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WEITERE HIGHLIGHTS GROUPER Fr 24.45 Uhr Viadukt-Bogen F Komisch, eigentlich: 2008, zu Beginn ihrer Laufbahn, wurde Liz Harris aus Oregon zum Dreampop gezählt. Zum luftigen, lieblichen, allenfalls etwas melancholischen Synthiepop. Dabei dröhnt sie fast alles zu: mit seltsamen Kästchen, an denen sie rumdreht, mit der sachte bearbeiteten Gitarre. Nur ihre Stimme, die kann tatsächlich zu etwas Hellem, Engelhaftem werden. Tolle Mischung.

uNter de M HyPe-radar

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TIPP_MUS1_kilbi 14L_Beleg 4 Dezember 2012 6:58 nachm. Jurt Moira 19

PoP bis Neue Musik Letztes Jahr organi-sierte Daniel Fontana zur Eröffnung des Festivals Kilbi im Exil einen Trak-tor, der eine Ladung Kuhdreck aus dem freiburgischen Bad Bonn nach Zürich führte. Das Motto des Transports: Noch mehr Mist für Zürich. Zum ers-ten Mal konnte der Radikal-Pro-grammator aus dem kleinen Freiburger Club ein Zürcher Club-Wochenende bespielen.

Das Landei als Kurator, das war für alle Beteiligten ein schwer kalku-lierbares Risiko. 2012 wiederholen sie das Experiment, nun heisst es Kilbi im Überall. Mehr Clubs machen mit: Exil, Moods, Viadukt Bogen F, Helsinki. Fontana nutzt die erweiterte Klaviatur souverän und zieht das Bad Bonner Konzept durch: Wer sich stilistisch einschränkt, ist selber schuld. Und die spannendsten Acts sind meist die, die sich über Jahre konsequent unterhalb des Hype-Radars entwickelt haben.

Beak haben zwei Alben und eine riesige Geschichte in der Tasche. Ihr Meisterkopf ist Geoff Barrow, bekannt als Gründer und Produzent von Por-tishead. Deren Debüt, «Dummy» von 1994, zählt zu den Urdokumenten des Trip-Hop. Da es Portishead in bald 20 Jahren auf ganze drei Alben gebracht

haben, blieb Barrow genügend Zeit für anderes. Statt Weinberge zu kaufen oder in die Rinderzucht einzusteigen, hielt er sich an die Musik. Er schrieb Songs für Neneh Cherry und gründete mit Invada sein eigenes Label. Und statt einfach einmal eine alte Can-Platte aufzulegen, rief er das Rock-Trio Beak ins Leben und erforscht den Krautrock nun höchstpersönlich. Trickreiche Drum-Patterns wie von Can-Schlagzeuger Jaki Liebezeit klackern durch karge Klanglandschaf-ten, dass es eine Freude ist.

Mit ungeheurer Rohheit gehen Mission of Burma ans Werk. Auch diese Band leistete historische Grund-lagenarbeit: Sie kam 1979 in Boston zusammen und erfand den aggressiven Post-Punkrock. Heute halten die vier wohl den Rekord darin, gleichzeitig extrem einflussreich und weitgehend unbekannt zu sein. Die Drums kübeln, der Bass fräst, und die Gitarren schnei-den. Für diese später von Shellac, Jesus Lizard & Co. benutzte Technik hätte eigentlich dieses Quartett das Copy-right verdient.

Jens Lekman wiederum steht am Ende einer Tradition. Der Schwede wäre mit seiner Mischung von Roman-tik und Komik mit Morrissey ver-

gleichbar, ginge ihm nicht jeder Zynis-mus ab. Er ist ein menschenfreundlicher Crooner, der seinen Frank Sinatra gern mit ein bisschen Samba und hüpfenden Melodien verquirlt. In «A Postcard to Nina» stellt er sich als Leihfreund zur Verfügung. Er begleitet Nina zu deren Vater, damit der gut situierte Papa nicht merkt, dass Nina lesbisch ist. Jens schwitzt Blut. Und dummerweise mag der Vater ihn und hält ab nun regen Mailkontakt.

Man sieht schon: Die Kilbi im Überall ist eine Zumutung für die mu-sikalische Orientierung. Der «Züri-tipp» hat Oberkopf Fontana deshalb um einen handlichen Kommentar zu unserer Auswahl gebeten. So kams zu-rück: «Die Kompromisslosigkeit von Geoff Barrow. Lekmans Fähigkeit zu verzaubern. Ohne Mission of Burma keine Sonic Youth. Und sowieso: Alle drei waren noch nie in Zürich.»

kilbi iM Überall

uNter deM HyPe-radarWie schon letztes Jahr gestaltet ein geniales Landei ein Zürcher Musikfestival.

Das Programm aus Rock, Pop, Folk, Indie, Elektronik und Experiment ist exzellent.voN MattHias bacHMaNN

Fr / sa diverse orte

www.kilbi-iM-ueberall.cH

Tagespässe 60 Franken Festivalpässe 90 Franken Jens Lekman: Fr 21.30 Uhr, Moods

Beak: Fr 22 Uhr, Exil Mission of Burma: Sa 23 Uhr, Exil

Dröhnen als Heilmittel: Grouper.

Dummies als offizielle Bandgesichter: Beak.

Der Liedermacher als romantischer Freund: Jens Lekman.

weitere HigHligHtsgrouPer

Fr 24.45 Uhr Viadukt-Bogen F

Komisch, eigentlich: 2008, zu Beginn ihrer Laufbahn, wurde Liz Harris aus Oregon zum Dreampop gezählt. Zum luftigen, lieblichen, allenfalls etwas melancholischen Synthiepop. Dabei dröhnt sie fast alles zu: mit seltsamen Kästchen, an denen sie rumdreht, mit der sachte bearbeiteten Gitarre. Nur ihre Stimme, die kann tatsächlich zu etwas Hellem, Engelhaftem werden. Tolle Mischung.

tHe PyraMids Sa 19.30 Uhr Moods

Oft ist ja die Wiederkehr von Gruppen, die man nicht kennt, interessanter als die von alten Helden. The Pyramids spielten im Ohio der 70er-Jahre Free Jazz. Weil sie das aber mit dezidiert freundlichen, afrikanischen Rhythmen taten, kamen sie gegen die anderen Wilden nicht an. Heute wirkt ihre Musik samt ausgezeichneter Querflöte fast schon wieder modern.

FatHer JoHN Misty Sa 23.30 Uhr Moods

Dieser Prediger ist niemand Geringeres als Joshua Tillman, der Schlagzeuger der Folkprimusse Fleet Foxes. Solo geht er mehr Richtung melodieseligen 60s-Pop, allerdings mit der Haltung eines innerlich zerrütteten Songwriters: verstörende Texte, sehr, sehr viele Verspieltheiten. (duk)

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: zvg

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