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University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2008 Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Zahnheilkunde Mutzbauer, T S; Imfeld, T Mutzbauer, T S; Imfeld, T (2008). Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Zahnheilkunde. Therapeutische Umschau. Revue thérapeutique, 65(2):115-119. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: Therapeutische Umschau. Revue thérapeutique 2008, 65(2):115-119.

University of Zurich - UZH · Diese wird zweckmässigerweise durch einen Zahnarzt oder einen Kiefer-Gesichtschirurgen erfolgen. Allenfalls macht eine begleitende antibakterielle Chemotherapie

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University of ZurichZurich Open Repository and Archive

Winterthurerstr. 190

CH-8057 Zurich

http://www.zora.uzh.ch

Year: 2008

Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in derZahnheilkunde

Mutzbauer, T S; Imfeld, T

Mutzbauer, T S; Imfeld, T (2008). Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Zahnheilkunde.Therapeutische Umschau. Revue thérapeutique, 65(2):115-119.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

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Originally published at:Therapeutische Umschau. Revue thérapeutique 2008, 65(2):115-119.

Mutzbauer, T S; Imfeld, T (2008). Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Zahnheilkunde.Therapeutische Umschau. Revue thérapeutique, 65(2):115-119.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

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Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in derZahnheilkunde

Abstract

In dentistry antibiotics are used as a prophylactic measure as well as for therapeutic reasons. For thegeneral practitioner, antibiotic prophylaxis of infectious diseases of dental or oral origin is moreprevalent than the antibiotic treatment of such infections. Patients suffering from bacterial infections oforal origin should be referred to a dentist or to an oral surgeon. This review aims to precisely describethe indications for antibiotic preventive measures before dental or oral surgical treatments. Thesesmeasures should be commonly planned by the general practitioner and the dentist. The actual treatmentof the infection should, however, be left to the dentist, oral or maxillofacial surgeon.

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1Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Orale Chirurgie, Universität Zürich 2Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Präventivzahnmedizin und Orale Epidemiologie, Universität Zürich

Präventiver und therapeutischer Einsatz von Antibiotika in der Zahnheilkunde

T.S. Mutzbauer1, T. Imfeld2

Zusammenfassung

In der Zahnmedizin werden Antibiotika sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch eingesetzt. Die

Prävention von infektiösen Erkrankungen, die vom stomatognathen System ausgehen, nimmt zahlen-

mässig für den Allgemeinmediziner einen grösseren Stellenwert ein als die antibiotische Therapie

solcher Infektionen. Während der Patient bei der präventiven Antibiose regelhaft bereits ärztlicherseits

vorinformiert bzw. –eingestellt wird, ist die Therapie bakterieller Infektionen im Zahn-, Mund- und

Kieferbereich Domäne des Zahnmediziners.

Zweck dieser Übersicht ist die Darstellung der Indikationen einer antibiotischen Prävention vor

zahnärztlichen Eingriffen durch den Allgemeinmediziner.

Einleitung

Transiente Bakteriämien sind eine häufige Folge von zahnärztlichen Eingriffen, wobei sie je nach

Mundgesundheit in unterschiedlicher Häufigkeit auftreten (Extraktionen 10-100%, endodontische

Massnahmen 31-54%, Scaling der Wurzeloberfläche 25-61%, Zahnsteinentfernung 30%). Auch bei

alltäglichen Aktivitäten der Patienten, wie zum Beispiel beim Zähneputzen (13-54%), dem Gebrauch

von Zahnseide (20-68%) oder sogar beim Kauen (7-51%) kann es zu einer Bakteriämie kommen. Daher

scheint nicht die Häufigkeit einer Bakteriämie von Bedeutung, sondern eher die Spezies der Bakterien

aus Blutkulturen, wobei die Viridansgruppe der Streptokokken eine vorgehobene Stellung einnimmt.

Eine transiente Bakteriämie mit Viridansstreptokokken kann aus jeder zahnärztlichen Behandlung

resultieren, welche eine Manipulation der Gingiva, der periapikalen Region des Zahnes oder eine

Perforation der oralen Mukosa beinhaltet. Es darf nicht angenommen werden, dass eine gesund

erscheinende Mundschleimhaut oder eine minimal invasive dentale Behandlung das Bakteriämierisiko

verkleinern [1].

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Präventive Antibiose

In einer Literaturanalyse [2] wurden acht Patientengruppen mit spezifischen medizinischen

Bedingungen, die vor zahnärztlichen invasiven Massnahmen oft prophylaktisch Antibiotika erhalten,

betrachtet. Dabei handelte es sich um Herzklappenerkrankungen, Herzklappenprothesen und

Schrittmacher, Hüft-, Knie- und Schulterendoprothesen, renale Dialyse-Shunts, Ventrikulär-

cerebrospinale Shunts, Gefässprothesen, Immunsuppression nach onkologischen Erkrankungen sowie

onkologischer Chemotherapie, den systemischen Lupus erythematodes und den insulinabhängigen (Typ

1) Diabetes mellitus. Formale Empfehlungen bezüglich einer antibiotischen Prophylaxe im Rahmen

invasiver zahnärztlicher Massnahmen wurden nur für die native Herzerkrankung, Herzklappenprothesen

und Gelenkersatzprothesen gefunden [2].

Es existiert keine prospektive randomisierte klinische Studie zum Thema. Lediglich eine klinische Studie

zur antibiotischen Prophylaxe wurde gefunden. Eine einzige systematische Review und zwei Fallserien

ergaben schwache Hinweise, die die Wirksamkeit einer antibiotischen Prophylaxe im Sinne einer

Verhinderung eines bakteriämisch bedingten Infektes in einer der acht Patientengruppen untermauern

und zwar im Fall der kardialen Erkrankungen [2].

Endokarditis-Prävention

Die American Heart Association [1] empfiehlt, Patienten mit folgenden Konditionen – die mit dem

höchsten Risiko eines Folgeschadens einer Endokarditis vergesellschaftet sind – im Rahmen

zahnärztlicher Massnahmen prophylaktisch gemäss Tabelle 1 mit Antibiotika zu behandeln:

- künstliche Herzklappe

- Status nach infektiöser Endokarditis

- Kongenitales Herzvitium

o Unkorrigierte zyanotische Vitien, einschliesslich palliative Shunts

o Durch prothetisches Material korrigierte kongenitale Vitien während der ersten sechs

Monate nach dem operativen Eingriff

o Status nach Korrektur eines kongenitalen Vitiums mit residuellem Defekt

- Herztransplantierte mit Herzklappenvitium

Die Empfehlung gilt für zahnärztliche Behandlungen, welche gingivale und periapikale Gewebe

betreffen und/oder die orale Mukosa perforieren. Dazu zählen auch Biopsien, Nahtentfernungen,

Befestigen von orthodontischen Zahnbändern. Bei Lokalanästhetika-Injektionen in nicht infiziertes

Gebiet, dentalem Röntgen und beim Befestigen und Applizieren von orthodontischen Brackets ist keine

antibiotische Prophylaxe nötig.

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Tabelle 1: Schema zur antibiotischen Prophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen modifiziert gemäss AHA.

Einzeldosis Antibiotikum 30 bis 60 Minuten vor zahnärztlicher Behandlung [1].

Situation Medikament Erwachsene Kinder oral Amoxicillin 2g 50mg/kg Fehlende Applikationsmöglichkeit einer oralen Medikation

Amoxicillin oder Cefazolin bzw.Ceftriaxon*

2g IM oder IV 1g IM oder IV

50 mg/kg IM oder IV 50 mg/kg IM oder IV

Allergie auf Penicillin oder Ampicillin – oral

Clindamycin oder Azithromycin oder Clarithromycin

600mg 500mg 500mg

20mg/kg 15mg/kg 15mg/kg

Allergie auf Penicillin oder Ampicillin bei fehlender oraler Applikationsmöglichkeit

Clindamycin 600 mg IM oder IV 20 mg/kg IM or IV

*oder anderes Cephalosporin der ersten oder zweiten Generation in äquivalenter adulter oder pädiatrischer Dosierung

Organtransplantation / Immunsuppression

Obwohl für Organtransplantierte aufgrund der Immunsuppression ein hohes Infektionsrisiko besteht,

gibt es nur wenige Hinweise auf eine Beteiligung dentaler Erkrankungen an diesem Risiko [3].

Dennoch existieren bezüglich Vorgehensweise und der antibiotischen Abschirmung im Falle zahn-

ärztlicher Massnahmen bei organtransplantierten Patienten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft

für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ( www.dgzmk.de ), die derzeit überarbeitet werden [4]. So sind

zahnärztliche Behandlungen oder Untersuchungen mit Bakteriämierisiko in den ersten drei Monaten

nach einer Transplantation kontraindiziert. Die Behandlung akuter abszedierender Entzündungen muss

klinischen Fachabteilungen in enger Kommunikation mit dem Transplantationszentrum vorbehalten

bleiben.

Beim Transplantatpatienten gelten ähnliche Empfehlungen wie bei der Endokarditisprophylaxe. Anders

als bei der Endokarditis-Gefahr durch Streptokokken ist beim organtransplantierten Patienten auch das

Risiko der Bakteriämie durch Anaerobier abzudecken. Aminopenicilline mit Betalaktamasehemmer bzw.

Clindamycin im Falle einer Penicillinallergie werden hier empfohlen.

Die Koordination dieser Massnahmen sollte aber durch die transplantierende Klinik und nicht durch den

Allgemeinpraktiker erfolgen.

Gelenkprothesen

Auch bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine hämatogene Protheseninfektion besteht keine

generelle Indikation zu einer Prophylaxe mit Antibiotika vor einer geplanten Zahnbehandlung. Bei

Risikopatienten und geplanten Eingriffen mit erhöhtem Bakteriämierisiko (gemäss Empfehlung

zahnärztliche Eingriffe, die länger als 45 Minuten dauern) oder bei sehr schlechtem Zustand der Gingiva

und des Parodonts kann eine Antibiose erwogen werden. Allenfalls wird eine Stunde präoperativ sowie

vier Stunden nach der Behandlung eine Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure oder alternativ

Clindamycin empfohlen.

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Tabelle 2: Wahl des Antibiotikums für eine Prophylaxe bei Status nach Implantation von

Gelenkprothesen [5]

Erste Wahl Bei Penicillinallergie

1h vor Eingriff Amoxicillin/Clavulansäure 2g p.o Clindamycin 600mg p.o.

4h nach Eingriff Amoxicillin/Clavulansäure 1g p.o Clindamycin 600mg p.o.

Ein erhöhtes Risiko besteht innerhalb der ersten 12 Monate nach Implantation der Gelenkprothese,

einer rheumatoiden Arthritis mit Immunsuppression oder zusätzlichen Risiken wie z.B. Diabetes mellitus

oder auch bei Hämophilie [5]. Zu den Eingriffen mit erhöhtem Risiko zählen Zahnextraktionen,

Parodontalchirurgie oder –behandlung, Applikation von Zahnimplantaten, Wurzelbehandlungen und

Massnahmen, bei denen mit einer gingivalen Blutung zu rechnen ist [6].

In Zweifelsfällen wird sich der Allgemeinmediziner mit dem betreuenden Facharzt vorab in Verbindung

setzen, wenn zahnärztliche Diagnostik- oder Behandlungsmassnahmen geplant sind. Gemeinsam

können so Massnahmen koordiniert werden, bevor der Patient zum Zahnarzt geht. Somit kann der

Patient frühzeitig wirksam abgeschirmt werden und der Zahnmediziner kann die erforderlichen

Massnahmen (dazu gehört auch die Diagnostik!) schnellstmöglich durchführen.

Therapeutische Antibiose

Pyogene Infektionen

Die Behandlung dentaler pyogener Infektionen (z.B. apikale Beherdung eines Zahnes, erschwerte

Entwicklung eines Weisheitszahnes mit Eiterung – sogenannte dentitio difficilis, posttraumatische

Infektionen) durch den Einsatz von Antibiotika ist nicht evidenzbasiert belegt.

Die Therapie einer Infektion mit Antibiotika erfolgt empirisch als Erstbehandlung mit einem

Breitbandantibiotikum oder nach Erhalt der Kulturergebnisse mit einem spezifischen Antibiotikum,

wenn die Infektion Allgemeinsymptome macht oder die Infektion resistent gegen eine lokale Therapie

ist (Parodontologie, Endodontologie). Immer muss jedoch auch die Ursache der Infektion behoben

werden.

Beim Verdacht auf eine odontogene Infektion weisen folgende Symptome auf ein Geschehen hin,

welches mindestens einer kieferchirurgischen Abklärung bedarf:

1. Fieber

2. Schluckbeschwerden

3. Kieferklemme (Unfähigkeit, den Mund voll zu öffnen)

4. Verschiebung der Uvula aus der Mittellinie

5. klossige Sprache

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Kann eines der genannten oder eine Kombination mehrerer Symptome in Verbindung mit einer

möglichen Infektion innerhalb der Mundhöhle nachgewiesen werden, ist die umgehende Konsultation

eines Kiefer-Gesichtschirurgen erforderlich.

Zur Keimzüchtung von Anaerobiern haben sich konventionelle mikrobiologische Untersuchungs-

techniken nicht bewährt, da hier oft durch den Luftkontakt bei der Probengewinnung mit einem

Absterben der Keimpopulation gerechnet werden muss.

In der Literatur werden im zahnärztlichen Bereich aerob-anaerobe Mischinfektionen beschrieben. Bei

den Anaerobiern zeigen neuere Daten zur Resistenzbildung eine Wirksamkeit von Penicillin nur in 70-

80% der Fälle, wohingegen die Kombination aus einem Aminopenicillin mit Betalaktamaseinhibitor bei

95% der gefundenen Keime wirksam war [7, 8]. Daher wird Penicillin V nicht mehr als Therapie der

ersten Wahl bei dentogenen Infektionen empfohlen.

Bei Patienten ohne Allergie gegen Penicilline wird der Einsatz eines Aminopenicillins mit

Betalaktamaseinhibitor empfohlen. Bei Allergien gegen Penicilline sollte Clindamycin oder ein

Makrolidantibiotikum zum Einsatz kommen.

Gemäss dem Grundsatz „ubi pus - ibi evacua“ ist es, wie in anderen Körperregionen auch, nicht

statthaft, ausschliesslich mit Antibiotika zu behandeln. Bei einem odontogenen Abszess muss eine

Inzision erfolgen. Diese wird zweckmässigerweise durch einen Zahnarzt oder einen Kiefer-

Gesichtschirurgen erfolgen. Allenfalls macht eine begleitende antibakterielle Chemotherapie durch

Antibiotika Sinn [9].

Odontogene Infektionen können durch eine Fortleitung der Infektion per continuitatem [10, 11] entlang

der Logen oder durch hämatogene Streuung [12, 13] zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. In

Einzelfällen wird die odontogene Ursache des Krankheitsbildes (z.B. Mediastinitis oder Hirnabszess) erst

nach dessen Manifestation bei der Herdsuche gefunden.

Bei noch nicht eingeschmolzenen odontogenen Infektionen, die als solche erkennbar sind bzw. bei

denen von einem Infiltrat auszugehen ist, macht eine Antibiotikabehandlung Sinn. Es wird damit unter

Umständen eine weitergehende Ausbreitung des Geschehens verhindert, eine Einschmelzung kann aber

dennoch eintreten. Auch bei Infiltraten darf die Beseitigung der Ursache nicht vergessen werden, d.h.

der Patient muss zwingend einem Zahnarzt oder einem Kiefer-Gesichtschirurgen vorgestellt werden. Die

Erfahrung lehrt, dass selbst nach einer Inzision, die keinen Eiter fördert, ein bakteriell-infiltratives

Geschehen zum Stillstand gebracht werden kann. Eine Antibiotikabegleittherapie kann sinnvoll sein,

wobei evidenzbasierte Studien hierzu nicht verfügbar sind.

In jedem Fall ist eine reine Antibiotikabehandlung bei Zahnschmerzen ohne weitergehende

zahnärztliche oder kieferchirurgische Diagnostik nicht statthaft.

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Trauma dental und ossär

Eine systemische Antibiose ist bei grösseren und/oder stark verschmutzten Weichteilwunden, bzw. bei

allen Dislokationsverletzungen mit Verlagerung des traumatisierten Zahnes indiziert. Antibiotika,

gegebenenfalls auch topisch, begünstigen durch Keimreduktion die Wiedereinheilung total luxierter

Zähne nach Replantation [14, 15, 16]. Als Antibiotikum der Wahl hat sich Tetrazyklin in der Trauma-

tologie etabliert, da seine zusätzlichen antiresorptiven Eigenschaften das Auftreten bzw. Fortschreiten

posttraumatischer externer Wurzelresorptionen günstig beeinflussen [17].

Jede Fraktur der Kieferknochen im zahntragenden Anteil gilt als offener Bruch, da regelhaft der

Parodontalspalt dabei eröffnet wird. Man hat lange Zeit mit infektiösen Frakturkomplikationen wie zum

Beispiel einer Osteomyelitis gerechnet, wenn in Fällen von Kieferfrakturen keine begleitende Antibiose

verabreicht wurde. Eine Metaanalyse wissenschaftlicher Arbeiten zu dieser Problematik fand allerdings

lediglich in Fällen von Frakturen des zahntragenden Anteils im Unterkiefer eine deutliche Reduktion der

Infekthäufigkeit durch begleitende Antibiotika. Eine Single-Shot-Gabe oder die Gabe für einen Tag

perioperativ im Rahmen der Frakturversorgung scheint einer länger dauernden Medikation mit

Antibiotika überlegen zu sein [18].

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Summary:

Prophylactic and Therapeutic Use of Antibiotics in Dental Medicine

In dentistry antibiotics are used as a prophylactic measure as well as for therapeutic reasons. For the

general practitioner, antibiotic prophylaxis of infectious deseases of dental or oral origin is more

prevalent than the antibiotic treatment of such infections. Patients suffering from bacterial infections of

oral origin should be referred to dentist or to an oral surgeon.

This review aims to precisely describe the indications for antibiotic preventive measures before dental or

oral surgical treatments. Theses measures should be commonly planned by the general practitioner and

the dentist. The actual treatment of the infection should, however, be left to the dentist, oral or

maxillofacial surgeon.

Korrespondenzadresse: Dr. Dr. Till S. Mutzbauer, Universität Zürich, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Orale Chirurgie, Plattenstr. 11, CH-8032 Zürich E-mail: [email protected]