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University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2010 Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284.

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University of ZurichZurich Open Repository and Archive

Winterthurerstr. 190

CH-8057 Zurich

http://www.zora.uzh.ch

Year: 2010

Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund

Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I

Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beimHund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich.http://www.zora.uzh.ch

Originally published at:Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beimHund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284.

Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beimHund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch

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Originally published at:Renggli, M; Padrutt, I; Michel, E; Reichler, I (2010). Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beimHund. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(06):279-284.

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Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund

Abstract

Unter benigner Prostatahyperplasie versteht man eine primär nicht-entzündliche Vergrösserung derProstata durch Proliferation ihrer epithelialen und mesenchymalen Strukturen. Diese physiologischenVeränderungen treten bei über 95% der intakten älteren Rüden auf, führen jedoch nur in wenigen Fällenzu klinischen Symptomen, die sich vor allem durch Blutträufeln aus dem Penis, Hämaturie,abgeflachtem Kot, Konstipation und Tenesmus äussern. Neben der chirurgischen Kastration stellen diehormonelle Unterdrückung der Hodenfunktion mittels GnRH-Analoga, die Hemmung der 5α-Reduktaseoder der peripheren Androgenwirkung mittels Antiandrogenen weitere Behandlungsmöglichkeiten dar.Dies ermöglicht, eine für jeden Patienten optimal angepasste Therapieform zu finden.

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Benigne Prostatahyperplasie: Therapiemöglichkeiten beim Hund 1

M. Renggli*, I. Padrutt*, E. Michel, I.M. Reichler 2

Klinik für Fortpflanzungsmedizin der Universität Zürich 3

* beide Autoren gleichgestellt 4

Zusammenfassung 5

Unter benigner Prostatahyperplasie versteht man eine primär nicht-entzündliche 6

Vergrösserung der Prostata durch Proliferation ihrer epithelialen und mesenchymalen 7

Strukturen. Diese physiologischen Veränderungen treten bei über 95% der intakten älteren 8

Rüden auf, führen jedoch nur in wenigen Fällen zu klinischen Symptomen, die sich vor 9

allem durch Blutträufeln aus dem Penis, Hämaturie, abgeflachtem Kot, Konstipation und 10

Tenesmus äussern. Neben der chirurgischen Kastration stellen die hormonelle 11

Unterdrückung der Hodenfunktion mittels GnRH-Analoga, die Hemmung der 5α-12

Reduktase oder der peripheren Androgenwirkung mittels Antiandrogenen weitere 13

Behandlungsmöglichkeiten dar. Dies ermöglicht, eine für jeden Patienten optimal 14

angepasste Therapieform zu finden. 15

Schlüsselwörter: Rüde, BPH, Behandlungsmöglichkeiten 16

Benign prostatic hyperplasia: Treatment options in the dog 17

Benign prostatic hyperplasia is a primarily non-inflammatory enlargement of the prostate 18

due to proliferation of its epithelial and mesenchymal structures. These physiological 19

alterations can be found in more than 95% of aged intact male dogs, but clinical symptoms 20

as most commonly serosanguineous urethral discharge, haematuria, flattened faeces, 21

constipation and tenesmus are only present in a few of them. In addition to surgical 22

castration, hormonal suppression of testicular function with GnRH-depot-analogues, 23

inhibition of the 5α-reductase or peripheral androgen action with anti-androgens are 24

available today. This enables the clinician to find the optimal therapeutic strategy for each 25

patient. 26

Keywords: male dog, BPH, treatment options 27

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Entstehung und klinische Symptome 28

Unter benigner Prostatahyperplasie (BPH) versteht man eine primär nicht-entzündliche 29

Vergrösserung der akzessorischen Geschlechtsdrüse durch einfache Proliferation ihrer 30

epithelialen und mesenchymalen Bestandteile (Weiss, 2007). Häufig entstehen dabei 31

intraprostatisch kleine flüssigkeitsgefüllte Zysten. Diese als physiologisch zu betrachtende 32

Veränderung tritt bei über 95% der intakten älteren Rüden auf (Berry et al., 1986). 33

Die Entwicklung der Prostata hängt von den Sexualsteroiden ab. Beim präpubertären 34

Rüden ist die Prostata noch sehr klein, liegt im Beckenkanal und umschliesst die proximale 35

Harnröhre sowie die terminalen Anteile der Samenleiter. Für die Zunahme der Grösse und 36

des Sekretionsvolumens der Prostata während und nach der Pubertät ist vor allem der 37

Testosteronmetabolit Dihydrotestosteron (DHT) verantwortlich (Isaacs und Coffey, 1981). 38

DHT wird in der Prostata durch das Enzym 5α-Reduktase aus Testosteron gebildet und hat 39

eine sehr viel stärkere Affinität zu den Androgenrezeptoren als Testosteron. Durch die 40

Bindung von DHT an Androgenrezeptoren wird die Expression von Wachstumsfaktoren 41

induziert, welche sowohl eine Hypertrophie als auch eine Hyperplasie der Prostatazellen 42

bewirken. Bei altersbedingter Abnahme der Androgensekretion mit ca.12-15 Jahren 43

verkleinert sich die Prostata wieder deutlich (senile Involution) (Verstegen und Onclin, 44

2002). 45

Die pathophysiologischen Veränderungen, die zur BPH führen, sind nicht endgültig 46

geklärt. Bekannt ist, dass beim Rüden mit zunehmendem Alter die Serumkonzentration 47

von Testosteron abnimmt, wodurch sich das Verhältnis der Sexualsteroide zugunsten der 48

Östrogene verschiebt. Dies begünstigt die Expression der Androgenrezeptoren an der 49

Prostata und ist vermutlich entscheidend an der Pathogenese der BPH beteiligt (Wilson, 50

1980). Nur bei wenigen intakten Rüden führen diese Veränderungen zu manifesten 51

klinischen Symptomen. Aufgrund der verstärkten Durchblutung der hyperplastischen 52

Prostata kann es zu Blutungen in intraprostatische Zysten kommen(Hämatozysten). 53

Entleeren sich diese in die Urethra, tritt Harnabsatz-unabhängiges Blutträufeln aus dem 54

Penis oder, durch urethralen Reflux bedingt, Hämaturie auf (Hoffmann et al., 2007). Durch 55

die Lokalisation der Androgenrezeptoren im glandulären Anteil der Prostata wächst diese 56

vor allem zentrifugal (Coffey und Walsh, 1990). Diese Raumforderung kann das Kolon 57

einengen und Symptome wie abgeflachten Kot, Konstipation und Tenesmus hervorrufen. 58

Das zentripetal auftretende Wachstum der Prostata beim Mann erklärt die vom Hund 59

abweichende Symptomatik der BHP, die sich durch Kompression der Urethra 60

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hauptsächlich in Dysurie äussert. (Krawiec und Heflin, 1992). Dysurie wird beim Hund 61

selten beobachtet. 62

Diagnose 63

Typischer Befund der rektalen Untersuchung ist eine bilateral symmetrisch vergrösserte, 64

nicht druckdolente Prostata, welche gelegentlich eine unregelmässige Oberfläche hat. 65

Durch die Vergrösserung und Gewichtszunahme der Prostata kommt diese weiter 66

abdominal zu liegen. Radiologisch spricht man von einer Prostatomegalie, wenn der 67

Prostata-Durchmesser im laterolateralen Röntgenbild mehr als 70% der Distanz vom 68

kranialen Rand der Beckensymphyse zum Promontorium übersteigt (Abb. 1). Die 69

Bestimmung des Prostatadurchmessers erfolgt parallel und im rechten Winkel zu dieser 70

Distanz (Feeney et al., 1987). Im Röntgenbild können eine Kranialverlagerung der Blase 71

und eine Dorsalverlagerung des Kolons gesehen werden. Ultrasonografisch stellt sich eine 72

BPH als vergrössertes Organ mit normaler bis hyperechogener Struktur sowie kleinen 73

intraprostatischen Zysten dar (Abb. 2). Verschiedene Messparameter können im 74

Ultraschall bestimmt und mit den physiologischen alters- und gewichtsabhängigen Werten 75

verglichen werden (Tab. 1) (Ruel et al., 1998). Die Verdachtsdiagnose wird anhand der 76

Anamnese, der typischen klinischen Symptome, der Befunde der bildgebenden Verfahren, 77

der Kultur von Urin oder Prostatasekret sowie bei Bedarf mittels zytologischer 78

Untersuchung eines Feinnadelaspirats von Prostatagewebe und Zysteninhalt gestellt 79

(Lobetti, 2007). Die Untersuchung des Prostatasekrets und die Zytologie erzielen eine der 80

Biopsie annähernd vergleichbare diagnostische Sicherheit (Powe et al., 2004). Eine 81

definitive Diagnose der BPH ist nur histopathologisch möglich. 82

Therapieverfahren 83

Für die Behandlung der BPH stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl, die 84

erlauben, für jeden Patienten die individuell optimale Therapieform zu finden (Tab. 2). 85

Dabei steht der Androgenentzug bei allen Varianten im Zentrum. Neben der chirurgischen 86

Kastration stellen die hormonelle Unterdrückung der Hodenfunktion mittels Depotanaloga 87

des Gonadotropin-freisetzenden Hormons (GnRH), die Hemmung von 5α-Reduktase oder 88

der peripheren Androgenwirkung mittels Antiandrogenen weitere Behandlungsalternativen 89

dar (Goericke-Pesch und Hoffmann, 2008). 90

Kastration 91

Nach der Kastration verringert sich das Prostatavolumen bereits nach 3 Wochen um etwa 92

50%, nach 9 Wochen ist eine Volumenabnahme um 70% festzustellen (Barsanti und Finco, 93

1995). Bei der chirurgischen Kastration zur Behandlung der BPH stellen der einmalige 94

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Eingriff und der daraus resultierende lebenslange Erfolg die wichtigsten Vorteile 95

gegenüber alternativen Behandlungsmöglichkeiten dar. 96

Argumente wie das erhöhte Anästhesierisiko bei älteren Hunden sowie eventuell schon 97

bestehende, altersbedingte Erkrankungen sprechen gegen eine chirurgische Kastration. 98

Zudem wird die Zuchtfähigkeit des Rüden irreversibel ausgeschaltet und damit der 99

Genpool der Rasse verringert. Bei bestimmten Rassen sind negative Auswirkungen der 100

Kastration wie Verschlechterung der Fellqualität zu befürchten. 101

Substanzen mit Prostata-spezifischer Wirkung 102

Finasterid 103

Finasterid ist ein Azasteroid, welches das Enzym 5α-Reduktase hemmt und bei einer 16-104

wöchigen, peroralen Applikation von 0.1-0.5 mg/kg/Tag das Prostatavolumen um 43% 105

reduzieren kann (Sirinarumitr et al., 2001). Weil Finasterid auf die Produktion von 106

Testosteron keinen Einfluss hat, werden dessen Wirkungen auf das Verhalten des Hundes 107

und auf die Spermatogenese nicht beeinträchtigt. Deckrüden können nach einer 108

Finasteridtherapie weiterhin für die Zucht eingesetzt werden. Der Therapieerfolg ist 109

zeitlich limitiert, da 12 Wochen nach dem Absetzen der Behandlung die ursprüngliche 110

Prostatagrösse wieder erreicht ist (Iguer-Ouada und Verstegen, 1997). Somit sind genaue 111

Beobachtungen der Besitzer und tierärztliche Kontrolluntersuchungen in 3-6-monatigen 112

Abständen für das optimale Management der Folgebehandlung unerlässlich. Zurzeit ist in 113

der Schweiz kein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Finasterid auf dem Markt, bei Bedarf 114

können Humanpräparate (z.B. Proscar®, MSD Chibopharm GmbH) verwendet werden. 115

Als mögliche Nebenwirkung werden vom Hersteller eine Verminderung des 116

Ejakulatvolumens, Gynäkomastie und selten Überempfindlichkeitsreaktionen beschrieben 117

(Ludwig, 2008). 118

Osateronazetat 119

Osateronazetat (Ypozane®, Virbac) ist ein Steroid mit stark anti-androgener und partiell 120

progestagener Wirkung. Es hemmt lokal die Testosteron-Aufnahme in die Prostatazelle, 121

indem es kompetitiv die Bindung androgener Substanzen an ihre Rezeptoren hemmt. Als 122

Folge wird der DHT-Spiegel in der Prostata gesenkt und die Prostata verkleinert sich. 123

Spermienqualität und Libido bleiben unverändert, sodass der Rüde weiterhin fertil bleibt. 124

Die Therapie mit Osateronazetat beim Hund besteht in der täglich Verabreichung von 125

0.25-0.5 mg/kg KGW peroral während einer Woche. Die maximale Involution der Prostata 126

ist 2 Wochen nach Therapiebeginn mit durchschnittlich 62.6% Regression erreicht (Tsutsui 127

et al., 2001). Danach wird die Prostata wieder wachsen und ihre Ausgangsgrösse nach 128

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knapp 6 Monaten erlangt haben. Als Nebenwirkungen werden vermehrter Appetit, leichte 129

Aktivitätsreduktion und in seltenen Fällen Emesis, Diarrhoe, Polydipsie, Lethargie und 130

Gynäkomastie beschrieben. Alle diese Veränderungen sind reversibel und bedürfen keiner 131

speziellen Behandlung. Zu beachten ist jedoch die Suppression der Kortisol-Konzentration 132

im Plasma, die mehrere Wochen nach Behandlungsende anhalten kann und bei 133

Hypoadrenokortizismus eine regelmässige Überwachung notwendig macht. Dies gilt 134

ebenfalls für Rüden mit einer Lebererkrankung, da es zu einem vorübergehenden Anstieg 135

der Alanin-Aminotransferase (ALT) und der alkalischen Phosphatase (AP) kommt. Da 136

Osateronazetat bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter Fertilitätsstörungen verursachen 137

kann, sollten sie den Kontakt mit dem Arzneimittel und den Exkrementen des behandelten 138

Rüden während der 14-tägigen Eliminationsphase meiden. (Demuth und Müntener, 2009). 139

Osateronazetat ist vor allem in der Frühphase der BPH-Therapie angezeigt, um einer 140

weiteren Hypertrophie rasch und effizient entgegenzuwirken. Längerfristig kann eine 141

Kombination mit einem GnRH -Analogon in Erwägung gezogen werden. 142

Substanzen mit systemisch antiandrogener Wirkung 143

Cyproteronazetat 144

Cyproteronacetat ist ein synthetisches Steroidhormon mit anti-androgenem und anti-145

gonadotropem Effekt und bewirkt eine kompetitive Hemmung der Androgenrezeptoren 146

bzw. eine Hemmung der Gonadotropin-Freisetzung in der Hypophyse. Alle Organsysteme, 147

die funktionell oder morphologisch von Androgenen abhängig sind, werden dadurch 148

beeinflusst. Auf der Stufe des Gehirnes kann dies zu einer Verhaltensänderung führen, 149

indem der Sexualtrieb eines Rüden herabgesetzt wird und durch Hemmung der 150

Gonadotropin-Ausschüttung (LH, FSH) können Testosteron- und Spermienproduktion zum 151

Erliegen kommen. Die fehlende Stimulation durch Testosteron ergo seines Metaboliten 152

DHT lässt die Prostata atrophieren. Bei Beendigung der Behandlung sind diese Effekte 153

komplett reversibel. In der Schweiz ist zur Zeit kein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff 154

Cyproteronazetat zugelassen, bei Bedarf können Humanpräparate (z.B. Androcur®, 155

Bayer) umgewidmet werden. Empfohlen wird 1 mg/kg/Tag per os an 5 Tagen oder 156

subkutan ein Depot von 50-300 mg 1-2 mal/Monat (Demuth und Müntener, 2009). Über 157

die Wirkung und Verträglichkeit von Cyproteronazetat beim Hund liegt, obwohl das 158

Medikament in der Praxis häufig verwendet wird, keine publizierten Studien vor. Die 159

bekannten Gestagen-Effekte wie Gynäkomastie, Akromegalie und Diabetes mellitus 160

können als Nebenwirkungen auftreten. 161

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Substanzen mit zentraler Wirkung 162

Deslorelinazetat 163

Deslorelinazetat (Suprelorin®, Virbac) ist ein GnRH-Depot-Analogon und wurde erst vor 164

kurzem in der Schweiz für die hormonelle Kastration des Rüden zugelassen. Der 165

Wirkungsmechanismus der GnRH-Depot-Analoga beruht auf einer nicht-pulsatilen, 166

dauerhaften Ausschüttung von GnRH, die nach einer kurzfristigen initialen Aktivierung 167

der GnRH-Rezeptoren zu deren Internalisierung führt und damit ein Abfall des 168

Gonadotropinspiegels bewirkt. Die Sexualhormonfreisetzung sistiert daher innerhalb 169

weniger Wochen fast vollständig (Aurich und Töpfer-Peterson, 2005). Durch die initiale 170

Aktivierung der GnRH-Rezeptoren wird jedoch zuvor die FSH- und LH- und infolge 171

dessen auch die Testosteronsekretion kurzfristig gesteigert. (Padula, 2005, Vickery et al., 172

1984). Bei Patienten, die bereits deutliche Symptome haben, ist diese erhöhte 173

Testosteronfreisetzung unmittelbar nach Gabe des GnRH-Depotanalogons unerwünscht. 174

Eine Behandlung mit Anti-Androgenen vor Gabe der GnRH-Analoga verhindert die 175

initiale Testosteronfreisetzung und damit eine weitere Zunahme der klinischen 176

Beschwerden. Eine solche Vorbehandlung wird ebenfalls angeraten, wenn Patienten 177

Verhaltensprobleme haben, bei welchen ein Testosteroneinfluss nicht sicher 178

ausgeschlossen werden kann. Zur Behandlung einer BPH wird das GnRH-Depot-Präparat 179

subkutan eingesetzt. 21 Tage nach Implantation befinden sich die Testosteron- und LH-180

Werte bereits unter der Nachweisgrenze und das Hodenvolumen ist nach 14 Wochen um 181

durchschnittlich 65% reduziert (Junaidi et al., 2003). Die Wirkungsdauer beträgt dabei 182

rund 6 Monate. Die Unterdrückung der Gonadotropin-Freisetzung und der Spermatogenese 183

ist auch nach mehrmaliger Behandlung vollkommen reversibel (Trigg et al., 2006). 184

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Korrespondenz 242

PD Dr. med. vet. I.M. Reichler 243

Klinik für Fortpflanzungsmedizin 244

Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich 245

Winterthurerstr.260 246

CH-8057 Zürich 247

Tel: +41 44 635 82 66 248

Fax:+41 44 635 89 40 249

[email protected] 250

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Dateiname: BPH19102009rev.doc Verzeichnis: C:\Dokumente und Einstellungen\iris\Eigene

Dateien\Veröffentlichungen\Eigene\Zora2009\SATProstata\Prostatpaper\20091119 Vorlage: C:\Dokumente und

Einstellungen\iris\Anwendungsdaten\Microsoft\Vorlagen\Normal.dot Titel: Benigne Prostatahyperplasie: Fallbericht mit Diskussion der

Behandlungsmöglichkeiten Thema: Autor: vt14 Stichwörter: Kommentar: Erstelldatum: 23.03.2010 11:50:00 Änderung Nummer: 3 Letztes Speicherdatum: 23.03.2010 11:52:00 Zuletzt gespeichert von: xx Letztes Druckdatum: 27.01.2011 11:05:00 Nach letztem vollständigen Druck Anzahl Seiten: 8 Anzahl Wörter: 6.038 (ca.) Anzahl Zeichen: 38.040 (ca.)