KAUFBERATUNG MERCEDES 500 SL (R129l

UNTER EINEM GUTEN STERN Von den Boulevards dieser Welt zum Roadster für jedermann: Oie VB-Modelle des R129 zählen zu den beliebtesten. Worauf muss man achten, damit der 500er SL zum Klassiker fürs Leben wird? I TEXT lngo Eiberg FOTOS Mercedes-Benz (8), W. Bister (4), 8. Ebener (3) J

Als der Nachfolger des legendären R I 07 im März 1989 auf dem Gen­fer Salon vorgestellt wurde. staunte die Fachwelt nicht schlecht. Und

das aus mehreren Gründen: Vom bewährten Konzept des •. Super Leicht" hatte sich Mer­cedcs mit dem I. 7 Tonnen schweren Roadster zwar verabschiedet. dafilr aber mit vielen In­novationen technische Raffinesse bewiesen. Hierzu zählen beispielsweise der automatische Sicherheitsbügel ( dererste imAutomobi lbau). die Integralsitze (das tragende Sitzgestell aus Magnesium-Druckgussteilen sorgt für mehr Quersteifigkeit). das Windschott (damals kei­ne Selbstverständlichkeit). die automatische. geschwindigkeitsabhängige Niveauverstellung ADS und natürlich das elektrohydraulisch be­tätigte Verdeck. Es bietet ein Plus an Komfort im SL. Das noch beim Vorgänger notwendige Hantieren mit Haken und Spriegeln gehörte damit der Vergangenheit an. ln nur 30 Sekun­den öffuet und schließt sich das Verdeck. Die Energie zum Betätigen des Softtops liefert ei­ne elektrisch angetriebene Hydraulikpumpe. die zusammen mit dem Ölvorratsbehälter in >

MOTORSTEUERGERÄT Die alterungs­anfälligen Bosch-Systeme früher

Baujahre sorgen oft für Totalausfälle

MOTOR Auf Ölundichtigkeiten, ermü­dete Steuerketten und Benzinpumpen sowie Einspritzanlagen achten

NEUE TYPENBEZEICHNUNG Ab Juni 1993 wurde das Kürzel SL der Motorisierung vorangestellt

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STOSSDÄMPFER Wenn die Vorder­achse schlingert. sind meist defekte Dämpfer und Lager die Ursache

AUTO ZE IT UN G CLASS I C CAR $

VERDECKMECHANIK Die komplexe Steuerung leidet unter defekten Steu­ergeräten und falscher Einstellung

SITZWANGEN/NÄHTE Abgewetzte und aufgeplatzte Polster geben Hin­weise auf den allgemeinen Zustand

KORROSION Der gute Rostschutz versagt gelegentlich an Wagenheber­aufnahmen, Radläufen und Türkanten

AIRBAGS Bei Modellen vor 1992 muss­ten die alternden Airbags laut Werksan­weisung von 1998 ausgetauscht werden

ELEKTRONIKPROBLEME Längere Standzeiten bereiten Probleme durch Feuchtigkeit und leere Batterie

SOFTTOP Das Stoffverdeck sollte nicht geknickt oder eingerissen sein -gleiches gilt für die Heckscheibe

ORIGINALITÄT Die originalen Felgen gehören zu einem guten Angebot genauso dazu wie das Hardtop

DIFFERENTIAL Geräusche während der Fahrt oder ein Schlagen bei Last­wechseln deuten auf Spiel hin

GETRIEBE Die Schalt-Automaten sind weitgehend problemlos, das Vier­gang-Getriebe bereitet keine Sorgen

.cllUISlitOHNE REUE Damit ausgiebigs Touren i~ nichts im Wege steht, müssen zwar nur wenige Punkte, dieseatier~u umsdie Lupe genommen werden

BREMSEN Die Bremsanlage sollte we­gen der hohen Belastungen besonders unter die Lupe genommen werden

AUT O ZEI T U NG C:LA SSIC CARS

MIT SICHERHm SCHÖN Die Integralsitze tragen zur Sicherheit bei- die Sitzwangen sollten nicht abgewetzt, Nähte nicht aufgeplatzt sein

MODELLPFLEGE 1 998 Zum Produktionsende wird auch das Interieur modernisiert- die Retuschen sind deutlich am Lenkrad und der Klimabedieneinheit erkennbar

der Reserveradmulde untergebracht ist. Die Überwachung der Mikroprozessor-gesteuer­ten Bewegungsabläufe erfolgt mithilfe von 17 Endschaltern, die Hydraulikanlage hat 15 Druckzylinder sowie elf Magnetventile. Die komplexe Verdeckmechanik ist sinnbildlich fiir den Rl29. denn erstmals in der Entwicklung eines Automobils kam bei ihm eine Vielzahl miteinander kommunizierender Steuergeräte in der Großserie zum Einsatz. Für besonderes Aufsehen bei der Premiere in Genf sorgt der 500 SL. der als Topmodell der ncuen Generation mit einem 326 PS starken 5.0-Liter-V8-Vierventilmotor ausgerüstet und so der damals leistungsstärkste Mercedes-Benz Serien-Pkw war. Das alles hatte natürlich sei­nen Preis: Im März 1989 stand der VS mit 125.400 Mark in der Verkaufsliste. Das Kon­zept gingtrotz des hohen Preises auf: Nur weni­ge Tage nach dem Genfer Salon warb Mercedes in der Fachpresse mit ersten Kaufverträgen. Die Kunden nahmen sage und schreibe bis zu sieben Jahre Lieferzeit in Kauf.

326, 320 ODER 306 PS ZUR WAHL Die Erfolgsgeschichte des 500 SL - von Ju­ni 1993 an stand das SL vor der dreistelligen Motorangabe- hielt über zwölf Jahre an. Um die Attraktivität des in Bremen gebauten Rl29 aufrecht zu erhalten, erlebte die Baureihe zwei große Modellpflegen. Zur lAA 1995 waren die Änderungen unter anderem an den in Wagen­farbe lackierten seitlichen Sacco-Brettern, den weißen Blinkern vorne, den roten Rückleuchten und den optionalen Xenon-Scheinwerfern deut­lich zu erkennen. Unter der Haube änderte sich noch mehr. So war ab rueser Modellpflege ESP erhältlich. Der Viergang-Schaltautomat wurde durch eine elektronisch gesteuerte Fünfgang­Automatik ersetzt. Der VS-Motor wurde mittels aufwändiger Änderungen. darunter einer modi­fizierten Kurbelwelle. einer optinllerten Ventil­steuerung. gewichtserleichterten Kolben, Ein­zelzündspulen fiir jeden Zylinder sowie einer verbesserten elektronischen Motorsteuerung auf Euro 2 umgerüstet. Bereits 1992 hatte das

Das Verdeck muss funktionieren- für Reparaturen sind Spezialisten nötig

intern Mll9 genannte Triebwerk zur Verbes­serung der Umwelteigenschaften die Volllast­anreicherung und damit sechs PS eingebüßt. Im April 1998 stellte Mercedes die zweite Überarbeitung des Rl29 auf dem Turiner Sa­lon vor. Herzstück der Modellpflege war der neu entwickelte VS Mll3. Dank Dreiventil­Technik und Doppelzündung war der 306 PS starke V8 rund zehn Prozent sparsamer. Am Design des SL änderte sich nur wenig. Deutlich erkennbar ist die letzte Serie an den dreistegi­gen Rückleuchten, den ovalen Endrohren und den Außenspiegeln im SLK-Design. Am 2. Juli 2001 lief der letzte Rl29 vom Band. Erfolg­reichstes Modell der vierten SL-Geoeration

war die 5.0-Liter-Variante des Vierventil-V8-Ml 19. die im Zeitraum 1989 bis 1998 insge­samt 79.827 Mal entstand. Und wie steht es heute um den R129? Ihm eilt der Ruf des gut verarbeiteten. robusten Klassikers voraus, mit dem man kaum etwas falsch machen kann. Ist der Ruf berechtigt? Welches Baujahr ist emp­-fehlenswert. aufwelche Schwachstellen sollte man achten, aufwelche Ausstattungsmerkmale sollte man lieber verzichten - und wie ist es um die Versorgung mit Ersatzteilen bestellt? Frühe Modelle bis zur ersten Modellpflege verströmen den Charme des Ursprünglichen. Hier können aber nicht auskurierte Kinder­krankheiten sehr nervig und teuer werden. Das >

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ZÜNDSPULEN Zur Verbesse­rung der Abgaswerte gibt es pro Zylinder jeweils eine Spule

VENTILE Die Steuerung wird optimiert, es bleibt bei zwei obenliegenden Nockenwellen

KOLBEN Zur Verbesserung der Umwelteigenschaften tragen auch die leichteren Kolben bei

KURBELWELLE Auch sie wird zum Erreichen der Euro 2-Klassifizierung modifiziert

KAUFBERATUNG MERCEDES 500 SL Bj.: 1989-2001

KAROSSERIE Verarbeitung und Materialien waren bei Mercedes zu Beginn der goer-Jahre vor­bildlich. Der R12g ist hierfür ein ParadebeispieL Rosttritt an der gut geschützten Karosserie nur an den üblichen Schwachstellen wie wagenheberaufnahmen, Radllufen, den Rinnen am V~eclclcasten und

leichter Ölverlust normaL Oie Schalt­Automaten sind unempfindlich, selten fällt die fünfte Fahrstufe oder der Rückwärtsgang des elektronisch gesteuerten Fünfgang-Getriebe aus. Ab 200.000 Kilometern sind Geräu­sche am Differential ein Hinweis auf Spielzwischen Teller- und Kegeltad. Das elektrohydraulische Verdeck

SPARSAMER 24V 1998 kommt der M1 13 ESO mit Dreiventil-Technik und Doppelzündung

.. lpßegegibt es nicht nur einen neuen 3-Ventiler, sondern daent aufgefrischtes Design wie hier beim SL Edition

betrifft unter anderem die häufig undichte und klappemde Verdeckmechanik Bei Fahrzeugen nach 1993 behob eine veränderte Dachkon­struktion mit einteiligem Verdeck-Vord~rteil und anderen Dichtungsgummis diese Schwä­chen. Modelle ab 1995 verfugen zudem über eine Kurzhubsteuerung, bei der die Scheiben nicht mehr auf, sondern unter der Dichtung liegen. Generell sollte jedes Softtop frei von Knicken oder Rissen sein, vollständig schließen und keine Windgeräusche verursachen. Ein weiteres Risiko bei frühen Modellen kön­nen die Airbags darstellen. Vor 1992 verbaute Airbags müssen laut Werks-Arbeitsanleitung von 1998 ausgetauscht worden sein. Der Vorteil bei frühen Fahrzeugen ist der bessere Rost­schutz. Ab Sommer 1996 setzte das Bremer Werk wasserlösliche Lacke ein. Fahrzeuge neu­eren Datums rosten schneller an Sicken und Kanten. Die Wagenheberaufnahmen unter den Kunststoff-Schwellerabdeckungen sollten wie die Radläufe auf Rost geprüft werden.

VIELES SPRICHT FÜR DEN 24V Bei der Wahl des Baujahrs spielt auch die Mo­torisierung eine Rolle. Insider schwören auf den weicher klingenden M 113. Für den Drei­ventiler sprechen auch die Motorsteuergeräte. die weniger alterungsempfindlich sind als die frühen Bosch KE- bzw. die ab 9/92 eingesetz­ten LH-Jetronic-Rechner. Auch die ab 1995 erhältliche Fünfgang-Automatik unterstreicht den SL-CharaJ...-ter deutlicher. Bei beiden Mo­toren gilt es ab einer Laufleistung von 150.000 Kilometern und mehr, auf Ölundichtigkeiten, ermüdete Steuerketten und vor allem beim M119 aufverschlissene Gleitschienen zu ach­ten. Ist hier alles in Ordnung und präsentiert sich auch der Innenraum im gepflegten Origi­nalzustand ohne durchgescheuerte Sitzwangen, aufgeplatzte Nähte und gerissenes Holzfumier, steht einer Probefahrt nichts mehr im Wege. Zuvor sollten unbedingt alle elektrischen Funk­tionen wie etwa Sitzverstellung und E-Fenster geprüft werden. Alle Kontrollleuchten müssen nach dem Start erlöschen. Während der Fahrt muss genau auf den Zustand der wegen des hohen Gewichtes oft geänderten Bremsanlage und der Vorderachse geachtet werden. Wenn diese ein schlingerndes Fahrverhalten an den Tag legt, dann sind häufig Stoßdämpfer, Quer­lenker-Lager und Stabi-Buchsen verschlissen. Nicht zu empfehlen ist das nur mit hohen Kos­ten zu wartende ADS-System. Genau hinhören sollte man bei Laufleistungen ab 200.000 Ki­lometern. Spiel zwischen Teller- und Kegelrad im Differential ist deutlich hörbar. Kommt es bei Lastwechseln zu einem Schlagen aus dem Kardantunnel, sind meist die Hardyscheiben oder das Wellenmittellager verschlissen. Eine Reparatur wird sehr teuer. Die Ersatzteilsitua­tion ist mit Ausnahme der Motor-Steuergerä­te ausgezeichnet. Die Teile können über den Vertragshändler bezogen werden. Qualität und Passgenauigkeit haben aber ihren Preis. •

AUTO Z EITUNC CLASSI C CARS

MERCEDES 500 SL (R1291 KAUFBERATUNG

----MOTORVARIANTEN

Motor

Gemischbildung Hubraum Leistung bei Max. Dreh­momentbei Getriebe Antrieb Radaufhängung vorn Radaufhängung hinten Lenkung Bremsen v.fh. Reifen v.fh. L/B/H in mm Radstand in mm Leer-/Gesamtgewicht Bauzeit Stückzahl Fahrleistungen Verbrauch'

FAZIT

500 SL 11989-19921 SL 500 11992-19981 SL 500 11998-20011

V8-ZyL, vorn längs eingebaut; V8-ZyL, vorn längs eingebaut; V8-Zyl., vorn längs eingebaut; 4-Ventiler; zwei obenliegende 4-Ventiler; zwei obenliegende 3-Ventiler; eine obenliegende Nockenwellen Nockenwellen Nockenwelle

Saugrohreinspritzung (KE-, ab 9/ 92 LH-Jetronic, ab 9/ 95 Motronic ME) 4973 cml 4973 cml 4966 cml 240 kW/326 PS 235 kW/ 320 PS 225 kW/306 PS 5500/min 5600/min 5600/ min 450 Nm 470 Nm 460 Nm 4000/ min 3900/min 2700/ min 4-Gang-Automatik 4-Gang-, ab 9/ 95 5-Gang-Autom. 5-Gang-Automatik Hinterräder Hinterräder Hinterräder Dreieckquerlenker, Schrauben- Dreieckquerlenker, Schrau- Dreieckquerlenker, Sch rau-federn, Stabilisator benfedern, Stabilisator benfedern, Stabilisator Quer- und Schräglenker, Quer- und Schräglenker, Quer- und Schräglenker, Schraubenfedern, Stabilisator Schraubenfedern, Stabilisator Schraubenfedern, Stabilisator Servo-Kugelumlauf Servo-Kugelumlauf Servo-Kugelumlauf Scheiben/Scheiben Scheiben/ Scheiben Scheiben/ Scheiben 225/55 R 16; 225/ 55 R 16 225/ 55 R 16; 225/ 55 R 16 245/ 45 R 17; 245/ 45 R 17 4470/1812/1303 ab 9/95: 4499/ 1812/1303 4499/1812/ 1300 2515 2515 2515 1770/2160,ab9/91: 1800/2190kg ab 9/95:1910/ 2230 kg 1890/2210 kg 1989-1992 1992-1998 1998-1901 79.827 (bis 6/1998) 79.827 (inkL 500 SL) 23.704 Beschleunigung: 0 auf 100 Beschleunigung: 0 auf 100 Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 6,2 s (ab 9/92: 6,5); km/h in 6,5 s; Höchstge- km/ hin 6,5 s; Höchstge-Höchstgeschw.: 250 kmfh; schwindigkeit: 250 kmf h; schwindigkeit: 250 km/h; Verbrauch: 16,6 V100 km Verbrauch: 16,0 V100 km Verbr.: 12,7 V100 km (NEFZ) 125.400 Mark (1989) 167.670 Mark (1995) 176.963 Mark

VON INGO EIBERG Der R129 gehört zu meinen Ikonen

der 90er-Jahre. Konnte ihn sich damals nur die Upper

Class leisten, gehen die Preise für ordentliche Achtzy­

linder in den seriösen Autobörsen schon bei 9000 Euro

los. Wer schon mal einen modernen TDI gefahren hat.

den wird der durchzugsschwache Sechszylinder nicht

begeistern. Der V8 ist deshalb die beste, weil in allen

Belangen langlebigste und unproblematischste Wahl

für den Roadster. Zu der beeindruckenden Perfor mance, dem dezenten, aber wahrnehmba­ren V8-Sound und der außerordentlichen Laufruhe gesellt sich eine vorbildliche Zuverlässig­

keit. Anders als viele zeitgenössische Konkur renten profit iert der 500er SL im Unterhalt von

der Nähe zur Großserie. Auch Verbrauch, Versicherung und Steuer sind keine unüberwindba­

ren Hürden. Der im Vergleich zum V8 nur unwesentlich durchzugsstärkere V12 bleibt Enthu­

siasten vorbehalten. Regelmäßige Wartung vorausgesetzt. ist der SL ein Klassiker fürs Leben.