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Elektromobilität, Wasserstoff und Brennstoffzellen Deutsche Forschungsprojekte und -ansätze Das Informationsblatt der Abteil ung für Wissenschaft und Technologie der französischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland Dez.-2009 Umweltschonende Technologien für den Automobilantrieb von morgen

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Elektromobilität, Wasserstoff und Brennstoffzellen Deutsche Forschungsprojekte und -ansätze

Das Informationsblatt der Abteilung für Wissenschaft und Technologie der französischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland – Dez.-2009

Umweltschonende Technologien für den Automobilantrieb von

morgen

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Direktor der Veröffentlichung: Mathieu J. Weiss Redaktionsleiterin: Dipl.-Ing. Nadia Heshmati Übersetzung: Jana Ulbricht

Kostenlose Veröffentlichung seitens der Französisch en Botschaft in Deutschland. Eine vollständige oder teilweise Verbreitung dieser Ausgabe ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Wissenschaftsabteilung der Französischen Botschaft in Deutschland gestattet. Redaktion Französische Botschaft in Deutschland; Abteilung für Wissenschaft und Technologie; Anschrift: Pariser Platz 5, D-10117 BERLIN - Tel:+49 30 590 039 000 ; Fax:+49 30 590 039 265 ; Internet: www.wissenschaft-frankreich.de ; E-Mail: [email protected]

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Science Allemagne – Umweltschonende Technologien für den Automobilantrieb von morgen - 12/2009 1

Inhalt

Vorwort.........................................................................................................3

Marktvorbereitung von Kraftstoff- und Antriebstechnologien für die Zukunft - Das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie ......5

Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der deutschen Bundesregierung........8

Mobilität im Umbruch....................................................................................12

Die BMBF-Innovationsallianz LIB 2015 –Information des Projektträgers Jülich......14

Modellregion Berlin-Potsdam – Integrativer Ansatz zur Einführung der

Elektromobilität............................................................................................16

Management und Monitoring von Batterien in Elektro- und Hybridfahrzeugen ......18

Entwicklung von Sicherheitskonzepten für Fahrzeugbatterien.............................21

Rückgewinnung der Wertstoffe aus zukünftigen Li-Ion-basierten Automobil-

Batterien.....................................................................................................24

Netzintegration von Elektrostraßenfahrzeugen .................................................27

Batterie- und brennstoffzellenbetriebene Straßenfahrzeuge - Partner oder Konkurrenten? .............................................................................................31

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Science Allemagne – Umweltschonende Technologien für den Automobilantrieb von morgen - 12/2009 3

Vorwort

Wie sieht das Auto der Zukunft aus? Politik, Forschung und Industrie versuchen derzeit eine Antwort auf diese Frage zu finden. Es wurden bereits zahlreiche Lösungen gefunden und verschiedene För-derprogramme unterstützen die Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet, insbesondere bezüg-lich neuer Antriebstechnologien und Energiespeicher. Vor dem Hintergrund einer Ressourcenknapp-heit sind Verkehrsangelegenheiten und Umweltbelastungen in den Vordergrund gerückt. Angesichts des Ziels einer Senkung der CO2-Emissionen sieht sich die Automobilindustrie der Herausforderung gegenüber, innovative alternative Antriebstechnologien zu entwickeln. Deutschland nimmt in diesem Bereich bereits eine Vorreiterrolle ein. Die Bundesregierung fördert seit einigen Jahren zahlreiche Forschungsprogramme. Deutschland soll ein Leitmarkt für Elektromobilität werden, d.h. für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen fahren.

Brennstoffzellen und Wasserstoff sind bekannte mögliche Lösungen und werden seit Jahrzehnten erforscht und entwickelt. Sie sind jedoch noch nicht marktfähig. Bereits 2006 wurde das „Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien“ (NIP) gestartet: es basiert auf einem Public Private Partnership und fördert Projekte im stationären, mobilen und portablen Bereich von der Grundlagenforschung bis hin zur Marktvorbereitung.

In letzter Zeit wurden die Forschungsbemühungen auf die Batterietechnologie konzentriert und zahl-reiche Hoffnungen ruhen nun auf dieser Technik. Nach der Gründung der Allianz für Lithium-Ion-Batterien (LIB 2015) im November 2007 hat die Bundesregierung im August 2009 ihren „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ (NEPE) verabschiedet, welcher Energiespeicher, Antriebstechno-logien, die Netzintegration, usw. umfasst. Um die verschiedenen Akteure zu vernetzen und den Tech-nologie- bzw. Know-How-Transfer zu fördern, werden derzeit Allianzen und Programme für Elektro-mobilität vom BMBF und deutschen Forschungsgemeinschaften, wie der Helmholtz-Gemeinschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft initiiert und es gründen sich zahlreiche Industrieallianzen. Die neuesten Entwicklungen konzentrieren sich auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Die Entwicklung der Li-thium-Ion-Batterie nimmt dabei einen wichtigen Platz in den aktuellen Forschungsprojekten ein. Zahl-reiche Parameter sind jedoch noch nicht ausgereift: Reichweite, Größe, Kosten, Ladezeiten, Sicher-heit, Recycling, Netzintegration, usw.

In dieser Ausgabe der «Science Allemagne» wird auf die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Bat-terietechnologien in Deutschland eingegangen. In diesem Zusammenhang werden die wichtigsten Programme zur Förderung alternativer Antriebstechnologien beschrieben: NIP, NEPE, LIB 2015 sowie mehrere Projekte im Bereich der Optimierung von Batterien (Werkstoffe, Sicherheit, Vergleich der Technologien). Da die Einführung von Elektrofahrzeugen auch andere Bereiche einschließt, wie z. B. den Energiesektor und die Netzintegration, werden auch diese Themen in diesem Wissenschaftsblatt aufgegriffen.

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Marktvorbereitung von Kraftstoff- und Antriebstechnologien

für die Zukunft - Das Nationale Innovationsprogramm Wasser-

stoff- und Brennstoffzellentechnologie

Dr. Klaus Bonhoff, Sprecher der Geschäftsführung der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW)

Dr.-Ing. Klaus Bonhoff, Jahrgang 1968, promovierte 1998 nach seinem Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und an der ENSTA, Paris am Institut für Energieverfahrenstechnik der Forschungszent-rum Jülich GmbH. Während seiner beruflichen Karriere hatte er ver-schiedene Positionen im Bereich der alternativen An-triebe und der Brennstoffzellenentwicklung inne. Im Rahmen seiner Aufgaben war Dr. Bonhoff für die DaimlerChrysler AG u. a. Sprecher des deutschen Strategierats Wasserstoff und Brennstoffzellen, Vor-sitzender der Arbeitsgruppe “Transportation” des Implementationspanels der europäischen Wasserstoff

und Brennstoffzellen Technologieplattform (HFP), Vorsitzender des Steuerkreises der Clean Energy Partnership Berlin (CEP) sowie Mitglied des Vor-stands des World Fuel Cell Council / FC Europe. Seit Februar 2008 ist er Geschäftsführer (Sprecher) der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW). Die NOW ist eine Bundesgesellschaft und hat die Aufgabe die Umset-zung des Nationalen Innovationsprogramms Wasser-stoff und Brennstoffzelle, welches auf einer strategi-schen Partnerschaft zwischen Bund, Wissenschaft und Industrie beruht, zu steuern und zu koordinieren.

Darüber, wie lange wir noch von der Ressource Erdöl profitieren können, werden unterschiedliche Aussagen getroffen. In einem stimmen die Experten aber über-ein: Die Ressource wird in Zukunft knapper und damit teurer werden. Diese Entwicklung muss im Zusam-menhang gesehen werden mit der Tatsache, dass sich das Klima der Erde durch hohe CO2-Emissionen verändert. Wir stehen in diesem Hinblick also vor gro-ßen wirtschaftlichen und umweltpolitischen Herausfor-derungen und müssen marktfähige Alternativen zu Öl und Gas entwickeln, die die Umweltbelastungen ver-ringern und wirtschaftlich sind. Denn für den Wirt-schafts- und Industriestandort Deutschland geht es in Zukunft auch darum, im Bereich der Mobilität an der Weltspitze zu bleiben. Um beide Ziele — Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit — zu erreichen, müssen Indus-trie, Politik und Wissenschaft gemeinsam neue und zukunftsfähige Lösungen erarbeiten.

Wasserstoff als Kraftstoff im Verkehrsbereich und die Brennstoffzelle als Effizienztechnologie in allen Berei-chen der Energieversorgung können in näherer Zu-kunft einen sehr wertvollen Beitrag zur Schonung der Umwelt und zur Schaffung zukunftsfähiger Arbeits-plätze in Deutschland leisten. In diesem Zusammen-hang ist auch die Elektromobilität zu sehen. Denn für die Zukunft müssen wir auf die Diversifizierung der Kraftstoff- und Antriebstechnologien setzen.

Dabei muss Deutschland auf seine hervorragende Startposition aufbauen und aus dem bestehenden technologischen Vorsprung einen wirklichen Markt- und Standortvorteil erzielen. Wenn wir jetzt nicht zügig

handeln, tun es die anderen. Dann laufen wir Gefahr, dass die neuen Kraftstoff-, Antriebs- und Energietech-nologien nicht aus Deutschland, sondern nach Deutschland kommen – geliefert aus Japan, Korea oder den USA.

NIP – Nationales Innovationsprogramm Wasser-stoff- und Brennstoffzellentechnologie

Die Bundesregierung hat das erkannt und gemeinsam mit wichtigen Partnern aus Industrie und Wissenschaft das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) aus der Taufe ge-hoben. Das NIP soll entscheidend dazu beitragen, die Marktvorbereitung für Wasserstoff- und Brennstoffzel-lenanwendungen in Deutschland zu beschleunigen, um zügig die Markt- und Serienreife der Produkte zu erreichen. Deshalb werden neben Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Grundlagenbereich ganz besonders auch groß angelegte Projekte zu Alltags-demonstrationen von Systemen gefördert.

Das Gesamtbudget des auf zehn Jahre bis 2016 an-gelegten NIP beträgt 1,4 Milliarden Euro. Bereitgestellt wird die Summe je zur Hälfte vom Bund — dem Bun-desministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) — und der beteiligten In-dustrie. Für die Marktvorbereitung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie nennt das NIP drei Bereiche: «Verkehr und Wasserstoffinfrastruktur», «Stationäre Energieversorgung» und «Spezielle Märk-te».

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Im NIP werden Einzelprojekte thematisch oder regio-nal sinnvoll zusammengefasst. Dadurch werden Pro-jektcluster geschaffen, mit denen sich einerseits De-monstrationsversuche umfassender und alltagsnäher durchführen lassen. Andererseits erhöht dies die Sichtbarkeit der Projekte und ermöglicht ein gemein-sames Lernen der Partner. Die so zusammengeführ-ten Projekte werden »Leuchttürme« genannt. Diese Demonstrationsprojekte machen den größten Teil des NIP aus. So sind rund 65 Prozent der NIP-Mittel dafür vorgesehen, die Alltagstauglichkeit und Zuverlässig-keit von Komponenten und Systemen aufzuzeigen und dadurch den späteren kommerziellen Einsatz systematisch vorzubereiten.

NOW – Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie

Zur Koordinierung und Steuerung des NIP gründete die Bundesregierung, vertreten durch das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), im Februar 2008 die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie — kurz NOW. Die NOW bildet seither die Schnittstelle einer strategi-schen Allianz zwischen Bund, Industrie und Wissen-schaft. Neben der Gestaltung und Koordination des NIP gehören zu den Aufgaben der NOW auch die Bewertung der eingereichten Demonstrationsprojekte, die Verknüpfung von Demonstrationsprojekten mit der Forschungs- und Entwicklungsarbeit, Querschnittsauf-gaben, wie Studien, die Kommunikation der NIP-Ziele und die Pflege internationaler Beziehungen in der Wasserstoff- und Brennstoffzellenszene.

Die NOW ergänzt dabei die klassischen Aufgaben der Projektträger. In ihren Gremien bringt NOW Entwick-ler, Forscher und Politiker immer wieder zusammen und bietet ihnen eine Plattform, in der sie das NIP flexibel und nach ihren Bedürfnissen weiterentwickeln können. Politische Ziele formulieren, Technologien vorantreiben, Märkte vorbereiten — das ist ein inte-grierter Prozess, bei dem sich die Partner gegenseitig immer wieder frische Impulse und wertvolle Rückkop-pelungen geben. So kommen die spezifischen Stärken jedes einzelnen Partners am besten zum Tragen.

Bereits in der relativ kurzen Zeit seit Gründung der NOW ist es gelungen, zahlreiche wegweisende Pro-jekte zu starten. Das hat wohl nicht zuletzt damit zu tun, dass viele Unternehmen auf den Startschuss der NOW gewartet haben, um die gemeinsam verabrede-ten Vorhaben umzusetzen. Bis April 2009 gingen bei der NOW 170 Projektvorhaben ein, die diskutiert be-ziehungsweise bewertet wurden. Das Gesamtvolumen dieser Projektideen beträgt 663 Millionen Euro. Pro-jektpartner sind neben Weltkonzernen aus der Auto-,

Energie- und Mineralölindustrie, auch Mittelständler aus Bereichen, wie zum Beispiel Heizung und Frei-zeitgeräte sowie städtische Verkehrsbetriebe, ein-schlägige wissenschaftliche Einrichtungen und Tech-nologieinitiativen auf Länderebene.

Mobilität – NIP

Exemplarisch für durch das NIP geförderte Mobilitäts-projekte steht die Clean Energy Partnership (CEP). Im September 2008 ging die CEP [1] in ihre zweite Pha-se. Seither werden 48 Prozent der Gesamtmittel der CEP aus dem NIP beigesteuert. Partner in der CEP sind die zwölf Unternehmen BMW Group, Berliner Verkehrsbetriebe BVG, Daimler, Ford, General Motors /Opel, Hamburger Hochbahn, Linde, Shell, Statoil-Hydro, TOTAL, Vattenfall Europe sowie Volkswagen. Gemeinsam will die NOW mit diesen Unternehmen nachweisen, dass Wasserstoff bereits heute sicher durch normale Anwender im Straßenverkehr genutzt werden kann und dass zur Bereitstellung von Wasser-stoff regenerative Energien sinnvoll genutzt werden können (s. auch [2]). Die CEP konzentriert sich zu-nächst auf die Schlüsselregionen Berlin und Hamburg — und ist das größte Demonstrationsvorhaben dieser Art in Europa.

Derzeit befinden sich in Berlin und Hamburg fast 40 Personenkraftwagen sowie in jeder Stadt eine Busflot-te im täglichen Praxiseinsatz. Bis 2010 wird die PKW-Flotte voraussichtlich noch einmal deutlich vergrößert werden. Der weitere Ausbau eines entsprechenden Tankstellennetzes wird parallel vorangetrieben. In Berlin gibt es bislang eine feste und zwei mobile Tankstellen, bis 2010 werden weitere feste Tankstel-len dazukommen, die in herkömmliche und öffentlich zugängliche Tankstellen integriert werden. In Hamburg kommt zur bestehenden Versorgung noch eine Tank-stelle in der HafenCity hinzu. Die Wasserstoffregion Berlin-Hamburg nimmt zunehmend Gestalt an.

Elektromobilität

Zur Weiterentwicklung insbesondere der Batterietech-nologie hat die Bundesregierung in ihrem Konjunktur-paket II zu Jahresbeginn 2009 die Summe von 500 Millionen ausgewiesen. In diesem Budget enthalten ist das Programm „Modellregionen Elektromobilität“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung (BMVBS). Ziel des neuen Programmes, des-sen Umsetzung wie beim NIP von der NOW gesteuert wird, ist es, Deutschland zum so genannten lead mar-ket in der Elektromobilität aufzubauen. Das heißt, dass neben der Stärkung der technologischen Kompeten-zen, ganz konkret im Vordergrund steht, in einigen Gebieten Elektro-Modellregionen – individueller Ver-kehr, öffentlicher Personentransport, Güterverkehr – zu etablieren. Hersteller, Infrastruktur-Betreiber und

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Kunden werden in den Modellregionen Teil des Pro-jekts sein.

Internationale Zusammenarbeit – Weltwasserstoff-konferenz 2010 in Essen

Schlussendlich ist für den Erfolg von Wasserstoff und Brennstoffzelle die internationale Zusammenarbeit ein nicht unerheblicher Faktor. NOW ist in die Arbeit der International Partnership for the Hydrogen Economy (IPHE) eingebunden und unterhält intensive bilaterale Beziehungen zu der Europäischen Kommission sowie zu Ländern mit starken Wasserstoff- und Brennstoff-zellenprogrammen wie die USA oder Japan.

Deutschland wird darüber hinaus Gastgeber der nächsten Weltwasserstoffkonferenz [3] 2010 in Essen sein. Dort gilt es nicht nur für die deutschen einschlä-gigen Unternehmen, wissenschaftlichen und öffentli-chen Einrichtungen ein deutliches Signal für die Was-serstoff- und Brennstoffzellentechnologie abzugeben.

Für die zukünftige Mobilität werden Wasserstoff-, Brennstoffzellen- und Batterietechnologien eine we-sentliche Rolle spielen. Für Deutschland und Europa gilt es, beim Wettlauf um die Märkte der Zukunft an der Spitze zu bleiben und die Technologien hier vor Ort zur Marktreife zu bringen.

Weiterführende Links

[1] http://www.cleanenergypartnership.de [2] http://www.germanhy.de [3] http://www.18whec2010.de

Kontakt

Dr. Klaus Bonhoff Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoff-zellentechnologie http://www.now-gmbh.de

Telefon +49 (0) 30 311 6110 10 E-Mail [email protected]

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Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der deutschen

Bundesregierung

Prof. Dr. Uwe Lahl, Generaldirektor, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit

Prof. Uwe Lahl, geboren am 20. März 1951, war zwischen 1986 bis 1991 Beigeordneter der Stadt Bie-lefeld, Leiter des Dezernats für Umweltschutz und Gesundheit, Geschäftsführer der MVA Bielefeld-Herford GmbH und des Zweckverbandes Reststoff-deponie Bielefeld-Herford. Von 1992 bis 1994 war er als Staatssekretär beim Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung des Landes Bremen tätig. Von 1994 bis 2001 übte er die Funktion des Geschäftsfüh-

rers der BZL Kommunikation und Projektsteuerung GmbH, Oyten, aus. 1996/97 war er Geschäftsführer der ITU Ingenieurgemeinschaft Technischer Um-weltschutz GmbH, Berlin/Saarbrücken. Seit 2001 ist er Ministerialdirektor im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Leiter der Abteilung Immissionsschutz und Gesundheit, Anlagensicherheit und Verkehr, Chemikaliensicher-heit.

Die Bundesregierung hat zur Umsetzung des Integrier-ten Energie- und Klimapakets IEK [1] die Erarbeitung eines „Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität“ – NEPE - angekündigt. Der NEPE wurde am 19. Au-gust 2009 von der Bundesregierung beschlossen [2].

Ziel des von BMU, BMWi, BMVBS und BMBF in ge-meinsamer Federführung erarbeiteten NEPE ist es, die Forschung und Entwicklung, die Marktvorbereitung und die Markteinführung von batterieelektrisch betrie-benen Fahrzeugen in Deutschland voranzubringen. Hierzu werden Potentiale, Herausforderungen und Handlungsfelder identifiziert, Ziele definiert und Hand-lungsempfehlungen formuliert. Diese werden jeweils auf die Bereiche Energiespeicher, Fahrzeugtechnik, Infrastruktur- und Netzintegration sowie Rahmenbe-dingungen heruntergebrochen.

Zur Entwicklung des Marktes sieht der NEPE folgende Stufen als realistisch an:

1. Phase der Marktvorbereitung bis 2011,

2. Phase des Markthochlaufs bis 2016 und

3. Phase des Volumenmarktes ab 2017.

Bis 2020 sollen eine Million Elekt-rofahrzeuge auf dem deutschen Markt sein und Deutschland zum Leitmarkt der Elektromobilität entwickelt werden [3].

Die erste Phase des Entwick-lungsplans ist bereits mit Finanz-mitteln aus dem Konjunkturpro-gramm II in Höhe von 500 Mio. € finanziell unterlegt [4]. Daraus werden FuE-Projekte in Bereichen wie Batterieherstellung, Fahrzeugentwicklung, Netzin-tegration und Modellregionen gefördert. Für die fol-genden Phasen sieht der NEPE eine Verstetigung der Mittel vor. U.a. soll ein Marktanreizprogramm geprüft

werden. Dieses ist auch aus Sicht des BMU mittelfris-tig erforderlich, um die Markteinführung der Elektro-fahrzeuge zu ermöglichen. Allerdings sollte der Zeit-punkt so gewählt werden, dass auch schon Fahrzeuge aus deutscher Produktion in den Genuss der Förde-rung kommen.

Bezüglich der für das BMU zentralen Kopplung von Elektrofahrzeugen an erneuerbare Energien [5] konn-ten Fortschritte gegenüber der Formulierung im IEKP erreicht werden. Es wird konkretisiert, dass zur De-ckung der zusätzlichen Stromnachfrage durch erneu-erbare Energien zusätzliche Ausbaupotentiale der erneuerbaren Energien zu erschließen sind, sofern nicht schon durch die Netzintegration der Elektrofahr-zeuge die EE-Strommenge erhöht werden kann. Letz-teres kann aber nur für Elektrofahrzeuge gelten, die in Regionen am Netz sind, in denen zu bestimmten Zei-ten das Angebot an erneuerbaren Energien die ge-samte Stromnachfrage übersteigt. Somit ist die Er-schließung zusätzlicher EE-Potentiale auf alle Fälle notwendig.

Energiespeicher

• Senkung der Batteriekosten

• Erhöhung der Energiedichte

• Erhöhung der Lebensdauer und Zyklenfestigkeit

• Verbesserung der Sicherheit

Fahrzeugtechnik

• Entwicklung und Optimierung elektrischer Komponenten

• Elektrifizierung von Hilfsaggregaten

Netzintegration

• Aufbau eines Netzes von Ladestationen

• Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien

• 1. Schritt: Zeitgesteuerte Ladung

• 2 Schritt: Rückspeisung

Rahmen-bedingungen

• Aus- und Weiterbildung

• Recycling der Batterien

• Standardisierung und Normung, z.B. Ladestecker

• Ordnungsrecht (z.B. Kennzeichnung und Parkplätze für E-Autos)

Märkte

• Entwicklung von Geschäfts-modellen

• Beschleunigung der Marktein-führung

• Förderung der Markteinführung

Abbildung 1: Zentrale Handlungsfelder des Nationa-len Entwicklungsplan „Elektromobilität“

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Abbildung 2: Förderschwerpunkte Elektromobilität

Da Elektromobilität ein sehr breites Spektrum von Akteuren betrifft, ist eine Zusammenarbeit von Politik, Industrie, Wissenschaft, Kommunen und Verbrau-chern institutionell zu verankern. Hierzu soll eine „Na-tionale Plattform Elektromobilität“ etabliert werden. In diesem Kreis soll die Umsetzung und Vertiefung des NEPE abgestimmt werden. Auf Ebene der Bundesre-gierung erfolgt dies über den Ressortkreis Elektromo-bilität (BMU, BMWi, BMVBS, BMBF). Ferner soll eine Koordinierungsstelle der Projektträger eingerichtet werden, die zunächst der Abstimmung der Projekte aus dem Konjunkturpaket II von BMU, BMWi, BMVBS und BMBF dient.

Die Bundesregierung hat für die Phase 1 des NEPE mit dem Konjunkturpaket II einen Grundstein gelegt. Fast 500 Millionen Euro werden bis 2011 in die For-schung und Entwicklung von Elektrofahrzeugen und deren Batterien sowie die Netzintegration und die In-frastruktur investiert. Hier ist noch viel Arbeit zu leis-ten, denn bei aller Euphorie über die Vorteile der Elektromobilität gilt es, die Herausforderungen nicht aus dem Blick zu verlieren. Batteriehersteller, Autoin-dustrie und Energieversorger brauchen noch einige Jahre, bis alle Komponenten technisch ausgereift und bezahlbar für einen Massenmarkt zur Verfügung ste-hen und ein Netz von Ladestationen errichtet ist. Erst ab 2012 ist in Europa mit Elektrofahrzeugen in größe-ren Stückzahlen zu rechnen.

Dennoch müssen wir schon bald den Hebel von der Forschung und Entwicklung auf Markteinführung um-stellen. Ab 2012 soll nach dem Nationalen Entwick-lungsplan „Elektromobilität“ der Bundesregierung die Phase des Markthochlaufs beginnen; für 2020 ist un-ser Ziel, dass mindestens eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Dies ist eine gewaltige Herausforderung angesichts der aktuellen Wirt-

schaftskrise, die die Automobilbran-che besonders hart trifft. Was wir in dieser Situation brauchen, ist un-

ternehmerischer Mut, gepaart mit einer Zusage von Seiten der Politik, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die schwierige Startphase poli-tisch zu flankieren. Erinnern wir uns: Die Erfolgsge-schichte der deut-schen Photovol-

taikhersteller begann vor rund 10 Jahren mit dem 100.000-Dächer-Programm der Bundesregierung. Damit wurde der Absatz der damals noch sehr teuren Module ermöglicht. Heute sind deutsche Hersteller führend in diesem Segment. Mit einem 100.000-Elektroauto-Programm können wir diese Erfolgsge-schichte wiederholen. Sind erst einmal hohe Stück-zahlen erreicht, kommt eine sich selbsttragende Ent-wicklung in Gang. Daher wird im Rahmen des NEPE geprüft, wie – den Beispielen anderer Länder folgend – auch in Deutschland ein staatlicher Kaufzuschuss von z. B. 5.000 € gewährt wird.

Ein weiteres Thema sind die in Deutschland befristet gewährten Steuerbefreiungen für Elektrofahrzeuge. Hier wird die Verlängerung der Steuerbefreiung disku-tiert.

Auch die öffentliche Hand muss hier eine Vorbildfunk-tion einnehmen und bei Neuanschaffungen von Fahr-zeugen vermehrt auf umweltfreundliche Elektroautos setzen. Einige Länder, darunter die USA, China, Frankreich, Großbritannien und Portugal, haben be-reits Marktanreizprogramme aufgelegt, obwohl es praktisch noch keine Serienfahrzeuge gibt. Damit be-einflussen sie geschickt die Standortentscheidungen der Autohersteller, wie das Beispiel Nissan zeigt: Das Unternehmen hat jüngst angekündigt, seine ersten Werke für E-Autos in Portugal und Großbritannien zu errichten, weil dort entsprechende Rahmenbedingun-gen existieren. In Deutschland wird im Rahmen des NEPE zu entscheiden sein, ob beispielsweise die öf-fentliche Hand, sobald die Elektrofahrzeuge auf dem Markt sind, eine Quote für die Neubeschaffung zu erfüllen hat.

Beim Elektroauto wird vieles anders sein, auch das Geschäftsmodell: Die Fahrzeuge werden vor allem deshalb anfangs teurer sein als konventionelle Model-le, weil die Batterie mit deutlich mehr als 5.000 Euro zu Buche schlägt. Ein Teil der Mehrkosten amortisiert sich langfristig dadurch, dass Elektroautos günstiger im Betrieb sind: Eine Strecke von 100 Kilometern ver-

Zeitraum

Phase

Phase 1

Markt- und Tech.Vorbereitung

Phase 2

Start Kommer-zialisierung

Phase 3

Markthochlauf

Phase 4

Volumen

• Nachholbedarf• Produktionstechnologien

für Li-Ionen-Batterien der 1. Generation, Grundlagen der Li-Ionen-Batterien 2. Generation

• Produktionsanlauf von Li-Ionen-Batterien der 1. Generation

• Massenproduktion von Li-Ionen-Batterien 1. Generation

• Produktionsanlauf von Li-Ion-Batterien der 2. Generation

• Massenproduktion Li-Ionen-Batterien der 2. Generation

Technik- / Fokus Batterie-technologie

Infrastruktur(regional)

• Infrastruktur in 5 bis 6 Modell-Regionen

• Netzanbindung

• Infrastruktur in 20 wichtigsten Stadt-zentren

• Verdichtung der Stadt-zentrenladeinfrastruktur

• Flächendeckende Infrastruktur

Fahrzeuge(sektoral)

• Erste E-Fzg. Proto-typen (serienreif) für Piloten verfügbar

• E-Fzg. in begrenzter Anzahl von Segmenten zur Verfügung

• Mehrheit der OEMs mit mindestens einem E-Fzg. im Portfolio

• Ausbreitung E-Technologie in weiteren Segmenten

Kunden • Ausgewählte Kunden für den Piloten

• Erste "innovators" Kunden erfolgreich gewonnen

• Weitere Kunden-segmente gewonnen –"early adopters"

• Weitere Kundensegmente gewonnen – "earlymajority"

Rahmen-bedingungen

• Kurz- bis mittelfristige Rahmenbed. zur Unter-stützung von E-Fzg. festgelegt (inkl. Pilot)

• Langfristige Rahmen-bedingungen zur massiven Marktdurch-dringung von E-Fzg. festgelegt

• Überwachung der Effektivität der einge-führten Fördermaß-nahmen

• Überwachung der Effektivität der einge-führten Fördermaß-nahmen

Schw erpunkte des Förderbedarfs

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ursacht im elektrischen Betrieb Energiekosten von rund 3 Euro. So aber rechnen die wenigsten privaten Käufer. Für sie ist der Kaufpreis entscheidend. Wenn nun Autohersteller oder andere Akteure wie Energie-versorger attraktive Leasingangebote für die Batterie anbieten, ändert sich für den Käufer die Kalkulation auf der Zeitleiste erheblich. Dabei ist zu berücksichti-gen, dass moderne Batterien auch dann noch einen hohen Restwert haben, wenn sie sich aufgrund der Alterung nicht mehr für den Hochleistungsbetrieb im Auto eignen. Als stationäre Speicher zur Stabilisierung des Stromnetzes können sie dann von den Elektrizi-tätsversorgern genutzt werden.

Der Halter eines Elektroautos spart nicht nur Geld durch niedrigere Energiekosten, er kann auch Geld verdienen: Das Auto ist im Prinzip eine Immobilie. Rund 23 Stunden am Tag steht es, nur eine Stunde wird es bewegt. Wenn das Fahrzeug über Nacht un-produktiv in der Garage parkt, kann es ans Stromnetz angeschlossen dem Energieversorger oder dem Betreiber einer Windkraftanlage als Stromspeicher wertvolle Dienste leisten. Das deutsche Bundesum-weltministerium hat mit dem Kombikraftwerksbonus bereits einen Vorschlag erarbeitet, wie diese System-leistung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vergütet werden kann.

Der Paradigmenwechsel vom 100 Jahre alten Konzept des Autos mit Verbrennungsmotor zum Elektroauto wird kommen. Die Frage ist nur wann er stattfinden wird und wo. Deutschland ist führend im Fahrzeugbau und in modernen Energie- und Umwelttechnologien. Es hat fähige Ingenieure und umweltbewusste Verbraucher. Politik, Industrie und Verbände müssen sich nun rasch unter dem Dach der von der Bundes-regierung angekündigten „Nationalen Plattform Elekt-romobilität“ zusammenfinden und die weiteren Schritte zur Markteinführung der Elektroautos vereinbaren.

Wenn wir alles richtig machen, dann werden unsere Enkel eines Tages im Museum vor einer der fossilen Limousinen des Industriezeitalters stehen und sich fragen, welche Funktion eigentlich der Auspuff hatte.

Fazit

In allen wichtigen Industrieländern bzw. Ländern mit wirtschaftlich starker Automobilindustrie wird über das Thema E-Mobility intensiv gearbeitet. Viele Länder haben zwischenzeitlich eigene Entwicklungspläne verabschiedet, in denen auch erhebliche Finanzmittel festgelegt sind, um die Elektromobilität voranzubrin-gen. So werden allein in den USA 2,7 Milliarden $ reserviert, mit dem Schwerpunkt Batterietechnik (2 Milliarden $).

Die Wertschöpfung der zukünftigen PKWs wird sich verschieben [6]. Sie wird hauptsächlich auf drei Fel-dern stattfinden:

• der Batterie,

• dem Geschäftsmodell,

• dem range Extender.

Nur bei Letzterem hat die deutsche bzw. europäische Automobilindustrie sicherlich gute Anknüpfungspunkte an die heutige Technikführerschaft. Für die Batterie-thematik ist eine Technologieführerschaft von 3 bis 5 Jahren in Asien vorhanden. Es ist offen, ob Europa bzw. die USA aufholen werden und können. Hier set-zen die jeweiligen Entwicklungs- bzw. Konjunkturpro-gramme an.

Das Thema „Geschäftsmodelle“ ist ein in Deutschland noch wenig beachteter Problemkreis [7]. Im Kern kann über die Frage, in welchem Geschäftsmodell der Strom erworben und in die Batterie gelangt, ein erheb-licher Einfluss auch auf die Konzeption des PKWs ausgehen. Das Interesse vieler PKW-Anbieter, ihr Verkaufsprodukt auf CO2=Null zu stellen, würde im Rahmen dieses Geschäftsmodells zu realisieren sein. Da aber in keinem Modell der Strom aus der Steckdo-se direkt aus einer regenerativen Erzeugung stammt, sind hierbei auch grundlegende Fragen des Strom-marktes angesprochen. Und im Falle eines darüber hinaus gewünschten Beitrags der E-Mobile zum bes-seren Netzmanagement werden auch Fragen von komplexen elektronischen Steuerungsmechanismen angesprochen bis hin zu Bonuszahlungen und sonsti-gen Transferleistungen.

Der Beitrag stellt die Bemühungen der Bundesregie-rung dar, im Rahmen eines „Nationalen Entwicklungs-plans Elektromobilität“ NEPE zusammen mit der deut-schen Automobilindustrie und der Stromwirtschaft sich dieser Entwicklung zu stellen. Es zeigt sich, dass die deutsche Automobilindustrie auf dem Feld der E-Mobility keine globale Technologieführerschaft, wie dies für den konventionellen Antrieb der Fall ist, zu verteidigen hat. Ganz im Gegenteil, die Aufgabe lau-tet: aufzuholen. Während in Japan, Frankreich oder in den USA die ersten kommerziell erhältlichen Modelle im nächsten Jahr (2010) auf den Markt kommen sol-len, lauten die Planungen in Deutschland 2012 oder 2013.

Die wesentlichen Eckpunkte des NEPE sind:

• 500 Mio. € für Elektromobilität aus dem Konjunk-turpaket II

• Marktanreizprogramm für 100.000 Elektroautos; Ziel 2020: 1 Million Elektrofahrzeuge in Deutsch-land zugelassen

• Die „Nationale Plattform Elektromobilität“ etabliert sich aus Vertretern der Politik, der Industrie und Wissenschaft, der Kommunen sowie der Verbrau-cher, es werden aufgabenbezogene Arbeitsgrup-pen eingerichtet

• Es soll auf Einladung der Bundesregierung 2010 eine Internationale Konferenz Elektromobilität

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stattfinden. Ziel ist auch die Verzahnung der Um-setzungsschritte des Nationalen Entwicklungs-plans mit dem weltweiten Geschehen.

• Erst durch Nutzung von erneuerbaren Energien können Elektrofahrzeuge ihr ökologisches Innova-tionspotential voll entfalten [8]. Aus diesen Grün-den soll nach Auffassung der Bundesregierung die durch Elektrofahrzeuge zusätzlich generierte Stromnachfrage durch die Bereitstellung zusätzli-cher erneuerbarer Energien gedeckt werden.

• Um die Kopplung erneuerbarer Energien mit Elek-tromobilität voranzutreiben, sind folgende Maß-nahmen erforderlich:

- Berücksichtigung von Elektrofahrzeugen als Stromspeicher im Rahmen des EEG („Kombi-kraftwerkbonus“)

- Mehrfachanrechung von Elektrofahrzeugen beim CO2-Flottengrenzwert bei Verwendung von erneu-erbarer Energie. Hierfür wird sich Deutschland bei der Überprüfung der spezifischen Emissionsziele der CO2-PKW-Verordnung im Jahr 2013 einset-zen.

- Vollständige Anrechung des von E-Fahrzeugen genutzten EE-Stroms auf das nationale Ziel der EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Ener-gien.

Weiterführende Links

- [1] http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/gesamtbericht_iekp_en.pdf

- [2] http://www.bundesregierung.de/nn_1516/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2009/08/2009-08-19-regpk.html

- [3] Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität: erhältlich über [email protected]

- [4] http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/elektromobilitaet_konjunkturpaket_ii_bf.pdf

- [5] Siehe auch: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2009/24416946_kw20_elektroauto/index.html

- [6] http://www.atzonline.de/index.php;do=show/id=9934/alloc=1

- [7] Ein spannendes Geschäftsmodell siehe: http://www.betterplace.com

- [8] http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/elektromobilitaet_ee_arbeitspapier.pdf

Kontakt

Dr. Uwe Lahl Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Telefon +49 (0)188 830 52400 E-Mail [email protected]

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Mobilität im Umbruch

Dr. Thomas Schlick, Geschäftsführer für Technik und Umwelt beim VDA in Frankfurt.

Dr. Thomas Schlick ist am 24.06.1962 in Frank-furt/Main geboren. Er hat an der Technischen Hoch-schule in Darmstadt Maschinenbautechnik studiert und ist seit Oktober 2003 Geschäftsführer für Technik und Umwelt beim VDA in Frankfurt. Dazu gehören alle umweltrelevanten Themen, wie Abgas-Emission

und Luftreinhaltung, alle übergreifenden technischen Themen, wie die Normungsstelle FAKRA, die For-schungsgemeinschaft Automobiltechnik FAT sowie das Qualitätsmanagement Center QMC. Von 1989 bis 2003 war er bei Siemens / VDO tätig; er leitete von 1994 bis 1999 Siemens / VDO Tschechien.

Die Antwort der Automobilindustrie auf die Anforde-rungen des Klimaschutzes, der Versorgungssicherheit, der steigenden Ölpreise und des Erfordernisses be-zahlbarer Mobilität heißt, die Anstrengungen zu inten-sivieren und den Straßenverkehr vom Öl immer unab-hängiger zu machen. Das setzt einen hohen For-schungs- und Entwicklungsaufwand voraus. Keine andere Branche investiert so viel in die Zukunft wie die deutsche Automobilindustrie. Mit 18 Mrd. Euro leistet sie mehr als ein Drittel aller Forschungs- und Entwick-lungsausgaben des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland. Darunter sind zu einem erheblichen Teil Technologien für Verbrauchsreduktion und die Ent-wicklung alternativer Antriebe. Der noch lange Weg „weg vom Öl“ stellt hohe Anforderungen an Innovatio-nen und die Leistungsfähigkeit der Automobilindustrie. Er führt nicht über eine Technik, sondern ist eine Stra-tegie der Vielfalt unterschiedlicher Wege. Unser Fahr-plan steht, um die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren und eine nachhaltige Mobilität zu erreichen.

Jedes Prozent Effizienzsteigerung verringert die Ab-hängigkeit vom Öl. Die Automobile der deutschen Automobilindustrie sind schon heute hoch effizient, dennoch ist die Effizienzsteigerung noch nicht voll-ständig ausgereizt. Unsere Ingenieure arbeiten daran. Neue Motorengenerationen, forcierter Leichtbau und optimierte Getriebe oder Hybridantriebe werden den Kraftstoffverbrauch weiter mindern.

Kaum ein Produkt befindet sich derart häufig, intensiv und emotional im Fokus der öffentlichen Diskussion wie das Automobil. Eine lange Reihe von Verbesse-rungsvorschlägen im Zusammenhang mit dem Auto-mobil, dem wichtigsten Verkehrsträger in Europa, wird öffentlich vorgetragen und diskutiert.

Umweltschutz durch Minimierung der Abgasemission, Klimaschutz, Ressourcenschonung und Kraftstoff-verbrauch, das sind die Themen, mit denen sich die Ingenieure der Hersteller und Zulieferer tagtäglich mit großem Erfolg auseinandersetzen. Die Zielsetzung der Entwicklungsdisziplinen ist klar:

• Die Automobilindustrie wird ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Verringerung des CO2-Ausstoßes, mithin des Kraftstoffverbrauchs, steht ganz oben auf der Agenda der Hersteller und Zu-lieferer.

• Und auch die Verbesserung der Luftqualität wird weiter intensiv vorangetrieben. Stichworte sind hier die Partikel- sowie die Stickoxidemission.

Klimaschutz

Die Klimaschutzbilanz des Straßenverkehrs in Deutschland kann sich sehen lassen. In Deutschland gingen die verkehrsbedingten CO2-Emissionen seit 1999 um ein Siebtel zurück – mehr als in jedem ande-ren Industrieland.

Von 1999 bis 2006 verringerten sich die CO2-Emissionen im deutschen Straßenverkehr um gut 14 Prozent. Ein Minus von 25 Millionen Tonnen. Mag auch der Tanktourismus eine gewisse Rolle hierbei spielen, vor allem aber ist dieser Erfolg auf innovative Fahrzeugtechnik und den Trend zum Diesel als Sprit-sparer zurückzuführen. Somit ist ausgerechnet Deutschland mit seinen oftmals als Spritschlucker beschimpften Autos der Vorreiter in Sachen CO2.

Umweltschutz und Luftqualität

Partikelfilter beim Diesel-Pkw, SCR-Systeme beim Lkw und die Verbesserungen in der Motorentechnik sind die wesentlichen Schlüsselworte für saubere Antriebstechniken. In den nächsten Jahren werden die Emissionen aus dem Straßenverkehr noch weiter sinken. Rechenmodelle prognostizieren eine Redukti-on der Emissionen des Straßenverkehrs im Jahr 2020 gegenüber 1990 von 94 Prozent bei flüchtigen Koh-lenwasserstoffen, 86 Prozent bei Partikeln, 90 Prozent bei Kohlenmonoxid und 73 Prozent bei Stickoxiden.

Das Umwelt- und Klimaschutz-Konzept der Hersteller und Zulieferer im VDA stützt sich auf eine Bandbreite unterschiedlicher Antriebsformen und hat daher für

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jeden Transportzweck, jede Nutzungsform des Kun-den die richtige Lösung parat.

Die drei Stufen dieses Konzeptes sind beschrieben durch

• das Einsparen, also die Verbesserung der kon-ventionellen Antriebe, vom Lufteinlass bis hin zum Reifen;

• die Ergänzung durch Biokraftstoffe insbesondere der zweiten Generation;

• und letztlich durch das Ersetzen der heutigen An-triebsformen durch Alternativen wie den Wasser-stoffantrieb oder die Elektromobilität.

Auf längere Sicht wird der Verbrennungsmotor aller-dings dominierendes Antriebskonzept bleiben, denn der Otto und der Clean Diesel sind noch lange nicht am Ende ihrer Karriere, vielmehr werden sie weitere Verbesserungspotentiale durch innermotorische und Abgasnachbehandlungsmaßnahmen freisetzen.

Hinzu kommen innovative Systeme im Antriebsstrang, vom Getriebe bis hin zum Reifen. Und auch die Nut-zung alternativer Kraftstoffe ist integraler Bestandteil dieses Konzeptes.

Kraftstoffe

Ein weiteres Element unserer Strategie ist die Einfüh-rung von alternativen Kraftstoffen, wie z. B. Erdgas oder erdgasbasierte flüssige Kraftstoffe. Andere alter-native Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen können die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen deutlich und nachhaltig senken und haben weitere Vorteile, denn sie sind regenerativ, CO2- und schad-stoffarm. Bereits heute ist Deutschland das Land mit dem höchsten Einsatz von Biodiesel in Europa. Neue Biokraftstoffe, wie Ethanol oder BTL (Biomass to Li-quid) werden das Angebot ergänzen und den Anteil der regenerativen Kraftstoffe am Markt weiter erhö-hen. Die Biokraftstoffe der zweiten Generation sind beinahe CO2-neutral, schadstoffarm und stellen keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion dar. Zudem kann der Bedarf allein aus europäischer Quelle ge-deckt werden. Importe sind nicht erforderlich. Damit kommen diese Kraftstoffe unserem Ziel umweltfreund-lich erzeugter und CO2-sparender Biokraftstoffe sehr nahe.

Der Blick in die Zukunft

Die Fortschritte in der Batterietechnologie beflügeln nicht nur die Entwicklung von Hybridfahrzeugen. Auch Fahrzeuge, die ihre Antriebsenergie komplett aus einem modernen elektrischen Energiespeicher bezie-hen, erscheinen mittelfristig durchaus wieder als eine mögliche Alternative, um den CO2-Ausstoß im Verkehr nachhaltig zu senken.

Die heute im Bereich der mobilen Computer- und Te-lekommunikationsgeräte weit verbreitete Technologie der Lithium-Ionen basierten Batteriesysteme hat nach aktuellen Erkenntnissen auch ein großes Potential für den Einsatz in Fahrzeugen. Sie ermöglicht größere Energiemengen bei vertretbarem Volumen und Ge-wicht zu speichern und erfüllt so eine erste wesentli-che Voraussetzung. Reichweiten von 200 km und mehr werden sich mit Lithium-Ionen-Batterien in einem PKW erreichen lassen. Allerdings müssen für einen Serieneinsatz im Automobil noch weitere sehr wichtige Anforderungen erfüllt werden. So müssen solche Bat-terien nicht nur den im Fahrzeugalltag zahlreich auftre-tenden Stößen und Vibrationen standhalten, sie dür-fen auch im Falle eines Unfalles keinerlei Gefahrenpo-tential für alle Beteiligten freisetzen.

Langfristig wird Wasserstoff, der regenerativ gewon-nen wird und damit umwelt- und klimaneutral ist, eine zunehmende Rolle als Antriebsmedium spielen. Was-serstoff wird dann entweder in Brennstoffzellen oder direkt im Verbrennungsmotor eingesetzt.

Wasserstoff kann aus heutiger Sicht die aus fossilen Rohstoffen erzeugten Treibstoffe, wie Benzin und Diesel, ersetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die-ser dann regenerativ erzeugt wird. Die Automobilher-steller arbeiten bereits seit Jahren gemeinsam mit namhaften Unternehmen der chemischen Industrie, der Mineralölindustrie und öffentlichen Forschungsein-richtungen daran, die weiter wachsenden Mobilitäts-ansprüche der Menschen auf diesem Wege zu si-chern. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass die Umsetzung und Überführung der heute be-reits vorhandenen technischen Konzepte in die Se-rienproduktion erst langfristig erfolgen kann.

Kontakt

Dr. Thomas Schlick Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) http://www.vda.de

Telefon +49 (0) 699 7507-0 E-Mail [email protected]

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Die BMBF-Innovationsallianz LIB 2015 –Information des Pro-

jektträgers Jülich

Gerd Schumacher, Peter Weirich

Der Projektträger Jülich (PtJ) unterstützt Auftragge-ber bei der Umsetzung öffentlicher Förderprogram-me. Auftraggeber sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundeswirtschaftsminis-terium, das Bundesumweltministerium, als auch ver-schiedene Landesministerien. PtJ wurde 1974 am Forschungszentrum Jülich angesiedelt und hat heute

mit seinen mehr als 400 Mitarbeitern weitere Stand-orte in Berlin und Rostock. Dr. Schumacher leitet bei PtJ den Fachbereich Nanotechnologie und Internati-onales im Geschäftsbereich Neue Materialien und Chemie. Dr. Weirich koordiniert innerhalb dieses Geschäftsbereichs Fördermaßnahmen zur Elektro-chemie und –mobilität.

Die Innovationsallianz Lithium-Ionen Batterie (LIB2015) ist Teil der High-Tech Strategie der Bundes-regierung und zielt darauf ab, die Kräfte von Wissen-schaft und Wirtschaft in dem wichtigen Zukunftsfeld der Entwicklung innovativer Energiespeicher für mobi-le und stationäre Anwendungen zu bündeln. Um die internationalen Klimaschutzziele zu erreichen, muss langfristig ein Wechsel von fossilen Energieträgern hin zu einer Kohlendioxid-neutralen oder sogar Kohlendi-oxid-freien Energieerzeugung erfolgen. Um erneuer-bare Energien wie Sonnen- und Windkraft effizient nutzen zu können – zwischen den Zeitpunkten der Energieerzeugung und des Energiebedarfs können erhebliche Differenzen bestehen -, bedarf es leis-tungsfähiger und günstiger Energiespeicher. Der Ent-wicklung innovativer und leistungsfähiger Energiespei-cher kommt bei diesem Wechsel eine Schlüsselfunkti-on zu. Gleichzeitig führt im Bereich der Automobil-technik die Verknappung fossiler Brennstoffe zur Ent-wicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen.

Einen vielversprechenden Ansatz in der Entwicklung innovativer Energiespeicher stellen Lithium-Ionen-Akkumulatoren dar. Obwohl die Li-Ionen-Technologie in der Consumer-Elektronik bei Mobilfunkgeräten, Camcordern & Co. schon seit einigen Jahren im brei-ten Einsatz ist, ist ein einfaches up-scaling aufgrund völlig anderer Anforderungen an Sicherheit und Leis-tung nicht möglich. Li-Ionen-Energiespeicher für Fahr-zeuge und für stationäre Anwendungen in der Ener-giewirtschaft müssen ein wesentlich größeres Spei-cherpotential, eine höhere Zuverlässigkeit und eine längere Lebensdauer aufweisen, als dies mit den heu-tigen Technologien in der Consumer-Elektronik reali-sierbar wäre. Um eine entsprechende Lithium-Ionen-Technologie zu entwickeln, wurde die Innovationsalli-anz LIB2015 ins Leben gerufen.

Initiiert wurde die Innovationsallianz LIB2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit einem Industriekonsortium der Firmen

BASF, Bosch, EVONIK, LiTec und Volkswagen. Im Rahmen der Allianz fördert das Bundesministerium in den nächsten drei Jahren Forschungsvorhaben in Höhe von 60 Mio. € im Rahmen der Förderprogramme Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft (WING) sowie des Förderprogramms Grundlagenfor-schung Energie 2020+. Die beteiligten Industrieinitia-toren der Allianz haben sich verpflichtet, weitere 360 Mio. € in den nächsten Jahren für Forschung und Entwicklung in dieses wichtige Zukunftsfeld zu inves-tieren. Die 60 Mio. € Fördermittel des BMBF wurden im Rahmen einer Bekanntmachung vergeben, auf welche sich sowohl Konsortien aus Wissenschaft und Wirtschaft, Forschungsgruppen als auch Institutsver-bünde bis zum 31.03.2008 bewerben konnten.

Aus der Gesamtheit der eingegangenen Anträge wur-den insgesamt 11 anwendungsorientierte Verbund-vorhaben nach einem kriterienorientierten Ranking ausgewählt. Die Projekte umfassen das gesamte Spektrum von Entwicklungen auf dem Gebiet von neuen Kathoden- und Anodenwerkstoffen, der Sepa-ratorentwicklung, Arbeiten zur SEI-Schicht (solid-electrolyte-interfaces), neuen Elektrolyten, grundle-genden elektrochemischen Untersuchungen, neue Technologien zur Zellfertigung und die Entwicklung von innovativen Batteriemanagementsystemen bis hin zu Demonstrationsvorhaben. So befasst sich bei-spielsweise ein Konsortium im Verbundvorhaben HE-Lion mit der Entwicklung einer neuen Generation von Lithium-Ionen-Batterien. Ausgangspunkte sind hierbei aktuell angewandte Materialkombinationen und Batte-rietechnologien. Aber auch international in Wissen-schaft und Industrie diskutierte Werkstoffkombinatio-nen und technologische Lösungsansätze werden fo-kussiert. Im ganzheitlichen Ansatz des Vorhabens sind auch Überlegungen zur Integration der automobilen Energiespeicher in Stromnetze Gegenstand der Be-trachtungen. Andere Vorhaben beschäftigen sich mehr mit Teilgebieten des technologischen Spektrums der Batterietechnologie. Das Vorhaben Batman befasst sich mit der Entwicklung eines intelligenten Batterie-

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management-Systems. Dabei steht die Verbesserung der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Lithium-Ionen-Batterien beim Einsatz im Automobil im Mittelpunkt. Zu diesem Themenkomplex werden sowohl theoretische und modellhafte Betrachtungen angestellt, als auch elektrotechnische Grundlagen entwickelt. Aber auch das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ist Gegen-stand der Forschungsarbeiten. Die Entwicklung eines abfallarmen, innovativen Recyclingverfahrens, das eine wirtschaftliche Rückgewinnung der Wertstoffe aus Lithium-Ionen-basierten Automobilbatterien ge-währleistet, ist das Ziel des Projektes RECYCLING. Der Prozess setzt sich aus einer Rückgewinnung des Elektrolyten mit anschließendem Einschmelzen der Elektrodenmasse zur Gewinnung eines lithiumhaltigen Flugstaubkonzentrats sowie einer Legierung zusam-men, in der Wertmetalle, wie beispielsweise Kobalt und Nickel gesammelt werden. Parallel zu den tech-nisch geprägten Vorhaben findet ein Roadmapping statt, bei dem insbesondere Aspekte der Nachhaltig-keit der Lithium-Ionen-Technologie betrachtet werden. Auf der Basis der Charakterisierung unterschiedlicher Typen von Lithium-Ionen-Batterien werden Fragen zur Rohstoffverfügbarkeit und zum Recycling aus der Rohstoffperspektive betrachtet und in eine produkt-spezifische Roadmap integriert. Szenarienbetrachtun-gen helfen, Engpässe entlang der Wertschöpfungsket-te zu identifizieren.

Zur Evaluierung der Projekte wurden jeweils fachliche und zeitliche Meilensteine definiert und Abbruchkrite-rien nach der Hälfte der Laufzeit festgelegt. Des Wei-teren werden die Arbeiten einer begleitenden, fachli-chen Bewertung durch den Projektträger des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung unterzo-gen. Zusätzlich werden die bereits erreichten Ergeb-nisse auf regelmäßig stattfindenden, nicht-öffentlichen Statusseminaren fachlich diskutiert. An diesen Status-seminaren beteiligen sich alle Mitglieder der Innovati-onsallianz LIB2015.

Alle Verbundvorhaben haben Anfang dieses Jahres ihre Arbeit aufnehmen können. Weiterhin werden drei Institutsvorhaben gefördert, welche sich mit Recycling sowie mit dem Einsatz von Nanomaterialien in Li-Ionen Akkus beschäftigen. Schließlich werden drei Nachwuchsgruppen mit grundlagenorientierten Frage-stellungen gefördert.

Die Forschungsvorhaben haben Laufzeiten von drei und mehr Jahren, so dass bis zum Jahr 2015 eine Reihe neuer Impulse aus Forschungserkenntnissen der geförderten Projekte für die Li-Ionen-Technologie erwartet werden darf.

Kontakt

Dr. Gerd Schumacher Projektträger Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH

Telefon +49 (0)246 161-3545 E-Mail [email protected]

http://www.fz-juelich.de Dr. Peter Weirich Forschungszentrum Jülich GmbH Nationale Kontaktstelle Werkstoffe Geschäftsbereich Neue Materialien und Chemie (NMT)

Telefon +49 (0)246 161-2709 Fax +49 (0)246 161-2398 E-Mail [email protected]

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Modellregion Berlin-Potsdam – Integrativer Ansatz zur Einfüh-

rung der Elektromobilität

Thomas Meißner, TSB-FAV Berlin

Dipl.-Ing. Thomas Meißner studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Berlin (TUB). Nach seinem Abschluss 1991 arbeitete er am Institut Stra-ßen- und Schienenverkehr der TUB als wissenschaft-licher Mitarbeiter in verschiedenen nationalen und internationalen FuE-Projekten für die passive Sicher-heit von Straßenfahrzeugen, neue Fahrzeugkonzepte, zukunftsorientierte Antriebe sowie Telematiklösun-gen für Verkehrsmanagement. Seit 1997 ist er beim Forschungs- und Anwendungsverbund Verkehrssys-temtechnik, einem Bereich der Technologiestiftung

Berlin, seit 2007 TSB Innovationsagentur Berlin GmbH (TSB-FAV), als Manager internationaler Pro-jekte tätig, vornehmlich in den Bereichen Bahnsys-temtechnik, Kraftfahrzeugtechnik sowie Verkehrste-lematik. Seit Anfang 2007 leitet Thomas Meißner den TSB-FAV und damit das Berliner Kompetenzfeldma-nagement für die Verkehrssystemtechnik mit Netz-werken aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie FuE-Verbundvorhaben auf regionaler, Bundes- und EU-Ebene.

Strategischer Ansatz zur Einführung der Elektro-mobilität

Die breite Diskussion über den Klimawandel und die zunehmend sichtbare Knappheit der fossilen Ener-gieträger lenkt den Blick verstärkt auf die Potenziale elektrischer Antriebe für Kraftfahrzeuge. Weltweit unternimmt die Automobilindustrie erhebliche For-schungsanstrengungen, Elektrofahrzeuge serien-tauglich und konkurrenzfähig gegenüber konventio-nellen Autos zu entwickeln. Neu aufgelegte öffentli-che Förderprogramme spielen dabei eine wichtige Funktion als Anschubinstrument. Mit dem Ziel einer effizienten Bündelung unterstüt-zender Programme und Initiativen hat die deutsche Bundesregierung am 19.08.2009 den „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ verabschiedet. Ein wichtiges Element dieses strategischen Plans, der als Meilenstein u. a. einen Bestand von einer Mio. Elektrofahrzeuge bis zum Jahr 2020 vorsieht, stellt das FuE-Programm für Nachhaltige Mobilität als Teil des Konjunkturpakets 2 dar. Dieses von vier Bun-desministerien getragene und mit insgesamt 500 Mio. Euro ausgestattete Programm soll bis Ende 2011 entscheidende technologische und verkehrssystemi-sche Fortschritte helfen anzuschieben, um das ambi-tionierte Ziel der Bundesregierung, Deutschland als „internationalen Leitmarkt für Elektromobilität“ zu entwickeln, umzusetzen. Unter dem Gesamtdach der Nachhaltigen Mobilitäts-forschung stellt das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung (BMVBS) ca. 115 Mio. Euro für das Förderprogramm „Modellregionen Elek-tromobilität in Deutschland“ zur Verfügung. Bei die-sem Programm steht die Integration batterieelektrisch betriebener Fahrzeuge in das verkehrliche und städ-tebauliche Umfeld im Vordergrund. Neue Mobilitäts-angebote und -konzepte, das Zusammenspiel zwi-schen Infrastruktur und Fahrzeugen, die Nutzerak-zeptanz und die Einbettung in verkehrs-, umwelt- und stadtentwicklungspolitische Strategien sind wichtige

Stichpunkte, die das Programm umreißen. Im Vor-dergrund stehen somit Test, Erprobung, Gewinnung von Praxiserfahrung bis hin zu neuen Geschäftsmo-dellen von Mobilitätsdienstleistern. Technologieent-wicklung – z.B. im Bereich Batterien und elektrische Antriebe – decken andere Teilprogramme des Pakets „Forschung Nachhaltige Mobilität“ ab.

Modellregion Elektromobilität Berlin-Potsdam

Am Aufruf zur Einreichung von Interessensbekun-dungen im Rahmen des Programms „Modellregion Elektromobilität“ beteiligten sich ca. 130 Konsortien. Mit Presseerklärung vom 02.06.2009 gab das BMVBS das Ergebnis des Auswahlprozesses be-kannt: Neben Berlin-Potsdam erhalten die Regionen Hamburg, Bremen-Oldenburg, Rhein-Ruhr, Sachsen, Rhein-Main, Stuttgart und München die Möglichkeit, integrierte Praxisvorhaben zur Einführung der Elek-tromobilität umzusetzen. Neben Konzeptentwicklun-gen und Erprobungen in den Modellregionen wird die Zusammenarbeit in querschnittlichen Arbeitsgruppen zu Themenfeldern, die einer Behandlung über die Modellregionen hinweg erfordern, wichtigen Raum einnehmen. Hierzu zählen Themen wie "Ordnungs-rechtlicher Rahmen", "Sozialwissenschaftliche Be-gleitforschung", "Infrastruktur“, "Fahrzeuge“, etc.

Während die Sommermonate genutzt wurden, die konkrete Beantragung erster Praxisprojekte vorzube-reiten, erfolgte der offizielle Startschuss des Pro-gramms „Modellregionen Elektromobilität in Deutsch-land“ mit Auftaktsitzung und Pressekonferenz beim BMVBS in Berlin am 24.08.2009. Alle acht zur Förderung ausgewählten Modellregio-nen verfolgen durchaus ähnliche Ansätze in den Bereichen Personen- und Güterverkehr mit an den jeweiligen regionalen Stärken, Erfahrungen und Stra-tegien orientierten Schwerpunktsetzungen. Im Fol-genden seien schlagwortartig die Schwerpunkte und

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die Besonderheiten des integrierten Ansatzes Berlin-Potsdam mit Stand August 2009 genannt. Unter der Leitung der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (SenStadt Berlin) und Stadtverwal-tung der Landeshauptstadt Potsdam haben sich Un-ternehmen und Institute zusammengefunden, die unter einem gemeinsamen Dach die Potenziale der Elektromobilität ermitteln wollen. Hier ergänzen sich die Ziele verschiedener Politikfelder (Verkehrs-, Um-welt-, Wirtschaftspolitik und Städtebau) mit den Inte-ressen von Mobilitätsdienstleistern, die mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen neue Geschäftsmodelle erproben und umsetzen möchten. Wesentlicher Aspekt des Modellregion-Ansatzes ist die Einbettung in politische Leitbilder. Von daher basiert das Projektkonzept auf den strategischen Linien des Berliner Stadtentwicklungsplans (StEP) Verkehr und des Verkehrsentwicklungsplans der Stadt Potsdam. Hinzu kommen Zielsetzungen aus den jeweiligen Klimaschutz- und Nahverkehrsplänen. Den Kern der Arbeit in der Modellregion Berlin-Potsdam werden Praxisprojekte bzw. Praxismodule darstellen, die sich in den übergeordneten Hand-lungsfeldern • Integration Öffentlicher Verkehr und Tourismus, • Integration Mobilitätsdienstleistungen und Woh-

nungsdienstleistungen, • Integration City-Logistik zuordnen lassen. Die Praxismodule sollen die gesamte Bandbreite derzeit verfügbarer batterieelektrischer Straßenfahr-zeuge – von motorisierten Zweirädern über Pkw bis hin zu leichten Nutzfahrzeugen – auf Tauglichkeit, technische Reife und Nutzerakzeptanz unter Alltags-bedingungen testen. Hierzu zählt auch das Zusam-menspiel mit der Ladeinfrastruktur, deren diskriminie-rungsfreier Zugang im öffentlichen Raum gewährleis-tet werden muss. Die Leitung der Praxisvorhaben obliegt Verkehrsbetreibern bzw. Mobilitäts-dienstleistern, die planen, sich rund um die Elektro-mobilität mittel- und langfristig neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die deutsche Hauptstadtregion hat sich zu einem international beachteten Testfeld für neue Fahrzeug-antriebe und Kraftstoffe entwickelt. Einführung und Erprobung von Erdgasfahrzeugen mit Bundes- und EU-Programmen, umfangreiche Tests des Einsatzes von Wasserstoff im Straßenverkehr bereits in den 1980er Jahren und seit 2002 in der Clean Energy Partnership (CEP) Berlin sind besonders augenfällige Beispiele für diese besondere Rolle. Zur stärkeren Bündelung der Kompetenzen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Antriebstechnik hat

sich der Verein Innovative Fahrzeugantriebe Berlin-Brandenburg (INFABB) e. V. Anfang 2009 gegründet. Der Modellregionansatz nutzt den bestehenden viel-fältigen Erfahrungsschatz auf Anbieter- und Betrei-berseite beim Betreten von Neuland in der Antriebs-technik. Und die Modellregion entfaltet Integrations-charakter: Die in jüngster Zeit in Berlin gestarteten bzw. angekündigten Feldversuche "Mini E Berlin" (Vattenfall, BMW), "e-mobility Berlin" (RWE, Daim-ler), "Flottenversuch Elektromobilität" (E.ON, Volks-wagen) gehen eine enge Kooperation mit dem Mo-dellregionansatz ein – z. B. auf so wichtigen Feldern wie der Infrastrukturbereitstellung. Aufgrund der länderübergreifenden Bedeutung fir-miert das Vorhaben als Leitprojekt der gemeinsamen Innovationsstrategie Berlins und Brandenburgs. Ein wichtiger Aspekt des Modellregion-Programms ist die Installierung von Regionalen Projektleitstellen in jeder der ausgewählten Modellregionen. Für Berlin-Potsdam wird der Forschungs- und Anwendungsver-bund Verkehrssystemtechnik der Technologiestiftung Berlin (TSB-FAV) diese Rolle in enger Zusammenar-beit mit SenStadt Berlin und der Stadtverwaltung Potsdam wahrnehmen. Die Regionale Projektleitstel-le wird Koordinationsaufgaben wahrnehmen, die über das Management der Projektmodule hinausgehen, um den integrativen Charakter und die stringente Verfolgung der strategischen politischen Ziele sicher-zustellen. Die Regionale Projektleitstelle soll nachhaltig und möglichst breit wirken. Die Entwicklung des Themas Elektromobilität im regionalen Maßstab über die För-derung des BMVBS hinaus ist dabei ein wichtiger Punkt – also Erschließung von Fördermöglichkeiten entlang der Zeitachse des Nationalen Entwicklungs-plans bis 2020 und darüber hinaus auf regionaler, Bundes- und EU-Ebene. Weitere Vorgehensweise, nächste Schritte

Erste Schritte der Umsetzung betreffen die Installati-on der Regionalen Projektleitstelle im Zusammen-spiel mit der Nationalen Programmkoordination. Pa-rallel dazu erfolgt die Beantragung der ersten Praxis-projekte (Module) mit dem Ziel, bereits im Herbst 2009 operativ werden zu können. Das Handlungsfeld "Integration Öffentlicher Verkehr und Tourismus" wird hier aller Voraussicht nach am schnellsten starten können. In einer zweiten Antragsphase, die möglichst bis zum Ende des Jahres 2009 abgeschlossen sein sollte, würden dann Praxismodule der beiden ande-ren Handlungsfelder (Mobilitäts-/Wohnungsdienstleistungen sowie City-Logistik) mit der Umsetzung beginnen können.

Kontakt

Thomas Meißner Telefon +49 304 630 2561 E-Mail [email protected]

TSB Innovationsagentur Berlin GmbH , Forschungs- und Anwendungsverbund Verkehrssystemtechnik (FAV) Berlin

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Management und Monitoring von Batterien in Elektro- und

Hybridfahrzeugen

Peter Spies, Gruppenleiter der Gruppe "Integrierte Energieversorgungen" am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), Nürnberg

Peter Spies studierte Elektrotechnik an der Universi-tät Erlangen-Nürnberg und schloss das Studium 1997 als Diplom-Ingenieur ab. Seit 1998 arbeitet er am Fraunhofer IIS in der Abteilung Leistungsoptimierte Systeme. Er beschäftigte sich mit Multi-Standard Frontends und System-Simulationen für Kommunika-tions-Anwendungen. Seit 2001 ist er Gruppenleiter der Gruppe "Integrierte Energieversorgungen", wo er

Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus dem Be-reich Power- und Batteriemanagement, Energieüber-tragung und Energy Harvesting bearbeitet. Schwer-punkte seiner Gruppe sind die Entwicklung von in-tegrierten Schaltungen und Systemen sowie von ap-plikationsspezifischer Software. Anwendungsbeispie-le sind drahtlose Sensoren- und Sensornetze oder Elektro- und Hybridfahrzeuge.

Motivation

Sinkende Energieressourcen stehen im Gegensatz zu steigendem Verbrauch auf Grund stetig zunehmender Lebensqualität und Mobilität. Weiterhin wird die Um-weltverschmutzung und allen voran der CO2-Ausstoß der Kraftfahrzeuge als höchst problematisch für die Klimaentwicklung und damit für die Zukunft der Menschheit diskutiert.

Einen Schritt zur Lösung dieser Probleme stellen Elektro- und Hybridfahrzeuge dar. Der Strom dafür kann aus regenerativen Energiequellen, wie bei-spielsweise aus Sonnenlicht und Windkraft gewonnen werden. Weiterhin sind Elektromotoren emissionsfrei und es wird neben einer Schonung der Erdölbestände auch eine Reduzierung der Umweltbelastung erreicht. In Hybridantrieben unterstützt der Elektroantrieb beim Beschleunigen den Verbrennungsmotor und schont so die Kraftstoffreserven. Beim Bremsen kann sogar kinetische Energie über den Elektromotor im Genera-torbetrieb zurückgewonnen werden. Diese wird dann in Form von elektrischer Energie in der Batterie ge-speichert, um sie für den nächsten Beschleunigungs-vorgang zu nutzen.

Auf Grund dieser Tatsachen fördert die Bundesregie-rung mehrere Forschungsprojekte, die sich mit der Thematik befassen. Das BMBF hat sich mit der Aus-schreibung LIP2015 die Weiterentwicklung von Batte-rietechnologien für die Antriebstechnik zum Ziel ge-setzt. In dem vom BMU geförderten Projekt „Flotten-versuch Elektromobilität“ entwickeln Volkswagen zu-sammen mit mehreren Industrie- und Forschungspart-nern, wie der Fraunhofer-Gesellschaft, ein für Hybrid- und Elektrofahrzeuge optimiertes Batteriesystem, das während des Projekts in Feldversuchen getestet wer-den soll.

Typische elektrische Antriebsmotoren arbeiten mit bis zu 400 V Versorgungsspannung. Batterien hoher Energiedichte verwenden die Lithium-Technologie und

haben daher eine nominale Zellspannung von 2,4 bis 3,7 V. Das bedeutet, es müssen viele Batteriezellen in Serie geschaltet werden, wobei sich dann die einzel-nen Batteriespannungen addieren. So wird eine aus-reichende Versorgungsspannung für den Elektroan-trieb bereitgestellt. Die typische Schaltungsarchitektur eines Batteriemanagement Systems (BMS, Abbildung 1) für Hybrid- und Elektrofahrzeuge besteht aus soge-nannten Batterie Frontends (Abbildung 2), die die Spannungen einer kleineren Untergruppe von Batte-riezellen (Modul), beispielsweise 8 bis 12, erfassen. Diese Messwerte werden dann über Bus-Leitungen (z.B. CAN-Bus) an einen Master-Controller geschickt, der die Messwerte aller Untergruppen sammelt, mit den Strom- und Temperaturmesswerten kombiniert und daraus die interessierenden Batterieparameter berechnet (Abbildung 1).

Abbildung 1: Architektur eines Batteriemanagement Systems (BMS)

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Abbildung 2: Batterie Frontend mit Symmetrierschal-tungen

Management

Das Management von Batterien beinhaltet vor allem die Kontrolle des Ladezustands. Wichtig ist hier die genaue Einhaltung des optimalen Ladeverfahrens. Bei Lithium-Batterien ist dies die Konstant-Strom-Konstant-Spannungs-Ladung (CC-CV-Constant-Current-Constant-Voltage), bei der zuerst mit einem konstanten Strom bis zum Erreichen der maximalen Zellspannung geladen wird. Danach wird die Span-nung konstant gehalten und der Ladestrom immer weiter reduziert. Realisiert werden solche Laderegler mit DC-DC Wandlern, die zusätzlich zur Spannungs-regelschleife noch eine Strom- und eine Temperatur-regelschleife besitzen. Wird beim Ladevorgang die maximale oder minimale Betriebstemperatur über- bzw. unterschritten, muss der Ladevorgang sofort abgebrochen werden, um eine Schädigung der Batte-rie zu vermeiden. Bei Überspannung und zu hoher Temperatur droht Explosionsgefahr, Tiefentladung führt normalerweise zu Kapazitätsverlust, internen Kurzschlüssen und Instabilität der Zelle bei erneutem Laden.

Da zur Versorgung von Elektroantrieben Spannungen von bis zu 400 Volt benötigt werden, müssen mehrere Lithium-Zellen in Serie verschaltet werden. Auf Grund der Fertigungstoleranzen sowie individueller Selbst-entladung und ungleicher Temperaturverteilung im Batteriesystem können in solch einer Serienschaltung die Ladezustände der Einzelzellen mit der Zeit ausei-nanderlaufen. Problematisch wirkt sich diese Unsym-metrie bei der Entladung aus. Sobald die minimale

Zellspannung bzw. Zellkapazität einer einzelnen Zelle erreicht ist, muss der Entladevorgang abgebrochen werden, damit diese Zelle nicht unter zulässiges Mini-mum entladen wird. In den restlichen Zellen verbleibt jedoch dann noch Energie, die dem Nutzer nicht mehr zur Verfügung steht. Auf diesem Weg wird die Ge-samtkapazität des Batteriesystems reduziert. Dies erweist sich vor allem in Automobilanwendungen als gravierender Nachteil, da sich dadurch das Verhältnis von Energiedichte zu Gewicht (gravimetrische Ener-giedichte) verschlechtert. So wird die nutzbare Ener-giedichte bei gleich bleibendem Gewicht kleiner und so der Kraftstoffverbrauch bei Hybridantrieben wieder höher.

Um solche Unsymmetrien zu vermeiden und immer die maximale Kapazität aller Batteriezellen nutzen zu können, wird im Batteriemanagement eine sogenannte Zellsymmetrierung (engl. Cell-Balancing) realisiert. Dabei wird versucht, den Ladungszustand der einzel-nen Zellen immer auf gleichem Niveau zu halten. Man unterscheidet hier zwischen passiver und aktiver Zell-symmetrierung. Bei der passiven Zellsymmetrierung werden die stärker geladenen Zellen einfach über Widerstände entladen, bis sie auf dem Ladungsniveau der niedrigsten Zellen angekommen sind. Dieses Ver-fahren, welches auch „resistive bleeding“ genannt wird, ist höchst uneffizient, da hier viel elektrische Energie einfach ungenutzt in Wärme umgewandelt wird. Im Kraftfahrzeug wirkt sich dieser Sachverhalt wieder ungünstig auf den Benzinverbrauch bzw. die Reichweite aus.

Wesentlich effizienter sind aktive Symmetrierungsme-chanismen, bei denen die Energie der höher gelade-nen Zellen in Zellen mit weniger Energieinhalt umge-laden wird. Die Energie wird dabei kurzfristig von einer Batteriezelle in einem Kondensator oder einer Spule zwischengespeichert, um diese dann weiter in die Batteriezelle mit geringerem Energieinhalt zu laden. Hier geht im Vergleich zur passiven Symmetrierung nur ein geringer Teil der Energie durch den Umlade-prozess verloren, trotzdem ist die effiziente Schal-tungsentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung. Der schaltungstechnische Aufwand dieser Zellsym-metrierung bestimmt dabei weiterhin die Größe der Umladeströme und so auch die Zeit, wie schnell alle Zellen auf gleichem Ladungsniveau sind. Halbleiter-Bauelemente, die Symmetrier-Funktionen enthalten, gibt es von verschiedenen Herstellern wie Linear Technologies, Maxim oder Texas Instruments. Meist werden jedoch nur passive Verfahren realisiert, da diese weniger Hardware- und Software-Aufwand be-nötigen.

Schutz

Eine der wichtigsten Funktionen des Batteriemanage-ment Systems (BMS) sind die Schutzfunktionen, die eine Schädigung oder Zerstörung der Batterie vermei-den und so eine möglichst lange Lebens- und Be-

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triebsdauer ermöglichen. Diese Schutzschaltungen müssen die Batterie vor Überladung, Überstrom, Tief-entladung und Kurzschluss schützen. Dies geschieht beispielsweise mit Transistoren, die in den Strompfad geschaltet sind und die bei Überschreiten und Unter-schreiten bestimmter Schwellwerte in den nicht-leitenden Zustand versetzt werden. Meist sind dies selbstsperrende Transistoren, die bei fehlender Ver-sorgungsspannung des Schutzsystems oder bei De-fekt oder Fehlfunktion keine Ladung oder Entladung zulassen.

Da Batterien einer gewissen Alterung unterliegen, gilt es auch durch sachgerechte Behandlung diese Alte-rung soweit möglich zu verhindern. Dies schließt vor allem eine exakte Laderegelung sowie ein gutes Tem-peraturmanagement ein. Dieses Temperaturmanage-ment beinhaltet die genaue Temperaturüberwachung und die Einhaltung einer optimalen Betriebstemperatur durch Kühlung. Weiterhin sind auch zu tiefe Tempera-turen für die Batterie kritisch. Bei niedrigen Tempera-turen steht nur ein Teil der Gesamtkapazität zu Verfü-gung.

Monitoring

Über den aktuellen Zustand einer Batterie geben die Parameter SOC (State-of-Charge), SOF (State-of-Function) und SOH (State-of-Health) Auskunft.

Zur Berechnung des SOCs, also der Restkapazität, die dem Verbraucher noch zur Verfügung steht, kön-nen unterschiedliche Messwerte herangezogen wer-den. Eine reine Bestimmung des Ladezustands nur anhand der Zellspannung ist kritisch und liefert sehr ungenaue Ergebnisse, da die Entladekennlinie von Lithium-Batterien im größten Teil sehr flach verläuft. Daher wird meist der Lade- sowie der Entladestrom gemessen und daraus die Restkapazität berechnet. Die Spannung in Form der Leerlaufspannung (OCV – Open Circuit Voltage) wird dabei nur als zusätzlicher Anhaltspunkt verwendet. Da die Batteriekapazität stark von der Temperatur abhängig ist, muss zusätz-lich noch die Temperatur erfasst werden, um eine exakte Angabe der Restkapazität zu ermöglichen. Man verwendet dabei Batteriemodelle in Form von Tabellen, in denen die maximale Batteriekapazität bei unterschiedlichen Temperaturen und Entladeströmen dokumentiert ist. Solche Batteriemodelle müssen vor-

ab im Labor mit Hilfe von Batterietestsystemen und Klimakammern erstellt werden. Aus der Differenz von Lade- und Entladestrom und nach Korrektur mit den Daten aus den Batteriemodellen kann dann die verbleibende Kapazität in der Batterie möglichst genau bestimmt werden.

Ein wichtiger Messparameter zur Charakterisierung vor allem der Alterung ist der Innenwiderstand der Zelle. Dieser verändert sich durch die Nutzung der Batterie und steigt mit dem Alter der Batterie an. Auch durch Messung der maximalen Kapazität bei einem vollen Lade/Entladezyklus und der Relation dieser Größe zur maximalen Kapazität direkt nach der ersten Nutzung können Informationen über den Alterungszu-stand (SOH) gewonnen werden.

Der Parameter SOF (State-of-Function) gibt dagegen Auskunft darüber, ob noch genügend Energie in der Batterie verfügbar ist, um eine bestimmte Funktion des Verbrauchers zu versorgen.

Ausblick

Mehrere Forschungsprojekte weltweit befassen sich mit neuen Verfahren zur Bestimmung der Restkapazi-tät, vor allem unter Einbeziehung der Alterung der Batterien. Dafür wird im BMS ein Batteriemodell er-stellt und ständig mit Hilfe von aktuellen Messwerten aktualisiert. Dadurch ist es möglich, auch die Alterung der Batteriezellen, die einen signifikanten Einfluss auf die maximale Zellkapazität hat, zu berücksichtigen. Dafür werden beispielsweise Kalman-Filter, Neuronale Netze und Fuzzy Logik für die Vorhersage der Rest-kapazität verwendet.

Weitere Forschungsaktivitäten finden im Bereich Zell-symmetrierung statt. Da diese Umladeprozesse selbst ein gewisses Maß an Energie benötigen, die der ei-gentlichen Anwendung wie beispielsweise dem Elekt-roantrieb nicht mehr zur Verfügung steht, gibt es hier noch ein signifikantes Optimierungspotential. Vor al-lem im Bereich Elektromobilität ist die gravimetrische Energiedichte, also das Verhältnis von Gewicht zu Energieinhalt von ausschlaggebender Bedeutung, da das Gewicht wiederum direkten Einfluss auf den Ben-zinverbrauch hat.

Kontakt

Peter Spies Fraunhofer IIS, Nürnberg http://www.iis.fraunhofer.de

Telefon +49 (0) 911 580616363 E-Mail [email protected]

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Entwicklung von Sicherheitskonzepten für Fahrzeugbatterien

Herr Dr. Tübke, Leiter Angewandte Elektrochemie, Fraunhofer Institut für Chemische Technolo-gie, Pfinztal (Berghausen)

Jens Tübke, Jahrgang 1968, studierte von 1988 bis 1993 Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Fachrichtung Technische und makromo-lekulare Chemie, Promotion 1997 zum Thema „Poly-mere Gelektrolyte“, 3 Jahre Studienaufenthalt in Ja-pan an der Universität Kyoto, Arbeitsgruppe Prof. Z. Ogumi; und Toyota Corporation. Entwicklung von Elektrolyt- und Elektrodenmaterialien für Lithium Polymer Batterien, seit 2000 in der Fraunhofer-Gesellschaft am Fraunhofer-Institut für Chemische

Technologie im Bereich Angewandte Elektrochemie; Arbeitsgebiet: Polymerer Lithium Akkumulator, po-lymere Elektrolyte, Erfahrungen mit Graphiten und verschiedenen Kathoden-Interkalationsmaterialien für Lithium-Batterien; verschiedene Charakterisie-rungsmethoden (RAMAN, FTIR, DEMS, Impedanz, Zyklische Voltammetrie), Polymercharakterisierung, Batterie- und Akkumulatortest und –charakterisierung, Sicherheitsuntersuchungen, Scha-densanalysen.

Leistungsfähige wiederaufladbare Batterien sind eine der wichtigsten Komponenten der Elektroauto- und Hybridfahrzeugtechnologie und stellen den wohl am schwierigsten zu beherrschenden Systembestandteil dar. Speziell die in der Automobilbranche geforderten Auflagen an die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der eingesetzten Batteriesysteme stellen hohe technische Anforderungen an die einzusetzenden Batterien.

Die heute schon in Hybridfahrzeugen eingesetzten Nickel-Metallhydrid-Batterien werden mittelfristig aus technischer Sicht, aber auch aus Kostengründen den Anforderungen an leistungsfähigere Systeme (höhere Kapazität, höhere spezifische Energie und Leistung) kaum gerecht werden. Lithium-Ion-Batterien werden die technischen Anforderungen an die Speicherkom-ponente für Elektro- und Hybridfahrzeuge (Kapazität, Leistung, Lebensdauer) erheblich besser erfüllen kön-nen. Die Entwicklung der Lithium-Ion-Technologie wurde in den letzten Jahren mit dem vorrangigen Ziel der Erhöhung der Energiedichte vorangetrieben. Da-mit wurden immer höhere Kapazitäten auf kleinerem Bauraum ermöglicht. Lithium-Ion-Batterien verfügen im Gegensatz zu den wässrigen Batteriesystemen (Blei-Säure, Nickel-Metallhydrid) aber über keine auf der Batteriechemie beruhenden Überlade- bzw. Über-entlademechanismen. Thermische, mechanische und elektrische Belastungen sind daher nur innerhalb be-stimmter Grenzen zulässig. Beim Überschreiten dieser Grenzen kann es zu Gas- und Wärmeentwicklung kommen. In der Folge würden die Batteriegehäuse platzen und die Inhaltsstoffe abbrennen. Die Sicher-heit der Batterien muss über externe Mechanismen erreicht und sichergestellt werden.

Die Entwicklung wiederaufladbarer Lithium-Batterien wurde nach ersten Arbeiten von G.N. Lewis (1912) erst Ende der 70er Jahre mit der Entdeckung möglich, dass eine Reihe von Oxiden bei nur geringen Volu-menänderungen Lithium-Ionen in ihre Gitterstruktur einlagern, ohne dass eine echte chemische Bindung ausgebildet wird. Die Lithium-Ionen können als „Gast“ im Wirtsgitter ein- und ausgelagert werden. Dabei

setzt man vorrangig lithiumhaltige Metalloxide, wie LiMO2 (M=Co, Ni, Mn, Al), als Interkalationsverbin-dungen (z.B. LiMn2O4, LixCoO2) ein. Die Lade- und Entladereaktion einer solchen Zelle besteht lediglich in einem Transfer von Lithium-Ionen zwischen zwei In-terkalationselektroden unterschiedlichen Potentials. Die Potentialdifferenz zwischen den beiden unter-schiedlichen Materialien ist dabei die Klemmspannung der Zelle. Die Lithium-Ionen dienen lediglich dem La-dungsausgleich innerhalb der Elektroden, so dass sich zu keiner Zeit metallisches Lithium in der Zelle befin-det.

Abbildung 1: Funktionsprinzip einer Lithium-Ion-Batterie

Lithium-Ion-Batterien werden seit einigen Jahren kommerziell in kleinen portablen Geräten, wie Mobilte-lefonen, PDA, Notebooks, Camcordern und ähnlichen elektronischen Geräten als Energiespeicher verwen-det. Aufgrund der kurzen Innovationszyklen dieser Geräte spielte die Lebensdauer und das Alterungsver-halten der Lithium-Ion-Batterien eine untergeordnete

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Rolle. Mit einer immer stärker zunehmenden Verwen-dung dieses Batterie-Typs in Applikationen, die für eine deutlich längere Lebensdauer (z.B. Hybrid- und Elektrofahrzeuge, Speichersysteme für erneuerbare Energien, usw.) ausgelegt sind, gewinnt diese Thema-tik immer mehr an Bedeutung. Speziell für die Anwen-dung in Hybrid- und Elektrofahrzeugen hat das United States Advanced Battery Council (USABC) für 42 V Lithium-Ion-Batterien eine Kalenderlebensdauer von 15 Jahren für Hybridfahrzeuge und von 10 Jahren für Elektrofahrzeuge gefordert. In Kraftfahrzeugen ist auch das elektrische Anforde-rungsprofil an das Batteriesystem ungleich höher als in Geräten der mobilen Unterhaltungselektronik. Die Beherrschung einer um Größenordnungen höheren Kapazitätsklasse unter extremen Umgebungseinflüs-sen erfordert eine deutlich verbesserte Sicherheit der Batterien auf der Ebene der Batteriechemie und des Batteriesystems.

Die Auslegung einer Batterie mit verbesserter Sicher-heit muss auf drei Ebenen erfolgen:

1. Auswahl einer geeigneten Batteriechemie (Ano-den- und Kathodenmaterial, Separator und Elekt-rolyt)

2. Auslegung eines Zellengehäuses mit Schutzvor-richtungen

3. Verschaltung mehrerer Zellen zu einer Batterie mit Batteriemanagement zur Einhaltung der elektri-schen und thermischen Betriebsparameter

Das wichtigste Sicherheitselement stellt allerdings die Einzelzelle mit ihren Sicherheitsmerkmalen dar. Wenn alle „äußeren“ Sicherheitsfeatures versagen, ent-scheiden allein die Chemie und der Aufbau der Ein-zelzellen über das weitere Schicksal des Batterie-packs. Eigensichere Zellen (kurzschlussfest, nicht brennbar, nicht explosiv, kein thermal runaway) lassen sich nur mit neuen Materialien erreichen, die heute aber in der Regel noch geringere Energie- und Leis-tungsdichten aufweisen. Hier ist noch intensiver F&E Bedarf erkennbar.

Die Auswahl des richtigen Kathodenmaterials hat da-bei einen entscheidenden Einfluss, nicht nur auf die elektrische Performance der Lithium-Ion-Zellen, son-dern auch auf die Sicherheit im Betrieb. Ursache dafür sind die unterschiedlichen Stabilitäten der verwende-ten Wirtsgitter. Bei geladenen Zellen (Lithium ist in der Anode eingelagert) befindet sich weniger Lithium in den Kathodenmaterialien und die Metalloxid-Gitter verändern sich durch migrierende Atome bzw. Verän-derung von Gitterabständen. Bei einigen Metalloxid-Gittern kann dies bei höheren Temperaturen bis zur explosionsartigen Freisetzung des Sauerstoffs führen. Die Freisetzung von Sauerstoff und die Veränderung der Einlagerungs-Gitter ist ein exothermer Prozess, der auch als “thermal runaway” bezeichnet wird. Über-

schreitet eine Zelle einen Temperaturbereich von 200°C kann, abhängig vom verwendeten Kathoden-material, dieser Prozess ablaufen, der zu einer Zerstö-rung der Zellen (Platzen, Brand) führt.

Aus diesem Grund erscheint heute der Einsatz von z.B. LiFePO4 sinnvoll, das diese exotherme Reaktion bei erhöhten Temperaturen nicht zeigt.

Als Separatoren werden heute poröse Polymer-Folien eingesetzt, in die der Elektrolyt eingequollen ist, der den Ladungstransport (Li-Ionen) zwischen den Elek-troden ermöglicht. Gleichzeitig müssen diese Separa-toren, wie der Name schon sagt, die Elektroden elekt-risch voneinander separieren und dies möglichst bei allen Betriebszuständen. So werden zum Teil so ge-nannte „shut-down“ Separatoren eingesetzt, die bei etwa 130°C durch partielles Aufschmelzen ihre Poros i-tät verlieren und somit keinen Ladungsausgleich zwi-schen den Elektroden mehr zulassen. Damit liefert eine solche Zelle keinen Strom mehr und kann sich zum Beispiel im Falle eines Kurzschlusses nicht weiter aufheizen. Ein weiteres Sicherheitsfeature bei Separa-toren können keramische Partikel darstellen, die auch bei deutlich höheren Temperaturen eine Separation der Elektroden gewährleisten.

Des Weiteren muss beachtet werden, dass die ver-wendeten flüssigen organischen Elektrolyte nur eine begrenzte elektrochemische Stabilität gegenüber den Anoden- und Kathodenmaterialien besitzen. Auf den Graphit-Anoden wird im Betrieb der Zellen durch die Zersetzung des Elektrolyten eine so genannte Deck-schicht oder Passivierungsschicht (ähnlich wie bei Aluminiumoberflächen) gebildet, die eine weitere Zer-setzung des Elektrolyten verhindern und so lange eine problemlose Funktion der Zellen ermöglichen, solange diese Schicht erhalten bleibt.

Zu den Sicherheitsvorkehrungen auf Zellenebene gehört natürlich auch das Zellengehäuse. Dieses soll-te möglichst mit einer Berst-Sicherung ausgestattet sein, um bei einer Gasentwicklung in den Zellen die-ses Gas ab einem bestimmten Überdruck kontrolliert abzulassen. Damit wird eine unkontrollierte Explosion des Zellengehäuses verhindert. Ein weiteres Sicher-heitsfeature stellen die CID (current interruption devi-ce) dar, die den Stromkreis in den Zellen bei einem Druckanstieg unterbrechen.

Über das Batteriemanagementsystem (BMS) werden die unteren und oberen Spannungsgrenzen beim La-den und Entladen der Zellen überwacht, ebenso wie die maximalen Lade- bzw. Entladeströme und die minimale und maximale Lade- bzw. Entladetempera-tur. Neben diesen aktiven Überwachungselementen sind weitere passive Überwachungsbauteile einzuset-zen, wie Schmelzsicherungen bzw. Thermoswitch.

Bei der Auslegung von Batterien muss beachtet wer-den, dass diese Schutzeinrichtungen nur dann wirk-sam sein können, wenn die Einwirkung auf die Zellen von außen erfolgt (z.B. externer Kurzschluss, zu hohe Temperaturen). Wenn der Defekt allerdings in den

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Zellen auftritt, entscheiden allein die gewählte Batteriechemie und die Ausle-gung des Zellengehäuses über die wei-teren Auswirkungen.

Um die Sicherheit von Batterien ausrei-chend beschreiben und prüfen zu kön-nen, sind eine Reihe von Normen und Prüfvorschriften entwickelt worden, wie das FreedomCAR - Elektrische Ener-giespeichersysteme Abuse Test Manual für Elektrofahrzeuge und Hybridfahr-zeuge, die VDA Testspezifikationen für Lithium-Ion-Batterien für Hy-brid-Elektrofahrzeuge, Tests nach den UN Regulations on Transport of Dangerous Goods ADR 2003, IATA DGR 2003 und IMDG Code 2002) sowie weitere wie der UL 1642 (Standard for Safety for Lithium Batteries).

Abbildung 2: Elektrische, thermische und mechani-sche Sicherheitstest nach VDA

Kontakt

Dr. Jens Tübke Fraunhofer ICT, Pfinztal http://www.ict.fraunhofer.de

Telefon +49 (0) 721 4640-343 E-Mail [email protected]

Tests nach VDA Testspezifikationen für Lithium-Ion- Batterien für Hybrid-Elektrofahrzeuge

Mechanisch

� Kontrollierter Crash

� Penet rat ion� Falltests� Immersion� roll-over Simulat ion

� mechanischer Schock

Thermisch

� Thermische Stabilität

� Simuliertes Brennstof f -Feuer

� Temperierte Lagertests� Schnelle zyklische

Temperaturwechsel

Elektrisch

� Überladung und Überspannung

� Kurzschluss� Überent ladung /

Spannungsumkehr

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Rückgewinnung der Wertstoffe aus zukünftigen

Li-Ion-basierten Automobil-Batterien

Univ.-Prof. B. Friedrich, Leiter des IME - Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallre-cycling der RWTH Aachen University

Bernd Friedrich, Jahrgang 1958, studierte Metall-hüttenkunde und Elektrometallurgie mit anschlie-ßender Promotion 1988 an der RWTH Aachen Uni-versity. Nach langjährigen Tätigkeiten in leitenden Funktionen bei der GfE Nürnberg und der VARTA Batterie AG erfolgte 1999 die Rückkehr an die RWTH Aachen als Ord. Professor für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling und Leiter des IME. Das IME hat sich seit 2000 zum Ziel gesetzt, für alle gängigen Batteriesysteme ein optimales Verwer-tungskonzept zu entwickeln. In diesem Zusammen-hang wurden Recyclingkonzepte für Nickel-Cadmium-Batterien (2000 - 2002), Nickel-Metallhydrid-Batterien (2001 - 2004), Primärgerä-tebatterien (2004 - 2008) und Li-Ion-Gerätebatterien (2005 - 2009) entwickelt. Einige dieser Verfahren sind bereits industriell umgesetzt

und als BAT Best Available Technology bewertet worden. Für diese systematische Forschung im Be-reich des Batterierecyclings ist das IME 2008 mit dem Kaiserpfalzpreis der GDMB Gesellschaft für Bergbau, Metallurgie, Rohstoff- und Umwelttechnik geehrt worden. In diesem Zusammenhang auch vielen Dank an die ACCUREC Battery Recycling GmbH, ohne deren enge Kooperation diese Erfolge im Batterierecycling nicht möglich gewesen wären. Weiterer Dank an das BMBF (Bundesministerium für Bildung und For-schung) und an die DBU (Deutsche Bundesstiftung für Umwelt) für die geförderten Batterierecycling-projekte am IME. Aktuell fördert das BMBF im Rahmen der Initiative LiB2015 ein dreijähriges IME-Forschungsprojekt zum oben genannten Thema.

Während sich der Einsatz von Li-Ion-Batterien über die Verbreitung moderner technischer Kommunikati-onsgeräte unserer mobilen Gesellschaft explosions-artig entwickelt hat, stehen Batterien auf Lithiumbasis für den Einsatz in Fahrzeugen am Anfang der Ent-wicklungskurve. Mit der fortschreitenden Vermark-tung und dem wachsenden Anspruch zur Reduzie-rung des automobilen CO2-Flottenverbrauches wer-den sich Li-Ion-Batterien aber innerhalb weniger Jah-re als dominierendes wiederaufladbares Batteriesys-tem im Automobilbau durchsetzen. Mit zeitlicher Ver-zögerung wird ihr Anteil im Abfallstrom sprunghaft steigen, ohne dass derzeit ein geeignetes Verwer-tungsverfahren in Europa zur Verfügung steht, um die Sekundärrohstoffe verbrauchter Li-Ion-Batterien dem Stoffstrom wieder zuzuführen und um die Ver-wertungsverpflichtungen der EU-Batteriedirektive zu erfüllen, die eine quantitative Recyclingeffizienz von mindestens 50 Massen-% einer Li-Ion-Batterie vor-sieht.

Li-Ion-Batterien enthalten hochwertige Materialien, wie z. B. organische Elektrolyte, Leitsalze, Lithium, Aluminium, Kupfer und derzeit noch hohe Gehalte an Kobalt. Insbesondere Kobalt zählt zu den strategi-schen Metallen, deren jährliche Primärgewinnung beschränkt ist. Aus Gründen der Rohstoffversorgung und des Preisdruckes im Automobilsektor werden daher alternative Systeme, u.a. auf Basis von Li-Ni1/3Co1/3Mn1/3, LiFePO4 und LiTi4O7 weiterentwickelt werden müssen. Jedoch stellt gerade der Einsatz neuer Elektrodenmaterialien in Li-Ion-basierten Au-tomobil-Batterien das Recycling dieser Batterien vor

neue Herausforderungen, zum einen was die Wirt-schaftlichkeit eines Recyclingverfahrens betrifft und zum anderen im Hinblick auf die Prozesstechnik und die Recyclingeffizienzen.

IME Recyclingkonzept: 1. Mechanische Aufberei-tung

Automobile Li-Ion-basierte Batteriesysteme ermögli-chen bautypenbedingt erstmalig durch ihre hohen Stückgewichte und eindeutiger herkunfts- und in-haltsbezogener Kennzeichnung die Gewinnung ein-heitlicher Einsatzstoffe im Recyclingprozess. Infolge-dessen werden die zu recycelnden Li-Ion-Automobil-Batterien zunächst nach deren Inhaltsstoffen sortiert und dementsprechend batchweise behandelt. Durch diesen Umstand kommt der Gewinnung der hochwer-tigen organischen Komponenten und des Lithiumme-talls eine neue Bedeutung zu.

Automobile Li-Ion-Batterien werden aus einer Viel-zahl verschalteter Einzelzellen mit elektronischen Bauteilen wie beispielsweise Lade-/Entladeregelung, Temperaturüberwachung, etc. zu kompakten Strom-versorgungseinheiten verbaut. Zu Beginn eines sol-chen Recyclingprozesses müssen diese Kompaktge-räte effizient rückgebaut und die einzelnen Batterie-zellen separiert werden.

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Destillation

Aufbereitung

Elektrolyt

Metallfraktion (Cu, Al)

Elektrodenmaterial

Pelletierung

Deaktivierung

Pellets

Li - Ion - Batterien

Demontage

Batteriezellen

Elektronik, Stahlgehäuse

Tiefentladung

Abbildung 1: Prozesskette mechanische Aufbereitung (oben), Schredderleichtfraktion (links), Elektrodenma-terial (Mitte), pelletiertes Elektrodenmaterial (rechts)

Bei der Demontage fallen eine Fraktion bestehend aus den Gehäusekomponenten (Stahlschrott), eine Fraktion aus Elektronikbauteilen (Elektronikschrott) und die Batteriezellen an. Stahl- und Elektronik-schrott werden den dafür bereits bestehenden Re-cyclingrouten zugeführt.

Die Batteriezellen bestehen aus Anode, Kathode, Elektrolyt, Separator und einer Schutzummantelung. Die Anode besteht aus einer Kupferfolie, auf die eine Kohlenstoffpulverschicht aufgetragen ist. Dagegen ist bei der Kathode eine Schicht aus Li-Metalloxidpulver, wie z. B. LiCoO2, LiNiO2 oder LiMn2O4 auf eine Alu-miniumfolie aufgetragen. Somit ist aus Sicht des Recyclers eine Batteriezelle ein komplexer Verbund mit vielen unterschiedlichen Inhaltsstoffen. Zudem stellen Li-Ion-Batteriezellen im nicht entladenen bzw. nur teilweise entladenen Zustand eine erhebliche Brand- bzw. Explosionsgefahr dar. Daher erfolgt zuerst eine Sicherheitsentladung der einzelnen Zel-len. Im Anschluss wird in einer temperaturgesteuer-ten Vakuumbehandlung zuerst das verbleibende Lithiummetall deaktiviert und anschließend der Elek-trolyt verdampft. Der Elektrolyt wird in einem Tief-kühlkondensator wiedergewonnen.

Die deaktivierten Zellen werden unter Vakuum pyroli-siert, um die organischen Bestandteile, vor allem Bindemittel und den Separator, zu entfernen. An-schließend werden die pyrolisierten Li-Ion-

Batteriezellen in einem Brecher zerkleinert und durch gängige Klassierungsanlagen in eine Schredder-leichtfraktion und in eine Feinfraktion getrennt. Die Schredderleichtfraktion besteht zum größten Teil aus den Aluminium- und Kupferfolien der Elektroden und kann z. B. an Kupferrecyclingbetriebe veräußert wer-den. Die Feinfraktion besteht aus dem Elektrodenma-terial, also dem Kohlenstoffpulver der Anode und dem Li-Metalloxidpulver der Kathode. Da eine weite-re mechanische Trennung der Komponenten der Feinfraktion nicht möglich ist, wird dieser vorberei-tend für den nachfolgenden pyrometallurgischen Prozessschritt pelletiert.

IME Recyclingkonzept: 2. Pyrometallurgische Aufbereitung

Grundsätzlich gibt es zwei Verfahrensrouten, um das Elektrodenmaterial aufzuarbeiten. Zum einen ist dies eine pyrometallurgische Aufarbeitung und zum ande-ren eine hydrometallurgische (nasschemische) Auf-arbeitung. Während pyrometallurgische Verfahren auf eine Rückgewinnung der in dem Elektrodenmate-rial enthaltenen Metalle in metallischer Form bei ho-hen Temperaturen durch Einsatz von Schmelzaggre-gaten abzielen, werden die enthaltenen Metalle bei hydrometallurgischen Verfahren in Form von Metall-verbindungen durch nasschemische Lösungs- und Fällungsschritte bei niedrigen Temperaturen wieder-gewonnen.

Die Vor- und Nachteile beider prinzipiell unterschied-lichen Recyclingmöglichkeiten sind im Folgenden aufgelistet.

Vorteile pyrometallurgischer Recyclingverfahren:

• Nutzung der unedlen Metalle (Fe, Al,...) und des Kohlenstoffs als Reduktionsmittel bzw. als Ener-gieträger;

• Produktion absatzfähiger Metalle bzw. Legierun-gen.

Nachteile pyrometallurgischer Recyclingverfahren:

• Entstehung größerer Abgasmengen; • Einbringen großer Mengen an Brennstoffen oder

elektrischer Energie; • Wiedergewinnung der unedlen Metalle sowie des

Kohlenstoffs nicht möglich.

Vorteile hydrometallurgischer Recyclingverfahren:

• Wiedergewinnung der unedlen Metalle sowie des Kohlenstoffs möglich;

• äußerst geringe Abgasmengen.

Nachteile hydrometallurgischer Recyclingverfahren:

• Umgang mit großen Mengen an Chemikalien; • aufwendige, langsame und störanfällige Prozes-

se.

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Das IME Konzept favorisiert den einstufigen pyrome-tallurgischen Prozess, aufgrund der wesentlich gerin-geren Störanfälligkeit und der höheren Produktivität bei lediglich einem verwendeten Aggregat. Zusätzlich ist die Gewinnung der Wertmetalle Co, Ni, Cu, Fe, und Si in ihrer metallischen Form vorteilhaft, da sie als Legierung ein gut vermarktbares und wertvolles Produkt darstellen. Gleichzeitig resultiert daraus auch eine Abhängigkeit für diesen Prozess an die Wertme-tallgehalte im Elektrodenmaterial, insbesondere von Co, Ni, und Mn.

Das verwendete Aggregat des IME-Prozesses ist ein stationär betriebener Elektrolichtbogenofen. In diesen werden die Elektrodenmaterial-Pellets chargiert. Die in den Pellets enthaltenen Metalle Co, Ni, Cu, Fe, und Si werden durch den Kohlenstoff in den Pellets reduziert und bilden eine Metallschmelze, die in re-gelmäßigen Abständen abgegossen werden kann. Das in den Pellets enthaltene Lithium wird verdampft und als Flugstaub gewonnen. Dieser Flugstaub kann als Lithiumkonzentrat an entsprechende Betriebe veräußert werden. Das Lithiumkonzentrat kann in hydrometallurgischen Prozessen als Ausgangsstoff für z. B. die Herstellung von Lithiumkarbonat dienen, das wiederum ein Vorstoff für die Batterieherstellung ist. Somit ist im Bereich des Lithiums ein Closed-Loop Recycling möglich.

Pellets

Einschmelzen im Elektroofen

Li-Flugstaub

Fe, Co, Ni Legierung

Li 2CO3

Li-Gewinnung

Batterieherstellung

Abbildung 2: Prozesskette pyrometallurgische Aufbe-reitung (oben), Abstich am Elektrolichtbogenofen (links), Block Co-Ni-Mn-Legierung (Mitte), Li-reicher Flugstaub (rechts)

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Prof. B. Friedrich IME, RWTH Aachen

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Science Allemagne – Umweltschonende Technologien für den Automobilantrieb von morgen - 12/2009 27

Netzintegration von Elektrostraßenfahrzeugen

Dr.-Ing. Hans Roth, Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik, Technische Univer-sität München

Hans Roth, Jahrgang 1977, studierte an der Techni-schen Universität München Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Energietechnik. Seit 2003 ist er wissen-schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Energie-

wirtschaft und Anwendungstechnik der TU München und promovierte dort 2008 zum Thema Optimierung im Kraftwerksbau.

Nahezu alle Automobilhersteller arbeiten derzeit inten-siv an batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen. Eine Reihe von Flottenversuchen wird aktuell in europä-ischen Großstädten durchgeführt. Neben der techni-schen Machbarkeit einer ausreichenden Fahrleistung und Reichweite ist die Frage nach den Rückwirkungen der Fahrzeugladung auf den Kraftwerksbetrieb zu klären. Welche Stromerzeugungstechnologien die notwendige elektrische Energie zur Fahrzeugladung liefern und welche Emissionen damit verbunden sind, ist für eine Bewertung der Umweltauswirkungen elek-trischer Straßenfahrzeuge maßgeblich.

Vorliegender Beitrag zeigt einige grundsätzliche Zu-sammenhänge der Stromerzeugung in Deutschland und die Möglichkeit der Ladung von Elektrostraßen-fahrzeugen auf.

Auswirkungen auf Kraftwerkseinsatz und Kraft-werkszubau

Für die Frage nach einer ganz-heitlichen ökologischen Bewer-tung von Elektrostraßenfahr-zeugen (ESF) ist die Berück-sichtigung des Primärenergie-bedarfs und der in den Kraft-werken entstandenen Emissio-nen maßgeblich. Eine verursa-chergerechte Zuweisung von Energieeinsatz und Emissionen zum Ladestrom muss sicherstel-len, dass dieser Einsatz ohne die entsprechende Lastanforde-rung auch nicht stattgefunden hätte.

Hierzu ist zunächst die Kenntnis der Stromerzeugung ohne die Ladung von Elektro-straßenfahrzeugen notwendig. Bild 1 zeigt einen typi-schen Kraftwerkseinsatz in Deutschland an einem Wintertag. Die Grundlast wird von Laufwasser-, Kern-kraft- und Braunkohlekraftwerken abgedeckt. Der Mit-tellastbereich wird hauptsächlich durch Steinkohle und Erdgaskraftwerke bereitgestellt, während zur Spitzen-last Pumpspeicherwerke eingesetzt werden, die zu den lastschwachen Zeiten in der Nacht gefüllt wurden. Eine Besonderheit stellt die Windenergie dar, welche

unabhängig von der nachgefragten Last eingespeist wird und aufgrund der gesetzlichen Vorrangregelung immer genutzt wird, falls keine technischen Restriktio-nen dagegen sprechen.

Steigt die elektrische Last z. B. aufgrund der Ladung von Elektrostraßenfahrzeugen an, so lässt sich der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms im Allgemei-nen nicht steigern, da diese Strommengen ohnehin, also auch ohne die Ladung genutzt werden. Ein ur-sächlicher Zusammenhang zwischen der Ladung der Elektrofahrzeuge und der regenerativen Erzeugung lässt sich in den meisten Fällen nicht herstellen.

Welche Kraftwerkstypen und Brennstoffe den Lade-strom liefern, kann nur durch eine vergleichende Si-mulation der Stromerzeugung mit und ohne ESF er-mittelt werden. Auf diese Weise kann die Differenz des Brennstoffeinsatzes und der Emissionen zwischen den beiden Simulationen direkt den innerhalb des Simula-tionszeitraums gefahrenen Kilometern der Elektrofahr-zeuge zugewiesen werden.

Abbildung 1: Beispiel des täglichen Kraftwerksein-satzes in Deutschland

Um nennenswerte Effekte erkennen zu können, wurde mit einer angenommenen Bestandsentwicklung der Elektrostraßenfahrzeuge gerechnet, welche im Jahr 2018 ca. 1 Mio. Fahrzeuge und 2040 ca. 18 Mio. er-reicht.

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Diese Anzahl an Fahrzeugen kann nur mit Hilfe einer Eingriffsmöglichkeit der Energieversorger bzw. der Netzbetreiber kostengünstig und ohne Einschränkun-gen der Versorgungssicherheit integriert werden. Durch eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen Fahrzeug und Energieversorger können die Ladezeit-punkte in Bereiche günstigen Stromangebots gelegt werden.

Die notwendigen zusätzlichen Strommengen können erzeugt werden, indem die bestehenden Kraftwerke besser ausgenutzt werden. Durch die höhere erzielba-re Ausnutzungsdauer werden bei Neubauten Grund-lastkraftwerke wirtschaftlicher, sodass in Zukunft von diesen eine größere Leistung installiert wird als ohne ESF.

Im Referenzszenario wird sowohl der Einsatz als auch der Zubau neuer Kraftwerke ohne den Einfluss von ESF simuliert. Um auch längerfristige Effekte erken-nen zu können, muss hier ein ausreichend langer Betrachtungshorizont, z. B. bis zum Jahr 2040 gewählt werden. In einer weiteren Simulation wird die Lastan-forderung um den Ladestrom für die angenommene Bestandsentwicklung an ESF erhöht, während alle anderen Rahmenbedin-gungen unverändert gelassen werden. Daher können alle Veränderungen di-rekt auf den Einfluss elektrischer Stra-ßenfahrzeuge zurückgeführt werden.

Sowohl der Primärenergieeinsatz und die daraus resultierenden Emissionen als auch die anfallenden Kosten lassen sich auf diese Weise bilanzieren.

In Starkwindphasen kann es vorkom-men, dass die Stromerzeugung der Windkraftanlagen zusammen mit den anderen erneuerbaren Energien die nachgefragte Last übersteigt. Nur in diesen Fällen kann durch eine Erhöhung der Verbraucherlast ein größerer Anteil an erneuerbaren Energien genutzt wer-den und direkt als Ladestrom ausgewiesen werden.

CO2-freie Integration

Die bevorzugte Ladung der Elektrostraßenfahrzeuge zu Schwachlastzeiten führt dazu, dass fast aus-schließlich steuerbare fossile Kraftwerke, hauptsäch-lich Braun- und Steinkohlekraftwerke eingesetzt wer-den. Daher sind ohne zusätzliche Eingriffe die zuzu-ordnenden Emissionen überdurchschnittlich hoch.

Das System des Handels mit Emissionszertifikaten bedeutet eine Begrenzung der erlaubten Menge an CO2-Emissionen für alle am Handelssystem teilneh-menden Industrien. Wenn unterstellt wird, dass die Zertifikatsmenge der thermischen Kraftwerke begrenzt ist, dann ist eine Erhöhung der produzierten Strom-menge nicht mit einer Erhöhung der emittierten Menge

an CO2 verbunden. In diesem Fall ist eine CO2-freie Integration elektrischer Straßenfahrzeuge in das Energiesystem möglich, da bei einem Vergleich der Stromerzeugung mit und ohne ESF keine Mehremis-sionen entstehen. Die Stromerzeugung muss mit der Integration von Elektrofahrzeugen spezifisch CO2-ärmer werden. Da jedoch, wie oben erläutert, die Er-zeugung aus CO2-freien Quellen, wie z. B. den erneu-erbaren Energien, im direkten Vergleich nicht ausge-weitet werden kann, muss die Reduktion der spezifi-schen Emissionen über eine Verschiebung des fossi-len Brennstoffmixes geschehen (Bild 2). Der Anteil der CO2-intensiven Energieträger Braun- und Steinkohle geht zugunsten des emissionsärmeren Erdgases zu-rück. Sobald in Zukunft Kohlekraftwerke mit CO2-Abscheidung (CCS) zur Verfügung stehen, wird auch deren Anteil steigen. Eine verursachergerechte Zu-ordnung des Ladestrommixes weist daher bei den emissionsintensiven Energieträgern negative Anteile auf, sodass die Summe der spezifischen Emissionen Null ergibt.

Abbildung 2: Strommix bei emissionsneutraler In-tegration der ESF im Jahr 2040

Kosten der zusätzlichen Stromerzeugung

Für einen möglichen Erfolg elektrischer Straßenfahr-zeuge ist neben den technischen Eigenschaften vor allem die Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend. Die Wirtschaftlichkeit muss sich im Wesentlichen aus den Betriebskosten ergeben, welche wiederum von den Strombezugskosten dominiert werden, da die An-schaffungskosten auch auf absehbare Zeit deutlich über denen von konventionellen PKW liegen werden.

Die gesteuerte Ladung führt, wie beschrieben, zu ei-ner besseren Auslastung der Anlagen der Stromer-zeugung, wodurch die spezifischen Kosten insgesamt abnehmen. Hinzu kommt, dass keine zusätzlich zu installierende Kraftwerksleistung notwendig ist und

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dass gleichzeitig bei künftigen Investitionen Grund-lastkraftwerke attraktiver werden, was zusätzliche Kostenvorteile für den Ladestrom bringt. Darüber hin-aus findet die Ladung zu Zeiten statt, in denen die Grenzkosten der Stromerzeugung – und damit die Betriebskosten – niedrig sind.

Auch bei einer Begrenzung der CO2-Emissionen tritt dieser positive Kosteneffekt auf. Andererseits wird kostengünstige, aber emissionsintensive Stromerzeu-gung durch teurere emissionsärmere ersetzt. Diese Mehrkosten sind allein dem Ladestrom anzurechnen. Welcher Effekt überwiegt, hängt von der Zusammen-setzung des Kraftwerksparks ab. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die Restlaufzeit der Kernenergie und die Verfügbarkeit der CCS-Technologie.

Bild 3 zeigt auf einer Zeitachse von 2010 bis 2040 die Entwicklung der Stromgestehungskosten auf Seiten der Kraftwerke ohne CO2-Zertifikate des Ladestroms. Zum Vergleich sind zusätzlich die durchschnittlichen Stromgestehungskosten der gesamten Stromerzeu-gung im Referenzszenario aufgetragen. Im Falle der emissionsneutralen Integration des Ladestroms ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Zunächst liegen die La-deenergiekosten mit 2 bis 3 Ct/kWh noch deutlich unter den Durchschnittskosten. Ab 2020 steigen sie jedoch sprunghaft an, da in diesen Jahren der Kern-energieausstieg zusätzlichen Druck auf die Emis-sionsminderung ausübt. Danach können mehr und mehr CCS-Kraftwerke in der Grundlast betrieben wer-den, was die Ladestromkosten wieder unter die Durch-schnittskosten drückt.

Abbildung 3: Entwicklung der Stromgestehungskos-ten für emissionsneutralen Ladestrom der ESF im Vergleich zum Referenzszenario

Die Ergebnisse zeigen, dass selbst im Fall einer Emissionsbegrenzung die Stromgestehungskosten für die Ladeenergie von ESF durch eine gesteuerte La-

dung relativ gering sind. Zu beachten ist jedoch, dass zu diesen Kosten noch die Netznutzung und die Steu-ern und Abgaben hinzu kommen. Hier besteht von Seiten des Gesetzgebers ein gewisser Gestaltungs-spielraum.

Zusammenfassung

Durch die Simulation der Stromerzeugung ist eine verursachergerechte Zuordnung des Ladestroms für Elektrostraßenfahrzeuge möglich. Die Ladung wird zu Schwachlastzeiten hauptsächlich in Grund- und Mittel-lastkraftwerken erbracht. Der Anteil der regenerativen Stromerzeugung, welcher den ESF zugeordnet wer-den kann, ist dabei gering, da die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aufgrund des EE-Gesetzes in Deutschland ohnehin vorrangig integriert wird. Ausschließlich im Falle von ansonsten ungenutz-ten Kapazitäten kann regenerative Erzeugung als Ladestrom zur Verfügung stehen.

Dennoch ist eine CO2-neutrale Integration von Elek-trostraßenfahrzeugen in die Stromerzeugung möglich. Durch das Instrument des Treibhausgaszertifikatshan-dels ist die Möglichkeit geschaffen, die Obergrenze der jährlich von den thermischen Kraftwerken emittier-ten CO2-Menge festzulegen. Damit wird diese Grenze auch bei einer Erhöhung der Stromproduktion durch die notwendige Ladeenergie nicht überschritten. Dies bedeutet, dass die spezifischen Emissionen einer erzeugten Einheit Strom im Vergleich zur Referenzsi-tuation ohne ESF abnehmen. In diesem Fall sind die dem Ladestrom zuordenbaren Kosten meist niedriger

als die durchschnittlichen Stromge-stehungskosten, da nahezu keine Investitionskosten anzurechnen sind.

Die aufgezeigten Ergebnisse sind größtenteils von der Entwicklung zweier wichtiger Rahmenbedingun-gen abhängig: die Zukunft der Kernenergie und die Machbarkeit von Kohlekraftwerken mit CO2-Abscheidung (CCS). Ob es in Deutschland zu einem Durchbruch der Elektromobilität kommen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, wie den großen Herausforderungen der künftigen Energieversorgung be-gegnet wird.

Die Langfassung des Artikels findet sich in: Roth, H., Gohla-Neudecker, B.: Netzintegration von Elektrostraßenfahrzeugen - Ausblick auf mögliche Entwicklungen in der Stromerzeugung VDI-Tagung Elektrische Energiespeicher, VDI-Berichte 2058, S.183 – 194, Düsseldorf 2009

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Dr.-Ing. Hans Roth Technische Universität München

Telefon +49 (0) 89 289 28308 E-Mail [email protected]

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Batterie- und brennstoffzellenbetriebene Straßenfahrzeuge -

Partner oder Konkurrenten?

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner, Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik, Techni-sche Universität München

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner ist Ordinarius am Lehr-stuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik an der Technischen Universität München und Wis-senschaftlicher Leiter der Forschungsstelle für Ener-giewirtschaft e.V. in München. Er hat über die Ener-

gieausbeute von Traktionsbatterien promoviert und hält seit 1990 die Vorlesung „Elektrische Straßenfahr-zeuge“ an der TU München. Seit 1996 leitet Prof. Wagner die Koordinationsstelle der „Wasserstoff-Initiative Bayern“ in München.

Erste batteriebetriebene Straßenfahrzeuge wurden schon vor über 100 Jahren entwickelt, seinerzeit mit noch erheblichem technischem Vorsprung gegenüber verbrennungsmotorischen Fahrzeugen. Die um zwei Größenordnungen höhere gravimetrische Energiedich-te von Vergaserkraftstoffen gegenüber Batteriespei-chern und die kurze Tankdauer führten dann - in Kombination mit der Entwicklung des elektrischen Anlassers - zum Durchbruch der verbrennungsmotori-schen Fahrzeuge. Der niedrigere Nutzungsgrad und höhere spezifische Kraftstoffverbrauch von Otto- und Dieselmotoren spielte fast ein Jahrhundert lang keine Rolle. Erst mit den Ölpreiskrisen in den 1970er Jahren wurde man sich der erheblichen energiepolitischen Abhängigkeit von Mineralölprodukten und dem willkür-lichen Preisdiktat erdölfördernder Staaten bewusst. Es folgten umfangreiche Forschungs- und Entwicklungs-arbeiten mit Hunderten von batteriebetriebenen Proto-typen und Kleinserienfahrzeugen, jedoch gab es im-mer noch keinen Durchbruch der Elektromobilität an-gesichts der nach wie vor geringen Reichweite und hohen Ladedauern.

Auch die Geschichte brennstoffzellenbetriebener Straßenfahrzeuge ist schon mehrere Jahrzehnte alt. Diese nutzen die gleiche elektrisch betriebene An-triebsplattform, können aber durch die variable Ausle-gung der Wasserstoff-Speichergröße den Nutzeran-forderungen besser gerecht werden. Angesichts der hohen Belastungen einer Brennstoffzelle im mobilen Alltagsbetrieb konnte sich auch diese Technologie noch nicht in größerem Maßstab durchsetzen.

In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von unterschiedlichen Batterietypen für Traktionszwecke eingesetzt. Dabei spielt die Bleibatterie eine bis heute wichtige Rolle. Auch wenn sie keine Spitzenwerte bei der Energie- und Leistungsdichte liefert (30°Wh/kg bzw. 50°W/kg), so zeigt sie Vorteile bei der Lebens -dauer, bei der (relativen) Zuverlässigkeit von Ladezu-standsanzeigen und last but not least bei den An-schaffungskosten. Die Bleibatterie wird auch zukünftig für Fahrzeuge mit geringen Anforderungen an Fahr-leistung und Aktionsradius die günstigste Lösung dar-stellen.

Alkalische Systeme, insbesondere NiMH-Batterien, weisen eine um 50 % höhere Energiedichte als Blei-batterien auf. Die Zyklenfestigkeit liegt (bei fachge-rechter Ladung) etwa doppelt so hoch, leider gilt das auch für die Anschaffungskosten des Systems. Die NiMH-Batterie ist heute Stand der Technik und wird derzeit in vielen Elektrostraßenfahrzeugen (ESF) ein-gesetzt. Sie hat viele parallele Entwicklungen der letz-ten 20 Jahre (z.B. NiFe, NiCd, Hoch-temperaturbatterien etc.) aus dem Feld geschlagen.

Großer Hoffnungsträger für die nächste ESF-Generation sind Lithium-Ionen-Batterien, mit Energie-dichten von bis zu 100 Wh/kg und Leistungsdichten über 200 W/kg, womit die Realisierung leistungsstar-ker Fahrzeuge mit Aktionsradien von über 200 km Reichweite möglich erscheint.

Aus der großen Bandbreite von Brennstoffzellentypen kommen für die mobile Anwendung aus technischen und ökonomischen Gründen vor allem PEM-Brennstoffzellen, ggf. auch die DMFC (Direkt Metha-nol-BSZ) in Frage. Die elektrischen System-Wirkungsgrade im Fahrzeug dürften zukünftig etwa 35°% erreichen. Gegenüber batteriebetriebenen Fahr-zeugen kommt der Vorteil der möglichen Abwärme-nutzung für die Fahrzeugbeheizung und ggf. Fahr-zeugklimatisierung hinzu. Andererseits verursacht der hohe Wärmeanfall (bei ca. 60° - 80°C) bei hohen Um-gebungstemperaturen das Problem einer geeigneten Wärmeabfuhr. Entwicklungsbedarf bei Brennstoffzel-len besteht vor allem für kostengünstigere Materialien (Membrane, Elektrodenmaterialien, Katalysator etc.), einer Verlängerung der Lebensdauer bzw. Reduktion der Degradation und eine deutliche Kostensenkung.

Bei batterie- und brennstoffzellenbetriebenen Fahr-zeugen gibt es technische Analogien auf drei Ebenen, die in Bild 1 dargestellt sind.

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fossil + nuklearregenerativ

Energiebereitstellung

Energiespeicherung /

Energieumwandlung

Energieanwendung Elektromotor

Batterie

Speicher

Brennstoff-zelle

H2chemH2

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© IfE 58-040-B09

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Bildquelle: Daimler AG

Abbildung 1: Analogien der Batterie- und Brenn-stoffzellentechnik

Bezüglich der Ausführung elektrischer Antriebe gibt es keine Unterschiede zwischen batterie- und brennstoff-zellenbetriebenen Straßenfahrzeugen.

Batterien und Brennstoffzellen basieren auf dem glei-chen elektrochemischen Mechanismus zur Erzeugung nutzbarer Ladungsträger. In beiden Fällen handelt es sich um Redoxreaktionen mit einem internen Ladungs-transport über Ionen zwischen Anode und Kathode; die zugehörige Elektronenverschiebung erfolgt über die Klemmen und einen äußeren Verbraucher. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Elek-troden der Brennstoffzelle den Reaktionsraum für das aus externen Komponenten zugeführte Reaktionsgas (bzw. Umgebungsluft) darstellen. Bei der Batterie da-gegen ist das gesamte Reaktionsmaterial in den Elek-troden gespeichert und wird im Laufe einer Entladung chemisch umgewandelt.

Eine große Herausforderung stellt sowohl bei batterie- als auch bei brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen die Erzeugung zusätzlicher Mengen an den Energie-trägern Strom bzw. Wasserstoff und deren energie-wirtschaftliche Integration dar.

Beide Technologien ermöglichen eine hohe Diversifi-zierung der Primärenergieträgerstruktur im Verkehrs-sektor und eine sukzessive stufenlose Einbindung großer Mengen an erneuerbaren Energien in unser Energiesystem.

Die Energieeffizienz im Fahrbetrieb (Tank to Wheel), also der Nutzungsgrad von elektrisch betriebenen Straßenfahrzeugen, liegt mit ca. 75 % (Batteriebetrieb) bzw. ca. 35 % (Brennstoffzelle) wesentlich höher als bei konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmo-tor (Diesel ca. 23 %, Erdgas ca. 19 %). Bei ganzheitli-cher Systembetrachtung benötigt die Herstellung von batteriebetriebenen Fahrzeugen allerdings ca. 80 %, die Herstellung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen-

technik ca. 60 % mehr Energie als die Herstellung eines konventionell betriebenen Diesel-Pkw. Dies bedeutet, dass erst bei einer längeren Laufleistung der kumulierte Energieaufwand (KEA) von Herstellung und Betrieb eines elektrisch betriebenen Straßenfahrzeugs mit dem eines konventionellen Diesel- bzw. Erdgas-Fahrzeugs gleichziehen kann. Beim heutigen Strom-mix thermischer Kraftwerke in Deutschland (ca. 37 % Nutzungsgrad) ist diese Grenze ab einer Lebenszyk-lus-Laufleistung von ca. 120.000 km erreicht. Bild 2 zeigt die Abhängigkeit des Primärenergieverbrauchs pro gefahrenem Kilometer (kWh/km) vom Nutzungs-grad der Energiebereitstellung für Strom bzw. Was-serstoff.

Quelle: NASA

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Nutzungsgrad der Energiebereitstellung (Strom bzw. H2)

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Abbildung 2: Spezifischer Primärenergieverbrauch von Fahrzeugen (inkl. KEA-Herstellung)

Aufgrund des technischen Fortschritts im Kraftwerks-bau und des sukzessiven Neubaus von thermischen Stromerzeugungsanlagen wird der spezifische Pri-märenergieverbrauch des batteriebetriebenen Stra-ßenfahrzeugs weiter sinken. Die Effizienz von Brenn-stoffzellenfahrzeugen liegt aufgrund des niedrigeren Systemnutzungsgrades etwas niedriger.

Fazit

Die Energieeffizienz elektrisch betriebener Straßen-fahrzeuge (Tank to Wheel) ist in jedem Fall günstiger als bei verbrennungsmotorischen Fahrzeugen. Die Höhe des Systemnutzungsgrades (Well to Wheel) variiert stark in Abhängigkeit vom zugrunde gelegten Primärenergieträger und dem Umwandlungsverfahren für die Strom- bzw. Wasserstofferzeugung. So kann der Bereitstellungsnutzungsgrad (Well to Tank) elek-trischer Energie zwischen 25 % (z. B. für ein verbren-nungsmotorisches BHKW) bis nahe 100 % (im Falle eigens für Elektromobilität errichtete, nicht im EEG eingebundene Windkraft- oder PV-Anlagen) schwan-ken.

Eine großflächige Integration erneuerbarer Energien in die Stromversorgung und den Verkehrssektor ist über beide Technologiepfade sukzessive möglich, ohne erforderliche technische Anpassungen der Elektro-Fahrzeuge.

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Die Effizienz der Fahrzeuge steigt dabei kontinuierlich an, im gleichen Maße wie eine Effizienzsteigerung der zentralen Umwandlungsanlagen (Strombereitstellung, Wasserstofferzeugung) erfolgt.

Emissionsminderung ist bei zentralen Anlagen immer effektiver erreichbar als bei Millionen von Einzelfahr-zeugen. Elektrostraßenfahrzeuge weisen zudem ge-ringere Lärmemissionen als Fahrzeuge mit Verbren-nungskraftmaschinen auf.

Die spezifisch geringeren Emissionen an CO2 und anderen Schadstoffen fallen nicht am Anwendungsort an, sondern in Umwandlungsanlagen meist fernab der besonders von Immissionen betroffenen Ballungsräu-me.

Die Elektromobilität hat langjährige Schwankungen im öffentlichen und politischen Interesse erfahren: Zuletzt gab es hohe Erwartungen und optimistische Ankündi-gungen bezüglich der Umsetzung brennstoffzellenbe-

triebener Fahrzeuge in den 1990er Jahren, mit der Aussicht auf erste Serienfahrzeuge im Jahr 2005. Die angekündigte Umsetzung ist längst überfällig, das öffentliche Interesse (und damit auch das der Unter-nehmen) hat sich von dieser Technik zunehmend abgewandt und gilt nun wieder verstärkt dem Einsatz batteriebetriebener Elektrofahrzeuge.

Sollte es wiederum nicht möglich sein, innerhalb weni-ger Jahre diese Technik einzuführen, wird es hier zum nächsten „hype disappointment“ kommen. Wichtig sind also realistische Zielvorgaben in der öffentlichen Kommunikation und eine konsequente Verfolgung dieser Ziele. Voraussetzung sind Kontinuität bei For-schung und Entwicklung von Brennstoffzellen und Batterien und die Vermeidung einer Polarisierung dieser Themen.

Die Zukunft fährt elektrisch, mit Batterien und Brenn-stoffzellen!

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Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner Technische Universität München http://www.tu-muenchen.de

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