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University of Applied Sciences Jahrestagung der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt e.V. Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit Von Sanktionsgesprächen zur Beratung Sanktionsgespräche in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Prof. Dr. Rainer Göckler

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University of Applied SciencesJahrestagung der Gesellschaft fürSozialen Fortschritt e.V.Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit

Von Sanktionsgesprächen zur BeratungSanktionsgespräche in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)

Prof. Dr. Rainer Göckler

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University of Applied SciencesVortragsgliederung

Die Ausgangslage: Sanktionen und Unterstützung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus unterschiedlicher Perspektive

Aufbau und Durchführung der Studie

Ausgewählte Befragungsergebnisse

Modellmodulation und Ratingverfahren

Ratingergebnisse

Zusammenfassung

Beratung im Zwangskontext - Prof. Dr. Rainer GöcklerSeite 2

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Ausgangslage: Der Gesetzgeber„Beratung kriegt das schon hin“

„Die Zuordnung nach Möglichkeit nur eines

Ansprechpartners soll ein kompetentes Fallmanagement

sicherstellen, ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Erwerbsfähigen und dem

Mitarbeiter der Agentur für Arbeit fördern und der Effizienz

der Betreuung des Erwerbsfähigen dienen“(BTD

15/1516: 54)

„Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wird nicht nur über Anreize gefördert,

sondern auch mit Hilfe von Sanktionen gefordert. (BTD 15/1516 47)Grundsätzlich ist dem Erwerbsfähigen jede Erwerbstätigkeit zumutbar, weil er verpflichtet ist, die Belastung der

Allgemeinheit durch seine Hilfe-bedürftigkeit zu minimieren“ (BTD

15/1516: 51)

„Satz 2 stellt klar, dass im Fall wiederholter Pflichtverletzung auch weitere Bestandteile des Arbeitslosengeldes II abgesenkt werden können. Auch in diesem Fall bleibt aber der Zugang des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu sonstigen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, also auch zu Beratungs-und Betreuungsdienstleistungen, erhalten“ (15/1516: 61 auch: 47)

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Ausgangslage: Beratungswissenschaften „Beratung kriegt das nicht hin“ – oder doch?

„Grundlegend für ein solches (beraterisches, Anm.d.V.) Arbeitsbündnis ist, dass es freiwillig eingegangen wird“ (Magnin, 2005: 341).

„Beratung setzt (…) ausdrücklich auf die Freiwilligkeit des Ratsuchenden und auf die gemeinsame Aushandlung von Definitionen, Lösungsvorschlägen und Lösungswegen in Schwierigkeiten“ (Thiersch, 2002: 156)

„Freiwilligkeit ist eine Grundbedingung für gelingende Beratung, die gerade im Feld von Beruf und Erwerbstätigkeit oft unterlaufen wird. (...) Gleichermaßen kann nicht von Beratung gesprochen werden, wenn sie mit der Gewährung oder Verweigerung von Leistungen (…) verknüpft ist und diese vom Wohlverhalten der AdressatenInnen abhängt“ (Sickendiek, 2007: 81).

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Aber„Die ist ein wichtiges Ergebnis, widerspricht es doch der weit verbreiteten Annahme, dass unter den ungünstigen Voraussetzungen von Zwangs-beratungen kaum mit positiven Ergebnissen zu rechnen ist“ (Kähler, 2005: 91)„Eine konstruktivere und positivere Haltung gegenüber den Chancen und Möglichkeiten, die Druck und Zwang in der psychosozialen Arbeit auch bieten können, entwickelt sich im deutschsprachigen Raum jedoch zunehmend“ (Conen, 2007: 72)

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Ausgangslage: ForschungJa - aber

„Die jetzt gefundene Sperrzeitenregelung erweist sich als angemessene Umsetzung des fordernden Elements einer aktivierenden Arbeitsmarkt-politik, indem es erste Hinweise dafür gibt, dass sie in Agenturen, die eine konsequente und glaubwürdige Sperrzeitenpolitik betreiben, zu erhöhten Abgängen aus Arbeitslosigkeit und Übergängen in Erwerbs-tätigkeit führt“ (BMAS 2006: V)

„ARGEn erzielen während des Untersuchungszeitraumes im wichtigen Bereich der Integration in Erwerbstätigkeit in der Gesamtschau bessere Ergebnisse, weil sie konsequenter fordern“ (BTD 16/11488: 158)

Internationale ökonometrische Studien weisen zunehmend darauf hin, dass einer glaubwürdigen Kontroll- und Sperrzeitenpolitik eine arbeitsmarktintegrative Wirkung nicht abzusprechen ist. Gleichzeitig nehmen (qualitative) Studien zu, die auf nicht-intendierte „Neben-wirkungen“ dieser Politik hinweisen.

Aktuell: „Die Androhung und die Verhängung von Sanktionen tragen somit zur Aktivierung der Erwerbsarbeit bei, stehen dabei jedoch im Widerspruch zur Garantie des Existenzminimums für alle.“ (IWH, 2009)

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University of Applied SciencesDie Studie (2006/2007)Annäherung an folgende Fragen

Welches Selbstbild haben die Mitarbeiter bezogen auf ihr beraterisches Verständnis und den Sanktionsauftrag?

Wie bewerten und erleben die betroffenen Hilfebedürftigen das Sanktionsgeschehen?

Mittel: Standardisierte Befragung

Entwicklung eines theoretischen Modells, wie Sanktionsgespräche für Beratung anschlussfähig werden?

Mittel: Anforderungsanalyse, Auswertung einschlägiger Theorie-modelle, Entwicklung eines Prüfmodells

Wie bewährt sich dieses Modell im Abgleich zur Praxis und welche Schlussfolgerungen kann man daraus ziehen?

Mittel: Standardisiertes Ratingverfahren, varianzanalytische Auswertung, Interpretation

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University of Applied SciencesDie Studie (2006/2007)

Beratung im Zwangskontext - Prof. Dr. Rainer GöcklerSeite 7

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Die Studie: Ergebnisse der standardisierten Befragung (Mitarbeiter)

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∑18

,3%

∑30

,7%

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Die Studie: Ergebnisse der standardisierten Befragung (Mitarbeiter)

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Die Studie: Ergebnisse der standardisierten Befragung (Kunden)

Was stellt für Sie momentan den Haupthinderungsgrund dar, eine Stelle aufzunehmen? (Bitte nur eine Antwort ankreuzen)

Nennung % Abs.

Alter (5,1) (2)Selbstattribution derArbeitslosigkeitslo-sigkeitsursachen

73,7% (28)

Qualifikation 43,6 17

Performance (2,6) (1)

Gesundheit (10,3) (4)

Dauer der Alo 0 0

Familiäre Gründe (10,3) (4)

Wirtschaft geht es schlecht (2,6) (1) Fremdattribution derArbeitslosigkeitslo-sigkeitsursachen

26,3% (10)

Löhne zu gering 0 0

AG zu hohe Erwartungen (5,1) (2)

Betriebe stellen nicht ein 17,9 7

GS-Träger kümmern sich nicht 0 0

Keine Angabe (2,6) (1)

Summe 100 39 100 (38)Seite 10

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University of Applied SciencesDie Studie: Modellmodulation

Erwartungen des Gesetzgebers und der KundenInnen

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Welche Beratungsangebote (Felder) decken diese Erwartungen ab?

Gesetz und BegründungEmpirisches Material/Befragungen

Beratungsliteratur

Zentrale beratungsrelevante Theoriean-sätze. Ausformulierung idealtypischer Beratungsinterventionen im Zwangskontext

Induktive Vorgehensweise Forschungsmaterial

17 Theorien (Operative und Objekttheorien)

Hierarchisierung und Codierung der idealtypischen Beratungsinterventionen.Erarbeitung eines standard. Fragebogens

V Durchführung der Befragung, Aufzeichnung der Gespräche, empirische Auswertung

RatinginventarFragebogen

Empirisches Material

VI Auswertung/ Diskussion und Bewertung

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University of Applied SciencesErwartungen an MitarbeiterInnen

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Die Studie: Beratungsfelder

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Die Studie: Berücksichtigte Theorieansätze

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Idealtypische Beratungsinterventionen am Beispiel (Berufs-)Biografiearbeit

Beratung im Zwangskontext - Prof. Dr. Rainer Göckler

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Kriterium Beispiele

Der Berater eruiert bisher erkennbare Bewältigungsstrategien herausgehobener Lebens-ereignisse.

Wie erhielten Sie Ihre letzte berufliche Anstellung?

Welche „Vorleistungen“ waren dafür zu erbringen (Bewerbungsart, Kontaktaufnahme, Vorstellung etc.)

Auf welche Ereignisse, die Sie in Ihrem Leben erfolgreich bewältigt haben, sind Sie stolz? Wie haben Sie das damals gemacht?

Der Berater versucht, das bisherige Bildungserleben neu zu ordnen.

Schul- und Ausbildungserfahrungen werden beschrieben

Was hätte damals besser laufen sollen? Was ist gut gelaufen?

Input veränderter Arbeitsmarkt- und Kompetenzanforderungen

Eigene und externe Unterstützungsressourcen aufzeigen

Der Berater bezieht neue berufliche Aspekte auf arbeitsmarktliche Realisierungs-chancen (Planung). Regt zur intensiveren Nutzung weiterer Informationsressourcen an.

Gemeinsame Suchläufe offener Stellen unter Anforderungsaspekten

Markterschließungsstrategien aufzeigen und Realisierung prüfen

Aufzeigen von weiteren Informationsmöglichkeiten

Vorgehensweisen bei der Erarbeitung berufsbiografischer Stärken und ihr Einsatz in Bewerbungsverfahren

Weitere Qualifizierungsnotwendigkeiten

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Die Studie: Managementfunktionen und Beratungsinterventionen in Sanktionsgesprächen

Seite 16

• Kooperationsstrukturen legen• Emotionale Beteiligung• Konfliktvermeidung• Kooperationsprüfung

• Inhaltstransparenz• Rechtstransparenz• Klärungszentriertheit• Klärungshilfe

• Verständnisinformationen• Direkte Verhaltenseinwirkung• Direkte Integrationsplanung• Biografieordnung

• Stärkung Selbstreflexion• Systemeinbindung• Stärkung Eigenplanung• Resignatives Verhalten

• Aktive AM-Ressource• Aktive Sozial-Ressource• Ressourcennutzung• Ressourcenaktivierung

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Die Studie: Managementfunktionen und Beratungsinterventionen in Sanktionsgesprächen

Seite 16

• Kooperationsstrukturen legen• Emotionale Beteiligung• Konfliktvermeidung• Kooperationsprüfung

• Inhaltstransparenz• Rechtstransparenz• Klärungszentriertheit• Klärungshilfe

• Verständnisinformationen• Direkte Verhaltenseinwirkung• Direkte Integrationsplanung• Biografieordnung

• Stärkung Selbstreflexion• Systemeinbindung• Stärkung Eigenplanung• Resignatives Verhalten

• Aktive AM-Ressource• Aktive Sozial-Ressource• Ressourcennutzung• Ressourcenaktivierung

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Beispiel einer Tabelle zur Ratingeinschätzung

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