

Abb. 5. Rottemodule mit einer automatischen Klappabdeckung.

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Planenkompostierung – Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen

19

Ergebnisse

Im einzelnen lassen sich als Resultate für zwei un-terschiedliche Textillaminate GORE-TEX® undPLOUCQUET® folgende Aussagen festhalten:

a. RotteprozessAnhand von Kompostierungsversuchen im groß-technischen Maßstab wurde der Einfluss der Pla-nenabdeckung und der gesteuerten Belüftung aufden Rotteprozess im Vergleich zur offenen Mieten-kompostierung untersucht. Es zeigt sich, dass hiereine deutliche Optimierung und Verkürzung desRotteprozesses erzielbar ist. Unabhängig von derJahreszeit und dem Inputmaterial kann innerhalbvon 7–9 Rottewochen ein hochwertiger Fertigkom-post mit Rottegrad V hergestellt werden. Damit liegtdas neue Verfahren im Leistungsbereich anderer Sy-steme.

b. SubstrathygieneDie Kompostierung muss aus umwelthygienischenGesichtspunkten eine sichere Abtötung von Keimengewährleisten. Eine Abdeckung und Belüftung vonMieten führt zu einer schnelleren Hygienisierung.Die Abtötung der human- und phytopathogenenKeime ist schon nach einer dreiwöchigen Intensiv-rotte ohne Umsetzen der Miete auch in den kriti-schen Rand- und Basisbereichen erreichbar. Bei deroffenen Mietenkompostierung ist dies nur durch ei-ne Umsetzung gewährleistet.

c. GeruchsemissionenIm Rahmen der Arbeit wurde die Erfassung und Be-wertung der Minderung von Geruchsemissionendurch die Planenabdeckung besonders eingehenduntersucht. Anhand der Messwerte konnten für dieeinzelnen Prozessschritte des neuen Verfahrens si-chere Kennzahlen mit Vertrauensbereichen für dieflächenspezifische Geruchsfracht und für die Hoch-rechnung auf die Gesamtemission einer Anlage auf-gestellt werden. Es zeigte sich, dass durch den Einsatz der Planen ei-ne Verminderung der Geruchsstoffkonzentrationum 97 % erzielbar ist. Die ermittelte durchschnittli-che Geruchsfracht liegt mit 1,1 GE/m³Input·s naheder Emission eines gut funktionierenden Biofiltersmit 0,9 GE/m³Input·s. Im Vergleich dazu werden beieiner offenen Mietenkompostierung in den erstendrei Rottewochen im Mittel 52 GE/m³Input·s emit-tiert. Im Vergleich mit eingehausten Anlagen lag dieEffizienz der Planenabdeckung für die Gesamtge-ruchsfracht in einer ähnlichen Größenordnung wiedie gezielte Ablufterfassung und -reinigung mittelsBiofilter. Ein entscheidender Beitrag für die Ge-samtfracht der Vergleichsanlagen liefert oftmals dieunbelüftete Nachrotte oder Nachreife. Hier zeigtesich, dass trotz effizienter Emissionsminderungs-maßnahmen zu Beginn der Rotte durch fehlendeeinfache Minderungsmaßnahmen, wie eine aktiveBelüftung oder kleinere Mieten, im weiteren Ver-fahrensablauf die positive Wirkung auf die Gesamt-fracht der Anlage stark verringert wird. Die Kombi-

Abb. 6. Geruchsstoffkonzentrationen derabgedeckten Miete A und Miete Boberhalb und unterhalb der Ab-deckung im Rotteverlauf (MethodeC30, Versuch 5).

Umsetzen

0 7 14 21 28 35 42 49 56

Rottezeit [d]

Ger

uchs

stof

fkon

zent

rati

on [

GE/

m²]

1000000

100000

10000

1000

100

10

unterhalb Plane Miete A unterhalb Plane Miete Boberhalb Plane Miete A oberhalb Plane Miete B

Ger

uchs

stof

fkon

zent

rati

on [

GE

/m2 ]

Rottezeit [d]

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MICHAEL KÜHNER

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nation einer Abdeckung und Belüftung der Intensiv-rotte mit einer aktiven Belüftung der Nachrotte undder Nachreife ohne Abdeckung wurde ebenfalls un-tersucht. Es ergaben sich Emissionswerte, die einerAnlage mit Ablufterfassung und -reinigung bei un-belüfteter Nachrotte entsprechen.Bei den Untersuchungen wurden die zwei Textilla-minate GORE-TEX® und PLOUCQUET® eingesetzt.Bezüglich der Geruchsemissionen konnte kein Un-terschied in der Wirkungsweise beider Laminatefestgestellt werden.

d. KeimemissionenDa es bisher keine Methode gab, um Keimemissio-nen zu erfassen, wurde im Rahmen der Arbeit erst-malig eine Methode dafür entwickelt und angewen-det. Die Methode basiert auf dem Prinzip einer ak-tiv belüfteten Haube. Mit dieser konnten die Keim-emissionen im Verlauf der Rotte von ruhendenMieten erfasst werden. Festzustellen war, dass durch die Planenabdeckungdie Luftkeimkonzentration aller untersuchten Keim-gruppen um nahezu 100 % gemindert wird. Bei nichtabgedeckten ruhenden Mieten werden 90 % der Kei-memissionen innerhalb der ersten acht Rottewochenfreigesetzt. Dabei findet ein deutlicher Anstieg derKeimemission bis zur 4. Rottewoche und ein nachfol-gendes Absinken auf den Hintergrundwert statt.Beim Einsatz von Abdeckungen über die ersten sechsRottewochen konnten die Gesamtemissionen vondrei der vier untersuchten Keimgruppen im Vergleichzu einer nicht abgedeckten Miete um 40 bis 66 %über den gesamten Rotteverlauf reduziert werden.

Abb. 7. Auswirkungen des Einsatzes vonPlanenabdeckungen bei Miete Aund Miete B auf die Geruchsemis-sionen im Rotteverlauf (MethodeC30, Versuch 6).

Umsetzen Umsetzen Umsetzen

ReifeNachrotteIntensivrotte

Miete C

Miete B

Miete A

0 10 20 30 40 50 60

Rottealter [d]

Ger

uchs

frac

ht [

GE/

m²·

h]

100

1000

10000

100000

1000000

10000000

Rottealter [d]

Ger

uchs

frac

ht [

GE

/m2 ·

h]

1,E+6

1,E+5

1,E+4

1,E+3

1,E+21,E+11,E+0

KBE/h · m²

TA–Rohgas

AF–Rohgas

GSPZ–Rohgas

GBZ–Rohgas

TA–Reingas

AF–Reingas

GSPZ–Reingas

GBZ–Reingas

123

4

56

Woche

Abb. 8. Luftkeimkonzentrationen unterschiedlicher Keim-gruppen in KBE /m3 unter- und oberhalb einer Pla-nenabdeckung.

Abb. 9. Flächenspezifische Keimfracht von Aspergillus fumi-gatus im Zeitverlauf bei zwei Versuchen mit abge-deckten Mieten (A, B) im Vergleich zu einer nichtabgedeckten Miete (C).

V5 MieteA

V5 MieteB

V5MieteC

V6 MieteA

V6 MieteB

V6 MieteC

KBE/h · m²1,E+5

1,E+4

1,E+3

10

23

4

56

7

8

Woche

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Planenkompostierung – Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen

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e. KostenFür eine ökonomische Betrachtung sind neben derLeistungsfähigkeit eines Verfahrens die Kosten fürden Bau und den Betrieb einer Anlage von zentralerBedeutung. Der Kostenvergleich wurde anhand ver-schiedener Anlagenkonzepte durchgeführt. Die Stu-die belegt, dass sowohl die Investitions- als auch dieBetriebskosten der Planenkompostierung im Ver-gleich zu den eingehausten Anlagen erheblich ge-ringer sind. Die Kosten liegen auf einem vergleich-bar niedrigen Niveau wie bei dem einfachen Verfah-ren der offenen Mietenkompostierung.

f. NachhaltigkeitZur Bewertung der Kompostierung unter Planenab-deckungen unter ökologischen Gesichtspunkten wur-den an Anlagen unterschiedlicher VerfahrenstechnikKennzahlen zum Energieverbrauch erhoben. Die Un-tersuchung ergab, dass der kumulierte Energieauf-wand der Planenkompostierung bei der Herstellungund im Betrieb im Vergleich zu den technisch aufwän-digeren eingehausten Anlagen wesentlich geringerist. Verglichen mit der einfachen offenen Mietenkom-

postierung schneidet die Planenkompostierung eben-falls überraschend gut ab. Dies liegt an der höherenDurchsatzmenge der Planenanlage. Vergärungsanlagen schneiden im Vergleich dagegenunter energetischen Gesichtspunkten wesentlichbesser ab, wenn der Energiegewinn durch dieStrom- und Wärmeproduktion berücksichtigt wird.

In Anbetracht der deutlich geringeren Investitions-kosten, dem wesentlich geringeren Energieaufwandund der effizienten Minderung von Geruchs- undKeimemissionen sind die Kompostierungsverfahrenunter semipermeablen Planenabdeckungen unterUmständen eine interessante Alternative zu einge-hausten Anlagen. Diese Systeme können sowohl alsIntensiv- und Nachrotteeinheit bei der Optimierungund der Neuplanung von Anlagen als auch für eineErgänzung (Nachrotteeinheit) von aeroben und an-aeroben Anlagen eingesetzt werden. Hauptsächlichdie Flexibilität und die vergleichsweise geringen Ko-sten machen diese Technik für den Markt beson-ders in Entwicklungs- und Schwellenländern inter-essant und wettbewerbsfähig.

Diskussion

In der nachfolgenden Vertiefung zeigt Herr Kühnerdie Möglichkeiten der Emissionsminderung durchsemipermeable Membranen nochmals plakativ auf:(1) Eine deutliche Geruchsreduzierung um bis zu

95 % bezüglich Konzentration und Fracht istdurch den Einsatz semipermeabler Membranenmöglich.

(2) Plane ist hinsichtlich der Effektivität nichtgleich Plane. Hier ist es im Zweifelsfall wichtig,vertiefende Untersuchungen unterschiedlicherFabrikate für eine Beurteilung heranzuziehen.

(3) Breite und flexible Anwendungsmöglichkeitenbestehen für Kleinanlagen, für Teilbereiche vonAnlagen bis hin zu einer großtechnischer Anla-genumsetzung.

Eine Realisierung im Dauerbetrieb wurde in einerhessischen Kompostierungsanlage nach einer Kapa-zitätserweiterung ebenso realisiert wie z.B. als So-fortmaßnahme während einer Umbauphase.Für die tägliche Betriebsführung bestehen aller-dings auch „Handling“- oder auch Arbeitsschutzpro-bleme, die mit unterschiedlichen Erfahrungen erör-tert werden. Rattenverbiss, Kondenswasserbildungund Pfützen können das tägliche Handling erschwe-ren, zudem ist die Haltbarkeit durch den UV-Ein-fluss begrenzt. Diese Beobachtungen treten aller-dings nur vereinzelt auf. Insgesamt wird dagegender positive Effekt der Geruchsreduzierung be-stätigt.

In den Abb. 4 und 5 sind exemplarisch die flächen-spezifischen Keimemissionen aus zwei Versuchen überden gesamten Rotteverlauf der abgedeckten Mieten(Miete A und B) im Vergleich zu einer nicht abgedecktenVergleichsmiete C dargestellt [7].

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Entwicklung eines Verfahrens zur Absorption von übelriechendenEmissionen aus Landwirtschaft, kommunalen Entsorgungsbetriebenund IndustrieWOLFGANG JAESCHKE, WERNER HAUNOLD & MARTIN SCHUMANN*

* Prof. Dr. Wolfgang Jaeschke, Werner Haunold, Dr. Martin Schumann; alle: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main,Zentrum für Umweltforschung, Georg-Voigt-Straße 14, 60325 Frankfurt am Main

Einleitung

Das Zentrum für Umweltforschung der Johann Wolf-gang Goethe-Universität beschäftigt sich seit vielenJahren in der Grundlagenforschung mit der Chemieund Physik des atmosphärischen Mehrphasensys-tems von Nebel und Wolken. Dabei wurde auch dieAufnahme von atmosphärischen Spurengasen durchWolkentropfen untersucht. Nach dem Vorbild diesesSelbstreinigungsprozesses der Atmosphäre wurdeein sogenanntes Mischnebelverfahren zur Emissi-onsminderung entwickelt. Damit soll für Betreibervon Industrieanlagen ein Verfahren zur Lösung vonEmissionsproblemen bereitgestellt werden, so dassein Beitrag zur besseren Akzeptanz von Anlagen-standorten erbracht werden kann.Bei den Geruchsemissionen aus Industrieanlagen istprinzipiell mit Gasgemischen zu rechnen, deren Be-standteile sich in drei Kategorien aufteilen lassen:1. Basische Gase (z.B. NH3, Amine, etc.)2. Saure Gase (z.B. H2S, Mercaptane, organische

Säuren etc.)3. Neutrale Gase (z.B. organische Kohlenwasser-

stoffe, CH4, etc.)Zur Erzielung einer effektiven Geruchsabsorptionwurde das Absorptionsverfahren durch Mischnebelentwickelt. Dabei werden Wirkstoffmischungen insaurem oder basischem Nebel in einer gemeinsamenoder in mehreren separaten Vernebelungsvorrich-tungen erzeugt, die dann in einem Abluftkanal zu ei-nem Mischnebel vereinigt werden.Gegenüber herkömmlichen Verfahren zur Emis-sionsminderung von Gerüchen wie Gaswäscher,Biofilter oder Biomembranfiltern, hat der Mischne-belabsorber folgende Innovations-Kriterien:1. Er ermöglicht die gleichzeitige Erzeugung eines

Gemisches von Tropfen unterschiedlicher che-mischer Zusammensetzung. Dadurch wird einebreitbandige Absorption von Geruchsstoffen mitunterschiedlichen chemischen und physikali-schen Eigenschaften bereitgestellt.

2. Im Gegensatz zu den in herkömmlichen Wä-schern (RL VDI 3675) eingesetzten millimeter-großen Tropfen, kann beim Mischnebelabsorbermit Tropfen in der Größenordnung von 20 Mi-krometer Durchmesser, bei gleichem Volumender Absorberlösung, die hundert- bis tausendfa-che Tropfenoberfläche zur Absorption bereitge-stellt werden. Außerdem wird die Diffusions-strecke der Gasmoleküle bis zum Auftreffen aufeinen Tropfen drastisch erniedrigt.

3. Durch Einsatz von Sensoren, mit denen Sollwer-te des Desodorierungswirkungsgrades überwachtwerden können, kann bei Bedarf die Zusammen-setzung des Mischnebels zur Optimierung derAbsorptionsfähigkeit nachjustiert werden.

4. Die Nebeltropfen unterliegen nur in geringem Ma-ße der Sedimentation. Für den Zeitraum, bis ihr Sät-tigungsgleichgewicht mit der Gaskonzentration er-reicht ist, bleiben sie auf jeden Fall in der Schwebe.

5. Durch die unter 1– 4 genannten Charakteristikaist es möglich, die Geruchsabsorption mit gerin-gen Mengen an Absorberlösung durchzuführen.Die gesättigten Absorbertropfen werden auf Fil-termatten abgeschieden. Die abtropfende Lö-sung enthält geringe Mengen an Salzen als Reak-tionsprodukte der Säuren und Basen mit denGeruchsstoffen sowie Wirkstoffe zur Absorptionder organischen Geruchsbestandteile.Aufgrund der vorliegenden Sicherheitsdatenblät-ter sind die Wirkstoffe umweltverträglich, sodass die Abtropflösung in das Abwasser geleitetwerden kann, vorausgesetzt die absorbierten Ga-se haben die Umweltverträglichkeit der Lösungnicht beeinträchtigt.

Die bisher durchgeführten Entwicklungsarbeiten zurOptimierung des Verfahrens umfassen im Wesentli-chen acht Arbeitsschritte. Im Folgenden werden diein den einzelnen Arbeitsbereichen erzielten Ergeb-nisse verkürzt dargestellt.

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Entwicklung eines Verfahrens zur Absorption von übelriechenden Emissionen

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Experimente im Technikumsmaßstab an emittierenden Anlagen

Ziel der Einsätze im Technikumsmaßstab ist die op-timale Anpassung des pH-aktiven Nebelabsorberszur Bindung von geruchsintensiven Bestandteilenim Abgas in der jeweiligen Anlage. Die wirkstoffhal-tigen Nebeltropfen werden dabei in dem mobilenStrömungsreaktor mit dem Abgas in Kontakt ge-bracht, wobei die geruchsmindernde Wirkung di-

rekt vor Ort durch olfaktorischen Vergleich zwi-schen Roh- und Reingas (MP1 / MP2) durch die be-teiligten Personen festgestellt werden kann.Einen Überblick über bisherige Anwendungsortedes mobilen Strömungsreaktor mit den jeweilswichtigsten emittierten Gasen und dem erzieltenWirkungsgrad der Geruchsminderung gibt Tab. 1.

Rohgasleitung

Nebelerzeugungsröhre

Rohr 1 Rohr 2 Demistor

Ansaug-leitung

MP1 MP2

KompressorHD-Pumpe

WirkstoffAblauf

pH-Wert-Messung

MP1

MP2

Messpunkt, Rohgas

Messpunkt, ReingasAbb. 1. Schematischer Aufbau des mobilen Mischnebel-

absorbers.

Tab. 1. Anwendungsbeispiele des Mischnebels mit erzielten Wirkungsgraden der Geruchsminderung

wichtigste Wirkstoffe Wirkungsgrad

Branche Gas- im der Geruchs-

komponenten Mischnebel minderung[%]

Kläranlage H2S, RSH, NH3, KOH, H2SO4, 97RNH2, VOC org. Wirkstoffe

Wertstoff- NH3,VOC H2SO4, 88recycling org. Wirkstoffe

Fett- H2S, VOC KOH, 99schmelze org. Wirkstoffe

Textilsenge SO2, VOC KOH, 94(Wolle) org. Wirkstoffe

Gießstrecke SO2, VOC KOH, 82org. Wirkstoffe

Tierprodukt- NH3, H2S,VOC KOH, H2SO4, 96verarbeitung org. Wirkstoffe

Kompost- H2S, RSH, NH3, KOH, H2SO4, 85werk RNH2, VOC org. Wirkstoffe

Bitumen- SO2, VOC, KOH, 96verarbeitung PAK org. Wirkstoffe

Ermittlung der optimalen Positionen der Düsen zur Ausbringung des Nebels im Strömungsfeld

Eine weitere wichtige Voraussetzungfür den Anlagenbauer sind Überlegun-gen zur geometrischen Anordnung derDüsen im Abluftstrom, die sicherstel-len sollen, dass der gesamte Abluft-strom mit Nebel erfüllt ist. Mit Hilfe ei-nes Lichtstreuspektrometers wurdenzunächst die Größenverteilungen dervon verschiedenen Einstoffdüsen er-zeugten Tropfen ermittelt. Für den wei-teren Einsatz wurden diejenigen Düsenausgewählt, die im Bereich kleiner

Abb. 2. Berechnete Platzierung von Düsen ineinem Strömungsfeld bekannter Strö-mungsgeschwindigkeit.

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WOLFGANG JAESCHKE, WERNER HAUNOLD & MARTIN SCHUMANN

24

Zusammenfassung und Ausblick

Der Einsatz des ambulanten Mischnebe-labsorbers im Technikumsmaßstab anneun geruchsemittierenden Anlagenaus Landwirtschaft, kommunalen Ent-sorgungsbetrieben und Industrie hat ge-zeigt, dass das bisher entwickelte Ver-fahren in der Lage ist, in all diesen Be-reichen übelriechende Emissionen zuabsorbieren. Aufgrund des Entwick-lungsstandes kann nunmehr die Errich-tung von permanent arbeitenden Anla-gen in Angriff genommen werden. Dieshat zum einen investitionsbereite Anla-genbetreiber und zum anderen qualifi-zierte Anlagenbauer zur Voraussetzung. In Zusam-menarbeit mit der Deutschen Shell Chemie GmbHist die erste Pilotanlage in der Planung.

In der Diskussion verdeutlicht Prof. Jaeschke an-hand von aktuellen Untersuchungsergebnissen dieEffektivität des Mischnebelverfahrens als Maßnah-me zur Reduktion der Geruchsemissionen einerBioabfallkompostierungsanlage. Untersuchungenzur Wirksamkeit verschiedener Tenside im Nebelzeigen den Einfluss der Tenside auf den Wirkungs-grad: von 18 Tensiden lag lediglich bei 3 Tensidender Wirkungsgrad >65 %.Untersuchungen zur Abhängigkeit des Wirkungsgra-des der Geruchsminderung durch optimierte Ten-

sidmischungen von der Strömungsgeschwindigkeitbzw. der Reaktionszeit im mobilen Nebelströmungs-reaktor sind in der Tab. 2 zusammengefasst.

Die untersuchte Tensidmischung hatte bei allen Ver-suchen das gleiche Mischungsverhältnis. Bis zu einerReaktionszeit von 6,3 s zeigte die Mischung einensehr hohen Wirkungsgrad von ca. 90 % Geruchsmin-derung gegenüber der Rohluft. Damit lag die Emissi-onsminderung in derselben Größenordnung wie derWirkungsgrad des Biofilters, der mit 94 % in paralle-len Untersuchungen ermittelt wurde. Aussagen zuden Kosten der Abluftbehandlung können zum ge-genwärtigen Zeitpunkt nicht gemacht werden.

Durchmesser (<10 µm) die größte Anzahl von Trop-fen erzeugen. In einem Windkanal wurden darauf-hin für die ausgewählten Düsen die Abhängigkeitendes Öffnungswinkels des Sprühkegels von der Strö-mungsgeschwindigkeit vermessen. Daraufhin wurdeein Programm entwickelt, mit dem berechnet wer-den kann, welche Düsenanordnung notwendig ist,um bei einer Strömung von bekannter Strömungsge-schwindigkeit und Turbulenz den gesamten Rohr-durchmesser mit den Sprühkegeln der Düsen abzu-

decken (Abb. 2). Neben seiner Funktion bei der Pla-nung der Anlagenkonstruktion ermöglicht das Rech-nerprogramm auch eine Relation zwischen dem Wir-kungsgrad des Verfahrens und den Betriebskosten.Mit ihm kann die minimal notwendige Anzahl vonDüsen für die gewünschte Effektivität der Geruchs-minderung ermittelt werden. Damit kann der Ver-brauch an Wirkstoffen bereits in der Planung abge-schätzt und eine effektive Geruchsminderung mitökonomisch vertretbarem Aufwand erreicht werden

Versuchs- Strömungs- Gas Geruchsstoff- Wirkungs-Nr. geschwindig- Volumen- konzentration grad der

keit [m/s] strom [GE/m3] Geruchs-Reaktionszeit [s] [m3/h] Rohgas Reingas minderung

1 0,65/9,7 165,4 12 704 894 93,2

2 1/6,3 254,4 11 059 1 162 89,5

3 1,3/4,9 330,8 11 059 2 765 75

4 1,8/3,5 458 7 820 3 910 50

5 2,4 610,7 11 059 7 962 28

6 3,1/2 789 11 059 9 676 12,5

Tab. 2. Geruchsminderungen in Abhängigkeit von Tensidmischungen und Re-aktionszeiten

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Biofilter - Praxiserfahrungen aus der AnlagenüberwachungADAM STRECKER*

* Dipl. Ing. Adam Strecker, TÜV Technische Überwachung Hessen, Am Römerhof 15, 60486 Frankfurt/Main

Ausgangssituation

Biofilter haben sich zur Abluftbehandlung von Ge-ruchsemissionen auf Kompostierungsanlagen bes-tens bewährt.In dem Bereich der gefassten Abluftbehandlung ent-stehen je nach Bauausführung 30 bis 60 % der Ge-samtemissionen. Die restlichen Geruchsemissionenwerden diffus emittiert.Bei der Planung von Biofilteranlagen sind die Hin-weise aus der VDI-Richtlinie 3477 zu beachten.Nach Erfahrungen des Autors kann man jedoch fest-stellen, dass die interne Überwachung nicht durch-geführt wird.Erst mit einer behördlich vorgeschriebenen Messungerinnert man sich eines Biofilters, der oft irgendwoversteckt auf dem Betiebsgelände zu finden ist.Um die biologische Reinigungsleistung von Biofilternoptimal auszunutzen ist es notwendig, dass dieDurchströmung gleichmäßig erfolgt. In der Realitätist dies oft nicht der Fall und es treten lokal ungleich-mäßig durchströmte Zonen auf.Es gibt Zonen mit hoher Durchströmung und Zonenmit geringer Durchströmung.Das Durchströmverhalten von Biofiltern kann durchfolgende Kontrollen ermittelt werden:• optische Kontrollen• Messung Geschwindigkeitsprofil• Messung Temperaturprofil (Infrarot-Messung)• GeruchskonzentrationsmessungDas Durchströmverhalten von offenen Biofilternkann auch durch eine Begehung festgestellt wer-den. Bei niedrigen Außentemperaturen kann manauf dem Biofilter ein evtl. unterschiedliches Ab-strömverhalten durch eine unterschiedlich starkeWasserdampffahne von der Biofilteroberfläche be-obachten. Von der Seite aus ist eine Beobachtungnicht möglich. Der Biofilter muss betreten werden.Im Rahmen einer Geruchsmessung kann das Ge-schwindigkeitsprofil bei offenen Biofiltern mit einerProbenahmehaube ermittelt werden. Die Auswer-tung der Ergebnisse zeigen jedoch einige Problemeauf, weil die gemessene Abluftgeschwindigkeit zum

Teil von der Abdichtung der Probenahmeeinrich-tung abhängig ist.Die Darstellung der Durchströmung von Biofilternkann optimal durch eine Infrarot-Messung erfolgen.Durch Temperaturmessungen können die inhomo-genen Flächen erkennbar ermittelt werden (Beispie-le siehe Diskussion).In der Regel werden zur Kontrolle des Biofilters Ge-ruchsemissionsmessungen durchgeführt.Dargestellt werden die Ergebnisse der letzten 100Einzelmessungen des TÜV und von ca. 50 einge-reichten Einzelmessungen von anderen Institutenbei der HLUG in Kassel (Abb. 1).Die Ergebnisse des TÜV zeigen folgendes Bild (Abb. 2):

ca. 10 % der Werte über 1000 GE/m³ca. 13 % der Werte von 600–1000 GE/m³ca. 77 % der Werte von 50–500 GE/m³

Der Biofilter wird eingesetzt, um die Rohgaskonzen-tration wesentlich zu vermindern und die Geruchs-art so zu verändern, dass der unangenehme Geruchverschwindet.

Das Ziel einer wirksamen Emissionsminderungs-maßnahme wird erreicht, wenn durch Emissions-messung folgendes festgestellt wird: • die Geruchskonzentration im Reingas ist gleich

kleiner 5·102 GE/m³ • die Geruchsart des Rohgas wird durch 100 % der

Probanden in Reingas nicht mehr erkanntWerden die Kriterien erreicht, so können dieGerüche in der Regel im Beurteilungsgebiet nichtmehr festgestellt werden. Ein Unterschied zwischender Grundbelastung und der Biofilterabluft (bei ent-sprechender Verdünnung) ist nicht mehr vorhanden.Durch die Zahlenangabe von 5 ·10² GE/m³ kanndeutlich gemacht werden, dass eine Beanstandungder Messwerte erst ab 5,5 ·10² GE/m³ (entspricht550 GE/m³) erfolgt.Bei Geruchsmessungen in der Abluft von Biofiltern

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ADAM STRECKER

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ist es ratsam, auch die Konzentrationen im Rohgaszu ermitteln. Damit kann der Betriebszustand derAnlage und der Geruchsminderungswirkungsgradermittelt werden. Ein Vergleich der Geruchsart zwi-schen Reingas und Rohgas ist möglich.Im Rohgas von Biofilteranlagen können nach denvorliegenden Ergebnissen Emissionskonzentratio-nen von ca. 5 000 bis 20 000 GE/m³ auftreten.Danach kann ein theoretischer Wirkungsgrad von90 % bis über 99 % abgeleitet werden.Nach den durchgeführten Messungen des TÜVzeigte jede 4. Messung einen mangelhaften Betriebdes Biofilters an.Die Ursachen von geringer Filterleistung sind:Austrocknung der Biofilter• Temperatur im Rohgas ist zu hoch

• Temperaturschwankungen im Rohgas• Ausfall der Vorbehandlung (Befeuchtung)

Ungleiche Durchströmung des Biofilters• Austrocknung• Konstruktionsfehler (Randabdichtung)• Filtermaterial wurde nicht gleichmäßig aufgetra-

gen• verstopfte Spaltenböden

Leckagen in der Rohgasleitung• bei Kanälen aus Betonfertigteilen

geringe Ablufterfassung• defekte Rohrleitung• Verschmutzung der Ablufterfassungssysteme

600

500

400

300

200

100

0

Ger

uchs

konz

entr

atio

n in

GE/

Anzahl der Werte

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45

Abb. 1. Häufigkeitsverteilung Reingaskonzentration Biofilter(HLUG).

Anzahl der Einzelmessungen

Ger

uchs

konz

entr

atio

n in

GE/

8000

7000

6000

5000

4000

3000

2000

1000

0

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61 65 69 73 77 81 85 89 93 97

Abb. 2. Häufigkeitsverteilung Reingaskonzentration Biofilter(TÜV).

Zusammenfassung

Biofilter werden in der Regel zur Minderung vonGeruchsemissionen eingesetzt. Werden Biofilterordnungsgemäß betrieben und Fehlerquellen wäh-rend des Betriebes ermittelt und behoben, könnenGeruchsbeeinträchtigungen aus diesem Betriebsbe-reich erfolgreich vermieden werden.

Leider mussten bei von uns durchgeführten Mes-sungen bei fast jedem vierten Biofilter eine unzurei-chende Filterleistung beanstandet werden.Grund hierfür ist hauptsächlich die mangelhafte Ei-genkontrolle der Betreiber. Der Biofilter wird imtäglichen Arbeitsablauf übersehen. Durch geeignete

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Biofilter – Praxiserfahrungen aus der Anlagenüberwachung

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Auflagen zur Kontrolle durch den Betreiber könn-te bereits eine kontinuierlich gute Filterleistunggewährleistet werden.Erstmalige und wiederkehrende Messungen einerMessstelle führen in der Folgezeit zu einer befrie-digenden Leistung der Biofilteranlagen. Weil inder Regel Messungen nur alle drei Jahre durchge-führt werden, sollte durch Kontrollen der betrieb-lichen Überwachung ein optimaler Betrieb ge-währleistet werden.

Diskussion

Die Standzeiten der Biofilter und die damit ver-bundene Eigenkontrolle, aber auch die behördli-che Überwachung wird unterschiedlich diskutiert.Aufgrund der Erfahrungen in anderen Bundeslän-dern mit offenen Großbiofiltern wird die jährlicheÜberwachung (von behördlicher Seite) als sinnvollangesehen. Erörtert wurden aber auch die Mög-lichkeiten für sinnvolle kontinuierliche Kontrollein-richtungen (FID, „elektronische Nase“ u.ä.), bzw.diskontinuierliche Varianten (Geschwindigkeits-messungen, Thermografiebilder).Während üblicherweise die Messung der Tempe-ratur und der Durchströmung nur lokal begrenztmit Hilfe eines Messpunkterasters erfolgt, bietetdie Thermographie die Möglichkeit, die Tempera-turverteilung über eine Fläche zu ermitteln.

Anhand der Infrarot-Temperaturmessung ist einRückschluss auf die Strömungsverhältnisse mög-lich.Zunächst drei Beispiele:Außentemperatur ca. 20° CRohgastemperatur ca. 35–40° CTemperaturbereich 20–35° C

Abb. 3 zeigt große Bereiche mit kalten Zonen,was auf geringe Durchströmung schließen lässt,und lokal sehr begrenzte Zonen mit sehr hoherTemperatur.Hier ist zu vermuten, dass die kleinen Flächensehr stark durchströmt werden.

Abb. 4 zeigt größere Inhomogenitäten der Tempe-raturverteilung.Im rechten Teil sind deutlich größere Bereichemit der maximalen Temperatur zu erkennen.

Abb. 3. Biofilter 1 mit großen Bereichen geringer Durchströmung.

Abb. 5. Biofilter 3 mit gleichmäßiger Rohgasdurchströmung.

Abb. 4. Biofilter 2 mit großen Inhomogenitäten der Temperatur-verteilung.

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ADAM STRECKER

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Die Temperatur des Rohgases wird kaum abgekühlt.In diesem Bereich kann auf eine hohe Durchström-geschwindigkeit geschlossen werden.Im Gegensatz kann vermutet werden, dass der linkeBereich sehr schlecht durchströmt wird.Betrachtet man bei Abb. 5 die Farbendarstellungder Temperaturverteilung an der Oberfläche des

Biofilters, so ist zu erkennen:• Es existieren kaum Bereiche mit der maximalen

Temperatur.• Dunkle Bereiche mit der maximalen Temperatur

sind nur in geringem Umfang vorhanden.• Der Filter wird relativ gleichmäßig mit wärme-

rer Abluft durchströmt.

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Standortkriterien aus Sicht des ImmissionsschutzesMATTHIAS BÜCHEN *

* Dr. Matthias Büchen, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Rheingaustraße 186, 65203 Wiesbaden

Einleitung

Die Standortkriterien aus Sicht des Immissions-schutzes sind für eine Kompostanlage im Grunde die-selben wie für andere emittierende Anlagen; es gilt,die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzge-setzes (BImSchG) zu erfüllen. Ich möchte den §1BImSchG in Erinnerung rufen und dabei darauf hin-weisen, dass durch die Änderung des UVP-Gesetzesvom 27. Juli 2001 (Artikelgesetz) auch die Emissio-nen aus dem Bereich der Abfallwirtschaft explizit imBImSchG angesprochen sind. Die nächste Änderungdes BImSchG ist heute aber bereits absehbar; dieLuftqualitätsrichtlinie der EG von 1996 und ihreTochterrichtlinien mit den Immissionsgrenzwertenmuss in deutsches Recht umgesetzt werden und diesbedeutet auch, dass neben der TA Luft und der 22.BImSchV auch das BImSchG noch einmal novelliertwerden muss. Wegen der Formulierung in Artikel 1der Luftqualitätsrichtlinie– „Erhaltung der Luftqualität, sofern sie gut ist, und

Verbesserung der Luftqualität,wenn dies nicht der Fall ist.“–

dürfte der Vorsorge zur Erhaltung der Luftqualität –auch in Gebieten mit geringer oder mittlerer Immis-sionsbelastung – zukünftig wahrscheinlich größeresGewicht eingeräumt werden.Die relevanten Schadstoffkomponenten, die vonKompostanlagen emittiert werden und die im Um-feld der Anlage zu schädlichen Umwelteinwirkun-gen führen können, sind nach heutigem Kenntnis-stand Geruch und Keime. In Zukunft könnten auchfür Kompostanlagen die klimarelevanten Gase Me-than und Distickstoffoxid (N2O) zu betrachten sein.Geruchseinwirkungen können aufgrund ihrer Ge-

ruchsart, Intensität oder Häufigkeit ihres Auftretenseine erhebliche Belästigung sein und sind dann imSinne des BImSchG als schädliche Umwelteinwir-kung zu bewerten. Erhöhte Keimkonzentrationensind eine Gesundheitsgefahr, wobei die Bewertungvon Keimkonzentrationen je nach Keimart sehr un-terschiedlich ist und für alle Keimarten noch weiterabzusichern ist. Beide Komponenten haben bei derPrüfung von Standorten aus Sicht des Immissions-schutzes unterschiedliche Charakteristik. Währendbei der Bewertung von Gerüchen vor allem die Häu-figkeit des Auftretens von Gerüchen bewertet wird- soweit es sich nicht um ekelerregende Gerüchehandelt -, sind bei Keimen vor allem die Maximal-konzentrationen für die lufthygienische Bewertungwesentlich. Dieser Unterschied bei den zu bewer-tenden Kenngrößen kann für einen Standort beiden Komponenten Geruch und Keimen zu unter-schiedlichen Ergebnissen bei der Standortbewer-tung führen.

Mindestabstand

Standorte von Kompostanlagen sind bei der Flä-chennutzungsplanung wegen der von ihnen ausgehen-den Emissionen so auszuweisen, dass ein ausreichen-der – d.h. Belästigungen bzw. schädliche Umweltein-wirkungen ausschließender – Abstand zur Bebauung

im Umfeld gewährleistet ist; ebenso ist es Aufgabe derBauleitplanung sicherzustellen, dass neue Baugebieteausreichend Abstand zu vorhandenen bzw. in der Pla-nung ausgewiesenen Standorten von emittierendenAnlagen wie z.B. Kompostwerken einhalten.

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MATTHIAS BÜCHEN

Der sogenannte Abstandserlass aus Nordrhein-West-falen, der für die Fragestellung Bauleitplanung Min-destabstände zwischen nach BImSchG genehmi-gungsbedürftigen – sowie einige weitere – Anlagenund Wohngebieten vorgibt, legt für Kompostanlagenmit mehr als 10 t/h Durchsatz 500 m, für die nachvereinfachten Verfahren zu genehmigenden Anla-gen (Jahresdurchsatz >6 570 t/a bis <87 600 t/ a)300 m, sowie für nicht nach BImSchG genehmi-gungsbedürftige Kompostanlagen 100 m als Minde-stabstand fest.

In dem Referentenentwurf Novellierung TA Luftvom 12. 06. 2001 werden jetzt ebenfalls für „Anla-gen zur Erzeugung von Kompost aus organischenAbfällen“ (Anlagen der Nummer 8.5) und für „Anla-gen zur Vergärung von Bioabfällen und Anlagen, dieBioabfälle in Konfermentationsanlagen mitverarbei-ten“ (Anlagen der Nummer 8.6) Mindestabständezur Wohnbebauung festgelegt. Folgende Mindesab-stände werden genannt:Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organi-schen AbfällenBei Anlagen mit einer Durchsatzleistung von 3 000 tje Jahr oder mehr

a) bei geschlossenen Anlagen (Bunker,Haupt- und Nachrotte) von 300 mb) bei offenen Anlagen (Mietenkom-postierung) von 500 m

Anlagen zur Vergärung von BioabfällenBei Anlagen mit einer Durchsatzleistung von 10 tAbfällen je Tag oder mehr

a) bei geschlossenen Anlagen (Bunker,Vergärung, Nachrotte) von 300 mb) bei offenen Anlagen von 500 m

Der Mindesabstand kann unterschritten werden,wenn die Emissionen an geruchsintensiven Stoffendurch emissionsmindernde Maßnahmen so gemin-dert werden, dass die Immissionszusatzbelastungderjenigen bei Einhaltung des Mindestabstandesentspricht.

Zu dem Konzept, Mindestabstände zur Gewährlei-stung des Immissionsschutzes einzusetzen, sind fol-gende Anmerkungen zu machen:• Wenn man wenig über die Emissionen eines An-

lagentypes hinsichtlich Art der Emissionskompo-

nenten und Immissionsbewertung weiß bzw.große Variabilitäten möglich sind, können ausrei-chend bemessene Mindestabstände, die die Er-fahrungen an ähnlichen Anlagen berücksichtigen,ein sinnvolles Instrument der Immissionsschutz-planung sein.

• Für ebenes Gelände geltende Mindestabständekönnen nicht ohne weiteres in orographisch ge-gliedertem Gelände angewendet werden – d.h.z.B. an Standorten, an denen, gebündelt durchein Tal, die Hauptwindrichtung eine deutlichgrößere Häufigkeit haben kann als in ebenemGelände oder Kaltluftströmungen die Ausbrei-tungsverhältnisse einschränken.

• Wenn für die relevante Emissionskomponenteein Immissionsgrenzwert definiert ist, muss si-chergestellt sein, dass bei Einhaltung des Min-destabstandes auch der Immissionsgrenzwerteingehalten ist.

• Wenn keine Beurteilungsgrundlagen für die Im-misonsbewertung verfügbar sind, ist der Min-destabstand als die Entfernung zu sehen, in dervon den Emissionen keine – oder höchstens nochbezogen auf die Vorbelastung irrelevante – Ein-wirkungen nachweisbar sind.

• Betriebsgröße, technische Besonderheiten derAnlagentechnologie und Besonderheiten bei denEinsatzstoffen müssen bei der Festlegung derMindestabstände – zumindest in groben Klas-sen – berücksichtigt werden.

• Beurteilungsgrundlagen im Bereich des Immis-sionsschutzes können sich erfahrungsgemäß imLauf von Jahrzehnten ändern und pragmatischfestgelegte Mindestabstände unterliegen einemsolchen Änderungsprozess eher als wirkungsbe-zogen nachvollziehbar festgelegte Grenzwerte.

Diese Diskussion soll deutlich machen, dass Min-destabstände vor allem für kleinere oder in einersehr frühen Phase der Standortfindung auch für diegroßen Kompostanlagen hilfreich sein können. Fürdie lufthygienische Bewertung reicht für das kon-krete Genehmigungsverfahren für die größerenKompostanlagen die Aussage „Mindestabstand isteingehalten“ nicht aus und muss durch eine stand-ort- und anlagenspezifische Einzelfallbetrachtunghinsichtlich der resultierenden Immissionsbela-stung im Umfeld der Anlage ergänzt werden.

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Standortkriterien aus Sicht des Immissionsschutzes

Bedeutung besonderer Ausbreitungssituationen

Bei Kompostanlagen bzw. allen Quellen mit boden-nahen Emissionen hat die Häufigkeit von Kalt- bzw.Frischluftströmungen bei Transportrichtung von derAnlage zur Wohnbebauung eine besondere Bedeu-tung, da in der bodennahen Kaltluft die Verdün-nung von Luftbeimengungen sehr schlecht ist unddaher z.B. Gerüche über wesentlich größere Entfer-nungen wahrgenommen werden als bei anderenAusbreitungsbedingungen.Im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Würt-temberg wurde ein Screening-Modell für die Aus-breitung von Gerüchen in Kaltluftabflüssen erarbei-tet. Das Modell weist für einen auszuwählendenStandort und vorzugebende Quelldaten kritischeBereiche aus, in denen bei Kaltluftabflusssituatio-nen mit dem Auftreten von Gerüchen gerechnetwerden muss. Das Geruchsfeld wird für einen Ter-min in den ersten Abendstunden – also zu Beginnder Kaltluftströmung – und einen zweiten Terminam Ende der Nacht berechnet. Aufgrund dieserAussage des Screeningsmodells kann die Planungs-behörde entscheiden, ob die Kaltluftfrage in einemGenehmigungsverfahren vertieft behandelt werdenmuss. Die Modellrechnungen zeigen für mehrereStandorte, dass sich im Lauf der Nacht die Richtungder Kaltluftströmung vollständig umdrehen kann.Während am Anfang der Nacht die Kaltluft, die vonden direkt umliegenden Hangflächen abfließt, dieRichtung des Kaltluftstromes bestimmt, kann sicham Standort im Laufe der Nacht der mächtigere

Kaltluftstrom aus einem etwas entfernteren Tal amStandort durchsetzen. Eine solche Situation habenwir in Hessen z.B. am Standort der KompostanlageSemd, wo sich im Verlauf der Nacht ein Kaltluft-strom durchsetzt, der im Bereich der Kompostan-lage entgegen den üblichen Vorstellungen überKaltluftströme hangauf fließt; die mächtige Kaltluft-strömung aus dem Odenwald überlagert einfach dieschwache sich auf Grund der Hangneigung ausbil-dende lokale Kaltluftströmung. Betrachtet man den Tagesgang der Emissionen, sosind bei den meisten Anlagen die Emissionen überTag größer als über Nacht, wenn der Betrieb ruht,und im wesentlichen nur die nicht abgedecktenFlächen (z.B. Mieten) diffus Emissionen freisetzen.Bei Geruch sind bei Entfernungen größer 500 mvon der Quelle – insbesondere wenn Kaltluftflüssedie Ausbreitung beeinflussen – die geringerennächtlichen Emissionen oft die Ursache der Ge-ruchsbelästigungen und seltener die stärkeren Ge-ruchsemmissionen über Tag. Maximalwerte z.B. beiKeimmessungen sind dagegen im Nahbereich umdie Anlagen mit bodennahen Emissionen – d.h. bisca. 200 m Quellentfernung – bei stabiler Tempera-turschichtung zur Zeit hoher Emissionsraten überTag zu finden. Je nach betrachteter Komponenteund für die Beurteilung der Immissionseinwirkungzu betrachtender Kenngröße, müssen die Fragestel-lungen für die Ausbreitungsrechnungen unter-schiedlich lauten.

Zusammenfassung

Einfache Standortkriterien, mit denen die Eignungeines Standortes für eine Kompostanlage geprüftwerden kann, gibt es nicht. Vielmehr ist es erfor-derlich jeden Fall einzeln zu prüfen. Klar ist, dasseine genehmigungsbedürftige Kompostanlage nachden Vorgaben der Verordnungen und Verwaltungs-vorschriften bzw. entsprechend dem Stand derTechnik mehr oder weniger voll eingehaust seinund stark geruchsbelastete Abluft einer Abgasreini-gungsanlage zugeführt werden muss. Diese techni-sche Lösung hat auch den Vorteil, dass bei dengrößeren Anlagen im Normalbetrieb die boden-nahen Emissionen, die sich in ihrem Ausbreitungs-verhalten nicht so genau wie die über Schornsteinabgeleiteten Emissionen in ihrem Ausbreitungsver-

halten simulieren lassen, nur noch in geringemUmfang ( z.B. abgestellte leere Container, Fertig-kompostlager usw.) auftreten. Mit den verfügbarenAusbreitungsmodellen lässt sich dann auf Basis derEmissionsdaten und der standortspezifischenWindverteilung bzw. Ausbreitungsklassenstatistikeine valide Aussage über die zu erwartende Ge-ruchshäufigkeit oder auch Keimbelastung machen.Diese technisch perfekten Lösungen führen dazu,dass nach dem Ergebnis der Immissionsprognoseauch Kompostanlagen relativ dicht an die Bebauungheranrücken könnten. Vor zu viel Optimismus istaus lufthygienischer Sicht aber zu warnen; hier ha-ben festgeschriebene Mindestabstände auch wie-der ihr Gutes. Bei den Immissionsprognosen wer-

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MATTHIAS BÜCHEN

den die Schwankungen im Emissionsverhalten,kleinere Emissionsspitzen wie Störungen der Luft-schleusen für die Einfahrt in den Bunker, Emissio-nen aus noch nicht abgefertigten Anlieferfahrzeu-gen usw. die einzeln genommen nicht besonderskritisch sind, sich in ihrer Wirkung aber überlagernkönnen, oft nicht mit ausreichender Reserve – ein-fach weil zu wenig über diese Emissionen in derPlanungsphase bekannt ist – berücksichtigt. Vor al-

lem ist aber zu fordern, dass die Modellrechnun-gen die lokalen Windverhältnisse sachgerechtberücksichtigen. Geruchsemissionen, die bei übli-chen Austauschverhältnissen in 200 m von der An-lage nicht mehr wahrnehmbar sind, können, wennsie in einem Kaltluftstrom freigesetzt werden, oftnoch in einem Kilometer Entfernung wahrgenom-men werden.

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Bioaerosole im Umfeld von Kompostierungsanlagen– Erfahrungen aus dem Vollzug*

VOLKER KUMMER **

* Vortrag anlässlich der 7. Münsteraner Abfallwirtschaftstage**Volker Kummer, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Rheingaustraße 186, 65203 Wiesbaden

Ausgangssituation

Um zu gesicherten Erkenntnissen und zur Versachli-chung der Diskussionen über die Problematik mögli-cher Gesundheitsgefährdungen durch Bioaerosolim-missionen im Umfeld von Kompostierungsanlagenzu kommen, wurde in Hessen 1997 ein entspre-chendes Untersuchungsprogramm durchgeführt. ImErgebnis wurde einerseits deutlich, dass eine gene-relle gesundheitliche Gefährdung durch biologischeAgenzien in der Umgebung von Kompostierungsan-lagen nicht ableitbar ist. Andererseits kann aufgrundder Topographie und meteorologischen Situation imEinzelfall ein erhöhtes Belastungspotenzial vorlie-gen. In der Konsequenz hieraus wurde ein erweiter-tes Förderprogramm aufgelegt. Mit dem Genehmigungsverfahren von Kompostie-rungsanlagen, das sich hinsichtlich Geruchs- undBioaerosolbegrenzung an den Vorgaben des Bundes-

Immissionsschutzgesetzes orientieren muss, soll fol-gender zentraler Grundsatz sichergestellt werden:

Anlagen sind so zu errichten und zu betrei-ben, dass schädliche Umwelteinwirkungenund sonstige Gefahren....nicht hervorgerufenwerden können, und dass Vorsorge gegenschädliche Umwelteinwirkungen getroffenwird, insbesondere durch die dem Stand derTechnik entsprechenden Maßnahmen zurEmissionsbegrenzung. (§5(1) BImSchG)

Da aber weder Handlungsanleitungen noch Grenzwer-te zur Beurteilung von Immissionskonzentrationen fürBioaerosole vorliegen, ein Genehmigungsanspruch beigegebener Vorsorge hinsichtlich schädlicher Umwelt-einwirkungen dagegen besteht, ergeben sich hierauserhebliche Schwierigkeiten und Unsicherheiten beider Durchführung von Genehmigungsverfahren.

Erkenntnisse aus der Genehmigungsüberwachung

Für die Festlegung von Emissionswerten existierennur wenige verlässliche Grundlagenerhebungen,auch für die Bewertung von Immissionskonzentra-tionen lassen sich keine wissenschaftlichen Ablei-tungen heranziehen. Mit der Festlegung von Emissi-onsrichtwerten kann trotzdem im Einvernehmenmit dem Betreiber der Stand der Technik des Anla-genbetriebes unter dem Blickwinkel der Emissions-kontrolle fortentwickelt werden.

EmissionsuntersuchungenIn den Abbildungen 1–3 werden Untersuchungenaus verschiedenen Anlagenüberwachungen zusam-mengefasst.Aus den Ergebnissen der 3 Abbildungen lassen sichfolgende Schlussfolgerungen ziehen:

• selbst bei einem Biofilter mit einer gefassten Ab-luft unterliegen die Messergebnisse einer Streu-

ung von etwa einer Zehnerpotenz (siehe Abb. 1)• daraus resultieren erhebliche Probleme in der

Messwertbewertung• Optimierungsmassnahmen (Filterwechsel, wei-

tergehende Massnahmen) hatten keine signifi-kante Veränderung der Mikroorganismenemissio-nen zur Folge (siehe Abb. 2)

• Einflussfaktoren auf das Emissionsverhalten einesBiofilters werden zumindest bei unsystemati-schen Überprüfungen nicht deutlich

• zur Beurteilung des Abscheideverhaltens einesBiofilters müssen Rohgas-/Reingasuntersuchun-gen erfolgen

• das Abscheideverhalten des Biofilters in Bezugauf einzelne Mikroorganismengruppen ist unter-schiedlich (siehe Abb. 3)

• ob die Betriebsweise oder Inputmenge und In-putmaterial die Wirkungsweise des Biofilters stär-ker beeinflussen ist nicht ableitbar.

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Von Herrn Kühner werden durch verschiedene Ver-suchsergebnisse Emissionsminderungen durch se-mipermeable Membranen auch in Bezug auf Bioae-rosole verdeutlicht.Auf die Ergebnisse im Beitrag von Herrn Kühnerwird hingewiesen.

2

VOLKER KUMMER

Abb. 1. Messwertstreuung (gefasste Abluftquelle, Biofilter<1 000 m3/h).

1,E+08

1,E+06

1,E+04

1,E+02

cb

a

1,27E+059,38E+04

2,42E+06

1,11E+063,19E+06

5,33E+05

Ges

amtk

eim

zahl

KBE

/m³

Biofilter 1Biofilter 2

1,E+08

1,E+06

1,E+04

1,E+021 2 3 4 5 6 Probenahmetag

50% 75% 80% 80% 90% 85%Auslastungsgrad der Kompostanlage

Ges

amtk

eim

zahl

KBE

/m³

Biofilter 1 Biofilter 2

Abb. 2. Biofilter-Optimierung (geschlossene Kompostierungs-anlage; Bio- und Grünabfall <10 000 Mg/a; Filterma-terial: Siebreste/Rindenmulch ab Probenahmetag 4.Filtermaterial 1 Grünschnitt, RindenFiltermaterial 2 Kokosfasern

Ges

amtk

eim

zahl

KB

E/m

³

1,E+08

1,E+06

1,E+04

1,E+02Rohgas

A.1Rohgas

A.2Rohgas

B.1Reingas

A.1Reingas

A.2Reingas

B.1

Schimmelpilze 50 ˚C Bakterien 37 ˚CActinomyceten 50 ˚C

Abb. 3. Bioaerosolemissionen-Biofilter.Anlage A: Bioabfallkompostierungsanlage 20 000Mg/a, Biofilter: 2 Segmente maximal 115 m3/h·m2

Anlage B: Bioabfallvergärungs- und Kompostierungs-anlage 30 0000 Mg/a, Biofilter: 2 Segmente maximal100 m3/h·m2.

Perspektive und weitere Forschungsaktivitäten

a. Bundesweites UntersuchungsprogrammDie Ergebnisse aus dem hessischen Untersuchungs-programm haben zu weitergehendem Forschungs-bedarf geführt. In einem interdisziplinären For-schungsprojekt, dessen Koordinierung der Univer-sität Gießen obliegt, sollen bis 2001 an insgesamtneun Kompostierungsanlagen in Nordrhein-Westfa-

len, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hes-sen Bioaerosolmessungen im Anlagenumfeld durch-geführt werden. Durch eine möglichst einheitlicheMessstrategie soll die Vergleichbarkeit, durch dieBerücksichtigung unterschiedlicher Anlagencharak-teristika und Umfeldbedingungen (Meteorologie,Topografie) die Übertragbarkeit erzielt werden. Zeit-

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Bioaerosole im Umfeld von Kompostierungsanlagen – Erfahrungen aus dem Vollzug

gleich mit den Bioaerosolmessungen werden Gerü-che erfasst und Anwohner ausgewählter Anlagendurch Ärzte zu Gesundheitsbeeinträchtigungen undErkrankungen befragt.

b. NormierungsarbeitenIn der Kommission Reinhaltung der Luft im VDI undDIN wurde 1999 ein Gemeinschaftsausschuss ‘Bio-aerosole und biologische Agenzien’ der Fachberei-

che Umweltqualität und Messtechnik gegründet.Hiermit verbunden ist die Bildung von 7 Arbeits-kreisen. In der AG ‘Emissionsquellen und -min-derungsmaßnahmen“ werden Daten zu Verfahrender weitergehenden Abluftreinigung zusammenge-fasst und soweit möglich bewertet. Allerdings zeigtdie bisherige Arbeit, dass zum jetzigen Zeitpunkt dieErkenntnisse für eine abschließende verfahrens-technische Bewertung nicht ausreichen. Die Erar-beitung und Dokumentation weitergehender Grund-lagendaten ist notwendig.