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Unerkannt und unbehandelt- Chronische Borreliose Die verkannte Volkskrankheit Dr. med. Frank Riedel Facharzt für Allgemeinmedizin Experte für Biologische Medizin

Unerkannt und unbehandelt- Chronische Borreliose Die ... · • Sehstörungen, Schmerzen, Brennen durch Iritis, Uveitis, Episkleritis, Papilitis etc. Borreliose- Frühe disseminierte

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Unerkannt und unbehandelt- Chronische Borreliose

Die verkannte Volkskrankheit

Dr. med. Frank Riedel Facharzt für Allgemeinmedizin

Experte für Biologische Medizin

• geschätzt 500 000 bis 800 000 Neuinfektionen pro Jahr in Deutschland

– im Vergleich zu 200 – 500 FSME-Infektionen

• rund 1 Millionen Patienten in Deutschland leiden an einer chronischen Borreliose

– die meisten davon unerkannt, unbehandelt oder falsch behandelt

Chronische Borreliose- Epidemie ungeahnten Ausmaßes

Borreliose – Eine zeckenübertragene Erkrankung

Borreliose – Eine zeckenübertragene Erkrankung

Borreliose – Eine bakterielle Infektionskrankheit

• 1975: gehäuftes Auftreten von Gelenkentzündungen in dem Örtchen Lyme (USA)

• 1981 durch Willy Burdorfer entdeckt

• gramnegative, spiralförmige Bakterien aus der Familien der Spirochäten – Borrelia burgdorferi sensu lato (Oberbegriff)

• Borrelia burdorferi sensu stricto (einziger Erreger in den USA)

• Borrelia afzelii, Borrelia garinii, Borrelia spielmanii (weitere Erreger, die v. a. in Europa vorkommen)

Borrelien – Die Krankheitserreger der Borreliose

1. Frühe lokalisierte Borreliose – Wanderröte - Erythema migrans (nur in rund

50% aller Infektionsfälle auftretend)

– 2 – 40 Tage nach Zeckenstich

2. Frühe disseminierte Borreliose – ca. 1 – 4 Monate nach Zeckenstich

– in 30 - 60% ohne Erythema migrans

3. Chronische Borreliose – 4 – 6 Monate bis mehrere Jahre nach Infektion

– Abgrenzung zum Post-Lyme-Syndrom umstritten

Borreliose- Stadieneinteilung

Borreliose- Frühe lokalisierte Borreliose

•Erythema chronicum migrans (EM, Wanderröte, Bulls eye rash) •Beweisend für eine Borrelieninfektion •Sofortige Behandlungsindikation ohne vorherige Labortests •Aber: tritt nur in 50% der Fälle auf und wird auch nicht immer bemerkt (genauso wie der Zeckenstich selbst)

•Borreliose auch ohne erinnerlichen Zeckenstich oder Wanderröte möglich!!

• bei nicht spontan ausgeheilter, nicht oder unzureichend behandelter Infektion, 1 – 4 Monate nach Zeckenstich

• in 30 – 60% ohne erinnernliches EM oder Zeckenstich • vielfältige, unspezifische Symptome; häufig fehldiagnostiziert

– Allgemeinsymptome: • Grippegefühl, Müdigkeit, Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen, leichtes

Fieber, Lymphknotenschwellung, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen

– Nervensystem • Hirnhautentzündung, Hirnnervenausfälle (Gesichtsnervenlähmung), starke

Nervenschmerzen (Bannwarth-Meningoradikuloneuritis))

– Gelenke • Episodische Arthritis (akute wandernde Gelenksschmerzen und flüchtige

Schwellungen)

– Herz • Herzbeutel- und Herzmuskelentzündungen, Herzrhythmusstörungen (AV-Block I°-II°),

Herzmuskelschwäche (dilatative Kardiomyopathie)

– Haut • Multiple EM, Borrelien-Lymphozytom (Lymphadenosis cutis benigna)

– Augen • Sehstörungen, Schmerzen, Brennen durch Iritis, Uveitis, Episkleritis, Papilitis etc.

Borreliose- Frühe disseminierte Borreliose

• bei nicht spontan ausgeheilter, nicht oder unzureichend behandelter Infektion, 4 – 6 Monate oder sogar erst Jahre nach Zeckenstich

• Charakteristisch: Vielzahl von scheinbar unzusammenhängenden Symptomen: – Fatigue

• Schwere körperliche Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Leistungsminderung, welche sich auch durch ausreichende Erholung nicht bessert

– Neurologische und neuropsychiatrische Symptome • kognitive Beeinträchtigungen unterschiedlichen Schweregrades; Konzentrationsstörungen • Entwicklung von Depressionen, Ängsten, Schlafstörungen, Reizbarkeit • Kribbelgefühl, Taubheitsgefühl, Nervenschmerzen, Nervenlähmungen • Kopfschmerzen, Tinnitus, Sehstörungen

– Gelenke und Muskulatur • Chronisch rezidivierende Gelenkentzündungen mit Schwellung und Schmerzen • Empfindliche Muskulatur, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Muskelzuckungen, Muskelkrämpfe

– Herz • Herzbeutel- und Herzmuskelentzündungen, Herzrhythmusstörungen (AV-Block I°-II°), Herzmuskelschwäche

(dilatative Kardiomyopathie)

– Haut • Acrodermatitis chronica atrophicans (chronisch entzündliche, ödematöse Veränderungen v.a. an

sonnenexponierten Hautstellen, im späteren Verlauf ehr atrophische, pergamentartige Haut) • Berührungsempfindlichkeit der Haut

– Augen • Chronische Augenborreliose mit Hornhauttrübungen, Hornhautentzündungen, Optikusatrophie, okuläre

Myositis (Entzündung der Augenmuskeln)

– Weitere Organsysteme • z.B. Verdauungsstörungen, rezidivierende Blasenentzündungen, Störung des Hormonstoffwechsels

Chronische Borreliose- Spätmanifestation

• Durchschnittliches Infektionsrisiko nach Zeckenstich 4 -6 (10) % (offizielle Empfehlung: keine generelle Antibiotika-Prophylaxe nach Zeckenstich)

• 10 - 40 % der Zecken in Deutschland sind mit Borrelien infiziert (höchste Durchseuchungsrate in Süddeutschland und Brandenburg)

• Infektionsrisiko steigt mit der Saugzeit (Übertragung erfolgt meist, aber nicht immer, nach längerer Saugzeit von > 8 Stunden) – „Zecken-Test“ zumindest bei langer Saugzeit sinnvoll, da bei Borrelien-

positiven Zecken Infektionsrisiko 20 -35 % – bei fehlender Symptomatik, aber positivem „Zecken-Test“

• einschleichende antibiotische Frühtherapie mit 2 x 100 mg Minocyclin oder 2 x 500 mg Clarithromycin für mindestens 10 Tage

– wenn Zecken-Test nicht möglich, Labordiagnostik mittels LTT oder T-cellspot bereits nach 5-10 Tagen durchführbar

• bei klinischen Symptomen der Frühborreliose oder positiver Labordiagnostik antibiotische Therapie über mindestens 30 Tage

Chronische Borreliose verhindern - Infektionsrisiko abschätzen

• Die Borreliose-Erkrankung ist in erster Linie eine klinische Diagnose, welche durch Laborergebnisse gestützt werden kann! – Borrelien-Antikörper Suchtest (ELISA) + Bestätigungstest (Blot)

• in mehr als 30 % der chronischen Borreliosefälle falsch negativ

– Lymphozytentransformationstest (LTT) • unterscheidet eine aktive von einer zur Zeit inaktiven Borreliose

– CD57- Natürliche Killerzellen • bei einer chronischen, das Immunsystem schwächenden Borreliose, oft stark

vermindert

– Ko-Infektionen mit anderen zeckenübertragenen und nicht zeckenübertragenen Erregern

– Ko-Faktoren, wie Schwermetallbelastungen, Vitalstoffmangel – Nachweis einer systemischen Entzündung, von

Mitochondrienfunktionsstörungen, nitrosativem und oxidativem Stress, Beeinflussung des Serotonin-Stoffwechsel

Borreliose- Diagnostik

• Zeckenstich – bei hoher Infektionswahrscheinlichkeit: 10 Tage Antibiose mit Minocyclin oder

Clarithromycin

• Frühe lokalisierte Borreliose (EM) – mindestens 30 Tage Antibiose mit Minocyclin oder Clarithromycin; zusätzlich

phytotherapeutische Begleittherapie mit Banderol / Samento

• Frühe disseminierte Borreliose – mindestens 3 Monate Antibiose mit Minocyclin oder Clarithromycin;

zusätzliche phytotherapeutische Begleittherapie mit Banderol / Samento; Enzymtherapie, Darmschutz

• Chronische Borreliose – Mindestens 3 Monate Antibiose mit Minocyclin oder Clarithromycin, ggf.

Kombination mit Metronidazol / Tinidazol, ggf. auch deutlich länger – anschließend für mindestens 6 Monate Cowden-Supportprogramm

(phytotherapeutisches Behandlungsprogramm), auch alternativ zur Antibiose über mindestens 9 Monate, z. B. bei Antibiotikaunverträglichkeit

– Schwermetallentgiftung, Vitalstoffsubstitution, Immunsystemunterstützung etc.

Borreliose- stadiengerechte Therapie

• Es existieren zwei absolut konträre amerikanische Leitlinien zur Erkrankung selbst, als auch zur Diagnostik und Therapie der Borreliose.

• Dies führt zu einer dramatischen Situation für Patienten und Ärzte im Praxisalltag, da sich Krankenkassen und Versicherungen an den „kostengünstigsten“ Leitlinien orientieren.

Der „Borreliose-Krieg“

IDSA (Infectious Disease Society of America)

ILADS (Internation Lyme and Associated Disease Society)

Aus dem Jahr 2006 Aus dem Jahr 2004

EUCALB (European Union Concerted Action on Lyme Borreliosis) orientiert sich an diesen Leitlinien

Leitlinien der Deutschen Borreliosegesellschaft orientieren sich an der ILADS-Empfehlung

Lyme-Borreliose (LB) ist selten und tritt nur in bestimmten Endemiegebieten auf.

Lyme-Borreliose (LB) und Ko-Infektionen führen zu einer komplexen Erkrankung. LB und andere zeckenübertragene Ko-Infektionen sind weitverbreitet.

LB ist einfach zu diagnostizieren. LB-Bluttests sind zuverlässig.

LB ist vor allem im chronischen Stadium schwer zu diagnostizieren. LB-Bluttests sind unzuverlässig.

Die Behandlung einer LB scheitert selten. Chronische LB gibt es nicht.

Borrelia burgdorferi ist schwierig zu eliminieren und ein Versagen der Behandlung häufiger, als angenommen. Ko-Infektionen erschweren die LB-Behandlung.

Eine antibiotische Behandlung über maximal 4 Wochen ist ausreichend.

Längere antibiotische Therapien scheinen bei persistierender LB angemessen und nützlich zu sein.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!