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UNIVERSITÄT REGENSBURG Institut für Physikalische und Theoretische Chemie Prof. Dr. B. Dick PRAKTIKUM PHYSIKALISCHE CHEMIE (Spektroskopie) Infrarot-Absorption 1 Beschreibung der Geräte 1.1 Strahlengang Das verwendete Infrarot-Absorptionsspektrophotometer ist ein sog. Zweistrahlgerät. (Abb. 1) Die Strahlung der Lichtquelle (1) wird in zwei Teile zerlegt: Ein Teil wird über die Spiegel (2) und (4) durch die Probe (6) geschickt (Probenstrahl), der andere läuft über die Spiegel (3) und (5) und durch eine Vergleichsküvette (7) (Vergleichsstrahl). Über die beiden Hohlspiegel (10) und (11) erreichen Proben- und Vergleichsstrahl den rotierenden Sektorspiegel (12), der so an- geordnet ist, dass er abwechselnd den Probenstrahl bzw. den Vergleichsstrahl zum Spiegel (13) durchläßt. Die von (13) ausgehenden Strahlen treten nun durch das Filter (14) in den sog. Monochromator. Dieser besteht aus dem Eintrittsspalt (15), den Spiegeln (16) und (17), dem Reflexionsgitter (18) und dem Austrittsspalt (19). Die den Monochromator verlassende IR- Strahlung gehört je nach Stellung des Gitters zu verschiedenen schmalen Wellenzahl-Inter- vallen zwischen 4000 und 600 cm -1 (λ = 2,5 - 16,7 µm). Sie gelangt über die Spiegel (20) und (21) auf den Thermoelement-Empfänger (22). Der Strahlengang wird durch Spiegel dirigiert, weil die üblichen optischen Materialien, z. B. Glaslinsen, im hier verwendeten Spektralbereich stark absorbieren.

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UNIVERSITÄT REGENSBURG Institut für Physikalische und Theoretische Chemie

Prof. Dr. B. Dick

PRAKTIKUM PHYSIKALISCHE CHEMIE

(Spektroskopie)

Infrarot-Absorption

1 Beschreibung der Geräte 1.1 Strahlengang Das verwendete Infrarot-Absorptionsspektrophotometer ist ein sog. Zweistrahlgerät. (Abb. 1) Die Strahlung der Lichtquelle (1) wird in zwei Teile zerlegt: Ein Teil wird über die Spiegel (2) und (4) durch die Probe (6) geschickt (Probenstrahl), der andere läuft über die Spiegel (3) und (5) und durch eine Vergleichsküvette (7) (Vergleichsstrahl). Über die beiden Hohlspiegel (10) und (11) erreichen Proben- und Vergleichsstrahl den rotierenden Sektorspiegel (12), der so an-geordnet ist, dass er abwechselnd den Probenstrahl bzw. den Vergleichsstrahl zum Spiegel (13) durchläßt. Die von (13) ausgehenden Strahlen treten nun durch das Filter (14) in den sog. Monochromator. Dieser besteht aus dem Eintrittsspalt (15), den Spiegeln (16) und (17), dem Reflexionsgitter (18) und dem Austrittsspalt (19). Die den Monochromator verlassende IR-Strahlung gehört je nach Stellung des Gitters zu verschiedenen schmalen Wellenzahl-Inter-vallen zwischen 4000 und 600 cm-1 (λ = 2,5 - 16,7 µm). Sie gelangt über die Spiegel (20) und (21) auf den Thermoelement-Empfänger (22). Der Strahlengang wird durch Spiegel dirigiert, weil die üblichen optischen Materialien, z. B. Glaslinsen, im hier verwendeten Spektralbereich stark absorbieren.

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11 2022

21

19

18

17

14

1613

97

5

3

21

46

Monochromator

Pro

benr

aum

8

1 Strahlungsquelle (Ni-Cr-Spirale)

ebene Spiegel

Hohlspiegel

Probe

100 %-Abgleich Eintrittsspalt

Sektorspiegel Austrittsspalt

Meßblende Gitter

Filter Thermoelement

evtl. Vergleichsküvette

6

12

8 15

7

14

9 18

19

22

2, 3, 13, 16, 20

4, 5, 10, 11, 17, 21

12

10

15

Abb. 1: Schematischer Strahlengang im IR-Spektrophotometer AccuLab 4 (Beckman) 1.2 Signalverarbeitung Je nach Stellung des Sektorspiegels (12) trifft der durch den Monochromator ausgesonderte Teil φ0 der Strahlungsleistung des Referenzstrahls oder der entsprechende Teil φ der durch die Probe (6) geschwächten Leistung des Probenstrahls auf das Thermoelement (22). Die auf (22) ankommende Strahlungsleistung wird deshalb einen zeitlich periodischen, etwa trapezförmi-gen Verlauf haben, siehe Abb. 2a. Die Rotationsgeschwindigkeit von (12) ist so auf die Ein-stellzeit (Zeitkonstante des relativ trägen Thermoelementes) von (22) abgestimmt, dass die Schwankungen der Strahlungsleistung vom Thermoelement ohne Verzerrung in entsprechen-de Stromschwankungen umgesetzt werden. Da das Thermoelement relativ unempfindlich ist, können dem Detektorstrom mehr oder minder große Rausch- bzw. Driftströme überlagert sein (Abb. 2b). Ein spezieller sog. "Lock-In"-Verstärker filtert das etwa trapezförmige Signal aus dem statis-tischen Rauschen des Detektorstroms heraus, verstärkt es und richtet es gleich. Mit dem gleichgerichteten Signalstrom wird ein Servomotor gesteuert, der die Messblende (9) im Ver-gleichsstrahl so weit schließt, dass die Strahlungsleistungen von Proben- und Vergleichsstrahl gleich groß werden. Mit der Stellung der Messblende (9) ist die Ordinatenstellung der Schreibfeder gekoppelt. Diese zeigt daher die Durchlässigkeit T = φ/φ0 (= Transmission) der Probe im entsprechenden Wellenzahlintervall an. Eine im Probenstrahl angebrachte Blende (8) mit veränderlicher Durchlässigkeit dient dazu, die Strahlungsleistungen in Proben- und Vergleichsstrahl ohne (6) und (7) abzugleichen.

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Die beschriebene Messung von T im Zweistrahlverfahren mit optischem Nullabgleich hat den Vorteil, dass die Wellenzahlabhängigkeit der von der Lichtquelle emittierten Strahlungsleis-tung und die spektrale Empfindlichkeit des Thermoelements sowie das nicht-lineare Arbeiten des Lock-In-Verstärkers auf das Messergebnis praktisch keinen Einfluss haben.

φ0

φ0

φ

φ

t

t

a

b

Abb. 2: Ideales (a) und verrauschtes (b) periodisch moduliertes Signal des Thermoelements 1.3 Fourier-Transformations-Infrarot-(FT-IR)-Spektrophotometrie In herkömmlichen Spektrophotometern (Abb. 1) erfasst der Detektor zu einer bestimmten Beobachtungszeit nur einen sehr schmalen Wellenlängen- bzw. Wellenzahlbereich des Spek-trums der Lichtquelle, der allergrößte Anteil der bereit ge-stellten Energie geht verloren. Die-se Verschwendung soll beim Fourier-Transformations- (FT)-Verfahren vermieden werden: Hier treffen während der gesamten Messzeit alle Wellen-längen (-zahlen) gleichzeitig den Detektor. Das FT-Verfahren beruht auf der Interferenz von Lichtwellen, die im Strahlengang des Gerä-tes verschieden lange Wege zurückgelegt haben. Die übliche Messanordnung der FT-Spektro-photometrie ist die des Interferometers nach Michelson (Abb. 3). Die gesamte Strahlung der Lichtquelle L trifft unter ca. 45° auf den "Strahlteiler" B, einen teildurchlässigen Spiegel, der im Idealfall bei allen Wellenlängen genau die Hälfte der auftreffenden Strahlung reflektiert und die andere Hälfte durchlässt. Die reflektierte Strahlung trifft senkrecht auf den Spiegel S1 und wird in sich selber zurückgeworfen; die durchgelassene Strahlung wird am Spiegel S2 re-

L P

D

B

S1

S2

Abb. 3: Michelson-Interferometer

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flektiert. Die von S1 und S2 reflektierten Strahlenbündel kommen zurück zum Strahlteiler B; dort wird die Hälfte der von S1 zurückkommenden Strahlung zum Detektor D durchgelassen, die in Richtung L reflektierte Hälfte geht verloren. Von der von S2 kommenden Strahlung wird die Hälfte zu D reflektiert; hier geht die durchgelassene Hälfte verloren. Sind die Licht-wege B − S1 und B − S2 genau gleich lang, dann interferieren die von den Spiegeln zurückkeh-renden Wellen konstruktiv, Der Detektor D erhält ein intensives Signal. Unterscheiden sich die Lichtwege B − S1 und B − S2 um ein Viertel der Lichtwellenlänge λ, dann findet destruk-tive Interferenz statt, D erhält kein Signal. Verschiebt man nun S2 periodisch mit geeigneter Geschwindigkeit in und entgegen der Aus-breitungsrichtung des von B kommenden Lichts, dann erhält man an D für jede Wellenlänge λ ein sinusförmiges Signal, dessen Frequenz von λ und der Frequenz der periodischen Bewe-gung von S2 abhängt. D zeichnet eine Überlagerung dieser Signale für alle von L kommenden Wellenlängen als "Interferogramm" auf. Wenn im Spektrum von L bestimmte Wellenlängen fehlen, die durch eine zwischen L und B oder zwischen B und D aufgestellte Probe P absor-biert worden sind, erhält man ein anderes Interferogramm als ohne die Probe P. Auf mathe-matischem Wege, durch "Fourier-Zerlegung", kann ein Interferogramm in die von verschie-denen Wellenlängen herrührenden Sinusanteile zerlegt werden. Bei dem hier verwendeten FT-IR-Gerät (IFS-25 der Fa. Bruker) wird durch Vergleich der Fourier-Zerlegungen der ohne und mit Probe P registrierten Interferogramme rechnerisch das Absorptionsspektrum der Probe ermittelt. 2 Probenherstellung Entsprechend den verschiedenen Erscheinungsformen der zu messenden Substanzproben (fest, flüssig, gasförmig) gibt es verschiedene Präparationsmethoden. Die Transmission einer Probe ist:

T = φ / φ0 = 10 -ε ⋅ c ⋅ d

d = Dicke der absorbierenden Schicht, c = Konzentration des absorbierenden Stoffes, ε = molarer dekadischer Extinktionskoeffizient. 2.1 Gase Gase werden in Gasküvetten gefüllt. Wegen der geringen Konzentration der Moleküle im Gas (c klein) muss die Küvette ziemlich lang sein (d groß), um eine messbare Absorption zu er-reichen. Die üblichen Gasküvetten sind 5 oder 10 cm lang. Zur Spurenanalyse in Gasen wer-den spezielle Langweg-Gasküvetten verwendet, in denen der Probenstrahl mit geeignet ange-ordneten Spiegeln mehrmals durch das Gas geschickt wird. Man erreicht so wirksame Schichtdicken bis zu 10 m. 2.2 Flüssigkeiten In Flüssigkeiten ist die Konzentration der Moleküle so groß, dass man mit sehr kleinen Schichtdicken zwischen etwa 10µm und 1mm arbeiten muss. Da ein Hauptziel der IR-Spek-troskopie darin besteht, die genaue Wellenzahl von Transmissionsminima zu ermitteln, sind in den Spektren größere Wellenzahlbereiche, in denen die Transmission T ≈ 0 angezeigt wird (im Laborjargon "Plattfüße"), nach Möglichkeit zu vermeiden.

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2.2.1 Küvetten für Messungen im IR-Bereich Diese Küvetten bestehen aus 2 Platten NaCl, KBr oder einem anderen für IR-Strahlung durch-lässigen Material. (Glasküvetten sind nicht geeignet.) Mit einem Distanzring der entsprechen-den Dicke bilden sie den Küvettenraum. Dieser wird von einem Stahlrahmen zusammenge-halten. Die dünnsten käuflichen IR-Küvetten weisen Schichtdicken von etwa 25 µm auf. In leerem Zustand kann man an Küvet-ten mit Distanzringen die genaue Schichtdicke durch Interferenzmessung bestimmen. Durch Mehrfachreflexionen an den Innenflächen entstehen Transmissionsmaxima, wenn 2d = n . λ ist (d = Dicke, n = ganze Zahl, λ = Wellenlänge, ν = 1/λ). Damit lässt sich die Küvettendicke d bestimmen:

d = 12

12

21

1121

ννλλ

−=

mm

m ist die Anzahl der zwischen λ1 und λ2 bzw. 1ν und 2ν (ν = Wellenzahl) durchlaufenen Interferenzordnungen (bei der Ermittlung von m ist von den beiden Maxima bei 1ν und 2ν nur eines zu zählen!). Wichtige Hinweise: Da die Fenster von IR-Küvetten aus wasserlöslichem Material bestehen, dürfen sie auf keinen Fall mit Wasser oder wasserhaltigen Lösungsmitteln in Berührung kommen. IR-Küvetten werden mit Injektionsspritzen oder Pasteur-Pipetten gefüllt, entleert durch Aus-blasen mit Stickstoff. 2.2.2 Filme Molekülschwingungen, die mit relativ großen Dipolmomentsänderungen einhergehen (= star-ke IR-Absorption), z. B. die C=O-Valenzschwingung von Carbonylverbindungen, liefern oft noch in den dünnsten handelsüblichen Küvetten "Plattfüße". Für die Wellenzahl des Absorp-tionsmaximums kann man dann (als Notbehelf) das arithmetische Mittel zwischen beiden Wellenzahlen nehmen, bei denen T = 0 erreicht bzw. verlassen wird. Es ist auch möglich, Kü-vetten mit kleineren Schichtdicken zu verwenden. Dazu bringt man einen oder wenige Trop-fen der Flüssigkeit auf eine NaCl-Platte und legt eine zweite NaCl-Platte darauf. Aufgrund ihrer Oberflächenspan-nung bildet die Flüssigkeit dann einen dünnen Film zwischen den Plat-ten. Die Dicke dieses Films lässt sich nur in geringem Ausmaß durch die Kraft beeinflussen, mit der man die Platten in ihrem Stahlrahmen zusammendrückt. Im wesentlichen ist die Dicke durch die Menge der eingesetzten Flüssigkeit sowie durch ihre Zähigkeit und Oberflächen-spannung gegeben. Hat man einen Film präpariert, dessen Spektrum "Plattfüße" zeigt, dann nimmt man am bes- ten die beiden NaCl-Platten auseinander, reinigt eine von beiden (durch Abwischen mit einem Papiertuch) und setzt dann die beiden Platten wieder zusammen. Somit hat man die Flüssig-keitsmenge, die den Film bildet, ungefähr halbiert. Problematisch ist die Film-Präparationstechnik bei leichtflüchtigen Substanzen. Da während der Messung eines IR-Spektrums die Probe dauernd mit IR-(Wärme !)-Strahlung bestrahlt wird, kann die Flüssigkeit unter Umständen bereits verdampft sein, ehe die Registrierung des Spektrums beendet ist.

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2.2.3 Lösungen Statt das Spektrum einer reinen Flüssigkeit als Probe zu messen, kann man diese flüssige Sub-stanz auch in einem geeigneten Lösungsmittel lösen und diese Lösung messen. (Dasselbe ist selbstverständlich auch mit Lösungen fester Substanzen möglich.) Absorbiert das Lösungs-mittel nicht allzu stark (T > ∼10%), so kann man dessen Absorptionsbanden mit einer Küvette gleicher Dicke im Vergleichsstrahl, die reines Lösungsmittel enthält, herauskompensieren. In Spektralbereichen, in denen bei der gewählten Schichtdicke das Lösungsmittel praktisch alle IR-Strahlung absorbiert, enthält das Spektrum dann keine Informationen. Der Detektor des IR-Spektrometers empfängt in diesen Bereichen weder aus dem Mess- noch aus dem Ver- gleichsstrahlengang ein Signal. Um mit einer Substanz IR-Messungen durchzuführen, ist es in mindestens zwei Fällen sinn-voll bzw. erforderlich, sie zu lösen. Zum einen, wenn die Substanz für die Messung als Film zu flüchtig ist. Andererseits, wenn man den Einfluss benachbarter gleichartiger Moleküle auf die Molekülschwingungen des interessierenden Stoffes ausschalten oder vermindern will, z. B. bei Stoffen, deren Moleküle über H-Brücken assoziieren. Allerdings muss man in Spek-tren von Lösungen stets damit rechnen, dass Absorptionsbanden des gelösten Stoffes wegen Eigenabsorption des Lösungsmittels nicht angezeigt werden. Um das vollständige Spektrum eines gelösten Stoffes kennenzulernen, müssen daher wenigstens 2 Spektren von Lösungen mit solchen Lösungsmitteln aufgenommen werden, deren Eigenabsorptionsbereiche nicht zusammenfallen. 2.3 Feste Substanzen Zur Messung der IR-Spektren fester Substanzen werden diese meist in mikrokristalliner Form als Presslinge mit z.B. KBr oder Polyethylen als Einbettungsmaterial, zuweilen auch als Sus-pension in geeigneten Suspensionsmitteln präpariert. 2.3.1 Kaliumbromid-Presstechnik Etwa 1 bis 3 mg Substanz werden mit 200 - 300 mg KBr-Pulver (gut getrocknet im Trocken-schrank oder Exsikkator) in einem Achatmörser verrieben. Je feiner die Substanz im KBr ver-teilt wird, desto geringer sind die Strahlungsverluste durch Streuung. Das Gemisch wird in die Pressform gegeben und die zusammengesetzte Pressform unter der hydraulischen Presse nach ausreichendem Evakuieren ca. 1 Minute lang mit 10 Tonnen/cm² belastet. Anschließend wird die Presse entlastet und der Pressling aus dem Presswerkzeug herausgedrückt. Bitte achtgeben, dass die polierten Flächen der Pressform nicht mit den Fingern berührt oder zerkratzt werden. Nähere Einzelheiten sind in den Betriebsanleitungen für Presse und Press-werkzeug zu finden (s. Abb. 4). Hat man in einem KBr-Pressling so viel Substanz verarbeitet, dass sein Spektrum "Plattfüße" zeigt, dann zerschlägt man den Pressling, pulverisiert ein Bruchstück von geeigneter Größe (der Rest des ursprünglichen Presslings wird verworfen), ergänzt mit KBr auf 200 - 300 mg und stellt einen neuen Pressling her. KBr ist hygroskopisch. Wenn die Herstellung des Presslings zu lange dauert, wird atmosphä-rischer Wasserdampf am Pulvergemisch adsorbiert, und man beobachtet eine breite OH-Va-lenzschwingungsbande bei 3300 - 3400 cm-1 ("Wasserbauch"). Bei manchen stark hygros-kopischen Substanzen, z. B. anorganischen Salzen, ist dieses Phänomen ohne besondere Vor-sichtsmaßnahmen kaum zu vermeiden.

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Abb. 4: KBr-Presswerkzeug, zerlegt

2.3.2 Polyethylen-PE-Presslinge Diese PE-Presslinge werden analog wie KBr-Presslinge hergestellt. Das Mischungsverhältnis Substanz : PE muss ausprobiert werden. Die typische PE-Menge ist ca. 20 mg, von einfachen anorganischen Salzen mit mehratomigen IR-aktiven Ionen braucht man ca. 10 mg. Beim Zer-reiben im Achatmörser kann sich PE statisch aufladen − es hat sich bewährt, PE-Pulver mit fein zerriebenem Salz im Schnappdeckelglas zu mischen. 2.3.3 Suspensionen Eine Spatelspitze der Substanz wird mit einigen Tropfen des Suspensionsmittels, z.B. flüssi-gem Paraffin (Nujol), entweder im Mörser oder besser zwischen 2 aufgerauhten Glasplatten sorgfältig verrieben. Die milchige Paste wird mit einem Spatel oder (noch besser) einer Ra-sierklinge auf eine NaCl-Platte übertragen. Das Spektrum der Suspension wird gemessen wie in Kap.2.2.2 beschrieben. Dieses Spektrum enthält natürlich die Absorptionsbanden des Sus-pensionsmittels, häufig sogar wegen des durch die Feststoffpartikel bedingten größeren Ab-standes zwischen den NaCl-Platten als "Plattfüße". In diesen Bereichen erhält man daher kei-ne Information über die Absorption der suspendierten Substanz. Um das vollständige Spek-trum einer suspendierten Substanz zu ermitteln, müssen also wiederum Spektren mit Suspen-sionsmitteln verschiedener Eigenabsorption gemessen werden. Erscheint im Spektrum einer Suspension eine nicht vom Suspensionsmittel herrührende Ab-sorptionsbande als "Plattfuß", dann muss man beide NaCl-Platten reinigen und die Suspen-sion mit einem größeren Anteil an Suspensionsmittel neu präparieren. 2.4 Reinigung Bei leicht flüchtigem Inhalt ( Kp < 100°C) genügt zur Reinigung einer Küvette Ausblasen mit Stickstoff, evtl. mit anschließender Geruchskontrolle. Bei schwerer flüchtigem Inhalt füllt man die Küvette nach dem ersten Leerblasen mit einem geeigneten trockenen, leicht flüchti-gen Lösungsmittel (häufig wird Chloroform gewählt), bläst wieder leer und wiederholt diesen Vorgang noch ein- oder zweimal. NaCl-Platten werden mit Papiertuch, evtl. mit geeignetem Lösungsmittel befeuchtet, abgewischt. Vorsicht beim Abwischen von Suspensionen! Der

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Feststoffanteil kann die nicht sehr harte NaCl-Oberfläche zerkratzen. Für die bei der Herstel-lung von KBr-Presslingen mit KBr und Substanz in Berührung gekommenen Teile (Spatel, Achatmörser, Pistill, Trichter, Pressform, Stempel) genügt meistens Abwischen mit trocke-nem Papiertuch. 3 Messprogramm und Auswertung Während des Praktikums sollen IR-Spektren aufgenommen werden, und zwar von

• Filmen von Flüssigkeiten zwischen Alkalihalogenid-Fenstern (zwei Substanzen),

• Küvetten verschiedener Dicke gefüllt mit Flüssigkeiten (zwei Küvettendicken) und

• KBr-Presslingen (zwei Substanzen) Hinweis: Die jeweiligen Substanzen werden vom Praktikumsassistenten ausgegeben. Die registrierten Spektren sollen so ausgewertet werden, dass möglichst viele Absorptions-banden bzw. Absorptionspeaks den Schwingungsformen charakteristischer Atomgruppen zu-geordnet werden. Die Auswertung soll in Tabellenform erfolgen. Die Zuordnungen müssen begründet werden. Hinweis: Verwenden Sie bei der Zuordnung der Absorptionspeaks die anhängenden Tabellen und/oder die angegebenen Referenzen. Literaturverzeichnis [1] D. H. Williams, I. Fleming: Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie,

Stuttgart 1971 [2] H. R. Christen: Grundlagen der organischen Chemie, Aarau und Frankfurt 1977 [3] H. Günzler, H. Böck: IR-Spektroskopie, Weinheim 1975 [4] H. J. Hediger: Infrarotspektroskopie: Grundlagen, Anwendungen, Interpretation;

Frankfurt 1971 [5] H. A. Szymanski: Interpreted Infrared Spectra (3 Bände), New York 1964-67 [6] H. Günzler, H. Böck, H. M. Heise: IR-Spektroskopie: eine Einführung, VCH, Weinheim

1996 [7] P. R. Griffiths, J. A. de Haseth: Fourier Transform Infrared Spectrometry, Wiley, New

York u.a.1986 [8] S. Johnston: Fourier transform infrared: a constantly evolving technology, Horwood,

New York u.a., 1991 [9] L. J. Bellamy: The Infrared Spectra of Complex Molecules (sehr ausführlich), London,

New York 1966 [10] K. Nakamoto: Infrared Spectra of Inorganic and Coordination Compounds, New York

1970 [11] R. Demuth, F. Kober: Grundlagen der Spektroskopie, Diesterweg, Salle/Verlag

Sauerländer 1977 [12] J. Weidlein, U. Müller, K. Dehnicke: Schwingungsspektroskopie, Georg Thieme Verlag,

Stuttgart 1982

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Tab. 1: Charakteristische Frequenzen funktioneller Gruppen (nach Ref. [11])

Schwingung Bereich [cm-1] Intensität IR Raman

nCH 3100-2800 m-s s nNH 3500-3300 m m nOH 3650-3000 s w nSiH 2250-2100 m s nPH 2440-2275 m s nSH 2600-2550 w s nC≡C 2250-2100 w s nC≡N 2255-2220 s-w m-s nC=C 1900-1500 w vs-m nC=O 1820-1680 vs s-w nC=N 1680-1610 m s nN=O 1590-1530 s m dCH3 1470-1370 m m

nC-Caromat. 1600 1500 1000

m-s m-s w

m-s m

s-w nC-C 1100-650 m-w s-m nN-N 875-800 w s nasCOC 1150-1060 s w nsCOC 970-800 w m-s nS-S 550-430 w s nC-F 1400-1000 s w nC-S 800-600 m s nC-Cl 800-550 s s nC-Br 700-500 s s nC-I 660-480 s s dsCF3 ~ 740 m s dasCF3 ~ 540 m w

Intensitäten: vs = sehr stark, s = stark, m = mittelstark, w = schwach, vw = sehr schwach

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Tab. 2: Charakteristische Schwingungen von Atomgruppen in Kohlenstoffverbindungen (nach Ref. [12]).

Gruppen Schw.-Formen

Bereich [cm-1]

Intensität IR Raman Bemerkungen

-CH3

nas

ns

das

ds r

2950-2990 2860-2900 1450-1475 1370-1385

800-1150

st m-st m m

w

st m-st

w ia-w

w

Aryl-CH3 2920-2930 N-CH3 ~2800 für C-CH3; vor allem ds ist sehr abhängig von der Elektronegativität des nächsten Atoms, z.B. ist ds für F-CH3 1475, Cl-CH3 1355, Pb-CH3 1160 cm-1. abhängig von der Masse des Nachbaratoms

CH2

nas ns d ω τ ρ

2900-3000 2800-2870 1400-1475 1170-1400 1170-1330 700-1170

st m-st m w w w

st w

w-m w w

ia-w

meist um 2930 meist um 2850 meist um 1460 niedriger als ω

−CH

ν δCCH

2800-2900 1300-1350

st m

m w

mit elektronegativen Liganden auch >3000

=CH2 nas ns d

3070-3130 2980-3040

~ 1420

m m m

m st m

CH

ν 3000-3050 m m

Aldehyd

νCH

δCCH

2800-2900 2700-2780 1300-1400

m m m

m-st m-st

w

Fermi-Resonanz mit 2 δ. Neben C=O höher, neben Halogen tiefer.

≡CH ν dCCH

3260-3340 ~ 600

st st

w w

CFx ν 1000-1300 st w-m bei Kopplung mit νCC erhebl. Abweichung

-CCl3

nas

ns

das

ds

700-800 ~100 unter nas

~ 250 ~ 350

st w-m

m m

st m st st

−CCl2

nas

ns

d

680-750 ~50 unter nas

~ 300

st m

w-st

w st

m-st

−CCl

n 630-800 st st Konformationsabhängig

Intensitäten: st = stark, m = mittelstark, w = schwach, ia = inaktiv

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Tab. 2: Fortsetzung

Gruppen Schw.-Formen

Bereich [cm-1]

Intensität IR Raman Bemerkungen

CBrx n 520-650 st st Konformationsabhängig

−C−O−C−

nas COC ns COC d COC

1070-1140 700-920 420-500

st m

w-m

w-m st w

niedrigere Werte für verzweigte Alkylgrup.

C−O−C−

nas COC ns COC

1190-1300 1000-1050

st st

w w-m

gilt auch für Ester

C=O

n CO 1700-1740 st m Aldehyde, Ketone; bei Konjugation ~ 30 cm-1 tiefer

O −C O−

ν CO

1720-1800

st

m

mit C=O····H-Brücken bis 100 cm-1 tiefer. Carbonsäureanhydride: zwei um ~ 60 cm-1 getrennte Banden

O −C Cl

ν CO ν CCl d OCCl

1750-1820 560-600 420-460

st st m

m st st

O −C N

ν CO ν CN

1620-1680 1390-1430

st st

w-m m

Charakteristische Abweichungen je nach Liganden am N

C=C=O

„nas“ „ns“

2120-2160 1100-1400

st w

w st

−C−S−

n CS 620-750 m st

C=S

n CS 700-1400 m st starke Kopplungen mit nC-C

−C−N

n CN nCN nCC d CNC n CN

1030-1090 1130-1150 850-930 350-430 850-920

m m m w st

m m m m st

primäre Amine sekundäre Amine; tertiäre Amine ~100 cm-1 tiefer C-NO2

C=N

n CN 1630-1690 m w-m

N=C=N

nas NCN ns NCN

2120-2150 1420-1500

st ia

ia st

Intensitäten: st = stark, m = mittelstark, w = schwach, ia = inaktiv

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Tab. 2: Fortsetzung

Gruppen Schw.-Formen

Bereich [cm-1]

Intensität IR Raman Bemerkungen

N=C=O „nas“ „ns“ d

2250-2300 1320-1450 630-780

st m m

w w-st

w

-C≡N n 2100-2250 m-st st

−C−C−

n 850-1150 w st starke Variation durch Kopplungen

C=C

n 1600-1750 ia-w st hohe Werte bei elektronegativen Liganden; tiefe Werte bei Konjugation

C=C=C

nas ns

1950-2000 1000-1300

m-st ia-w

ia-w m-st

Abweichungen durch Kopplung mit n C-C

-C≡C- n 2000-2300 ia-w st

-NO2 nas NO2

ns NO2 d NO2

1530-1570 1360-1400 590-650

st st m

m st m

bei Konjugation 30 cm-1 tiefer; mit sekun- dären und tert. Liganden 20 cm-1 tiefer

Intensitäten: st = stark, m = mittelstark, w = schwach, ia = inaktiv

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