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DE DERN RNEU EUBA BAUA UALS LS HE HERA RAUS USFO FORD RDER ERUN UNG G das Logo für den tag der offenen tür vom 3. bis 4. september 2011 auf dem ti telblatt dieser ausgabe macht es endgültig klar: der umzug ins neue unI/phz-gebäude steht unmittelbar bevor. mit der anspruchsvollen «zü- glete» werden die herausforderungen jedoch keineswegs bewältigt sein. Vielmehr gilt es, sich in den neuen ge- filden zurechtzufinden und den start am neuen standort direkt beim Bahn- hof und beim KKL möglichst reibungs- los zu bewältigen. ganz besondere anforderungen stellt dies an das team der Informa tikdienste, wie marco antonini, der Leiter der Infor- matikdienste, im gespräch mit unilu aktuell erklärt. alles oder zumindest fast alles anders wird im neubau auch für die zentral- und hochschulbiblio- thek sein. der artikel von tobias schelling macht deutlich, dass sich die nutzerinnen und nutzer auf viele Verbesserungen freuen dürfen. was in den nächsten Jahren und Jahrzehn- ten im unI/phz-gebäude gelehrt und geforscht wird, ist stark abhängig von der künftigen strategie der univer si- tät Luzern. rektor paul richli gibt ei- nen einblick in die momentane dis- kussion um die künftige ausrichtung. einen, mit leichtem gruseln verbunde- nen Blick in die Vergangenheit und zugleich in ein aktuelles forschungs- projekt des historischen seminar s werfen wir in dieser nummer mit dem artikel «hingerichtet, einbalsamiert und als medizin verkauft», in dem uns Janine Kopp teilhaben lässt an ihren forschungsergebnissen. wir wün- schen viel Vergnügen bei der Lektüre. erIch aschwanden KommunIKatIonsBeauftragter AUSGABE NR. 35 · feBruar 2011 unilu AKTUELL «zügel-fee gesucht» marco antonInI Im gesprÄch mIt martIna pLetscher Marco, du leitest die Informatikdienste der Uni Luzern, viele Mitarbeitende und Studierende nehmen dich und das IT-Team erst dann wahr, wenn ihr Computer streikt oder sie Probleme mit dem Netzwerkzugang oder ihrem E-Mail- Account haben. Dabei läuft ohne euch fast nichts. Und schon gar nicht die Computer im neuen Gebäude. Wie se- hen du und dein Team dem Umzug entgegen? der umzug bringt für uns schon im Vorfeld einen riesigen aufwand mit sich. wir können zwar relativ viel schon vor- bereiten, in der intensiven phase wird es aber sicher noch einmal eine enorme anstrengung. wir sind also gespannt- gelassen. Was könnt ihr denn schon vorbereiten? Und wie? weil wir im neubau ein komplett neues netzwerk auf- bauen, können wir dieses unabhängig vom bestehenden schon einrichten. Bei der telefonie setzen wir auf VoIp (Voice over Ip) und bauen dazu mit dem Kanton Luzern einen telefonie-Knoten im neuen gebäude auf. Bis auf neue telefonapparate ändert sich für die nutzer dadurch foKus 1 neuerscheInungen 21 personeLLes 36 forschung und Lehre 4 engagement 22 tagungen 18 panorama 24 computer, drucker, netzwerk, telefonie: die Informatikdienste sorgen im neuen gebäude für einen reibungslosen technischen start. TAG DER OFFENEN TÜR 3. | 4. SEPTEMBER 2011 WWW.UNI-PHZ.CH

uniluAKTUELLUNILUAKTUELL·AUSGABENR.35·FEBRUAR2011 FORSCHUNGUND LEHRE 5 fürdiesesbislangverdrängteundverschwiegeneKapitelder ge-schichtesensibilisiertwerden

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DEDER NR NEUEUBABAU AU ALSLSHEHERARAUSUSFOFORDRDERERUNUNGG

das Logo für den tag der offenen tür

vom 3. bis 4. september 2011 auf

dem titelblatt dieser ausgabe macht

es endgültig klar: der umzug ins neue

unI/phz-gebäude steht unmittelbar

bevor. mit der anspruchsvollen «zü-

glete» werden die herausforderungen

jedoch keineswegs bewältigt sein.

Vielmehr gilt es, sich in den neuen ge-

filden zurechtzufinden und den start

am neuen standort direkt beim Bahn-

hof und beim KKL möglichst reibungs-

los zu bewältigen. ganz besondere

anforderungen stellt dies an das

team der Informatikdienste, wie

marco antonini, der Leiter der Infor-

matikdienste, im gespräch mit unilu

aktuell erklärt. alles oder zumindest

fast alles anders wird im neubau auch

für die zentral- und hochschulbiblio-

thek sein. der artikel von tobias

schelling macht deutlich, dass sich

die nutzerinnen und nutzer auf viele

Verbesserungen freuen dürfen. was in

den nächsten Jahren und Jahrzehn-

ten im unI/phz-gebäude gelehrt und

geforscht wird, ist stark abhängig von

der künftigen strategie der universi-

tät Luzern. rektor paul richli gibt ei-

nen einblick in die momentane dis-

kussion um die künftige ausrichtung.

einen, mit leichtem gruseln verbunde-

nen Blick in die Vergangenheit und

zugleich in ein aktuelles forschungs-

projekt des historischen seminars

werfen wir in dieser nummer mit dem

artikel «hingerichtet, einbalsamiert

und als medizin verkauft», in dem uns

Janine Kopp teilhaben lässt an ihren

forschungsergebnissen. wir wün-

schen viel Vergnügen bei der Lektüre.

■ erIch aschwanden

KommunIKatIonsBeauftragter

AUSGABE NR. 35 · feBruar 2011

uniluAKTUELL

«zügel-fee gesucht»

■ marco antonInI Im gesprÄch mIt martIna pLetscher

Marco, du leitest die Informatikdienste der Uni Luzern,viele Mitarbeitende und Studierende nehmen dich und dasIT-Team erst dann wahr, wenn ihr Computer streikt odersie Probleme mit dem Netzwerkzugang oder ihrem E-Mail-Account haben. Dabei läuft ohne euch fast nichts. Undschon gar nicht die Computer im neuen Gebäude. Wie se-hen du und dein Team dem Umzug entgegen?der umzug bringt für uns schon im Vorfeld einen riesigenaufwand mit sich. wir können zwar relativ viel schon vor-

bereiten, in der intensiven phase wird es aber sicher nocheinmal eine enorme anstrengung. wir sind also gespannt-gelassen.

Was könnt ihr denn schon vorbereiten? Und wie?weil wir im neubau ein komplett neues netzwerk auf-bauen, können wir dieses unabhängig vom bestehendenschon einrichten. Bei der telefonie setzen wir auf VoIp(Voice over Ip) und bauen dazu mit dem Kanton Luzerneinen telefonie-Knoten im neuen gebäude auf. Bis aufneue telefonapparate ändert sich für die nutzer dadurch

foKus 1 neuerscheInungen 21 personeLLes 36

forschung und Lehre 4 engagement 22

tagungen 18 panorama 24

computer, drucker, netzwerk, telefonie: die Informatikdienste sorgen im neuengebäude für einen reibungslosen technischen start.

TAG DER OFFENENTÜR

3. |4. SEPTEMBER 2011

WWW.UNI-PHZ.CH

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2 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011

vordergründig nichts, aber die technik dahinter ist natürlich eineandere. netzwerk und telefonie testen wir vorab schon ausgiebigin einer pilotphase, ebenso das neue «follow-me-print-system»zum drucken, scannen und Kopieren und die Bezahlfunktion dercampuscard.

Welches sind die heikelsten Aufgaben vorab und beim Umzug?neben den hauptarbeiten wie netzwerkplanung und -aufbau unddem neuen telefonsystem gibt es vor dem umzug unzähligekleine dinge, die zum teil schon früh in der planungsphase abge-klärt werden mussten, damit am ende alles klappt: das reichtvom strombedarf über die anzahl netzwerkdosen bis zur Lösch-anlage im server-raum. dazu mussten die netzwerkkomponen-ten und die neuen geräte ausgeschrieben und angeschafft wer-den. Insgesamt fügt sich das alles zu einem riesenpuzzle.während der umzugsphase ist der lückenlose und parallele Be-trieb des neuen und das alten netzwerks sicher der technischschwierigste teil.

Wie bewältigt ihr diesen Wust an Arbeit?Jeder im team ist für bestimmte teile hauptverantwortlich, marcfeer für die telefonie, markus rüttimann für den umzug der ser-ver, martin weibel für die client-Infrastruktur und ich für dasnetzwerk und die sicherheit. stefan tiboni und Bruno Landolt,die hauptsächlich die Verwaltungslösung relationdesk betreuen,und unsere beiden auszubildenden, david Lichtsteiner und Je-lena piantoni, unterstützen uns wo immer möglich und nötig. denabbau der alten und das einrichten der 400 arbeitsplätze imneuen gebäude haben wir an eine externe, spezialisierte firmavergeben, sodass wir wenigstens nicht alle alten computer sel-ber ein- und die neuen auspacken müssen.

Gibt es für euch trotz bester Planung so eine Art «schlimmst-mögliche Panne?»sollte beim umzug ein zentrales gerät, beispielsweise ein server,kaputt gehen, hätten wir kurzfristig einen engpass. ein solcherausfall kann bei uns aber ohnehin täglich und jederzeit eintreten.wir sind deshalb auf pannen gefasst und wüssten in einem sol-chen fall auch sofort, was zu tun ist, um die störung wieder zubeheben.

Was bereitet euch beim Umzug die grössten Probleme und Kopf-zerbrechen?ganz eindeutig die zeit! nach dem auszug haben wir an einigenstandorten nur ein minimales zeitfenster, um den ganzen rück-bau der technik vorzunehmen, die wir in den vergangenen Jah-ren installiert haben. so müssen Kabel, netzwerkkomponenten,funkantennen und Beamer ausgebaut werden, bevor kurz daraufdie nachmieter einziehen. und mit der pädagogischen hoch-schule und der zentralbibliothek sind zwei weitere parteien invol-viert, die ebenfalls eine umfangreiche It-Infrastruktur mitbrin-gen. da ist schon im Vorfeld eine gute abstimmung nötig.

Was ändert sich für euch im Neubau?mit der telefonie und den multifunktionsgeräten für drucken,scannen und Kopieren kommen neue zuständigkeiten hinzu. an-dererseits werden die wege kürzer, etwa um material auszulie-fern oder vor ort unterstützung zu leisten. was wir noch gar nichtabschätzen können, ist das supportaufkommen insgesamt.

Und was ändert sich im Bereich IT für die Mitarbeitenden undStudierenden?Änderungen gibt es vor allem für die mitarbeitenden. sämtlichearbeitsplätze werden mit neuen computern ausgerüstet, dienotebooks durch neue ersetzt und alle geräte auf windows 7und office 2010 umgestellt. und alle müssen sich an ihre neuentelefonnummern gewöhnen und die neuen multifunktionsgerätekennenlernen. Ich bin aber sicher, dass die mitarbeitenden dieumstellungen nach kurzer zeit schätzen werden: das ausdru-cken an jedem beliebigen drucker wird einfacher, die diskretionbesser gewahrt. und weil wir endlich genügend telefonnummernhaben, können diese auch systematischer verteilt werden – undlassen sich letztlich besser merken.

Wie können die Nutzerinnen und Nutzer euch unterstützen?trotz aller Vorbereitung werden wir in der ersten zeit nach demumzug sicher noch einiges zu korrigieren und unvorhergesehe-nes zu bewältigen haben. deshalb sind wir in der startphase aufVerständnis dafür angewiesen, dass wir beim support vielleichtnicht ganz so schnell reagieren können wie gewohnt.und mitarbeitende, die sich mit dem neuen Betriebssystem oderdem neuen office schon vertraut machen möchten, können beiuns kostenlos eine Lizenz beziehen und bereits jetzt ein wenigzu hause damit üben.

Wenn bei euch die «Zügel-Fee» vorbeikäme und ihr hättet einenWunsch frei, wie könnte sie euch entlasten?seit meinem stellenantritt an der uni habe ich den umzug alsspannendes, noch kommendes projekt im Blick. und das It-teamarbeitet nun schon so lange daran, dass wir uns trotz der an-strengung auf alle phasen und arbeiten, die damit verbundensind, freuen. aber die «zügel-fee» kann uns gerne beim umzughelfen.

FOKUS

Sorgen für IT-Betrieb und IT-Sicherheit (v.l.): Martin Weibel, Marc Feer, David Lichtsteiner,Markus Rüttimann, Jelena Piantoni, Marco Antonini, Stefan Tiboni und Bruno Landolt.

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3UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011

■ pauL rIchLI

die aus Vertreterinnen und Vertretern der fakultäten sowie derzentralen dienste bestehende strategiegruppe, die seit dem1. august 2010 unter meiner Leitung steht, hat ihren strategie-bericht für die Jahre 2012–2020 am 7. september 2010 verab-schiedet und ihn dem universitätsrat unterbreitet. dieser hatsich am 15. september 2010 für ein im Bericht enthaltenes sze-nario entschieden, nämlich für das szenario quantitatives undqualitatives wachstum. auf der seite der Quantität sollen die be-stehenden drei fakultäten mit Bezug auf die zahl der studieren-den und im gefolge davon der professuren mässig wachsen. so-dann sollen gesundheitswissenschaften und psychologie alsneue fachrichtungen eingeführt werden. auf der qualitativenseite soll das Betreuungsverhältnis von derzeit rund 1:60 in derKultur- und sozialwissenschaftlichen fakultät sowie in derrechtswissenschaftlichen fakultät auf rund 1:40 verbessertwerden, wie es den empfehlungen des Bundes und der rektoren-konferenz entspricht.

Regierungsrat und Kantonsrat entscheiden massgeblichüber die finanziellen Mittelder universitätsrat hat den so fokussierten Bericht dem regie-rungsrat zugeleitet, der ihn im rahmen der gesamten hochschul-planung im Kanton im dezember 2010 erstmals behandelt undsich dazu geäussert hat. entscheide hatte die regierung nicht zufällen, weil der universitätsrat das für die strategie zuständigeorgan ist. der regierungsrat und nachher der Kantonsrat sindtrotz der zuständigkeit des universitätsrates aber nicht «macht-los». sie sind und bleiben massgebliche akteure im Bereich derfinanzierung. und wer über die zuweisung finanzieller mittel ent-scheidet, kann mindestens indirekt auch etwas zur finanziertenmaterie sagen. so ist es auch im vorliegenden zusammenhang.

Regierungsrat will Entwicklungsmöglichkeiten eröffnender regierungsrat hat kundgemacht, dass er der universität Lu-zern weitere entwicklungsmöglichkeiten eröffnen möchte. dazugehört, dass die zahl der studierenden nicht auf dauer, wie diesderzeit noch geltende Beschlüsse vorsehen, bei 2600 begrenztwerden sollte. nicht überzeugt ist die regierung bisher davon,dass psychologie als ausbaufach gewählt werden sollte. diesbe-züglich möchte sie eine alternative mit wirtschaftswissenschaftsehen. dabei geht sie von der annahme aus, dass sich eine uni-versitäre wirtschaftswissenschaft und die hochschule Luzern– wirtschaft gegenseitig nicht in bedeutendem mass konkurren-zieren würden. tatsächlich haben die studierenden der beidenBildungsinstitutionen eine andere Vorbildung, die ihre schrittezum grössten teil entweder an die universität oder an die hoch-schule Luzern lenken. die Berufsmaturität führt an die hoch-

schule Luzern, die gymnasiale matur an die universität. es gibtzwar eine gewisse durchlässigkeit beim zugang zum studium.diese ist aber nicht derart bedeutungsvoll, dass eine scharfeKonkurrenzierung der hochschule Luzern – wirtschaft resultie-ren würde.

Fächerausbau: Regierungsrat und Universitätsrat bevorzugenWirtschaftswissenschaftdie strategiegruppe und der universitätsrat haben sich nun mitder ersten stellungnahme des regierungsrates zur gesamtstra-tegie auseinandergesetzt. eine kleine arbeitsgruppe hat eineoption wirtschaftswissenschaft ausgearbeitet. die strate-giegruppe ist nach nochmaliger prüfung der angelegenheit mehr-heitlich dafür, den fächerausbau mit psychologie zu favorisierenund ihm eine höhere priorität einzuräumen. doch kann sie sichauch wirtschaftswissenschaft vorstellen, wenn psychologie aufzu grosse widerstände stossen sollte. der universitätsrat seiner-seits hat sich für wirtschaftswissenschaft entschieden. derstrategiebericht geht jetzt mit diesen ergänzungen erneut anden regierungsrat zu einer weiteren meinungsäusserung. sacheder regierung wird es auch sein, die strategie dem Kantonsrat zuunterbreiten und diesem die gelegenheit zur meinungsäusse-rung zu geben.

summa summarum ist der strategieprozess in die heisse (politi-sche) phase eingetreten und bis jetzt auf gutem weg. die univer-sität hat grund für dankbarkeit und grund zur hoffnung, dassdas gespräch zwischen den akteuren in weitere entwicklungs-möglichkeiten mündet.

Paul Richli ist Rektor der Universität Luzern.

universitätsstrategie im gespräch zwischen den akteuren

der im Jahr 2009 vom damaligen rektor rudolf stichweh eingeleitete strategie-prozess für die universität Luzern ist im gespräch zwischen den akteuren angekommen.was heisst das und was ist davon zu erwarten?

FOKUS

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4 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011FORSCHUNG UND LEHRE

■ manueL menrath

zum 50. Jahrestag der Kriegsmobilmachung organisierte dieschweiz 1989 die sogenannte «diamant-feier». 450‘000 män-ner, die während des zweiten weltkriegs aktivdienst geleistethatten, wurden an verschiedenen anlässen geehrt. Kritischestimmen aus dem In- und ausland wunderten sich, dass dieschweiz als einziges Land den Kriegsausbruch feierte – obwohlhierzulande keine gefechte ausgetragen wurden. doch unbeirrthielt man am mythos einer heldenhaften armee fest. zwar hattedie neuere geschichtsschreibung bereits ein anderes Bild ge-zeigt. doch erst in den 1990er Jahren kam es durch die debattenum nachrichtenlose Vermögen, raubgold sowie flüchtlingspolitikzur einsetzung einer unabhängigen expertenkommission, derenresultate auch in der breiteren Öffentlichkeit zu einem umden-ken führten. das durch die geistige Landesverteidigung seit derLandesausstellung 1939 mitgeprägte sonderfalldenken ist abernoch nicht gänzlich überwunden. anlässlich des 70. Jahrestags

des Kriegsausbruchs produzierte das schweizer fernsehen diereality-soap «alpenfestung». erneut stand die eigene kleine undisolierte geschichte im zentrum. diese nabelschau ist umso er-staunlicher, setzt man sie in zusammenhang mit einer megaka-tastrophe, die weltweit acht mal mehr menschenleben forderte,als heute auf schweizerischem gebiet leben.

Kaum wahrgenommene Folgen des Zweiten Weltkriegsauf anderen Kontinentenauch in anderen europäischen Ländern tut man sich bis heuteschwer, über den tellerrand zu schauen und die folgen des zwei-ten weltkriegs auf anderen Kontinenten wahrzunehmen. Vieles,das unter dem Label weltgeschichte firmiert, ist tatsächlich eu-rozentristisch. dies zeigt schon die datierung des Kriegsaus-bruchs. am 1. september 1939 begann der Krieg lediglich in eu-ropa. nicht nur in asien war er seit dem japanischen Überfall aufchina 1937 längst im gange und hatte schon millionen tote ge-fordert. auch in afrika herrschte seit dem italienischen Überfallauf Äthiopien im oktober 1935 Krieg – ein Krieg, in dem bis zuritalienischen Kapitulation im Jahre 1941 soldaten aus 17 Län-dern und drei Kontinenten teilnahmen, der aber wohl deshalbnicht als Beginn des weltkriegs gilt, weil er ausserhalb europasstattfand.

die sonderausstellung «die dritte welt im zweiten weltkrieg»,die vom 26. februar bis 27. märz 2011 im historischen museumLuzern gastiert, korrigiert die europazentrierte aufarbeitung derKriegsgeschichte und ergänzt sie mit geschichten, die in denhiesigen Lehrbüchern fehlen. sie erinnert mit fotos, texten, Vi-deo- und hörstationen an millionen soldaten aus afrika, asien,ozeanien und Lateinamerika. Bis 1945 leisteten diese soldatenaus gebieten der dritten welt freiwillig oder zwangsrekrutiert mi-litär- und arbeitsdienste für die kriegführenden Kolonialmächte,um die welt vom europäischen faschismus und dem japanischengrossmachtwahn zu befreien. Konzipiert wurde die ausstellungvom Kölner Journalisten Karl rössel in zusammenarbeit mit demVerein «recherche International e.V.». die ausstellung beruht aufrecherchen, die das rheinische JournalistInnenbüro in Köln über10 Jahre in 30 aussereuropäischen Ländern durchgeführt hat.eine zusammenfassung der forschungsergebnisse erschien2005 im Buch «unsere opfer zählen nicht» (Verlag assoziationa, hamburg/Berlin). das glänzende werk betrat im deutschspra-chigen raum in vielerlei hinsicht neuland und verwies auf dieverborgenen gesichter und Kriegsschauplätze des zweiten welt-kriegs.

Verdrängter Einsatz von Kolonialsoldatenmit der ausstellung, die im september 2009 in Berlin ihre premi-ere erlebte und danach in weiteren deutschen städten wie tübin-gen, wuppertal oder Köln zu sehen war, soll ein breites publikum

die schweiz und ihre unbekannten Befreier

die von der universität Luzern präsentierte wanderausstellung «die dritte welt im zweitenweltkrieg» korrigiert die eurozentrische sichtweise der Kriegsgeschichte.

Afrikanische Kolonialsolda-ten 1939 in einem französi-schen Schützengraben.

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p.a.

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für dieses bislang verdrängte und verschwiegene Kapitel der ge-schichte sensibilisiert werden. obwohl von weltkrieg gesprochenwird, ist oft nichts oder nur wenig über die millionen von opfernund deren schicksale in der dritten welt bekannt. allein chinahatte mehr tote zu beklagen als deutschland, Italien und Japanzusammen. nicht in Berlin oder dresden gab es die meisten Bom-benopfer, sondern in der philippinischen hauptstadt manila, beideren Befreiung 100‘000 zivilisten ums Leben kamen. das Ver-drängen von Kolonialsoldaten aus der geschichte, die für europaihr Leben einsetzten, begann bereits im Krieg. charles de gaulleliess die meisten afrikanischen soldaten vor den siegerparadenin paris und anderswo durch junge franzosen ersetzen. währendviele der afrikaner, die bis 1944 die mehrheit der truppen desfreien frankreichs gestellt hatten, in erbärmlichen Lagern aufden rücktransport in ihre heimat warteten, wurden weisse sol-daten gefeiert und prägten das mediale Bild vom Kriegsende.

Internierte Kolonialsoldaten in der Schweizdie ausstellung in Luzern richtet den Blick auch auf die schweiz.denn das neutrale Land war während des Krieges mit weit über

tausend soldaten aus der dritten welt konfrontiert. Viele schwei-zerinnen und schweizer kamen zum ersten mal in Kontakt mitmenschen aus afrika oder Indien, die sie bisher nur aus abenteu-erromanen, missionarischen pamphleten oder rassistisch insze-nierten Völkerschauen kannten. so waren etwa 1940 nordafrika-nische Kavalleristen (spahis) im luzernischen triengen interniert.auf einmal tauchten menschen aus einem unbekannten Kultur-kreis im eigenen dorf auf und stellten sich verklärten Bildern wiedem «negerli», dem «schwarzen peter», Krippenfiguren, missi-onsbildern und «mohrenköpfen» gegenüber. auch wenn dieschweiz nie Kolonien besass, existierte ein koloniales denken.dieses war jedoch nicht von dem menschenverachtenden sozi-aldarwinistischen Überlegenheitsgefühl bestimmt wie in man-chen der Kolonialmächte. daher war es möglich, dass zwischenkatholischen Luzernern und muslimischen sowie dunkelhäutigenfremden soldaten, freundschaften entstehen konnten.

die in der schweiz internierten afrikaner konnten im Januar 1941über die unbesetzte zone frankreichs nach algerien zurückkeh-ren. einige haben sich dort den truppen des freien frankreichsangeschlossen. Ihre spuren bleiben zwar vom schleier der ge-schichte verdeckt. doch es waren männer wie sie, denen europaseine freiheit mit zu verdanken hat. und auch die schweiz, imherzen europas gelegen, wurde nicht nur von amerikanischenoder sowjetischen soldaten aus ihrer nationalsozialistischen undfaschistischen umzingelung befreit. sondern millionen von Kolo-nialsoldaten haben letztlich entscheidend dazu beigetragen.doch ihnen wurde keine feier bereitet und keine ehrung zuteil.auch wenn ihr Beitrag mindestens so wichtig war, wie jener der inder alpenfestung stellung haltenden schweizer wehrmänner.

die ausstellung findet vom 26. 2. bis 27. 3. 2011 im historischesmuseum Luzern statt.

www.3www2.ch

Manuel Menrath ist Assistent am Historischen Seminar.

Spahi des 2. algerischenRegiments. Von Juni bisOktober 1940 in TriengenLU interniert.

präsentiert:

Sonderausstellung im Historischen Museum Luzern

26. Februar bis 27. März2011

www.3www2.ch

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6 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011FORSCHUNG UND LEHRE

und was machst du nach dem studium?

«arbeitsmarkt geschichte» – eine Veranstaltungsreihe des historischen seminars.

■ tIna maurer | sILVIa hess

«und was machst du nach dem studium?» diese frage wird stu-dierenden der Kultur- und sozialwissenschaften oft gestellt undkann meist nicht so schnell und genau beantwortet werden, wiedas die fragenden vielleicht erwarten. das historische seminarhat am 25. oktober 2010 im rahmen der Veranstaltungsreihe«arbeitsmarkt geschichte» historikerinnen und historiker, dievor wenigen Jahren ihr studium abgeschlossen haben, zu einerpodiumsdiskussion zum thema «Berufseinstieg» eingeladen.

Historikerinnen und Historiker auf dem Arbeitsmarktauf dem podium sassen drei frauen und zwei männer: monikaJörg, angehende fachreferentin in der unibibliothek Bern; eve-line ritter, beim schweizer fernsehen im Bereich film- und Vi-deodokumentation tätig; martina akermann, freischaffende his-torikerin und teilzeitangestellte im kulturpolitischen Bereich;michael Blatter, stadtarchivar in sursee, und Björn schaub, politi-scher Berater in festanstellung.

alle fünf absolventinnen und absolventen haben bereits währenddes studiums gearbeitet – nicht unbedingt mit der absicht, ineinem bestimmten, für historiker besonders interessanten Be-rufsfeld fuss zu fassen. doch sie haben sich so die vom arbeits-markt oft geforderten praktischen erfahrungen angeeignet.

zu qualifizierten arbeitserfahrungen verhalfen ihnen ihre wäh-rend des studiums ausgeübten ehren- oder nebenamtlichen tä-tigkeiten: eveline ritter beispielsweise organisiert seit ihrer stu-dienzeit stadtrundgänge bei «frauenstadtrundgang Luzern». sieleistete dabei nicht nur fachspezifische arbeit, sondern eignetesich auch organisationsgeschick und präsentationstechnikenan.

die weiteren podiumsteilnehmenden wussten von studienkolle-ginnen und -kollegen, die sich über Interessenorganisationenvernetzen und nützliche fähigkeiten erwerben konnten. apropos«netzwerk»: martina akermann und eveline ritter bezeichnetenihre ehemaligen mitstudierenden als erstes netzwerk, das auchnach dem studium weiterhin gut funktioniere.

archivar michael Blatter regte die studierenden an, im Verlaufdes studiums «eine nase für stoff» zu entwickeln. Bereits miteiner seminar-, Bachelor- oder masterarbeit könne man zur spe-zialistin oder zum experten für eine lokalgeschichtliche fragewerden und würde künftig immer wieder dazu angefragt. dabeiliessen sich auch hilfreiche Kontakte knüpfen, und zwar nichtnur in archiven.

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7UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 FORSCHUNG UND LEHRE

Reicht ein Master überhaupt?die curricula der fünf podiumsteilnehmenden lassen vermuten,dass nach dem master oft praktika absolviert und nachdiplomeerworben werden müssen. so haben eveline ritter und martinaakermann bald einmal nach dem studienabschluss einen masInformation + dokumentation gemacht, und die angehende fach-referentin monika Jörg absolviert derzeit den mas Bibliotheks-und Informationswissenschaften.

stadtarchivar michael Blatter hat seinen «absprung von der uni»mit einem doktorat «hinausgezögert». nur Björn schaub ist vor-erst ohne zusätzliches diplom zu seiner stelle als politischer Be-rater und mitarbeiter bei der kantonalen geschäftsstelle einerpartei gekommen. aber auch er hat sich inzwischen mit einemnachdiplom in Kommunikation eine weitere spezifische Qualifi-kation verschafft.

diese Informationen liessen bei den podiumsbesucherinnen und-besuchern die frage aufkommen, ob ein masterabschluss über-haupt noch ausreiche für eine qualifizierte erwerbstätigkeit. dertrend, uniabgänger zu teuren nachdiplomstudiengängen zu ver-pflichten, wurde daraufhin kritisch diskutiert. auch das themader schlecht oder gar nicht bezahlten praktika rief wenig freudehervor – zugleich stellte man fest, dass es im Übergang ins Be-rufsleben nicht immer eine bessere alternative zu diesen zwi-schenschritten gibt.die historikerinnen und historiker auf dem podium beruhigten,dass das abgeschlossene studium bereits zu einem breitenspektrum von Berufstätigkeiten befähige. auch wussten sie aufdie fragen, was ihnen das geschichtsstudium für ihre jetzige tä-tigkeit gebracht habe, einiges aufzuzählen.

Im Studium Gelerntes wird im Beruf eingesetztLaut eveline ritter verschafft ein geschichtsstudium ein breitesallgemeinwissen, das wiederum die grundlage dafür sei, dinge ineinen grösseren Kontext einordnen zu können. michael Blatterwar froh darum, dass er gelernt habe, schnell zu lesen und vielstoff rasch zu überblicken. Björn schaub ergänzte, dass ihm diefähigkeit, zügig die relevanten Informationen zu jeglichen the-

men beschaffen und sie stringent und für andere nachvollzieh-bar verarbeiten zu können, sehr nützlich sei. und monika Jörgstellte in ihrem arbeitsalltag fest, dass sie dank der methode derQuellenkritik auch fachfremde themen so anzugehen verstehe,dass sie rasch erkenne, was richtig sei und was nicht.

auf die nur implizit gestellte frage, was sie aus der zeit des stu-diums am meisten vermissten, meinte Björn schaub, es sei diemusse, die zeit, länger an etwas zu sitzen und etwas fundiertererforschen zu dürfen. Im Job müsse häufig unter zeitdruck gear-beitet werden.

Weitere Veranstaltungen im Herbstsemester 2011die lebhafte diskussion mit dem publikum zeigte, dass die stu-dierenden sich für die zeit nach dem masterstudium zu informie-ren und vorzubereiten wünschen. In der zweiten folge der Veran-staltung im kommenden herbstsemester wird das thema wiederaufgenommen.

Tina Maurer ist Assistentin am Historischen Seminar, Silvia Hess studiertGeschichte.

das Bundesamt für statistik befragt alle zwei Jahre uni-absolventinnen und -absolventen, die im ersten Jahr nach ihremabschluss stehen, nach ihrer aktuellen arbeitssituation. das «schweizerische dienstleistungszentrum Berufsbildung, Be-rufs-, studien- und Laufbahnberatung sdBB» veröffentlicht auf der grundlage dieser statistiken nach studienfächern auf-geschlüsselte arbeitsmarktanalysen (www.berufsberatung.ch).

nach der letzten auswertung, basierend auf der Befragung von 2007, gaben 43 prozent der historikerinnen und historikeran, auf keine schwierigkeiten gestossen zu sein, eine ihren Vorstellungen entsprechende erwerbstätigkeit zu finden.12 prozent der neuabsolventinnen und -absolventen befand sich zum zeitpunkt der Befragung auf stellensuche.ein sechstel der Befragten war an der uni geblieben. ein weiteres sechstel unterrichtete an mittel- oder Berufsschulen. diemehrheit der Befragten war in einem der folgenden Bereiche tätig: erstens im Bereich «Information und Kultur», zu demetwa zeitungen, Verlage und andere medien, archive und museen zählen; zweitens in der öffentlichen Verwaltung und drit-tens im Bereich «private dienstleistungen», welcher z.B. Beratung, Versicherungen und Informatik umfasst.

BERUFE UND ARBEITSMARKT FüR HISTORIKERINNEN UND HISTORIKER

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8 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011FORSCHUNG UND LEHRE

■ tIna maurer

ab herbstsemester 2011 bieten die universitäten Luzern undneuchâtel gemeinsam einen deutsch-französischen masterstu-diengang in geschichte an. dieser in der schweiz einzigartige«master bilingue» in geschichte macht künftige studierendenicht nur mit zwei forschungstraditionen vertraut, sondern er-möglicht ihnen gleichzeitig, eine zweite Landessprache auf ho-hem niveau zu erlernen – eine fähigkeit, die auf dem schweize-rischen arbeitsmarkt sehr gefragt ist.

Attraktive ZusatzqualifikationIn einer Vielzahl von arbeitsfeldern, in denen historikerinnen undhistoriker eine qualifizierte erwerbstätigkeit anstreben, wird dieBeherrschung einer zweiten Landessprache gefordert: In ersterLinie ist es die Verwaltung, die auf kantonaler und auf Bundes-ebene stets Bedarf an zweisprachigen mitarbeiterinnen und mit-arbeitern aufweist. Ähnlich verhält es sich mit parteien, nationa-len Verbänden und Interessengruppen, die ihre anliegenschweizweit vertreten wollen.

daneben sind medien wie fernsehen oder radio an derartig aus-gebildeten personen sehr interessiert. neben breitem allgemein-wissen und der fähigkeit, relevante Informationen rasch zu be-schaffen und nachvollziehbar verarbeiten zu können, bringenabsolventinnen und absolventen des «master bilingue» in ge-schichte auch offenheit und Interesse für den jeweils anders-sprachigen diskurs mit. gerade diese letzte fähigkeit wird sie zugefragten medienschaffenden machen.

eine vergleichbare offenheit entwickeln die studierenden deszweisprachigen masterstudiengangs in ihrem wissenschaftli-chen umfeld. so können sie mit einer ungezwungenen selbstver-ständlichkeit deutsch- und französischsprachige Quellen zur er-forschung ihrer fragestellungen hinzuziehen und werden insge-samt sensibilisiert für die historiografischen strömungen beidersprachräume – eine Qualifikation, die sie auch als angehendeforscherinnen und forscher auszeichnet.

schliesslich sind angestellte mit erweiterten fremdsprachen-kompetenzen, welche neben englisch eine weitere Landesspra-che beherrschen, auch im privaten sektor sehr gefragt.

Bewährte Zusammenarbeit der Seminaredie über gemeinsame forschung längst verbundenen histori-schen seminare weiten mit dem «master bilingue» ihre zusam-menarbeit auf den Bereich der Lehre aus. dabei ergänzen siesich inhaltlich sinnvoll: während in neuchâtel ein schwerpunktauf moderner sozial- und wirtschaftsgeschichte liegt, sind diepolitische geschichte ab 1800 und die epochenübergreifendeKulturgeschichte die schwerpunkte in Luzern. neben der berei-

chernden diversität der Lehrschwerpunkte macht die ähnlichüberschaubare grösse beider seminare aus diesem zusammen-gehen eine ausgeglichene partnerschaft. zudem gewährt sie denstudierenden mehr nähe zu den dozierenden und damit bessereBetreuungsverhältnisse als andernorts.

der zweisprachige master in geschichte sieht vor, dass je einstudienjahr in neuchâtel und eines in Luzern absolviert werden.die studierenden können sich frei an einer der beiden universitä-ten für den studiengang immatrikulieren. egal, für welche uni siesich entscheiden, das studienprofil des «master bilingue» wirdihnen so oder so für ihre künftige Karriere von Vorteil sein.

www.unilu.ch/histsem

Tina Maurer ist Assistentin am Historischen Seminar der Universität Luzern.

geschichte studieren auf französisch und deutsch

neuer zweisprachiger studiengang «master of arts ingeschichte» der universitäten Luzern und neuchâtel.

Kultur- und Sozialwissenschaftliche FakultätHistorisches Seminar

InformatIonen zum zweIsprachIgen studIengang

master of arts in geschichteder universitäten Luzern und neuchâtel

maîtrise universitaire en histoiredes universités de Lucerne et neuchâtel

ein studiengang der Kultur- und sozialwissenschaftlichen fakultät der universität Luzernund der faculté des Lettres et sciences humaines der universität neuchâtel

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sozialforschung als selbstbeobachtung der gesellschaftund gegenstand der soziologie

In seiner antrittsvorlesung postulierte rainer diaz-Bone einwechselverhältnis zwischen soziologie und gesellschaft.

■ KatharIna manderscheId

als angenehmen teil ihrer arbeit bezeichnete diedekanin der Kultur- und sozialwissenschaftlichenfakultät, christiane schildknecht, die eröffnungvon antrittsvorlesungen und überliess dann rainerdiaz-Bone das rednerpult für seinen programma-tischen Vortrag zur «performativitität der sozial-forschung – sozialforschung als sozio-epistemolo-gie», in der er seine Überlegungen zur soziologieals disziplin und deren gegenstand, der gesell-schaft, ausführte.

Methoden – zentral für die Soziologiedas Kernargument dieses Vortrags postulierte einwechselverhältnis zwischen soziologie und gesell-schaft: Im ersten teil seines Vortrags führte diaz-Bone die konstitutive Bedeutung der methodisch-empirisch vorgehenden sozialforschung für dieetablierung der soziologie aus. die methodologisie-rung und die entwicklung einer eigenen methoden-tradition waren offenbar ein entscheidender Kern,um den herum sich die sozialwissenschaften imallgemeinen und die soziologie im Besonderen aus-bilden und als wissenschaft etablieren konnten.unter rückgriff auf den Begriff der performativiti-tät, wie er von michel callon zur Beschreibung desVerhältnisses von wirtschaftswissenschaft undwirtschaft eingeführt wurde, kann der Blick der so-ziologie auf die gesellschaft nicht positivistischoder von aussen kommend verstanden werden,vielmehr wird gesellschaft überhaupt erst in einemkonstituierenden Band zwischen theorie und me-thoden entworfen und über die empirische for-schung realisiert.

unterstützung für diese these der methodisch-methodologischen performativität des soziologi-schen gegenstands fand diaz-Bone bei gastonBachelard und weiteren Vertretern der französi-schen epistemologie wie georges canguilhem, mi-chel pêcheux, michel foucault, pierre Bourdieu undmichel serres. die zentralität der methoden für dieuniversitäre soziologie kann aber auch in der ahn-folge der amerikanischen university of chicago undder columbia university nachgezeichnet werden, inder sich mit u.a. paul f. Lazarsfeld, James s. cole-man, robert e. park und ernest Burgess einige

grosse namen der soziologischen forschung fin-den lassen. aus dieser tradition der empirischensozialforschung lässt sich dann auch der hohestellenwert der methodenausbildung im universitä-ren curriculum vor allem in seiner doppelgestalt –der quantifizierenden und der verstehenden inter-pretativen form – verstehen, über die sichsoziologische studiengänge häufig von anderengesellschaftswissenschaften unterscheiden. da-bei ist jedoch, so lässt sich vielleicht der eigeneanspruch diaz-Bones formulieren, vor gegenläufi-gen tendenzen wie eine Verselbstständigung einerhoch spezialisierten methodenkultur auf der einenund einer abtrennung der theoriebildung von derempirischen forschung auf der anderen seite zuwarnen.

Das Verhältnis der Soziologie und Gesellschaftder zweite teil des Vortrags widmete sich dem Ver-hältnis von soziologie und gesellschaft vonseitender Letzteren und beschrieb prozesse der Verso-zialwissenschaftlichung der gesellschaft.

mit diesem zweiten teil des arguments verwiesdiaz-Bone auf die formung des gegenstands ge-sellschaft durch die sozialwissenschaften, die sichunter anderem in selbstbeschreibungen und -kate-gorisierungen wie Individualisierung, Lebensstileund milieus usw. finden. das heisst, soziologischproduziertes wissen realisiert sich in den gesell-schaftlichen feldern fortwährend und entwickeltdort spezifische eigendynamiken. aus diesemBlickwinkel definiert sozialwissenschaftliche pers-pektive in einer art dauerkampagne für die men-schen mit, was die repräsentation von sich undanderen sowie von den Vorgängen in der gesell-schaft ist. oder einfacher ausgedrückt, nimmt sichdie gesellschaft selbst offenbar in originär soziolo-gischen Begriffen und Konzepten wahr.

auch die Verzifferung von verschiedensten prozes-sen als operationalisierung von Leistung kann alsausdruck einer spezifischen sozialwissenschaftli-chen formung verstanden werden. eine negativeauswirkung dieser Versozialwissenschaftlichungbesteht dabei in der Überforschung des sozialen

durch eine epidemische ausbreitung von umfra-gen, was aufseiten der Beforschten zu abwehrre-aktionen und damit zu gegenperformativität zuführen scheint.

aus diesem zweiteiligen argument einer performa-tivität der sozialforschung zog diaz-Bone letztlichzwei schlussfolgerungen für die sozialforschung:erstens muss empirische sozialforschung als dis-ziplin verstanden werden, die nicht nur in den uni-versitäten neben anderen disziplinen stattfindet,sondern die sich weit in die gesellschaft hinein er-streckt und deren selbstwahrnehmung, praktikenund Institutionen nachhaltig formt. das heisst, em-pirische sozialforschung konstituiert durch ihreVerfahren ihre eigene kognitive wirklichkeit. undzweitens sind die effekte dieser Versozialwissen-schaftlichung der gesellschaft selbst als eigen-schaft der empirie mit in die forschung einzubezie-hen.

Katharina Manderscheid ist Oberassistentin am Soziologi-schen Seminar.

Rainer Diaz-Bone, Professor für Soziologie mit Schwerpunktqualitative und quantitative Methoden.

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religion und gesellschaftliche Integrationzusammendenken

perspektiven internationaler religionsforschung in den«religion and Integration Lectures» des herbstsemesters 2010.

■ BarBara Kauffmann

Im herbstsemester 2010 organisierte der universitäre for-schungsschwerpunkt regIe (religion und gesellschaftliche Inte-gration in europa) eine deutsch-englische Vortragsreihe. an vierabenden sprachen Vertreterinnen und Vertreter unterschiedli-cher fachbereiche zum themenkomplex «religion und Integra-tion» und stellten sich jeweils im anschluss der diskussion dempublikum.

Anpassung oder Parallelgesellschaft von Religionsgruppendie Vorträge machten gleich zu anfang deutlich, dass es eine he-rausforderung darstellt, «Integration» begrifflich zu fassen. an-tonius Liedhegener, professor für politikwissenschaft an deruniversität Luzern, betrachtete in seinem eröffnungsvortrag«‹parallelgesellschaften› und neue religionspolitik im demokra-tischen Verfassungsstaat» religionsgemeinschaften unter denVorzeichen der «sozialen» und der «systemischen» Integration.

unter sozialer Integration können die komplexen Beziehungen,die Individuen und gemeinschaften zu ihrem gesellschaftlichenumfeld unterhalten, verstanden werden. das spektrum diesesBeziehungsnetzes ist vielfältig und reicht von einer völligen an-passung an die umwelt (assimilation) über grade religiösen plu-ralismus bis hin zu konfessioneller milieubildung und einem zwi-schen verschiedenen Bevölkerungsgruppen extrem abschottendwirkenden multikulturalismus.

wird Integration systemisch betrachtet, kann religion als ein ge-sellschaftliches teilsystem unter anderen aufgefasst werden.einer für die politikwissenschaft interessanten Beobachtung zu-folge gleichen religionen anderen teilsystemen darin, dass sienach politischer einflussnahme streben. zudem erwarten sie vonpolitischer seite unterstützung für ihre anliegen und tragen ih-rerseits zur Legitimation politischer machtverhältnisse bei. einesolche Legitimation ist in einer demokratie auf einen gewissenminimalkonsens in der gesellschaft angewiesen, wie z.B. die an-erkennung der menschenrechte, der demokratischen spielregelnsowie des staatlichen gewaltmonopols, das die schwächeren vorden stärkeren schützt. gerade religionen spielen eine wichtigeintegrierende rolle bei der ausformung und findung eines sol-chen minimalkonsenses in der zivilen gesellschaft. das solltevonseiten der politik noch stärker berücksichtigt und genutztwerden.

Religion: Privatsache oder Staatsangelegenheit?Linda woodhead, professorin für religionssoziologie an der uni-versity of Lancaster, stellte in ihrem Vortrag «religion and poli-

tics: recent developments and controversies» die jüngsten ent-wicklungen und reibungspunkte im Verhältnis zwischen religionund politik dar. sie zeigte eine tendenz in der gesellschaft auf,religion aus dem öffentlichen in den privaten raum zu drängen.Besonders in europa wird religion oft als ein «problem» wahrge-nommen, und so hat der ruf, religiöse symbole von und aus öf-fentlichen gebäuden zu entfernen, in den letzten Jahren undmonaten in vielen Ländern europas erheblich zugenommen.

Im gegensatz dazu steht die wahrnehmung von religion in denusa. staat und religion sind strikt voneinander getrennt, aberreligionsfreiheit bildet ein hohes und zu schützendes gut, dasauf eine lange tradition zurückblicken kann. gleichwohl wäre eszu kurzsichtig, dieses Verhältnis von staat und religion als uni-versal anwendbares zukunftsmodell anzusehen. gerade europaist aufgrund seiner geschichte in seiner ganzen Komplexität unddiversität zu würdigen. es bleibt daher auch in zukunft eine her-ausforderung, das Verhältnis von staat und religion von Land zuLand entsprechend den historisch gewachsenen gegebenheitenneu auszutarieren.

Unterschiedliche Prägungen in Europa und den USAKen wald, professor für politikwissenschaft an der university offlorida, erläuterte in seinem Vortrag «Integrative or divisive? re-ligion in politics in the us and in europe» anhand zahlreicher Bei-spiele die grundlegenden unterschiede des Verhältnisses zwi-schen religion und politik in den usa und in europa, die sich u.a.aus der unterschiedlichen geschichtlichen prägung dieser beidengrössen erklären lassen. In europa war die religionszugehörig-keit der Bürgerinnen und Bürger über Jahrhunderte hinweg terri-torial vom jeweiligen herrscher vorgegeben und stand so in en-gem zusammenhang mit einer bestimmten staatszugehörigkeit.

eine ganz andere prägung der mentalität findet sich in den usa.das geflügelte wort eines «anything goes» für das selbstver-ständnis der nordamerikanischen gesellschaft bestätigt sich bisheute auch im hinblick auf den vielfältigen «religiösen markt».hier darf sich jeder und jede nach eigenem gusto bedienen, ohnedass eine bestimmte wahl auswirkungen auf die us-amerikani-sche staatsbürgerschaft bzw. die rolle als staatsbürgerin oderstaatsbürger hat. ein weiterer unterschied, den die usa gegen-über europa auszeichnet, ist die positive Konnotation des wor-tes «religiös». religiös eingestellten menschen wird von der öf-fentlichen meinung mehr gemeinschaftssinn zugetraut.

Religion als Katalysator erfolgreicher Integrationabgerundet wurde die reihe der Lectures mit einem Vortrag vonmartina caroni, professorin an der rechtswissenschaftlichen fa-

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kultät der universität Luzern. Ihr referat «religion – hemmschuh oder Katalysator erfolgrei-cher Integration im demokratischen rechtsstaat?» kam zu dem schluss, dass religiondurchaus ein Katalysator für gelingende Integration sein kann, wenn grundrechte sensibelgehandhabt und demokratische spielregeln beachtet werden.

Die Rolle des Staates für die Integrationaus rechtswissenschaftlicher perspektive interessierte die frage nach dem umgang einergesellschaftlichen mehrheit mit einer minderheit. was bedeutet «erfolgreiche» Integration?hat sich die minderheit an die mehrheit anzupassen? oder soll jede minderheit ihre kulturelleVielfalt in all ihrer Verschiedenheit von der mehrheit pflegen? diese Überlegungen weisendarauf hin, wie eng die Verknüpfung zwischen Integration und der findung und wahrung so-wohl individueller als auch kollektiver Identität ist.

Integration geht alle an, sowohl die mehrheit als auch die minderheit, und nur ein mittelwegzwischen extremer anpassung und rücksichtsloser pflege von diversität wird auf lange sichtnachhaltig Integration fördern. dem staat kommt hierbei eine schlüsselrolle zu. er hat dieaufgabe, die glaubens- und gewissensfreiheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu schützenund kann auch auf diese weise auf das gelingen von Integration einfluss nehmen. gleich-wohl geschieht Integration nicht allein durch staatliches handeln, sondern immer auch inverschiedenen gesellschaftlichen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens.

die «religion and Integration Lectures» machten deutlich, dass das fragen zum zusammen-hang von religion und gesellschaft-licher Integration noch viel potenzial für weitere wissen-schaft-liche auseinandersetzung bieten. die Vortragsreihe wird im herbstsemester 2011fortgesetzt.

www.regie-unilu.ch.

Barbara Kauffmann ist Koordinatorin des Forschungsschwerpunkts REGIE.

IMPRESSUM

Herausgeberin universität Luzern, Öffentlichkeitsarbeit

Leiter: erich aschwanden

Redaktion martina pletscher

Layout maurus Bucher

Korrektorat markus schoch

Auflage 2000 exemplare

Inserate go! uniwerbung, st. gallen

Kontakt universität Luzern, Öffentlichkeitsarbeit

pfistergasse 20, postfach 7979, 6000 Luzern 7

[email protected]

Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 28. März 2011

Linda Woodhead zeigte inihrem Referat eine Tendenz inder Gesellschaft auf, Religionaus dem öffentlichen in denprivaten Raum zu drängen.

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■ LIVIo BundI | stefanIe seILer

«dritter wahlgang: ausgeteilte stimmzettel: 58;eingegangene stimmzettel: 58; leere stimmzettel:0. stimmen haben erhalten: corin Brunner-siegrist:30; Josef mathis: 28.»corin Brunner-siegrists rede an der zertifikatsfeierzum abschluss des ersten Lehrgangs Judikativestellte die professionalisierung der richterausbil-dung ins zentrum. so wurde die wahl Brunners zurKantonsrichterin des Kantons nidwalden gemässwahlprotokoll unter anderem damit begründet,dass sie absolventin des Lehrgangs Judikative sei.dieser Vorgang liegt im schweizweiten trend zurweiteren professionalisierung der richtertätigkeit.

Professionalisierung der Richterausbildungdie schweiz kennt im gegensatz zu anderen Län-dern (z.B. deutschland) gar keine oder kaum spezi-fische Voraussetzungen für die wahl zum richter.Lange galt unausgesprochen der grundsatz «wemgott ein amt gibt, dem gibt er auch Verstand». da-von ausgehend, schilderte Bundesrichter seiler,Vorsitzender der direktion der schweizerischenrichterakademie, in seiner rede anlässlich der zer-tifikatsfeier die entwicklung des richterbildes vonsalomon bis heute.die frage, wie viel ausbildung richter geniessensollen, stellt sich zunächst bei der auseinanderset-zung über sinn und zweck von Laienrichtern. Lässtman diese diskussion ausser acht und gesteht zu,dass personen mit juristischem fachwissen beider entscheidfindung zumindest massgeblich be-teiligt sein sollten, stellt sich die frage, inwiefernrichter im «richtersein» spezialisiert sein müs-sen. tatsache ist, dass die richterliche tätigkeitweit mehr herausforderungen mit sich bringt alsdie blosse anwendung juristischer Kenntnisse. diefeststellung des sachverhalts, insbesondere diewürdigung von gutachten, aber auch die Leitungvon gerichtsverhandlungen oder der umgang mitmedien verlangen fertigkeiten, die Juristinnen undJuristen nicht zwangsläufig mit sich bringen. dieprofessionelle ausübung des richteramtes ist je-doch eine ethische pflicht, welche sich aus demerfordernis der richterlichen unabhängigkeit ergibt.da eine rein juristische ausbildung für die profes-sionelle ausübung des richteramtes aber nicht ge-nügt, besteht zusätzlicher ausbildungsbedarf.

Ziel des Lehrgangsdiesen Bedarf sollte der Lehrgang Judikative derim Jahr 2007 auf Initiative der rechtswissen-

schaftlichen fakultät der universität Luzern ge-gründeten schweizerischen richterakademie de-cken. der nach dem Bologna-modell konzipiertezertifikatslehrgang richtet sich vor allem an amtie-rende und angehende richter und richterinnen so-wie gerichtsschreiber und -schreiberinnen. er ist insechs module à drei tage, zwei prüfungssessionenund eine schriftliche abschlussarbeit aufgeglie-dert, kann berufsbegleitend besucht werden undfindet sowohl deutsch- als auch französischspra-chig statt. die schweizerische richterakademielegt grossen wert darauf, mit ihrem Lehrgang pra-xisnahe, aber dennoch wissenschaftlich fundierteKenntnisse zu vermitteln und den erfahrungsaus-tausch – auch über den röstigraben hinaus – zuermöglichen.

der erste Lehrgang Judikative startete im Januar2009 und wurde im dezember 2010 erfolgreich ab-geschlossen. erfreulicherweise bestanden alle 57(32 deutschsprachige und 25 französischspra-chige) teilnehmende die anspruchsvollen prüfun-gen und schrieben erfolgreich eine abschluss-arbeit. mehrere der teilnehmenden wurdeninzwischen in ein richteramt gewählt.

Zertifikatsfeierdie feier zur zertifikatsübergabe fand im Bundes-gericht in Luzern statt. nach einleitenden Bemer-kungen des direktionspräsidenten Bundesrichterhansjörg seiler und des Vereinspräsidenten pascal

mahon kam zwei absolventinnen des Lehrgangs –beide inzwischen in ein richteramt gewählt – dieehrenvolle aufgabe zu, eine kurze ansprache zuhalten. sodann wurde paul richli, welcher bis ende2010 als Leiter der geschäftsstelle der richteraka-demie amtete, für seinen selbstlosen und uner-müdlichen einsatz gewürdigt. die absolventinnenund absolventen des Lehrgangs bedankten sichbei ihm mit einem kleinen präsent dafür, dass allesreibungslos funktioniert hatte. schliesslich wurdenden teilnehmenden des Lehrgangs ihre zertifikatesowie ein kleines erinnerungsgeschenk überreicht.

Ausblickdie tatsache, dass heute bereits einige Kantoneden Besuch des Lehrgangs Judikative für ange-hende richter und richterinnen obligatorisch er-klärt haben, zeigt, dass sich der Lehrgang Judika-tive etabliert hat. so ist es denn auch nicht ver-wunderlich, dass für den nächsten Lehrgang, dervom Januar 2011 bis zum dezember 2012 dauernwird, mehr anmeldungen eingingen, als berück-sichtigt werden konnten. die schweizerische rich-terakademie wird also auch weiterhin einen wichti-gen Beitrag zur ausbildung von richterinnen undrichtern leisten.

www.richterakademie.ch

Livio Bundi ist Assistent, Stefanie Seiler ist Studentin an der

Rechtswissenschaftlichen Fakultät.

schweizerische richterakademie: abschlussfeierdes ersten Lehrgangs Judikative

Dozierende, Absolventinnen und Absolventen feierten den erfolgreichen Abschluss des ersten Lehrgangs Judikative.

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religionspluralismus:herausforderung für wissenschaft und gesellschaft

Interdisziplinäres Blockseminar «religiöse Vielfalt und der religionsfrieden».

■ oLIVer schneItter

der religiöse pluralismus in der schweiz hat neuerealitäten geschaffen, welche neue hilfsmittel undein Überdenken verlangen. zum einen muss dieakademische forschung konkreten gesellschaft-lichen streitfragen wie dem Kopftuchverbot begeg-nen, ohne die bestehenden rechtsnormen zu igno-rieren, zum anderen stellt sich die grundsätzlichefrage, wie verschiedene weltanschauungen ineinem staat zusammenleben können, der sowohldas ausüben der religion wie auch ausnahmsloseIndividualrechte garantiert. sozialwissenschaftlerund Juristen sind hier gleichermassen gefragt wietheologen.

allein interdisziplinäres arbeiten kann hier abhilfeschaffen, denn gesellschaftliche phänomene be-rühren verschiedene forschungsbereiche. deshalbarbeiten adrian Loretan (theologische fakultät Lu-zern), felix hafner (Juristische fakultät Basel) undthomas K. Kuhn (evangelisch-reformierte theologi-sche fakultät Basel) seit Jahren erfolgreich zu-sammen und führen im dezember jeweils zusam-

men ein Blockseminar durch. Verschiedene städte,verschiedene wissenschaftsdisziplinen, verschie-dene Konfessionen: austausch wird hier gross-geschrieben. so auch beim seminar zum thema«religiöse Vielfalt und der religionsfrieden». pas-senderweise fand es zur Vorweihnachtszeit im alt-ehrwürdigen Kloster engelberg statt.

das jahrhundertealte Kloster engelberg ist – ent-sprechend seinem benediktinischen credo – dertradition als hort der Bildung und des geistigenaustauschs bis heute treu geblieben. das jährlicheinterdisziplinäre Blockseminar in engelberg zu kir-chenrechtlichen themen bildet mittlerweile eineeigene tradition innerhalb des Klosters. auf überzehn gemeinsame Veranstaltungen kann nun zu-rückgeblickt werden.

dem seminarthema entsprechend, wurde am ers-ten tag ein fundament für beide seiten gelegt:christlichkonfessioneller pluralismus und darle-gungen zum Verfassungs- und staatskirchenrechtwaren grundsteine, die eine diskussion zwischenJuristen und theologen ermöglichen konnten.

Von da aus wurde ein breiter Bogen geschlagen: alserbe des Kulturkampfes wurde das immer wiederspannungsgeladene Verhältnis zwischen Bundes-staat und katholischer Kirche beleuchtet, aberauch defizite und Vorurteile verschiedener gesell-schaftlicher gruppen zum Konsens eines (reli-gions-)friedlichen miteinanders. seien dies nunreligiöse minderheiten, politische parteien oderkonfessionelle Verbände. unter dem strich er-schien immer wieder das fazit, dass es einen über-parteilichen garant der menschenrechte – denstaat – braucht, um ebendiese zu schützen.

die zeitliche und die kulturelle tiefe dieser thema-tik wird schnell übersehen. die klösterliche umge-bung engelbergs vermochte dem wohltuend entge-genzuwirken: fragen von staat und religion warenhier immer von grosser dringlichkeit. die einladungder Benediktinermönche zum täglichen Kloster-leben bildete während des seminars einen inspirie-renden ausgleich zur intensiven intellektuellen tä-tigkeit.

Oliver Schneitter studiert Theologie.

Seit Jahrhunderten ein Hort der Forschung und Bildung: Das Kloster Engelberg.

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cas «profiliert und professionell»

schule und unterricht im horizont christlicher wertorientierung fundiert mitprägen undzukunftsfähig gestalten. ein neuer studiengang am religionspädagogischen Institut.

■ monIKa JaKoBs

wir sind überzeugt: schulen und unterricht mit einer klaren wert-orientierung haben zukunft. gerade nichtstaatliche schulen sindaber besonders gefordert, gute schulen zu sein. und (religions-)Lehrpersonen sind gefordert, gut zu unterrichten und gleichzei-tig zu ihrem profil und ihren werten zu stehen. zudem brauchenschulleitungen zur weiterentwicklung motivierte und gut ausge-bildete stützen, mit denen sie an der gegenwart und der zukunftihrer schule bauen können.

der neue cas «profiliert und professionell» befähigt die teilneh-menden, ihre eigene schule und den unterricht gezielt und re-flektiert weiterzuentwickeln. der Kurs vermittelt das nötigegrundwissen und Impulse. und er vernetzt die teilnehmenden,sodass sie von der praxis der anderen gezielt profitieren können.

Ziele der Weiterbildungder zertifikatskurs (cas – certificate of advanced studies) «pro-filiert und professionell» befähigt die teilnehmenden, qualitativeund wertorientierte aspekte von schule und unterricht zu beur-teilen, ihre eigenen aufgaben und möglichkeiten als Lehrpersonzu reflektieren sowie persönlich Klarheit in Bildungs- und Berufs-fragen zu erhalten.sie sind nach dem Kurs in der Lage, ihre schule und ihren unter-richt im einklang mit deren Leitbild und in zusammenarbeit mitder schulleitung in ihrem profil zu stärken und in ihrer Qualitätweiterzuentwickeln.um die Qualität und wirksamkeit für die eigene schule zu erhö-hen, ist es ideal, wenn jeweils zwei personen aus einer schuledie weiterbildung gemeinsam als «tandem» absolvieren. teilneh-mende, die nicht an einer privatschule unterrichten, setzen dieziele analog auf ihre Berufspraxis um.

Arbeitsformendas gerüst des Kurses bilden fünf präsenzmodule, in denen Im-pulsreferate, diskussionen und erfahrungsaustausch im mittel-punkt stehen. die module bieten auch einblick in konkrete schul-situationen, da sie an schulen stattfinden.zwischen den modulen dienen individuelle und partnerschaftli-che arbeitsformen dem Lernen voneinander und dem exemplari-schen erproben von neuen Ideen für die eigene schule (Job-sha-dowing, Intervision, cas-arbeit).

Ein Angebot des Instituts Unterstrass an der PHZH und des Reli-gionspädagogischen Instituts der Universität Luzerndas evangelisch geprägte Institut unterstrass an der pädagogi-schen hochschule zürich und das katholisch geprägte religions-pädagogische Institut (rpI) der universität Luzern bieten diesenLehrgang in ökumenischer zusammenarbeit an.

Durchführungszeit und -ortedie einzelnen module werden «vor ort» in schulen mit christli-cher wertorientierung, im Institut unterstrass zürich und im rpILuzern durchgeführt. sie starten jeweils am donnerstagnachmit-tag und enden am samstagmittag.

Leitungdie module werden von expertinnen und experten aus der erzie-hungswissenschaft, der religionspädagogik, der Bildungsfor-schung und der evaluierung von schulen durchgeführt. die Lei-tung der gesamten weiterbildung liegt bei eva ebel (Institutunterstrass) und Kuno schmid (rpI Luzern).

ECTS-Punktedie weiterbildung wird mit 12 ects-punkten (european credittransfer system) verrechnet, was einem workload von 360 stun-den entspricht. darin eingeschlossen sind das Verfassen undpräsentieren einer eigenen cas-arbeit.

Kostendie weiterbildung kostet fr. 4900.– (ohne allfällige Kosten fürÜbernachtung und Verpflegung). die Kursleitung empfiehlt, dieKosten zwischen den teilnehmenden und ihren schulen zu teilen.

Monika Jakobs ist Professorin für Religionspädagogik und Katechetik undLeiterin des Religionspädagogischen Instituts.

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Besuch am schweizerischen Institut für rechtsvergleichung

Luzerner studierende informierten sich über die dienstleistungen der einzigen schweizerdokumentations- und forschungsstätte für rechtsvergleichung in Lausanne.

■ dIeL schmId | Jonas rÜegg

am 1. dezember 2010 unternahmen die teilnehmenden des mas-terfachs «rechtsvergleichung im privatrecht» unter der Leitungvon Jörg schmid eine reise nach Lausanne-dorigny. ziel diesesschon zur tradition gewordenen ausflugs war das schweizeri-sche Institut für rechtsvergleichung. für diesen ausflug hattenwir uns einen winterlichen tag ausgewählt, denn bereits ab sur-see begann es zu schneien und sollte bis zu unserer rückkehrnicht mehr aufhören. die westschweiz war bereits eingehüllt imweissen schneemantel, und auch der sonst herrliche ausblickauf den genfersee war diesmal getrübt von schweren nebelwol-ken. um die rund zweistündige fahrt nach Lausanne etwas auf-zulockern, wurde ein Quiz mit fragen zur rechtsvergleichungausgeteilt, welches die studierenden in zweierteams mit wissen,schätzungen und auch Kreativität zu lösen hatten.

Das ISDC – ein international hoch angesehenes InstitutIn Lausanne angekommen, hiess es, umzusteigen und mit dereinzigen metro der schweiz nach Lausanne-dorigny zu fahren,wo sich das schweizerische Institut für rechtsvergleichung(Isdc) auf dem gelände der universität Lausanne befindet.durch den hohen schnee stapfend und durch das schneetreibenhinweg den richtigen pfad suchend, erreichten wir das Institut,wo uns die direktorin a.i. des Instituts, christina schmid-tschir-ren, empfing und das Institut vorstellte.das schweizerische Institut für rechtsvergleichung wurde 1982eröffnet und ist eine selbstständige anstalt des Bundes. es istdie einzige umfassende dokumentations- und forschungsstättefür rechtsvergleichung in der schweiz und geniesst hohes anse-hen im In- und ausland. die hauptaufgaben des Instituts beste-hen darin, rechtsgutachten über ausländisches recht für Bun-desbehörden, gerichte und private anzufertigen sowie seineBibliothek interessierten wissenschaftlern zur Verfügung zu stel-len.

die Bibliothek enthält mehr als 300 000 juristische Veröffentli-chungen aus aller welt in mehr als 60 sprachen. zum Vergleich:das seit 1926 bestehende max-planck-Institut in hamburg hateinen Bestand von 450 000 Bänden und mikroformen. das Isdcbietet zudem zugang zu rund 5000 zeitschriften sowie zu unge-fähr 50 juristischen datenbanken. der auskunftsdienst beant-wortet fragen zu recherchen im schweizerischen und im auslän-dischen recht. Insbesondere für studierende hilfreich ist dasangebot, gewünschte textauszüge einzuscannen und zu versen-den. die Bibliothek steht jedermann unentgeltlich offen. eineweitere interessante dienstleistung des Instituts ist ihre um-fangreiche homepage (http://www.isdc.ch), auf welcher manLinks zu den gesetzgebungen und zur rechtsprechung der aller-meisten Länder der welt findet.

Praktische übungen in internationalem Rechtanschliessend wurden die studierenden in drei gruppen aufge-teilt und lösten unter anleitung von assistierenden und mit un-terstützung von Jörg schmid je einen fall aus dem französischenund dem us-amerikanischen recht sowie erstmals einen fallzum wiener Kaufrecht. ziel war es, sich anhand eines konkretenfalls in eine neue rechtsordnung einzuarbeiten und dadurch dieunterschiede zwischen den jeweiligen rechtsordnungen festzu-stellen. dies bedingte auch eine Loslösung vom schweizerischenrechtsdenken. die studierenden waren beeindruckt vor allemvon der Büchermenge wie auch von der grossen abteilung derje-nigen Bücher, deren titel aufgrund der arabischen oder chinesi-schen schriftzeichen für uns nicht lesbar waren. auch die freund-lichen und sehr hilfsbereiten mitarbeiter des Instituts, welchegerne beim finden von Literatur mithalfen, sollen nicht uner-wähnt bleiben.als verdienten Lohn gab es anschliessend ein mittagessen in dermensa «la Banane», wo sich trotz deren imposanter grösseschliesslich auch alle Luzerner studierende zurechtfanden undfür einmal eine echte mensaatmosphäre erleben konnten. frischgestärkt, fand am nachmittag das recherchieren in der dreistö-ckigen Bibliothek seinen regen fortgang. abschliessend trugendie studenten ihre resultate zusammen, präsentierten sie underhielten anmerkungen von Jörg schmid. das ende des lehrrei-chen und spannenden ausflugs wurde durch das heftige schnee-treiben etwas in die Länge gezogen: nach einer kurzfristigenperronänderung und einem kurzen, nicht geplanten abstechernach olten kamen schliesslich alle gesund und müde wieder inLuzern an.

Diel Schmid und Jonas Rüegg sind Assistierende an der Rechtswissen-schaftlichen Fakultät.

Die Bibliothek des ISDC bietet juristische Literatur in sechzig Sprachen.

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16 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011FORSCHUNG UND LEHRE

■ VaLentIn BecK

eröffnet wurde die ringvorlesung mit dem Vortrag von carloKnöpfel (caritas schweiz), der in seiner sozialpolitischen Bestan-desaufnahme sowohl die konkreten ausmasse als auch die un-terschiedlichen formen und strukturellen gründe der armut inder «reichen» schweiz aufzeigte. nach Berechnungen der cari-tas sind etwa 800 000 menschen in der schweiz von armut be-troffen. Insbesondere vier faktoren bestimmen das armuts-risiko: das Bildungsniveau, die zahl der Kinder, der wohnort unddie soziale herkunft. Knöpfel nannte eine reihe von sozialpoliti-schen massnahmen, die armutsbetroffenen menschen die teil-nahme an der gesellschaft ermöglichen können.

Der biblische Entwurf: Eine Gesellschaft ohne ArmutIn ihren exegetischen Betrachtungen zeigten ruth scoralick undwalter Kirchschläger (beide universität Luzern) die rolle der ar-men in der Bibel auf. die texte des alten testaments enthaltenden entwurf einer gesellschaft, in der es keine armen gibt. einekomplexe sozialgesetzgebung sorgt dafür, dass armut möglichstnicht entsteht. so kommen zum Beispiel bei Verschuldung, dieinfolge von missernten eintreten konnte, verschiedene massnah-

men zum zug, die eine Verschuldungsspirale verhindern sollen.Im neuen testament ist zu Beginn des Lukasevangeliums be-reits die erste selbstpräsentation Jesu eng mit der proklamationder Überwindung von armut und not verbunden, und die armenwerden als die subjekte der Verkündigung des evangeliums ge-nannt.

Armutsbekämpfung in Luzernfridolin wyss (Verein kirchliche gassenarbeit Luzern) und tho-mas thali (caritas Luzern) stellten die grosse Bandbreite desganz konkreten kirchlichen engagements an der seite der ar-mutsbetroffenen menschen in Luzern dar. am Beispiel der arbeitmit suchtbetroffenen menschen wurde die tägliche Überlebens-hilfe der kirchlichen gassenarbeit für menschen ohne andereauffangnetze sichtbar. ziel ist es, sucht und armut zu überwin-den oder trotz sucht den Betroffenen so weit wie möglich einLeben in würde und die teilhabe an der gesellschaft zu ermögli-chen. die caritas Luzern unterstützt mit einer Vielfalt von ein-richtungen armutsbetroffene menschen in ihrem alltäglichenLeben (caritas-Läden, wohnraum, Kultur-Legi, arbeitsplätze, kul-

«nur ein schritt auf die armen zu ist einervon der armut weg»

Im vergangenen semester fand unter dermitwirkung verschiedener experten auswissenschaft und praxis die ringvorlesung«armut in der schweiz – christlichesengagement in solidarität mit den armen»statt. es wurde sichtbar, welche Bedeutungsowohl die theologie als auch die Kirchefür die Überwindung von armut in derschweiz haben können.

Armut in der Schweiz –ungleiche Verteilung der

reichen Ernte.

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17UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 FORSCHUNG UND LEHRE

Kurzfilmtage winterthur

Luzerner studierende konnten bei einer exkursioneinen Blick hinter die Kulissen werfen.

Reto Bühler, künstlerischer Leiter der Kurzfilmtage Winterthur, führte dieLuzerner Studierenden hinter die Kulissen des Festivals.

turelle Vermittlung und dolmetscherdienste, patenschaften, be-rufliche und soziale Integration usw.), trägt z.B. durch sozial- undschuldenberatung zur prävention von armut bei und betreibt po-litische Lobbyarbeit.

José amrein-murer (romerohaus/Bethlehem-mission Immensee)zeigte Impulse aus der Befreiungstheologie für die solidarität mitden armen in der schweiz auf. die «vorrangige option für die ar-men» kann auch in der schweiz fruchtbar gemacht werden, woes gelingt, fremde und eigene nöte wahrzunehmen, zur sprachezu bringen und gemeinsam heilend zu handeln.

Die Ökonomisierung schafft neue Armutsgefahrender abschliessende Vortrag von stephanie Klein (universität Lu-zern) stellte zunächst die armen als subjekte ihres Lebens undglaubens in den Vordergrund. als Brücke zu subjektiven glau-benserfahrungen armutsbetroffener dienten exemplarisch diereflexionen des arbeiterpriesters Joseph wresinski (1917–1988). sein anliegen war es, die hoffnungen der armutsbetroffe-nen menschen zur richtschnur für das politische und kirchlichehandeln zu machen. mit der organisation «atd Vierte welt» hater zudem eine institutionelle plattform für die Begegnung und

■ darIa wILd

John wäfler war in seinem Blockseminar «filmfestivals in derschweiz» immer viel an praktischer anschauung gelegen. eineexkursion an die Kurzfilmtage winterthur sollte diesem anspruchmehr als gerecht werden. so trafen sich die seminarteilnehmen-den an einem november-samstag in winterthur, wo seit 1997 zudieser zeit das grösste Kurzfilmfestival der schweiz stattfindet.das filmfestival, welches sich der förderung des Kurzfilms ver-schrieben hat, lockt jährlich tausende von interessierten Besu-cherinnen und Besuchern an. die Kurzfilmtage sind aber weitmehr als ein treffen von Kurzfilmliebhaberinnen und -liebhabern.sie sind auch eine wichtige plattform für die filmbranche. regis-seure treffen hier auf produzenten, Veranstalter und Verleihe, dieschweizer Branchenleute auf ihre Kollegen aus dem ausland.zum einstieg besuchten wir ein filmprogramm aus dem interna-tionalen Kurzfilmwettbewerb. sechs Kurzfilme, ob animiert,«real life» oder künstlerisch aufwendig arrangiert, boten dempublikum einen einblick in das aktuelle Kurzfilmschaffen. nachder filmvorführung kamen die filmemacher nach vorne und dis-kutierten mit dem publikum. hier zeigte sich uns sogleich eineBesonderheit von filmfestivals, die sich nicht auf das Vorführenvon filmen beschränken, sondern dem publikum die gelegenheitzum austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern geben.

zusammenarbeit zwischen armen und nichtarmen menschen ge-schaffen. stephanie Klein ging weiter der frage nach den mecha-nismen der gesellschaft nach, welche die vielfältigen formenvon armut hervorbringen. die zunehmende Ökonomisierung allerLebensbereiche verschärft nicht nur die gegensätze zwischengewinnern und Verlierern dieses prozesses. sie erfasst auch dasselbstverständnis der subjekte selbst, die unter den ständigenanforderungen von Konkurrenz und Leistungsoptimierung aufge-rieben werden. das «erschöpfte selbst» (a. ehrenberg) ist durchgefahren bedroht, welche selbst wieder neue formen der armuthervorbringen können: den wachsenden Konsum leistungsstei-gernder drogen, depression und Burn-out.

durch die Vorträge der ringvorlesung zog sich der wechsel zwi-schen armutsanalysen, theologischen grundlegungen, praxisbei-spielen und politischen optionen. so entstand ein beeindrucken-des mosaik aus wissenschaft und praxis, welches den Beitragvon theologie und Kirche für eine solidarische und partizipativegesellschaft ganz konkret am ort Luzern sichtbar machte.

Valentin Beck ist Assistent an der Theologischen Fakultät.

draussen vor dem Kinosaal erwartete uns der künstlerische Lei-ter der Kurzfilmtage, reto Bühler. er gab uns einen profundeneinblick in die organisation eines filmfestivals. Beispielsweisezeigte er uns das fragile finanzierungsgefüge von filmfestivalsauf, welches sich aus einnahmen aus eintritten, Beiträgen derKulturförderung und sponsoring zusammensetzt. auch erfuhrenwir, dass die Kurzfilmtage neben einem kleinen team von festund temporär angestellten vor allem von vielen freiwilligen orga-nisiert und durchgeführt werden. zum abschluss durften wirnoch hinter die Kulissen des filmfestivals blicken. ein operateurzeigte uns den Vorführraum mit den verschiedenen filmforma-ten und abspielgeräten.

Daria Wild studiert Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften.

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18 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011TAGUNGEN

Ludwig hohls philosophie in den «notizen»

eine tagung porträtierte den denker Ludwig hohl in allen factten.forschende, freunde und weggefährten trafen sich dafür in Luzern.

■ martIn raafLauB

«hohl ist ein denker, wir anderen, fassen wir dasdenken genau, sind es nicht: wir weichen dem ge-nauen denken ins gleichnis aus. hohl ist notwen-dig, wir sind zufällig.» (friedrich dürrenmatt)

Im rahmen des forschungsprojekts «Ludwig hohlsphilosophie in den ‹notizen› » an der professur fürphilosophie der theologischen fakultät sowie ausanlass von hohls 30. todestag fand am 6. novem-ber 2010 eine ganztägige Veranstaltung zum Le-ben und werk des ‹penseurs› hohl statt. Irmgardwirtz eybl (schweizerisches Literaturarchiv, sLa)und Beatrice stoll (präsidentin der Ludwig hohlstiftung) durften als Vertreterinnen der Veranstal-tungspartner ein zahlreich erschienenes publikumzu diesem anlass begrüssen. wohl zum letzten malwar es an diesem tag gelungen, alte freunde vonhohl an einem ort zusammenzuführen; gleichzeitighat eine neue generation von hohl-forschendendiese gelegenheit genutzt, um ihre arbeiten einemkompetenten publikum zur diskussion vorzulegen.

Aussergewöhnliche Selbstdokumentationden auftakt zu einer reihe von referaten, in denenaus unterschiedlichen perspektiven die philoso-phisch-gedankliche dimension des literarischen Œuvres von hohl in den Blick kommen sollte, machtehugo sarbach, der am sLa als wissenschaftlichermitarbeiter hohls nachlass betreut. diesen, vonder forschung bisher wenig beachteten nachlass,stellte sarbach anschaulich vor und strich dabeidie aussergewöhnliche selbstdokumentierungs-praxis heraus, mit der hohl sein ganzes Leben mi-nutiös aufgezeichnet und zu einem «nachlass zuLebzeiten» geordnet hat.martin raaflaub skizzierte anschliessend diegrundsätzliche problematik eines philosophischenfragens bei Ludwig hohl. anhand unveröffentlich-ter notizen aus dem nachlass wies er in richtungeines existenziellen Verständnisses von philoso-phie, das, wie er in seiner dissertation zu zeigenhofft, eine innere aufschlüsselung der gedankli-chen dimension des notizenwerks erlauben wird.den morgen rundete ein werkstattgespräch ab, indem martin zingg anna stüssi, die gegenwärtig aneiner hohl-Biographie arbeitet, zu ihrer arbeit be-

fragte. dass eine Biographie ein besonders vor-dringliches desiderat der forschung ist, ging ausallen referaten dieser tagung deutlich hervor; ihrerscheinen wird deshalb mit spannung erwartet.am nachmittag gewährte Barbara Lafond (univer-sität strasbourg) dem publikum einblick in ein wei-teres, aktuelles forschungsprojekt zu Ludwig hohl.Lafond entfaltete den geistigen hintergrund derunveröffentlichten «epischen grundschriften»,wobei sie auch Verbindungen zum denken von mi-chel foucault aufzeigte.

Notizen als literarische Ausdrucksformzum abschluss des wissenschaftlichen teils derVeranstaltung wurde die aufmerksamkeit auf dasnotizenschreiben als hohls eigenwillige sprachli-che ausdrucksform gelenkt. harald fricke (univer-sität fribourg) exerzierte seine aphorismus-theo-rie an einem goethe-Beispiel durch, um sie an-schliessend auf die ersten paar seiten von hohls«notizen» anzuwenden. seine Überlegungen ha-ben gezeigt, dass sich – auf das Kriterium ihrer „« ‹kontextuellen› Isolation» hin untersucht – ei-nige stücke von hohl als aphorismen identifizierenlassen, andere nicht.umgekehrt plädierte ulrich stadler (universität zü-rich) in seinem schlussreferat dafür, dass im spe-zifischen fall der «notizen» ihre sprachliche formnie losgelöst von ihrer struktur- und einheitspro-blematik verstanden werden kann. diesbezüglicheaufklärungen verspricht sich stadler von weiterentextgenetischen untersuchungen, wie er sie in sei-nem referat anschaulich und aufschlussreich an-stellte.

Begegnung im Film und mit Freundenmit einer exklusiven präsentation von nicht ver-wendetem filmmaterial aus seinen dreharbeitenzu «Ludwig hohl – ein film in fragmenten» (1981)eröffnete der bekannte schweizer filmemacheralexander J. seiler den zweiten teil der Veranstal-tung. In bewegenden Bildern haben seilers aufnah-men dem publikum Ludwig hohl lebendig vor augengeführt. daraufhin wurde ein unveröffentlichterreisebericht von siegfried unseld verlesen, derzeigt, wie Ludwig hohl anfang der 1970er Jahrezum suhrkamp-autor wurde.

zum abschluss der Veranstaltung evozierte hohlsfreund, der genfer schauspieler roland sassi, dieatmosphäre in hohls legendärem Kellerdomizil. mitseinen «souvenirs inquiétants» demonstrierte ereindrücklich, wie hohl nicht nur zu Lebezeitenseine feinde gerne provozierte, sondern auch sei-nem freund und Leser durch seinen radikal eigen-ständigen Lebenswandel bis heute eine existen-zielle herausforderung geblieben ist. sassi verwobnuancen aus seinem täglichen umgang mit hohlmit einigen pikanten, biographischen details zu ei-nem letzten porträt dieses tages von einem dich-ter, der vielleicht dreissig Jahre nach seinem todauch als denker mehr aussicht auf gegenwart undzukunft hat, als je zuvor.

die tagung zeigte, dass das Interesse an Ludwighohls Lebenswerk gegenwärtig (wieder) stark auf-lebt. neben hohls publizierten schriften und post-humen editionen scheint dabei endlich auch seinnachlass am schweizerischen Literaturarchiv diegebührende Beachtung zu finden. Vielleicht birgtnämlich gerade dieser nachlass noch einen ganzanderen hohl als das bekannte ‹enfant terrible› derschweizer Literatur. am ende gar einen philoso-phen?

Martin Raaflaub ist Forschungsmitarbeiter an der Professurfür Philosophie der Theologischen Fakultät.

Ludwig Hohl – mehr als das bekannte ‹enfant terrible› derSchweizer Literatur?

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19UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 TAGUNGEN

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen –zwischen sozialversicherung und sonderpädagogik

experten aus theorie und praxis referierten am 11. zentrumstagdes Luzerner zentrums für sozialversicherung.

■ nIcoLe Krenger

am 11. november 2010 fand der 11. zentrumstagdes von gabriela riemer-Kafka geleiteten Luzernerzentrums für sozialversicherung statt.das Inkrafttreten der neugestaltung des finanz-ausgleichs und der aufgabenteilung zwischen Bundund Kantonen (nfa) per 1. Januar 2008 wurde zumanlass genommen, im rahmen des tagungsthe-mas «Kinder und Jugendliche mit Behinderungen– zwischen sozialversicherung und sonderpädago-gik» über erste erfahrungen zu diskutieren. wobisher die abklärung und finanzierung des sonder-schulbedarfs durch die Invalidenversicherung ab-gedeckt war, haben neu die Kantone für die (aus-)Bildung von Kindern mit einer Behinderung, undsomit für die sonderpädagogik und die integrativesonderschulung, zu sorgen. angesichts der fach-übergreifenden relevanz dieser thematik sprachenneun referentinnen und referenten mit juristi-schem, heilpädagogischem oder medizinischemhintergrund. die tagungsteilnehmenden stammtenaus allen diesen Berufsgruppen und waren aus bei-nahe allen deutschschweizer Kantonen angereist.

Anspruch aller Kinder auf geeigneten Unterrichtpeter Lienhard (Interkantonale hochschule für heil-pädagogik, zürich) eröffnete die Vortragsreihe undbetonte unter dem titel «herausforderungen andie sonderpädagogik seit einführung des nfa» denvollzogenen paradigmenwechsel weg von der Ver-sicherungs- hin zur Bildungslogik. als wesentlichennutzen des standardisierten abklärungsverfahrenshob er den aus ziel und status quo ermittelten Be-darf von Kindern mit einem handicap für deren op-timale schulische förderung hervor. nicht mehrdas gesundheitliche defizit, sondern die vorhande-nen ressourcen des Kindes sollen für dessen för-derung massgebend sein.

peter uebersax, gerichtsschreiber am Bundesge-richt, betonte in seinem referat zum «anspruchauf einen angemessenen grundschulunterricht ge-mäss Bundesverfassung und Behindertengleich-stellungsgesetz», dass rechtlich noch viele unklar-heiten bestehen. so haben zwar alle Kinderanspruch auf geeigneten, nicht jedoch optimalen

unterricht. unter Verweisung auf die aktuellerechtsprechung schloss er, dass der genaue Inhaltder einzelnen grundrechte nach wie vor nicht um-fassend geklärt ist.

herbert plotke, rechtsberater im Bereich schul-recht, sprach über «mitwirkungsrechte und -pflich-ten von Kindern, eltern und Ärzten im abklärungs-verfahren» und betonte dabei die zentrale wich-tigkeit des rechtlichen gehörs. Im Kontext dersonderpädagogik äussert sich dies in der ord-nungsgemässen, insbesondere rechtzeitigen an-hörung der beteiligten personen.

Erste Erfahrungen aus der Praxisder nachmittag der tagung war den erfahrungenaus der praxis gewidmet. marie-therese haberma-cher, rektorin sonderschule hpz uri, sprach vonersten erfahrungen der nfa aus der sicht derschulpsychologischen dienste, der heilpädagogi-schen zentren und der integrativen sonderschulen.die mögliche Kosteneinsparung, das fehlendefachpersonal, die steigenden anforderungen andas umfeld bei der integrativen sonderschulungoder der deutliche anstieg der anmeldungen zusonderpädagogischen massnahmen standen dabeiim Vordergrund.

oskar Jenni, Leiter entwicklungspädiatrie der uni-versitäts-Kinderkliniken zürich, schloss sein refe-rat «das Kind im mittelpunkt? sonderpädagogi-sche Konzepte aus sicht der Kinder- und Jugend-medizin» mit dem einprägsamen satz: «das Kindist immer ganz, nicht pädagogisch und ausserpäd-agogisch, eine trennung ist nicht möglich.»zuvor stellte er drei Kinder mit einem handicap vorund verdeutlichte damit eingehend das unerlässli-che zusammenwirken von medizinischer und päd-agogischer abklärung, da hinter Verhaltensauffäl-ligkeiten oftmals auch medizinische ursachenstehen.

silvia Bucher (universität Luzern) und andreashirth, facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie,sprachen über «medizinische massnahmen der In-validenversicherung». die Interdisziplinarität die-ser präsentation verdeutlichte die unterschiedliche

würdigung ein und desselben gebrechens aus me-dizinischer und versicherungsrechtlicher sicht.psychomotoriktherapien und Legastheniebehand-lungen werden beispielsweise medizinisch oftmalsempfohlen, doch unter umständen von keiner sozi-alversicherung finanziert, sodass die finanzierungdurch die Kantone über das Institut der sonderpä-dagogischen massnahmen erfolgen muss.

die unterschiedliche finanzierung von hilfsmittelnzeigte auch rudolf ursprung, Bundesrichter undpräsident der I. sozialrechtlichen abteilung amBundesgericht Luzern, in seinem Beitrag zumthema «hilfsmittel im spannungsfeld von sozial-versicherung und sonderpädagogik» auf. er stelltedie these auf, dass je nach zuweisung eines hilfs-mittels im sinne des dienens ausschliesslich fürschulische bzw. persönliche zwecke die Kantonebzw. die IV aufkommen müsse. gemischte gütersind aus praktikabilität von der IV zu übernehmen.

advokat martin Boltshauser, Leiter rechtsdienstprocap, stellte unter dem titel «sonderpädagogi-sche massnahmen während der beruflichen ausbil-dung» fest, dass solche eigentlich gar nicht vorge-sehen sind. erfreulicherweise eröffnet ein jüngererBundesgerichtsentscheid auf dem weg der ausle-gung die möglichkeit, eine Leistungspflicht der IVim rahmen der erstmaligen beruflichen ausbildungzu erstellen.

fazit der überaus gelungenen tagung ist, dass dieintegrative sonderschulung in regelklassen trotzden noch vielen unsicherheiten zu begrüssen ist.die Kantone haben noch einigen aufwand zu leis-ten, unter anderem in den Bereichen abklärungs-verfahren, anstellung von mehr fachpersonal, re-gelung für Brückenangebote wie 11. schuljahr undBewältigung der abgrenzungsproblematik zwi-schen sozialversicherung und sonderpädagogik.erfreulicherweise wurde signalisiert, dass durchden nfa keine Kürzung der sonderpädagogischenmassnahmen beabsichtigt ist.

Nicole Krenger ist Assistentin an der Rechtswissenschaft-lichen Fakultät.

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20 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011TAGUNGEN

IX. symposium platonicum

platon-forscher aus aller welt trafen sich in tokyo.zentales thema war die «politeia».

■ raphaeL ferBer

seitdem im Jahre 1989 in Bevagna, umbrien, dieInternational plato society (Ips) gegründet wurde,finden im abstand von drei Jahren die symposiaplatonica statt. nach mexico (1986), perugia(1989), Bristol (1992), granada (1995), toronto(1998), Jerusalem (2001), würzburg (2004) unddublin (2007) trafen sich im august 2010 platon-forscher aus aller welt zum IX symposium platoni-cum in tokyo. thema war platons dialog über denidealen staat, die politeia. gastgeber war die Keiouniversity, eine gründung aus dem Jahre 1858nach angelsächsischem Vorbild.

tokyo besitzt mit seinen verschiedenen universitä-ten wie die ehemalige hauptstadt Kyoto bereitseine reiche tradition in den klassischen studien. soist das corpus platonicum unter der federführungvon michitaro tanaka (1902-85) und norio fuji-sawa (1925-2004) ins Japanische übersetzt wor-den. am symposium nahmen rund 250 platonfor-scher und -forscherinnen aus allen Kontinententeil. neben drei «invited papers» (mario Vegetti,

pavia; gerard Boter, amsterdam; myles Burnyeat,cambridge) gab es acht «plenary papers» (francoferrari, salerno; g.r.f. ferrari, Berkeley; charlesKahn, pennsylvania; I. männlein-robert, tübingen;debra nails, michigan; christopher rowe, durham;thomas alexander szlezák, tübingen; ein Vertreterder universität Luzern). zusätzlich konnten die teil-nehmerinnen und teilnehmer an zwei «panel sessi-ons» partizipieren und aus einer fülle von «parallelpapers» auswählen. das schwergewicht des Kon-gresses lag auf der politischen philosophie pla-tons, der platonischen einteilung der seele undnicht zuletzt der Idee des guten.

der zweck dieser symposien ist aber nicht nur dieproduktion eines sammelbandes. sie bilden viel-

mehr auch eine möglichkeit, dass sich forscheraus aller welt begegnen und über platon austau-schen können. als europäer war man überraschtvon dem Interesse, das diesem alten griechischenphilosophen heute in Japan entgegengebrachtwird. wer zudem erstmals in nippon weilte, konntebei aller Verwestlichung hinsichtlich der umgangs-und speiseformen eine (noch) höhere Kulturstufewahrnehmen, als wir sie heute in europa antreffenmögen. gerne wird er das Land der aufgehendensonne und des enigmatischen Lächelns wiederse-hen.

Rafael Ferber ist Professor für Philosophie an derTheologischen Fakultät.

Platons Werk stössttraditionell und auch heute

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21UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011

der wandel in gesellschaft und medien-landschaft stellt nicht nur für die pasto-raltheologie, sondern auch für die Litur-giewissenschaft eine herausforderungdar. hat gottesdienstliches feiern in dergegenwartskultur noch eine chance? wiekann man mit zunehmend kirchen- undliturgiefernen menschen ansprechendgottesdienst feiern und diesen für ihr Le-ben bedeutsam machen? Kann man dasInternet und seine möglichkeiten kon-struktiv nutzen? dies sind nur einige fra-gen, die sich stellen und die von aner-kannten fachleuten diskutiert werden.der Band gewährt einblicke in aktuelleliturgiewissenschaftliche forschungenund diskussionen.

zwischen tradition und postmoderne

Jürgen Bärsch et al.Zwischen Tradition undPostmoderne. Die Liturgie-wissenschaft vor neuenHerausforderungenpaulus, freiburg 2010IsBn 978-3-7228-0785-0

das vorliegende werk befasst sich vorallem mit der Vertragsgestaltung sowieaktuellen rechtsproblemen im Vertriebs-recht. die Beiträge erläutern spezifischeaspekte des produktvertriebs, beleuch-ten die sicherung der Vertragserfüllungund befassen sich mit dem Versand undder spedition als Kernaufgabe des dis-tanzkaufs. weiter werden die planungund gestaltung von Vertriebsverträgenim internationalen Verhältnis behandeltund Besonderheiten beim export von gü-tern und dienstleistungen vorgestellt.

Vertriebsverträge II

andreas furrer, oliver arter(hrsg.)Vertriebsverträge IIstämpfli, Bern 2011IsBn 978-3-7272-8771-8

das Verhältnis von religion und zivilge-sellschaft ist komplex und ambivalent.einerseits kann es keineswegs als aus-gemacht gelten, dass religion ein teil derzivilgesellschaft ist: nicht jede religionoder religiöse gemeinschaft verstehtoder verhält sich als zivilgesellschaftli-cher akteur, und nicht alle staaten wei-sen gleichermassen jenen Bereich frei-williger selbstorganisation auf, den wirBürger- oder zivilgesellschaft nennen.andererseits ist eine intakte zivilgesell-schaft ohne geklärtes Verhältnis vonstaat, religion und gesellschaft kaum zuerreichen. die theoretischen und empiri-schen Beiträge dieses Buches hinterfra-gen kritisch die rolle der religion in derzivilgesellschaft und machen auf die Be-deutung des politischen Kontextes auf-merksam, der durch das jeweilige politi-sche system gesetzt wird.

religion zwischen zivilgesellschaftund politischem system

antonius Liedhegener, Ines-Jacqueline werkner (hrsg.)Religion zwischen Zivilgesell-schaft und politischemSystemVs Verlag, wiesbaden 2011IsBn 978-3-531-17827-1

nach sieben Jahren ist der Band schwei-zerisches strafrecht (Besonderer teil I:straftaten gegen Individualinteressen) ineiner ergänzten und überarbeiteten auf-lage erschienen. neu erläutert werdender tatbestand des menschenhandelssowie kleinere Änderungen des strafge-setzbuches. die praxis des Bundesge-richts ist auf ihrem aktuellen stand nach-gezeichnet und, wo nötig, kritisiert;eigene positionen sind einer kritischenprüfung unterzogen und, wo nötig, revi-diert worden. das werk enthält weiterausgewählte hinweise auf publikationen.schliesslich sind die neuerungen einge-arbeitet, die sich aus der revision desallgemeinen teils des stgB ergeben ha-ben. ein gesetzes- und sachregister er-leichtert die Benutzung.

schweizerisches strafrecht

günter stratenwerth, guidoJenny, felix BommerSchweizerisches Strafrecht7. erg. und überarb. aufl.,stämpfli, Bern 2010IsBn 978-3-7272-8658-2

NEUERSCHEINUNGEN

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22 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011ENGAGEMENT

Interfakultärer Begegnungstagan der theologischen fakultät

Luzerner hochschulmeisterschaften 2011 im sportklettern

theologiestudierende aus der ganzen schweiz trafen sichdieses Jahr in Luzern.

■ cLaudIo gaBrIeL

am montag, 8. november 2010, trafen sich über 50theologiestudierende aus der ganzen schweiz ander universität Luzern. die ökumenische arbeits-gruppe «Interfac» organisiert jedes semestereinen tag der Begegnung an einer anderen theolo-gischen fakultät. es ist ein anliegen von «Inter-fac», die studierenden untereinander zu vernetzenund zum ökumenischen austausch einzuladen.dazu wird in jedem semester ein attraktives pro-gramm auf die Beine gestellt. dieses Jahr war diefachschaft theologie der universität Luzern dafürverantwortlich. nach der Begrüssung mit Kaffeeund gipfeli hatten die teilnehmenden die wahl zwi-schen zwei Vorlesungen: einer hauptvorlesung inKirchengeschichte von markus ries zum thema«reformation – gegenreformation – Konfessiona-lisierung» und einer hauptvorlesung in Judaistikvon rabbiner david Bollag zum thema «geschichteder jüdischen orthodoxie».Überhaupt war das Judentum eines der hauptthe-men des «Interfac»-tages. es war ein anliegen derfachschaft theologie, diese Besonderheit dertheologischen fakultät Luzern – ein sehr gutes an-gebot an Veranstaltungen im fachbereich Judaistik– den studierenden der anderen fakultäten vorzu-

■ domInIQue dreIer

Bald ist es wieder so weit, am 26. februar 2011 messen sich im Kletterzent-rum pilatus Indoor die besten Kletterer der zentralschweiz im rahmen derzentralschweizer Klettermeisterschaft zsm 2011. In diesem rahmen findetauch dieses Jahr wieder die hochschulmeisterschaft im sportklettern statt.das ganze Jahr über bereiten sich zahlreiche studentinnen und studenten eif-rig mit viel training auf diesen tag vor. die athletinnen und athleten freuen sichschon lange im Voraus auf die meisterschaft, die nicht nur vom wettkampf-gedanken, sondern auch vom kollegialen zusammensein, guten Begegnungenund gegenseitigem respekt gegenüber der Leistung des Kletterpartners ge-prägt ist.

Dominique Dreier ist Trainingsleiter Klettern und leitet die Trainingsvorbereitungen für

die LHM.

stellen. so besuchten wir nach dem mittagessenim seminar st. Beat das Institut für Jüdisch-christ-liche forschung IJcf am Kasernenplatz. der assis-tent denis maier stellte uns die aufgaben und dieverschiedenen schwerpunkte des Instituts vor. an-schliessend gingen wir in die synagoge an derBruchstrasse, wo uns rabbiner david Bollag ineiner spannenden führung die Besonderheiten die-ses Bauwerks erklärte und uns die jüdische Litur-gie näherbrachte.ebenfalls auf dem programm stand eine delegier-tensitzung der arbeitsgruppe «Interfac». Vertreterund Vertreterinnen von elf universitäten warendabei anwesend: Luzern, Basel, Bern, zürich, fri-bourg, Lausanne, neuchâtel, th einsiedeln, thchur und sth Basel, dazu eine Vertreterin der deut-schen Vereinigung der theologiestudierenden(seth). als abschluss des tages feierten wir in derJesuitenkirche einen ökumenischen gottesdienst.

nach diesem besinnlichen teil bestand noch diemöglichkeit, den tag gemütlich in der «rathaus-

brauerei» ausklingen zu lassen. so wurden beste-hende freundschaften vertieft, neue Bekannt-schaften geknüpft, theologische dispute geführtund über gott und die welt diskutiert. es war eingelungener tag, und die meisten teilnehmendenfreuen sich bereits auf den nächsten «Interfac»-tag am donnerstag, 19. mai 2011, an der theologi-schen hochschule des Klosters einsiedeln.

Claudio Gabriel ist Theologiestudent und Delegierter«Interfac» der Fachschaft Theologie Luzern.

Interfac ist eine ökumenische arbeits-gruppe von delegierten aller christlichentheologischen fakultäten in der schweiz.sie organisiert jedes semester einen tagder Begegnung und des Kennenlernenszwischen studierenden, professorinnenund professoren sowie fakultäten.

Die Besichtigung der Jesuiten-kirche und der Synagoge

waren Teil des Programmsam Begegnungstag.

Raphael Vogel, Trainingsleiter HSCL Sportklettern, in Aktion.

INFO

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23UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 ENGAGEMENT

«professors go racing»

3. Luzerner hochschulmeisterschaft Badminton Luzern

wintersport-wochenende für hochschuldozierende am 2./3. april 2011

ausgeglichene siegesbilanzzwischen uni und hsLu/phzLu

■ martIna pLetscher

möchten sie sich einmal im sportlichen wettkampfauf einer skirennpiste mit anderen hochschuldo-zierenden messen und sich daneben mit diesen iminformellen rahmen austauschen? falls ja, dannsollten sie am wintersport-weekend «professorsgo racing» teilnehmen!«professors go racing» ist ein netzwerkanlass fürhochschuldozierende, kombiniert mit wintersportauf der Lenzerheide. gut vorbereitet von profis,fahren die teilnehmenden am sonntagmorgen einski-/snowboardrennen und tauschen sich beimgeselligen zusammensein während des wochen-endes aus.

zum Betreuungsteam gehören die nachwuchsski-rennfahrer tamara wolf und patrick Boner von derhochschule für technik und wirtschaft htw chursowie die ehemaligen skiprofis paul accola, ge-samtweltcupsieger, olympia- und wm-medaillen-gewinner, und andrea zinsli, ehemaliger weltcup-fahrer.

Information und anmeldung unterwww.htwchur.ch/goracing

■ patrIcK BIese

auch 2010 fand die bereits traditionelle Luzernerhochschulmeisterschaft Badminton statt. speziellwar bei der 3. ausführung, dass die Kategorienmixeddoppel und dameneinzel aufgrund von zuwenigen anmeldungen nicht durchgeführt werdenkonnten. umso schöner war es, dass sich bei denherren zwanzig spieler angemeldet hatten. dasspielniveau war so hoch wie noch nie. dies zeigtsich auch in der tatsache, dass der sieger von2009 dieses Jahr «nur» den 9. rang erreichte. VonBeginn an verliefen die spiele äusserst knapp, undes wurde auf dem feld nichts geschenkt. zwischenden spielen aber wurde in einer lockeren atmo-sphäre diskutiert und «gefachsimpelt».schon bald merkte man, wen es zu schlagen galt,wenn man auf das siegerpodest steigen wollte. pa-trick Bucher musste sich zuerst im halbfinal gegenseinen clubkollegen Jonas hämmerli durchsetzen,damit er dann im final gegen den stark aufspielen-den roland walter den Luzerner hochschulmeister-titel holen konnte. wohl verdient, erhielten allespieler nach dem schwierigen turnier einen kleinenpreis.

an dieser stelle ein grosses dankeschön an alleteilnehmenden spieler für die fairen matches, span-nenden Ballwechsel und die tolle stimmung wäh-rend des anlasses.natürlich würde sich das oK freuen, wenn nächstesJahr auch die Kategorien mixeddoppel und frauen-einzel durchgeführt werden könnten. es lohnt sich,dabei zu sein!

Patrick Biese ist Hochschulsportlehrer beim HSCL.

Rangliste:1. Patrick Bucher 11. Christoph Brunner

2. Roland Walter 12. Stefan Rogenmoser

3. Jonas Hämmerli 13. Josef Moser

4. Stefan Glur 14. Nicolo Taddei

5. Daniel Gysin 15. Stefan Braunschweig

6. Sebastian Sterl 16. Oliver Büchi

7. Oliver Kurmann 17. Manuel Senn

8. Daniel Eichenberger 18. Michael Grössl

9. Patrick Blättler 19. Artan Sadiku

10. Fabian Fauquex 20. Philip Hunziker

Die fünf Erstplatzierten im Herreneinzel (v.l.n.r.): Stefan Glur, Roland Walter, Patrick Bucher, Jonas Hämmerli, Daniel Gysin.

Sport und Austausch für Dozierende stehen bei«Professors go Racing» auf dem Programm.

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24 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011PANORAMA

■ chrIstoph good

weist das recht der moderne tatsächlich die eruptive modernitätauf, die ihm landläufig zugeschrieben wird? oder besitzt dasrecht nicht vielmehr die unlimitierte Kapazität, durch den rück-griff auf traditionelle rechtsfiguren und -diskurse sowie dereninterdependente erweiterung sich selbst ständig zu reproduzie-ren und aktualisieren?dieser fragestellung ging hespanha in seinem festvortrag am4. november 2010 insbesondere im hinblick auf den interdepen-denten rechtlichen umgang mit der Idee der rechtspersönlich-keit von menschen, tieren und sachen sowie der scheinbareneinzigartigkeit des neuzeitlichen Verfassungsbegriffs nach. da-bei zeichnet er innerhalb der rechtswissenschaft eindrücklicheund unbeachtete entwicklungslinien auf, welche die klassischerechtsgeschichtsschreibung der moderne in ihrem bisher kaumhinterfragten geltungsanspruch herausfordern.

Bereits bei ulpian (um 170–223 n. chr.) findet sich ansatzweisedie Idee der rechtspersönlichkeit der tiere verwirklicht, statuiertdurch die teilweise theologisch geprägte annahme, dass dieseneine beschränkte Kenntnis des natürlichen rechts zukomme, daihnen das Verbot der schädigung und des Verbrechens bekanntsei. ausgehend von dieser grundannahme, begannen Juristendes mittelalters und der neuzeit immer wieder herrschaftsrecht-liche Konzeptionen auf das tierreich zu transferieren, ohne dasses sich dabei nur um poetische metaphern handelte, sonderndiese ein tatsächliches rechtliches Interesse widerspiegelten.gleichzeitig wurden aus diesem rechtskonzeptuellen expan-sionsprozess wiederum im sinne der diskursiven Komplexitäts-reduktion rückschlüsse für die menschliche rechtspersön-lichkeit gezogen. teilweise lassen sich diese dogmatischenexpansionsprozesse existierender juristischer formen und figu-ren gar bis hin zu sachen wie beispielsweise mineralien (do-mingo de soto, 1586) und farben (hermann wissman, 1683)verfolgen. Besonders bemerkenswert ist dabei die diskursive au-topoiese des rechts, wobei aus der rein logisch-internen Kons-truktion der realität, bedingt durch die Interaktion verschiedens-ter disziplinen (politik, religion, recht, naturwissenschaften),materiell-rechtliche Konsequenzen resultieren. ausgehend vondieser erkenntnis, finden sich ohne weiteres Kontinuitäten zuden aktuellen diskursen über tierrechte und gar umweltschutz.

als weiteren «misserfolg» interpretiert hespanha den primatan-spruch der moderne auf den Verfassungsbegriff, was er anhandder spanischen Verfassung von 1812 (constitutión de cádiz) ver-anschaulicht. einzig mittels eines polysemantischen ansatzes

können die Lebenswirklichkeit des rechtlichen Instituts Verfas-sung und dessen erfolgsgeschichte verstanden werden. Bereitsin der präambel von 1812 findet sich der Brückenschlag zur vor-gängig monarchischen regierungsform («Les cortes généraleset extraordinaires de Ia nation espagnole, sont convaincues […]que les anciennes lois fondamentales de notre monarchie, pour-vues des apports et précautions pertinents, qui assurent de fa-çon stable et permanente leur pleine application, pourront rem-plir comme il convient le grand dessein de promouvoir la gloire,la prospérité et le bien de toute la nation, décrètent cette cons-titution politique pour le bon gouvernement et la juste administ-ration de l’etat»). Ähnlich wie später in portugal finden sich sounter dem deckmantel des modern anmutenden Verfassungs-rechts klar und deutlich die rechtsordnung und das rechtsver-ständnis des ancien régime wieder. die rein moderne Lesart desnachrevolutionären rechts verkennt ob der nichtbeachtung derpartikularen und traditionellen wurzeln der manifestation vonrecht die schwachstellen der heutigen generell-abstrakt kodifi-zierten rechtsordnungen. trifft es nicht vielmehr zu, dass das«moderne» recht nichts anderes ist, als eine neufassung derrechtsordnung des ancien régime? dies führt in anlehnung anJames c. scotts Buch «seeing like a state» zwangsläufig zu derauseinandersetzung mit dem diskurs über das rechtliche undpolitische Versagen der moderne. Bereits bei Bruno Latour findetsich die these, dass die Verfassung der moderne charakterisiertist durch die Vorstellung der reinen form («purification»), diegedoppelt wird durch die Bewegung hin zur reduzierung komple-xer sachverhalte («hybridisation»). diese erkenntnis der plura-listischen rechtsordnung allein genügt jedoch nicht für die neu-beurteilung der partikulären und traditionellen rechtserzäh-lungen. Übertragen auf geläufigere termini des juridischen dis-kurses, haben die homogenisierung und die gleichzeitigeassimilierung des rechts die abwägung beerbt.Vielmehr ist die nicht-modernität der rechtsordnung der schlüs-sel zur Lösung dieses problems. die rechtliche polysemie ist not-wendig, um innerhalb des unreduzierbaren gewirrs von erzählun-gen zu schlichten und abzuwägen statt zu hierarchisieren unddie differenzen (künstlich) zuzuschütten. die rückgewinnungeines neo-positivistischen realismus sowie die prozeduralisie-rung der abwägung sind dabei die antworten der rechtstheorieauf die herausforderung, die Komplexitätsreduktionsfunktiondes rechts beizubehalten, ohne dabei jedoch die Komplexitätund die Vieldeutigkeit des zeitgenössischen rechts zu ignorie-ren.

Christoph Good ist Geschäftsführer am Institut für juristische Grundlagenlucernaiuris.

«À quel point est-il moderne le droit de la modernité?»

antónio manuel hespanha, ehrendoktor der universität Luzern, hieltanlässlich der Verleihung der ehrendoktorwürde der universität Luzernseinen festvortrag im rahmen der Vortragsreihe laboratorium lucernaiuris.

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25UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 PANORAMA

■ marKus rIes

In Luzern gibt es niemanden, der durch seine Le-bensgeschichte so vielfältig mit der theologischenfakultät verbunden ist wie Kurt Koch: er hat hierstudiert, war assistent für fundamentaltheologie,wirkte als dozent am religionspädagogischen Ins-titut und war professor für systematische theolo-gie. schliesslich stand er als rektor an der spitze,doch bald erfolgte die wahl zum Bischof, sodass erbereits nach einem semester nach solothurn zog.für die fakultät war es ein Verlust, aber auch einefügung; denn die sogleich verliehene honorarpro-fessur und viele gemeinsame anliegen liessen dieKontakte lebendig bleiben. mindestens zweimal imJahr gab es seither aussprachen zwischen denprofessorinnen und dem Bischof, und zu den deka-nen bestand auch in stürmischen zeiten eine si-chere und direkte Verbindung.

Gratulation der FakultätVor diesem hintergrund war das öffentliche Konsis-torium, in welchem Kurt Koch am 20. november2010 im petersdom zusammen mit 23 weiterenverdienten Kirchenmännern zum Kardinal erhobenwurde, auch für die fakultät ein grosses ereignis.

dekanin monika Jakobs nahm in rom an der feierteil. Begleitet von einem Vertreter des rektors,überbrachte sie die offiziellen glückwünsche undsorgte zusammen mit dem regierungspräsidentenanton schwingruber dafür, dass der aus derschweiz angereisten, sicher 150 personen zählen-den delegation die akademische zugehörigkeit desneuen würdenträgers immer wieder ins Bewusst-sein trat. das engagement der dekanin zeitigte er-freuliche wirkungen, indem bei den empfängen undBegegnungen das begehrte scheinwerferlicht nichtallein auf den Kardinal fiel, sondern mehrmals auchdie fakultät streifte, aus der er hervorgegangenwar. selbst medienschaffende nahmen davon no-tiz: In einer zeitung fand sich der augenzwinkernde

Kommentar, hier sei zu sehen, wie weit es jemanddoch bringen könne nach einem studium in Luzern.

Berührende Liturgiedie feiern in rom gaben manchen denkanstoss.sie führten eine grosse zahl von menschen ausmindestens vier Kontinenten zusammen; schonauf den ersten Blick zeigte sich eine Vielfalt antemperamenten und kulturellen prägungen. Längstnicht alle teilnehmenden erweckten den eindruckvon Vertrautheit mit der römischen Liturgie. In denhinteren rängen, fern der offiziell geladenen, wur-den «fotohandys» sichtbar fleissiger genutzt alsrosenkränze. wer hingegen zu den pontifikalen ri-ten eine Beziehung hatte und gepflegtes Lateinschätzte, erhielt gelegenheit, sorgfältig und schöngestaltete gottesdienste mitzufeiern. musik, far-ben und Bewegungen berührten die sinne vielfäl-tig, dennoch hielten gesten und texte distanz zujener prunkentfaltung, von der sie ursprünglichherstammen. Im hintergrund blieb auch der sym-bolische gegenakzent zum Jubel, obwohl im katho-lischen Leben zur höchsten feierstunde stets auchdie harte Vergegenwärtigung menschlicher hinfäl-ligkeit gehört. den ruf «sic transit gloria mundi»mussten päpste sich seit dem späten mittelalteram tag ihrer Krönung anhören, während das kurzauflodernde strohfeuer sie eindringlich an die ei-gene Vergänglichkeit mahnte. zumindest eine erin-nerung daran hielt am ende auch die feier für dieKardinäle bereit. zu vernehmen war sie nach demsonntäglichen hochamt in der von tausend stim-men mächtig intonierten schlussantiphon «salveregina» – gewiss nicht eine entschlossene parolevon der cathedra, sondern ein seufzer aus dem talder tränen.

Richtungsangabe für die Ökumeneden roten hut erhielten die Kardinäle zwar der re-dewendung nach, doch real überreicht wurden le-diglich Birett und ring. zu erkennen war darin derwandel der zeit, der auch weit über das symboli-

sche hinaus griff: Vergeblich hätte man in den rei-hen der festlich einziehenden nach jenen namengesucht, die aus der geschichte bekannt sind –kein orsini, kein medici, kein carafa. wie in derwelt, so stehen im 21. Jahrhundert auch im Kardi-nalskollegium Kompetenzen und funktionen deut-lich über dem zeichenhaften.

Kurt Koch ist es aufgegeben, den institutionellendialog zwischen der römischen Kurie und anderenKonfessionen und religionen voranzubringen. aufeinfache Lösungen oder gar auf Befreiungsschlägezu hoffen, wäre verwegen, denn allzu komplex istdie aufgabe. die arbeit am thema begann für Kardi-nal Koch in der wissenschaft in Luzern: hier war erbeteiligt an der projektierung des ÖkumenischenInstituts, und hier bearbeitete er jene themen, dieer heute in der praxis betreut. es ist zu wünschen,dass seine Konzepte ihren niederschlag in römi-schen arbeitspapieren finden werden, zumal esdarunter auch ein weit ausgearbeitetes projektgibt. die programmatische schrift erschien 1991unter dem titel: «gelähmte Ökumene. was jetzt zutun ist». einst in Luzern erdacht – bald in rom ver-wirklicht.

Markus Ries ist Professor für Kirchengeschichte undProrektor Lehre und Internationale Beziehungen.

Luzerner theologie reicht bis rom

Kurt Koch war im wintersemester 1995/96 rektor der dama-ligen hochschule Luzern. nach seiner wahl zum Bischof vonBasel ernannte ihn der regierungsrat zum honorarprofessor.auf diese weise blieb er über seine amtszeit hinaus mitgliedder theologischen fakultät, die nun zum ersten mal in ihrergeschichte direkt im Kardinalskollegium vertreten ist.

Wirkt nun in Rom als Präsident des Päpstlichen Rates zurFörderung der Einheit der Christen: Kardinal Kurt Koch.

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26 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011PANORAMA

die zentral- und hochschulbibliothekim neuen unI/phz-gebäude

mehr arbeitsplätze, gruppenräume und alle wichtigen Bücher in griffnähe: die Bibliothekim neuen uni-gebäude bietet studierenden und mitarbeitenden eine optimale Infrastruktur.

■ toBIas scheLLIng

der umzug ins unI/phz-gebäude bringt nicht nur der universitätLuzern eine standortkonzentration und eine Verbesserung derInfrastruktur, er bietet auch der zentral- und hochschulbibliothek(zhB) die möglichkeit, das angebot bezüglich arbeitsplätze, Be-stände und bibliothekarische dienstleistungen zu optimieren.anstelle der sechs bisherigen Bibliotheken, die im auftrag vonder universität und der phz betrieben werden (rechtsbibliothekam hirschengraben; präsenzbibliothek der fakultät I und rpI ander pfistergasse; präsenzbibliothek der fakultät II und studienbi-bliothek phz an der museggstrasse; präsenzbibliothek Judaistikam Kasernenplatz), wird im ersten obergeschoss des unI/phz-gebäudes – neben dem standort sempacherstrasse – einezweite, grosse Bibliothek eröffnet. mit dieser kann eine adäquateantwort gegeben werden auf das wachstum der universität undder phz und den damit verbundenen, gestiegenen ansprüchenan die bibliothekarische Versorgung – sei es betreffend platzver-

hältnisse, zugänglichkeit der Literatur oder Öffnungszeiten.mit der neuen Bibliothek realisieren universität, phz und zhBeine schweizweit einzigartige Lösung: Keine andere zentrale uni-versitätsbibliothek ist dergestalt in die universität integriert, wiedie zhB am standort unI/phz-gebäude. auch innerhalb des ge-bäudes nimmt die Bibliothek eine zentrale rolle ein. Im erstenstock gelegen, bildet sie das Bindeglied zwischen den gemein-sam genutzten räumlichkeiten im ersten unter- und im erdge-schoss sowie den für die universität und phz bestimmten obe-ren stockwerken.

das erste obergeschoss des unI/phz-gebäudes erstreckt sichüber eine fläche von rund 6000 m2. die technischen räumlich-keiten, Verkehrswege und die Büroräumlichkeiten für mitarbei-tende der zhB und der universität beanspruchen etwa einendrittel der fläche – rund 4000 m2 stehen also für die eigentlicheBibliothek zur Verfügung.

Frohburgstraße

Inseliquai

Einzigartig in der Schweiz: Die ins UNI/PHZ-Gebäude integrierte Bibliothek.

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27UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 PANORAMA

podiumsdiskussion zur ausschaffungsinitiativefüllte das «union»

■ samueL schmId

am 18. november fand im «union» eine podiumsdiskussion zurausschaffungsinitiative und dem gegenvorschlag statt. gespon-sert wurde der anlass vom «nccr challenges to democracy inthe 21st century», einem forschungsschwerpunkt des schwei-zerischen nationalfonds zum demokratischen regieren im21. Jahrhundert. Beteiligt waren auch das politikwissenschaft-liche seminar der uni Luzern und dessen neuer snf-förderpro-fessor andré Bächtiger, der die diskussion moderierte. er stelltezunächst kurz seine forschung vor: er hat online-diskussionenmit zufällig ausgewählten schweizer Bürgerinnen und Bürgernzur ausschaffungsinitiative und dem gegenvorschlag durchge-führt. aus diesen online-diskussionen präsentierte er einige aus-

sagen von teilnehmenden. doch dies war nur der hintergrund andiesem abend. es kreuzten bekannte Luzerner und schweizerpolitgrössen die Klingen: Lathan suntharalingam (sp-Kantonsrat,Luzern) engagierte sich vehement für ein doppeltes nein. ge-nauso intensiv verteidigte Yvette estermann (sVp-nationalrätin,Luzern) ihr Ja zur Initiative, während hansheiri Inderkum (cVp-ständerat, uri) sich eher ruhig und sachlich in das teilweise hit-zige wortgefecht einbrachte. Insgesamt war es ein gelungenerabend. der saal war voll, und die wogen gingen hoch. schliesslichkonnten die angesprochenen punkte auch noch im publikum dis-kutiert werden. man blieb zwar hart in der sache, wahrte abertrotz aller differenzen den persönlichen respekt.

Samuel Schmid studiert Politikwissenschaft.

Beständedie neue Bibliothek bietet platz für die aufstellung von maximal300000 Bänden, sodass aus allen fakultäten deutlich mehrBände aufgestellt werden können als bisher. ein grosser teil desBestandes für Lehre und forschung der beiden Institutionen istalso zukünftig in einer freihandaufstellung greifbar. neben um-fangreichen präsenzbeständen, wie sie bereits jetzt aus den prä-senzbibliotheken der fakultäten I und II sowie aus der rechtsbi-bliothek bekannt sind, werden umfangreiche Bestände auchausleihbar sein. das ist insbesondere für die fakultäten I und II,deren ausleihbarer Bestand im magazin am standort sempacher-strasse lagert, eine wichtige Verbesserung der situation. die Be-stände, welche sich weiterhin im magazin befinden, können überden Bibliothekskatalog bestellt werden – zweimal täglich ver-kehrt ein neu eingerichteter Kurier zwischen dem aussenmaga-zin und der Bibliothek und liefert die bestellten Bücher.

Arbeitsplätzeam standort unI/phz-gebäude stehen 670 nutzerarbeitsplätzezur Verfügung. Im Vergleich zur jetzigen situation in den ver-schiedenen teilbibliotheken bedeutet das ungefähr eine Verdrei-fachung der plätze. die arbeitsplatzbereiche in der neuen Biblio-thek zeichnen sich durch eine grosse Vielfalt aus. durch Laut- undruhebereiche sowie durch eine unterschiedliche möblierung sollden verschiedenen Lernbedürfnissen und -gewohnheiten dernutzerinnen und nutzer entsprochen werden.studierende, die eine sehr ruhige atmosphäre bevorzugen, wer-den im Lesesaal ihren geeigneten arbeitsplatz finden. für an-dere, die ein lebhafteres umfeld schätzen und sich mit Kommili-toninnen und Kommilitonen austauschen wollen, stellt dergruppenarbeitsbereich der ideale Lernort dar. weitere arbeits-platzbereiche befinden sich entlang den fensterfronten gegenden Bahnhof und das KKL sowie um und zwischen den Lichthö-fen im ostteil der Bibliothek. schliesslich steht den doktorieren-den ein eigener Lesesaal mit 48 plätzen zur Verfügung, der auchdie möglichkeit bietet, arbeitsunterlagen zu deponieren.

UmzugBis das neue unI/phz-gebäude im september 2011 eröffnetwird, stehen zahlreiche umzüge an, welche natürlich auch dieBibliotheken betreffen. so werden die rechtsbibliothek, die prä-senzbibliotheken der fakultäten I und II sowie die studienbiblio-thek der phz im Verlauf des augusts geschlossen; dafür werdenim «union» in den ersten beiden augustwochen arbeitsplätzeeingerichtet. der ausleihbetrieb wird aufrechterhalten, jedoch istes unvermeidlich, dass es bei der Lieferung zu Verzögerungenkommen kann und dass aufgrund der Bibliotheksschliessungenvor allem in der zweiten augusthälfte deutlich weniger arbeits-plätze zur Verfügung stehen. die einschränkungen im Biblio-theksbetrieb – die wir auf ein minimum zu reduzieren versuchen– werden durch die aussicht gelindert, danach in einer zentralen,modernen und auf die Bedürfnisse von studierenden und dozie-renden ausgerichteten Bibliothek stöbern, ausleihen, recherchie-ren, lernen und schreiben zu können.

Tobias Schelling arbeitet in der ZHB und ist Projektleiter ZHB/BibliothekFrohburg.

Voraussichtliche Schliessung der bestehenden Bibliotheken:2. august: schliessung rechtsbibliothek2.–12. august: temporäre arbeitsplätze im «union» (raum u1.03)11. august: schliessung präsenzbibliothek der fakultät II / studienbibliothek phz11. august: schliessung präsenzbibliothek Judaistik23. august: schliessung präsenzbibliothek der fakultät I5. september: eröffnung der neuen Bibliothek

detaillierte und aktuelle Informationen zum Bibliotheksbetrieb finden sie auf unserer web-seite: www.zhbluzern.ch und auf dem Blog der zhB: http://zhbluzern.wordpress.com.

VORAUSSICHTLICHE SCHLIESSUNG DER BESTEHENDEN BIBLIOTHEKEN

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28 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011PANORAMA

■ JanIne Kopp

wir schreiben das Jahr 1707. Im februar desselben Jahres wirdin Luzern eine frau namens cathry weber mit dem schwert hin-gerichtet. der Luzerner rat erlaubt daraufhin einem gewissenherrn georg adam schmid, das «schmaltz aus dem ruggen abernit weiteres» der toten frau weber herauszuschneiden. so stehtes, handschriftlich notiert, im ratsprotokoll, welches sich nochheute im staatsarchiv Luzern befindet. doch wer ist dieser mann,und wozu braucht er das fett?

georg adam schmid ist ein hintersasse und schwiegersohn desapothekers Jakob pfyffer. In den 1670er-Jahren übernimmtschmid dessen apotheke an der Krongasse 4 in Luzern. Kurzezeit später hat er aber bereits mit geldsorgen zu kämpfen. umseine einkünfte zu steigern, erhält er vom Luzerner rat die Be-willigung, seinen Kunden spezielle arzneien wie stockfische, he-ringe oder tabak anzupreisen. ob schmid auch das fett von frauweber in seiner apotheke verkauft hat, darüber geben die Luzer-ner Quellen keine auskunft. fest steht jedoch, dass menschen-fett in der frühen neuzeit ein gebräuchliches arzneimittel istund in einer gut geführten apotheke nicht fehlen darf.

Fett für lahme Gliederso rät der deutsche medizinprofessor Johann Joachim Becher imJahr 1663: «zerlassen menschenfett ist gut für lahme glieder, soman sie damit schmiert, sie werden richtig wieder.» dass diemenschlichen stoffe aber nicht nur eingerieben, sondern aucheingenommen werden, bestätigt Johann schröder, ebenfalls eindamaliger deutscher arzt. «unter allen fetten ist das menschen-fett das bequemste und temperirteste. es erweichet und stilletden schmerz. wenn man es innerlich frisch gebrauchet, so tau-get es zur Lungensucht und das abnehmen des Leibes.»

zahlreiche andere pharmazeutische Lehrbücher machen es deut-lich: menschliches fett wird im 17. Jahrhundert auch in schwei-zer apotheken als offiziell anerkanntes arzneimittel verkauft.apothekertaxen listen neben tierfetten «axungia hominis» oder«menschenschmalz» auf, und auch fett, haut, hirnschalen so-wie Knochen gehen über den Ladentisch der apotheken. der

menschliche Körper wird ab dem ausgehenden mittelalter in eu-ropa legal als medizinischer rohstoff zur herstellung von arznei-mitteln gehandelt.

Mumia oder MenschenfleischBesonders beliebt zu jener zeit ist menschenfleisch, meist «mu-mia» genannt. davon zeugen menschliche Überreste, die sich ineiner apothekerdose im pharmazie-historischen museum Baselbefinden. die holzdose aus dem 18. Jahrhundert enthält glän-zend braune Brocken, die süsslich und aromatisch riechen. dieaufschrift der dose «mumia vera» weist darauf hin, dass es sich

hingerichtet, einbalsamiert und als medizin verkauft

die Vorstellung, teile des menschlichenKörpers als arzneimittel zu verkaufen,mag erschaudern. doch historischeQuellen zeigen: menschenfleisch war inder medizin der frühen neuzeit nicht nurgebräuchlich, sondern wurde auch vonder obrigkeit geduldet. ein kurzer einblickin ein aktuelles forschungsprojekt.

Stücke einer ägyptischen Mumie oder die Überreste eines hingerichtetenMenschen? Holzdose mit Inhalt, Pharmazie-Historisches Museum Basel,spätes 18. Jahrhundert.

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29UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 PANORAMA

hier um Bruchstücke echter ägyptischer mumien handelt; umeinbalsamierte Körperteile, die nach europa importiert werden,um daraus medizin herzustellen. es könnte sich aber auch umeine fälschung handeln. denn in der schweiz der frühen neuzeitwird ebenso aus hingerichteten menschen eine art mumiagewonnen, wie in den pharmazeutischen Quellen – oftmals mitviel gruseleffekt – immer wieder erwähnt und sogar empfohlenwird.

Besonders beliebt: jung und rothaarignamhafte mediziner und apotheker aus dem 17. Jahrhundertschlagen nämlich vor, besser die Leichen von frisch hingerichte-ten jungen männern zu nehmen, da man bei der «mumia vera»ohnehin nie genau wisse, woher sie wirklich stamme und die to-ten Körper von Krankheiten befallen sein könnten. aus diesemgrund rät der deutsche arzt Johann Joachim Becher in seinermedizinischen schrift von 1663: man nehme den Körper einesgesunden, möglichst rothaarigen jungen mannes, der zuvor er-hängt worden war. schneide den «fleischliche theil» weg, säu-bere diesen, mache lange schnitte in das fleisch und bestreuedieses mit gepulverter myrrhe und aloe. so entstehe die bestemumia überhaupt, «ganz ohne gestank und lieblich».

Lieblich? Bestimmt jedoch kein einzelfall. die Leichen hingerich-teter menschen werden in den pharmazeutischen Quellen mehr-heitlich als die beste mumia empfohlen. mehr noch: die Quellenbelegen, dass der henker selbst Lieferant der menschlichen Kör-perstoffe ist. Laienheiler beziehen bei ihm die am galgen hän-gengebliebenen Leichenteile, um ihr eigenes Leid zu lindern.doch obwohl menschenfett und mumia zum Inventar der früh-neuzeitlichen apotheken gehören, wird es für personen, die sichdie Überreste von hingerichteten selbst beschafften, meistbrenzlig.

Ein Finger für die kranke Fraueine von diesen personen ist michel Berner, glasträger aus demdeutschen ravensburg. Berner trägt jedoch nicht nur glas aufsich, sondern auch menschliche finger, Knochen, salben sowieseile und stricke. wegen seiner obskuren medikamente muss erim Jahr 1602 vor dem Luzerner gericht erscheinen. In seinemVerhör erklärt der glasträger, er habe die finger zuvor einem hen-ker in der nähe von schaffhausen abgekauft. dieser habe dieKörperteile einem «abghowen», der vom galgen gefallen sei. derhenker habe ihm daraufhin geraten, die glieder zu pulverisierenund seiner kranken frau, welche an epilepsie leide, einzugeben.

unklar bleibt, wie für Berner die sache ausgegangen ist, denndas urteil ist nicht überliefert. Berner ist aber nicht der einzige,der in Verhörprotokollen des 16. und 17. Jahrhunderts auftauchtund sich der magie mit Körperstoffen verdächtig macht. Von derLuzerner obrigkeit werden auch andere privatpersonen verhört,die ebenfalls keine medizinischen spezialisten sind und die ihrearzneimittel nicht zum gemeinwohl, sondern für private zweckeund persönlichen profit einsetzen. als nicht verdächtig hingegengelten mediziner, apotheker und scharfrichter, denn sie sind vonder obrigkeit kontrollierte fachkräfte. was in der apotheke alsstädtisch kontrollierter ort verkauft wird, ist daher unbedenklichund somit weder gefährlich noch betrügerisch. deshalb erhältder apotheker georg adam schmid auch die Bewilligung, unteraufsicht der obrigkeit das fett aus dem rücken von frau weber

zu schneiden. michel Berner hingegen, glasträger und dazu nochausländer, gerät wegen den fingern, die er bei sich hatte, inschwierigkeiten. denn letztlich entscheidet die obrigkeit, wer aufwelchen Körper zugreifen darf.

Nachgeburt mit Rosinenwie sehr sich die Luzerner räte darum bemühen, diesen zugriffzu regeln, zeigt ferner das Beispiel der Luzerner hebammen.diese müssen im 16. und 17. Jahrhundert einen eid ablegen, dieplazenta nach der geburt sofort wegzuschaffen, damit diesenicht zur zauberei missbraucht werden könne. auf der anderenseite aber gibt es die offiziellen arzneibücher, die belegen, dassdie nachgeburt zum bestehenden arzneischatz gehört. so emp-fiehlt etwa michael schorno, Landammann von schwyz, in sei-nem arzneibuch von 1671 folgendes: die nachgeburt einer frau,welche soeben ihren ersten sohn geboren hat, nicht auf den Bo-den fallen zu lassen. Besser sei es, die nachgeburt zu waschenund zum trocknen hinter den ofen zu hängen. danach soll sie zueinem pulver zerstossen und mit schlüsselblümchen zusammengegen die epilepsie eingenommen werden. Besonders gut seidas rezept mit «rosindli und enis».

nachgeburt mit rosinen und anis oder menschenfleisch mit myr-rhe und aloe – sie stehen in der frühneuzeitlichen apothekegleich neben dem fett, der haut und den schädelknochen. allediese stoffe werden verkleinert, mit anderen Ingredienzen ver-mengt und als hustensaft getrunken, als zäpfchen in die nasegesteckt, auf wunden gelegt oder bei halsweh gegurgelt.

wie ekelerregend diese frühe neuzeit doch war, könnte man mo-nieren. Bleibt nur die frage, ob es denn weniger makaber ist,wenn heute in der modernen plastischen chirurgie eigen- undfremdfett zwecks faltenglättung in die stirn gespritzt oder füreinen volleren Busen in weibliche Brüste gezwängt wird. so be-trachtet, erscheint Johann Joachim Bechers Idee von 1663, dasfett gegen lahme glieder lediglich einzureiben, eher harmlos alsabstossend.

Janine Kopp ist Doktorandin im Fach Geschichte.

die Kultur- und sozialwissenschaftliche fakultät der universität Luzern hat 2010unter ihren studierenden zum ersten mal einen wettbewerb für forschungsrepor-tagen ausgeschrieben. als beste forschungsreportage ist «hingerichtet, einbalsa-miert und als medizin verkauft» von Janine Kopp ausgezeichnet worden. derzweite preis ging an clara Bombach für ihren artikel über «Kindheit und erziehungbei den Xhosa in Lawaaikamp», der dritte preis an sahra Lobina für «mein rot istnicht dein rot».

WETTBEWERB FüR FORSCHUNGSREPORTAGEN DER KULTUR-UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHEN FAKULTäT

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religionspolitikern in Bern über die schulter geschaut

die studierenden des masterseminars «politikund religion» wollten an der Quelle erfahren, wiepolitiker mit religionsthemen umgehen. ein Besuchim Bundeshaus während der session erlaubte tiefere,durchaus gegensätzliche einblicke.

■ antonIus LIedhegener

das Verhältnis von politik und religion ist auch inder schweiz in Bewegung geraten. davon konntensich zwanzig studierende des zrwp-masters «reli-gion – wirtschaft – politik» aus erster hand über-zeugen. am 15. dezember 2010 trafen sie im Bun-deshaus in Bern mit nationalrätinnen und natio-nalräten verschiedener parteien zu einer reihe vonhintergrundgesprächen zusammen, die unter demthema «neue religiöse Vielfalt und der wandeldes Verhältnisses von politik und religion in derschweiz» standen. die studierenden erlebten einentag lang ebenso engagierte wie nachdenklicheVolksvertreter, die sich der Veränderungen der reli-giösen Landschaft in der schweiz und der mögli-chen Konsequenzen für politik und parteien sehrbewusst waren. recht unterschiedlich fielen frei-lich die Konsequenzen aus, welche die abgeordne-ten daraus zogen. die Vorschläge reichten von ei-ner besseren sozialpolitik zur Integration vor allemder muslimischen minderheiten auf der Linken biszu einer dezidierten rückbesinnung auf Ideen deschristlichen abendlandes und die selbstdefinitionder schweiz als christliches Land auf der rechten.

Von Geschichtspolitik bis zur Tempelreinigungnationalrat andy tschümperlin (sp/sz) brachte daspapier seiner partei zum Islam in der schweiz zumgespräch mit und betonte den zusammenhang vonreligiöser und sozialer Integration in der schweiz.nationalrat Josef Lang (grüne fraktion/zg) erläu-terte seine Vorstellung einer eidgenössischen ge-schichtspolitik, die aus der erfahrung der Überwin-dung der konfessionellen gegensätze Lehren fürein zusammenleben der religionsgemeinschaftender gegenwart liefern könnten. noch ganz frischwar der text seiner motion 10.3988, die er glei-chentags in den nationalrat einbrachte.nationalrätin Barbara schmid-federer (cVp/zh) er-läuterte die verschiedenen religiösen und sozialenströmungen in der Volkspartei cVp und berichtetevon den zunehmenden schwierigkeiten, mit sach-politik und argumenten in der schweizer medien-landschaft aufmerksamkeit zu finden. timotheosfrey, generalsekretär der cVp, analysierte höchst

kenntnisreich und mit zahlreichen praktischen Bei-spielen die Bedingungen und schwierigkeiten, un-ter denen parteien allgemein und die cVp als parteider politischen mitte im Besonderen in der medien-gesellschaft politisieren müssen. die ideologischengrundlagen der cVp, deren eckpunkte in der christ-demokratischen tradition und der christlichen so-zialethik nach wie vor durch menschenwürde, soli-darität, subsidiarität und den willen zum ausgleichgesellschaftlicher Kräfte bestimmt sind, liefernnach seiner erfahrung einen orientierungsrahmen,der die partei unterscheide und befähige, den star-ken meinungsschwankungen der medialen Öffent-lichkeit etwas entgegenzusetzen.deutlich andere akzente setzte nationalrätinYvette estermann (sVp/Lu). sie profilierte ihre par-tei als hüterin ureigener schweizer werte und tra-ditionen. zu diesen traditionen, die ihrer meinungnach im gegenüber zur eu und zur zuwanderungheute auch politisch durchzusetzen seien, zähltesie auch das christentum als grundlage. Ähnlichwie einige ihrer Vorredner betonte sie die Bedeu-tung des persönlichen glaubens für ihr politischesengagement. aufschlussreich war, dass sie dabeidie Jesus im neuen testament zugeschriebene ge-waltsame «tempelreinigung» anführte, um einscharfes politisieren für die von ihr als richtig er-achteten schweizer werte und orientierung zurechtfertigen.

Religiöse Symbole – Stoff für Vorstössemitten in die tagespolitik im parlament führte wie-der das letzte gespräch des tages mit nationalratpius segmüller (cVp/Lu). den hintergrund bildeteder streit um den Verbleib von Kruzifixen oderKreuzen in schulzimmern des Kantons Luzern.segmüller stellte die von ihm am nächsten tag ein-gereichte parlamentarische Initiative (10.526) vor,

die darauf zielt, die religiösen symbole der jeweili-gen mehrheitsreligion verfassungsrechtlich durchdas gebot ihrer toleranz im öffentlichen raum ab-zusichern. es folgte eine angeregte diskussion die-ses aktuellen Vorstosses mit den master-studie-renden, die aus theologie, religionswissenschaft,politikwissenschaft und wirtschaftswissenschaf-ten stammen. sie zeigte, wie schwierig, aber viel-leicht auch unumgänglich es ist, politisch zu be-stimmen, was ein religiöses symbol ist, und denumgang damit politisch zu regulieren.

zum abschluss des erlebnisreichen und informati-ven tages im Bundeshaus verfolgten die exkur-sionsteilnehmer die Verhandlungen des national-rates von der Besuchertribüne aus. fazit derstudierenden: eine solche Begegnung mit denrealitäten politischen argumentierens und ent-scheidens in der eidgenossenschaft sollte festerBestandteil des Joint degree masters «religion –wirtschaft – politik» werden. der Luzerner politik-wissenschaftler antonius Liedhegener, verantwort-lich für den Bereich politik und religion immasterstudiengang, hörte es mit freude. gerne willer dieses engagement für eine Begegnung vonschweizer politik und studierenden des in Luzerngemeinsam von der theologischen fakultät undder Kultur- und sozialwissenschaftlichen fakultätgetragenen interdisziplinären masters in den kom-menden semestern fortsetzen.

Antonius Liedhegener ist Assistenzprofessor für Politik undReligion sowie Studiengangleiter «Religion, Wirtschaft undPolitik».

CVP-Nationalrätin BarbaraSchmid-Federer stellte sichden Fragen der Studieren-den des Masterseminars«Religion und Politik».

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■ LInda nester

alle sechs mentorinnen hatten sicher unterschiedliche gründe,weshalb sie sich dazu bereit erklärt hatten, einzelne der soge-nannten Incomings, also mobilitätsstudierende, welche für einoder zwei semester an die universität Luzern kommen, zu be-treuen. alle hatten aber eigene erfahrungen als Incomings in ei-ner fremden stadt gemacht und wissen, wie hilfreich erste Kon-takte zu einheimischen in einer neuen umgebung sind. anderenbieten, wofür sie selber vor einiger zeit dankbar gewesen waren,war deshalb ein gemeinsames motiv, sich als mentorinnen zu en-gagieren. als «arbeit» empfanden die sechs mentorinnen (Lindanester und marceline ritter [beide rf], Katharina Lechner, Ireneschumacher, Livia Vonaesch und olivia Valier [alle Ksf]) ihre auf-gabe darum zu keiner zeit, obwohl sie viel einsatz erforderte.

noch vor semesterbeginn traten alle individuell in Kontakt zu ih-ren mentees und beantworteten per mail einmal einfachere, dannwieder anspruchsvollere fragen: wie weit liegt emmenbrückevon der uni entfernt? wie sind die temperaturen im winter? undwie finde ich eine wohnung? doch schon bald, nachdem alle inLuzern angekommen waren, wollten sich sowohl die Incomingswie auch die mentorinnen einander persönlich kennenlernen undplanten einen gemeinsamen anlass. und weil es nichts schwei-zerischeres als fondue und raclette gibt, entschieden die men-torinnen, die gaststudierenden ins «swiss stübli» einzuladen.

man mag sich über den kitschig-touristischen einrichtungsstildes Lokals streiten, doch der freude über das gute essen tatdies keinen abbruch, und die gastfreundschaft des wirts tat dasihre zu einem gelungenen abend dazu. auch gesprächsstoff gabes genug: gott und die welt, das Leben in der stadt Luzern, er-wartungen, erlebnisse, freuden, kleine enttäuschungen dergaststudierenden und selbstverständlich all die Kulturunter-schiede, aber auch die gemeinsamkeiten zwischen den am tischvertretenen nationen (Ägypten, amerika, deutschland, polen,tschechien, schweiz). und ganz nebenbei durften die mento-rinnen in diesem internationalen umfeld einmal wieder in ihrenerinnerungen an die eigene, einmalige zeit in einer – damals –fremden stadt zu schwelgen!

Linda Nester studiert Rechtswissenschaft.

start des ersten mentoring-programmsan der universität Luzern

sechs studentinnen unterstützten im herbst-semester 2010 das International relationsoffice der universität Luzern als mentorinnenbei der Betreuung der internationalen mobilitäts-studierenden.

Kennenlernen auf Schweizer Art bei Fondue und Raclette.

Im herbstsemester 2010 lancierte das International relations office(Iro) der universität Luzern ein mentoring-programm, welches in ers-ter Linie dazu dient, mobilitätsstudierende während ihres aufenthaltsan der universität Luzern zu begleiten bzw. bei alltäglichen fragenund problemen – welche nicht direkt das studium betreffen – zu un-terstützen. mentorinnen oder mentoren sind reguläre studierende hö-herer semester der universität Luzern. mentorinnen und mentorenhaben idealerweise selbst ein mobilitätssemester im ausland absol-viert (oder planen ein solches in Kürze), freuen sich über direkten Kon-takt mit ausländischen mobilitätsstudierenden, sind bereit, unentgelt-lich grossen einsatz zu leisten und sich auf fremde Kultureneinzulassen. Interessierte studierende melden sich bei der mobilitäts-stelle: [email protected].

MENTORING-PROGRAMM

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«mich interessiert auchder spirituelle himmel»

die doppelbedeutung des wortes «himmel»weist bereits auf die gemeinsamen wurzelnvon astronomie und religion hin.der Basler astrophysiker Bruno Binggeli istüberzeugt davon, dass beide seiten voneinanderlernen können.

■ Bruno BInggeLI Im gesprÄch mIt Benno BÜhLmann

Herr Professor Binggeli, Sie traten anlässlich der traditionellenThomas-Akademie in Luzern auf. Wie kommt es, dass Sie als As-trophysiker an der Theologischen Fakultät einen Festvortragzum Gedenken an den heiligen Thomas von Aquin halten?es ging beim erwähnten Vortrag darum, einige gedanken zumVerhältnis von astronomie und religion darzulegen. es handeltsich dabei um ein thema, mit dem ich mich schon seit einigenJahren intensiv beschäftige.

Wo sehen Sie die Berührungspunkte zwischen Astronomie undReligion?Bereits die doppelbedeutung des wortes «himmel» verweist aufgemeinsame wurzeln von astronomie und religion. die theolo-gen befassen sich mit dem himmel und die astronomen ebenauch. natürlich handelt es sich jeweils um einen anderen him-mel: da gibt es den sichtbaren, physischen himmel einerseitsund den jenseitigen, spirituellen himmel andererseits. alleinschon die tatsache, dass es im gewöhnlichen sprachgebrauchdieses eine wort für beides gibt, lässt erahnen, dass die beidenursprünglich etwas miteinander zu tun hatten.

Sie interessieren sich als Astronom also nicht nur für den physi-schen, sondern auch für den spirituellen Himmel?astronomie und theologie hatten ja lange zeit eine schicksals-hafte Verbindung, und es gab in der Vergangenheit ja auch eineintensive auseinandersetzung um den «rechten himmel» – einspannungsverhältnis, das bis heute noch ein thema ist. deshalbbin ich als astronom auch an diesem «anderen himmel» durch-aus interessiert.

Wenn Sie sich als Astronom mit dem Himmel befassen, schwingtalso auch noch eine andere Dimension mit?unbedingt. es geht nicht nur den astronomen so, dass der an-blick des natürlichen himmels beim Betrachter eine gewisse ehr-furcht einflössen kann. der gestirnte himmel ist überwältigendgross, unerreichbar hoch, unendlich, unveränderlich und macht-voll. schon die blosse anschauung des offenen himmelsgewöl-bes genügt, um uns die prinzipielle andersartigkeit des himmelsklar zu machen.

Dennoch bleibt heute für eine grosse Zahl von Naturwissen-schaftlern die Beschäftigung mit der Religion suspekt. Ihre Sichtvon den Dingen gründet in aller Regel doch eher auf einem mate-rialistischen Weltbild.da hat sich seit der aufklärung einiges verändert. die beidenwichtigsten physikalischen theorien des 20. Jahrhunderts, rela-tivitätstheorie und Quantenmechanik, haben das einseitig mate-rialistische weltbild gründlich zertrümmert und damit raum ge-schaffen für Vorstellungen und Konzepte, die für das religiöseBedürfnis des menschen zumindest sehr relevant sind. für dieseumkehr mag das berühmte zitat von werner heisenberg stehen,das folgendermassen lautet: «der erste schluck aus dem Becherder naturwissenschaft macht atheistisch, doch auf dem grunddes Bechers wartet gott.»

Und wie steht es diesbezüglich bei Ihnen: Haben Sie den Grunddes Bechers schon erreicht?Ich bin überzeugt davon, dass es diese «andere dimension»oder so etwas wie eine göttliche transzendenz gibt, die uns um-fängt und trägt. an einen persönlichen gott, wie er vom traditio-nellen christentum vermittelt wird, kann ich allerdings nichtglauben. die mehrheit der naturwissenschaftler hat wohl eineeher pragmatische, agnostische einstellung zu religiösen dingen.Überlieferte dogmen werden zumeist abgelehnt, während manprinzipiell gegenüber einer möglichen spirituellen dimension derwirklichkeit offenbleibt.

Sprach in seinem Festvortrag über das Verhältnis von Astronomie und Religion:Astrophysiker Bruno Binggeli.

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Viele Naturwissenschaftler vertreten indessen nach wie vor eineatheistische Position.natürlich gibt es in unserer gilde auch bekennende atheisten,ebenso wie traditionell gläubige und anhänger verschiedener,anscheinend wissenschaftlich begründbarer formen von spiritu-alität vorab östlichen zuschnitts: Insbesondere der Buddhismusscheint für viele wissenschaftler attraktiv zu sein, weil die bud-dhistische spiritualität ganz undogmatisch und individuell, aus-serhalb einer Institution, gelebt werden kann.

Der heilige Thomas von Aquin, zu dessen Gedenken Sie IhrenFestvortrag hielten, hat fünf Gottesbeweise («Quinque viae»genannt) formuliert. Was halten Sie von diesem Versuch, dieExistenz Gottes beweisen zu wollen?spätestens seit dem bekannten philosophen Immanuel Kant wis-sen wir, dass es letztlich keinen rationalen gottesbeweis gebenkann. dasselbe gilt übrigens auch mit umgekehrten Vorzeichen:atheisten werden ebenso wenig die nichtexistenz gottes bewei-sen können. Bekanntlich ist Kant ja auch nicht bei der fragenach den gottesbeweisen stehengeblieben, sondern hat die re-ligion als sache der praktischen Vernunft verteidigt. religion gibtantwort auf die existenziellen Lebensfragen. sie lebt von sinn-zusammenhängen und moralischen werten – dinge, welche diephysik gerade am allerwenigsten interessieren. wenn man alsoeine Brücke zwischen physik und religion schlagen will, so kanndies eigentlich nur auf einer symbolischen ebene gelingen, in-dem in gewissen physikalischen erkenntnissen ein analogischersinn, das heisst eine religiöse symbolik, geschaut wird.

Wie meinen Sie das?das lässt sich beispielsweise anhand der theorie vom urknall(«big bang» genannt) zeigen, den wir heute als unser alpha undomega betrachten können: denn von dorther kommen wir unddorthin streben wir zurück. der «big bang» als transzendentegrösse, der man sich nur immer weiter nähern kann, die manaber nie erreichen wird, ist nicht nur ein gültiges Konzept der

wissenschaft, sondern besitzt auch grossen symbolischen wert.der «big bang» ist eigentlich so etwas wie ein moderner mythos,und daran ist meines erachtens nichts schlechtes, ganz im ge-genteil: auch wenn sich unser heutiges weltverständnis primärauf rationale, wissenschaftliche erkenntnis stützt, so bleiben wirals seelische wesen nach wie vor auf Bilder und mythen ange-wiesen.

Sie meinen also, dass sich die rationalen Erkenntnisse und diesymbolische Deutung der Wirklichkeit nicht gegenseitig aus-schliessen?Ja. es handelt sich dabei um zwei unterschiedliche zugänge zuwirklichkeit, die sich gegenseitig ergänzen. Ich bin überzeugt da-von, dass wir wieder lernen müssen, wissenschaftliche erkennt-nisse auch symbolisch aufzufassen und in einen grösseren, phi-losophischen zusammenhang zu stellen. In diesem sinne kannein Brückenschlag zwischen naturwissenschaft und religion füralle Beteiligten eine wertvolle Bereicherung sein.

Prof. Bruno Binggeli, geboren 1953 und aufgewachsen in Frick, studiertePhysik und Astronomie an der Universität Basel. Seit 1994 wirkt er alsDozent, seit 2003 als Titularprofessor für Astronomie an der UniversitätBasel.

Benno Bühlmann ist Journalist und Theologe.

Nachdenken über denphysikalischen und denspirituellen Himmel – dasThema der diesjährigenThomas-Akademie lockteein grosses Publikum an.

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das politikwissenschaftliche seminar verleihtpreise für herausragende maturaarbeiten zu einemthema der politik.

Intensive ausbildungswoche für studierende des rpI

■ erIch aschwanden

das politikwissenschaftliche seminar der universität Luzern hat2010 erstmals einen preis für die beste maturaarbeit zu einemthema der politik ausgeschrieben. Vierzehn arbeiten, die von be-eindruckend strukturiertem Vorgehen und hoher Qualität zeugen,sind auf diese ausschreibung hin eingereicht worden, was dazuführte, dass der preis auf drei preisträger aufgeteilt wurde.der erste preis ging an matthias schmuki von der Kantonsschuledisentis. seine maturaarbeit zu «schweizer Jugend und politik– eine untersuchung zu den politischen ansichten, Kenntnissenund aktivitäten der schweizer Jugendlichen und zum stimm-rechtsalter 16» überzeugt durch die Bedeutung der themenwahlfür die schweizerische demokratie, durch eine wissenschaftlicheherangehensweise sowie durch eine umfangreiche und selbst-ständige empirische erhebung bei schülern. zwei weitere preisegingen an fabian takacs von der Kantonsschule alpenquai in Lu-zern für seine maturaarbeit «Integrationsvergleich zwischen denungaren und den Kosovo-albanern in der schweiz» sowie an si-mon Knupfer von der Interstaatlichen maturitätsschule für er-wachsene st. gallen/sargans für seine arbeit «wege zur demo-kratie. die demokratische entwicklung in nord- und südkorea imVergleich». auch diese arbeiten überzeugen durch ihr hohes wis-senschaftliches potenzial und die sorgfältige Beschäftigung mit

■ eugen trost | nadJa Jatsch

wer das diplom als religionspädagoge bzw. religionspädagoginoder das zertifikat «Kirchliche Jugendarbeit» am religionspäda-gogischen Institut rpI anstrebt, muss während der ausbildungs-zeit eine gruppendynamische Intensivwoche besuchen. dasrpI bietet dazu eine Intensivwoche «J+s Lagerleiterinnen- undLagerleitermodul sowie gruppendynamik» an. Im oktober 2010fand diese Intensivwoche unter der Leitung von eugen trost, do-zent für Kirchliche Jugendarbeit am rpI, und carole Imboden-deragisch, religionspädagogin rpI, in Lenk statt. die ausbil-dungsinhalte liegen im Bereich gruppen- und teamführung,Lager und outdoor-unternehmungen leiten mit schwerpunktLagersport/trekking. dazu gehört auch, dass die teilnehmendenden Kindern die freude am sport wecken können und ihneneinen respektvollen umgang mit der natur beibringen.

Eugen Trost ist Dozent, Nadja Jatsch ist Sekretärin am RPI.

der untersuchten materie. mit der ausschreibung eines preisesfür die beste maturaarbeit will das politikwissenschaftliche semi-nar Jugendliche für politische fragen sensibilisieren und auf dieBedeutung von staatsbürgerlichem engagement und politischerreflexion in unserem gemeinwesen hinweisen. zudem soll derdialog zwischen universität, schulen und Öffentlichkeit intensi-viert werden. das politikwissenschaftliche seminar wird die er-folgreiche preisausschreibung in den nächsten Jahren fortset-zen.

Die Preisträger Simon Knupfer, Matthias Schmuki und Fabian Takacs (vordere Reihe v.l.n.r.)mit Joachim Blatter und Sandra Lavenex vom Politikwissenschaftlichen Seminar.

Ergänzten die Theorie: Praktische Übungen in Gruppen- und Teamführung.

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■ eVa mertIns | chantaL VÖgeLI

darüber waren sich die ehemaligen austauschstudierenden derKultur- und sozialwissenschaftlichen fakultät (Ksf) der univer-sität Luzern sofort einig: «so einfach und billig kommst du niewieder ins ausland!» zugegeben, oslo und tasmanien geltennicht gerade als die preiswertesten regionen der welt. aber ma-tija nuic und ronny hoppeler, die dort jeweils ein semester stu-diert haben, sind trotzdem überzeugt, dass ein auslandsemesterwährend des studiums eine einmalig günstige und dabei unge-mein wertvolle erfahrung ist. ein auslandsaufenthalt heisst nichtnur, eine andere Lehr- und Lernkultur kennenzulernen, sondernauch, diese mit der eigenen Kultur vergleichen und gegebenen-falls feststellen zu können, dass man mit dem hier gelernten aufinternationalem spielfeld durchaus ganz vorne mithalten kann.das tut der Luzerner studentenseele gut und motiviert für dasstudium zu hause. es werden neue wissenschaftliche undfreundschaftliche Kontakte geknüpft, die in der regel auch überlange zeit nach dem aufenthalt anhalten und ein wiedersehen infernen Ländern versprechen. die persönliche weiterentwicklungwährend eines auslandsemesters ist enorm.

das europäische austauschprogramm erasmus sowie partner-ship-abkommen der universität Luzern mit aussereuropäischenuniversitäten machen dies alles möglich und sind vielen ein Be-griff, aber noch nutzen nur wenige studierende die gelegenheit,ein oder zwei semester an einer anderen universität zu studie-ren. deshalb organisierte die Ksf im vergangenen herbstsemes-ter 2010 einen Informationsabend «mobilität im studium». Vor-gestellt wurden zahlreiche austauschmöglichkeiten im In- undausland, darunter nicht nur die oben genannten «teuren pflas-ter», sondern auch eine der günstigsten hauptstädte europas:Berlin. Insbesondere stiessen jedoch die neuen abkommen mitpartneruniversitäten in Kanada, südkorea, Brasilien und Belgienauf grosses Interesse. Letzteres wurde sogar ad personam nachLuzern geholt: Lydia moret und delphine cattoir, Incoming-stu-dierende der partneruniversität ghent, gaben wertvolle Insider-tipps und begeisterten die Interessierten für ihre heimuniversi-tät.

Durch Mobilität Internationalisierung der eigenen Universitätauch das zentrale International relations office (Iro) beteiligtesich an der Informationsveranstaltung der Ksf. aus einer ge-samtuniversitären perspektive hat das Iro ein grosses Interessedaran, dass möglichst viele studierende der universität Luzernwährend ihres studiums ein austauschsemester im ausland(oder innerhalb der schweiz) unternehmen; dies aus verschiede-

nen gründen. aus strategischer sicht helfen eigene mobilitäts-studierende, die eigene universität zu internationalisieren. dieerfahrungen, welche die mobilitätsstudierenden im ausland ma-chen, fliessen indirekt auch in die eigene universitätskultur zu-rück. ehemalige mobilitätsstudierende zeigen oftmals eine neu-gierde und offenheit gegenüber vielen internationalen aspekteninnerhalb der eigenen universität – sei dies das Betreuen vonmobilitätsstudierenden in der eigenen universität, der Besuchenglischsprachiger Kurse an der universität Luzern oder daseinbringen anderer akademischer hochschulkulturen in den stu-diumsalltag.

aus einer eher pragmatischen sicht wiederum verfügt die univer-sität Luzern mittlerweile über ein weites netzwerk von partner-universitäten in europa, usa, australien und neu auch in asienund Kanada. es ist deshalb ein grosses anliegen des Iro, diesesangebot unter den eigenen studierenden noch bekannter zu ma-chen und somit auch vollständig zu nutzen. das grosse Interesseund das positive feedback der studierenden, welche an der Infor-mationsveranstaltung der Ksf teilgenommen haben, ermunternzu einer fortsetzung der Informationskampagne in den folgen-den semestern und lassen auf eine Konsolidierung der outgoing-zahlen auf hohem niveau hoffen.

Eva Mertins ist Dekanatsassistentin der KSF, Chantal Vögeli Leiterin desInternational Relations Office.

«so einfach und billig kommst du nie wieder ins ausland!»

rund 70 studierende aus allen studiengängen derBachelor- und masterstufe informierten sich am19. oktober 2010 über die zahlreichen austausch-möglichkeiten und partneruniversitäten in derschweiz, europa, australien, asien und Kanada.

– eine andere (Lehr- und Lern-)Kultur kennenlernen– eigene Kultur mit fremder Kultur vergleichen– fachwissen erweitern– neue wissenschaftliche und freundschaftliche Kontakte knüpfen– sich persönlich weiterentwickeln– eine neue sprache erlernen– reisen im gastland unternehmen

Nächster Anmeldeschluss: 15. März 2011www.unilu.ch/mobilitaet

SIEBEN GUTE GRüNDE FüR EIN AUSTAUSCHSEMESTER:

Insidertipps über die Partneruniversität Ghent von Lydia Moret und Delphine Cattoir.

PANORAMA

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36 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011PERSONELLES

■ domInIc KaegI

«man vergilt einem Lehrer schlecht, wenn man im-mer nur der schüler bleibt.» Ich bleibe lieber schü-ler, und nicht ohne stolz: der älteste noch amtie-rende.

mitte der 1980er-Jahre gab es Kreditpunkte nur fürdie mensa, prüfungsordnungen hatten das formatdIn a5, und Boris Becker gewann zum ersten malwimbledon. das heidelberger philosophische semi-nar (heidelberg bei Leimen) galt auch nach der Ärahenrich als eine erste adresse, in badischer Kon-kurrenz mit Konstanz und dem unvermeidlichenfreiburg, international renommiert durch gadamer,der noch Vorlesung hielt, souverän, stoffsicher,prägnant selbst in der abschweifung, mit der Bitteum nachsicht, schliesslich sei er «keine achtzigmehr».

gadamer las auf dem «center court» der universi-tät, im legendären hörsaal 13. auf einem der ne-benplätze verdiente sich ein junger privatdozentsein publikum. In überschaubarer zahl zunächst,20, vielleicht 30 studierende; davon ein kleinerstamm «philosophen». Von enno rudolph wusstenwir nicht viel, dozent ist dozent. es hiess, er wärekein reiner philosoph – was er in der tat nie gewe-sen ist –, sondern eigentlich theologe, picht-schü-ler, denn auch Lehrer haben Lehrer, und ausser-dem mit carl friedrich von weizsäcker bekannt.

aber zunft und herkunft spielten in den seminarenund Vorlesungen keine rolle. uns faszinierte dieLeidenschaft, mit der rudolph lehrte, diskutierte,erklärte. Ich erinnere keine stunde, in der er vomBlatt gelesen hätte, permanent war er in Bewe-gung, als gäbe es Kilometergeld. Vor allem aberspürte man, dass ihm die texte etwas bedeuteten,platon, aristoteles, Leibniz, Kant, selbst hegel, unddass er nicht standpunkte vermitteln wollte, son-dern den sinn für Komplexität, für argumentativesniveau, auch für die ästhetische Qualität philoso-phischer sprache(n) und sprachbildung. stillosig-keit ist in der philosophie immer ein gegenargu-ment, wie rudolph mit Vorliebe an heideggerdemonstrierte, auch an husserl. In husserltäuschte er sich zwar, das aber redlich. «protentio-nen, retentionen, Intentionen – sie sehen, ichgebe mir mühe.» eloquent war er damals schon, soblieb man dabei, so blieb ich dabei.

Jedenfalls sind sie nicht mein part. zu nennenwäre an chronologisch erster stelle das prorektoratin der schwierigen phase unmittelbar nach neu-gründung der universität (2001–2003). als prode-kan und dekan (2001–2005) hat rudolph zugleichden aufbau der heutigen Kultur- und sozialwissen-schaftlichen fakultät massgeblich geprägt. es gingdamals nicht schon um Konsolidierung, sondernum existenzsicherung. dass der fortbestand derfakultät vom angebot innovativer studienmodelleabhängen würde, zeigte sich erst im nachhinein.2003, bei einführung der integrierten studiengänge«socom» und «Kulturwissenschaften», war eseine entscheidung auf Konzept, die rudolph –nicht alleine, versteht sich – aber in führender po-sition mitverantwortet und durchgesetzt hat. erwar studiengangleiter des kulturwissenschaftli-chen studiengangs, Leiter des ebenso erfolgrei-chen wie profilträchtigen ndK «philosophie undmanagement»; das startkapital von immerhin200 000 franken für den weiterbildungskurs «phi-losophie und medizin» ist seine – letzte – einwer-bung.

sprechen wir nicht über geld. rudolphs masterpro-jekt wurde das Kulturwissenschaftliche Institut:2002 gemeinsam mit aram mattioli gegründet,sollte es einem interdisziplinären programm die-nen, das den eigenanspruch der fächer – hier: phi-losophie und geschichte – verbindet mit der Be-reitschaft, voneinander zu lernen. fachkompetenzund fächerkomplementarität, auch dies zu Beginnein experiment. dass es gelingen könnte, ver-sprach die Initialtagung im februar 2003 in florenzund in zusammenarbeit mit der universität flo-renz: deutsch-italienische perspektiven auf die re-

schritt zu halten, fiel schwer, nicht nur anfangs.denn mit derselben Intensität, mit der rudolphlehrte, lancierte er projekte. den ehrgeiz, ihn intel-lektuell einzuholen, hatte ich nie – zwanzig JahreVorsprung bauen sich in der philosophie nicht ab.um sein arbeitstempo und seine produktivität da-gegen konnte man ihn nur beneiden. hinzu kam dieseltene gabe, Leute zusammenzubringen, syner-gien zu erzeugen, manchmal auch zu provozieren.das ging in der überwiegenden mehrzahl der fällegut, aus dem rest ist noch immer ein leidlich inte-ressanter tagungsband entstanden.

mit der adrema wuchs die agenda, und umgekehrt.heute würde man «Vernetzung» sagen, es warenjedoch oft mehr als bloss Kontakte: freundschaf-ten, auch solche, denen der tod ein viel zu frühesende setzte, heinz dieter Kittsteiner, franco Volpi,jüngst John michael Krois.

mit Krois gehörte rudolph 1993 zum gründungs-vorstand der cassirer-gesellschaft, bereits im Jahrzuvor startete auf Initiative des metzler-Verlags die«Internationale zeitschrift für philosophie»; 17Jahrgänge, für eine fachzeitschrift auf notorischfinanzschwachen märkten ein biblisches alter, be-treute rudolph als herausgeber, per anno zwei the-menhefte in Buchstärke, neben den sonstigen pu-blikationen. deren Liste ist lang. dass die selbst-verschuldete unmüdigkeit auch ihren tributverlangte, merkte man nicht, wenn man es nichtwusste.

am 31. Januar 2011 wurde enno rudolph – seit2000 ordinarius an der universität Luzern – emeri-tiert. für würdigungen war zuletzt nicht die zeit.

how I met my teacher –emeritierung von enno rudolph

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zeption des totalitarismus in den geistes- und so-zialwissenschaften nach 1945. das cassirer-symposion im Juni 2010 über «Kultur undgeschichte», diesmal in Kooperation mit der uni-versität sorbonne, nahm rudolph selbst als eineart schlussrunde wahr. zwischen florenz und parislag eine serie weiterer tagungen und workshops,dokumentiert in mittlerweile neun Bänden der seit2004 bei orell füssli erscheinenden Institutsreihe«Kultur – philosophie – geschichte». Im druck be-findet sich ein sammelband zur «Identität euro-pas», die rudolph als gutachter für die europeancommission auch von innen kennenlernte, nach-dem er seinerseits ein kompliziertes auswahlver-fahren durchlaufen hatte – «the selection of ex-perts is a very delicate exercise», verlautete esaus Brüssel.

ohne Vollständigkeit: Bereits aus den genanntenfunktionen und aktivitäten spricht eine enormeenergieleistung, zwei langfristige snf-projekte, die

«Bildverlust»-reihe in Verbindung mit der stiftungLucerna oder die Beteiligung sowohl am universitä-ren forschungsschwerpunkt wie am prodoc «textund normativität» nicht eingerechnet.

dabei war rudolph kein solist, konnte er nicht sein– mehr als 24 stunden zählt der tag auch in Luzernnicht. sekretariat, hiwis, assistenten hatten ihrenanteil. und man kennt rudolph nur oberflächlich,wenn man ihn nicht aus gemeinsamen arbeitskon-texten kennt: ein teamspieler, frei von chefallürenund dünkel, offen für Kritik, offen in der Kritik, for-titer in re, und wo er es nötig fand, auch in modo.das mochte bisweilen zu missverständnissen undunvernehmen führen; auseinandersetzungen hatrudolph weder gesucht noch gescheut. sie muss-ten der sache dienen, unduldsam wurde er nur beischeingefechten und als Kompromissbereitschaftdrapiertem desengagement. aber von Konfliktenzu reden, ist hier nicht der ort. sie kommen in denbesten fakultäten vor und können eine Institution,

solange sie sich als Kollektiv begreift, voranbrin-gen. In der person rudolphs verliert die Ksf einenihrer most valuable players. umso mehr wäre ihr zuwünschen, dass sie sich den typ «rudolph» auchzukünftig zutraut. den typ eines Vorkämpfers,eines aggressive leaders im stile van Bommelsoder besser noch effenbergs, der Brillanz undmannschaftsdienlichkeit vereinigt.

was mich betrifft: abschlüsse gibt es in der philo-sophie ohnehin nicht, ausser im prüfungstechni-schen sinne. aber es gibt zäsuren, die nachwirken,auch persönlich. wie gesagt, ich bleibe lieberschüler.

Dominic Kaegi ist Fachstudienberater am Kulturwissen-schaftlichen Institut.

PERSONELLES

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38 UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011PERSONELLES

sandra Lavenex präsidiert die schweizerischeVereinigung für politikwissenschaft

■ erIch aschwanden

die schweizerische Vereinigung für politikwissenschaft (sVpw) hat an ihrergeneralversammlung sandra Lavenex zu ihrer neuen präsidentin gewählt. diewahl bedeutet für sandra Lavenex eine grosse anerkennung für ihre bisherigearbeit als politikwissenschaftlerin in forschung und Lehre. Insbesondere ist esauch eine würdigung für den aufbau des jüngsten seminars für politikwissen-schaft in der schweiz an der universität Luzern. Lavenex wirkt seit 2006 alsordentliche professorin für politikwissenschaft mit schwerpunkt Internatio-nale Beziehungen und global governance in Luzern.die sVpw ist die wissenschaftliche fachvereinigung der politikwissenschaftlerund zählt rund tausend mitglieder. mit sandra Lavenex wird die Vereinigungzum ersten mal von einer frau präsidiert. zudem ist sie die jüngste präsidentinin der sVpw-geschichte. In ihrer dreijährigen amtszeit will die Luzerner politik-wissenschaftlerin die seit der Bologna-reform in der schweiz neu entstande-nen politikwissenschaftlichen masterstudiengänge dokumentieren und eva-luieren. ein zweiter schwerpunkt soll die förderung des wissenschaftlichennachwuchses sein. zudem will Lavenex als sVpw-präsidentin die sichtbarkeitder politikwissenschaftlichen forschung in der schweiz erhöhen und die Kom-munikation der forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit verstärken.Erste Frau im Amt und jüngste Präsidentin der SVPW: Sandra Lavenex.

Jahresschlussessen 2010der rechtswissenschaftlichen fakultätam donnerstag, 16. dezember 2010, lud die rechtswissenschaftliche fakultät (rf) zum traditionellenJahresschlussessen mit vorgängigem gedankenaustausch mit ihren Lehrbeauftragten ein.dieses mal war der anlass ein besonderer, weil die fakultät mit ass.-prof. dr. iur. silvia Bucher undprof. dr. iur. paul richli zwei langjährige mitglieder verabschiedete.

■ marceL amreIn

silvia Bucher verlässt die universität Luzern nach fünfjähriger Lehr- und for-schungstätigkeit im sozialversicherungsrecht. gabriela riemer-Kafka würdigteihre fachkollegin als stille schafferin, die eine spürbare Lücke im Luzeso (Lu-zerner zentrum für sozialversicherungsrecht) hinterlassen werde.paul richli ist seit august 2010 rektor der universität Luzern. noch bis endedes herbstsemesters war er gleichzeitig ordinarius an der rf, der er auch alsgründungsdekan von 2000 bis 2005 vorstand. richli ist zudem ein ausgewie-sener Kenner des italienischen fussballs und bekennender fan der ac milan.dekanin regina aebi-müller stellte deshalb neben seinem unermüdlichen ein-satz zugunsten der rf den fussball in den mittelpunkt ihrer Laudatio. sie ver-glich richli mit filippo Inzaghi, der nummer 9 der «rossoneri», der immer wie-der wichtige tore erzielt. auch die rf konnte dank paul richli seit ihrergründung wichtige «treffer» verbuchen. dazu gehören zahlreiche hervorra-gende Berufungen, eine solide Bachelor-grundausbildung, das breit gefächertemasterprogramm, die erfreuliche entwicklung der studierendenzahlen sowieviele positive rückmeldungen aus der arbeitswelt. Silvia Bucher wurde nach fünfjähriger Lehr- und Forschungszeit verabschiedet.

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39UNILU AKTUELL· AUSGABE NR. 35 · FEBRUAR 2011 PERSONELLES

«paul richli ist ein ‹glücksfall für Luzern›»

eine Überraschung der besonderen art erhieltrektor paul richli zu seinem 65. geburtstag.eine über 900-seitige festschrift ehrt den Jubilar,der noch lange nicht an den ruhestand denkt.

■ erIch aschwanden

die gästeschar, die sich am abend des 21. Januar im «union»traf, war hochkarätig. schliesslich war der anlass, zu dem dierechtswissenschaftliche fakultät und der dike Verlag luden, einganz besonderer. rektor und gründungsdekan paul richli feierteseinen 65. geburtstag und durfte aus diesem anlass die fest-schrift «auf der scholle und in lichten höhen» entgegennehmen,die von martina caroni, sebastian heselhaus, Klaus mathis undroland norer herausgegeben wurde. umrahmt wurde der anlassvon michal Koebel, cello, und Lindsay Buffington, harfe. der ein-zige, der im Vorfeld im wahrsten sinne nicht wusste, was hiergespielt wurde, war das geburtstagskind. unter sanftem zwangseiner gattin therese hatte paul richli eine crus-sitzung vorzei-tig verlassen, immerhin ahnend, dass ein besonderes ereignis imzusammenhang mit seinem eintritt ins offizielle rentenalter be-vorstand.

sowohl dekanin regina aebi-müller in ihrer Begrüssungsadressewie auch Bildungsdirektor anton schwingruber in seiner Laudatiomachten klar, dass die Übernahme des rektoramtes den Jubilargewissermassen in eine neue umlaufbahn geschossen hatte.schwingruber verglich die Bedeutung paul richlis für die univer-sität Luzern mit derjenigen von erasmus von rotterdam für dieuniversität Basel, von der man den gefeierten vor zehn Jahrenabgeworben hatte. «paul richli ist ein ‹glücksfall für Luzern›»,erklärte schwingruber. roland norer als mitherausgeber der fest-

schrift erkannte dem geburtstagskind die spezielle gabe des«hamur» zu, was wienerisch ist und mit «humor» nur unzurei-chend zu übersetzen ist. was norer alles unter dem Begriff «ha-mur» subsumierte, trifft jedenfalls ziemlich exakt auf paul richlizu. werner stocker, Verleger sowie geschäfts- und Verlagsleiterdike Verlag, war es vorbehalten, dem strahlenden geburtstags-kind die über 900-seitige festschrift zu übergeben.

paul richli seinerseits machte seinem ruf, omnipräsent zu sein,alle ehre. In wenigen minuten schaffte er in seiner dankesad-resse eine tour d’horizon, die von Bern über Basel nach Luzernführte, inklusive eines ausflugs auf die rigi mit gestochen schar-fen iphone-Bildern. mit einem gemütlichen apéro klang die gelun-gene geburtstagsfeier locker aus.

Geburtstagskind Paul Richli im Kreis der Herausgeber der Festschrift:Sebastian Heselhaus, Martina Caroni, Paul Richli, Klaus Mathis, RolandNorer (v.l.n.r.).

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Informations-AbendeKultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultätdienstag, 22. märz 2011

Rechtswissenschaftliche Fakultätmittwoch, 23. märz 2011

Theologische Fakultätdonnerstag, 24. märz 2011 www.unilu.ch /master

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