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1 Unternehmensbewertung und Due Diligence I. Einführung A. Grundlegendes Während die Unternehmensbewertung (UB) darauf abzielt, anhand von Bewertungs- methoden einen konkreten finanziellen Unternehmenswert zu ermitteln, der für die Bewer- tungsinteressenten die Entscheidungsgrundlage im Hinblick auf die Erfüllung bestimmter Bewertungsziele bilden soll, wird unter dem Begriff Due Diligence (DD) („gebührende“ Sorgfalt) in Wissenschaft und Praxis eine ganzheitliche Unternehmensanalyse verstanden, die vor allem bei bestimmten Anlässen (z. B. Akquisition, Sanierung, Umstrukturierung oder auch Börseneinführung von Unternehmen) zum Einsatz kommt. Im Folgenden werden zunächst Gemeinsamkeiten und Unterschiede von DD und UB untersucht und sodann Objekte, Funktionen und Methoden der UB im Überblick dargestellt. B. Beziehungen zwischen Unternehmensbewertung und Due Diligence Das Fachgebiet der UB hat sich auf allen Wissenschafts- und Praxisebenen der Betriebs- wirtschaftslehre durchgesetzt. Zwischenzeitlich besteht ein einheitliches Meinungsbild über den Begriff, die Konzeptionen, die Funktionen und die Methoden der UB. 1 Darüber hinaus liegen seit langem gesicherte Erkenntnisse für eine theoretische Fundierung vor 2 , womit als Folge dieser wissenschaftlichen Positionierung ein durchaus trennscharfes Konzept zu anderen betriebswirtschaftlichen Fachgebieten besteht. Im Ergebnis basiert die moderne (deutschsprachige) UB auf der Kölner Funktionslehre 3 der zufolge sich die anzuwendende Bewertungsmethode nach dem Bewertungszweck (z. B. der Beratung von Käufer oder Ver- käufer bei einem geplanten Unternehmenswechsel) zu richten hat. Hierdurch sollen Konflikte, die aus einer Zugrundelegung der objektiven oder der subjektiven Werttheorie bei der Ermittlung des Unternehmenswerts resultieren, vermieden werden. Die funktionale UB geht damit bei der finanziellen Wertfindung davon aus, dass Unternehmen nicht nur für jeden Bewertungsinteressenten einen spezifischen Wert, sondern auch für ein und dasselbe Subjekt nach Maßgabe der jeweiligen Aufgabenstellung einen durchaus unterschiedlichen Wert haben kann. 4 Ein derartiges umfassendes, von Wissenschaft und Praxis gemeinsam akzeptiertes Konzept kann aber im Hinblick auf die DD nicht identifiziert werden. Die Ansätze im einschlägigen Schrifttum erschöpfen sich vor allem darin, in unterschiedliche Formen (z. B. Commercial, Financial, Tax, Legal, Culture, und Environmental DD) 5 der DD zu unterscheiden und ihnen dann entsprechende Analyseschwerpunkte und Instrumente im Rahmen der üblichen 1 Vgl. z. B. IDW S 1, S. 1-41; Matschke/Brösel, 2013, S. 1-114. 2 Vgl. z. B. Moxter, 1983, S. 5-32. 3 Vgl. Schildbach, 1989, S. 301-322. 4 Vgl. Matschke/Brösel, 2013, S. 18. 5 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt III.A.

Unternehmensbewertung und Due Diligence

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Unternehmensbewertung und

Due Diligence I. Einführung

A. Grundlegendes

Während die Unternehmensbewertung (UB) darauf abzielt, anhand von Bewertungs-methoden einen konkreten finanziellen Unternehmenswert zu ermitteln, der für die Bewer-tungsinteressenten die Entscheidungsgrundlage im Hinblick auf die Erfüllung bestimmter Bewertungsziele bilden soll, wird unter dem Begriff Due Diligence (DD) („gebührende“ Sorgfalt) in Wissenschaft und Praxis eine ganzheitliche Unternehmensanalyse verstanden, die vor allem bei bestimmten Anlässen (z. B. Akquisition, Sanierung, Umstrukturierung oder auch Börseneinführung von Unternehmen) zum Einsatz kommt. Im Folgenden werden zunächst Gemeinsamkeiten und Unterschiede von DD und UB untersucht und sodann Objekte, Funktionen und Methoden der UB im Überblick dargestellt.

B. Beziehungen zwischen Unternehmensbewertung und Due Diligence

Das Fachgebiet der UB hat sich auf allen Wissenschafts- und Praxisebenen der Betriebs-wirtschaftslehre durchgesetzt. Zwischenzeitlich besteht ein einheitliches Meinungsbild über den Begriff, die Konzeptionen, die Funktionen und die Methoden der UB.1 Darüber hinaus liegen seit langem gesicherte Erkenntnisse für eine theoretische Fundierung vor2, womit als Folge dieser wissenschaftlichen Positionierung ein durchaus trennscharfes Konzept zu anderen betriebswirtschaftlichen Fachgebieten besteht. Im Ergebnis basiert die moderne (deutschsprachige) UB auf der Kölner Funktionslehre3 der zufolge sich die anzuwendende Bewertungsmethode nach dem Bewertungszweck (z. B. der Beratung von Käufer oder Ver-käufer bei einem geplanten Unternehmenswechsel) zu richten hat. Hierdurch sollen Konflikte, die aus einer Zugrundelegung der objektiven oder der subjektiven Werttheorie bei der Ermittlung des Unternehmenswerts resultieren, vermieden werden. Die funktionale UB geht damit bei der finanziellen Wertfindung davon aus, dass Unternehmen nicht nur für jeden Bewertungsinteressenten einen spezifischen Wert, sondern auch für ein und dasselbe Subjekt nach Maßgabe der jeweiligen Aufgabenstellung einen durchaus unterschiedlichen Wert haben kann.4

Ein derartiges umfassendes, von Wissenschaft und Praxis gemeinsam akzeptiertes Konzept kann aber im Hinblick auf die DD nicht identifiziert werden. Die Ansätze im einschlägigen Schrifttum erschöpfen sich vor allem darin, in unterschiedliche Formen (z. B. Commercial, Financial, Tax, Legal, Culture, und Environmental DD)5 der DD zu unterscheiden und ihnen dann entsprechende Analyseschwerpunkte und Instrumente im Rahmen der üblichen

1 Vgl. z. B. IDW S 1, S. 1-41; Matschke/Brösel, 2013, S. 1-114. 2 Vgl. z. B. Moxter, 1983, S. 5-32. 3 Vgl. Schildbach, 1989, S. 301-322. 4 Vgl. Matschke/Brösel, 2013, S. 18. 5 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt III.A.

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Phasen eines Transaktionsprozesses (z. B. Pre Deal und Post Deal mit den Phasen Strategie, Vorbereitung, Durchführung und Integration) zuzuordnen.6 Die DD stellt mithin im Vergleich zur UB ein unscharfes Konzept dar, das im Kern auf eine Analyse von Daten und Infor-mationen eines Zielunternehmens ausgerichtet ist und weiterhin im Rahmen des Akqui-sitionsprozesses die wesentlichen Einflussgrößen aufzeigen soll.7 Eine gesetzliche Grundlage für die Aufbau- und Ablauforganisation besteht wie auch bei der UB nicht, so dass für die Vertragspartner grundsätzlich Gestaltungsfreiheit besteht.

Vor diesem Hintergrund können zwei grundlegende Ansätze zu Einordnung der DD in den Tansaktionsprozess unterschieden werden. Nach der engeren Auffassung, die Abb. 1 verdeutlicht, wird die DD der Durchführungsphase mit der Wertbestimmung des Zielunter-nehmens zugeordnet und betrifft die Kernphase des Transaktionsprozesses.8 In der Regel wird vor Beginn einer DD in einem sog. Letter of Intent, der die Absichtserklärung für eine erfolgreiche Transaktion darstellt und damit eine bedeutende Voraussetzung für den Informationszugang zum Zwecke der Vornahme einer DD bildet, das Ausmaß der Geheimhaltungspflicht sowie die Höhe der Vertragsstrafe festgelegt. Nach der Vornahme der DD werden die Vertragsverhandlungen und der Abschluss vorgenommen. Folgt man der weiteren Auffassung, so betrifft die DD den gesamten Transaktionsprozess und kommt in den Phasen Strategie, Vorbereitung, Durchführung und Integration zum Einsatz, wobei sie Aufgaben der Untersuchung, Bestimmung, Realisierung und Steigerung des Werts des Zielunternehmens zu übernehmen hat. Während in der Strategie- und Vorbereitungsphase die Wertuntersuchung mit die Formulierung einer klaren strategischen Ausrichtung, der Festlegung der Transaktionskriterien, der Auswahl und Ansprache des Zielunternehmens sowie der Informationsauswertung im Vordergrund stehen, bezieht sich die Integrations-phase auf die Wertrealisierung und Wertsteigerung des Zielunternehmens mit seiner Eingliederung in die Geschäftsbereiche und die Erschließung von Synergiepotentialen. Es ist offensichtlich, dass nur die weitere Auffassung der DD zu einer umfassenden Unterstützung des gesamten Transaktionsprozesses von der Analyse der Ausgangssituation bis hin zur Integration des Zielunternehmens führt und daher im Zentrum der weiteren Untersuch-ungen steht.

Wird die weitere Auffassung der DD zugrunde gelegt, so greifen allen Phasen des Trans-aktionsprozesses auf die UB zurück, um im Rahmen der Wertuntersuchung, Wertbe-stimmung und Wertrealisierung bzw. Wertsteigerung auf Entscheidungswerte zur Beur-teilung des Zielunternehmens abstellen zu können, die von Wissenschaft und Praxis gleicher-maßen akzeptiert sind. Somit nimmt die DD im Verhältnis zur UB sowohl eine Zuliefer- als auch eine Absicherungsfunktion ein.9 Während die Zulieferfunktion die Bereitstellung aller Informationen beinhaltet, die zum Zwecke einer UB benötigt werden, umfasst die Absicherungsfunktion sämtliche Aktivitäten und Maßnahmen zur nachträglichen Bestäti-gung und ggf. Anpassung eines berechneten Unternehmenswerts, insbesondere dann, wenn zuvor eine Bandbreite mit einer Ober- und Untergrenze ermittelt wurde. Aus der Absiche-rungsfunktion folgt zudem, dass im Rahmen der DD weitere Methoden als die der UB zum Einsatz kommen müssen, damit im Ergebnis entscheidungsrelevante Werte für die Steue-rung des gesamten Transaktionsprozesses zur Verfügung gestellt werden können. In diesem

6 Vgl. z. B. IDW, 2014, S. 310-311; Meckl/Riedel, 2011, S. 380; Picot 2012, S. 264 7 Vgl. IDW, 2014, S. 309. 8 Modifiziert entnommen von Görtz 2006, S. 525. 9 Vgl. Berens/Strauch, 2007, S. 358.

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Zusammenhang zielt die DD darauf ab, Werte und Wertpotentiale des Zielunternehmens sichtbar zu machen, die die UB nicht oder nur unzureichend erfasst (z.B. die Erfassung von Synergien).

Aufgrund ihrer Orientierung an monetären Werten weist die UB primär eine Nähe zur Financial DD (z.B. Informationen über Jahresabschluss-, Lageberichts- und Finanzplanungs-informationen) auf, die auf eine vergangenheits- und zukunftsorientierte Analyse der Ver-mögens-, Finanz- und Ertragslage des Zielunternehmens vornimmt. Darüber hinaus werden zur Ermittlung des Unternehmenswerts vor allem auch Informationen aus der Legal DD (z.B. Informationen über in- und externe Rechtsstrukturen), der Commercial DD (z. B. Infor-mationen über die Marktposition, die Produkte und Vertriebswege) und der Tax DD (z.B. Informationen über effektive und latente Ertragsteuern und ihre Risiken) benötigt.10

Abb. 1: Einordnung der Due Diligence in den Transaktionsprozess

10 Vgl. hierzu im Einzelnen IDW, 2014, S. 324-395.

Wertuntersuchung Wertbestimmung Wertrealisierung und

-steigerung

Strategie Vorbereitung Durchführung Integration

Transaktionsprozess

Letter of Intent

Due Diligence

Vertragsverhandlungen und -abschluss

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C. Objekte und Funktionen der Unternehmensbewertung

Als Bewertungsobjekte kommen nicht nur rechtlich abgegrenzte Unternehmen wie z.B. Per-sonenunternehmen und Kapitalgesellschaften in Betracht, sondern die Methoden der UB sind nach h. M. auch auf folgende wirtschaftliche Einheiten anzuwenden:11

„weniger als 100 %-Anteile an einer Rechtseinheit Unternehmen,

Betriebe als technisch-organisatorisch abgrenzbare Bestandteile von Unternehmen,

Unternehmensteile, die weniger als einen Betrieb darstellen,

Unternehmensverbünde, die aus mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen bestehen, wie es bei einem Konzern der Fall ist.“

Wie Abb. 2 zeigt, hat sich die Art des Unternehmenswerts nach der Funktion des Bewer-tungsanlasses zu richten.12 Die wichtigsten Aufgaben werden in Verbindung zur DD im Folgenden erörtert.

Die Beratungsfunktion befasst sich mit der Ermittlung des Entscheidungswerts für eine Partei. Aus der Grundüberlegung, dass Käufer oder Verkäufer des Zielunternehmens als wirt-schaftlich handelnde Subjekte unterschiedliche Ziele und Handlungsalternativen besitzen, muss der subjektive Unternehmenswert als die Grenze ihrer Konzessionsbereitschaft er-mittelt werden. Für den Käufer stellt dieser den maximal zahlbaren Betrag in Gestalt einer Preisobergrenze dar, die zum Ausdruck bringt, welche anderen Alternativen (z. B. Anlage der für den Unternehmenskauf zur Verfügung stehenden Mittel in variabel verzinsliche Wert-papiere) bei gleicher Rendite nicht überschritten werden dürfen. Für den Verkäufer bildet der Entscheidungswert eine Preisuntergrenze, die er bei rationalem Verhalten nicht unter-schreiten darf, um sein Zielerreichungsniveau, das durch andere Alternativen (z.B. Weiterführung des Unternehmens oder Anlegen des erhaltenen Kaufpreises in risikoreiche Kapitalmarktpapiere) bei gleicher Rendite bestimmt wird, nicht zu beeinträchtigen. Sollten die Preisobergrenze für den Käufer bzw. die Preisuntergrenze für den Verkäufer und der Einigungspreis zwischen den Parteien aber gleich sein, hängt die Kauf- bzw. Verkaufs-entscheidung von anderen (nicht-)finanziellen Präferenzen der Beteiligten ab (z.B. Nach-haltigkeitsaspekte in Gestalt ökologischer Rahmenbedingungen oder Machtstreben) ab, die die UB nicht berücksichtigt hat und die im Rahmen der Absicherungsfunktion der DD anschließend ermittelt werden müssen. Ähnliches gilt, falls der aus den Vertragsverhand-lungen hervorgegangene Kauf- bzw. Verkaufspreispreis über bzw. unter der ermittelten Preisobergrenze bzw. -untergrenze liegt und die an der Unternehmensakquisition Beteiligen prüfen wollen, ob eine Transaktion vor dem Hintergrund ihrer individuellen Wertvor-stellungen dennoch in Betracht zu ziehen ist.

Bei der Beratungsfunktion ist zu beachten, dass das Kriterium der Unternehmensverände-rung eine zentrale Rolle zur Ermittlung des subjektiven Unternehmenswerts besitzt. Denn häufig kommt eine Transaktion nur zustande, weil der Verkäufer keine dauerhaften Alter-nativen mehr sieht, das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen, während der Käufer mit einer neuen Strategie (z. B. Managementwechsel, Einsatz neuer Technologien und Durch-setzung von Kostensenkungsmaßnahmen) davon überzeugt ist, künftige Entwicklungs-potenziale nutzen zu können. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die

11 Ballwieser/Hachmeister 2013, S. 6. 12 Entnommen von Günther 1997, S. 71.

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Funktion Art des Unternehmenswerts Art der Bewertung

Beratungsfunktion Subjektiver Unternehmenswert Entscheidungsorientierte Unternehmensbewertung

Schiedsgutachterfunktion „Fairer“ Einigungspreis aus zwei subjektiven

Unternehmenswerten

Schiedsgutachterliche Unternehmensbewertung

neutrale Gutachterfunktion Objektivierter Unternehmenswert;

Bewertung des Unternehmens erfolgt „so, wie es steht und

liegt“

Entscheidungsorientierte Unternehmensbewertung

Steuerungsfunktion Subjektiver Unternehmenswert

Controllingorientierte Unternehmensbewertung

Abb. 2: Hauptfunktionen der Unternehmensbewertung

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Berücksichtigung von (positiven) Synergieeffekten13 (sog. 2 + 2 = 5 Effekt), die der Käufer nur in Verbindung mit bereits bei ihm vorliegenden Voraussetzungen als Folge der Transaktion nutzen kann (z. B. wechselseitige Nutzung von Vertriebssystemen, die durch den Unter-nehmenskauf möglich wird oder die Verwendung erworbener Verlustvorträge zur Senkung steuerlicher Bemessungsgrundlagen). Diese Synergien müssen durch eine der UB folgende zusätzliche Analyse im Rahmen der Absicherungsfunktion der DD erfasst werden, um den künftigen subjektiven Unternehmenswert des Erwerbers zu ermitteln.

Der im Zusammenhang mit der Beratungsfunktion berechnete Entscheidungswert wird in der Praxis auch häufig als „Wert hinter der vorgehaltenen Hand“ bezeichnet, da Ver-handlungen zwecklos sind, sobald die Gegenpartei diesen Grenzwert kennt. Im Ergebnis stellen subjektive Unternehmenswerte zum einen Zukunftserfolgswerte dar, da sie an der künftigen Zielerfüllung von Käufer und Verkäufer ausgerichtet sind. Zum anderen repräsen-tieren sie nicht ausschließlich den Wert, der bei dem Zielunternehmen vorzufinden ist, sondern stellen den Wert dar, der nach der Transaktion für die Beteiligten zu erwarten ist.

Die aufgrund der Schiedsgutachter- oder Vermittlungsfunktion berechnete Unternehmens-wert stellt keinen allgemein gültigen oder objektiven Wert dar. In diesem Zusammenhang ermittelt ein Gutachter einen Einigungspreis als den für die Transaktion zu zahlenden Betrag, den sowohl der Käufer als auch der Verkäufer zu zahlen bereit ist. Dieser liegt unterhalb der Preisobergrenze des Käufers und oberhalb der Preisuntergrenze des Verkäufers. Er stellt im Ergebnis einen Entscheidungswert dar, der aus zwei subjektiven Unternehmenswerten gebildet wird und nur ermittelt werden kann, wenn vorher die Grenzen der konfligierenden Parteien festgelegt wurden und dem Gutachter auch bekannt sind.

Im Rahmen der neutrale Gutachterfunktion (z. B. Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte als Sachverständige vor Gericht) wird ein objektiver Wert des Unternehmens als Ausgangs-grundlage für Entscheidungen festgelegt, dessen Ermittlung ohne Berücksichtigung subjek-tiver Merkmale und Gestaltungsmöglichkeiten der Beteiligten erfolgt.14 Nach diesem Konzept wird das Unternehmen bewertet „so, wie es steht und liegt“. Der objektivierte Unternehmenswert drückt mithin den Wert des im Rahmen des vorhandenen Konzepts fortgeführten Unternehmens aus.

Neben der zuvor genannten traditionellen Funktionen der Unternehmensbewertung hat sich in jüngerer Zeit die Steuerungsfunktion herausgebildet, die auf eine permanente interne UB durch das Controlling ausgerichtet ist, um dem Management subjektive Entscheidungswerte zur Wertschöpfungsmessung und sodann zur kapitalmarktorientierten Unternehmenssteuerung zu liefern.15 Das Management soll anhand dieser subjektiven UB in die Lage versetzt werden, das Unternehmen im Sinne der Stakeholderinteressen nach Maßgabe des Steigerungsziels des Unternehmenswerts führen und überwachen zu können. Unter Bezugnahme auf die Einordnung der DD in den gesamten Transaktionsprozess spielt die Steuerungsfunktion einerseits eine Rolle in der Strategie- und Vorbereitungsphase, in der die Auswirkungen einer geplanten Akquisition auf den Wert des erwerbenden Unter-nehmens analysiert werden sollen und andererseits in der Integrationsphase des akqui-rierten Unternehmens, wenn es gilt, seine Wertrealisierung und -steigerung im Rahmen der Eingliederung in die Geschäftsbereiche und die geplante Hebung von Synergien zu messen,

13 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt III.C. 14 Vgl. IDW, 2014, S. 25. 15 Vgl. Freidank 2019a, S. 19-23.

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zu steuern und hierüber zu berichten. Demgegenüber kommt der Beratungs-, der Vermittlungs- und der neutralen Gutachterfunktion primär Bedeutung in der Durch-führungsphase des Transaktionsprozesses zu, da hier die konkrete Wertbestimmung des Zielunternehmens im Rahmen von Vertragsverhandlungen bzw. (außer-)gerichtlichen Auseinandersetzungen im Mittelpunkt des Interesses steht.

D. Zentrale Methoden der Unternehmensbewertung im Überblick

Im Schrifttum werden die Methoden der UB in verschiedene Gruppen unterschieden,16 von denen die beiden folgenden zentrale Bedeutung im Rahmen der DD besitzen:

Einzelbewertungsmethoden und

Gesamtbewertungsmethoden.

Im Rahmen der Einzelbewertungsmethoden bildet der Einzelwert einen eindeutigen ab-grenzbaren, unabhängigen Wert für die jeweiligen materiellen und immateriellen Wirt-schaftsgüter, die dann zu einem gesamten Unternehmenswert zusammengefasst werden. Ausprägungen dieser Konzeption sind die Methoden des Substanz- und Liquiditätswerts. Während der Substanzwert von der Reproduktion des zu bewertenden Unternehmens ausgeht und im Ergebnis als Unternehmenswert die Summe der mit Wiederbeschaf-fungspreisen bzw. Erfüllungsbeträgen bewerteten Vermögensgegenstände und Schulden darstellt, ist der Liquidationswert im Falle einer geplanten Auflösung (Zerschlagung) eines Unternehmens als Bewertungsgrundlage heranzuziehen. Er ermittelt den Unternehmens-wert als Summe der mit Veräußerungspreisen bewerteten Vermögensgegenstände und Schulden.

Die Gesamtbewertungsmethoden lösen sich von Einzelwerten und der Prämisse ihrer Unab-hängigkeit und betrachten das Unternehmen als Einheit, um auch die bestehenden Ver-bundeffekte zwischen Vermögensgegenständen und Schulden berücksichtigen zu können. Zudem spielt bei diesen Methoden die Zukunftsorientierung und die Mehrperiodigkeit eine dominierende Rolle, indem sie in die Berechnungen zur Bestimmung des Unternehmens-werts künftige Zahlungs- und Zinskomponenten einbeziehen sowie grundsätzlich von der Prämisse der Unternehmensfortführung (Going Concern) ausgehen. Ihre wichtigsten Aus-prägungen stellen das Ertrags- und die Discounted Cash Flow- (DCF-)Verfahren dar, die auf dem investitionstheoretischen Konzept der Kapitalwertmethode17 basieren. Während der Ertragswert die Summe der während des Planungszeitraums von dem Zielunternehmen erwirtschafteten und abgezinsten Ausschüttung an die Anteilseigner darstellt, ermitteln die DCF-Methoden den Unternehmenswert durch Prognose und Diskontierung der während des Planungszeitraums erzielten Cash Flows.

Der Substanzwert besitzt im Rahmen der modernen UB keine eigenständige Bedeutung mehr,18 da er nicht in der Lage ist, sämtliche relevanten Werte einzubeziehen (z.B. bleiben nicht bilanzierungsfähige immaterielle Werte und die Verbundeffekte der Einzelwerte unberücksichtigt) und weiterhin ein direkter Bezug zu künftigen finanziellen Überschüssen des zu bewertenden Unternehmens fehlt. Demgegenüber besitzt der Liquidationswert stets Relevanz, wenn die Weiterführung des Unternehmens nicht geplant oder aufgrund wirt-schaftlicher Schwierigkeiten nicht möglich ist, weil keine positive Fortführungsprognose

16 Vgl. Etwa Ballwieser/Hachmeister, 2013, S. 8; IDW, 2014, S. 45-68; Matschke/Brösel, 2013, S. 103 und die Ausführungen zu Gliederungspunkt E. 17 Vgl. Freidank 2019a, S. 371-379. 18 Vgl. IDW, S 1, Tz. 171.

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mehr gegeben werden kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Fortführung des Unternehmens mit eigenen finanziellen Mitteln nicht zu sichern ist, der Eintritt eines Insolvenzgrundes nach § 17, § 18 oder § 19 InsO vorliegt und weder andere oder tatsächliche Gegebenheiten (z. B. Sanierungsalternativen) für die Annahme der Unter-nehmensfortführung sprechen.19

Im Ergebnis ist der Liquidationswert stets zu ermitteln, wenn bei notleidenden Unter-nehmen nicht mehr von einer Fortführung (Going Concern) i. S. d. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auszugehen ist oder trotz einer positiven Fortführungsprognose das Unternehmen in Einzelteile zerlegt und veräußert werden soll. Er stellt die Preisuntergrenze für den Verkäufer dar und wird im Rahmen der UB ermittelt als Barwert der Nettoerlöse, die sich aus der Veräußerung der Vermögensgegenstände abzüglich Schulden und Liquidations-kosten während des Auflösungszeitraums ergeben, wobei zukünftig entstehende Ertrag-steuern diesen Barwert mindern können.20

E. Zusammenfassung

Es konnte gezeigt werden, wie UB und DD im Rahmen von Unternehmensakquisitionen durch miteinander vernetzt sind. Die UB kommt grundsätzlich in allen Bereichen des Transaktionsprozesses zur Anwendung, wobei ihr Haupteinsatzgebiet die Phase der Transaktionsdurchführung betrifft, in der die eigentliche Wertbestimmung des Zielunter-nehmens vorgenommen wird. Ob die Durchführung der UB aus subjektiver oder objektiver Sicht zu erfolgen hat, richtet sich nach der Art der Bewertung. Im Regelfall kommen die Gesamtbewertungsmethoden zum Einsatz, von denen der Free Cash Flow-Ansatz in Wissenschaft und Praxis am weitesten verbreitet ist. Lediglich bei der Bewertung notleidender Unternehmen, die nicht fortgeführt werden können oder sollen, wird auf die Liquidationswertmethode zurückgegriffen. Eine Nähe weist die UB insbesondere zur Financial, Commercial, Legal und Tax DD auf, die die relevanten Informationen für die Durchführung der UB liefern.

Sofern die zur Verfügung stehenden Methoden der UB nicht in der Lage sind, den relevanten Unternehmenswert zutreffend darzustellen, bedarf es im Kontext der Absicherungsfunktion der DD einer Anpassung. Derartige Adaptionen sind zunächst erforderlich, wenn die über den gesamten Planungszeitraum prognostizierten und diskontierten Cash Flows die Wert-entwicklung des Zielunternehmens nicht hinreichend genau erfassen. Deshalb muss versucht werden, die relevanten Werttreiber zu qualifizieren und, soweit es möglich ist, zu operationalisieren, damit sie im Rahmen von Kaupreisverhandlungen als Entscheidungs-werte sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eingesetzt werden können. Weiterhin ermitteln die Methoden der UB im Rahmen der DD lediglich einen sog. Stand alone-Value, der den finanziellen Wert des Zielunternehmens ohne Berücksichtigung von echten Synergieeffekten darstellt. Bei diesen Synergien handelt es sich um solche Verbundwirkun-gen, die immer dann entstehen, wenn bei Transaktionen geplant ist, das Zielunternehmen mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen und hierdurch ein zusätzlicher Wert entsteht, der durch das Zielunternehmen alleine nicht geniert werden könnte. Auch in diesem Falle bedarf es einer Identifizierung und Operationalisierung der relevanten Synergie

19 Vgl. etwa Kreipl/Müller 2018, Rz. 40-46 zu § 252 HGB. 20 vgl. IDW, S 1, Tz. 140-141.

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effekte, um die Informationsgrundlage für Entscheidungen und Steuerungen im Rahmen des Transaktionsprozesses zu optimieren.21

II. Unternehmensbewertung

A. Entwicklungslinien und Konzeptionen

1. Objektive, subjektive und funktionale Werttheorie

Historisch betrachtet stand am Anfang die objektive UB, die von der Auffassung getragen wird, dass der Wert des Unternehmens eine objektive Größe sei bzw. dass dieser Wert für jedermann gleichermaßen Gültigkeit besitze (z.B. der Marktpreis). Kritisch anzumerken ist, dass generell jeder Wert subjektbezogen Charakter als Ergebnis eines Subjekt-Objekt-Verhältnisses trägt. Den Wert des Unternehmens an sich (objektiver Wert) gibt es nicht und die Bewertung eines Unternehmens nach Maßgabe des Postulats „wie es steht und liegt“ ist daher nicht überzeugend. Gemäß dieser objektiven Werttheorie, die bis Mitte 1960 im Schrifttum dominierte, ist das Unternehmen losgelöst von Personen und ihrer individuellen Beurteilung zu bewerten. Der objektive Wert soll für jedermann gelten, weil er von jedem realisiert werden kann. Diese Wertkonzeption zielt darauf ab, den Interessengegensatz zwischen Käufer und Verkäufer durch einen unparteilichen (neutralen) Gutachter zu über-winden.

In der Entwicklung der UB folgte sodann eine Gegentendenz, die auf das andere Extrem abstellt. Der Wert wird nach dieser Auffassung nur noch als rein subjektive Größe angesehen, wobei der subjektive Charakter vor allem in zwei Komponenten zum Ausdruck gebracht kommt:

Die subjektiven Anlagemöglichkeiten des betreffenden Investors fließen nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips mit in das Kalkül der UB ein.

Als zweite Einflussgröße ist der Zielplan des Investors zu berücksichtigen. In diesem sind die Ergebnisdefinition und die persönlichen Präferenzen des Bewertungs-interessenten (Arten-, Höhen-, Zeit- und Sicherheitspräferenz)22 enthalten. Die Ergebnisdefinition enthält mithin die Sachverhalte, die vom Investor für wichtig erachtet werden. In erster Linie sind das Erfolgsgrößen in Gestalt von Gewinnen oder Zahlungsüberschüssen. Darüber hinaus spielen aber auch andere Ziele wie Umsatz, Macht, Prestige, Selbstverwirklichung, Marktanteilserweiterung, Marktwertsteige-rung, Arbeitsplatzerhaltung oder Sicherstellung sozialer und umweltbezogener Rah-menbedingungen eine wichtige Rolle.

Die dieser Entwicklungsrichtung zugrunde liegende subjektive Werttheorie leitet den Wert der Güter aus ihrem Gebrauchswert ab und gibt ihnen damit eine subjektive und psycho-logische Erklärung. Sie bestimmt den Wert als die Vorliebe von Personen für Gegenstände, da die Einschätzung ihres Nutzens und damit ihres Werts vom Betrachter abhängt. Die entscheidende Ausformung fand die subjektive Werttheorie in der Grenznutzentheorie, die besagt, dass die Intensität eines Bedürfnisses mit zunehmender Befriedigung abnimmt. Unter der Voraussetzung, dass ein Gut beliebig teilbar ist, bestimmt sich der Wert des Guts nach dem Nutzen, der mit der letzten Teilmenge zu erzielen ist.23 Die subjektive Wert-theorie, die als Gegenstück zum objektiven Ansatz entwickelt wurde, zielt somit darauf ab,

21 Vgl. Rockholtz 2011, S. 177-199 und die Ausführungen zu Gliederungspunkt III.B. 22 Vgl. hierzu etwa Schildbach 2005, S. 15-16. 23 Vgl. hierzu Freidank 2012, S. 8-10.

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zu erfassen, was das Unternehmen unter Berücksichtigung der subjektiven Planung eines Interessenten für diesen wert ist. Allerdings liegt ihre Schwäche darin begründet, dass sie nicht in der Lage ist, das Zustandekommen unterschiedlicher Bewertungsergebnisse von Individuen im Hinblick auf ein und dasselbe Bewertungsobjekt überzeugend zu erklären.

Die funktionale Werttheorie versucht, den Gegensatz zwischen der objektiven und sub-jektiven Auffassung zu überwinden, indem sie bestimmte Bewertungsaufgaben bestimmten Bewertungsmethoden zuordnet. Der Wert eines Bewertungsobjekts wird bei diesem Ansatz in Bezug auf eine gegebene Zielsetzung unter Berücksichtigung des Entscheidungsfelds des Bewertenden abgeleitet, d.h. die Gesamtheit seiner Handlungsmöglichkeiten, die ihm in einer bestimmten Situation zur Zielerreichung zur Verfügung stehen, werden im Sinne der subjektiven Werttheorie berücksichtigt. Es lassen sich dann wissenschaftliche Urteile über den Wert abgeben, da sein Zustandekommen unter Einbeziehung des Bewertungszwecks nachvollziehbar und erklärbar ist.

Die UB hat somit im Zeitablauf eine stete Entwicklung genommen, die man als einen Kompromiss aus extremen Betrachtungsweisen deuten kann. Das Resultat ist eine Funk-tionenlehre, die sich in folgende zentrale Aufgabenbereiche gliedern lässt:24

Beratungsfunktion,

Schiedsgutachter- oder Vermittlungsfunktion,

Argumentationsfunktion,

neutrale Gutachterfunktion

Kommunikationsfunktion,

Steuerbemessungsfunktion,

Steuerungsfunktion.

Die ersten vier Aufgaben wurden ursprünglich als Hauptfunktionen bezeichnet, während die anderen drei Hilfsfunktionen darstellen, von denen aber die Steuerungsfunktion in jüngerer Zeit im Rahmen des Controlling einen Bedeutungszuwachs erlangt hat und deshalb zwischenzeitlich auch zu den Hauptfunktionen der UB gerechnet wird.

Die Kommunikationsfunktion (auch als Bilanzfunktion bezeichnet), auf die im Folgenden nicht näher eingegangen wird, zielt darauf ab, Informationen in verschlüsselter Form an die weiterzuleiten. Voraussetzung ist, dass alle am Informationsprozess Beteiligten (Ersteller und Adressaten des Jahresabschlusses) diese Kodierungsregelungen kennen (z.B. Bewertung eines derivativen Firmenwerts nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB). Hieraus folgt, dass sich aus den retrospektiven Informationen der publizierten Jahresabschlüsse Informationen zum Zwecke der Unternehmensbewertung entnehmen lassen. Gleiches gilt für die Steuerbemessungs-funktion, die beabsichtigt, aus den im Rahmen einer UB ermittelten Steuerbemessungs-grundlagen die entscheidungsrelevanten Steuerwirkungen abzuleiten.

Die bisher noch nicht erwähnt Argumentationsfunktion soll Gründe liefern, um bei den Verhandlungen über den Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens aber auch bei Ausein-andersetzungen vor Gericht die Verhandlungsposition einer Partei zu stärken. Hier werden Argumente (z.B. nicht in finanziellen Erfolgsgrößen zu formulierende Einflussgrößen oder Synergieeffekte) zusammengetragen, um den Verkaufspreis z.B. in die Höhe zu treiben (Verkäufersicht) oder ihn zu senken (Käufersicht). Somit dienen Argumentationswerte der

24 Vgl. hierzu die Ausführungen im zu Gliederungspunkt I.D.; IDW S 1, Tz. 12; Matschke/Brösel 2013, S. 22-24.

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Beeinflussung des Verhandlungspartners, die darauf ausgerichtet sind, einen Unterneh-menswert zu realisieren, der möglichst nahe am Entscheidungswert der jeweiligen Partei liegt. Im Gegensatz zum Entscheidungswert, der im Rahmen der Beratungsfunktion zur Ermittlung kommt, wird der Argumentationswert der Gegenpartei bekannt gegeben und mit Überzeugungskraft vertreten.25 Um über einen Verhandlungsspielraum verfügen zu können, muss er von den Beteiligten flexibel ausgestaltet und innerhalb einer bestimmten Bandbreite zu akzeptiert sein. Eine Partei, die eine optimale Argumentationsstrategie betreibt, hat alle Bewertungsmethoden genau zu kennen und die unterschiedlichen Werte, die sich aus den Methoden ergeben, zu ermitteln, um diejenige Methode vorschlagen zu können, die den eigenen Vorstellungen am nächsten kommt.

2. Entscheidungsunterstützung

Zur Unterstützung der Wertfindung im Rahmen der UB wird häufig auf das Fachwissen von Experten (z.B. Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater) zurückgegriffen, die im Auftrag und gegen Entgelt von an der UB Beteiligten (z.B. Verkäufer, Käufer oder öffentlich-rechtliche Institutionen) tätig werden.26 Beratung bedeutet in diesem Zusammenhang ganz allgemein die Abgabe von Verhaltensempfehlungen, d.h. das Aufzeigen mindestens einer Möglichkeit, eine gegebene und als unbefriedigend empfundene Ausgangssituation in eine für die zu Beratenden günstigere Situation zu überführen. Die Beratung setzt folglich das Vorhanden-sein eines Missverhältnisses zwischen dem Gegebenen und dem Erreichbaren auf der Seite der zu Beratenden voraus. Sie lässt sich als Hilfe bei der Lösung von Problemen kenn-zeichnen, deren Inhalt ein Zustandsveränderung der Realität bewirken soll. Ein im Rahmen der UB von einem Sachverständigen erstelltes Gutachten stellt eine Meinungsäußerung über rechtliche oder betriebswirtschaftlich relevante Sachverhalte bzw. geplante, relevante Handlungen mit dem Ziel dar, durch Heranziehen von gesicherten Erkenntnissen die Ent-cheidungsfindung der an der UB Beteiligten zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund stellt die UB eine Komponente der Unternehmensberatung bzw. Begutachtung dar.

Charakteristisch für die Unternehmungsbewertungslehre ist, dass vor Beginn des eigent-lichen Verhandlungsprozesses Optimierungsmodelle aufgestellt werden, in denen sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten für das zu erwerbende Unternehmen Berücksichtigung finden müssen. Zur Ermittlung der jeweiligen Entscheidungswerte greift die Praxis der UB vorrangig auf das Verfahren zur Kapitalisierung von Zukunftserfolgen zurück, da die Interessen der Beteiligten in aller Regel an zukünftigen Zielgrößen orientiert sind. Hierunter versteht man eine Barwert-(Kapital-)wertermittlung als Ergebnis der Abzinsung zukünftiger Zahlungsüber-schüsse, die durch das zu bewertende Unternehmen erzielt werden können.27 Bei der Ermittlung des Entscheidungswerts müssen die Ziele und das Entscheidungsfeld des Bewertungsinteressenten bekannt sein. Ist beispielsweise das Ziel rein monetärer Art (z.B. Gewinn, Cash Flow), so wäre die Frage zu stellen: Was müsste der Kaufinteressent alternativ anlegen, um mindestens einen Zahlungsstrom zu erlangen, den er aus dem Bewertungs-objekt mit hinreichender Sicherheit erwartet? Da die Zahlungsströme von Bewertungsobjekt und Alternativanlage in ihrer Art i.d.R. unterschiedlich sind, kommen bei der Bewertung Präferenzensysteme zum Einsatz, die daraus ausgerichtet sind, die Resultate dann auf einer Ebene vergleichen zu können. So werden z.B. Zahlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunk-

25 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt I.C. 26 Vgl. etwa § 2 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 WPO. 27 Vgl. hierzu Freidank 2019a, S. 317-379 und die Ausführungen im Zweiten Teil zu Gliederungspunkt II.E.1.a.

Page 12: Unternehmensbewertung und Due Diligence

12

ten anfallen, durch Abzinsung mit einem risikoadjustierten Kalkulationszinssatz im Rahmen der Zeit- und Sicherheitspräferenz vergleichbar gemacht.

Die an finanziellen Erfolgskennzahlen orientierten Methoden der UB unterstellen, dass sich der Unternehmenswert und seine Veränderung durch Prognose und Kapitalisierung von Zahlungsgrößen (z.B. Cash Flow) ermitteln lassen. Sofern der Wert des Unternehmens aber mit finanziellen Erfolgsgrößen nur unzureichend zu messen ist, muss zusätzlich auf nicht-finanzielle Kennzahlen oder qualitative Merkmale im Rahmen der Due Diligence zurückge-griffen werden. Die sich in diesem Zusammenhang erhebenden Fragen könnten dann folgende Beispiele betreffen:

Welchen Einfluss haben die in den letzten Jahren gestiegenen Fluktuationsquoten und CO2-Emissionen auf den Unternehmenswert?

Kann von erhöhten Fortbildungsmaßnahmen auf die Zunahme des Human Capital im Unternehmen geschlossen werden?

Soll der Firmenname übernommen werden?

Will der ehemalige Eigentümer in der Unternehmensleitung noch mitarbeiten?

Sollen der ehemalige Vorstand und der Aufsichtsrat übernommen werden?

Befindet sich das installierte interne Steuerungs- und Überwachungssystem auf dem neuesten Stand?

Entspricht der vorgefundene Digitalisierungstand den branchenüblichen Anforder-ungen?

Welche Einflüsse haben die vom ehemaligen Management verursachten unterneh-mensbezogenen Reputationsschäden, die sich auf die Nichteinhaltung sozialer und ökologischer Standards beziehen, auf den Unternehmenswert?

B. Mögliche Anlässe einer Unternehmensbewertung

Bevor die vorstehend dargestellte funktionale Werttheorie der UB entwickelt wurde, existierte eine Lehre, die nach Anlässen differenzierte. Nachfolgend soll dieser historische, überholte methodische Ansatz nicht wieder aufgenommen werden, sondern es ist beab-sichtigt, an ausgewählten, repräsentativen Gründen zu verdeutlichen, wann eine UB relevant werden kann. Vor diesem Hintergrund gibt Abb. 3 einen Überblick über ausgewählte, wichtige Anlässe einer UB, auf die im weiteren Verlauf noch detailliert eingegangen wird. Hier wird eine Unterscheidung nach Maßgabe der Kriterien gesetzliche Vorschriften/ gerichtliche Nachprüfungen, privatrechtliche Vereinbarungen und sonstige Anlässe vorgenommen. Neben der dargestellten Konzeption finden sich in der einschlägigen Literatur weitere Systematisierungsvorschläge zu Anlässen von UB, die sich nur in Einzelheiten unter-scheiden, von denen aber keiner den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben kann.

Abschließend zu den Anlässen einer UB bedarf es des Hinweises, dass auch das Management bestimmten in- oder externen Institutionen (z.B. Controlling, Interne Revision, Wirtschafts-prüfer, Unternehmensberatungen) einen Unternehmensbewertungsauftrag für interne Zwecke geben kann. Dies wird im Rahmen der Steuerungsfunktion der UB häufig der Fall sein, wenn das Management Informationen über den Zielerreichungsgrad des angestrebten Unternehmenswerts im Rahmen eines unternehmenswertorientierten Controlling wünscht.

Page 13: Unternehmensbewertung und Due Diligence

13

Abb. 3: Zentrale Anlässe für eine Unternehmensbewertung

Ausgewählte Gründe

Privatrechtliche

Vereinbarungen Gesetzliche Vorschriften/

gerichtliche Nachprüfungen

Angemessener Ausgleich

( § 304 AktG)

Abfindung in Aktien

( § 305, § 320b AktG)

Barabfindung

( § 305, § 320b AktG;

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176

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184,

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Verschmelzungen, Auf - und

Abspaltungen gemäß UmwG

Zugewinnausgleich

( § 1376 BGB)

Bewertung von Anteilen an nicht börsennotierten Kapitalgesell- schaften für steuerliche Zwecke ( § 11 Abs. 2 BewG)

Kauf bzw. Verkauf ganzer Unter

Unter

- nehmen bzw. von Beteiligungen (Eigentümerwechsel)

Einbringen ganzer Unternehmen

bei Sachgründungen

Ein - bzw. Austritt in bzw. aus Personengesellschaften ( § 738 BGB)

Erbauseinandersetzungen, Erbteilungen

Schiedsgutachten

Sonstige Anlässe

Freiwillige Entflechtungen

Bilanzielle Bewertung von

Beteiligungen nach § 271 Abs. 1 HGB

Börseneinführungen von

Unternehmen

Beurteilung von Unternehmen: z.B. bei Kreditwürdigkeits-

und/oder Rentabilitäts - prüfungen

Interne Unternehmensbewer-

tung zur Steuerung des Shareholder Value

Fair Value Ermittlung im

Rahmen der Internationalen

Rechnungslegung

Page 14: Unternehmensbewertung und Due Diligence

14

B. Aufbau und Ablauf einer Unternehmensbewertung

1. Grundlegendes

Im Rahmen der Vorverhandlungen von Unternehmensakquisitionen sind drei Aspekte von besonderem Interesse: Die Geheimhaltung der Informationen des veräußerungswilligen Unter-nehmens, die Bindungswirkung der Vertragsverhandlungen und die Bezahlung eines ggf. in Auf-trag gegebenen Bewertungsgutachten. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass Vorfeldverträge und Vorfeldabsprachen nur einen begrenzten Schutz gegen unzulässige Informationsverwertungen bieten. Deshalb erscheint die Absicherung über zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Berater, Gutachter oder Vermittler in diesem Zusammenhang erfolgversprechender.28 Ferner besteht eine Bindungswirkung der Vorverhandlungen grundsätzlich nicht. Im Einzelfall kann es aber von Interesse sein, möglichst schnell Sicherheit über den geplanten Eigentumswechsel zu erreichen, auch wenn noch nicht alle Akquisitionsfragen geklärt sind. Der „Letter of Intent“ (Bereitschafts- oder Absichtserklärung) schafft aber in aller Regel keine verbindlichen Rechtswirkungen, räumt aber den potentiellen Vertragspatnern bestimmte Vorbedingungen ein, wie z.B. das Recht auf Prüfung entscheidungsrelevanter Unterlagen zum Akquisitionsprozesses. In der Praxis werden die in Rede stehenden Unterlagen Kaufinteressenten häufig in einem sog. (virtuellen) Data Room für Analysen zur Verfügung gestellt. Weitere Instrumente zur Herstellung einer vertraglichen Sicher-heit sind etwa Gestaltungen wie „Bindendes Vertragsangebot“, „Unternehmenskauf mit auszuhandelnden Einzelaspekten“. In diesen Vorverträgen befinden sich jedoch häufig Klauseln (sog. Escape Clauses), die es den Vertragspartnern gestatten, vom Kauf bzw. Verkauf zurück-zutreten, wenn bestimmte Bedingungen nicht erfüllt werden. Vor allem der Kaufinteressent wird für seine Entscheidung Unterlagen sammeln und Bewertungen durchführen bzw. durchführen lassen. Scheitern die Verhandlungen über den Eigentumswechsel, so stellt sich die Frage, wer die angefallenen Kosten zu ersetzen hat. Dieser Anspruch auf Kostenerstattung ist heftig umstritten und sollte im Vorfeldvertrag geregelt werden.

Zu Beginn einer UB müssen zunächst das Objekt, der Anlass, das Ziel, der Zeitpunkt, die Vor-gehensweise der Bewertung, die erforderlichen Informationen und ggf. die Art und Weise der Berichterstattung über die gesamte UB festgelegt werden. Sofern mit der UB ein selbständiger Experte beauftragt wird, empfiehlt es sich, diese Rahmenbedingungen u.a. mit in den Berater- bzw. Gutachtervertrag aufzunehmen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Während im ersten Fall grundsätzlich ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB vorliegt, nach dem der Sachverständig lediglich das bloße Wirken, d.h. die Beratungsleistung, dem Auftraggeber schul-det, besteht im zweiten Fall ein Werkvertrag gemäß § 631 BGB, nach dem der Sachverständige ein bestimmtes Arbeitsergebnis, d.h. das Gutachten zur UB, dem Auftraggeber schuldet. Da Anlass und Ziel der UB bereits dargestellt wurden,29 wird im Folgenden zunächst auf Unternehmen als Bewertungsobjekte im Einzelnen eingegangen. Sodann werden Zeitpunkt und Vorgehensweise der UB, erforderliche Informationen zur UB und die Berichterstattung über die UB erörtert. Abschließend wird auf Besonderheiten bezüglich der Aufbau- und Ablauforganisation im Rahmen einer controllingorientierten UB eingegangen.

28

Vgl. z.B. die für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer geltenden Regelungen von § 43 Abs. 1 und § 50 WPO. 29 Vgl. hierzu die Ausführungen Gliederungspunkt I.A und I.B.

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2. Unternehmen als Bewertungsobjekte30

a. Systematisierung

Als Unternehmen oder Betriebe bezeichnet die BWL planmäßig organisierte Wirtschafts-einheiten, in denen Produktionsfaktoren (z.B. Werkstoffe, Betriebsmittel, Arbeitsleistungen und dispositive Faktoren wie die Führung und Überwachung) eingesetzt und kombiniert werden, um Güter (z.B. fertige Erzeugnisse in einem Industrieunternehmen) oder Dienstleistungen (z.B. Beratungs- und Prüfungsleistungen in einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen) herzustellen und abzusetzen.31 Wie bereits dargelegt wurde,32 kommen als Bewertungsobjekte neben rechtlich abgegrenzten Unternehmen auch wirtschaftliche Einheiten wie z.B. Beteiligungen an Unter-nehmen, Unternehmensteile oder Unternehmensverbünde in Betracht. Mithin können etwa große wie kleine Unternehmen, Handwerksbetriebe wie Kosmetiksalons, Architektenbüros, Steuerbera-tungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen, Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunterneh-men sowie Konzerne oder auch Teilbetriebe, Werke oder Profit Center eines Unternehmens Objekte der UB sein. Bei der Bewertung von Anteilen ist im Bewertungsauftrag zu klären, ob eine direkte oder indirekte Anteilsbewertung vorzunehmen ist, d.h. ob eine quotale Aufteilung des Gesamtwertes auf die Anteile erfolgt oder ob die Bewertung für den einzelnen Anteil direkt vorgenommen werden soll.

Im Mittelpunkt der UB stehen primär privatwirtschaftliche Unternehmen, die sich nach Abb. 4 grundlegend in Personenunternehmen, körperschaftlich organisierte Unternehmen und rechts-fähige Stiftungen unterscheiden lassen.33 Als öffentlich-rechtliche Unternehmen werden hinge-gen Wirtschaftssubjekte bezeichnet, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z.B. Bund, Länder, Gemeinden) unmittelbar und mittelbar getragen werden (z.B. Landesbanken, Rundfunkanstalten und Krankenhäuser). Ihr Auftrag besteht darin, öffentliche Aufgaben selbst-ständig durch entgeltliche Leistungsabgabe zu erfüllen (z.B. Versorgungsleistungen von Kranken-häusern gegen entsprechende Gebühren). Allerdings können öffentliche Betriebe auch in privater Rechtsform geführt werden (z.B. städtische Verkehrsbetriebe). Sofern sich die öffentliche Hand an privaten Unternehmen beteiligt, wird von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen gesprochen (z.B. die Beteiligung der Landes Niedersachsen an der Volkswagen AG). Auch die öffentlich-rechtlichen Unternehmen können Gegenstände der UB sein.

Darüber hinaus kann durch Eingehen von Unternehmenszusammenschlüssen in Form von Koope-rationen, Konzentrationen und Fusionen das Ziel verfolgt werden, Erfolgspotenziale aufzubauen (z.B. die wechselseitige Nutzung von Vertriebswegen im Rahmen eines Unternehmensverbunds), die alleine nicht zu realisieren wären. Derartige Zusammenschlüsse sind zwischen allen Formen der privatwirtschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Unternehmen grundsätzlich möglich und können ebenfalls Objekte der UB sein.

30 Vgl. Freidank 2019a, S. 2-10. 31 Vgl. stellvertretend Wöhe/Döring/Brösel 2016, S. 27. 32 Vgl. hierzu die Ausführungen im Ersten Teil zu Gliederungspunkt III. 33 Modifiziert übernommen von Sigloch 1987, S. 501.

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Abb. 4: Grundtypen privatrechtlicher Unternehmen

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b. Personenunternehmen

Einzelunternehmen sind dadurch charakterisiert, dass eine einzelne natürliche Person ein Unter-nehmen als Eigner betreibt und für die in diesem Zusammenhang entstehenden Verbindlichkeiten sowohl mit ihrem Betriebs- als auch mit ihrem Privatvermögen haftet. Darüber hinaus enthält das Gesellschaftsrecht noch weitere Organisationsformen für unternehmerische Aktivitäten, mit deren Wahl regelmäßig eine längerfristige Festlegung der rechtlichen Außen- und Innenbeziehungen eines Unternehmens verbunden ist. Die Entscheidung für eine bestimmte Unternehmensform zieht unmittelbare Bindungswirkung insbesondere für die Regelung der Haftung gegenüber Drit-ten, der Rechnungslegung, der Prüfung und Publizität, der Besteuerung und der Arbeitnehmer-Mitbestimmung nach sich.

Neben der Einzelunternehmung zählen als wichtigste Formen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Partnerschaftsgesellschaft (PartG), die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft zur Gruppe der Personenunternehmen. Die genannten Personengesellschaften können als auf vertraglicher Grundlage beruhende zweckorientierte Vereinigungen von mindestens zwei natürlichen und/oder juristischen Personen definiert werden (z.B. gemeinsame Praxen von Freiberuflern, Zusammenschlüsse von Kaufleuten oder größeren Unternehmen, die nur für einen vorübergehenden Zweck gegründet wurden). Die GbR stellt die Grundausprägung der Personengesellschaft dar. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in § 705 bis § 740 BGB.

Sofern die Gesellschafter ihr Beteiligungsverhältnis zu Dritten nach außen zu erkennen geben, liegt eine BGB-Außengesellschaft vor. In diesem Fall haften die Gesellschafter für die Unternehmens-verbindlichkeiten sowohl mit dem Unternehmens- oder Gesamthandsvermögen34 als auch mit ihrem Privatvermögen unbeschränkt und solidarisch, wenn nicht die Haftungsbeschränkung gegenüber Dritten im Rechtsverkehr deutlich erkennbar gemacht wird. Betreibt die GbR jedoch ein Handelsgewerbe i.S.v. § 1 HGB, so führt dies unmittelbar zur Umqualifizierung in eine OHG, bei der dann alle Gesellschafter einer unbeschränkten Haftung gemäß § 128 HGB unterliegen.

Von einer BGB-Innengesellschaft wird gesprochen, wenn sich bestimmte Gesellschafter im Hintergrund halten und mithin den Gläubigern der nach außen auftretenden Personenvereinigung nicht unmittelbar haften. Die im Handelsgesetzbuch verankerte stille Gesellschaft (§ 230 bis § 236 HGB) stellt die typische Ausprägung einer Innengesellschaft dar. Voraussetzung ist hier, dass eine Beteiligung an einem Handelsgewerbe vorliegen muss, das ein anderer betreibt. Charakteristika einer solchen Innengesellschaft sind im Hinblick auf den (die) still Beteiligten die Partizipation am Erfolg, der Rückzahlungsanspruch der Vermögenseinlage im Konkursfall, die Haftungsbegrenzung i.d.R. auf die Einlageverpflichtung und die fehlende Mitwirkung an der Unternehmensleitung.

Zu den Personenhandelsgesellschaften zählen die OHG sowie die KG, die beide besondere Ausprägungen der GbR darstellen. Wie schon erwähnt, haften bei einer OHG sämtliche Gesell-schafter unbeschränkt gegenüber den Gläubigern der Unternehmung. Eine KG liegt gemäß § 161 Abs. 1 HGB hingegen dann vor, wenn bei einem oder bei einigen der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gläubigern der Unternehmung auf den Betrag einer bestimmten Vermögens-einlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei den anderen Gesellschaftern eine Haftungsbeschränkung nicht stattfindet (Komplementäre). Sowohl einer OHG als auch einer KG ist gemeinsam, dass der Zweck auf den Betrieb eines kaufmännischen Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma ausgerichtet sein muss. Die gesetzlichen Regelungen zur OHG und KG

34 Mit dem Begriff „Gesamthandsvermögen“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das Vermögen den Gesellschaftern „zur gesamten Hand“, d.h. gemeinsam, gehört. Folglich ist keiner der Gesellschafter berechtigt, über seinen Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen zu verfügen.

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finden sich in den § 105 bis § 177a HGB. Aus steuerrechtlicher Sicht werden die angesprochenen Personengesellschaften in Anlehnung an § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch dem Terminus „Mitunter-nehmerschaften“ subsumiert.

Ferner besteht für Angehörige freier Berufe (z.B. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte) die Möglichkeit, sich zur Ausübung ihrer Berufe in einer sog. Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG). Als Besonderheiten einer Partnerschaftsgesellschaft lassen sich folgende Merkmale herausstellen:

Sie übt kein Handelsgewerbe aus (§ 1 Abs. 1 Satz 2 PartGG).

Angehörige einer Partnerschaft können nur natürliche Personen (d.h. keine juris-tischen Personen) sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG).

Grundsätzlich haften die Partner für Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern sowohl mit dem Vermögen der Partnerschaft als auch mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner (§ 8 Abs. 1 PartGG). Allerdings besteht die Möglichkeit, durch vor-formulierte Vertragsbedingungen oder Gesetz die Haftung der Partner gegenüber Dritten zu beschränken (§ 8 Abs. 2 und Abs. 3 PartGG).

Sofern das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz keine Spezialvorschriften enthält, sind auf die Partnerschaft die im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerten Regelungen über die Gesellschaft anzuwenden (§ 1 Abs. 4 PartGG). Somit kann die Partnerschaftsgesellschaft auch als ein Sondertyp der GbR bezeichnet werden, der vom Gesetzgeber als rechtsfähiges Personenunternehmen ausge-staltet wurde, um Angehörigen freier Berufe vor allem für größere Zusammenschlüsse eine geeignete Rechtsform zur Verfügung zu stellen.

c. Körperschaftlich organisierte Unternehmen, rechtsfähige Stiftungen und Mischformen

Körperschaftlich organisierte Unternehmen unterscheiden sich von den Personengesellschaften in erster Linie dadurch, dass sie als juristische Personen eigene Rechtspersönlichkeit, d.h. die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, besitzen. Diese Unternehmen erlangen Rechtsfähigkeit durch Eintragung in ein Register (z.B. Handels-, Vereins- oder Genossen-schaftsregister) oder durch staatliche Verleihung. Sie stellen im Grundsatz Personenvereinigungen mit Selbstverwaltung dar, die durch die Mitglieder und die von diesen gewählten Organen wahrgenommen wird. Die Haftung von Körperschaften und ihren Mitgliedern ist auf das Unterneh-mensvermögen bzw. auf die zu leistende Einlage begrenzt.

Kapitalgesellschaften repräsentieren eine Gruppe körperschaftlich organisierter Unternehmen. Sie sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie nach Gewinn streben und ihre Mitglieder an dem anteilmäßig aufgespaltenen Nominalkapital in Form von Einlagen beteiligen. Zu den Kapitalgesellschaften zählen die Aktiengesellschaft (AG) einschließlich der Societas Europaea (SE), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) einschließlich der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als sog. „Mini-GmbH“.

Während der AG im Grundsatz das Leitbild eines wirtschaftlichen Großunternehmens zugrunde liegt, stellt die GmbH hingegen eine Rechtsform primär für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) dar. So müssen an der Gründung einer AG eine oder mehrere Personen beteiligt sein (§ 2 AktG), wobei das (feste) Grundkapital mindestens einen Betrag von 50.000 € zu erreich hat (§ 7 AktG). Als notwendige Organe werden für diese Rechtsform vom AktG Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschrieben (§ 76 bis § 147 AktG). In Abhängigkeit vom dual-tischen oder monistischen System der Unternehmensverfassung wird bei einer AG oder SE das Leitungsorgan durch den Vorstand (§ 76 AktG) bzw. die geschäftsführenden Direktoren (§ 40

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SEAG) und das Überwachungsorgan durch den Aufsichtsrat (§ 111 AktG) bzw. den Verwaltungsrat (§ 22 SEAG) repräsentiert. Bei der SE besteht ein Wahlrecht zwischen dualistischer und monistischer Unternehmensverfassung. So sieht die monistische SE lediglich neben der Hauptver-sammlung den Verwaltungsrat (§ 20 SEAG) vor.35

Demgegenüber ist für die Gründung einer GmbH nur ein Gründer erforderlich (§ 1 GmbHG), während das (feste) Stammkapital lediglich mindestens 25.000 € zu betragen braucht (§ 5 GmbHG). Notwendige Organe sind laut dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) der (die) Geschäftsführer und die Gesamtheit der Gesellschafter (§ 6, § 35 bis § 51b GmbHG). Allerdings kann durch den Gesellschaftsvertrag auch die Bildung eines Aufsichtsrats vorgeschrieben werden (§ 52 GmbHG). Die Haftung für die Verbindlichkeiten des Unternehmens ist sowohl bei der AG als auch der GmbH auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG; § 13 Abs. 2 GmbHG).

Die KGaA stellt eine Kombination aus AG und KG dar, wobei mindestens einer der Gesellschafter als Komplementär persönlich mit seinem gesamten Vermögen haftet, während die Haftung der Kommanditaktionäre auf ihre Einlageverpflichtungen begrenzt ist (§ 278 Abs. 1 AktG). Die Vor-schriften zur KGaA sind in § 278 bis § 290 AktG verankert und weisen weitgehend Deckungs-gleichheit mit den für Aktiengesellschaften geltenden Normen auf. Die für Kapitalgesellschaften maßgebenden Rechnungs-, Offenlegungs- und Prüfungsvorschriften sind einheitlich im Zweiten Abschnitt des Dritten Buchs des HGB geregelt (§ 264 bis § 335 b HGB). Sofern eine Kapital-gesellschaft als mittelgroßes oder großes Unternehmen i.S.v. § 267 HGB gilt, tritt automatisch gemäß § 316 Abs. 1 HGB die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts ein.

Neben dem eingetragenen Verein (e. V.) gehören die eingetragene Genossenschaft (eG) sowie der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) zur Gruppe der nichtkapitalistischen Körper-schaften. Eingetragene Vereine sind als körperschaftlich verfasste Personenvereinigungen zu definieren, deren Gründung zur Realisierung eines gemeinsamen Ziels erfolgt. Die gesetzlichen Regelungen für Vereine finden sich in § 21 bis § 79 BGB. Ihre Rechtsfähigkeit erlangen Vereine mit einem nichtwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (sog. Idealvereine) gemäß § 21 BGB durch Eintra-gung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. Allerdings können auch in Aus-nahmefällen Vereine mit wirtschaftlichen Zielsetzungen Rechtsfähigkeit durch besondere staatliche Verleihung erlangen (§ 22 BGB). Diese sog. Konzessionsvergabe wird von den dafür zu-ständigen Bundesstaaten aber sehr restriktiv gehandhabt, da erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Vereine sich in erster Linie der vom Handelsrecht vorgesehenen Rechtsformen (AG, KGaA, GmbH, eG) bedienen sollen.

Die eG weist im Gegensatz zur AG und GmbH kein festes Grund- oder Stammkapital auf, sondern die Höhe ihres Kapitals variiert nach Maßgabe des Ein- und Austritts der Mitglieder. Darüber hinaus ist das Formalziel der eG auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder ausgerichtet und nicht auf das Streben nach eigenem Gewinn (§ 1 Abs. 1 GenG). Die notwendigen Organe sind die General- (Vertreter-) Versammlung, der Vorstand und der Aufsichtsrat (§ 9, § 24 bis § 52 GenG). Während die grundlegenden Normen für eG im GenG kodifiziert sind, wurden ergänzende Rechnungslegungsvorschriften für diese Unternehmensform in § 336 bis § 339 HGB verankert. Zu beachten ist, dass die eG zusammen mit der GmbH, der AG und der KGaA i.S.v. § 6 Abs. 2 HGB als Verein anzusehen ist, „[...] dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft des Kaufmanns beilegt [...]“ (Form-kaufmann).

35 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank 2019a, S. 695-701.

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Der VVaG als letzte Ausprägung der nichtkapitalistischen Körperschaften erlangt Rechtsfähigkeit infolge der Genehmigung zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) (§ 171 VAG). Als Mitglieder kommen ausschließlich die Versicherungsnehmer selbst in Betracht, wobei sie mit Abschluss des Versicherungsvertrags die Mitgliedschaft erwerben. Die entsprechenden, in §§ 171 bis 210 VAG niedergelegten Vorschriften bestimmen als notwendige Organe des VVaG den Vorstand den Aufsichtsrat und die oberste Vertretung. Laut § 172 VAG sind als ergänzende Normen u.a. auch die Rechnungslegungs-vorschriften des Handelsgesetzbuchs und laut §§ 188 ff. VAG die Vorschriften des Aktiengesetzes für Vorstand, Aufsichtsrat und oberste Vertretung auf den VVaG anzuwenden.

Neben den Personenunternehmen und körperschaftlich organisierten Unternehmen zählen rechtsfähige Stiftungen zu den privatrechtlichen Unternehmensformen. Sie sind als Sachein-richtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu umschreiben, deren Zweck vom Willen des Stifters bestimmt wird. Aus diesem Blickwinkel besitzt die Stiftung keine Selbstverwaltung und unter-scheidet sich damit von den körperschaftlich organisierten Unternehmen. Die rechtsfähige Stiftung ist in § 80 bis § 88 BGB geregelt. Sie entsteht laut § 80 Abs. 1 BGB durch Stiftungsgeschäft und bundesstaatliche Genehmigung. In Anwendung der vereinsrechtlichen Vorschriften stellt der Vorstand als gesetzlicher Vertreter das Organ der Stiftung dar. Den Gläubigern haftet aus-schließlich das Stiftungsvermögen, wobei Mindestgrenzen für die Kapitalausstattung nicht bestehen.

Außer den aufgezeigten Grundtypen privatrechtlicher Unternehmen existieren in der Praxis Kombinationen, die aus dem Bestreben entstanden sind, die Nachteile bestimmter Basisformen unter möglichst vollständiger Sicherung der jeweiligen Vorteile auszuschalten. In erster Linie haben in diesem Zusammenhang Haftungs-, Besteuerungs-, Rechnungslegungs-, Offenlegungs-, Prüfungs- und Mitbestimmungsaspekte eine entscheidende Rolle gespielt. Als wichtigste Anwendungsfälle gemischter Unternehmenstypen können etwa die GmbH & Co. KG, die GmbH & Still, die Betriebsaufspaltung sowie die Stiftung & Co. KG genannt werden.

d. Unternehmenszusammenschlüsse

Neben der Wahl der vorstehend aufgezeigten Rechtsformalternativen besteht die Möglichkeit, dass sich Unternehmen unter Aufgabe ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Selbstständigkeit mit anderen Unternehmen zusammenschließen (z.B. eine AG mit einer GmbH oder eine KG mit einer OHG), um Ziele zu erreichen, die nur im Verbund umzusetzen sind. Dies kann etwa durch Kooperationen geschehen, bei denen sich die Unternehmen von der Zusammenarbeit eine Leistungssteigerung und damit eine Verbesserung ihres Wettbewerbspotenzials versprechen (z.B. durch Regelungen zur technologischen Zusammenarbeit oder durch Kartellabsprachen). Während die rechtliche Selbstständigkeit durch Kooperationen nicht beeinträchtigt wird, erfolgt eine Ein-schränkung der wirtschaftlichen Selbständigkeit lediglich in den vertraglich festgelegten Bereichen (z.B. im Rahmen von Lizenzabkommen).

Sofern der Zusammenschluss den Verlust der wirtschaftlichen Selbstständigkeit mindestens eines Unternehmens auslöst, wird von Konzentration gesprochen, bei der die rechtliche Selbständigkeit aller Partner aber unangetastet bleibt. Aufgrund der Bedeutung derartiger Zusammenschlüsse für den Kapitalmarkt im Hinblick auf die Offenlegung von Unternehmensverbindungen, Sicherung der Interessen von Anteilseignern und Gläubiger, Verhinderung von Benachteiligungen infolge mög-licher herrschender Einflüsse anderer Unternehmen im Rahmen des Minderheitenschutzes sind die wesentlichen Konzentrationsregelungen im Aktiengesetz verankert worden. So zählen primär folgende Konzentrationsarten i. S. d. § 15 AktG unabhängig von der Rechtsform zu den verbundenen Unternehmen:

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In Mehrheitsbesitz stehende und mit Mehrheit beteiligt Unternehmen (§ 16 AktG),

abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG),

Konzernunternehmen (§ 18 AktG),

wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG),

Unternehmen, die Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291 f. AktG) sind.

Ferner zählen eingegliederte Gesellschaften i. S. d. § 319 AktG (Aktiengesellschaften in 100%igem Besitz der zukünftigen Hauptgesellschaft) zu den verbundenen Unternehmen, die als Mehrheits-beteiligung i. S. d. § 16 AktG erfasst werden.

„Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter einheitlicher Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie einen Konzern“. (18 Abs. 1 Satz 1 AktG). Einen besonderen Stellenwert im Rahmen der BWL nehmen aufgrund ihrer Rechnungs-legungspflicht und weiten Verbreitung die sog. Unterordnungskonzerne i. S. d. § 18 Abs. 1 AktG ein, die durch ein Verhältnis der Über- bzw. Unterordnung gekennzeichnet sind.36 Während beim faktischen Konzern die einheitliche Leitung über abhängige Unternehmen (z.B. Tochterge- sellschaften) von einem herrschenden Unternehmen (Obergesellschaft) tatsächlich ausgeübt wird, erfolgt sie bei einem Vertragskonzern durch Beherrschungsvertrag i. S. d. § 291 AktG. Im Falle eines eingegliederten Unternehmens wird von einer einheitlichen Leitung der zukünftigen Hauptgesellschaft ausgegangen. Mit dem Sammelbegriff „Unternehmungen“ werden in der traditionellen BWL sowohl Einzel- als auch Konzernunternehmen erfasst.

Sofern sowohl die wirtschaftliche als auch die rechtliche Selbständigkeit bei mindestens einem Unternehmen durch den Zusammenschluss verloren geht, liegt eine Fusion (Verschmelzung) vor. Je nachdem, ob das Vermögen eines Unternehmens auf das andere Unternehmen übergeht, oder aber ein neues Unternehmen gegründet wird, auf das dann die Vermögen übertragen werden, liegt eine Verschmelzung durch Aufnahme oder durch Neubildung vor.

3. Zeitpunkt und Vorgehensweise

Der Bewertungszeitpunkt muss nicht identisch sein mit dem Zeitpunkt der Auftragserteilung an einen Sachverständigen, der geplanten Übernahme des Unternehmens durch den potentiellen Käufer oder des letzten Bilanzstichtags des zum Verkauf stehenden Unternehmens. Hieraus folgt, dass der Bewertungszeitpunkt von dem an einem Eigentumswechsel interessierten Parteien vereinbart oder aber durch gesetzliche oder gerichtliche Anordnungen festgelegt wird. So sind etwa UB im Scheidungsfall an den Eheschließungs- und Scheidungstermin gebunden, um ggf. innerhalb dieses Zeitraums eingetretene Wertsteigerungen des Unternehmens dem Zugewinnaus-gleich nach § 1376 BGB zugrunde legen zu können.37

Analog zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)38 können Grundsätze ordnungs-mäßiger UB (GoUB) als allgemein anerkannte zweckorientierte Regeln der UB aufgefasst werden. Die noch immer nicht einheitlichen Meinungen in der einschlägigen Literatur und der Recht-sprechung sowie die fehlende Kodifizierung durch den Gesetzgeber oder internationale Standard-setter deuten allerdings darauf hin, dass (noch) kein System anerkannter und allgemein gültiger GoUB existiert. Allerdings hat das IDW als Vertreter des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer seine Auffassung zu den GoUB schon seit längerer Zeit dargelegt. Diese Verlautbarungen stellen Leitlinien zur zweckentsprechenden UB dar, um den Bewertenden vor den Folgen von Fehlern

36 Beim Vorliegen sog. Gleichordnungskonzerne i .S. d. § 18 Abs. 2 AktG sind die Unternehmen gleichbe-rechtigt, d.h. es besteht keine Abhängigkeits- und damit auch kein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis. 37 Vgl. hierzu Freidank 2019c, S. 68-78. 38 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank/Velte 2013, S. 295-310.

Page 22: Unternehmensbewertung und Due Diligence

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und die von der Bewertung Betroffenen vor Nachteilen zu schützen, die sich aus einer fehler-haften UB ergeben können. Da zwischenzeitlich auch anderer Berufsgruppen (z.B. Steuer- und Unternehmensberater) und Institutionen (z.B. Investmentgesellschaften, Banken, die öffentliche Verwaltung und Gerichte) auf die vom IDW entwickelten Standards zur UB zurückgreifen, tragen sie zwischenzeitlich den Charakter von nicht-kodifizierten GoUB, deren Anwendung mittlerweile über die Grenzen des deutschen Rechtsraums hinaus akzeptiert wird. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Verlautbarungen:

IDW S 1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen.39

IDW S 10: Grundsätze zur Bewertung von Immobilien.40

IDW S 13: Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht.41

IDW PH 1/2014: Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unterneh-menswertes kleiner und mittelgroßer Unternehmen.42

IDW RH/HFA 10: Anwendung der Grundsätze des IDW S 1 bei der Bewertung von Beteiligungen und sonstigen Unternehmensteilen für die Zwecke des handelsrecht-lichen Jahresabschlusses.43

Unternehmensbewertung, Fragen und Antworten zur Umsetzung des IDW Standard S 1.44

Im Falle von (gerichtlichen) Auseinandersetzungen über unzutreffende und fehlerhafte Beratun-gen und Begutachtungen sowie Haftungsfragen im Rahmen von UB werden sich die beauftragten Sachverständigen in aller Regel exkulpieren können, wenn es ihnen gelingt, die ordnungsmäßige Anwendung der vorstehend genannten Bewertungsgrundsätze, obwohl sie keinen Rechtsnorm-charakter aufweisen, bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nachzuweisen.

4. Notwendige Informationen

Die UB zeitnahe retrospektive und prospektive Informationen über das Bewertungsobjekt voraus. Dazu gehören zunächst die Jahresabschlüsse der letzten, z.B. drei bis fünf Jahre mit den Lageberichten und ggf. den Prüfungsberichten der Abschlussprüfer. Um die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens beurteilen zu können, sind weiterhin Gesell-schafts-, Kooperationsverträge und andere langfristige Kontrakte, Aufzeichnungen über Schutz-rechte und Patentschriften, Absatz-, Investitions-, Finanzierungs-, Erlös- und Kostenpläne und andere betriebliche Planungsunterlagen wie etwa Organisations-, Personal- und Sozialpläne, aber auch Kunden- und Lieferdateien, Verkaufsstatistiken, Prospekte und Kataloge sowie Konkur-

39 Vgl. IDW S 1, S. 1-41. 40 Vgl. IDW S 10, S. 1-7. 41 Vgl. IDW S 11, S. 1-11. 42 Vgl. IDW PH 1/2014, S. 1-17. 43 Vgl. IDW RH/HFA 10, S. 1-5. 44 Vgl. IDW 2012, S. 325-327.

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Abb. 5: Hamburger Modell zur Systematisierung des Management Reporting

rentenverzeichnisse heranzuziehen. Außerdem müssen Prognosen über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Branchentrends Berücksichtigung finden. Zudem bietet es sich an, Information zuberücksichtigen, die aus Früherkennungs- bzw. Frühwarnsystemen zur Beurteilung von Chan-cen und Risiken resultieren.

Zur vollständigen und systematischen Erfassung aller entscheidungsrelevanten Informationen für Zwecke der UB und der DD bietet es sich an, auf das in Abb. 5 dargestellte Hamburger Modell zur Systematisierung des Managementreporting zurückzugreifen.45 Aufgrund der gestiegenen Infor-

45 Entnommen von Freidank/Hinze 2015, S. 70.

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mationsbedürfnisse unterschiedlicher Stakeholdergruppen gewinnt vor allem bei börsennotierten Unternehmen neben dem Financial Acounting, Value Reporting, Corporate Governance Reporting und Nachhaltigkeitsreporting das Integrated Reporting in jüngerer Zeit zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund werden die genannten Berichterstattungssysteme im Folgenden dargestellt und in das Management Reportingssystem börsennotierter Unternehmen eingegliedert. Unter dem Begriff Management Reporting wird die zielgerichtete, systematische Informations-vermittlung über Tatsachen, Ereignisse, Zusammenhänge und Vorgänge aus dem Unternehmen und seiner Umwelt an unterschiedliche Stakeholdergruppen verstanden. Je nachdem, ob sich die Informationsversorgung auf Stakeholder innerhalb oder außerhalb des Unternehmens bezieht, ist zwischen internem und externem Management Reporting zu unterscheiden. Das interne Management Reporting-System umfasst sämtliche Prozesse des Informationsaustausches zwischen den Verwaltungsorganen (Leitungs- und Aufsichtsorgan) und/oder unternehmens-internen Institutionen wie etwa dem Risikomanagementsystem46 mit seinen Komponenten Interne Revision, Controlling und Früherkennung oder dem Compliancebereich. Dem externen Management Reporting-System obliegt hingegen die Aufgabe, die Informationsversorgung außen-stehender Stakeholder (z.B. Investoren, Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Fiskus, Wettbewerber, Analysten, Öffentlichkeit) als Zielgruppen der Unternehmenspublizität sicherzustellen. Die Besonderheit des externen Management Reporting besteht in seiner Nähe zur Informationspolitik des Unternehmens, da seine Instrumente häufig von den Verwaltungsorganen dazu eingesetzt werden, vor allem auf externe Stakeholdergruppen dergestalt einzuwirken, dass ihr künftiges Verhalten mit den gesetzten Unternehmenszielen korespondiert. Eine in diesem Sinne eingesetzte Unternehmenspublizität stellt ein zentrales Element der Investor Relations dar.

Aufgrund der sich in Wissenschaft und Praxis verfestigten Auffassung, dass das im traditionellen Sinne primär vergangenheitsbezogen und im Hinblick auf die Darstellung der periodenorientierten Eigenkapitalveränderung eindimensional ausgerichtete Financial Accounting als alleinige Grund-lage für rationale Entscheidungsfindungen der externen Stakeholder nicht mehr ausreicht, wurde dieses in jüngerer Zeit durch zukunftsbezogene und nichtmonetäre bewertungsorientierte Informationen im Rahmen des Value Reporting ergänzt.47 Hierunter wird die strukturierte und regelmäßige, über das Financial Accounting hinausgehende externe Berichterstattung einer Unternehmung verstanden, die geeignet ist, Informationsasymmetrien zwischen unternehmens-verwaltungsinterner und stakeholderbezogener externer Sicht zu reduzieren sowie die Ermittlung des Unternehmenswerts durch außenstehende Adressaten, insbesondere (potenzielle) Investoren, zu ermöglichen. Im Grundsatz ist das Value Reporting-System somit darauf ausgerichtet, vor-handene Wertlücken zwischen dem im Rahmen des Financial Accounting bilanzierten Eigenkapital und dem Unternehmenswert, verstanden als Zukunftserfolgswert, durch den Einsatz ausge-wählter publizitätspolitischer Instrumente zu erklären (z.B Informationen über das Humankapital). Das Value Reporting ergänzt somit das Financial Accounting mit seinen Ausfluss-systemen (Konzern-)Jahresabschluss und (Konzern-)Lagebericht um eine wertorientierte Zusatzbericht-erstattung und baut es zu einem umfassenden zukunftsorientierten Business Reporting aus. Im internationalen Kontext wird unter Business Reporting daher die kapitalmarktorientierte, strukturierte Informationsübermittlung an aktuelle und potenzielle Investoren durch die Ver-waltungsorgane kapitalsuchender Unternehmen verstanden.

46 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank 2012, S. 21-24 und S. 58-89. 47 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank/Velte 2013, S. 281-289.

Page 25: Unternehmensbewertung und Due Diligence

25

Das Value Reporting, welches aus Gründen der Systematisierung als Value Reporting im weiteren Sinne (i.w.S.) bezeichnet wird, lässt sich wiederum in Corporate Governance Reporting, Value Reporting im engeren Sinne (i.e.S.) und Nachhaltigkeitsberichterstattung untergliedern. Das Value Reporting i.e.S. beinhaltet Informationen über Zeitwerte der bilanzierten Vermögenswerte und Schulden sowie über nicht bilanzierte immaterielle Vermögenswerte, welche es den (potenziellen) Investoren ermöglichen, den Reinvermögenswert der Unternehmung zu ermitteln. Des Weiteren sind hier neben kapitalmarktorientierten Daten (z.B. Börsenkapitalisierung, Aktienrendite etc.) Prognosen und Planungen künftiger Erfolge sowie wertrelevante nichtfinanzielle Informationen (z.B. aus dem Unternehmen und dem Marktumfeld) offenzulegen, die externen Adressaten eine Beurteilung der Wertentwicklung des Unternehmens anhand des Zukunftserfolgswerts erleichtern. Die Inhalte des Value Reporting i.e.S. werden im Wesentlichen aus dem internen und externen Rechnungswesen abgeleitet und zeichnen sich somit durch ihren quantitativen Charakter aus.

Der Begriff Corporate Governance Reporting bezeichnet die strukturierte und regelmäßige ex-terne Berichterstattung eines Unternehmens, die darauf abzielt, Informationsungleichheiten zwischen Unternehmensverwaltung und externen Stakeholdern bezüglich der Führung und Überwachung des Unternehmens (Corporate Governance) abzubauen.48 Die Unterordnung des Corporate Governance Reporting unter das Value Reporting i.w.S. lässt sich somit aus der Deckungsgleichheit der Ziele im Hinblick auf die Reduzierung von Informationsdefiziten und der Berichtscharakteristik der Vermittlung wertrelevanter Informationen an den Kapitalmarkt ablei-ten. Die bedeutenden qualitativen und quantitativen Berichtsinhalte des Corporate Governance Reporting entstammen dabei sowohl dem Financial Accounting (z.B. Vergütung der Verwaltung) als auch dem Value Reporting i.w.S. (z. B. Einhaltung der Unabhängigkeit von Abschlussprüfer und Aufsichtsorgan).

Als Reaktion auf den gesellschaftlichen Werte- und Normenwandel in Bezug auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen ökonomischen Handelns hat sich in den letzten Jahren die sog. Nachhaltigkeitsberichterstattung als weitere Komponente der freiwilligen wertorientierten Berichterstattung etabliert. Nachhaltigkeit wird als eine Entwicklung definiert, welche die heutigen Bedürfnisse der Gesellschaft befriedigt, ohne diejenigen der zukünftigen Generationen zu gefährden und umfasst dabei die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales (sog. Drei-Säulen-Modell). Damit einher geht häufig ein vom Postulat des Shareholder Values abweichendes Unternehmenskonzept des sog. Stakeholder Value mit einem pluralistischem Ziel- und Werte-system, welches das Unternehmen als Teil der Gesellschaft begreift und den Wert nach seinem Zielbeitrag für die Gesellschaft ableitet. Indem die Nutzensysteme sämtlicher Anspruchsgruppen integriert werden, wird die erbrachte Leistung eines Unternehmens folglich nicht nur nach seinem (internen) wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch nach seinem Einfluss auf das ökologische und soziale Umfeld (sog. Sustainability Performance) beurteilt. Aber auch unter dem enger gefasst Konzept des Shareholder Value trägt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zur Unternehmenswertmaximierung bei, da sie sich bezüglich der gestiegenen öffentlichen Bedeutung zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren entwickelt haben, die sich sowohl indirekt als auch direkt auf die Kosten- und Erlössituation des Unternehmens auswirken können. Die Nachhal-tigkeitsberichterstattung erfolgt dabei weitestgehend losgelöst von den Rechnungslegungsinstru-menten des Financial Accounting.49

48 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank/Ceschinski 2019, S. 12-18; Freidank/Meuthen/Sassen, S. 567-595. 49 Vgl. hierzu im Einzelnen Hinze/Freidank 2018, S. 21-51.

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Das Integrated Reporting führt die Informationen des Financial Accounting, Corporate Gover-nance Reporting, des Value Reporting i.e.S. sowie des Nachhaltigkeitsreporting in teilweiser Anlehnung an das Konzept des Value Reporting nach dem Multiple Capital Ansatz mit den Komponenten Finanzkapital, Produktionskapital, geistiges Kapital, Humankapital, soziales Kapital und natürliches Kapital auf übergeordneter Ebene in mehrdimensionaler Form zusammen, indem es über eine reine Informationsbündelung hinaus als weitere Dimension die Vernetzung finan-zieller und nichtfinanzieller Leistungsindikatoren aufzeigt und so zusätzliche, entscheidungs-relevante Informationen liefert.50 Mit dieser Vorgehensweise können den externen Stakeholder-gruppen durch eine integrierte und verknüpfte Berichterstattung über alle wesentlichen Erfolgs-faktoren vollständigere und stärker entscheidungsrelevante Informationen zum Zwecke der Darstellung einer ganzheitlichen, gegenwärtigen und zukünftigen Wertschöpfung gezeigt und so die Kapitalmarktkommunikation gezielt erweitert werden.

Das Integrated Reporting stellt ein trennscharfes Konzept zum Financial Accounting, Value Reporting i.e.S., Corporate Governance Reporting und Nachhaltigkeitsreporting dar. Allerdings ist zu beachten, dass das interne und externe Management Reporting-System miteinander vernetzt sind, da vor allem im Rahmen der unternehmensexternen Berichterstattung aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z.B. § 289 Abs. 4 HGB) oder zur Durchsetzung freiwilliger Publizitätsziele (z.B. im Kontext des Value Reporting) auf die Inhalte des internen Reporting-Systems zurückgegriffen werden muss. Die Zusammenführung beider Systeme wird durch das Konzept des Management Approach sichergestellt.

Zusammenfassend verdeutlicht Abb. 5 das Reportingsystem börsennotierter Unternehmen, aus dem relevante, retrospektive und prospektive Informationen für eine UB und DD abzuleiten sind. Das vorgestellte Konzept bietet somit für den Analysten des Zielunternehmens einen Orientie-rungsrahmen, der auf aktuellen Erkenntnissen zum Managementreporting basiert und zur vollständigen und systematischen Erfassung sämtlicher in- und externer Entscheidungswerte genutzt werden kann.

5. Berichterstattung

Berichte beinhalten grundsätzlich nach bestimmten Kriterien geordnete Berichte, wobei die Anpassung der Informationsentstehung an die Informationsverwendung eine elementare Voraus-setzung für den Aufbau eines wirkungsvollen Berichtswesens darstellt. Ein Gutachten über das Ergebnis einer UB sollte deshalb entsprechend ihrer Funktionen entscheidungs- bzw. vermitt-lungsbezogen erstellt werden. Die Erfüllung dieses Zwecks erfordert klare Zielvorgaben, die sich aus den jeweiligen Entscheidungsfeldern des Auftraggebers (z.B. Unterstützung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen) ergeben. Auf übliche formale Anforderungen an ein Gutachten, wie Übersichtlichkeit, Vollständigkeit, Klarheit und Nachvollziehbarkeit sei hier nur verwiesen. Abb. 6 zeigt ein Beispiel für den Gliederungsaufbau eines Bewertungsgutachtens,51 das in aller Regel noch eine Schlussbemerkung enthalten sollte, die z.B. folgendermaßen lauten kann: „Das Gutachten ist nach bestem Wissen und Gewissen unter Berücksichtigung des einschlägigen Schrifttums und der aktuellen Rechtsprechung erstellt worden.“

50 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank/Hinze 2016, S. 322-328; Freidank/Müller/Velte 2015.

51 Vgl. auch IDW S 1, Tz. 179.

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27

Das Gutachten sollte im Ergebnis dergestalt abgefasst sein, dass die einzelnen Schritte der Bewertung für außenstehende Dritte, insbesondere aber für den Bewertungsinteressenten nachprüfbar sind. Es empfiehlt sich daher eine knappe, klare Formulierung. Eventuell benutzte Zusatzinformationen sollten in Form eines Anhangs (z.B. Gesellschafterbeschlüsse oder Finanz-pläne) beigefügt und näher erläutert werden. Danach ist noch zusammenfassend auf die Chancen und Risiken einzugehen, die in der Zukunft für das Objekt zu erwarten sind. Am Ende wird im Regelfall nicht nur ein einziger Unternehmenswert angegeben, sondern eine Bandbreite be-stimmt, innerhalb derer mehrere Grenzwerte angesiedelt sind, um hierdurch verschiedenen Sze-narien Rechnung tragen zu können (z.B. die Berechnung des Unternehmenswerts mit alternativen Zinssätzen oder die zusätzliche Berücksichtigung von Synergieeffekten).52 Unter das Gutachten setzt der Bewertende schließlich das Datum und seine Unterschrift bzw. seine elektronische Signatur und ggf. seinen Stempel. Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 WPO auch eine Siegelung des Gutachtens vornehmen.

5. Besonderheiten im Rahmen der controllingorientierten Unternehmensbewertung53

Die Steigerung des Unternehmenswerts als langfristiges Ziel des Managements wird in der BWL schon seit langem diskutiert. In jüngerer Zeit hat aber die Wertorientierung durch das Shareholder Value-Konzept,54 das darauf abstellt, den Marktwert des Eigenkapitals eines Unternehmens im Zeitablauf stetig zu steigern, eine Renaissance erfahren. Im Rahmen eines solchen Value-Based-Management zielen die Aktivitäten der Unternehmensleitung, insbesondere auf folgende Strate-gien ab, die sich wechselseitig ergänzen müssen:

Schaffung von Anreizsystemen (z.B. Erfolgsbeteiligungen oder Aktienoptions-programmen) auf allen Führungsebenen.

Aufdeckung von unternehmensin- und -externen Erfolgspotenzialen (z.B. durch die Entwicklung innovativer Produkte).

Optimierung der in- und externen Überwachungs- und Steuerungssysteme (Corporate Governance).

Information aller in- und externer Stakeholder über die Strategien und Ergebnisse des Wertsteigerungsmanagement durch ein umfassendes Management Reporting System (Investor Relations, Value Reporting, Corporate Governance Reporting, Integrated Reporting).55

Den Führungsinstanzen kommt vor diesem Hintergrund die elementare Aufgabe zu, mit Hilfe des wertorientierten Managementsystems die zur Verfügung stehenden Mitteleinsätze dergestalt zu steuern, dass eine stetige Steigerung des Unternehmenswerts, verstanden als Zukunftser-folgswert, erreicht wird. Der Shareholder Value-Ansatz ist folglich ein Konzept der strategischen Unternehmensführung mit dem Ziel, den Unternehmenswert für die Eigentümer über die Aus-schöpfung und Realisierung wertsteigernder sowie Eliminierung wertvernichtender Aktivitäten, Investitionen, Geschäftsfelder etc. langfristig zu maximieren. Damit steht kein Gegensatz zum Stakeholder Value-Konzept, da die langfristige Maximierung des Unternehmenswerts auch den Interessen anderer Stakeholdergruppen als den Eignern entspricht.56

52

Vgl. IDW S 1, Tz. 175. 53 Vgl. Freidank 2019, S. 17-23; Freidank 2012, S. 41-45. 54 Vgl. Rappaport 1999. 55 Vgl. hierzu die Ausführungen im zu Gliederungspunkt II.C.4. 56 Vgl. stellvertretend Hinterhuber 2015, S. 26.

Page 28: Unternehmensbewertung und Due Diligence

28

I. Auftrag, Auftragsunterlagen und Auftragsdurchführung A. Gegenstand des Bewertungsauftrags B. Angaben über die herangezogenen Unterlagen

C. Grundlegende Beschreibung der Auftragsdurchführung

II. Darstellung des zu bewertenden Unternehmens

III. Erfolgssituation in der Vergangenheit A. Methode der Datenerhebung B. Bisherige Ertrags-(Einzahlungs-)Entwicklung C. Bisherige Aufwands-(Auszahlungs-)Entwicklung D. Bisherige Erfolgs-(Überschuss/Fehlbetrags-)Entwicklung

IV. Zu erwartende Erfolgssituation A. Stellung der Unternehmung am Markt 1. Marktchancen a. Expansion in bisherigen Tätigkeitsbereichen b. Erschließung neuer Tätigkeitsbereiche 2. Marktrisiken B. Schätzung der Zukunftserfolge 1. Zu erwartende künftige Erträge (Einzahlungen) a. Vorhandene Aufträge b. Erwartete Aufträge

2. Zu erwartende künftige Erfolge (Überschüsse/Fehl-beträge)

V. Wert des Unternehmens A. Methodische Vorbemerkungen B. Ermittlung und Bedeutung des Substanzwerts C. Ermittlung und Bedeutung des Ertragswerts D. Ermittlung und Bedeutung des Discounted Cash Flow E. Nichtfinanzielle Kennzahlen, qualitative Bewertungen,

Synergieeffekte F. Ableitung des Bewertungsergebnisses aus den

Wertermittlungen

VI. Würdigung des Bewertungsergebnisses und Schlussbemerkung

Abb. 6: Möglicher Gliederungsaufbau eines Bewertungsgutachtens

Page 29: Unternehmensbewertung und Due Diligence

29

Das Modell der wertorientierten Unternehmenssteuerung mit dem Oberziel der langfristigen Steigerung des Shareholde Value und sein Beitrag zur nachhaltigen Existenz-sicherung lässt sich anhand des Shareholder Value-Netzwerks von Rappaport verdeut-lichen.57 Danach kann die abstrakte Größe Shareholder Value in einem ersten Schritt in die drei Bewertungskomponenten Free Cash Flow, Kapitalkosten und Marktwert des Fremdkapitals dekomponiert werden. 58In einem zweiten Schritt lassen sich diese Faktoren in die ihnen zugrunde liegenden Werttreiber (Value Driver) weiter aufgliedern. So wird der Free Cash Flow durch die Werttreiber der operativen Tätigkeit und des Investmentbereichs einer Unternehmung beeinflusst. Es handelt sich dabei im Einzelnen um das Umsatz-wachstum, die Gewinnmarge, den Gewinnsteuersatz, die Dauer der Wertsteigerung sowie um Investitionen in das Umlauf- und Anlagevermögen. Zu den zentralen Werttreibern der Kapitalkosten sowie des Marktwerts des Fremdkapitals zählen insbesondere die Wahl der optimalen Kapitalstruktur sowie die Investor Relations, welche auch das Corporate Governance Reporting umfassen. Die genannten Werttreiber (Unterziele) stehen dabei in einer unmittelbaren und direkten Mittel-Zweck-Beziehung zu den jeweiligen Bewertungs-faktoren (Zwischenziele) und lassen demzufolge Rückschlüsse auf die Entwicklung des Shareholder Value (Oberziel) zu. Wie Abb. 7 zeigt, entsteht im Ergebnis ein hierarchisch strukturiertes und spezifisch auf die Steigerung des Shareholder Value und die nachhaltige Existenzsicherung ausgerichtetes Zielsystem.

Ausgehend von dem in der Unternehmenshierarchie als Oberziel festgelegten Steigerungs-ziels des Unternehmenswerts, das mit Hilfe Cash Flow-orientierter Kennzahlen gemessen werden sollte, sind im Rahmen der Unternehmenspolitik weitere Subziele bezüglich untergeordneter Teilpolitiken herunter zu brechen und ihr Erreichen zu kontrollieren. So spielen im Rahmen der nachgelagerten Beschaffungs-, Produktions- und/oder Absatzpolitik insbesondere Erfolgsziele, die sich in Gestalt von Erlösen und/oder Kosten für Zwecke der operativen, aber auch der strategischen Unternehmenssteuerung messen lassen (Per-formence Measurement) eine herausragende Rolle. Die aus dem Zielsystem der Unterneh-menspolitik abgeleiteten Ziele lassen sich grundlegend in Leistungsziele (z.B. Markt-, Publizitäts-, Ökologie-, Produkt-, Produktions- und Qualitätsziele), Erfolgsziele (z. B. Auf-wands-, Ertrags-, Kosten- und Erlösziele) und Finanzziele (z.B. Verzinsungs-, Ausschüttungs-, Zahlungsbereitschaftsziele, Shareholder Value) unterscheiden.

Die Ausführungen verdeutlichen, dass zum Zwecke der Unternehmenssteuerung eine per-manente Ermittlung des Unternehmenswerts durch das Controlling erforderlich wird, um zu festzustellen, ob dem Oberziel einer langfristigen Steigerung des Shareholder Value ent-sprochen wird. In diesem Zusammenhang ist weiterhin durch Planungs-, Kontroll- und Steuerungs-maßnahmen auf allen strategischen und operativen Unternehmensebenen zu sichern, dass die in Abb. 7 genannten Zwischen- und Unterziele erreicht werden.

57 Vgl. Rappaport 1999, S. 39-70. 58 Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Zweiten Teil zu Gliederungspunkt

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PrimäresUnternehmensziel

Oberziel

nachhaltigeExistenzsicherung

langfristige Steigerung des

Shareholder Value

Zwischenziele(Bewertungs-

faktoren)Free Cash Flow Kapitalkosten Fremdkapital

Unterziele(Werttreiber)

Operative Tätigkeit• Umsatzwachstum• Gewinnmarge• Gewinnsteuersatz• Dauer der Wertsteigerung

Investment• Investitionen ins

Umlaufvermögen• Investitionen ins

Anlagevermögen

Finanzierung• Kapitalstruktur• Investor Relations

(u.a. Corporate GovernanceReporting)

Abb. 7: Zielsystem eines Unternehmens unter Zugrundelegung des Shareholder Value-Konzepts

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31

D. Relevante Wertkategorien

1. Einzel- und Gesamtwerte

Wie bereits ausführlich dargelegt wurde, zielt die UB im Kern darauf ab, in Abhängigkeit von den verfolgten Zielen zukünftige Preise für ganze Unternehmen oder Unternehmensteile zu ermitteln. Dabei sind alle Erfolgspotentiale des bestehenden Unternehmens und sämtliche darauf einwir-kenden Einflüsse zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Unternehmenswerts bieten sich grundsätzlich zwei Alternativen an. Zunächst besteht die Möglichkeit, die das Bewertungsobjekt betreffenden materiellen und immateriellen positiven und negativen einzelnen Wirtschaftsgüter (Vermögensgegenstände und Schulden) zu einem gesamten Unternehmenswert zusammenzu-fassen. Diese Vorgehensweise entspricht etwa der statischen Bilanztheorie,59 die den Netto-Unter-nehmenswert in Gestalt des Eigenkapitals durch Gegenüberstellung sämtlicher (einzelner) Ver-mögensgegenstände und Schulden zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt.

1. Beispiel

Die folgende Abb. 8 zeigt die Handelsbilanz einer Aktiengesellschaft zum 31. 12. des Geschäfts-jahres t = 1 nach § 266 Abs. 2 HGB. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Aktivseite (5.285 T€) und den Rückstellungen (600,87 T€), den Verbindlichkeiten (753,77 T€) sowie den passiven latenten Steuer (9,21 T€) in Gestalt des Eigenkapitals (3.921,15 T€) muss noch um den Rechnungsab-grenzungsposten (170 T€) sowie die aktiven (6,14 T€) und passiven latenten Steuern (9,21 T€) berichtigt werden, da es sich um Abgrenzungs- bzw. Sonderposten eigener Art handelt, die nicht den Charakter von positiven und negativen Wirtschaftsgütern tragen. Damit beläuft sich der stati-sche Unternehmenswert auf 3.754,22 T€ (3.921,15 T€ – 170 T€ – 6,14 T€ + 9,21 T€), wenn eine Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände nach den handelsrechtlichen Rechnungs-legungsvorschriften erfolgt. Die Vorteile der Einzelwertermittlung und ihre Verdichtung zu einem gesamten Unternehmens-wert bestehen in der vergleichsweise einfachen Berechnung und in den geringen Manipulations-möglichkeiten, da die der Festlegung der Einzelwerte zugrundeliegenden Annahmen in aller Regel durch bilanzrechtliche Konventionen (z.B. Anschaffungs- und Herstellungskosten oder Erfüllungs-beträge) bestimmt und deshalb von sachverständigen Dritten unproblematisch nachvollzogen werden können. Dies gilt auch, wenn die Wertermittlung etwa auf der Grundlage von Planwerten, Wiederbeschaffungskosten oder Liquidationswerten für die einzelnen, voneinander unabhängigen Einzelwerte erfolgt. Der Nachteile der Methode der Einzelwertermittlung besteht zunächst darin, dass sie nicht oder nur unzureichend in der Lage ist, sämtliche relevanten Werte zu erfassen (z.B. immaterielle Werte wie Human Capital, Reputation oder CO2-Ausstoß). Ferner bleiben die kombinatorischen Wirkungen der materiellen und immateriellen Einzelwerte unberücksichtigt. Hierunter sind positive oder negative Verbundeffekte zu verstehen, die immer dann anfallen, wenn das Ergebnis des Zusammenwirkens einzelner Wirtschaftsgüter die Summe der Einzelergebnisse dieser Teile über- oder unterschreitet. Schließlich fließen aufgrund des statischen Charakters der Einzelwerter-mittlung künftige Entwicklungen mit einer Erfassung von Chancen und Risiken nur rudimentär in den Unternehmenswert ein.

59 Vgl. hierzu Freidank/Velte 2013, S. 322-324.

Page 32: Unternehmensbewertung und Due Diligence

32

Aktiva Handelsbilanz zum 31.12. t = 1 Passiva

in T€ in T€

A. Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögensgegen

stände: 1. Lizenzen 2. Firmenwert

II. Sachanlagen: 1. Grundstücke und Bauten 2. Technische Anlagen und

Maschinen III. Finanzanlagen:

1. Beteiligungen 2. Wertpapiere des

Anlagevermögens

B. Umlaufvermögen: I. Vorräte:

1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

2. Unfertige Erzeugnisse 3. Fertige Erzeugnisse

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände:

1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr = 102)

2. Sonstige Vermögensgegenstände

III. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen

Unternehmen 2. Sonstige Wertpapiere

IV. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten

C. Rechnungsabgrenzungsposten D. Aktive latente Steuern

220,00 310,00

600,00

590,00

230,00

290,00

480,00 450,00 700,00

310,00

140,00

124,00

260,00

404,86

170,00

6,14

A. Eigenkapital: B. Rückstellungen:

I. Rückstellungen für Pensionen

II. Steuerrückstellungen III. Sonstige Rückstellungen:

1. für Umweltschäden 2. für Garantiezusagen

C. Verbindlichkeiten:

I. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen [davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr = 435]

II. Sonstige Verbindlichkeiten für Vorstandstantiemen

III. Sonstige Verbindlichkeiten

für Aufsichtsratstantiemen

D. Passive latente Steuern

3.921,15

106,86

408,01

30,00 56,00

711,00

34,27

8,50

9,21

5.285,00 5.285,00

Abb. 8: Struktur einer Handelsbilanz nach § 266 Abs. 2 HGB

Page 33: Unternehmensbewertung und Due Diligence

33

2. Beispiel

So kommt etwa bei der Unternehmenswertermittlung nach Maßgabe vom 1. Beispiel nicht zum Ausdruck, welchen Einfluss der kombinatorische Einsatz der Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umsatzvermögens von 5.108,86 T € (2.250 T€ + 2.858,86 T€) auf den Unternehmenswert hat. Anhaltspunkte zur Beurteilung von Verbundwirkungen können aber erst aus einem Eigenkapital-vergleich des Unternehmens zu zwei aufeinanderfolgenden Zeitpunkten oder eine für diesen Zeitraum erstellte Erfolgsrechnung gewonnen werden. Allerfalls liefern die gebildeten Rückstell-ungen (600,61 T €) Hinweise auf eine Risikovorsorge des Unternehmens. Die Nachteile der Einzelwertermittlung haben schon früh zu der Erkenntnis geführt, dass ein Unternehmenswert grundsätzlich nur dann zutreffend berechnet werden kann, wenn zu seiner Bestimmung nicht auf Bestandswerte zu einem Stichtag sondern auf künftige Erfolgsgrößen in Gestalt von Plan-Erträgen/Plan-Aufwendungen bzw. Plan-Ein- bzw. Plan-Aufzahlungen unter Ein-beziehung von Chancen und Risiken zurückgegriffen wird. Hierdurch können Verbundeffekte berücksichtigt und Unternehmen als Ganzes ohne Rückgriff auf die Einzelwerte der Wirtschafts-güter bewertet werden. Allerdings ist diese Vorgehensweise, die als mehrperiodiger Ansatz unter Berücksichtigung von Zinswirkungen auf die Ermittlung eines Zukunftserfolgswerts abzielt, aufgrund der erforderlichen Prognosen und individuellen Beurteilungen durch Unsicherheiten geprägt. Wie noch zu zeigen sein wird, kann mithilfe der Anwendung bestimmter Ermittlungsme-thoden das Prognoserisiko des Unternehmenswerts aber in tolerierbaren Grenzen gehalten wer-den.60 3. Beispiel:

Im Rahmen der Unternehmensplanung der im 1. Beispiel dargestellten Aktiengesellschaft werden für die nächsten vier Jahre folgende Werte für die Ausschüttungen an die Anteilseigner prognostiziert: 300 T€, 280 T€, 320 T€ und 330 T€. Ab dem vierten Jahr wird bis zum (unendlichen) Lebensende des Unternehmens mit einer konstanten Ausschüttung (ewig Rente) von 350 T€ gerechnet. Unter Zugrundelegung gleichbleibender Kapitalkosten für die Verzinsung des Eigen- kapital in Höhe von 8 % errechnet sich der Unternehmenswert (W) als Zukunftserfolgswert nach dem Konzept der Gesamtbewertungsverfahren wie nachstehend gezeigt:61

(1) W =

+

+

+

+

(2) W = 277,78 T€ + 240,06 T€ + 254,03 T€ + 242,56 T€ + 3.215,76 T€

(3) W = 4.230,19 T€.

Zu beachten ist aber, dass die Anwendung der Gesamtbewertungsmethode nur solange geboten ist, wie von einer künftigen Unternehmensfortführung (Going Concern) des zu bewertenden Unternehmens ausgegangen werden kann. Sofern aber eine Weiterführung des Unternehmens nicht geplant oder aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht möglich ist, weil keine positive Fortführungsprognose mehr zu geben ist, muss zur Ermittlung des Unternehmenswerts auf die Einzelwertermittlung der vorhandenen Wirtschaftsgüter zu Veräußerungswerten zurückgegriffen und hieraus ein gesamter Liquidationswert als Verkaufs- oder Zerschlagungswert für das Unter-

60 Vgl. hierzu die Ausführungen im zu Gliederungspunkt II.E.1. 61 Vgl. hierzu die Ausführungen im zweiten Teil zu Gliederungspunkt II.E.1.a.

Page 34: Unternehmensbewertung und Due Diligence

34

nehmen abgeleitet werden.62 Ferner spielt die Einzelwertermittlung eine Rolle bei der Bewertung solcher Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht vorranging auf finanzielle Ziele ausgerichtet ist (z.B. Non-Profit-Unternehmen oder bestimmte öffentliche Unternehmen, die Aufgaben der Da-seinsvorsorge erfüllen). In diesen Fällen ist für eine UB grundsätzlich nicht der Zukunftserfolgswert sondern der Substanzwert als Summe aller zu Rekonstruktions- oder Wiederbeschaffungswerten anzusetzenden Wirtschaftsgüter maßgebend.63 2. Börsen- und Marktwert

Der Börsenwert als Ausprägung eines spezifischen Marktwerts drückt die Bewertung der Aktien durch den Kapitalmarkt aus und zeigt unter normalen Verhältnissen die objektivierten Ertrags-erwartungen der Kapitalmarkt-Teilnehmer. Der Börsenkurs eines Unternehmens ergibt sich durch Multiplikation der Anzahl der ausgegebenen Aktien mit ihrem Börsenkurs und repräsentiert somit einen Stichtagswert am Aktienmarkt. Vor diesem Hintergrund resultiert der aus dem Börsenkurs abgeleitete Unternehmenswert aus einer Überschlagmethode, die weder den Kategorien der Einzel- noch der Gesamtbewertungverfahren zuzurechnen ist.64

Die Meinungen über die Maßgeblichkeit des Börsenkurses als eigenständige Methode im Rahmen UB sind sehr unterschiedlich. Für die Bewertung mit dem Börsenkurs spricht, dass der Wert unter Marktbedingungen zustande gekommen ist, der die zukünftige Ertragslage des Unternehmens im Kontext der Entwicklung des Kapitalmarkts mitberücksichtigt. Gegen die Verwendung des Börsenkurses im Kontext der UB spricht zunächst, dass dieser lediglich die Wertauffassung der Aktienanbieter bzw. -nachfrager und nicht z.B. der am Kauf oder Verkauf interessierten Parteien widerspiegelt. Ferner kann aus Variationen, denen die Kurse unterliegen, nicht unmittelbar auf Veränderung des inneren Unternehmenswerts geschlossen werden. So hängen die oft extremen Schwankungen des Börsenwertes häufig z.B. von den folgenden Einflussgrößen ab:

Künftigen Entwicklungen und Möglichkeiten des Unternehmens, die die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer zum Ausdruck bringen.

Spekulationen am Kapitalmarkt.

Änderungen des Zinsniveaus durch die Regulierungspolitik der Zentralbanken.

Änderung von Wechselkursen,

politische Ereignisse,

Wirtschafts- und Finanzkrisen,

psychologische Momente und

die allgemeine Börsentendenz.

Börsenkurse stellen deshalb nach h .M. lediglich Hilfswerte dar und sind im Rahmen der UB

grundsätzlich nur zum Zwecke von Plausibilitätsbeurteilungen von Unternehmenswerten heran-

zuziehen, die aus Einzel- und Gesamtbewertungsmethoden abgeleitet werden.65 Darüber hinaus

ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Discounted Cash Flow-Methoden, die zu den Gesamt-

bewertungsverfahren zählen, zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes empfohlen wird, auf

das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückzugreifen. Dieses Konzept leitet die Ermittlung der

Risikoprämie bei börsennotierten Unternehmen u.a. aus empirischen Analysen über die Entwick-

62 Vgl. IDW S 1, Tz. 150. 63 Vgl. IDW S 1, Tz. 152 und Tz. 170 sowie die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.D.4. 64 So auch Ballwieser/Hachmeister 2013, S. 8. 65 Vgl. IDW S 1, Tz. 15.

Page 35: Unternehmensbewertung und Due Diligence

35

lung der Börsenkurse im Zeitablauf ab.66 Insofern stellen Börsenkurse auch in diesem Zusammen-

hang Hilfswerte für die UB dar.

Die sich vor dem Hintergrund der Kursentwicklung herausgebildete Bewertungslehre wird auch unter dem Begriff marktwertorientierte UB oder relative Bewertung von Unternehmen im ein-schlägigen Schrifttum diskutiert.67 Sie hat die Aufgabe, aus den Angebots- und Nachfragever-hältnissen am Kapitalmarkt einen Fair Value für die Unternehmensanteile zu ermitteln. Um die Wertvorstellungen des Kapitalmarktes erkennen zu können, kommen branchenabhängige oder branchenübergreifende Bewertungskennzahlen in Gestalt von Multiplikatoren zum Einsatz, mit deren Hilfe sich zum einen der aktuelle Marktwert von Unternehmen mit den objektiven oder subjektiven Wertvorstellungen z.B. der an einem Eigentumswechsel interessierten Parteien vergleichen lässt und zum anderen Bewertungsgemeinsamkeiten bzw. -unterschiede zwischen alternativen Unternehmen einer Branche bzw. zwischen verschiedenen Branchen untersucht wer-den können (sog. kapitalmarktfundiertes Benchmarking).

Die marktorientierten UB ist dadurch gekennzeichnet, dass sie den Unternehmenswert als Vielfaches einer Erfolgsgröße (z.B. Jahresüberschuss, Bilanzergebnis oder Umsatz) berechnet, wobei die Multiplikatoren durch einen Vergleich z.B. mit dem Best Practice-Unternehmen der Branche ermittelt werden. Wählt man den Bilanzgewinn (BG) des Zielunternehmens als Bezugsgröße für die Bewertung, so ergibt sich der Unternehmenswert (W) des Zielunternehmens formal aus folgender Grundgleichung [MV = Markt-(Börsen-)wert des Vergleichsunternehmens; BGV = Bilanzgewinn des Vergleichsunternehmens].

Die so gebildete Multiplikator (MV : BGV) zeigt, mit welchem Vielfachen des Bilanzgewinns eine Aktie an der Börse bewertet wird. Multipliziert mit dem Bilanzgewinn des Zielunternehmens ergibt sich sein Unternehmenswert. Der Kehrwert des Multiplikators wird auch als Verzinsung des Markt-(Börsen-)werts (rm) interpretiert.

4. Beispiel

Für die im 3. Beispiel angesprochene börsennotierte Aktiengesellschaft als Zielunternehmen soll eine kapitalmarktorientierte UB durchgeführt werden, wobei folgende Werte gelten.

BG = 300 T€ BGV = 350 T€ MGV = 4.900 T€

Hieraus lässt sich der Unternehmenswert des Zielunternehmens mit einem Multiplikator von 14 wie nachstehend gezeigt ermitteln.

66 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.2. 67 Vgl. stellvertretend etwa Achleitner/Dresig 2002, Sp. 2432-2445; Diedrich/Gröger 2007, S. 1410-1412; IDW 2014, S. 63-68.

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36

W = 4.200 T€

Hieraus ergibt sich folgende Verzinsung des (Markt-)Börsenwerts des Vergleichsunternehmens.

Diese würde von dem Zielunternehmen bei einem Unternehmenswert von 4.200 T€ ebenfalls erreicht, bei dem nach der Gesamtbewertung ermittelten Unternehmenswert von 4.230,19 T€ aber unterschritten.

Der Multiplikatorenansatz ist aus der Zielesetzung der relativen Bewertung von Unternehmen am Kapitalmarkt nicht zuletzt aufgrund seiner Einfachheit populär geworden. Aber auch hier zeigt sich: Er kann die Aufgabe einer umfassenden UB nur unzureichend erfüllen, da in aller Regel strukturelle Unterschiede (z.B. in der Kapitalausstattung, im Human Capital und im Know How) zwischen den zu vergleichenden Unternehmen bestehen. Aber auch nach entsprechender (struktureller) Anpassung der Multiplikatoren ist mit der marktwertorientierten UB eine hin-reichend genaue Zukunftsbewertung nicht zu erreichen. Deshalb besitzt die relative UB lediglich als Verfahren zur Durchführung von Plausibilitäts-Checks Bedeutung in der betriebswirtschaft-lichen Praxis.68 Dies wurde auch durch das vorstehende 4. Beispiel verdeutlicht.

3. Liquidationswert

a. Grundlegendes

Unter Liquidation wird die Beendigung eines Unternehmens verstanden. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der sich je nach Größe der Gesellschaft über einen mehr oder weniger langen Zeitraum erstrecken kann. Der Liquidationswert wird im Rahmen der UB ermittelt als Barwert der Nettoerlöse, die sich aus der Veräußerung der Vermögensgegenstände abzüglich Schulden und Liquidationskosten ergeben, wobei zukünftig entstehende Ertragsteuern diesen Barwert mindern können.69 Der Liquidationswert ist mithin stets zu ermitteln, wenn eine Fortführung des zu bewertenden Unternehmens nicht geplant ist oder nicht in Betracht kommt. Soweit es möglich ist, sollten der Bewertung der einzelnen Gegenstände des Zerschlagungsvermögens aktuelle Markt-werte zugrunde gelegt werden (z.B. zu erzielende Veräußerungswerte für Grundstücke, Sachan-lagen oder Vorratsvermögen), von denen mögliche Veräußerungskosten bei den einzelnen Posten zu erfassen und abzusetzen sind. Der Liquidationswert stellt die Preisuntergrenze für den Verkäufer des von der Beendigung betroffenen Unternehmens dar. Bei ertragsschwachen Unternehmen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ihre Kapitalverzinsung dauerhaft unter dem Kapitalisierungszinssatz liegt,70 ist der Barwert der finanziellen Überschüsse aus der Zerschlagung

68 Vgl. IDW S 1, Tz. 15. 69 Vgl. IDW S 1, Tz. 141. 70 Vgl. IDW S 1, Tz. 149.

Page 37: Unternehmensbewertung und Due Diligence

37

oder Veräußerung (Liquidation) mit dem Barwert der finanziellen Überschüsse bei Fortführung des Unternehmens zu vergleichen. Ist ersterer höher, so bildet grundsätzlich der Liquidationswert die Wertuntergrenze.71

b. Exkurs: Relevanz des Liquidationswerts bei Unternehmenskrisen72

Von einer Unternehmenskrise ist dann zu sprechen, wenn bestimmte Einflussgrößen die Existenz des Unternehmens bedrohen. Grundsätzlich beeinträchtigt eine Unternehmenskrise zunächst die Entwicklung von Erfolgspotenzialen (Strategiekrise), wirkt dann auf die Erstellung und den Absatz von Leistungen ein (Produkt- und Absatzkrise), verschlechtert anschließend die Erfolgssituation (Erfolgskrise) und führt letztlich zu einer Störung des finanziellen Gleichgewichts (Liquiditätskrise), die die Insolvenzreife auslösen kann. Darüber hinaus können Krisen auch auf der Ebene der Stakeholder (z.B. Anteilseigner, Unternehmensleitung, Aufsichtsorgan, Arbeitnehmer, Kreditgeber und Kunden) entstehen, die den Ausgangspunkt von Bedrohungsszenarien darstellen.73

Aus § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB folgt, dass die gesetzlichen Vertreter eines Unternehmens bei der Aufstellung des Jahresabschluss einschätzen müssen, ob bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden weiterhin von der Fortführung der Unter-nehmenstätigkeit (Going-Concern-Prinzip) ausgegangen werden kann.74 Bei einer Widerlegung dieser gesetzlichen Regelvermutung infolge tatsächlicher oder rechtlicher Gegebenheiten (z.B. bei Unternehmenskrisen mit Anzeichen existenzbedrohender Risiken wie etwa der Insolvenz) ist von den gesetzlichen Vertretern zu untersuchen, ob die im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden noch nach den handelsrechtlichen Vorschriften von § 252 ff. HGB zu bewerten sind oder durch Bezugnahme auf die Durchbrechungsmöglichkeit von § 252 Abs. 2 HGB etwa im Falle einer Unternehmensabwicklung nach Maßgabe von Zerschlagungs- bzw. Veräußerungswerten (d.h. Liquidationswerten).75 Ähnliches gilt bezüglich der Grundsätze ord-nungsmäßiger Buchführung (GoB) auch für den Bilanzansatz und den Ausweis von Vermögens-gegenständen, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten (z.B. latente Steuern sowie Angaben im Anhang).76 Darüber hinaus ist bei einer Abkehr von der Fortführungsprognose „[…] dies in der Lageberichterstattung deutlich unter Nennung der Gründe bzw. Anhaltspunkte darzustellen“77.

Im Grundsatz können die gesetzlichen Vertreter im Rahmen ihrer Untersuchungspflicht bei der Aufstellung des Jahresabschlusse solange von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit aus-gehen, als das Unternehmen in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erwirtschaftet hat, ohne Schwierigkeiten auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und auch keine bilanzielle Überschul-dung nach § 268 Abs. 3 HGB droht.78 Von der insolvenzrechtlichen (materiellen) Überschuldung ist die (formale) bilanzrechtliche Überschuldung zu unterscheiden. Letztere liegt nach § 268 Abs. 3 HGB vor, wenn bereits mehr als das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist und sich ein Überschuss der Passivposten über die Aktivposten (sog. Unterbilanz) ergibt. Die bilanzrechtliche

71 Vgl. IDW S 1, Tz. 140 und Tz. 148. 72 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank 2019b, S. 405-413. 73 Vgl. IDW S 6, Tz. 31. 74 Vgl. IDW 2012b, Rz. 1. 75 Vgl. im Einzelnen Adam/Quick 2010; Adler/Düring/Schmaltz 1995, Rz. 31-35; IDW RH HFA 1.012, Rz. 15; Winkeljohann/Büssow 2018, Rz. 18-21 m.w.N. 76 Vgl. IDW RS HFA 17, Rz. 1. 77 IDW RS HFA 17, Rz. 41. 78 Vgl. Winkeljohann/Büssow 2018, Rz. 10 zu § 252 HGB.

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Überschuldung liefert lediglich Hinweise auf das Vorliegen einer insolvenzrechtlich relevanten Überschuldungssituation.

Zweifel an einer positiven Fortführungsprognose ergeben sich immer dann, wenn eine wesentliche Unsicherheit besteht, dass die Fortführung des Unternehmens mit eigenen finanziellen Mitteln nicht gesichert werden kann, der Eintritt eines Insolvenzgrunds vorliegt, noch andere tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten für die Annahme der Unternehmensfortführung sprechen.79 Als Insolvenzgründe werden von der Insolvenzordnung (InsO) die Tatbestände Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und Überschuldung (§ 19 InsO) genannt. Zu ihrer Feststellung muss eine Zahlungsunfähigkeits- bzw. Überschuldungsprüfung von den gesetz-lichen Vertretern durchgeführt werden.80 Beide Prüfungen zielen ausschließlich auf den Schutz der Unternehmergläubiger ab, um die haftende Substanz des Unternehmens zu sichern.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die im Rahmen der zweistufigen Überschuldungs-prüfung zu formulierende insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose, die alleine auf die Finanz-kraft des Unternehmens abstellt,81 von der für die handelsrechtliche Rechnungslegung nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu erstellende Fortführungsprognose unterscheidet. Im Ergebnis ist eine positive Fortführungsprognose von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens nur dann zu unter-stellen, wenn weder die Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegen noch andere rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten (z.B. Unternehmensaufgabe aus Altersgründen) der Annahme der Unternehmensfortführung im Prognosezeitraum entgegenste-hen,82 der nach h. M. zwölf Monate beträgt.83 Jedoch kann eine positive Fortführungsannahme nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auch im eröffneten Insolvenzverfahren gerechtfertigt sein, wenn hinreichend begründete Aussichten bestehen, dass das Unternehmen z. B. im Wege eines Insolvenzplanverfahrens (§ 217 InsO) saniert werden kann.84

D. Reproduktionswert

1. Teil- und Vollwertkonzeption

Im Gegensatz zum Liquidationswert, der auf dem Konzept der Zerschlagung des Unternehmens basiert, geht der Reproduktionswert von der Wiederherstellung des zu bewertenden Unterneh-mens aus. Der Reproduktionswert soll somit den vom Käufer aufzubringenden Investitionsbetrag darstellen, der bei Errichtung eines dem Kaufobjekt entsprechenden, ertragsäquivalenten Unter-nehmens aufzuwenden wäre. Zu diesem Zwecke werden die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden mit den Wiederbeschaffungswerten (z.B. Markt- und Börsenwerte sowie Erfüllungs-beträge) bewertet und gegenübergestellt. Sofern lediglich die nach den gesetzlichen Vorschriften bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände in den Bewertungsprozess einbezogen werden, ergibt sich ein Teil-Reproduktionswert. Dieser Wert, der dem Substanzwert i.e.S. entspricht, errechnet sich durch Addition der Produkte aus Substanzmenge und Wertansatz zu Wiederbe-schaffungspreisen der einzelnen Wirtschaftsgüter.85 Je nachdem, ob der Unternehmenswert des

79 Vgl. im Einzelnen etwa Kreipl/Müller 2018, Rz. 40-46 zu § 252 HGB. 80 Vgl. IDW 2012b, Rz. 24-41 und im Einzelnen Freidank 2019b, S. 406-408. 81 Vgl. IDW 2012b, Rz. 34. 82 Vgl. Adler/Düring Schmaltz 1995, Rz. 29 zu § 252 HGB; Kreipl/Müller 2018, Rz. 46 zu § 252 HGB. Winkeljohann/Büssow 2018, Rz. 14 zu § 252 HGB. 83 Vgl. IDW 2012b, Rz. 15, S. 467; Winkeljohann/Büssow 2018, Rz. 11 zu § 252 HGB 84 Vgl. IDW 2012b, Rz 4; IDW RS HFA 17, Rz. 3. 85 Sofern die Vermögensgegenstände und Schulden auf der Basis von Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. Erfüllungsbeträgen bewertet werden, ergibt sich der historische Substanzwert, der als Residualwert

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39

Gesamt- oder des Eigenkapitals ermittelt werden soll, stellen die Grundlage zur Feststellung des Werts entweder nur die betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände (Brutto-Substanzwert) oder das betriebsnotwendige Vermögen abzüglich der betriebsnotwendigen Schulden (Netto-Substanzwert) dar. Bei der Bewertung abnutzbarer Vermögensgegenstände sind von den Wiederbeschaffungspreisen (Reproduktionsneuwert) noch die planmäßigen Abschreibungen abzusetzen, so dass sich dann ihr Reproduktionsaltwert ergibt. Zu berücksichtigen ist, dass nur bei der Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens mit Wiederbeschaffungswerten vom Going Concern-Prinzip auszugehen ist. Folglich wird das noch hinzuzurechnende nicht betriebsnot-wendigen Vermögen (z.B. Grundstücke, Gebäude und Vorräte, die in einem Industrieunter-nehmen zu Spekulationszwecken angeschafft wurden) mit Liquidationswerten angesetzt, da diese Wirtschaftsgüter nicht für die Unternehmensfortführung, d.h. für die Wiederherstellung des Unternehmens, erforderlich sind. Darüber hinaus ist es möglich, in den Teil-Reproduktionswert subjektive Elemente aufzunehmen, die die Planungen des Unternehmenserwerbers mit be-rücksichtigen. So können z.B. Umstrukturierungsalternativen des neuen Eigentümers wie geplante Verkäufe von Anlagegütern zum Zwecke der Ermittlung eines subjektiven Teil-Reproduktions-werts einbezogen werden.

Im Gegensatz zum Liquidationswert als Zerschlagungswert handelt es sich beim Substanzwert um den Gebrauchswert der betrieblichen Substanz.86 Abbildung 9 zeigt die elementaren Unterschiede zwischen Liquidations- und Substanzwert.

Unter dem Voll-Reproduktionswert wird hingegen der Betrag verstanden, der von einem Erwerber aufgewendet werden müsste, um das Unternehmen mit gleichwertigem Erfolgs-potenzial nachzubilden. Zu diesem Zwecke muss auch die im Rahmen der Rechnungslegung „unsichtbare“ Substanz mitberücksichtigt werden, die in den nicht bilanzierungsfähigen imma-teriellen Wirtschaftsgütern enthalten ist. Es handelt sich in erster Linie um die im Folgenden angeführten Ansatzverbote für selbsterstellte immaterielle Anlagegüter nach HGB und IFRS,87 „[…] deren wirtschaftlicher Gehalt weder durch physische Substanz noch durch einen monetären Anspruch verkörpert wird“88

Originärer Geschäfts- oder Firmenwert (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB; IAS 38.48).

Aufwendungen innerhalb der Forschungsphase (§ 255 Abs. 2a HGB; IAS 38.54).

Entwicklungsaufwendungen, sofern sie nicht verlässlich von der Forschungsphase getrennt werden können (§ 255 Abs. 2a HGB) bzw. die Voraussetzungen nach IAS 38.57 nicht erfüllt werden.

Originäre Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnliche Sachverhalte einschließlich nachträglicher Ausgaben (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB; IAS 38.63 und IAS 38.20).

Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen des Geschäftsbetriebs [Wegfall des § 268 HGB a.F.; IAS 38.69 (a)].

weitgehend dem Eigenkapital entspricht, das unter Rückgriff auf die bilanzrechtlichen Rechnungslegungs-vorschriften ermittelt wird. 86 Vgl. IDW S 1, Tz. 170. 87 Vgl. Freidank/Velte 2013, S. 400. 88 Schmidt/Usinger 2018, Rz. 10 zu § 248 HGB.

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40

Unterscheidungs-

kriterien

Liquidationswert Substanzwert

Definitionen Summe der mit Veräußerungs-

preisen bewerteten Vermögens-

gegenstände und Schulden

Summe der mit Wiederbeschaf-

fungspreisen bewerteten Ver-

mögensgegenstände und Schul-

den

Fragestellung Welcher Wert könnte aus einer

Auflösung des Unternehmens

erzielt werden?

Welcher Wert könnte aus der

Wiederherstellung des Unterneh-

mens erzielt werden?

Konzeptionelle

Grundlage

Zerschlagung des Unterneh-

mens

Reproduktion (Wiederherstellung)

des Unternehmens

Abb. 9: Gegenüberstellung von Liquidations- und Substanzwert

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41

Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung, für Werbekampagnen und Maßnahmen der Verkaufsförderung sowie für die Verlegung und Reorganisation des (Teil-)Unternehmens [§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB; IAS 38.69 (b) bis (d)].

Allerdings sind mit der zusätzlichen Erfassung der genannten selbsterstellten immateriellen An-lagegüter erhebliche Bewertungsprobleme verbunden, die eine hinreichend genaue Ermittlung des Voll-Reproduktionswerts verhindern. Da die Entstehung selbstgeschaffener immaterieller Einzelwerte regelmäßig Aufwendungen ausgelöst hat, kann zu ihrer Erfassung auf die Kosten-rechnung des zu bewertenden Unternehmens zurückgegriffen werden, um hierdurch die in Rede stehen Anlagegüter zu Wiederbeschaffungskosten anzusetzen. So sind die Kosten für die For-schung und Entwicklung, die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs, die Aus- und Weiterbildung des Personals, Werbekampangen, Maßnahmen der Verkaufsförderung sowie die Organisation des Unternehmens durch einen Rückgriff auf die Plan-Kostenrechnung i. d. R. zu erfassen und daher zumindest teilweise zu quantifizieren. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass es in diesem Zusammenhang einer Schätzung der Werthaltigkeitsdauer der die jeweiligen immateri-ellen Anlagegüter betreffenden Kosten bedarf. Dies kann etwa bezüglich der Forschungs- und Entwicklungskosten anhand der wirtschaftlichen Lebensdauer der hergestellten Produkte oder im Hinblick auf die Kosten durchgeführter Werbekampangen nach Maßgabe von Erkenntnissen über ihre zeitliche Wirkung erfolgen.

5. Beispiel:

Im Rahmen einer UB zum Reproduktionswert sollen die geplanten Kosten für eine Werbe-kampagne in Höhe von 3 Mill. € als immaterielles Anlagegut berücksichtigt und zum Teil-Repro-duktionswert hinzugerechnet werden. Nach den Erfahrungen der Marketingabteilung beeinflusst eine derartige Maßnahme das Kundenverhalten für eine Dauer von 4 Jahren. Sofern von einer Lebensdauer des Unternehmens ab Bewertungsstichtag von 20 Jahren ausgegangen wird, wäre der Zuschlag zum Teil-Reproduktionswert (z) wie folgt zu berechnen.

Eine ähnliche Vorgehensweise kann bezüglich Marken, Drucktiteln, Verlagsrechten und Kunden-listen gewählt werden, sofern sich die von der Herstellung dieser immateriellen Anlagewerte verursachten Plankosten zweifelsfrei ermitteln und nach Maßgabe ihrer Werthaltigkeit zurechnen lassen. Dies dürfte in der Mehrzahl der Fälle aber nur durch grobe Schätzungen möglich sein, da sich die Werte die genannten immateriellen Einzelwirtschaftsgüter i.d.R. nur mit Einschränkungen aus der Kostenrechnung ableiten lassen. So handelt es sich z.B. bei einer Kundenliste (Kunden-kartei) „[…] um eine systematische Bestandsaufnahme bzw. -Bestandsführung bestehender Geschäftskunden, die neben Namen und Adresse häufig auch weitere kundenspezifische Daten wie bspw. Art und Häufigkeit der Bestellungen, Kreditwürdigkeit, Zahlungsverhalten etc. beinhalten“89. Sofern es gelingt, die Plan-Gemeinkosten zur Erstellung einer Kundenkartei aus der Kostenrechnung abzuleiten, stellt dieser Betrag aber nur ansatzweise seinen Wert für das Unternehmen dar.

Mit noch größeren Bewertungsproblemen ist die separate Erfassung des originären Geschäfts- oder Firmenwerts (Good Will) verbunden.90 In erster Linie handelt es sich um immaterielle Werte wie z.B. Reputation, Standortvorteile, Vertriebsnetz, Kundenstamm, Organisation und Human

89 Schmidt/Usinger 2019, Rz. 19 zu § 248 HGB. 90 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.D.7.

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42

Capital. Diese lassen sich nicht oder nur mit Schwierigkeiten separieren von den vorstehend genannten immateriellen Einzelwirtschaftsgütern abgrenzen und zurechnen. Darüber hinaus geht im Good Will der Kapitalisierungsmehrwert des Unternehmens auf, der sich dadurch ergibt, dass die Ertragsfähigkeit der Kombination aller eingesetzten Vermögensgüter ihre Reproduktionswerte übersteigt.91

2. Fallstudie

Auf der Grundlage der in Abb. 8 zum 1. Beispiel gezeigten Handelsbilanz soll eine UB nach Maßgabe des Teil-Reproduktionswerts für die dort angeführte Aktiengesellschaft durchgeführt werden.92 Zum Bewertungsstichtag sind folgende Informationen zu berücksichtigen:

(1) Für die bilanzierten Lizenzen wurde ein Marktwert von 250 T€ ermittelt. (2) Ein bilanziertes Gebäude, das zum Buchwert von 260 T€ angesetzt wurde, wird nicht zur

Leistungserstellung benötigt. Aufgrund eines Gutachtens könnte es zu einem Wert von 300 T€ veräußert werden.

(3) Die Wiederbeschaffungskosten für eine bilanzierte Fertigungsanlage betragen 320 T€. Dieser Vermögensgegenstand wurde in der Handelsbilanz mit einem Buchwert von 180 T€ angesetzt. Zur Ermittlung des Reproduktionsaltwerts der Anlage sollen zum Zwecke der Erfassung der planmäßigen Abschreibungen Abschläge von den Wiederbeschaffungskosten in Höhe von 80 T € berücksichtigt werden.

(4) Die Bewertung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die zur Hälfte zu Spekulationszwecken angeschafft wurden, erfolgte zu Anschaffungskosten, die den aktuellen Marktwerten ent-sprechen. Es wird davon ausgegangen, dass diese Vorratsgüter jederzeit zu ihren Markt-werten veräußert werden können.

(5) Aus der Kostenrechnung können nicht bilanzierungsfähige Plan-Entwicklungskosten in Höhe von 70 T€ abgeleitet werden. Es wird davon ausgegangen, dass diese Vorleis-tungskosten dauerhaft Auswirkungen auf die Wertschöpfung des Unternehmens haben werden.

(6) Darüber hinaus werden dem Käufer des Unternehmens Kosten für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs in Höhe von 280 T€ entstehen. Ferner benötigt der neue Eigentümer aufgrund von geplanten Umstrukturierungen eine technisch überholte Produktions-maschine, die mit einem Buchwert von 40 TE angesetzt wurde, künftig nicht mehr. Er kann durch einen Verkauf dieser Maschine einen Erlös von 45 T€ erzielen.

(7) Ansonsten entsprechen die ausgewiesenen Bilanzansätze den aktuellen Beschaffungs-marktwerten bzw. Erfüllungsbeträgen.

Im Folgenden werden die Ermittlung des objektiven und subjektiven Netto-Teilreproduktions-werts, des betriebsnotwendigen Nettovermögens sowie des nicht betriebsnotwendigen Ver-mögens, das zu Liquiditätswerten anzusetzen ist, gezeigt.

91 Vgl. Velte 2008, S. 191. 92 Vgl. hierzu die Ausführungen im Zweiten Teil zu Gliederungspunkt IV.A.

Page 43: Unternehmensbewertung und Due Diligence

43

Bilanziertes Eigenkapital 3.921,15 T€

+ Wertkorrektur zu (1) 30,00 T€

+ Wertkorrektur zu (2) 40,00 T€

+ Wertkorrektur zu (3) 60,00 T€

+ Wertkorrektur zu (5) 70,00 T€

= objektiver Netto-Teil-Reproduktionswert 4.121,15 T€

+ Wertkorrektur zu (6) 285,00 T€

= subjektiver Netto-Teil-Reproduktionswert 4.406,15 T€

Bilanziertes Eigenkapital 3.921,15 T€

+ Wertkorrektur zu (1) 30,00 T€

– Wertkorrektur zu (2) 260,00 T€

+ Wertkorrektur zu (3) 60,00 T€

– Wertkorrektur zu (4) 240,00 T€

+ Wertkorrektur zu (5) 70,00

= betriebsnotwendiges Nettovermögen 3.581,15 T€

+ nicht betriebsnotwendiges Vermögen [Wertkorrekturen zu (2) und (4)]

540,00 T€

= objektiver Netto-Teil-Reproduktionswert 4.121,15 T€

E. Ertragswert

Der Ertragswert bzw. Zukunftserfolgswert stellte lange Zeit die wichtigste, wenn nicht gar die einzige Wertgröße zur Ermittlung des Unternehmenswerts dar.93 Der Ertragswert ist der Barwert aller zukünftigen nachhaltig erzielbaren Jahreserfolge (Gewinne, Verluste) des Unternehmens. Zu seiner Berechnung müssen die Zukunftserfolge, ggf. der zukünftige Liquidationswert, und der Kapitalisierungszinssatz, ermittelt werden. Grundlegend für die Ertragswertkonzeption ist die Überlegung, dass ausschlaggebend für den Wert eines Unternehmens der mit diesem Unter-nehmen zukünftig erzielbare Nutzen ist. Der auf dieser Konzeption basierende Wert kann in Abhängigkeit von der gewählten Bewertungsmethode unmittelbar als entscheidungsorientierter Unternehmenswert angesehen werden.

Unter Berücksichtigung einer endlichen Betrachtungsweise, d.h. eines vorgegebenen Planungs-horizonts T, lässt sich der Ertragswert (EW) nach der bekannten Formel für die Kapital-wertermittlung94 wie folgt berechnen [i = Kalkulationszinssatz (dezimal); ER = Erträge der t-ten Perioden und AU = Aufwendungen der t-ten Periode]. Nach dieser Formel stellt der Ertragswert einen Gewinnkapitalwert dar, der als Summe der diskontierten Unternehmenserträge definiert werden kann.95

93 Vgl. IDW S 1, Tz. 102-123. 94 Vgl. im Einzelnen Freidank 2019a, S. 371-379. 95 Vgl. hierzu das 3. Beispiel im zu Gliederungspunkt II.D.1.

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Wie im weiteren Verlauf der Abhandlung zu zeigen sein wird, hat sich aber in Wissenschaft und Praxis die Ermittlung des Ertragswerts auf der Basis von Ein- und Auszahlungen durchgesetzt, da im Rahmen eines mehrperiodigen Erfolgskalküls unter Berücksichtigung von Zinswirkungen auf finanzielle Überschüsse bzw. Fehlbeträge und nicht auf die Stromgrößen Erträge und Aufwen-dungen mit ihren Residualgrößen Gewinn bzw. Verlust abgestellt werden muss.96 Vor diesem Hintergrund wird nicht mehr ein Gewinnkapitalwert ermittelt, sondern die Berechnung des Unternehmenswerts erfolgt als Ausschüttungskapitalwert auf der Grundlage der diskontierten geplanten finanziellen Überschüsse des Unternehmens an die Eigner.97 Damit knüpft die neuere Bewertungslehre bei der Ermittlung des Ertragswerts an diejenigen geplanten finanziellen Mittel an, die dem Unternehmen von den Anteilseignern entzogen werden können, ohne dass seine Fortführung in Frage gestellt werden muss.

Das Ertragswertmodell basiert wie auch das Kapitalwertmodell auf folgenden Prämissen, die aber in der Praxis der UB häufig an abweichende Rahmenbedingungen angepasst werden müssen:

Die auf den Betrachtungszeitpunkt t = 0 zu diskontierenden laufenden Zahlungen erfolgen jeweils am Ende der Planungsperioden (Prämisse der nachschüssigen Betrachtungsweise).

Die auf den Betrachtungszeitpunkt t = 0 zu diskontierenden laufenden Zahlungen können zu einem vorgegebenen Kalkulationszinssatz angelegt und entliehen werden (Prämisse der Identität von Soll- und Habenzinssatz).

Der Kalkulationszinssatz bleibt über den Planungszeitraum unverändert (Konstanz des Kalkulationszinssatzes).

Finanzielle Mittel können in unbegrenzter Höhe aufgenommen bzw. angelegt werden (Prämisse der freien Disponierbarkeit finanzieller Mittel).

Die Komponenten des Ertragswertmodells (Ein- und Auszahlungen, Kalkulationszinssatz) sind über den Planungszeitraum mit hinreichender Sicherheit zu prognostizieren (Prämisse der Planungssicherheit der Modellkomponenten).

6. Auf dem Cash Flow basierende Werte

In den USA zeichneten sich zu Beginn der 80er Jahre der vorigen Jahrhunderts - bedingt durch eine Welle (fehlgeschlagenen) Unternehmensübernahmen sowie den Einfluss institutioneller Inves-toren - erste Tendenzen ab, den Wert eines Unternehmens oder von dessen Teileinheiten in Abhängigkeit von den Zielsetzungen des Managements zu ermitteln. Vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels im Anlageverhalten der Öffentlichkeit, wonach der Investor (z.B. Aktionär) den Erwerb von Unternehmensanteilen als Investitionsalternative betrachtet, kommt dem Management nunmehr verstärkt die Aufgabe zu, den Wert des Unternehmens und damit den Wert des Eigentümervermögens zu steigern. Das dahinterstehende Konzept wird im anglo-ameri-kanischen Bereich als Shareholder-Value-Konzept und im deutschsprachigen Raum auch als Wertsteigerungs-Management bezeichnet. Das Shareholder Value-Konzept ist somit ein Instru-ment der strategischen Unternehmensführung mit dem Ziel, den Unternehmenswert für die Eigentümer über die Ausschöpfung und Realisierung wertsteigender sowie die Eliminierung wertvernichtender Aktivitäten, Investitionen, Geschäftsfelder etc. langfristig zu maximieren. Diese innere Wertsteigerung des Unternehmens schlägt sich bei notierten Aktiengesellschaften in höheren Börsenkursen und Dividenden nieder. Der Begriff des Shareholder Value lässt sich mit „Der Wert für den Aktionär“ übersetzen. Die Wertsteigerung wird in diesem Zusammenhang als die Zunahme des Marktwerts des Eigenkapitals verstanden, wobei die (positive oder negative)

96 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1. 97 Vgl. IDW S 1, Tz. 102.

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Veränderung des Marktwertes als Maßstab für den Erfolg der Managementleistung angesehen wird. 98

Im Fokus des Shareholder Value Konzepts steht der Cash-Flow, der, wie in Abbildung 10 gezeigt, definiert werden kann. Der operative Cash Flow ergibt sich als Überschuss der betrieblichen Einzahlungen über die betrieblichen Auszahlungen. Der Brutto-Free-Cash-Flow ist die Größe, die sich nach Abzug von Kapazitätserhöhungen und Investitionen ins Working Capital (operatives Netto-Umlaufvermögen) und in das Anlagevermögen ergibt. Dieser Wert stellt die zentrale Cash-Flow-Größe zur Bestimmung des Unternehmenswerts dar, da er für die Verteilung des Ergebnisses an die Kapitalgebergruppen (Eigen- und Fremdkapitalgeber) zur Verfügung steht. Der Netto-Free-Cash-Flow errechnet sich aus dem Brutto-Free-Cash-Flow, indem die Zinszahlungen und die Kapitaltilgung an die Fremdkapitalgeber subtrahiert werden. Der Netto-Free-Cash-Flow steht zur Ausschüttung an die Eigentümer zur Verfügung.

98 Vgl. hierzu die Ausführungen im zu Gliederungspunkt II.C.6.

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Abb. 10: Arten des Cash Flow

Betriebliche

Einzahlungen

Betriebliche

Auszahlungen

Operativer

Cash Flow

Ersatz-

investitionen

Erweiterungs-

investitionen

Brutto-Free-

Cash-Flow

Fremdkapital-

zinsen

Fremdkapital-

tilgung

Netto-Free-

Cash-Flow Ausschüttung

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Unter Rückgriff auf die prognostizierten Brutto-Free-Cash-Flows (CFt) lässt sich der Marktwert des Eigenkaitals (ME) als Unternehmenswert (W) bei endlicher Betrachtungsweise nun in allgemeine Form wie folgt ermitteln (MF = Marktwert des Fremdkapitals; WACC = Weighted Average Cost of Capital).

Bei der Bestimmung des Diskontierungssatzes (= WACC) stellen die DCF-Methoden nicht die Frage, was eine Alternativinvestition an Kapitalerträgen erwirtschaftet, sondern was die betrachtete Investition an Kapitalkosten mindestens tragen muss. Der Zinssatz bringt somit die geforderte Mindestrendite der Eigen- und Fremdkapitalgeber zum Ausdruck. Wie noch zu zeigen sein wird, werden Eigen- und Fremdkapitalkosten jedoch unterschiedlich behandelt, da die Fremd-kapitalkosten aus steuerrechtlicher Sicht abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen, wogegen Eigenkapitalkosten, d.h. Ausschüttungen an die Unternehmenseigner (z.B. in Form von Dividen-den bei Kapitalgesellschaften), der Körperschaft- bzw. der Einkommensteuersteuer unterliegen.

Allerdings sind der Shareholder Value-Ansatz bzw. die Discounted Cash-Flow-Methoden keine völlig neuen Konzepte im Rahmen der UB. Sie gehören vielmehr, ebenso wie das Ertragswertver-fahren, zu den Zukunftserfolgsmethoden, da sie den Unternehmenswert unter Berücksichtigung von Zinswirkungen aus den (Plan-) Cash Flows künftiger Perioden durch Diskontierung ableiten. Auch auf die DCF-Methoden wird im weiteren Verlauf der Abhandlung noch detailliert eingegangen. 99 Das IDW hat zwischenzeitlich die international gebräuchlichen DCF-Verfahren als zulässige Methoden zur UB anerkannt.100

7. Good Will

Der Goodwill (d.h. der originäre, selbstgeschaffene Geschäfts- oder Firmenwert) ist keine selbständige Wertgröße wie der Ertrags-, Substanzwert oder der aus den DCF-Methoden abgeleitete Unternehmenswert, sondern stellt eine Differenzgröße dar, deren Höhe und Ermitt-lung von dem gewählten Verfahren zur Bewertung ganzer Unternehmen sowie von den Wert-ansätzen bei der Bestimmung der maßgebenden Bewertungskomponenten abhängt. Bezüglich der indirekten Methode ergibt sich der Geschäftswert als Differenz zwischen dem höheren Ertragswert und dem Substanzwert (Teil-Reproduktionswert).101 Im Falle der direkten Methode setzt sich der Unternehmenswert aus dem Substanzwert und dem originären Geschäftswert zusammen.102 Der Goodwill ermittelt sich nach der indirekten Methode aus der Differenz des Ertragswerts eines Unternehmens und der Summe der Wiederbeschaffungswerte aller bilanzie-rungsfähigen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden (Teil-Reproduktionswert) zusam-men. Der Good Will zerfällt mithin in folgende Komponenten:

99 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.2. 100 Vgl. IDW S 1, Tz. 129-139. 101 Good Will = Ertragswert – Substanzwert. Sofern der Substanzwert den Ertragswert übersteigt, liegt ein sog. Bad Will vor. Dieser bringt z. B. bei notleidenden Unternehmen zum Ausdruck, dass kein immaterielles (Gesamt-) Ertragspotential vorliegt. Vgl. hierzu die Ausführungen im zweiten Teil zu Gliederungspunkt II.D.3.a. 102 Ertragswert = Substanzwert + Good Will.

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Nichtbilanzierungsfähige immaterielle Werte wie z.B. Reputation, Standortvorteile, Vertriebsnetz, Kundenstamm, Organisation und Human Capital.

Kapitalisierungsmehrwert als Folge davon, dass die Ertragsfähigkeit der Kombination aller eingesetzten Vermögensgüter ihre Reproduktionswerte übersteigt.

Der Good Will eines Unternehmens ist mithin jener Betrag, um den der Substanzwert zu korri-gieren ist, damit ein entscheidungsorientierter Unternehmenswert ermittelt werden kann. Es handelt sich hier, ebenso wie bei dem Substanzwert, um einen bildhaften Ausdruck für ein betriebswirtschaftlich unscharfes Konzept. Da der Good Will aber nur auf der Basis des Substanzwerts bzw. Ertragswerts ermittelt werden kann, handelt es sich bei der Good Will-Berechnung um eine überflüssige Komplikation der UB. 6. Beispiel:

Auf der Grundlage der Ergebnisse des 3. Beispiels und der vorstehenden Fallstudie soll nun unter Rückgriff auf den Ertragswert und den objektiven Netto-Teil-Reproduktionswert (Substanzwert) der Good Will der dargestellten Aktiengesellschaft nach der indirekten Methode ermittelt werden.103

Ertragswert = 4.230,17 T€ – Substanzwert = 4.121,15 T€ = Good Will = 109,02 T€

Nach der direkten Methode ermittelt sich der Ertragswert wie folgt.

Substanzwert = 4.121,15 T€ + Good Will = 109,02 T€ = Ertragswert = 4.230,17 T€

8. Zusammenfassung

Die Verfahren der UB werden in Einzel- und Geamtbewertungsmethoden unterschieden. Im Rah-men der Einzelbewertungsmethoden bildet der Einzelwert einen eindeutigen abgrenzbaren, unabhängigen Wert für die jeweiligen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter, die dann zu einem gesamten Unternehmenswert zusammengefasst werden. Ausprägungen dieser Konzeption sind die Methoden des Substanz- und Liquiditätswerts. Während der Substanzwert von der Reproduktion des zu bewertenden Unternehmens ausgeht und im Ergebnis als Unterneh-menswert die Summe der mit Wiederbeschaffungswerten bzw. Erfüllungsbeträgen bewerteten Vermögensgegenstände und Schulden darstellt, ist der Liquidationswert im Falle einer geplanten Auflösung (Zerschlagung) eines Unternehmens als Bewertungsgrundlage heranzuziehen. Er ermittelt den Unternehmenswert als Summe der mit Veräußerungspreisen bewerteten Vermö-gensgegenstände und Schulden.

Die Gesamtbewertungsmethoden lösen sich von Einzelwerten sowie der Prämisse ihrer Unabhängigkeit und betrachten das Unternehmen als Einheit, um auch die bestehenden Verbund-effekte zwischen Vermögensgegenständen und Schulden berücksichtigen zu können. Zudem spielt bei diesen Methoden die Zukunftsorientierung und die Mehrperiodigkeit eine dominierende

103 Vgl. das 3. Beispiel zu Gliederungspunkt II.D.1 und die Fallstudie zu Gliederungspunkt II.D.4.b.

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Rolle, indem sie in die Berechnungen zur Bestimmung der Unternehmenswerte künftige Zahlungs- und Zinskomponenten einbeziehen sowie grundsätzlich von der Prämisse der Unternehmens-fortführung (Going Concern) ausgehen. Ihre wichtigsten Ausprägungen stellen das Ertrags- und die Discounted Cash Flow- (DCF-) Verfahren dar, die auf dem investitionstheoretischen Konzept der Kapitalwertmethode basieren.104 Während der Ertragswert die Summe der während des Planungszeitraums von dem Zielunternehmen erwirtschafteten und abgezinsten Ausschüttung an die Anteilseigner darstellt, ermitteln die DCF-Methoden den Unternehmenswert durch Prognose und Diskontierung der während des Planungszeitraums erzielten Cash Flows. Wie noch zu zeigen sein wird, führen das Ertragswertverfahren und die DCF-Methoden unter Verwendung identischer Prämissen zum gleichen Unternehmenswert.105

Der Substanzwert hat im Rahmen der modernen UB keine eigenständige Bedeutung mehr,106 da er nicht in der Lage ist, sämtliche relevanten Werte einzubeziehen (z.B. bleiben nicht bilan-zierungsfähige immaterielle Werte und die Verbundeffekte der Einzelwerte unberücksichtigt) und weiterhin ein direkter Bezug zu künftigen finanziellen Überschüssen des zu bewertenden Unternehmens fehlt. Ähnliches gilt für aus dem Multiplikatorenansatz abgeleitete Marktwerte, die ebenfalls nur zum Zweck von Plausiblitätsuntersuchungen von bereits nach dem Ertragswertver-fahren oder den DCF-Methoden ermittelter Unternehmenswerte eingesetzt werden.107 Dem-gegenüber besitzt der Liquidationswert stets Relevanz, wenn die Weiterführung des Unter-nehmens nicht geplant oder aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht möglich ist, weil keine positive Fortführungsprognose mehr gegeben werden kann.

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden das Ertragswertverfahren, die DCF-Methoden und Konzepte dargestellt und anhand von Beispielen verdeutlicht. Zudem wird auf Besonderheiten eingegangen, die sich aus der Bewertung von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen ergeben.

E. Zentrale Methoden der Unternehmensbewertung

1. Ertragswertmethode

a. Grundlegendes

Wie bereits dargelegt wurde,108 basiert die UB auf einem Nutzenvergleich, der jeweils mit und ohne Bewertungsobjekt durchgeführt wird („Bewerten heißt Vergleichen“). Liegt der für den Nutzenvergleich als Maßstab dienende Wert einer Alternativinvestition (z.B. Kauf von Wert-papieren) fest, so ist die Ermittlung des Unternehmenswerts unproblematisch. Der ent-scheidungsorientierte Unternehmenswert entspricht dann demjenigen Kapitaleinsatz (d.h. für den Kauf der Wertpapiere), der erforderlich ist, um einen dem Unternehmensertrag gleichen Alternativertrag (d.h. der Rendite für die Wertpapiere) zu erwirtschaften. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn die geschätzten Unternehmenserträge mit demjenigen Kalkulationszinssatz diskontiert werden, der dem (internen) Zinssatz109 der relevanten Alternativinvestition entspricht. Die Diskontierungsmethode ist also nichts anderes als ein Vereinfachungsverfahren zum direkten Nutzen- bzw. Erfolgsvergleich. Die Struktur der Alternativinvestition wird bei der Diskontie-

104 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank 2019a, S. 371-379. 105 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.2. 106 Vgl. IDW S 1, Tz. 171. 107 Vgl. IDW S 1, Tz. 15. 108 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.A.2. 109 Vgl. Freidank 2019a, S.379-386.

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rungsmethode durch den Kurzausdruck „Kalkulationszinssatz“ ersetzt. Abb. 11 gibt einen grundlegenden Überblick über die Vorgehensweise der Ertragswertmethode.

Bei der praktischen Ertragswertermittlung bietet es sich aufgrund der Prognoseunsicherheit an, für einen überschaubaren Zeitraum von ca. drei bis fünf Jahren die Unternehmenserträge genau zu planen (z.B. für eine erste und zweite Phase), und erst danach von einer langfristigen Fortschreibung der Unternehmenserträge (z.B. in der dritten Phase) unter Rückgriff auf die Planungsergebnisse der ersten und zweiten Phase auszugehen. Die grundlegende Formel für das Ertragswertmodell lautet bei unendlicher Lebensdauer des Unternehmens dann wie in Abb. 12 gezeigt, wobei auch eine Einteilung in lediglich zwei Phasen als zulässig erachtet wird.110

Hierbei bedeuten:

ERp = geplante Unternehmenserträge EW = Ertragswert i = Kalkulationszinssatz N = Dauer der 2. Phase T = Dauer der 1. Phase

Für das dritte Rechenglied im Phasenmodell, das den nachhaltigen (gleichbleibenden) Unter-nehmensertrag für die dritte Zukunftsphase des zu bewertenden Unternehmens angibt, wird der Barwert der ewigen Rente (ERp : i) unter Anwendung des Kapitalisierungszinssatzes auf den Betrachtungszeitpunkt t = 0 abgezinst. Dieser lässt sich wie folgt herleiten.111 (1) Rentenbarwert (RBWend) bei endlicher, nachschüssiger Ermittlung mit qt = (1 + i)t:

(2) Rentenbarwert (RBWun) bei unendlicher, nachschüssiger Ermittlung mit qt = (1 + i)t:

110 Vgl. IDW S 1, Tz. 77. 111 Vgl. auch Freidank 2019a, S. 374-376.

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Abb. 11: Grundlegende Vorgehensweise der Ertragswertmethode

I. Planung und Prognose der Zukunftserfolge

(Ertragsüberschüsse)

Basis: Gewinn- und Verlustrechnung, Betriebsergebnisrechnungen

(Sparten-, Artikelerfolgsrechnungen) auf Ist- und ggf. Planbasis

1. Bereinigung der Vergangenheitsergebnisse

2. Planungsanalyse

3. Ermittlung der Erfolgserwartungen

Absatz- und Umsatzprognose

- Produktanalyse

- Absatzmarktanalyse

Aufwandsprognose

- variable Aufwendungen/Kosten

- fixe Aufwendungen

Prognose der Investitionen, Abschreibungen,

Zinsen, Kostensteuern

III. Berechnung des Ertragswertes durch Kapitalisierung

II. Festlegung des Kalkulationszinssatzes

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Sofern keine anderen Informationen vorliegen, wird in der Praxis der UB grundsätzlich eine unendliche Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens unterstellt. 112 Diese Prämisse setzt voraus, dass das Unternehmen bis auf weiteres fortgeführt wird und in allen künftigen Perioden (unendlich lang) gleiche Erträge generiert werden. Dabei kann die diskontierte ewige Rente in Abhängigkeit von dem zugrunde gelegten Kalkulationszinssatz bis zu 80 % des Unternehmenswerts betragen.113 Abb. 12 verdeutlicht die Ermittlung des Ertragswerts unter Anwendung des Phasenmodells bei unendlicher Betrachtung durch ein Zahlenbeispiel.114 Als Wert der ewigen Rente wird ein Betrag von 100 GE angesetzt. Der Anteil der diskontierten ewigen Rente am gesamten Unternehmens-wert beträgt hier 66,12 %.115 Die Bewertung kann theoretisch richtig nur anhand der Einzahlungen und Auszahlungen zwischen Investitionsobjekt (z.B. das zu erwerbende Unternehmen) und dem Investor (z.B. Unternehmens-käufer) erfolgen. Der der UB zugrunde zu legende Unternehmensertrag (Zukunftserfolg) ist deshalb als künftiger Netto-Entnahmewert zu bestimmen, der sich als Residualgröße der zu erwartenden zukünftigen Einzahlungen und Auszahlungen zwischen dem Unternehmen und der Umwelt ergibt. Hieraus folgt das theoretischen Postulat, dass die Salden dieser zukünftigen Zahlungsströme Grundlage für die UB sein müssen, wobei aber die praktische Befolgung des in Rede stehenden Grundsatzes erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde, da die Unternehmen in aller Regel keine periodenbezogene Einzahlungs- und Auszahlungsrechnung führen, aber eine Aufwands- und Ertragsrechnung. Zum Zwecke der Berechnung des Netto-Entnahmewerts wird in der Praxis deshalb i.d.R. eine modifizierte Ertragsüberschussrechnung auf der Grundlage geplanter Jahresergebnisse angewendet, die nach handelsrechtlichen und internationalen Rechnungslegungsstandards ermittelt werden können. Aus dieser Rechnung sind dann die den Unternehmenseignern zufließenden finanziellen Überschüsse abzuleiten.116 Somit ist die Ermittlung des Ertragswerts auf der Grundlage geplanter Ausschüttungen des Unternehmens vorzunehmen. Folglich muss auch die künftige Thesaurierungspolitik in die Planungen zur UB einbezogen werden. Allerdings wird in der dritten Planungsphase zur Ermittlung der ewigen Rente aus Vereinfachungsgründen von der Vollausschüttung der Unternehmensergebnisse ausgegan-gen.

Eine weitere Frage bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Dauer der Ertrags- oder Entnahmeströme. Wie bereits ausgeführt, wird üblicherweise eine unbegrenzte Lebensdauer unterstellt. In diesem Fall ergibt sich der Unternehmenswert aus dem Barwert der finanziellen Überschüsse des betriebsnotwendigen Vermögens zuzüglich des Barwertes der finanziellen Überschüsse aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen. Bei einer begrenzten Lebensdauer sind die Barwerte der zukünftigen finanziellen Überschüsse des betriebsnotwendigen und des nicht betriebsnotwendigen Vermögens in den Betriebsjahren zum Barwert des Liquidationsüber-schusses aus der Betriebsaufgabe zu addieren.117

112 Vgl. IDW S 1, Tz. 85. 113 Vgl. IDW 2014, S. 75-76. 114 Vgl. hierzu auch das 3. Beispiel zu Gliederungspunkt II.D.1. 115 66,12 % = 918,79 GE : 1.389,59 GE · 100. 116 Vgl. IDW S 1, Tz. 102. 117 Vgl. IDW S 1, Tz. 86-87. Vgl. zur Abgrenzung des betriebsnotwendigen vom nicht betriebsnotwendigen Vermögen die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.D.4.a.

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• Ausgangsdaten:

p1ER = 120 GE pER = 100 GE

p2ER = 80 GE T = 2

p3ER = 200 GE N = 2

p4ER = 180 GE i = 0,08

• Berechnung des Ertragswerts:

1. Phase 2. Phase 3. Phase

t0 t1 t2 t3 t4 t5 t6 --->

120 GE 80 GE 200 GE 180 GE 100 GE 100 GE --->

EW = 4432 08,108,0

GE 100

08,1

GE 180

08,1

GE200

08,1

GE 80

08,1

GE120

EW = 111,11 GE + 68,59 GE + 158,77 GE + 132,31 GE

+ 918,79 GE

EW = 1.389,59 GE

Abb. 12: 7. Beispiel zur Ermittlung des Ertragswerts mit Hilfe des Phasenmodells bei unendlicher

Lebensdauer

ewige Rente = Wert der ewigen Rente zu Beginn

von t5 = 08,0

GE 100 =

1.250 GE

1

2

1 3

1 4

1 4

1

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Abb. 13 verdeutlicht die Strukturen der finanziellen Überschüsse zur Ermittlung des Unterneh-menswerts bei unbegrenzter und begrenzter Lebensdauer. Nach Maßgabe dieser beiden Alternativen lässt sich die grundlegende Darstellung des Phasenmodells zur Ertragswertermittlung für den Fall der begrenzten Lebensdauer wie folgt modifizieren.

Hierbei bedeuten:

FÜp = geplante finanzielle Vermögensüberschüsse in den Betriebsperioden EW = Ertragswert i = Kalkulationszinssatz Lp = geplanter Netto-Liquidationserlös aus der Aufgabe des Unternehmens N = Dauer der 2. Phase T = Dauer der 1. Phase N + T = Lebensdauer des Unternehmens 8. Beispiel:

Unter Abänderungen der des 7. Beispiels in Abb. 12 sollen nun nachstehende Ausgangsdaten gelten:

N = 2

T = 2

i = 0,08

Der Ertragswert (EW) im Falle der prognostizierten vierjährigen Lebensdauer (N + T) des Unternehmens errechnet sich dann wie folgt.

Die einführenden Darlegungen haben gezeigt, dass in das dargestellte Ertragswertmodell zwei grundsätzliche Parameter einfließen: Die geplanten finanziellen Überschüsse an die Unterneh-menseigner sowie der Kalkulationszinssatz als zusammenfassendes Maß der Alternativinvestition. Diese beiden Modellparameter stehen nachfolgend im Zentrum des Interesses. Darüber hinaus wird auf spezifischen Fragestellungen eingegangen, die sich bei der Wahl des Kalkulations-zinssatzes und aus der Unsicherheit der Modellparameter für die Bewertung ergeben.

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Unbegrenzte Lebensdauer:

Barwert der zukünftigen finanziellen Überschüsse des

betriebsnotwendigen Vermögens

+ Barwert der finanziellen Überschüsse des nicht

betriebsnotwendigen Vermögens

= Unternehmenswert

Begrenzte Lebensdauer:

Barwert der zukünftigen finanziellen Überschüsse des

betriebsnotwendigen Vermögens bis zur Aufgabe des

Unternehmens

+ Barwert der finanziellen Überschüsse des nicht

betriebsnotwendigen Vermögens bis zur Aufgabe

des Unternehmens

+ Barwert des Liquidationsüberschüsse, die aus der

Aufgabe des Unternehmens resultieren

= Unternehmenswert

Abb. 13: Alternativen zur Ermittlung des Unternehmenswerts bei der Ertragswertmethode

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b. Ermittlung der finanziellen Überschüsse

b.a. Rechnungslegungsanalyse

Unter Anknüpfung an das Schema von Abb. 11 muss die Ermittlung der Zukunftserfolge auf der Grundlage bereinigter Vergangenheitsergebnisse vorgenommen werden. Zu diesem Zwecke ist zunächst auf die Ergebnisse der (Konzern-) Jahresabschlüsse und (Konzern-) Lageberichte sowie des innerbetrieblichen Rechnungs- und Finanzwesens der letzten drei bis fünf Jahre zurück zu greifen. Neben den wirtschaftlichen sollten auch die rechtlichen Verhältnisse des zu bewertenden Unternehmens in die Vergangenheitsanalysen eingebunden werden, die sich vor allem auf die Rechtsform, die Gesellschafter- und Eigenkapitalstruktur, Abnahme- und Lieferverpflichtungen sowie andere Bindungen und Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung bezüglich der UB beziehen. Dazu gehören etwa die Pensionszusagen an Mitarbeiter sowie zu beachtende Regelungen hinsichtlich des Umweltschutzes und der Ergebnisverwendung. Sofern es sich um ein prüfungspflichtiges Unternehmen handelt, bieten die gemäß § 321 HGB vom Abschlussprüfer zu erstellenden Prüfungsberichte über das Ergebnis der Prüfungen des (Konzern-) Jahresabschlusses, des (Konzern-)Lageberichts und ggf. des Risikomanagementsystems nach § 317 Abs. 4 HGB eine wertvolle Informationsgrundlage für die UB.118 Allerdings muss zuvor die Genehmigung für die Einsichtnahme in die Prüfungsberichte sowohl vom Aufsichtsrat bzw. den gesetzlichen Vertretern des zu bewertenden Unternehmens als auch vom Abschlussprüfer erteilt werden, wenn es sich nicht um die Offenlegung des Prüfungsberichts in besonderen Fällen nach § 321a HGB handelt.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des zu bewertenden Unternehmens lassen sich aus der durch das Rechnungs- und Finanzwesen119 dokumentierten zahlenmäßigen Erfolgsentwicklung ableiten. Die Analyse und Bereinigung der dort dokumentierten Vergangenheitserfolge wird zur Grundlage der zukunftsorientierten Unternehmensbewertung, denn trotz der unabdingbaren, theoretisch allein zutreffenden Forderung, dass nur zukünftige Erfolge für die UB Relevanz besitzen, ist eine Orientierung an den retrospektiven Werten notwendig. So werden zunächst im Rahmen der Umsatz-, Kosten- und Erfolgsanalyse die Umsatzerlöse, Kosten und Ergebnisse nach Produkt-, Kundengruppen und Absatzmärkten untergliedert, ihre Veränderungen im Zeitablauf ermittelt und mit der Branchenentwicklung kennzahlenbezogen verglichen. Anschließend wird eine Bereinigung der Ergebnisse vorgenommen, um Schwankungen der Vergangenheitsergebnisse auszugleichen und rechnungslegungsbezogene Besonderheiten (z.B. Einflüsse des Realisationsprinzip nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) sowie ggf. vorgenommene bilanzpolitische Gestaltungen (z.B. Verzicht auf die Einbeziehung von Verwaltungskosten in die Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB) zu eliminieren.120 So müssen etwa bei Unternehmen, die schwankende Umsatzerlöse, Kosten und Erfolge aufweisen, die Auswirkungen der letzten Jahre stärker bezüglich der Ergebnisermittlung gewichtet werden. Aus den Bilanz-(Ausschüttungs-)ergebnissen wird dann eine Durchschnitts-größe gebildet, die als retrospektiver Ausgangswert der Ertragswertermittlung dient.

9. Beispiel

Die folgende Tabelle zeigt die Ermittlung des durchschnittlichen, an die Aktionäre ausgeschütteten Bilanzgewinns von 40 M€ (240 M€ : 6) anhand von fünf schwankenden Vergangenheitsdaten einer zu bewertenden Aktiengesellschaft. Dabei wurden der Höchst- und Niedrigwert nicht berück-sichtigt sowie die Erfolgsauswirkungen der letzten Jahre stärker gewichtet.

118 Vgl. Freidank 2019a, S. 549-553. 119 Vgl. zur Struktur und den Verknüpfungen des Rechnungs- und Finanzwesens Freidank 2019a, S. 31-35. 120 Vgl. IDW S 1, Tz. 103.

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Jahr Bilanzgewinn = Ausschüttung Gewichtung Ergebnis

t = 1 30 M€ 1 30 M€

t = 2 – 10 M€ 0 0 M€

t = 3 30 M€ 2 60 M€

t = 4 80 M€ 0 0 M€

t = 5 50 M€ 3 150 M€

Summe - 6 240 M€

b.b Unternehmens- und Umweltanalyse

Die Untersuchung der Ertragspotentiale des zu bewertenden Unternehmens bezieht sich auf betriebliche (z.B. Innovationen und Rationalisierungen) und umweltbezogene (z.B. Entwicklungen der Konjunktur, der Branche, der Konkurrenten sowie der Absatz- und Beschaffungsmärkte) Einflussgrößen. Sie kann z. B. als eine Stärken-/Schwächen- (SWOT-) und Chancen-/Risiken-Ana-lyse121 durchgeführt werden. Sofern sich die aus diesen Untersuchungen resultierenden Ergeb-nisse in einer detaillieren, operativen Unternehmensplanung niedergeschlagen haben, bedarf im Rahmen der UB lediglich einer Plausiblitätsanalyse der vorliegenden Planungsergebnisse. Sollten aber derartige Planungen nicht verfügbar sein, muss zum Zwecke der Ermittlung der Ertrags-potenziale und der Erfolgserwartungen eine separate Prognose insbesondere des Absatzes, des Umsatzes, des Aufwands, der Investitionen, der Abschreibungen, der Zinsen und der Kosten-steuern durch die UB durchgeführt werden.

In diesem Zusammenhang bietet es sich, auf das Instrument der Portfolioanalyse zur Bestimmung von Marktfeldstrategien zurück zu greifen. Die Aktivitäten zielen in diesem Zusammenhang darauf ab, ein optimales Portfolio, das sich aus Produkt-Markt-Kombinationen zusammensetzt, zu planen. Sofern ein Unternehmen mehrere, verschiedene Produkte hergestellt, empfiehlt sich eine Zusammenfassung zu sog. Geschäftsfeldern, die auch als strategische Geschäftseinheiten (SGE‘s) bezeichnet werden. So unterscheidet etwa die von der Boston Consulting Goup entwickelte Portfolio-Matrix im Rahmen von vier Feldern in Nachwuchsprodukte (Question Marks), Zukunfts-produkte (Stars), Basisprodukte (Cash Cows) sowie Ergänzungsprodukte (Dogs), die im Rahmen einer zweidimensionalen Darstellung in Beziehung zu ihrem Marktwachstum und ihrem (relativen) Marktanteil (= eigener Marktanteil : Marktanteil des stärksten Mitbewerbers) gesetzt werden (vgl. Abbildung 14). Zur Messung des Marktanteils wird häufig der Return on Investment (ROI)122 in % als Kennzahl verwendet, da im Rahmen empirischer Studien eine direkte, lineare Beziehung zwischen Marktanteil und Gewinn nachgewiesen wurde.

121 Vgl. hierzu etwa Freidank 2012, S. 58-89; Graumann 2018, S. 87-110; Horvath/Gleich/Seiter 2015, S. 189-195 und S. 466-471; Reichmann/Kißler/Baumöl 2017, S. 645-647. 122

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Im Hinblick auf die üblicherweise unterstellten Lebenszyklusphasen marktfähiger Produkte lassen sich für die Felder der Portfolio-Matrix folgende Strategien und Instrumente ableiten:123

In der Einführungsphase von Nachwuchsprodukten sollte eine Offensiv- und Innova-tionsstrategie mit dem Ziel verfolgt werden, die Chance ihres hohen Markwachstums zu nutzen und den im Verhältnis zu den Hauptkonkurrenten unterdurchschnittlichen Markt-anteil durch selektives Vorgehen im Rahmen intensiver Marketingaktivitäten (z.B. Neuerungen, Spezialisierung, Nischensuche, Akquisition, Werbung) zum Zwecke der Schaf-fung von Erfolgspotentialen zu steigern.

In der Wachstumsphase von Zukunftsprodukten sollte eine Investitions- und Wachstums-strategie mit dem Ziel verfolgt werden, das hohe Marktwachstums und den im Verhältnis zu den Hauptkonkurrenten hohen Marktanteil durch den Aufbau von Kapazitäten zum Zwecke der Festigung bzw. der Verbesserung der Marktstellung zu nutzen.

In der Reifephase von Basisprodukten sollte eine Abschöpfungsstrategie mit dem Ziel verfolgt werden, das nun unterdurchschnittliche Marktwachstum und den im Verhältnis zu den Hauptkonkurrenten hohen Marktanteil unter zumindest einer Beibehaltung der Marktposition und der aufgebauten Kapazitäten zur Steigerung des Cash Flow bzw. der Deckungsbeiträge zu nutzen.

In der Sättigungsphase von Ergänzungsprodukten sollte eine risikoorientierte Desinves-titionsstrategie mit dem Ziel betrieben, das nun unterdurchschnittliche Markt-wachstum und den im Verhältnis zu den Hauptkonkurrenten unterdurchschnittlichen Marktanteil zum Anlass zu nehmen, den Marktrückzug zu planen, Kapazitäten abzubauen und Kosten zu senken.

Der gesamte Prozess der Portfolioanalyse, der auf der Grundlage der vorstehend entwickelten Normstrategien darauf ausgerichtet ist, Anhaltspunkte zu liefern, wie sich die Unternehmung grundsätzlich dem Wettbewerb stellen sollte, um ein optimales Portfolio für Produkt-Markt-Kombinationen zu ermitteln, kann in folgende Ablaufstufen im Rahmen aufgespalten werden:

Unterteilung der Unternehmung in strategische Geschäftsfelder bzw. Geschäftseinheiten (SGE’s).

Vornahme einer Unternehmens- und Umweltanalyse mit der Aufstellung eines Ist-Portfolios der Unternehmung und dem Vergleich mit den Portfolien der stärksten Konkurrenten.

Überprüfung des Ist-Portfolios auf finanzielle Ausgeglichenheit.124

Planung des Soll-Portfolios mit der Vorgabe strategischer Ziele (z.B. Anstreben einer Marktführerschaft in der Wachstumsphase und Vorsehen von Kostensenkungspro-grammen125 in der Sättigungsphase).

Umsetzung des Soll-Portfolios im Rahmen der operativen Unternehmensplanung.

123 Vgl. im Detail etwa Horváth/Gleich/Seiter 2017, S.193-195. 124 Vgl. hierzu im Detail Freidank 2019a, S. 204-220. 125 Vgl. hierzu im Detail Freidank 2019a, S. 334-371.

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Marktwachstum in %

Einführungsphase Wachstumsphase

Nachwuchsprodukte Zukunftsprodukte (Question Marks) (Stars) hoch Offensiv- und In- Investitions- und novationsstrategie Wachstumsstrategie

Sättigungsphase Reifephase

Ergänzungsprodukte Basisprodukte niedrig (Dogs) (Cash Cows) Desinvestitionsstrategie Abschöpfungsstrategie

(relativer) niedrig hoch Marktanteil

Abb. 14: Marktwachstums- Marktanteils-Portfolio der Boston Consulting Group

10. Bespiel:

Ein Unternehmen der IT-Branche befindet sich mit einer neuen strategischen Geschäftseinheit, die die Entwicklung von Spezial-Software zur Steuerung von Logistikprozessen beinhaltet, aufgrund des überdurchschnittlichen Marktwachstums in der Einführungsphase des für diese Nachwuchs-produkte erstellten Marktwachstums-Marktanteils-Portfolios. Die UB muss in diesem Zusam-menhang untersuchen, ob es aufgrund der vorliegenden Informationen aus betriebswirtschaft-licher Sicht künftig geboten erscheint, in die Wachstumsphase mit der dann erforderlichen Umsetzung von bestimmten Investitions- und Wachstumsstrategien einzutreten. Da das Wachs-tum des Marktes für Spezial-Software zur Steuerung Logistikprozessen in den nächsten Jahren weiter steigt, sich der relative Marktanteil des Unternehmens im Vergleich zu den Hauptkon-kurrenten, gemessen an der Kennzahl ROI, in den nächsten Jahren voraussichtlich verdoppeln und somit in die Kategorie „hoch“ fallen wird, empfiehlt es sich, in die Wachstumsphase einzutreten, da auch keine Beschränkungen bei der erforderlichen Mittelbeschaffung für die Umsetzung von notwendigen Investitionsprojekten bestehen.

Im Rahmen der internen Analyse steht weiterhin die Beurteilung der Unternehmensführung im Vordergrund, da sie den wesentlichen Beitrag zur Erzielung und Sicherung der zukünftigen Erfolgsbeiträge liefert. Dabei sollte die personelle von der sachlichen Komponente der Führung getrennt werden. Dort, wo eine Trennung zwischen Unternehmensführung und Anteilseigentum vorliegt, wie bei großen Publikumsgesellschaften, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die Führung für das Unternehmen weiter bestehen bleibt. In Klein- und Mittelbetrieben ist die Entwicklung des Unternehmens hingegen stark an die Person des bisherigen Eigentümers gebunden, die bei einem Verkauf nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Diese Aspekte sind bei der Ermittlung der Erfolgserwartungen im Rahmen der Planungsrechnung zu berücksichtigen.

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Die sachliche Komponente der Führung wird vor allem von der Innovations- und Anpassungs-fähigkeit des Unternehmens dokumentiert. In eine derartige Analyse sind deshalb vor allem die Bereiche Forschung und Entwicklung, Absatz, Planung, Organisation und das Risiko-manage-ment126 einzubeziehen. Im Rahmen dieser Untersuchungen soll insbesondere der Frage nachge-gangen werden, ob auch in Zukunft vergleichbare Ergebnisse - im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft oder auch zur Branche - zu erwarten sind. Zu diesem Zwecke ist die Flexibilität der Führungs-organisation nach Maßgabe der Struktur sowie im Hinblick auf den Zentralisations- und Delega-tionsgrad zu analysieren.

b.a Erfolgsplanung

(a) Allgemeines

Die Ableitung des finanziellen Zukunftserfolgsstroms aus den strategischen Ergebnissen der Unternehmens- und Umweltanalyse ist einerseits mit unternehmensspezifischen Risiken wie z.B. der Konkurrenzentwicklung verbunden, andererseits aber auch mit generellen Risiken wie z.B. Naturkatastrophen, Wirtschafts- und Finanzkrisen oder auch allgemeinen Nachfrageverschie-bungen. Je weiter die Planung in die Zukunft hineinreicht, umso unsicherer wird die Prognose der finanziellen Überschüsse. Ein Ansatz, um dieses Problem zu lösen, besteht in der Anwendung der bereits dargestellten Phasenmethode.127

In der Phase 1 werden die Umsätze nach Produkten und die Kosten nach Kostenarten genau prognostiziert. In der Phase 2 erfolgt eine Entwicklung der allgemeinen Trenderwartungen für die Umsätze und Kosten insgesamt aus den vorangehenden Planungen. Nach diesen beiden Phasen wird in der Phase 3 eine Fortschreibung des Erfolgs aus Phase 2 auf konstantem Niveau vorgenommen. Diese Methode hat zum einen den Vorteil, dass die Unsicherheit und die man-gelnde Quantifizierbarkeit der Erfolgsgrößen mit zunehmender Distanz vom Bewertungs-zeitpunkt einen geringeren Einfluss aufweisen, denn die entfernteren Zukunftsergebnisse gehen mit einem stetig kleiner werdenden Barwert in den Unternehmenswert ein. Zum anderen wirken positive und negative Umsatz- und Kostenentwicklungen innerhalb des gesamten Planungs-zeitraums kompensierend auf das Gesamtergebnis.

Für den künftigen Geschäftsumfang des zu bewertenden Unternehmens sollten für drei bis fünf Jahre Umsatz und Investitionen genau geplant werden.128 Die Umsatzplanung orientiert sich dabei an den bereinigten Vergangenheitswerten als Mengengerüst, das je nach den künftigen unter-nehmerischen Aktionen, Marktanalysen und vorhandenen Prognoseinformationen anzupassen ist. Dabei muss neben Wachstum auch mit Stagnation oder Schrumpfung gerechnet werden. Die im Zusammenhang mit der Investitionsplanung (Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen) auftreten-den Finanzierungsbedarfe und die Auswirkungen auf künftige Umsätze und Kosten (z.B. Abschrei-bungs-, Instandhaltungs-, Zinskosten und Kostensteuern) sind ebenfalls in die Planungsrechnung einzubeziehen und bei der Zins- und Abschreibungsplanung der Folgeperioden mit zu berück-sichtigen. Sämtliche Detailplanungen werden sodann als Grundwerte der Ergebnisplanung in einer Aufwands- und Ertragsrechnung zusammengeführt. Dies wird im Folgenden anhand der Finan-zierungsplanung, der Planung des Zinsaufwands und der Planung der Ertragsteuern verdeutlicht.

126 Vgl. hierzu im Detail Freidank 2019a, S. 220-233. 127 Vgl. IDW S 1, Tz. 104 bis 108 und die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1. 128

Vgl. hierzu im Einzelnen IDW 2014, S. 78-96.

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(c) Planung des Zinsaufwands

„Jede Ertragswertbestimmung hat dem in aller Regel mehr oder weniger schwankenden Finanzierungsvolumen eines Unternehmens Rechnung zu tragen.“129 Ein und dasselbe Unter-nehmen kann, je nachdem wie es finanziert ist (d.h. mit bestimmten Volumina von Eigen- und/oder Fremdkapital), unterschiedliche Zinsaufwendungen und Zinserträge aufweisen. Hieraus folgt, dass der Ertragswert in hohem Maße von den Finanzierungsannahmen beeinflusst wird. Da das Finanzierungsvolumen eines Unternehmens ständig in Bewegung ist, müssen umfassende Planungen vorgenommen werden, um die Erfolgszuordnung zu Fremd- und Eigenkapital hin-reichend zuverlässig lösen zu können.

Das schwankende Finanzierungsvolumen wird im Rahmen der UB mit Hilfe einer gesonderten Finanzierungsbedarfsrechnung ermittelt.130 Anhand dieses Instruments werden diejenigen vermögenswirksamen Zahlungsvorgänge erfasst, bei denen die Ausgabe (Finanzbedarf) (z.B. Anschaffungsausgaben) grundsätzlich erheblich von der Einnahme (Wiedervereinnahmung = Finanzdeckung) abweicht (z.B. Erfassung der in den Umsatzerlösen enthaltenen Abschreibungen). Die Aufwandsrechnung enthält in diesen Fällen Aufwendungen ohne Ausgabe (z. B. Abschrei-bungen), ebenso sind Ausgaben vorhanden, denen kein Aufwand unmittelbar gegenübersteht (z.B. Investitionsausgaben für Anlagegüter). Aus diesem Grunde muss im Rahmen der Aufwands- und Ertragsrechnung eine konkrete Berechnung der Zinsaufwendungen unter Anwendung einer Finanzbedarfsrechnung erfolgen. Da für die normalen erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle Aus-gaben/Einnahmen mit den Aufwendungen/Erträgen bis auf einen vernachlässigbaren gewissen Einnahmen- oder Ausgabenverlauf übereinstimmen (z.B. Lieferung von Erzeugnissen, die erst im nächsten Jahr bezahlt werden), reicht es aus, sich auf die wesentlichen (langfristigen) Vorgänge zu beschränken. Es wird im Einzelfall zu entscheiden sein, für welche Zeiträume eine die Ertrags-überschussrechnung ergänzende Finanzbedarfsrechnung aufgestellt werden muss. In diesem Zusammenhang ist der Altersaufbau des Anlagevermögens von Bedeutung, da hieraus unter-schiedliche Verhältnisse zwischen den geplanten Investitionen (Ausgaben) und den geplanten Abschreibungen auf das Anlagevermögen (Einnahmen) im Zeitablauf resultieren.

11. Beispiel:

Abb. 15131 zeigt den vereinfachten Aufbau einer gesonderten Finanzbedarfsrechnung für ein zu bewertendes Unternehmen über den Planungshorizont von fünf Jahren. Zunächst wird durch die Planungsrechnung der laufende Finanzbedarf (künftige Ausgaben) ermittelt, der sowohl die Reininvestitionen der vorhandenen Anlagen als auch die Erweiterungsinvestitionen im Falle von Unternehmensexpansionen beinhaltet. Zusätzlich werden sonstige Ausgaben erfasst, die in den jeweiligen Jahren planmäßig nicht zu Aufwand führen (z.B. Ausgaben für Pensionszahlungen oder Vorauszahlungen für Miete, die erst später zu Aufwand wird). Die laufende Finanzdeckung (künftige Einnahmen) setzt sich zunächst aus den substanzerhaltenden Abschreibungen (berechnet von den Wiederbeschaffungspreisen des abnutzbaren Anlagevermögens) zusammen. Hierdurch wird erreicht, dass den künftigen Ausgaben stets so viel an künftigen Einnahmen gegenübergestellt wird, wie zur Substanzerhaltung erforderlich ist. Ferner sind die Zuweisungen zur Pensionsrückstellung sowie sonstige Aufwendungen, die in den jeweiligen Perioden noch nicht zu Ausgaben führen [z.B. Rückstellungsbildungen oder sonstige Verbindlichkeiten (Mietnach-

129 IDW S 1, Tz. 109. 130 Vgl. IDW S 1, Tz. 109-111; Kajüter 2007, S. 469-471. 131 Modifiziert entnommen von IDW 2002, S. 97; IDW 2014, S. 91.

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zahlungen)] als künftige Einnahmen mit in die Finanzdeckung einzubeziehen. Die laufende Finanzdeckung umfasst somit die in den geplanten Umsatzerlösen enthaltenen Aufwendungen ohne den Zinsaufwand für den Fremdkapitaldienst.

Die Unterdeckungen (künftige Ausgaben ˃ künftige Einnahmen) der ersten drei Zukunftsjahre der laufenden Finanzbedarfsrechnung gehen in die Kapitalbedarfsrechnung ein. Die Unterdeckungen (künftige Ausgaben < künftige Einnahmen) der letzten zwei Zukunftsjahre reduzieren hingegen den erforderlichen Kapitalbedarf. Nach Berücksichtigung der planmäßigen (vereinbarten oder wahrscheinlichen) Kredittilgungen wird der Kapitalbedarf mit dem prognostizierten Zinssatz (3 %) einbezogen.132 Die vorgetragenen Kredite beziehen sich auf den Kapitalbedarf, der durch Fremd-finanzierung aufgebracht werden soll. Der in der Finanzbedarfsrechnung ermittelte Zins-aufwand wird mit dem prognostizierten Zinssatz (3 %) verzinst und als Zinsaufwand in die Zukunfts-erfolgsrechnung mit einbezogen.

Das Beispiel verdeutlicht, dass mit Hilfe der Finanzbedarfsrechnung insbesondere der Zinsaufwand für das Fremdkapital korrigiert wird. Das Eigenkapital des Unternehmens wird hierbei i.d.R. als unveränderbare Bezugsgröße der UB unterstellt,133 wodurch alle Ertragsüberschüsse als aus-schüttbar gelten und keine Verwendung von thesaurierten Ergebnisbeträgen zum Zwecke der Finanzierungsplanung möglich ist. Somit hat jeder zusätzliche Kapitalbedarf bzw. -überschuss unmittelbar Auswirkungen auf die Aufnahme bzw. Rückzahlung von Fremdkapital. Es kann aber auch geboten sein, für die Zukunft eine andere Eigenkapitalausstattung anzunehmen als die am Bewertungsstichtag gegebene; insoweit senken bzw. erhöhen „fehlende“ oder „überschüssige“ Eigenkapitalbeträge den Ertragswert.

(c) Planung der Ertragsteuern134

(1) Grundlegendes

In die UB sind in- und ausländische Ertragsteuern des Unternehmens135 und auch die aufgrund des Eigentums am Unternehmen entstehenden persönlichen Ertragsteuern der Unternehmenseigner einzubeziehen.136 Unabhängig von der Rechtsform handelt es sich um die Wirkungen der Einkom-men-, der Körperschaft- und der Gewerbesteuer, die die Höhe der Nettozuflüsse an die Unter-nehmenseigner mindern. Den Ertragsteuern ist gemeinsam, dass ihre Bemessungsgrundlagen vom wirtschaftlichen Ergebnis des Unternehmens (Gewinn, Ertrag) abhängig sind. Hierdurch wird

132 Die Auszahlungen für die berechneten Zinsaufwendungen (30, 37, 41, 42 und 40 T€) werden durch die (anderen) geplanten Umsatzerlöse der einzelnen Jahre finanziert. 133 Im Falle einer geplanten Beteiligungsfinanzierung trifft diese Prämisse nicht zu. 134 Vgl. zur Planung und Einbeziehung anderer (Kosten-)Steuerarten in die UB Freidank 2019a, S. 461-487. Häufig wird aber auf die Berücksichtigung anderer Steuerarten als den Ertragsteuern in der UB aufgrund des Planungsaufwands und ihrer vergleichsweise geringen Höhe, die nur marginale Auswirkungen auf den Unternehmenswert hat, verzichtet. 135 Die vom Unternehmen geschuldeten Ertragsteuern werden gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 14 und Abs. 3 Nr. 13 HGB als Steuern vom Einkommen und vom Ertrag bezeichnet. 136 Vgl. IDW S 1, Tz. 43-47.

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63

Jahr 1

T€

Jahr 2

T€

Jahr 3

T€

Jahr 4

T€

Jahr 5

T€

Laufender Finanzbedarf

1. Ersatzinvestitionen

2. Erweiterungsinvestitionen

3. Pensionszahlungen

4. Sonstige nicht aufwands-

wirksame Ausgaben

200

150

30

15

140

100

32

15

160

25

35

20

90

20

37

10

100

0

40

10

395 287 240 157 150

Laufende Finanzdeckung

1. Abschreibungen

2. Erhöhung der Pensions-

rückstellungen

3. Sonstige nicht ausgaben-

wirksame Aufwendungen

130

12

10

165

10

5

170

10

15

190

15

25

195

12

25

152 180 195 230 232

Unter- bzw.

Überdeckung

- 243

- 107

- 45

73

82

Vortrag Kredite

Kredittilgungen

- planmäßige

(5% des Vortrags)

- außerplanmäßige

- 1.000

50

0

- 1.243

62

0

- 1.350

68

0

- 1.395

70

3

- 1.322

66

16

Kapitalaufnahme - 293 - 169 - 113 0 0

Kreditbedarf -1.243 -1.350 -1.395 -1.322 -1.240

Kreditzinsen (3 % auf

den Bestand am Anfang

des Jahres)

30

37

41

42

40

Abb. 15: Struktur einer Finanzbedarfsrechnung

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64

die Einbeziehung in die UB vereinfacht, da ihre Wirkungen durch Anwendung eines Multifaktors auf das Jahresergebnis vor Ertragsteuern bzw. die Ausschüttung zu erfassen ist. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf den deutschen Steuerrechtsraum, wobei zusätzlich von Vereinfachungen ausgegangen wird. Wie zu zeigen sein wird, wirken sich die Ertragsteuern sowohl auf den Zähler als auch auf den Nenner der Ertragsbewertungsformel aus.137 Die zum 01.01.2008 in Kraft getretene Unternehmenssteuerreform bringt erhebliche Auswirkungen auf die UB mit sich, die sowohl die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse auf Unternehmens- und Gesellschafterebene als auch die Kapitalisierungsfaktoren138 betreffen.

Zur Quantifizierung der Steuerbelastung im Rahmen der UB bietet sich die Teilsteuerrechnung139 an. Mit Hilfe dieses Systems lassen sich für bestimmte ökonomische Entscheidungssituationen partielle Steuerbelastungen ermitteln, die dann zur zeit- und situationsorientierten steuerlichen Gesamtbelastung unter Berücksichtigung steuerlicher wechselseitiger Abhängigkeiten zusammen-gefasst werden können. Allerdings führt die Anwendbarkeit dieses Planungskonzepts aufgrund seiner einschränkenden Rahmenbedingungen und Vereinfachungen sowie der Unsicherheit der Planungsvariablen häufig zu ungenauen Ergebnissen, die Fehlentscheidungen nach sich ziehen können. Die Praxis greift deshalb alternativ oder ergänzend auch auf die sog. kasuistische Veranlagungssimulation zurück, die als fallbezogenen Simulationsrechnung zu verstehen ist und mit der Annahme arbeitet, dass beschriebene Sachverhalte, die den Charakter von Planungs-alternativen tragen können, tatsächlich realisiert worden seien und nun den Veranlagungen in den einzelnen relevanten Steuerarten zu unterwerfen wären.140 (c) Ertragsteuerbelastung auf Unternehmensebene Zunächst gilt es, den Faktor für die Gewerbesteuer (sg) unter Berücksichtigung der Steuer-messzahl für den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 2 GewStG), des Hebesatzes der Standortgemeinde (§ 16 Abs. 1 GewStG) (h) und des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebs-ausgabe von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage (§ 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG) zu berechnen. Die Messzahl für die Gewerbesteuer (m) beträgt unabhängig von der Rechtsform bei Personen- und Kapitalgesellschaften 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG). Somit gilt zur Erfassung der von Personen- und Kapitalgesellschaften geschuldeten Gewerbesteuer folgender Multifaktor:

(1) sg = m ∙ h.

Im Hinblick auf die Körperschaftsteuer bietet es sich an, den Definitivsteuersatz von 15 % (§ 23

Abs. 1 KStG) (sd), ggf. zuzüglich des Solidaritätszuschlages (soli), zugrunde zu legen. Unter Berück-

sichtigung des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe von der

Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KSt i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG) und

der Integration des Solidaritätszuschlags, der auf die Körperschaftsteuer erhoben wird (§ 2 Nr. 3

SolZG), lässt sich der kombinierte Ertragsteuersatz (s) als Multifaktor wie nachstehend gezeigt

berechnen. Der Prozentsatz für den Solidaritätszuschlag beträgt 5,5% (§ 2 Nr. 3 SolZG). Somit gilt

zur Erfassung der von Kapitalgesellschaften geschuldeten Gewerbe- und Körperschaftsteuer:

137 Vgl. IDW S 1, Tz. 28, 29, 46, 122. 138 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1.c. 139 Vgl. Kußmaul 2010, S. 468-473; Rose 1979. 140 Vgl. Rose 1986, S. 32.

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(2) s = sg + (1 + soli) ∙ sd.

12. Beispiel:

Im Rahmen der UB einer Aktiengesellschaft wurden folgende Ertragsteuerfaktoren ermittelt.

m = 0,035

h = 4,05

soli = 0,055

sd = 0,15

sg = 0,035 · 4,05

s = 0,14175 + (1 + 0,055) ∙ 0,15

s = 0,3

Abb. 12 zeigt die Ermittlung der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (Ertragsteuern) in Höhe von 200 T€ durch Anwendung des Multifaktors von s = 0,3 auf den geplanten Jahresüberschuss vor Ertragsteuern von 600 T€ in der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung des ersten Jahres (t = 1).

Posten der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung t = 1 in T€

1. 2.

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Umsatzerlöse Erhöhung des Bestands an fertigen Erzeugnissen

Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen auf Sachanlagen Sonstige betriebliche Aufwendungen Erträge aus Beteiligungen Zinsaufwendungen Zinserträge

28.200 200

200 400

- 12.500 - 12.000

- 1.500 - 2.400

100 - 500

400

12. 13.

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (600 T€ · 0,3)

600 - 180

14. Jahresüberschuss = Ausschüttung 420

Abb. 16: Ermittlung der Ertragsüberschüsse im ersten Planungsjahr

(3) Ertragsteuerbelastung auf Gesellschafterebene

Zu diesem Zwecke kann vereinfachend von einem typisierenden (durchschnittlichen) Einkom-mensteuersatz i.S.v. § 32a EStG ausgegangen werden, der die Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseigners unter Einbeziehung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag berücksichtigt. In diesem Falle legt die h. M. der Typisierung einen

Mittelverwendung Mittelherkunft in TEuroin TEuro

1.400300100700100

400

1. Mittel- und langfristige Verwendungen und Herkünfte

Zunahme SachanlagenZunahme FinanzanlagenAbnahme GewinnrücklagenDividendenzahlungen (Bilanzgewinn 01)Abnahme AnleihenAbnahme Verbindlichkeiten gegenüberKreditinstituten

Mittel- und langfristige Verwendungen

Abschreibungen auf SachanlagenZunahme gezeichnetes KapitalZunahme KapitalrücklageBilanzgewinn 02Zunahme Rückstellungen

Mittel- und langfristige Herkünfte

2. Kurzfristige Verwendungen und Herkünfte

Zunahmen VorräteZunahme Forderungen aus Lieferungenund LeistungenZunahme Wertpapiere

Abnahme sonstige VermögensgegenständeAbnahme Flüssige MittelZunahme Verbindlichkeiten ausLieferungen und LeistungenZunahme sonstige Verbindlichkeiten

Kurzfristige Verwendungen Kurzfristige Herkünfte

Summe Mittelverwendung Summe Mittelherkunft

3.000

200

300500

1.000

4.000

1.500100100500

1.000

3.200

500100

100100

800

4.000

Mittelverwendung Mittelherkunft in TEuroin TEuro

1.400300100700100

400

1. Mittel- und langfristige Verwendungen und Herkünfte

Zunahme SachanlagenZunahme FinanzanlagenAbnahme GewinnrücklagenDividendenzahlungen (Bilanzgewinn 01)Abnahme AnleihenAbnahme Verbindlichkeiten gegenüberKreditinstituten

Mittel- und langfristige Verwendungen

Abschreibungen auf SachanlagenZunahme gezeichnetes KapitalZunahme KapitalrücklageBilanzgewinn 02Zunahme Rückstellungen

Mittel- und langfristige Herkünfte

2. Kurzfristige Verwendungen und Herkünfte

Zunahmen VorräteZunahme Forderungen aus Lieferungenund LeistungenZunahme Wertpapiere

Abnahme sonstige VermögensgegenständeAbnahme Flüssige MittelZunahme Verbindlichkeiten ausLieferungen und LeistungenZunahme sonstige Verbindlichkeiten

Kurzfristige Verwendungen Kurzfristige Herkünfte

Summe Mittelverwendung Summe Mittelherkunft

3.000

200

300500

1.000

4.000

1.500100100500

1.000

3.200

500100

100100

800

4.000

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66

Einkommensteuersatz von 35 % zugrunde.141 Geht man hinsichtlich der persönlichen Steuer-belastung von Anteilseignern an Kapitalgesellschaften aber davon aus, dass seit dem 01.01.2009 prinzipiell sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG (z. B. Zinsen, Dividenden sowie realisierte Veräußerungsgewinne) nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG mit einem einheitlichen Abgeltungssteuersatz (sa) von 25 % erfasst werden, dann gilt unter Berücksichtigung des Solidari-tätszuschlags (soli) nach § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 SolZG folgender Einkommensteuerfaktor (se):

(3) se = (1 + soli) ∙ sa.

Falls noch die Kirchensteuer, z.B. zur Ermittlung eines subjektiven Unternehmenswerts, einbe-zogen wird, muss beachtet werden, dass sich gemäß § 32d Abs. 1 Satz 3 die Abgeltungssteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer reduziert und auch der Solidari-tätszuschlag von der pauschal ermäßigten Abgeltungssteuer zu berechnen ist. Damit gilt im Falle der Kirchensteuerpflicht (ski = Kirchensteuerfaktor):

(4) se = (1 + soli + ski) ∙ (1 – 0,25 ∙ ski)

Zur Ermittlung der persönlichen Ertragsteuerbelastung ist dann der Faktor se auf die geplante Periodenausschüttung (Dividende) anzuwenden.

Sofern geplant ist, nur den Jahresüberschuss in voller Höhe auszuschütten, kann zum Zwecke der Ermittlung der persönlichen Ertragsteuerbelasung der Einkommensteuerfaktor (se) auf den Jahresüberschuss angewandt werden. In diesem Fall ergibt sich der Multifaktor zur Erfassung der Wirkungen der Körperschaft-, der Gewerbe-, der Einkommen und der Kirchensteuer (sge) wie folgt:

(5) sge = 1 – {1 – [sg + (1 + soli) ∙ sd]} ∙ (1 – se).

Der Rückgriff auf diese Vorgehensweise bietet sich insbesondere in der Phase der ewigen Rente an, wenn aus Vereinfachungsgründen von der Vollausschüttung der geplanten Jahresüberschüsse ausgegangen wird.142 Die gesamte Erstragsteuerbelastung (ERSt) ergibt sich dann wie folgt (vJ = Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag):

(6) ERSt = sge · vJ.

Falls aber in den Perioden geplant wird, den Jahresüberschuss vollständig oder teilweise den Gewinnrücklagen zuzuweisen (§ 272 Abs. 3 HGB; § 58, § 158 Abs. 1 Nr. 4 AktG; § 29 Abs. 2 GmbHG) oder den Jahresüberschuss durch Entnahmen aus den Kapital- oder Gewinnrücklagen (§ 158 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AktG) für Ausschüttungszwecke zu erhöhen,143 ist die persönliche Ertragsteuerbelastung auf der Grundlage der geplanten Ausschüttungen zu berechnen. Vereinfachend kann dann auf den ermittelten Bilanzgewinn zurückgegriffen werden. Somit lautet die Formel zu Ermittlung der gesamten Ertragsteuerbelastung (ERSt) im Falle der Ausschüt-tungsplanung des Jahresüberschusses zuzüglich Entnahmen aus Kapital- und Gewinnrücklagen (EntRL) wie folgt (vJ = Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag):

(7) ERSt = sge · vJ + sa · EntRL.

Sollen hingegen Teile oder der gesamte Jahresüberschuss der Planperiode thesauriert werden gilt (EntRL = Entnahmen aus Gewinnrücklagen):

141 Vgl. IDW S 1, Tz. 43; IDW 2012, S. 324. 142 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1. 143 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank/Velte 2013, S. 770-791.

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67

(8) ERSt = sge · vJ – sa · EntRL.

Allerdings lässt sich Formel (8) für Kapitalgesellschaften verfeinern, wenn die zentralen aktien-rechtlichen Ausschüttungs- und Dotierungsregelungen der Gewinnrücklagen einbezogen werden. So besteht zunächst die Verpflichtung, in die gesetzliche Rücklage jährlich 5 % des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen, bis gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage einen bestimmten Betrag erreicht haben (§ 150 Abs. 2 AktG). Darüber hinaus dürfen Vorstand und Aufsichtsrat bei der Feststellung des Jahresüberschusses nur die Hälfte des Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen einstellen (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AktG). „Dabei sind Beträge, die in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind, und ein Verlustvortrag vorher vom Jahresüberschuss abzuziehen“ (§ 58 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 4 AktG).

Sofern diese Regelungen bei der Planung der Ertragsüberschüsse im Rahmen der UB Berück-sichtigung finden sollen, ist die gesamte Ertragsteuerbelastung unter Beachtung der maximal möglichen Einstellungen in die Gewinnrücklagen wie folgt zu ermitteln (J = Jahresüberschuss; VV = Verlustvortrag aus dem Vorjahr)144

(8) ERSt = sge · vJ – sa · {VV + 0,05 · (J – VV) + 0,5 · [J – VV – 0,05 · (J – VV)]}

oder nach einigen Umformungen

(9) ERSt = sge · vJ – sa · 0,525 · J + 0,475 · VV).

13. Beispiel

Unter Bezugnahme auf die Daten vom 12. Beispiel wird nun unterstellt,145 dass zur Ermittlung der persönlichen Steuerbelastung der Anteilseigner auf den Abgeltungssteuersatz von sa = 25 % und einen Kirchensteuersatz von 9 % zurückgegriffen wird. Dann ermittelt sich die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse des Unternehmens in der Periode t = 1 wie folgt.

sge = 1 – {1 – [0,14175 + (1 + 0,055) ∙ 0,15]} ∙ (1 – 0,28) = 0,496

mit

se = 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 – 0,25 · 0,09) = 0,28

Damit betragen die gesamte Ertragsteuerbelastung in dieser Planperiode 297,6 T€ (= 0, 496 · 600 T€) und die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse 302, 40 T€ [= (1 0, 496) ∙ 600 T€].

Sofern die Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner mit einem typi-sierenden Einkommensteuersatz von se = 0,35 vorgenommen wird, sind die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse des Unternehmens in der Periode t = 1 wie folgt zu ermitteln:

sge = 1 – {1 – [0,14175 + (1 + 0,055) ∙ 0,15]} ∙ (1 – 0,35) = 0,545.

Die gesamte Ertragsteuerbelastung beliefe sich dann in dieser Planperiode auf 327 T€ (= 0, 545 · 600 T€) und die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse auf 273 T€ [= (1 0, 545) ∙ 600 T€].

Diese Ergebnisse lassen sich wie folgt nachvollziehen.

144 Es wird unterstellt, dass der Verlustvortrag aus dem Vorjahr keinen Einfluss auf die Bemessungsgrund-lagen der Gewerbe- und Körperschaftsteuer hat. Vgl. zu abweichenden Modellen Freidank 2016, S. 56-93. 145 Vgl. das 12. Beispiel zu Gliederungspunkt II.E.1.b.b.c(a).

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68

Ertragskomponenten se = 0,28 se = 0,35

Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 600.000 € 600.000 €

- GewSt (0,14175) 85.050 € 85.050 €

= Jahresüberschuss nach GewSt 514.950 € 514.950 €

- KSt einschließlich soli (0,15625) 94.950 € 94.950 €

= Jahresüberschuss = Ausschüttung 420.000 € 420.000 €

- ESt einschließlich soli und Kirchensteuer (0,28/0,35) 117.600 € 147.000 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse 302.400 € 273.000 €

Abb. 17: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bei Vollausschüttung des Jahresüberschusses

Sofern abweichend unterstellt wird, dass die im 12. Beispiel angesprochene AG in der Planperiode t = 1 beabsichtigt, neben dem Jahresüberschuss von 420 T€ durch Entnahmen aus Gewinn-rücklagen weitere 100 T€ an die Anteilseigner auszuschütten, wäre die vorstehende Ermittlung der gesamten Ertragsteuerbelastung (ERSt) und der zu diskontierenden Ertragsteuerüberschüsse wie folgt zu modifizieren.

ERSt (0,28) = 0,496 ∙ 600.000 € + 0,28 ∙ 100.000 € = 325.600 € ERSt (0,35) = 0,545 ∙ 600.000 € + 0,35 ∙ 100.000 € = 362.000 €

Ertragskomponenten se = 0,28 se = 0,35

Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 600.000 € 600.000 €

- GewSt (0,14175) 85.050 € 85.050 €

= Jahresüberschuss nach GewSt 514.950 € 514.950 €

- KSt einschließlich soli (0,15625) 94.950 € 94.950 €

= Jahresüberschuss 420.000 € 420.000 €

+ Entnahmen aus Gewinnrücklagen 100.000 € 100.000 €

= Bilanzgewinn = Ausschüttung 520.000 € 520.000 €

- ESt einschließlich soli und Kirchensteuer (0,28/0,35) 145.600 € 182.000 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse 374.400 € 338.000 €

Abb. 18: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bei Vollausschüttung des Jahresüberschusses und Entnahmen aus Gewinnrücklagen

Sofern abweichend unterstellt wird, dass die im 12. Beispiel angesprochene AG in der Planperiode t = 1 beabsichtigt, vom Jahresüberschuss 200 T€ in die Gewinnrücklagen einstellen und den Rest-betrag an die Anteilseigner auszuschütten, dann wäre die vorstehende Ermittlung der gesamten Ertragsteuerbelastung (ERSt) und der zu diskontierenden Ertragsteuerüberschüsse wie folgt zu modifizieren.

ERSt (0,28) = 0,496 ∙ 600.000 € – 0,28 ∙ 200.000 € = 241.600 € ERSt (0,35) = 0,545 ∙ 600.000 € – 0,35 ∙ 200.000 € = 257.000 €

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Ertragskomponenten se = 0,28 se = 0,35

Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 600.000 € 600.000 €

- GewSt (0,14175) 85.050 € 85.050 €

= Jahresüberschuss nach GewSt 514.950 € 514.950 €

- KSt einschließlich soli (0,15625) 94.950 € 94.950 €

= Jahresüberschuss 420.000 € 420.000 €

- Einstellungen in Gewinnrücklagen 200.000 € 200.000 €

= Bilanzgewinn = Ausschüttung 220.000 € 220.000 €

- ESt einschließlich soli und Kirchensteuer (0,28/0,35) 61.600 € 77.000 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse 158.400 € 143.000 €

Abb. 19: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bei Dotierung der Gewinnrücklagen

Sofern abweichend unterstellt wird, dass die im 12. Beispiel angesprochene AG in der Planperiode t = 1 beabsichtigt, vom Jahresüberschuss den aktienrechtlich maximal möglichen Betrag unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr von 150.000 € in die Gewinnrücklagen einstellen und den Restbetrag an die Anteilseigner auszuschütten, dann wäre die vorstehende Ermittlung der gesamten Ertragsteuerbelastung (ERSt) und der zu diskontierenden Ertragsteuer-überschüsse wie folgt zu modifizieren.

ERSt (0,28) = 0,496 · 600.000 € – 0,28 · (0,525 · 420.000 € + 0,475 · 150.000 €) = 215.910 € ERSt (0,35) = 0,545 · 600.000 € – 0,35 · (0,525 ∙ 420.000 € + 0,475 ∙ 150.000 €) = 224.887,5 €

Bemessungsgrundlagen se = 0,28 se = 0,35

Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 600.000 € 600.000 €

- GewSt (0,14175) 85.050 € 85.050 €

= Jahresüberschuss nach GewSt 514.950 € 514.950 €

- KSt einschließlich soli (0,15625) 94.950 € 94.950 €

= Jahresüberschuss 420.000 € 420.000 €

- Verlustvortrag aus dem Vorjahr 150.000 € 150.000 €

- Einstellungen in die gesetzliche Rücklage (0,05 ∙ 270.000 €) 13.500 € 13.500 €

- Einstellungen in andere Gewinnrücklagen (0,5 · 256.500 €) 128.250 € 128.250 €

= Bilanzgewinn = Ausschüttung 128.250 € 128.250 €

- ESt einschließlich soli und Kirchensteuer (0,28/0,35) 35.910 € 44.887,5 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse 92.340 € 83.362,5 €

Abb. 20: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bei maximal möglicher Dotierung der Gewinnrücklagen

(4) Besonderheiten bei Personengesellschaften Im Gegensatz zur Einkommensteuer, die vom Einzelunternehmer bzw. von den einzelnen Gesell-schaftern geschuldet wird, ist im Hinblick auf die Gewerbesteuer die Personengesellschaft gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldner. Als Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer wird von § 6 GewStG der Gewerbeertrag genannt. § 7 GewStG bestimmt, dass der Gewerbeertrag, der die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer bildet, den nach den Vorschriften des Ein-kommensteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbebetrieb entspricht, vermehrt

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und vermindert um die in § 8 f. GewStG bezeichneten Beträge und gekürzt um einen Freibetrag von 24.000 € (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG).146

Somit gilt zur grundsätzlichen Erfassung der von Personengesellschaften geschuldeten Gewerbe-steuer (GewSt) auch der folgende Multifaktor, der vereinfachend auf den Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (vJ), ggf. gekürzt um den Freibetrag, für Zwecke der UB angewandt werden kann.

(1) GewSt = m · h · (vJ – 24.000 €)

Laut § 275 Abs. 2 Posten 14. und Abs. 3 Posten 13. HGB sind die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag in der Erfolgsrechnung zu zeigen. Hierbei muss es sich nach h. M. um solche Steuer-aufwendungen handeln, die das Unternehmen als Steuerschuldner zu entrichten hat.147 Grundsätzlich ist bei Personengesellschaften unter dem in Rede stehenden Posten mithin nur die Gewerbesteuer auszuweisen, weil Schuldner der auf den gewerblichen Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu entrichtenden Einkommensteuer der Einzelunternehmen bzw. die einzelnen Mit-unternehmer sind. Das Einkommensteuergesetz unterwirft nicht die Personengesellschaften selbst der Einkom-mensteuerpflicht, sondern die hinter den Unternehmen stehenden Gesellschafter. Diese vom Steuerrecht als Mitunternehmer bezeichneten Personen sind i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit ihren Anteilen am Gewinn der Personengesellschaft und den Sonder-vergütungen, welche die Mitunternehmer für die Überlassung von Arbeitskraft, Kapital oder Wirtschaftsgütern von der Gesellschaft bezogen haben, einkommensteuerpflichtig. Zudem können Mitunternehmer gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Höhe des 3,8-fachen des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbe-steuer-Messbetrags eine pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer auf ihre individuelle Einkommensteuer, soweit sie auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfällt, vornehmen. „Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen“ (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG). „Der Abzug der Steuerermäßigung ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt“ (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG). Schließlich besteht für steuerpflichtige Einzel- und Mitunternehmer die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen nicht entnommene Gewinne auf Antrag mit einem begünstigten Steuersatz von 28,25 % gemäß § 34a Abs. 1 EStG zu versteuern. Sofern die begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinne zu einem späteren Zeitpunkt entnommen werden, sind diese mir einem Nachversteuerungstarif, der sich an der für Dividenden maßgebenden Abgeltungssteuer in Höhe von 25 %, zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer, orientiert, zu versteuern (§ 34a Abs. 4 EStG).148

Vor dem Hintergrund der für die einzelnen Mitunternehmer geltenden unterschiedlichen Ein-kommensteuerbelastungen aus ihrer Beteiligung an der Personengesellschaft empfiehlt sich bei objektiver Betrachtung zur kumulativen Erfassung der persönlichen Ertragsteuerwirkungen die

146

Allerdings ist nicht nur der Gewinn der Personengesellschaft als Ausgangswert zur Ermittlung des Gewerbeertrags zugrunde zu legen, sondern nach der gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung mu-ss von der Summe der gewerblichen Einkünfte aller Gesellschafter, d.h. einschließlich der Sonder- und Er-gänzungsbilanzierungserfolge, ausgegangen werden. 146 Vgl. H 7.1 Abs. 3 GewStR m. w. N.; Freidank/ Velte 2013, S. 695 – 713; Wacker 2019, Tz. 400 – 651. 147 Vgl. Schmidt/Peun 2018, Rz. 640 zu § 247 HGB. 148 Vgl. Wacker 2019, Rz. 60 zu § 34a EStG.

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Anwendung eines typisierenden Einkommensteuersatz (se) von 35 % auf den geplanten Perioden-gewinn vor Ertragsteuern (Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag) des Unternehmens. Wie bereits dargelegt wurde,149 berücksichtigt dieser die steuerlichen Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters unter Einbeziehung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Somit kann die gesamte Ertragsteuerbelastung der Personengesellschaft pro Planungsperiode (ERSt) unter Berücksichtigung der Anrechnungs-alternative der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bei Entnahme des Gewinns durch die Gesellschafter wie folgt ermittelt werden (sg = m · h).

(2) ERSt = sg · (vJ – 24.500 €) + se ∙ vJ – 3,8 · m · (vJ – 24.500 €)

Oder nach einigen Umformungen

(3) ERSt = (h – 3,8) · m · (vJ – 24.500 €) + se ∙ vJ.

Sofern davon ausgegangen wird, dass der Gewinn nach Ertragsteuern (Jahresüberschuss) thesauriert werden soll, gilt hingegen

(4) ERSt = sg · (vJ – 24.500 €) + 0,2825 ∙ [vJ – sg · (vJ – 24.500 €)] + se · sg · (vJ – 24.500 €) – 3,8 · m · (vJ – 24.500 €)]

oder nach einigen Umformungen

Falls in der Folgeperiode geplant wird, die thesaurierten Gewinne auszuschütten, ist die Einkom-mensteuerbelastung auf den Nachversteuerungsbetrag, der die begünstigt besteuerten Gewinne betrifft, unter Einbeziehung von Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer wie folgt zu ermitteln.

(6) ESt = {[1 – 0,2825 · (1 + soli)] · Jt-1} · 0,25 · (1 + soli + ski)

14. Beispiel

Im Rahmen der Bewertung einer OHG mit drei Gesellschaftern, die zu gleichen Teilen am Vermögen und Gewinn beteiligt und kirchensteuerpflichtig sind, wurde für die erste Planungs-periode (t = 1) ein Gewinn (Jahresüberschuss) vor Ertragsteuern von 753.500 T€ ermittelt. Ansonsten gelten folgende Werte:

m = 0,035 h = 4 se = 0,35 soli = 0,055 ski = 0,08 Sofern eine vollständige Entnahme des Gewinns durch die Gesellschafter geplant wird, ist die gesamte Ertragsteuerbelastung (ERSt) der ersten Planungsperiode wie folgt zu ermitteln. ERSt = [(4 – 3,8) · 0,035] · (753.500 € – 24.500 €) + 0,35 · 753.500 € = 268.828 €

Die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse der Periode betragen dann 484.672 € (= 753.500 € – 268.828 €).

149 Vgl. die Ausführungen im zweiten Teil zu Gliederungspunkt V.A.2.c.c.b(c).

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Wird hingegen davon ausgegangen, dass der Jahresüberschuss nach Gewerbesteuer thesauriert werden soll, gilt

ERSt = {[4 · (1 + 0,35) – 3,8] · 0,035} · (753.500 € – 24.500 €) + 0,2825 · [753.500 € ∙ (1 – 0,14) + 0,14 ∙ 24.500 €] = 224.855,80 €

Der verbleibende Gewinn der Periode beträgt dann 528.644,20 € (= 753.500 € – 224.855,80 €).

Diese Ergebnisse lassen sich wie folgt nachvollziehen.

Ertragskomponenten Gewinnentnahme Gewinnthesaurierung

Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

753.500 € 753.500,00 €

- GewSt [0,035 · 4 · (753.500 € – 24.500 €)] 102.060 € 102.060,00 €

= Jahresüberschuss nach GewSt/nicht entnommener Gewinn

651.440 € 651.440,00 €

- ESt (0,35 · 753.500 €) bzw. (0,2825 · 651.440 €) + 0,35 · 0,035 · 4 · (753.500 € – 24.500 €)

263.725 € 219.752,80 €

+ Anrechnung auf ESt ([3,8 · 0,035 · (753.500 € – 24.500 €)]

96.957 € 96.957,00 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse/verbleibender Gewinn

484.672 € 528.644,20 €

Abb. 21: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bzw. des verbleibenden Gewinns bei Entnahme bzw. Thesaurierung von Gewinnen

Sofern in der Folgeperiode geplant wird, den thesaurierten Jahresüberschuss nach Steuern vom Einkommen und vom Ertrag an die Gesellschafter auszuschütten, müsste die hieraus resultierende Einkommensteuerbelastung unter Einbeziehung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer wie folgt ermittelt werden.

ESt = {[1 – 0,2825 · (1 + 0,055 + 0,08)] · 651.440 €} ∙ 0,25 ∙ (1 + 0,055 + 0,08) = 125.577,5087 €

Die zu diskontierenden Ertragsüberschüsse belaufen sich auf 525.862,4913 € (651.440,00 € – 125.577,5087 €).

Diese Ergebnisse lassen sich wie folgt nachvollziehen.

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Ertragskomponenten Gewinnentnahme

Begünstigt besteuerter, nicht entnommener Gewinn der Vorperiode

651.440,00 €

- ESt (0,2825 · 651.440 €) 184.031,80 €

- Solidaritätszuschlag (0,055 · 184.031,80 €) 10.121,749 €

- Kirchensteuer (0,08 · 184.031,80 €) 14.722,544 €

= Nachversteuerungsbetrag 442.563,907 €

- ESt (0,25 · 442.563,907) 110.640,9768 €

- Solidaritätszuschlag (0,055 · 110.640,9768 €) 6.085,253721 €

- Kirchensteuer (0,08 · 110.640,9768 €) 8.851,278144 €

+ Begünstigt besteuerter, nicht entnommener Gewinn der Vorperiode

651.440,00 €

= zu diskontierende Ertragsüberschüsse = verbleibender Gewinn

525.862,4913 €

Abb. 22: Ermittlung der Ertragsüberschüsse bei Nachversteuerung und Ausschüttung begünstigter Gewinne

Die Einbeziehung individueller Einkommensteuer- und Kirchensteuersätze anstelle der Verwen-dung des typisierenden Faktors von se = 0,35 in die vorgesellte Konzeption ist bei der individuellen UB von Personengesellschaften ohne Schwierigkeiten möglich. Völlig unproblematisch gestaltet sich die Verwendung eines konstanten Einkommensteuerspitzensatzes von 42 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. In allen anderen Fällen müssen aber genaue Informa-tionen über die persönlichen Steuerverhältnisse der Gesellschafter vorliegen. In diesem Zusam-menhang empfiehlt es sich, die UB getrennt für jeden Gesellschafter unter Berücksichtigung der individuellen Steuerbelastung und der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Beteiligungen am Vermögen und am Gewinn vorzunehmen und die Einzelergebnisse dann zu einem gesamten Unternehmenswert zusammen zu fassen. Diese Vorgehensweise bietet sich grundsätzlich auch an, wenn im Falle von Gesellschafterwechseln oder Scheidungsverfahren zum Zwecke der Bestim-mung von Ausgleichs- oder Abfindungszahlungen eine anteilseignerbezogene UB erforderlich wird.150

c. Kalkulationszinssatz

Durch die Diskontierung (Abzinsung) der ermittelten periodenbezogenen Ertragsüberschüsse mit einem Kalkulationszinssatz auf einen gemeinsamen Zeitpunkt t = 0 wird erreicht, dass diese im Zeitablauf vergleichbar gemacht werden können. Dabei geht das nachschüssige Modell davon aus, dass die Ertragsüberschüsse jeweils am Ende der Planungsperioden anfallen. Im Unternehmens-wertkalkül repräsentiert der Kalkulationszinssatz die Verzinsung einer Alternativinvestiton (z. B. Anlage in variabel- oder festverzinsliche Wertpapiere) als Maßstab für die künftige Zinserwartung des Investors. Bei der unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens vorzunehmenden Bewertung sollte auf Kapitalmarktrenditen für Unternehmensbeteiligungen in Form eines Aktien-portfolios abgestellt werden. Sofern diese Alternative ebenfalls steuerpflichtige Gewinne ver-ursacht, ist auch der Kalkulationszinssatz um den Steuereffekt zu korrigieren. Durch die Ertragsbesteuerung der Alternativanlage wird dort ein geringerer Unternehmenswert (durch

150 Vgl. hierzu im Einzelnen Freidank 2019a, S. 614-623; Freidank 2019c, S. 68-78; Freidank/Velte 2013, S. 714-728.

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höhere Steuerauszahlungen in den einzelnen Perioden) erzielt. Dies lässt sich durch eine Korrektur des Kalkulationszinssatzes (i) wie folgt berücksichtigen ( Kalkulationszinssatz nach Steuern).

(1) = i – s ∙ i oder

(2) = i ∙ (1 – s)

Durch die Kürzung des Kalkulationszinssatzes (i) steigt der Unternehmenswert des betrachteten Investitionsobjekts, weil die Alternativanlage ungünstiger wird. Da sich ein rational handelnder (Alternativ-)Investor für eine Anlage im Privatvermögen entscheiden wird (weil dann eine Belastung mit Gewerbesteuer entfällt), sind lediglich die Wirkungen der Einkommensteuer mit seinem persönlichen Steuersatz zu erfassen. Zu diesem Zwecke kann bei objektiver Betrachtung vereinfachend ein typisierender (durchschnittlicher) Einkommensteuersatz von 35 % zugrunde gelegt werden, der die Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseigners unter Einbeziehung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag berücksichtigt.151 Während in der Investitionstheorie als Kalkulationszinssatz der interne Zinssatz152 der besten Alternativinvestition angesetzt wird, dient der Praxis der „landesübliche Zinssatz“, der für lang-fristige, deckungssichere und festverzinsliche Gläubigeranlagen gilt, als Ausgangspunkt für die Ermittlung des Kalkulationszinssatzes. Er wird deshalb auch als (risikofreier) Basiszinssatz bezeichnet und bleibt über den Zeitraum konstant, der der durchschnittlichen Laufzeit der Wertpapiere entspricht, die der Berechnung des Basiszinssatzes zugrunde liegen und muss für anschließende Zeiträume neu geschätzt werden. Die Praxis geht aber aus Vereinfachungsgründen und wegen der abnehmenden Wirkungen von künftigen Änderungen des Zinssatzes als Folge der Abzinsung auf den Unternehmenswert vereinfachend von einem für die Laufzeit des Kalküls konstanten Kapitalisierungszinssatz aus. 15. Beispiel i = 0,04; s = 0,35 is = 0,04 · (1 – 0,35) = 0,026 Eine Korrektur des Basiszinssatzes muss aus folgenden Gründen vorgenommen werden:153

Erfassung der Wirkungen der Ertragsteuern (Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbe-steuer) bei der Alternativinvestition mit der Folge der Senkung des Basiszinssatzes.

Berücksichtigung des Investitionsrisikos (z. B. in Gestalt von Standort-, Umwelt- oder Kapi-talstrukturrisiken des Zielunternehmens).

Einbeziehung von Wachstumseffekten.

Da die Planung einer UB stets mit Risiken und Chancen verbunden ist, können künftige Ertrags-überschüsse nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Zur Erfassung des Risikos bieten sich grundsätzlich zwei Methoden an:

Abschlag von den zu diskontierenden Ertragsüberschüssen (Sicherheitsäquivalenzmethode);

Zuschlag zum Kapitalisierungszinssatz (Zinszuschlagsmethode). Theorie und Praxis gehen davon aus, dass die Investoren zukünftige Risiken stärker gewichten als zukünftige Chancen. Diese Risikoaversion führt zu Abschlägen auf die Ertragsüberschüsse des

151 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1.b.b.c(c)(1). 152 Vgl. Freidank 2019a, S. 379-386. 153 Vgl. IDW S 1, Tz. 90-91; IDW 2014, S. 105-150.

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Investitionsobjekts bzw. zu Zuschlägen auf den Kalkulationszinssatz. In der Praxis wird aber primär auf die Zinszuschlagsmethode zurückgegriffen, da sie eine kapitalmarktbezogene Vorgehensweise bei der Festlegung von Risikozuschlägen erlaubt. Wie zu beobachten ist, führen Anlagen in Form von Unternehmensbeteiligungen (z.B. Aktien oder GmbH-Anteilen) tendenziell zu einer höheren Verzinsung als (risikofreie) Anlagen in langfristige, deckungssichere und festverzinsliche Wert-papiere. Der Differenzbetrag wird als Risikozuschlag interpretiert. Unter Berücksichtigung des Basiszinssatzes (i), der Ertragsteuerbelastung der Alternativinvestition

(s) und des Risikozuschlags ir auf den Basiszinssatz ergibt sich nun für den Kalkulationszinssatz nach Steuern (is) (3) is = (i + ir) · (1 – 0,35). Die Erhöhung des Basiszinssatzes um den Risikozuschlag führt unter sonst gleichen Bedingungen zu dem Ergebnis, dass der Unternehmenswert sinkt, da die Alternativanlage zu einer vergleichs-weise höheren Verzinsung führt. Durch die Kürzung des Risikozuschlags auch um die Ertragsteuer-belastung des Alternativobjekts wird zum Ausdruck gebracht, dass der Unternehmenswert wieder steigt. Die lässt sich durch die infolge der risikolosen Situation beim Alternativobjekt vergleichs-weise höhere Ertragsteuerbelastung begründen. 16. Beispiel i = 0,04; s = 0,35; ir = 0,02 is = (0,04 + 0,02) · (1 – 0,35) = 0,039 Die Kürzung des Basiszinssatzes um einen Wachstums- oder Inflationsabschlag wird von der Über-legung getragen, dass die Anlage in ein Unternehmen gegenüber einem Alternativengagement am Kapitalmarkt die Chance einer nominellen Steigerung der Unternehmensergebnisse z.B. infolge von Absatzwachstum, Kosteneinsparungen oder Preissteigerungen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten eröffnet.154 Aufgrund dieser Erhöhungen steigen grundsätzlich die Ertragsüber-schüsse und damit auch die nominellen Entnahmemöglichkeiten der Anteilseigner. In diesem Zusammenhang bedarf es aber von dem Bewertenden einer Einschätzung, ob und in welchem Umfang es dem zu bewertenden Unternehmen gelingen wird, inflationsbedingte Einflüsse an den Absatzmarkt weiterzugeben. Allerdings sollten Wachstumsabschläge im Rahmen des Phasen-modells155 nur in fernen Planungsperioden (z.B. in der ewigen Rente) Berücksichtigung finden, da in den Detailplanungen der ersten Phase(n) bereits ein Wachstum in die Ertragsüberschüsse einbezogen wird.156 Die Abzinsung der Ertragsüberschüsse hat dann mit einem Wachstums- abschlag (iw) auf einen zuvor um persönliche Ertragsteuern geminderten Kapitalisierungszinssatz wie nachstehend gezeigt zu erfolgen. (4) is = (i + ir) · (1 – 0,35) – iw

Die Kürzung des Basiszinssatzes um den Wachstumsabschlag führt zu dem Ergebnis, dass der Unternehmenswert steigt, da der Wert der Alternativanlage sinkt, weil sie dieses Wachstum nicht aufweist. M. E. muss die Wachstumsrate grundsätzlich aber auch um persönliche Ertragsteuern gekürzt werden, da der Wertverlust der Alternativinvestition infolge des vergleichsweise nicht 154 Vgl. IDW 2014, S. 134-135. 155 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1. 156 Vgl. IDW 2014, S. 131.

Page 76: Unternehmensbewertung und Due Diligence

76

vorhandenen bzw. geringeren Wachstums zu einer entsprechend geringeren Ertragsteuer-belastung führt. Hierdurch steigt im Ergebnis der Kapitalisierungsfaktor wieder, wodurch der Unternehmenswert tendenziell sinkt.157 Damit müsste gelten: (5) is = (i + ir – iw) · (1 – 0,35). 17. Beispiel i = 0,04; se = 0,35; ir = 0,02; iw = 0,015 is = (0,04 + 0,02) · (1 – 0,35) – 0,015 = 0,024 oder is = (0,04 + 0,02 – 0,015) · (1 – 0,35) = 0,02925 Unterstellt man, dass der Wachstumsabschlag von iw = 0,015 der Geldentwertungsrate entspricht, dann kennzeichnet der Unterschiedsbetrag zwischen den ermittelten Kalkulationszinssätzen von 0,00525 (= 0,02925 – 0,024) den Teil des Unternehmenswerts, der auf eine Scheingewinnbesteu-erung zurück zu führen ist (0,00525 = 0,35 · 0,015). Abbildung 23 fasst die Schritte zur Erfassung des Kalkulationszinssatzes bei objektiver Betrach-tungsweise zusammen. Wie noch zu zeigen sein wird, hat sich zur Berücksichtigung des Risikos und der Ertragssteuerwirkungen im Kalkulationszinssatz zwischenzeitlich aber das Capital Asset Pricing Model (CAPM) bzw. das Tax Capital Asset Pricing Model (Tax CAPM) in der Unternehmens-bewertung durchgesetzt.158 Im Falle einer individuellen Betrachtungsweise sind die spezifischen Rahmenbedingungen des zu bewertenden Unternehmens bezüglich des Risikos, der Steuern und des Wachstums im Kalkula-tionszinssatz abzubilden. In diesem Zusammenhang ist anstelle eines typisierenden persönlichen Ertragsteuersatzes die der individuellen Alternativinvestition entsprechende Ertragsteuerbe-lastung zu berücksichtigen.159 Wie gezeigt wurde, werden bei der direkten oder unmittelbaren Methode die persönlichen Ertragsteuern sowohl von den zu diskontierenden Ertragsüberschüssen in absoluter Höhe abgezogen als auch bei der Festlegung des Kalkulationszinssatzes berück-sichtigt.160 Diese Vorgehensweise wird von der Auffassung getragen, dass sich im Kapitalisie-rungszinssatz die Rendite einer Alternativinvestition am Kapitalmarkt widerspiegeln muss, deren Steuerwirkungen durch die Korrektur desselben zu erfassen sind. Hierdurch ist nach Maßgabe des relevanten Steuersystems die unterschiedliche Besteuerung der Alternativanlage zu erfassen. Allerdings kann nach h. M. auf eine explizite Kürzung sowohl der finanziellen Überschüsse als auch des Kalkulationszinssatzes um persönliche Ertragsteuern verzichtet werden (indirekte oder mittelbare Methode), wenn, wie etwa bei objektiver Betrachtung, davon auszugehen ist, dass die

157 Die h. M. geht allerdings davon aus, dass der Kapitalisierungszinssatz nach persönlichen Ertragsteuern nicht um Steuereffekte zu kürzen ist, da es anderenfalls z. B. im Falle inflationsbedingter Wertsteigerungs-ursachen zu einer steuerlichen Erfassung von Scheingewinnen kommt, die dann aufgrund eines vergleichs-weise höheren Kalkulationszinssatzes zu einem entsprechend niedrigeren Unternehmenswert führen. Vgl. etwa IDW 2014, S. 2014, S. 139 m. w. N. Sofern man dieser Auffassung folgt, müsste Formel (5) wie vor-stehend in Formel (4) gezeigt modifiziert werden: is = (i + ir) · (1 – 0,35) – iw. 158 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.2.b.b.a und II.E.2.b.b.b. 159

Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.2.b.b.b. 160 Vgl. IDW S 1, Tz. 93.

Page 77: Unternehmensbewertung und Due Diligence

77

I. Festlegung des Basiszinssatzes (i)

Def.: Landesüblicher Zinssatz, der für langfristige, deckungssichere und festverzinsliche Gläubigeranlagen gilt.

II. Kürzung des Basiszinssatzes um die persönliche Ertragsteuerbelastung der Unternehmenseigner

Ziel: Erfassung der Besteuerung der Alternativanlage. Die Gewerbesteuer ist im Kapitalisierungszinssatz nicht zu berücksichtigen, da unterstellt wird, dass ein ökonomisch handelnder Eigentümer die Alternativanlage im Privatvermögen halten wird.

is = i · (1 – se)

III. Erweiterung des Kalkulationszinssatzes um einen Risikozuschlag (ir)

Ziel: Erfassung des Prognoserisikos künftiger Ertragsüberschüsse gegenüber der sicheren Alternativanlage.

is = (i + ir) · (1 – se)

IV. Kürzung des Kalkulationszinssatzes um einen Wachstumsabschlag (iw)

Ziel: Erfassung der Chance einer nominellen Steigerung der finanziellen Überschüsse gegenüber der Alternativanlage.

is = (i + ir – iw) · (1 – se) oder

is = (i + ir) · (1 – se) – iw

Abb. 23: Schritte zur Bestimmung des Kalkulationszinssatzes beim Ertragswertverfahren

Page 78: Unternehmensbewertung und Due Diligence

78

Nettozuflüsse aus dem zu bewertenden Unternehmen und aus der Alternativinvestition auf der Anteilseignerebene einer vergleichbaren Belastung mit persönlichen Ertragsteuern unterliegen.161

Die folgenden Ausführungen zur Erfassung von Ertragsteuern im Rahmen der UB basieren auf der direkten Methode, da hierdurch die Vorgehensweise zur Erfassung persönlicher Ertragsteuern im Kalkulationszinssatz sowohl bei objektiver als auch bei subjektiver Betrachtungsweise identisch ist. d. Fallstudie162

Für eine unbeschränkt ertragsteuerpflichtige Aktiengesellschaft mit Sitz in der BRD soll eine UB nach dem Ertragswertverfahren bei unendlicher Lebensdauer und objektiver Betrachtungsweise durchgeführt werden. Das gezeichnete Kapital wird ausschließlich von natürlichen Personen gehal-ten, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Inland ansässig sind. Der Gewerbe-steuerhebesatz der Standortgemeinde beträgt 405%.

Es gelten folgende Werte für die Ermittlung der des Kalkulationszinssatzes und der Ertragsteuern auf Unternehmen- und Gesellschafterebene:

i = 0,12 (konstant) ir = 0,01845 (konstant) se = 0,35 is = (0,12 + 0,01845) ∙ (1 0,35) = 0,09

sg = m · h = 0,035 · 4,05 = 0,14175 sd = 0,15 soli = 0,055 s = 0,14175 + (1 + 0,055) · 0,15 = 0,3. Die folgenden Abbildungen 24 bis 27 zeigen die Planungsergebnisse zur Ermittlung der perioden-bezogenen Erfolgsüberschüsse. Während die erste Planungsphase sich auf vier Perioden bezieht, betrifft die zweite Planungsphase die ewige Rente, für die eine konstante Vollausschüttung des Jahresüberschusses unterstellt wird. Abbildung 28 zeigt schließlich die Ermittlung des Unter-nehmenswerts, der sich auf 218,036 Mill. € beläuft.

161 Vgl. IDW 2014, S. 26 und S. 33-34. 162 Modifiziert entnommen von Kaden/Wagner/Weber/Wenzel 1997, S. 499-518.

Page 79: Unternehmensbewertung und Due Diligence

79

Plan-Gewinn- und Verlustrechnung

(alle Werte in Mill. €)

Phase 1 Phase 2

Jahr

1

Jahr

2

Jahr

3

Jahr

4

Jahr 5 ff.

ewige Rente

Umsätze (Erträge = Einzahlungen)

- sonstiger Aufwand (= Auszahlungen)

- Abschreibungen

- Zuführungen zu Rückstellungen

+ Auflösung von Rückstellungen

= Operatives Ergebnis

- Zinsaufwand (über die planmäßigen Zinsergebnisse

berechnet, vgl. Abb. 27)

= Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

- Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (30 %)

= Jahresüberschuss

126,0

- 79,5

- 10,0

- 2,0

+ 1,5

36,0

- 5,2

30,8

- 9,2

21,6

134,0

- 77,0

- 10,0

- 3,0

+ 2,0

46,0

- 4,4

41,6

- 12,5

29,1

148,0

- 82,0

- 11,0

- 4,0

+ 3,0

54,0

- 3,4

50,6

- 15,2

35,4

156,0

- 89,5

- 11,0

- 5,0

+ 4,5

55,0

- 2,4

52,6

- 15,8

36,8

156,0

- 90,0

- 12,0

- 5,0

+ 5,0

54,0

- 1,9

52,1

- 15,6

36,5

Abb. 24: Plan-Erfolgsrechnungen

Page 80: Unternehmensbewertung und Due Diligence

80

Plan-Bilanz (alle Werte in Mill. €)

Phase 1 Phase 2

Jahr

0

Jahr

1

Jahr

2

Jahr

3

Jahr

4

Jahr 5 ff.

ewige

Rente

Aktiva

Anlagevermögen

Stand am 01.01.

+ Investitionen

- Abschreibungen

Stand am 31.12.

Vorratsvermögen

Flüssige Mittel

Summe Aktiva

Passiva

Eigenkapital

Stand am 01.01.

+ Jahresüberschuss

- Ausschüttung

Stand am 31.12.

Rückstellungen

Stand am 01.01.

+ Zuführungen

- Auflösung

Stand am 31.12.

Langfristiges Fremdkapital

Stand am 01.01.

+/- Finanzierungssaldo (vgl. Abb. 26)

- planmäßige Kredittilgungen

Stand am 31.12.

Kurzfristiges Fremdkapital

Summe Passiva

120,0

6,0

2,0

128,0

48,0

5,0

70,0

5,0

128,0

120,0

15,0

- 10,0

125,0

11,1

2,0

138,1

48,0

21,6

- 3,1

66,5

5,0

2,0

- 1,5 5,5

70,0

- 4,9

- 5,0

60,1

6,0

138,1

125,0

12,0

- 10,0

127,0

13,1

2,0

142,1

66,5

29,1

- 16,0

79,6

5,5

3,0

- 2,0 6,5

60,1

- 6,1

- 5,0

49,0

7,0

142,1

127,0

12,0

- 11,0

128,0

15,1

2,0

145,1

79,6

35,4

- 20,5

94,5

6,5

4,0

- 3,0 7,5

49,0

- 7,9

- 5,0

36,1

7,0

145,1

128,0

12,0

- 11,0

129,0

17,1

2,0

148,1

94,5

36,8

- 23,1

108,2

7,5

5,0

- 4,5

8,0

36,1

- 7,2

- 5,0

23,9

8,0

148,1

129,0

12,0

- 12,0

129,0

17,1

2,0

148,1

108,2

36,5

- 36,5

108,2

8,0

5,0

- 5,0 8,0

23,9

0,0

0,0

23,9

8,0

148,1

Abb. 25: Plan-Bilanzen

Page 81: Unternehmensbewertung und Due Diligence

81

Finanzplan

(alle Werte in Mill. €)

Phase 1 Phase 2

Jahr

1

Jahr

2

Jahr

3

Jahr

4

Jahr 5 ff.

ewige Rente

Jahresüberschuss

+ Abschreibungen

+ Zuführungen zu Rückstellungen

- Auflösungen von Rückstellungen

- Tilgung von Fremdkapital laut

Vertrag

- Investitionen in Anlagevermögen

- Investitionen in Netto-Umlauf-

vermögen

- Gewinnausschüttungen

21,6

10,0

2,0

- 1,5

- 5,0

- 15,0

- 4,1

- 3,1

29,3

10,0

3,0

- 2,0

- 5,0

- 12,0

- 1,0

- 16,0

35,4

11,0

4,0

- 3,0

- 5,0

- 12,0

- 2,0

- 20,5

36,8

11,0

5,0

- 4,5

- 5,0

- 12,0

- 1,0

- 23,1

36,5

12,0

5,0

- 5,0

0,0

- 12,0

0,0

- 36,5

= Finanzierungssaldo

(Finanz-Tilgungen) 4,9 6,1 7,9 7,2 0,0

Abb. 26: Finanzpläne

Zinsergebnis

(alle Werte in Mill. €)

Phase 1 Phase 2

Jahr

1

Jahr

2

Jahr

3

Jahr

4

Jahr 5 ff.

ewige Rente

Fremdkapitalzinssatz (auf

Durchschnittsbestand) = 8,00 %

Stand Fremdkapital am 01.01.

Stand Fremdkapital am 31.12.

Durchschnittsbestand

70,0

60,1

65,1

60,1

49,0

54,5

49,0

36,1

42,5

36,1

23,9

30,0

23,9

23,9

23,9

Zinsaufwand 5,2 4,4 3,4 2,4 1,9

Abb. 27: Planmäßige Zinsergebnisse

Page 82: Unternehmensbewertung und Due Diligence

82

Komponenten des Ertragswertverfahrens (alle Werte in Mill. €)

Phase 1 Phase 2

Jahr

1

Jahr

2

Jahr

3

Jahr

4

Jahr 5 ff.

ewige Rente

Kapitalisierungszins (9%)1

Finanzielle Überschüsse nach Unternehmenssteuern

(Dividenden; Vollausschüttung in der ewigen Rente)

- 35%ige Einkommensteuerbelastung auf die Aus-

schüttungen

= Finanzielle Überschüsse nach persönlichen Ertragsteu-

ern

Diskontierungsfaktor

Diskontierte finanzielle Überschüsse nach persönlichen

Ertragsteuern

3,1

-1,1

2,0

0,9174

1,835

16,0

-5,6

10,4

0,8417

8,754

20,5

-7,2

13,3

0,7721

10,269

23,1

-8,1

15,0

0,7084

10,626

36,5

-12,8

23,7

7,8714163

186,552

Ertragswert = Unternehmenswert 218,036

Abb. 28: Ermittlung des Ertragswerts

163

Page 83: Unternehmensbewertung und Due Diligence

83

2. Discounted Cash Flow-Methoden164

a. Überblick

Wie Abbildung 29 zeigt,165 haben sich zwischenzeitlich fünf Varianten zur Bestimmung des Unternehmenswerts herausgebildet, die an verschiedene Ausprägungen des Cash Flow und Alternativen zur Berücksichtigung von Ertragsteuern anknüpfen, aber bei sonst gleichen Be-dingungen zu identischen Ergebnissen führen. Hierbei bedeuten:166

Free Cash Flow in der Periode t (Operativer Cash Flow abzüglich der Auszahlungen für Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in der Periode t)

eigentümerbezogener Cash Flow in der Periode t (Free Cash Flow unter Abzug von

Zins- und Tilgungszahlungen an die Fremdkapitalgeber der Periode t)

Total Cash Flow in der Periode t (Free Cash Flow ohne Abzug des Tax Shield in der

Periode t) GK Marktwert des Gesamtkapitals i risikoloser Basiszinssatz Eigenkapitalkostensatz

Fremdkapitalkostensatz

Marktwert des Eigenkapitals

Marktwert des Fremdkapitals

s Ertragsteuersatz des Unternehmens t Periodenindex T Periodensumme mit t = 1, 2, …, T W Unternehmenswert.

Beim Netto- oder Equity-Konzept werden die geplanten Zahlungen in Gestalt der an die Anteilseigner des Zielunternehmens mit dem risikoadjustierten Zinssatz der Eigenkapital-geber diskontiert, wodurch sich sofort der Unternehmenswert ergibt. Beim Netto-Ansatz mindern Zins- und Tilgungsleistungen an die Fremdkapitalgeber die Free Cash Flows in den einzelnen Perioden. Diese Vorgehensweise entspricht der Ertragswertmethode.167 Beim Brutto- oder Entity-Konzept wird hingegen erst der Wert des Eigen- und Fremdkapitals ermittelt. Von diesem Gesamtwert ist dann der Marktwert des Fremdkapitals abzuziehen, damit der Unternehmenswert berechnet werden kann.

Abbildung 29 verdeutlicht, dass bezüglich des Brutto-Konzepts wiederum drei Varianten existieren. So zerlegt der Adjusted Present Value- (AVP-)Ansatz den Unternehmenswert in zwei Bestandteile. Die erste Komponente stellt den Unternehmenswert unter der fiktiven Annahme der vollständigen Finanzierung mit Eigenkapital dar, der sich aus den mit der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber diskontierten Free Cash Flows ergibt. Dieser ist sodann um den abgezinsten Wertbeitrag der Verschuldung zu korrigieren, die sich auf Ertragsteuervorteile des Unternehmens wegen der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen von den steuerlichen Bemessungsgrundlagen (sog. Tax Shield) bezieht. Dabei wird aus Vereinfachungsgründen unterstellt, dass der Fremdkapitalkostensatz dem risikolosen Basis-zinssatz entspricht. Wird schließlich vom Marktwert des Gesamtkapitals der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen, ergibt sich der Unternehmenswert. 164

Vgl. Freidank/Ceschinski 2019c, S. 4-9. 165 Modifiziert entnommen von Beatge/Niemeyer/Kümmel 2005, S. 273-275. 166 Vgl. zu den Arten des Cash Flow die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.D.6. 167 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1.

Page 84: Unternehmensbewertung und Due Diligence

84

Die in Wissenschaft und Praxis gebräuchlichste Variante stellt der Weighted Average Cost of Capital-Ansatz dar. Mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) werden Zahlungen sowohl an Eigen- als auch an Fremdkapitalgeber diskontiert, die zuvor um Ertragsteuern und Fremdkapitalzinsen zu kürzen sind. Bei Rückgriff auf den Free Cash Flow-Ansatz werden die Unternehmensteuern wie bei rein eigenkapitalfinanzierten Unternehmen behandelt, d.h. die Free Cash Flows werden nicht um den Ertragsteuervorteil aus der Verschuldung berichtigt. Dieser Fehler wird aber korrigiert, indem bei der Ermittlung der Kapitalkosten (WACC) durch die Einbeziehung des Faktors (1 – s) von einem Zinssatz nach Ertragsteuern ausgegangen wird. Hierdurch sinkt der Diskontierungsfakor und berücksichtigt damit den Ertragsteuervorteil aus der Verschuldung durch einen höheren Unterneh-menswert. Beim Total Cash Flow-Ansatz werden die Unternehmensteuern bei der Cash Flow-Ermittlung unter Berücksichtigung des Steuervorteils aus der Verschuldung erfasst, so dass eine nachträgliche Korrektur der Kapitalkosten (WACC) nicht erforderlich ist.

Aufgrund seiner Dominanz in der UB wird im Folgenden zunächst auf Free Cash Flow-Ansatz unter Zugrundelegung des deutschen Rechtssystems am Beispiel der Bewertung börsen-notierter Kapitalgesellschaften eingegangen. Aufbau und Einsatz desVerfahren der UB wird anhand von einer Fallstudie verdeutlicht.

Page 85: Unternehmensbewertung und Due Diligence

85

Abb. 29: Varianten der Discounted Cash Flow-Methoden

DCF-MethodenDCF-Methoden

Netto-Ansatz

(Equity-Methode)

Brutto-Ansatz (Entity-Methode)

Weighted Average Cost of

Capital-Ansatz

FE

T

1ttF

T

1tt

EK

t

MGKMW

)i1(

Mis

)i1(

CFGK

Adjusted Present Value-Ansatz

Free Cash Flow-Ansatz

)s1( MM

Mi

MM

MiWACC

mit MM)WACC1(

CFW

FE

FFK

FE

EEK

EF

T

1tt

t

Total Cash Flow-Ansatz

FE

FFK

FE

EEK

EF

T

1tt

Tt

MM

Mi

MM

MiWACC

mit MM)WACC1(

CFW

E

T

1tt

EK

EKt M

)i1(

CFW

Page 86: Unternehmensbewertung und Due Diligence

86

b. Free Cash Flow-Methode

b.a Aufbau und Einsatz

Wie gezeigt wurde, bilden die diskontierten zukünftig erzielbaren Free Cash Flows den Aus-gangspunkt für die Ermittlung des Unternehmenswerts, der durch den Marktwert des Eigenkapitals repräsentiert wird. Hieraus folgt, dass sich sowohl Eigen- als auch Fremd-kapitalgeber des zu bewertenden Unternehmens bezüglich der ihnen zustehenden Ergebnis, Zins- und Rückzahlungsansprüchen aus dem Free Cash Flow der jeweiligen Planungsperiode bedienen.168 Diese Vorgehensweise wird von der Auffassung getragen, dass sich das im Unternehmenswert erfasste Erfolgspotenzial in den Free Cash Flows späterer Perioden niederschlägt.

Die Ableitung der Plan-Free Cash Flows (CFt) für die einzelnen Prognoseperioden sollte aus den Aufwands- und Ertragsrechnungen in indirekter Form erfolgen, da i. d. R. zwar eine Erfolgsrechnung, aber keine Ein- und Auszahlungsrechnung von dem zu bewertenden Unternehmen geführt wird. Dies kann nach Maßgabe der inkrementalen Vorgehensweise169 bei der Zugrundelegung der Methode des Free Cash Flow-Ansatzes wie nachstehend in verkürzter Form gezeigt vorgenommen werden.170 Durch Hinzurechnung der Fremdkapital-zinsen, die im Rahmen der Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresergebnisses zum Abzug gekommen sind, muss konsequenterweise die steuerrechtliche Bemessungsgrundlage für die unternehmensbezogenen Ertragsteuern infolge der steuerrechtlichen Nichtabzugsfähig-keit der Fremdkapitalzinsen steigen. Die hieraus resultierende Minderung des Jahresergeb-nisses stellt die Unternehmensteuer-Ersparnis infolge der Abzugsfähigkeit der Fremdkapital-zinsen (Tax Shield) dar. Das Tax Shield wird durch Anwendung des unternehmensbezogenen Ertragteuersatzes (s) auf die zu korrigierenden Fremdkapitalzinsen berechnet.

Plan-Jahresergebnis der Periode t + Fremdkapitalzinsen - Tax Shield - zahlungsunwirksame Erträge (z. B. Zuschreibungen, Rückstellungsauflösungen) + zahlungsunwirksame Aufwendungen (z. B. Abschreibungen, Rückstellungsbildungen) - Investitionsauszahlungen + Desinvestionseinzahlungen Verminderungen/Erhöhung des Netto-Umlaufvermögens (Working Capital)171 = Plan-Free Cash Flow der Periode t (CFt) Im Detail erfolgt die Ermittlung des Marktwerts des Eigenkapitals grundsätzlich durch Abzinsung der den Eigen- und Fremdkaitalgebern zur Verfügung stehenden freien Cash Flows der einzelnen Planungsperioden (CFt) mit einem Kapitalkostensatz und unter Abzug der den Fremdkapitalgebern zufließenden Anteile (MF). Als Kapitalkostensatz findet in aller Regel eine Mischgröße aus Eigen- und Fremdkapitalverzinsung Verwendung, die auch als Weighted Average Cost of Capital (WACC) bezeichnet wird. Der Marktwert des Fremd-

168 Vgl. hierzu Abbildung 10 im zweiten Teil zu Gliederungspunkt II.D.6. 169 Hierunter wird die schrittweise Veränderung des handelsrechtlichen Jahresergebnisses um be-stimmte Werte verstanden. Vgl. etwa Köppen, 2004, S, 117. 170 Vgl. IDW S 1, Tz. 30. 171 Working apital = Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.

Page 87: Unternehmensbewertung und Due Diligence

87

kapitals entspricht bei unveränderter Zinslandschaft (Sollzinsen = Habenzinsen) der Buchwertsumme der Verbindlichkeiten zum Bewertungszeitpunkt (t = 0). Ansonsten lässt sich der Marktwert des Fremdkapitals (MF) wie folgt durch Diskontierung ermitteln (Zinst = Zinst und Tilgungt = Tilgungszahlungen an die Fremdkapitalgeber der Periode t):

Die Komponenten des WACC, definiert als geforderte Mindestrendite für das vom Unter-nehmen eingesetzte Vermögen, die in Form von Kapitalkosten neben den übrigen Kosten durch seine Leistung erwirtschaftet werden soll, zeigt die zweite Gleichung in Abbildung 29 bezüglich des Free Cash Fow-Ansatzes. Die Formel verdeutlicht, dass der Zinssatz für die Aufnahme des Fremdkapitals (iFK) und der (risiko- und steuerangepasste) Zinssatz für das Eigenkapital (iEK) nach Maßgabe des Verhältnisses der Marktwerte des Fremdkapitals (MF) und des Eigenkapitals (ME) gewichtet und zusammen gefasst werden, wodurch zum einen der Finanzierungs- und Leistungsbereich zu separieren und zum anderen der Verschu-dungsgrad und damit das Haftungsrisiko des Unternehmens bei der Berechnung des Kapita-lisierungsfaktors mit zu berücksichtigen ist. Aufgrund der Schwierigkeiten, jeweils die genau-en aktuellen Marktwerte des Eigen- und des Fremdkapitals zu berechnen, bietet es sich an, von den Vermögens- und Schuldposten der jeweiligen handelsrechtlichen oder internationa-len Jahresabschlüssen auszugehen und diese soweit wie möglich durch Ergänzungsrech-nungen an die Marktwerte anzupassen bzw. nicht bilanzierungsfähige immaterielle Vermögensgegen-stände zusätzlich aufzunehmen.172

Sofern die Marktwerte des Eigenkapitals nicht aus dem externen Rechnungswesen abge-leitet werden, sind sie planungsabhängig zu bestimmen. So ergibt sich der Marktwert des Eigenkapitals im WACC-Modell aus der Summe der mit Hilfe des WACC diskontierten Free Cash Flows des Planungshorizonts. Da aber die Bestimmung des WACC wiederum den Marktwert des Eigenkapitals voraussetzt, ist eine Lösung des Problems, d.h. ein von den Buchwerten abweichender Ansatz des Eigenkapitals, dann nur auf simultanem Wege möglich.173

Die Bestimmung des Fremdkapitalkostensatzes (iFK) kann z.B. auf Basis vertraglicher Kredit-vereinbarungen, effektiver Zinszahlungen oder aktueller Marktkonditionen erfolgen. Dar-über hinaus besteht auch die Möglichkeit, den Fremdkapitalkostensatz aus dem nationalen oder internationalen Jahresabschluss abzuleiten, indem die dort ausgewiesenen Zinsaufwen-dungen, Nebenkosten der Finanzierung sowie Disagien usw. addiert und zum Bestand des nicht kurzfristigen Fremdkapitals in Beziehung gesetzt werden. Durch die Integration des Ertragsteuersatzes (s) in die WACC-Formel soll die Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalkosten von den Bemessungsgrundlagen der Gewerbe- und Körperschaftsteuer des Unternehmens annähernd mitberücksichtigt werden. So lässt sich etwa für Kapitalgesellschaften im Hinblick auf die Wirkung der Gewerbe- und Körperschaftsteuer ein kombinierter Ertragsteuersatz wie folgt vereinfachend berechnen.

172 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.D.4.a. 173 Vgl. Kaden/Wagner/Weber/Wenzel 1997, S. 499-518.

Page 88: Unternehmensbewertung und Due Diligence

88

Zunächst gilt es, den Faktor für die Gewerbesteuer (sg) unter Berücksichtigung der Steuer-messzahl (m) für den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 2 GewStG), des Hebesatzes (h) der Standortgemeinde (§ 16 Abs. 1 GewStG) und des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbe-steuer als Betriebsausgabe von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage (§ 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG i. V. m § 4 Abs. 5 EStG) zu berechnen.

Im Hinblick auf die Körperschaftsteuer bietet es sich an, den Definitivsteuersatz (sd) (§ 23 Abs. 1 KStG) zuzüglich des Solidaritätszuschlags (soli) zugrunde zu legen. Unter Berücksichtgung des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG) und der Integration des Solidaritätszuschlags, der auf die Köperschaftsteuer erhoben wird (§ 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 4 SolZG), lässt sich der kombinierte Ertragsteuersatz auf Unternehmensebene (s) wie folgt berechnen.

Im Rahmen und der UB und der Unternehmenssteuerung kapitalmarktorientierter Gesellschaften hat sich die Auffassung durchgesetzt, die Kosten für die Verzinsung des Eigen-kapitals nicht mehr aus dem Rechnungswesen zu gewinnen, sondern, soweit wie möglich, empirisch aus Kapitalmarktdaten zu erheben. In diesem Kontext wird vorgeschlagen, auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückzugreifen.174 Das CAPM gibt die Rendite-erwartung von aktuellen und potentiellen Investoren bezüglich eines Wertpapiers in Abhängigkeit von dessen Risiko wieder. Diese Renditeforderung ist nun genau der gesuchte Eigenkapitalkostensatz (iEK), der als Erwartungswert zu verstehen ist und sich sowohl aus den Kurssteigerungen des betreffenden Wertpapiers als auch den Dividendenzahlungen des betrachteten Unternehmens zusammensetzt. Wie die folgende Gleichung zeigt, berechnet er sich grundsätzlich aus dem risikolosen, nicht steuerangepassten Kapitalmarktzins einer Alternativinvestition (i) zuzüglich des Risikozuschlags, der sich wiederum aus dem Produkt der Risikoprämie [EW(R) – i] und dem Faktor für das relative Risikomaß (β) des analysierten Wertpapiers ergibt.

– i] · ß

Die Risikoprämie umfasst das allgemeine Risiko der Investition in ein Unternehmen, wie z.B. Missmanagement, feindliche Übernahmen, Streik, Preissteigerungen, Nachfrageverschie-bungen, sowie das systematische (individuelle) Risiko, das die Schwankungen der Rendite des betrachtete Wertpapiers im Vergleich zum Marktportfolio als Ausdruck für die Rendite-entwicklung des Gesamtkapitalmarkts beschreibt. Die Risikoprämie entspricht dem Unter-schied zwischen der erwarteten Rendite des Marktportfolios [EW(R)] und der risikofreien Rendite (i) in Gestalt des Kapitalmarktzinses, der üblicherweise durch den Zinssatz von sicheren, langfristigen Geldanlagen (i.d.R. Staatsanleihen) als Alternativinvestition bestimmt wird. Für das Marktportfolio, häufig durch Aktienindizes wie z. B. den Deutschen Aktien-index (DAX) oder den Dow-Jones-Index repräsentiert, und den Kapitalmarktzins liegen i.d.R. Vergangenheitsdaten vor. Um nun einen durchschnittlichen Wert für die Risikoprämie zu erhalten, wird grundsätzlich das arithmetische oder geometrische Mittel verwendet, wobei die Ergebnisse in Abhängigkeit von den betrachteten Kapitalmärkten und Wirtschafts-zweigen häufig differieren.

174 Vgl. Sharpe 1964, S. 425-442.

Page 89: Unternehmensbewertung und Due Diligence

89

Das relative Risikomaß (β), auch als „Risiko-Gewichtungsfaktor“ oder „Unternehmensbeta“ bezeichnet, soll das systematische Risiko erfassen und damit beschreiben, wie stark die Rendite des zu bewertenden Wertpapiers von der Rendite des Gesamtmarkts abweicht. Je größer sich das Beta darstellt, desto unsicherer ist die Rendite, wodurch der Risikozuschlag steigen muss. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass Investoren nur dann bereit sind, ein Wertpapier mit einem hohen Betarisiko zu halten, wenn sie eine entsprechende Rendite erwarten können. Das Beta kann empirisch durch eine Regressionsanalyse ermittelt werden,175 indem ein linearer Zusammenhang zwischen der Aktien- und Gesamtmarktent-wicklung angenommen wird, der seinen Ausdruck in Form einer CAPM-Geraden findet. Da es sich um ein monokausales Verhältnis handelt, d.h. der Einfluss des Aktienindex auf das einzelne Wertpapier ist wesentlich stärker als umgekehrt, kann bei der Berechnung der Regression die Methode der kleinsten Quadrate176 angewendet werden. Dies bedeutet, dass bei einem Beta von 0 die Schwankungen keine Auswirkungen auf den Kurs der Aktien haben, so dass sich überhaupt kein Risikozuschlag ergibt. Bei einem Beta von 1 wären sie identisch und bei einem Beta größer bzw. kleiner 1 ist die Schwankung und damit das systematische Risiko größer bzw. kleiner als die Entwicklung des Marktportfolios. Mithin kann sich das Unternehmensbeta (β) in folgenden Wertebereichen bewegen.177

β = 0: Keine Auswirkungen der Schwankungen des Marktportfolios auf den Aktien-kurs des betrachteten Wertpapiers.

β = 1: Schwankungen des Marktportfolios entsprechen denjenigen des Aktienkurses des betrachteten Wertpapiers.

β < 1: Schwankungen des Marktportfolios sind größer als diejenigen des Aktienkurses des betrachteten Wertpapiers.

β > 1: Schwankungen des Marktportfolios sind kleiner als diejenigen des Aktienkurses des betrachteten Wertpapiers.

Sofern es sich um Kapitalgesellschaften, die keine Börsennotierung und damit auch keinen individuellen Kurswerte aufweisen oder Personengesellschaften handelt, besteht die Alter-native, vergleichbare (kapitalmarktorientierte) Unternehmen in die Regressionsanalyse einzubeziehen, wodurch dann eine (ersatzweise) benchmarkorientierte Bestimmung des Unternehmensbetas und damit des unternehmensspezifischen, angepassten Eigenkapital-kostensatzes möglich wird.

b.b. Tax CAPM

Obwohl in die vorstehende Grundformel zur Berechnung des Eigenkapitalkostensatzes (iEK) keine Steuerwirkungen eingeflossen sind, geht das Schrifttum von einer Berechnung des Kalkulationszinssatzes nach persönlichen Ertragsteuern (Einkommen- und Kirchensteuer unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags) aus. Bei der direkten Methode werden die persönlichen Ertragsteuern sowohl von den zu diskontierenden Cash Flows in absoluter Höhe abgezogenen als auch bei der Festlegung des Zinssatzes berücksichtigt.178 Diese Vorgehensweise wird von der Auffassung getragen, dass sich im Kapitalisierungszinssatz die Rendite einer Alternativinvestition am Kapitalmarkt widerspiegeln muss, deren Steuer-wirkungen durch eine Korrektur desselben zu erfassen sind. Hierdurch ist nach Maßgabe des relevanten Steuersystems die unterschiedliche Besteuerung der Alternativanlage zu erfas-

175 Vgl. z. B. Perridon/Steiner/Rathgeber 2017, S. 293-298. 176 Vgl. Freidank 2012, S. 259-261 m. w. N. 177 Vgl. Günther, 1997, S. 166-167. 178 Vgl. IDW S 1, Tz. 93 und die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.F.1.c.

Page 90: Unternehmensbewertung und Due Diligence

90

sen. Unter Einbeziehung des persönlichen Ertragsteuersatzes (se) kann die vorstehende Grundformel nun zum Tax CAPM erweitert werden.179

Da ein rational handelnder Investor sich für eine Anlage im Privatvermögen entscheiden wird, da nach deutschem Steuerrecht dann eine Belastung mit Gewerbesteuer entfällt, sind nur die Wirkungen der Einkommensteuer mit seinem persönlichen Steuersatz zu erfassen. Zu diesem Zwecke kann bei objektiver Betrachtungsweise vereinfachend von einem typisierenden (durchschnittlichen) Einkommensteuersatz i. S. v. § 32a EStG ausgegangen werden, der die Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseigners unter Einbeziehung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag berücksichtigt. In diesem Falle legt die h. M. bei der Typisierung einen Einkommensteuersatz von 35 % zugrunde.180

Geht man hinsichtlich der persönlichen Steuerbelastung davon aus, dass seit dem 01.01.2009 prinzipiell sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG (z.B. Zinsen, Dividenden sowie realisierte Veräußerungsgewinne) nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG mit einem einheitlichen Abgeltungssteuersatz (sa) erfasst werden, dann gilt unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags (soli) nach § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 SolZG (se = Einkommensteuer-faktor):181

(4) se = (1 + soli) ∙ sa.

Falls noch die Kirchensteuer einbezogen wird, muss beachtet werden, dass sich gemäß § 32d Abs. 1 Satz 3 die Abgeltungssteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer reduziert und auch der Solidaritätszuschlag von der pauschal ermäßigten Abgeltungssteuer zu berechnen ist. Damit gilt im Falle der Kirchensteuerpflicht (ski = Kir-chensteuerfaktor):

(5) se = sa ∙ (1 + soli + ski) ∙ (1 – 0,25 ∙ ski).

Damit lässt sich der Eigenkapitalkostensatz nach persönlichen Ertragsteuern unter Rückgriff auf den CAPM-Ansatz bei wie folgt ermitteln, wenn unterstellt wird, dass die Einkommen-steuer in voller Höhe auf die Kapitalmarktrendite einwirkt.

(6) iEK = i ∙ (1 – se) + [EW(R) – i] ∙ β ∙ (1 – se) oder

(7) iEK = (1 – se) ∙ {i + [EW(R) – i] ∙ β}

18. Beispiel

Es gelten nachstehende Ausgangsdaten:

i = 0,05; soli = 0,055; sa = 0,25; ski = 0,08; EW(R) = 0,07; β = 0,75

Hieraus errechnet sich der Eigenkapitalkostensatz nach persönlichen Ertragsteuern wie folgt:

iEK = (1 0,279809375) · {0,05 + [0,07 0,05] · 0,75} = 0,04681239.

mit

se = 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 0,25 · 0,09) = 0,279809375.

179 Vgl. IDW 2014, S. 114-116. 180 IDW S 1 Tz. 93; IDW 2012, S. 324 und die Ausführungen im zweiten Teil zu Gliederungspunkt V.A.3. 181 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1.b.b.c(c)(3).

Page 91: Unternehmensbewertung und Due Diligence

91

Bei einem typisierenden Einkommensteuerfaktor von se = 0,35 errechnet sich der Eigen-kapitalkostensatz nach persönlichen Ertragsteuern unter sonst gleichen Bedingungen wie folgt:

iEK = (1 0,35) · {0,05 + [0,07 0,05] · 0,75} = 0,04225.

Abbildung 30 stellt die beiden Alternativen zur Typisierung des Eigenkapitalkostensatzes nach persönlichen Ertragsteuern für das Tax-CAPM gegenüber.

Bezieht man die Steuerbelastung auf Gesellschafterebene mit ein, dann kann unter Berücksichtigung von Formel (3) und (5) ein kombinierter Ertragsteuersatz (sge) ermitteln werden, der zum Zwecke der subjektiven Unternehmensbewertung die Gesamtbelastung mit Körperschaft-, Gewerbe-, Einkommen- und Kirchensteuer bei der Alternativanlage im Betriebsvermögen einer personenbezogenen Kapitalgesellschaft erfasst. 182

(8) sge = 1 – {1 – [sg + (1 + soli) ∙ sd]} ∙ [1 − sa ∙ (1 + soli + ski) ∙ (1 – 0,25 ∙ ski)]

Damit ergibt sich für den steuer- und risikoadjustierten Eigenkapitalkostensatz

(9) iEK = (1 – sge) ∙ {i + [EW(R) – i] ∙ β}.

Trotz vieler Einwände gegen das CAPM183 muss berücksichtigt werden, dass es derzeit kein von Theorie und Praxis akzeptierten besseren Erklärungsansatz gibt, der in der Lage wäre, Risiken in Form von Prämien quantitativ und intersubjektiv nachvollziehbar zu erfassen.184 Obwohl in der Grundformel zur Bestimmung des WACC (vgl. Abbildung 29) der Eigenkapital-kostensatz (iEK) nicht mit einem Steuerfaktor verknüpft wird, geht die h. M. von einem Eigenkapitalkostensatz nach Ertragsteuern aus. Hieraus lassen sich grundlegend folgende vier Szenarien ableiten.

Sofern die Alternativanlage im Privatvermögen gehalten wird, kann der Eigenkapital-kostensatz um einen typisierten persönlichen Ertragsteuersatz von 35 % gekürzt werden. Mit diesem Faktor werden die Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmenseigners und bei Kapitalgesellschaften eines Anteilseigners unter Berücksichtigung von Solidaritätszuschlag und Kirchen-steuer erfasst. Diese Vorgehensweise bietet sich bei der Ermittlung eines objekti-vierten Unternehmenswerts an.

Sofern die Alternativanlage im Privatvermögen gehalten wird, kann der Eigenkapital-kostensatz um einen Abgeltungssteuersatz von 25 % zuzüglich des Solidaritätszu-schlags von 5,5 % und des genauen Kirchensteuersatzes korrigiert werden. Diese individuelle Vorgehensweise bietet sich bei der Ermittlung eines subjektiven Unter-nehmenswerts an.

Sofern die Alternativanlage im Betriebsvermögen einer Personen- bzw. Kapitalgesell-schaft mit Sitz im Inland gehalten wird, ist die Gewerbesteuer- bzw. Körperschaft-steuerbelastung mit zu berücksichtigen. Diese individuelle Vorgehensweise bietet sich bei der Ermittlung eines subjektiven Unternehmenswerts an.

182

Es wird unterstellt, dass die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft natürliche Personen sind, die die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen halten. Die Steuerbefreiung von Ausschüt-tungen an Kapitalgesellschaften nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG und die Pflichtanwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Ausschüttungen an Personengesellschaften blei-ben deshalb unberücksichtigt. 183 Vgl. etwa Perridon/Steiner/Rathgeber, 2017, S. 304-307. 184 Vgl. Günther, 1997, S. 169; IDW S 1, Tz. 118-122.

Page 92: Unternehmensbewertung und Due Diligence

92

Sofern die Alternativanlage eines inländischen oder ausländischen Anteilseigners im in- oder ausländischen Privat- oder Betriebsvermögen gehalten wird, ist auch die internationale Steuerbelastung unter Berücksichtigung von Doppelbesteuerungs-abkommen mit in die Korrektur des Eigenkapitalkostensatzes einzubeziehen. Diese individuelle Vorgehensweise bietet sich bei der Ermittlung eines subjektiven Unter-nehmenswerts an.185

b.c. Fallstudie186

Unter Zugrundelegung der Ausgangsdaten zur vorstehenden Fallstudie187 soll nun eine UB der dort angesprochenen Aktiengesellschaft nach der Free Cash Flow-Methode mit Bezugnahme auf den WACC-Ansatz und das CAPM-Modell vorgenommen werden. Zusätzlich gelten folgende Werte:

EW(R) = 0,13845 β = 1 iEK = (1 0,35) · [0,12 + (0,13845 0,12) · 1 = 0,09. Die Berechnung der Unternehmenswerte wird in den Abbildungen 31 und 32 gezeigt. Während der Ermittlung des Unternehmenswerts in Abbildung 31 in Höhe von 225,421 Mill. € ein konstanter Marktwert des Fremdkapitals von 70 Mill. € zugrunde gelegt wurde, basiert die Berechnung des Unternehmenswerts in Abbildung 32 von 225,671 Mill. € auf einer modifizierten Ermittlung des Marktwerts des Fremdkapitals. Dieses ergibt sich aus der Summe der diskontierten Cash Flows an die Fremdkapitalgeber. Abbildung 33 und 43 zeigen schließlich die Verwendungsrechnung der Brutto-Free-Cash-Flows bzw. die Überleitungs-rechnung von den Operativen Cash Flows zu den Netto-Free-Cash-Flows.

185 Vgl. IDW, 2014, S. 35-36. 186 Modifiziert entnommen von Kaden/Wagner/Weber/Wenzel 1997, S. 499-518. 187 Vgl. die Ausführungen zu Gliederungspunkt II.E.1.d.

Page 93: Unternehmensbewertung und Due Diligence

93

Zins- und Steuersätze Typisierung mit se = 0,35

Typisierung mit se = 0,279809375

Basiszinssatz

- persönliche Ertragsteuern

0,05

- 0,0175

0,05

- 0,013990468

= korrigierter Basiszinssatz nach Steuern = 0,0325 = 0,036009531

Rendite des Marktportfolios

- persönliche Ertragsteuern

0,07

- 0,0245

0,07

- 0,019586656

= korrigierte Marktrendite nach Steuern

- korrigierter Basiszinssatz nach Steuern

= 0,0455

- 0,0325

= 0,050413343

- 0,036009531

= angepasste Marktrendite ohne ß-Faktor nach Steuern = 0,013 = 0,014403812 angepasste Marktrendite mit ß-Faktor (0,75) nach Steuern

+ korrigierte Basiszinssatz nach Steuern

0,00975

+ 0,0325

0,010802859

+ 0,036009531

= Kapitalisierungszinssatz nach persönlichen Ertragsteuern (iEK)

= 0,04225

= 0,04681239

Abb. 30: Gegenüberstellung der Ansätze für das Tax-CAPM

Page 94: Unternehmensbewertung und Due Diligence

94

Komponenten des Free Cash Flow-Methode (alle Werte in Mill. €) Phase 1 Phase 2

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 ff. ewige Rente

Marktwert des Eigenkapitals (= Buchwert)

Marktwert des Fremdkapitals (= Buchwert)

48,0

70,0

66,5

60,1

79,6

49,0

94,5

36,1

108,2

23,9

Jahresüberschuss

+ Fremdkapitalzinsen

- Unternehmenssteuer-Ersparnis (Tax Shield)

+ Abschreibungen

+/- Veränderungen von Rückstellungen

- Investitionen in Anlagevermögen

- Investitionen in Nettoumlaufvermögen

21,6

5,2

- 1,6

a

10,0

0,5

- 15,0

- 4,1

29,1

4,4

- 1,3

10,0

1,0

- 12,0

- 1,0

35,4

3,4

- 1,0

11,0

1,0

- 12,0

- 2,0

36,8

2,4

- 0,7

11,0

0,5

- 12,0

- 1,0

36,5

1,9

- 0,6

12,0

0,0 - 12,0

0,0

= Brutto Free Cash Flow

- 35%ige Einkommensteuerbelastung auf die Ausschüttungen

16,6

-1,1

30,2

- 5,6

35,8

- 7,2

37,0

- 8,1

37,8

- 12,8

= Zu diskontierende Cash Flows

Eigenkapitalkostensatz nach ESt

Fremdkapitalkostensatz (= Zinsaufwand im Verhältnis zum Fremdkapitalbestand am 01.01.)

Gewichtete Kapitalkosten (WACC)

Diskontierungsfaktor (WACC)

Diskontierte Cash Flows

Gesamtwert des Unternehmens

abzüglich Marktwert Fremdkapital

15,5

0,09

0,074b

0,067c

0,937d

24,6

0,09

0,073

0,072

0,87

28,6

0,09

0,069

0,074

0,807

28,9

0,09

0,067

0,078

0,741

25,0

0,09

0,08

0,084

8,6e

14,524f

21,402 23,08 21,415 215,0

295,421

70,000

= Marktwert des Eigenkapitals = Unternehmenswert 225,421

Abb. 31: Discounted Cash Flow-Ermittlung

Page 95: Unternehmensbewertung und Due Diligence

95

Komponenten der WACC-Methode (alle Werte in Mill. €) Phase 1 Phase 2

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 ff. ewige Rente

Marktwert des Eigenkapitals (= Buchwert)

Marktwert des Fremdkapitals (= Buchwert)

48,0

70,0

66,5

60,1

79,6

49,0

94,5

36,1

108,2

23,9

Jahresüberschuß

+ Fremdkapitalzinsen

- Unternehmenssteuer-Ersparnis (Tax Shield)

+ Abschreibungen

+/- Veränderungen von Rückstellungen

- Investitionen in Anlagevermögen

- Investitionen in Nettoumlaufvermögen

21,6

5,2

- 1,6

10,0

0,5

- 15,0

- 4,1

29,1

4,4

- 1,3

10,0

1,0

- 12,0

- 1,0

35,4

3,4

- 1,0

11,0

1,0

- 12,0

- 2,0

36,8

2,4

- 0,7

11,0

0,5

- 12,0

- 1,0

36,5

1,9

- 0,6

12,0

0,0 - 12,0

0,0

= Brutto Free Cash-Flow

- 35%ige Einkommensteuerbelastung auf die Ausschüttungen

16,6

-1,1

30,2

- 5,6

35,8

- 7,2

37,0

- 8,1

37,8

- 12,8

= Zu diskontierende Cash Flows

Eigenkapitalkostensatz nach ESt

Fremdkapitalkostensatz (= Zinsaufwand im Verhältnis zum Fremdkapitalbestand am 01.01.)

Gewichtete Kapitalkosten (WACC)

Diskontierungsfaktor (WACC)

Diskontierte Cash Flows

Gesamtwert des Unternehmens

Cash-Flow an Fremdkapitalgeber (vgl. Abbildung 31)

Diskontierungsfaktor (berechnet vom Fremdkapitalkostensatz)

Diskontierte Cash Flows an Fremdkapitalgeber

Marktwert Fremdkapital

15,5

0,09

0,074

0,067

0,937

24,6

0,09

0,073

0,072

0,87

28,6

0,09

0,069

0,074

0,807

28,9

0,09

0,067

0,078

0,741

25,0

0,09

0,08

0,084

8,6

14,524

21,402 23,08 21,415 215,0

295,421

15,5

0,869

16,3

0,829

14,6

0,772

1,9

9,188c

15,1a

0,931b

14,06d

13,45 13,512 11,271 17,4572

69,75

= Marktwert des Eigenkapitals = Unternehmenswert 225,671

Abb. 32: Modifizierte Discounted Cash Flow-Ermittlung

Page 96: Unternehmensbewertung und Due Diligence

96

Verwendungsrechnung (alle Werte in Mill. €) Phase 1 Phase 2

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 ff.

Brutto Free Cash Flow

- Eigenkapitalgeber

(Ausschüttung – ESt)

- Fiskus

(ESt)

- Fremdkapitalgeber

(1) Fremdkapitalzinsen

(2) Fremdkapitaltilgung

(2.1) laut Vertrag

(2.2) sonstige (Finanzierungssaldo)

16,6

- 2,0

- 1,1

- 5,2

- 5,0

- 4,9

30,2

- 10,4

- 5,6

- 4,4

- 5,0

- 6,1

35,8

- 13,3

- 7,2

- 3,4

- 5,0

- 7,9

37,0

- 15,0

- 8,1

- 2,4

- 5,0

- 7,2

37,8

- 23,7

- 12,8

- 1,9

0,0

0,0

= Unternehmenssteuer-Ersparnis (Tax Shield) - 1,6 - 1,3 - 1,0 - 0,7 - 0,6

Abb. 33: Verwendung der Free Cash Flows

Page 97: Unternehmensbewertung und Due Diligence

97

Überleitungsrechnung (alle Werte in Mill. €) Phase 1 Phase 2

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 ff.

Operativer Cash Flow

- Investitionen in Anlagevermögen

- Investitionen in Netto-Umlaufvermögen

- Unternehmenssteuer-Ersparnis

(Tax Shield)

37,3a

- 15,0

- 4,1

-1,6

44,5

- 12,0

- 1,0

- 1,3

50,8

- 12,0

- 2,0

- 1,0

50,7

- 12,0

- 1,0

- 0,7

50,4

- 12,0

0,0

- 0,6

= Brutto Free Cash Flow

- Fremdkapitalzinsen

+ Unternehmenssteuer-Ersparnis (Tax Shield)

- Fremdkapitaltilgung

(1) laut Vertrag

(2) sonstige (Finanzierungssaldo)

16,6

- 5,2

+ 1,6

- 5,0

- 4,9

30,2

- 4,4

+ 1,3

- 5,0

- 6,1

35,8

- 3,4

+ 1,0

- 5,0

- 7,9

37,0

- 2,4

+ 0,7

- 5,0

- 7,2

37,8

- 1,9

+ 0,6

0,0

0,0

= Netto Free Cash Flow (Ausschüttung) 3,1 16,0 20,5 23,1 36,5

Abb. 34: Struktur der Cash Flow-Definitionen

Page 98: Unternehmensbewertung und Due Diligence

98

3. Zusammenfassung

Zur Bewertung von Unternehmen wurden unterschiedliche Konzeptionen entwickelt. Eine

Bewertungskonzeption ist durch den Bewertungszweck und die diesem Zweck dienende

Bewertungsmethode gekennzeichnet. Eine weit verbreitete Unterscheidung von Bewer-

tungszwecken differenziert zwischen der Beratungs-, Vermittlungs-, Argumentations- und

neutralen Gutachterfunktion als Hauptfunktionen sowie verschiedenen Hilfsfunktionen.

Durch die zunehmende Verbreitung des Shareholder Value Gedankens hat sich die Bedeu-

tung gewandelt, wodurch weitere Zwecke hinzugetreten sind. Dies führt zu der Unterschei-

dung in gutachterliche UB, beratungsorientierte UB bei Unternehmensver)käufen, relative

UB zur Prüfung der Preiswürdigkeit und Vorteilhaftigkeit von Bewertungsalternativen am

Kapitalmarkt, UB für Zwecke des wertorientierten Controllings sowie UB für Zwecke der Fair

Value Ermittlung im Rahmen des Financial Accounting.

Nach h. M. gibt nur einen konzeptionell adäquaten Ansatz zur Bewertung von nicht not-

leidenden Unternehmen, nämlich den Zukunftserfolgsansatz. Im Hinblick auf die Konkurrenz

zum Substanzwertansatz ist dies schon lange ausdiskutiert. Durch die starke Kapitalmarkt-

orientierung der Unternehmen ist als weiterer Konkurrent der Multiplikatorenansatz hinzu-

gekommen. Er ist aus der Zwecksetzung der relativen Bewertung von Unternehmen am

Kapitalmarkt populär geworden. Aber auch hier zeigt sich: Er kann dieser Aufgabe einer

Bewertung nur unzureichend nachkommen, da strukturelle Unterschiede zwischen den zu

vergleichenden Unternehmen Anpassungen der Multiplikatoren erforderlich machen würde,

die eine Zukunftserfolgsbewertung strenggenommen voraussetzen würden.

Im Rahmen der Zukunftserfolgswerte konkurrieren, wie ausgeführt, zwei methodische

Ansätze miteinander, die aus unterschiedlichen Begründungszusammenhängen Popularität

gewannen: Die traditionelle, von Seiten des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer bevorzugte

Methode, war die Ertragswertmethode, die unmittelbar an den Daten des periodisierenden

Rechnungswesens anknüpft. Mit zunehmender Kapitalmarktorientierung traten die Discoun-

ted Cashflow Methoden in den Vordergrund. Nach anfänglichen Zweifeln über die

Äquivalenz dieser Methoden hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die

verschiedenen zukunftserfolgsorientierten Methoden grundsätzlich zum selben Ergebnis

gelangen. Hierfür ist es freilich erforderlich, dass die Methodik auf denselben Plandaten

aufsetzt und die hierbei diskontierten Zukunftserfolge in einem integrierten Planungsmodell

sachgerecht definiert und ermittelt werden.

Page 99: Unternehmensbewertung und Due Diligence

99

III. Due Diligence

A. Begriffsbestimmung und Strukturierung

In jüngerer Zeit wird im Zusammenhang mit UB häufig der Begriff „Due Diligence“188

verwendet. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um nichts anderes als um eine

intensive ganzheitliche Unternehmensanalyse, die z.B. beim Kauf, Verkauf, Fusion,

Sanierung, Umstrukturierung oder auch Börseneinführung Anwendung findet.

Die Philosophie der Due Diligence (DD) besteht darin, eine ganzheitliche Betrachtung vorzu-

nehmen, d.h. ein Unternehmen aus allen Blickwinkeln wie z.B. Marke und Wettbewerb,

Technik und Produktion, Organisation und Rechnungswesen, Recht und Steuern, Psychologie

und Kultur sowie Plan und Bilanz gleichwertig zu analysieren. Abbildung 35 gibt einen

Überblick über notwendige Basisinformationen, die für eine Due Diligence erforderlich

sind.189

Herausragende Bedeutung besitzt die DD beim Kauf und Verkauf von Unternehmen. In

diesem Zusammenhang werden folgende Arten unterschieden:

Commercial DD,

Financial DD,

Tax DD,

Legal DD

Environmental DD.

Die Commercial DD erstreckt sich in erster Linie auf den wirtschaftlichen Gehalt der

Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens. Sie deckt vor allem Fragen der derzeitigen Markt-

positionen des Zielunternehmens, seiner Produkte und Vertriebswege, der übrigen

Marktteilnehmer sowie wirtschaftliche Auswirkungen des Erwerbers auf Käufer und Ziel-

unternehmen, einschließlich der künftigen Entwicklungsmöglichkeiten des Zielunterneh-

mens, ab. Die Commercial DD erfordert eine gründliche Marktkenntnis auf dem

Tätigkeitsgebiet des Zielunternehmens und ist i. d. R. ein wesentlicher Teil des Entschei-

dungsprozesses des Käufers. Sie wird daher - jedenfalls wenn der Käufer derselben Branche

angehört - von diesem selbst vorgenommen, ggf. unterstützt durch externe Berater (Unter-

nehmensberater, M & A-Berater, Investmentbanken).

Die Financial DD besteht vornehmlich aus einer detaillierten Analyse des bestehenden

Rechenwerkes des Zielunternehmens und umfasst üblicherweise den Zeitraum der letzten

drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre. Zum einen dient sie der Erfassung möglicher Risiken

im Rechenwerk (Leistungsfähigkeiten und Aussagekraft der Buchführung und Bilanzierung)

sowie bilanzieller Besonderheiten wie Bestand und Bewertung von Anlage- und Umlaufver-

mögen,Schulden, Abschreibungsmethoden, gruppeninternem Verrechnungsverkehr, Ge-

schäftsbeziehungen mit Gesellschaftern und nahestehenden Personen etc. Zum anderen hat

sie die Normalisierung des verfügbaren Zahlenwerkes für Zwecke des Erwerbes durch

188 Due = fällig; Diligence = Sorgfalt; Due Diligence = angemessene (gebührende) Sorgfalt. 189 Modifiziert entnommen von Wegmann/Koch 2000, S. 2018.

Page 100: Unternehmensbewertung und Due Diligence

100

I. Allgemeine Angaben

Aktuelle Imagebroschüre

Zusammenfassendes Prospektmaterial

Unternehmensbewertungsgutachten/Unternehmensanalysen der vergangenen drei Jahre

Projektergebnisse aus Beratungsaufträgen

II. Rechtliche Grundlagen

Aktueller Handelsregisterauszug/Satzung/Gesellschaftsvertrag

Unterlagen zur Umwandlung

Gesellschafterstruktur, Angaben zu Poolvereinbarungen

Struktur der Beteiligungen

Ergebnisabführungsverträge

Zusammenstellung wesentlicher Verträge (z.B. Liefer-, Abnehmer-, Lizenz-, Miet-, Pacht-,

Generalvertretung-, Beherrschungs- und Kooperationsverträge)

Informationen über Prozesse und Einschätzung der Risiken

III. Wirtschaftliche Grundlagen

1. Organisation

Organigramm des Unternehmens

Übersicht über die Aufstellungen des Controlling und Rechnungswesens für die Geschäftsführung

Bankverbindungen und Kreditlinien

2. Planung

Überblick über die Firmenstrategie

Erläuterungen zum Planungssystem

Detailinformationen und Basisunterlagen (ggf. auch für Tochtergesellschaften) für die drei

dem Analysezeitpunkt folgende Jahre sowie für das laufende Geschäftsjahr

- über die Ertrags- und Aufwandsposten der Ergebnisplanung (Mengengerüst)

- über Cash-Flow-Rechnungen

- über Bilanzplanungen

- über Einzelpläne

- Absatz/Produktion/Investition

- Finanzen und Liquidität/Personal

- Monatliche oder quartalsweise Soll/Ist-Umsatz- und Ergebnisplanungen

(evtl. Angaben zu saisonalen Schwankungen)

Detailinformationen über die Verwendung des Emissionserlöses, soweit er dem Unternehmen

zur Verfügung steht

3. Unterlagen zu Markt und Wettbewerb

Stärken-/Schwächen-Profil aus der Sicht des Vorstandes über das Unternehmen,

den Wettbewerb und den Markt

Standortvor -und nachteile

Vertriebsstruktur des Unternehmens

Abnehmergruppen (ABC-Analyse)

Aufteilung der Produktgruppen nach Regionen (nationale und internationale Unterteilung)

Information über die Wettbewerber (Marktanteile, Positionierung)

4. Unterlagen zu Wirtschaftsprüfung und Steuern

Prüfungsberichte der vergangenen drei Jahre

Abhängigkeitsbericht

Konzerninterne Verrechnungen

Information zu laufenden Außenprüfungen

Eigenkapitalgliederungen

Darstellung der Verlustvorträge

Steuerliche Risiken

Abb. 35: Erforderliche Informationen für eine Due Dilgence

Page 101: Unternehmensbewertung und Due Diligence

101

Eliminierung bestehender ertragsrelevanter Sondereinflüsse und Berücksichtigung künfti-

ger ertragsrelevanter Auswirkungen (Synergieeffekte) sowie die Plausibilitätsüberprüfung

vorgelegter Planzahlen im Verhältnis zu den Vergangenheitswerten zum Gegenstand. Ist der

Käufer ein ausländisches Unternehmen, kann eine Überleitung des deutschen Rechenwerkes

auf die ausländische Rechtsordnung, z.B. IFRS, US-GAAP, erforderlich sein, um eine

Vergleichbarkeit der Aussagekraft der Jahresabschlüsse herzustellen. Zur Durchführung der

Financial DD bedient sich der Käufer i. d. R. eines Wirtschaftsprüfers bzw. einer Wirtschafts-

prüfungsgesellschaft als sachverständigem Berater. Wegen der teilweise kongruenten

Zielsetzungen können Financial und Commercial DD ggf. miteinander kombiniert oder durch

ein gemeinsames Team zeitgleich durchgeführt werden.

Die Tax und die Legal DD, die häufig in einer gemeinsamen Untersuchung zusammengefasst

werden, hat die Ermittlung der bestehenden rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse des

Zielunternehmens und darin möglicherweise ruhender Risikopotentiale zum Gegenstand (z.

B. Steuernachzahlungsrisiken infolge einer anstehenden Betriebsprüfung). Auch insoweit

bedient sich der Käufer üblicherweise der Unterstützung externer Rechtsanwälte und

Steuerberater.

Gehört zu den Wirtschaftsgütern des Zielunternehmens Immobilienvermögen, so empfiehlt

sich die Durchführung einer Environmental DD, insbesondere wenn das Zielunter-nehmen in

einem „umweltsensitiven“ Geschäftsfeld, z.B. Produktion in der chemischen oder metall-

verarbeitenden Industrie, tätig ist. Neben dem Ziel, mögliche Risiken aufzudecken und zu

quantifizieren, steht bei dieser Untersuchung die Dokumentation des Ist-Zustandes im

Vordergrund, da ohne eine präzise Aufnahme des Ausmaßes etwaiger umweltrechtlicher

Schäden des Betriebsgeländes eine spätere Zuordnung der Verursachungszusammenhänge

erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich wird. Die hieraus resultierenden Unsicher-

heiten bei der Verfolgung möglicher Gewährleistungsansprüche des Käufers treffen beide

Parteien in gleichem Maße. Ähnliches gilt, sofern vom potentiellen Käufer Betriebsein-

richtungen oder Verträge übernommen werden sollen, die umweltbezogene Haftungs-

risiken beinhalten (z. B. Lieferverträge, die die Einhaltung bestimmter Umweltstandards

erfordern). Eine sachgerechte Durchführung der Environmental DD sollte darauf speziali-

sierten Beratungsunternehmen vorbehalten werden.

Die vorstehenden Ausführungen lassen unschwer erkennen, dass Informationen der DD die

rein quantitativen Rechenergebnisse aus den Verfahren der UB im Hinblick auf die

Entscheidungsstützung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen ergänzen müssen (sog.

Absicherungsfunktion) (z.B. nachträgliche Berücksichtigung echter Synergien). Darüber

hinaus übernimmt die DD im Verhältnis UB eine Zulieferfunktion, in dem sie die Datenbasis

für die Berechnung des Unternehmenswerts zur Verfügung stellt.

B. Synergieeffekte und -potentiale

Zur Beurteilung von Unternehmensakquisitionen werden in aller Regel die UB und die DD

eingesetzt. Während die UB darauf abzielt, anhand bestimmter Bewertungsmethoden einen

konkreten finanziellen Unternehmenswert zu ermitteln, wird unter dem Begriff der DD eine

Page 102: Unternehmensbewertung und Due Diligence

102

ganzheitliche Unternehmensanalyse verstanden, die insbesondere im Rahmen von

Unternehmensakquisitionen zum Einsatz kommt. Sofern die zur Verfügung stehenden

Methoden der UB nicht in der Lage sind, den für Käufer und Verkäufer relevanten

Unternehmenswert zutreffend darzustellen, bedarf es im Kontext der DD einer nachträg-

lichen Anpassung. Deshalb muss versucht werden, die relevanten Werttreiber zu quanti-

fizieren und, soweit es möglich ist, zu operationalisieren, damit sie im Rahmen von Kaupreis-

verhandlungen als Entscheidungswerte sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer

eingesetzt werden können. So ermitteln die Methoden der UB lediglich einen sog. Stand-

alone-Value, der den finanziellen Wert des Zielunternehmens ohne Berücksichtigung von

(echten) SE darstellt. Hierbei handelt es sich um solche strategischen Verbundwirkungen, die

immer dann entstehen, wenn bei Transaktionen geplant ist, das Zielunternehmen mit dem

Käuferunternehmen zusammenzuschließen und dann ein zusätzlicher Wert entsteht, der

durch das Zielunternehmen alleine nicht geniert werden könnte.

Deshalb muss bei Unternehmensakquisitionen stets untersucht werden, inwieweit Synergie-

effekte (SE) abgebildet werden und dann in die Bestimmung des Kaufpreises einfließen

können. Insbesondere die Möglichkeit, eine zumindest qualitative Separierung von SE vor-

zunehmen, erhöht die Chancen des Verkäufers, im Kontext der Kaufpreisverhandlungen

einen Zuschlag zum durch Diskontierung künftiger Cash Flows ermittelten Unternehmens-

wert durchzusetzen. Allerdings bedarf es dann seitens des Verkäufers zur Begründung seiner

höheren Kaufpreisvorstellungen und zur Ermittlung seiner Preisuntergrenze für die geplante

Transaktion eines überzeugenden Konzepts, mit dessen Hilfe er ggf. identifizierte SE

dokumentieren und begründen kann. Der potenzielle Käufer muss hierdurch seinerseits in

die Lage versetzt werden, die Argumentationsstrategie des Verkäufers dahingehend zu

überprüfen, ob sie mit den eigenen Vorstellungen bezüglich der Existenz und der Nutzung

von SE korrespondiert, um konkrete Anhaltspunkte bei der Bestimmung der Preisobergrenze

für den Unternehmenskauf zu erhalten.

Positive SE oder Verbundvorteile im Rahmen von Unternehmensakquisitionen entstehen

grundsätzlich immer dann, wenn das Ergebnis des Zusammenwirkens einzelner Teile die

Summe der Einzelergebnisse dieser Teile überschreitet (sog. 2 + 2 = 5-Effekt). Negative SE,

Verbundnachteile oder Dissynergien liegen hingegen vor, wenn das Ergebnis des Zusam-

menwirkens einzelner Teile die Summe der Einzelergebnisse dieser Teile unterschreitet (sog.

2 + 2 = 3-Effekt). Während echte (positive oder negative) SE nur im Zusammenwirken des

Zielunternehmens mit dem Käuferunternehmen entstehen können, sind unechte SE durch

das Zielunternehmen alleine oder mit jedem beliebigen Kooperationspartner zu realisieren

(z. B. Minimierung der Stückkosten durch Vollauslastung der Produktionskapazitäten oder

Ausnutzung des internationalen Steuergefälles durch Verrechnungspreispolitik im bestehen-

den Konzernverbund). Die Bestimmung sowohl echter als auch unechter SE kann auf

quantitativer (z. B. mit Hilfe monetärer Rechengrößen) als auch qualitativer Grundlage (z. B.

Macht- und Prestigestreben oder Übertragung von Know How) erfolgen.

Sofern im Rahmen der UB auf Gesamtbewertungsmethoden zurückgegriffen wird und

Maßnahmen zur Umsetzung unechter SE bereits eingeleitet wurden, sind diese Effekte in

den ermittelten finanziellen Stand-alone-Werten enthalten, wenn sie mit monetären Größen

Page 103: Unternehmensbewertung und Due Diligence

103

hinreichend genau gemessen werden können. Im Ergebnis stellen echte SE nach der

synoptischen Vorgehensweise bei ihrer Ermittlung die aus dem Unternehmenskauf

resultierende (positive oder negative) Differenz aus dem gemeinsamen Unternehmenswert

der betreffenden Gesellschaften nach dem Unternehmenszusammenschluss im Vergleich zur

Summe der Unternehmenswerte des Zielunternehmens und des Käuferunternehmens aus

Stand-alone-Sicht dar. Echte Synergieeffekte ergeben folglich zusammen mit dem (finan-

ziellen) Stand-alone-Wert des Zielunternehmens den subjektiven Unternehmenswert aus

dem Blickwinkel des Käufers, der die vom Erwerber konzipierten strategischen und opera-

tiven Maßnahmenbündel beinhaltet, die in der Folge der Akquisition umgesetzt werden

sollen. Eine derartige Bestimmung der echten SE geht aber davon aus, dass sich die den SE

zugrundeliegenden Werttreiber hinreichend genau operationalisieren und zudem in

monetäre Rechengrößen transformieren lassen. Sollte dies nicht der Fall sein, bedarf es im

Kontext der Absicherungsfunktion der DD einer Anpassung des für das Zielunternehmen

nach dem Stand-alone-Prinzip ermittelten Unternehmenswerts mit Hilfe qualitativer

Bestimmungsfaktoren, um die Auswirkung identifizierter echter SE auf den Unternehmens-

wert im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen dokumentieren, begründen und durchsetzen

zu können. Zur Übernahme eines Unternehmens muss für den Käufer demzufolge

grundsätzlich die nachstehende Gleichung erfüllt sein:

Stand-alone-Wert + Netto-Synergiewert (= positive – negative Verbundeffekte) ˃

Kaufpreis + Transaktionskosten.

Der Stand-alone-Wert ist Ausgangspunkt und in aller Regel auch die größte Komponente bei

der Bestimmung des Übernahmewerts. Dieser stellt den objektiven Wert des Zielunter-

nehmens für den unter der Prämisse der unveränderten Fortführung nach Akquisition ohne

käuferspezifische subjektive Wertsteigerungsmöglichkeiten dar. Folglich wird durch den

Netto-Synergiewert zum Ausdruck gebracht, dass ein Kaufpreis gerechtfertigt ist, der über

dem Weiterführungswert des Zielunternehmens liegt. Da es sich bei echten SE um Restruk-

turierungspotentiale handelt, die auch ohne Unternehmensübernahme realisiert werden

können, sind diese nicht in die Bestimmung des Netto-Synergiewerts einzubeziehen.

Im Rahmen der Einordnung von Synergien in den Transaktionsprozess (vgl. Abb. 1)190 ist in

Synergiepotenziale und SE zu differenzieren, die sich hinsichtlich ihres Realisierungsgrades

unterscheiden. So wird mit dem Terminus Synergiepotenziale die latente Existenz möglicher

Synergien umschrieben, deren Analyse in den Phasen der Wertuntersuchung und

Wertbestimmung bezüglich ihres Vorhandenseins und den Möglichkeiten ihrer Operationali-

sierung im Mittelpunkt des Interesses steht. Demgegenüber beziehen sich die Untersuch-

ungen in der Phase der Wertrealisierung und Wertsteigerung auf die Umsetzung und

Steuerung konkret eingetretener SE. Abb. 36 zeigt zentrale Typisierungen von Verbund-

effekten auf, die für alle Phasen des Transaktionsprozesses zum Zwecke der Systemati-

sierung, Erfassung und Steuerung von Synergien Verwendung finden können.191

190 Vgl. Abbildung 1 zu Gliederungspunkt I.B. 191 Modifiziert entnnommen von Küting, 2007, S. 1322.

Page 104: Unternehmensbewertung und Due Diligence

104

Einteilungskriterien Ausprägungsformen Zeitbezug der Realisation realisierte Synergieeffekte Synergiepotenziale

Auswirkungen auf den Unternehmenswert

Verbundvorteile (positiv)

Verbundnachteile (negativ)

Erschließung von Synergiepotenzialen

güterwirtschaftliche Synergien

finanzwirtschaft-liche Synergien

Funktionsbereiche Verkaufssynergien Produktions-synergien

Investitions- und Management-

synergien Dimenson der Häufigkeit einmalige Synergien mehrmalige

Synergien

Stetigkeit des Auftretens unregelmäßige Synergien permanente Synergien

Dauer der Nutzung kurzfristige Nutzung (zeitlich begrenzt)

langfristige Nutzung (fortdauernd)

Ort des Auftretens Muttergesellschaft Untergesell-schaft(en)

Auswirkungen auf die Erfolgssituation

Ertragseffekte Aufwandseffekte kein Erfolgseffekt

Auswirkungen auf den Cash Flow

Einzahlungseffekte Auszahlungseffekte kein Zahlungseffekt

Veranlassung durch Kooperationspartner

echte Synergien unechte Synergien

Eintrittswahrscheinlichkeit sicher unsicher Messbarkeit exakt messbar nicht exakt messbar

Aufteilung auf die Vertragsparteien

einseitige Zuordnung anteilige Zuordnung

Art der Bestimmung zu operationalisierende (z. B. monetäre)

Synergien (quantitativ)

nicht zu operationalisierende

Synergien (qualitativ)

Zeitpunkt des Auftretens sofort realisierbar später realisierbar Phasenbezogene Unterscheidung

Start up Synergy (Gründungssynergie)

Operation Synergy (Betriebssynergie)

Ursache Restrukturierungssynergie reine Synergieeffekte

Eintrittshöhe Synergien kleiner als prognostiziert

Synergien entsprechen

Prognose

Synergien größer als

prognostiziert

Diversifikationsausrichtung im Unternehmensverbund

horizontal vertikal heterogen

Grund des Auftretens marktorientiert kostenorientiert steuerlich orientiert

Nutznießer Käufer Verkäufer Nutzbarkeit universell örtlich und zeitlich

begrenzt spezifisch

Abb. 36: Zentrale Typisierungen von Verbundeffekten im Rahmen der Synergetic Due Diligence

Page 105: Unternehmensbewertung und Due Diligence

105

Das zentrale Element in der Wertuntersuchungsphase zu ersten Identifikation von

Synergiepotenzialen stellt das Information Memorandum dar, in dem strategische Chancen

einer Wertsteigerung durch die Unternehmensübernahme niedergelegt werden. Sofern sich

hieraus konkrete Möglichkeiten einer Werterhöhung ergeben, sind weitere Ermittlungen in

der Wertbestimmungsphase einzuleiten, wobei dann eine möglichst genaue Quantifizierung

der SE erfolgen sollte. Es bietet sich an, zur systematischen Identifikation von Synergiepoten-

zialen auf die folgenden zentralen Synergiearten zurück zu greifen, um eine unübersichtliche

Datenflut zu vermeiden.192

Preissynergien

Mengensynergien

Konditionensynergien

Verknüpfungssynergien

Zentralisierungssynergien

Investitionssynergien

Steuersynergien

Risikosynergien.

Infolge der Übernahme eines unmittelbaren Konkurrenz- oder Substitutionsunternehmens

kann die Wettbewerbsposition des Käufers verbessert und damit ein höherer Marktanteil

generiert werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, höhere Absatzpreise durchzusetzen und

höhere Umsatzerlöse zu erzielen, wodurch die Netto-Cash Flows gesteigert werden können.

Als Instrument zur Identifikation von Preissynergien wird die Preiselastizität der Nachfrage

herangezogen, die angibt, wie die Nachfragemenge auf eine Preisänderung reagiert. Sie wird

gemessen als Quotient aus prozentualer Variation der Nachfragemenge und prozentualer

Preisänderung. Die Preiselastizität der Nachfrage ist für das Käuferunternehmen vor und

nach der Übernahme zu prognostizieren. Falls die Nachfrage nach der Übernahme

unelastischer wird, d.h. sich ihr Wert verringert, dann reagiert die Nachfragemenge weniger

stark auf Preiserhöhungen als vor der Übernahme, wodurch das Vorhandensein von

Preissynergien zum Ausdruck kommt. Demgegenüber liegen Dissyergien vor, wenn die

Preiselastizität der Nachfrage nach der Übernahme den Vergleichswert vor der Übernahme

übersteigt, was zu einer Verringerung der Netto- Cash Flows führt.

Mengensynergien zielen ebenfalls auf eine Steigerung der Umsatzerlöse und damit der

operativen Cash Flows ab, auf operativer Ebene jedoch nicht über den Absatzpreis, sondern

über die Absatzmenge. Allerdings wachsen die fixen und variablen Umsatzkosten dabei nicht

in gleichem Maße wie die Absatzmenge, wodurch das Verhältnis von Absatzmenge und

Umsatzkosten nach der Übernahme sinkt. Dieser Degressionseffekt stellt die wesentliche

Voraussetzung zur Qualifizierung von SE dar, die durch das Nutzen von Vertriebsstrukturen,

Kundenbeziehungen oder auch einer Imagetransformation des Zielunternehmens in

Märkte, die durch das Käuferunternehmen zuvor nicht erschlossen waren, realisiert werden

können. Darüber hinaus ist die Umsetzung von Mengensynergien möglich, wenn es gelingt,

durch die Kombination des Produkt- und Leistungsangebots beider Unternehmen neue

192

Vgl. Meckl/Riedel, 2011, S. 379.

Page 106: Unternehmensbewertung und Due Diligence

106

Kundengruppen anzusprechen, die zuvor weder vom Käufer- als auch vom Zielunternehmen

zu erschließen waren. Potentielle Mengensynergien sind dann etwa durch einen Vergleich

der Stärken- bzw. Schächenprofile beider Unternehmen zu identifizieren, indem die

Absatzpotentiale gegenübergestellt und analysiert werden.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich die Bildung strate-

gischer Allianzen durch eine Unternehmensübernahme häufig in der gezielten Ausweitung

des Fertigungsprogramms auf grundsätzlich neue Leistungsbereiche niederschlägt, durch die

sich umfangreiche Gewinnchancen nach der Transaktion eröffnen sollen. Die Nachteile einer

derartigen Diversifikationspolitik, die auf die Realisierung eines langfristigen Wachstums

sowie einer Risikominderung ausgerichtet sind, kommen etwa

in Qualitätseinbußen der heterogen Produktarten im Falle unveränderter Sachmittel- und Personalkapazität,

in Kostensteigerungen bei der Substitution von Spezial- durch Universalanlagen und verstärktem Personaltraining sowie

in Organisationsschwierigkeiten beim Vorliegen von Übergrößen

zum Ausdruck und führen zu Dyssynergien nach dem Unternehmenszusammenschluss.

Ebenso wie Preis- und Mengensynergien zielen auch Konditionssynergien auf eine Steige-

rung der Netto-Cash Flows durch eine Beeinflussung der variablen Kosten nach Unter-

nehmensübernahme ab. Infolge der Gewinnung von Marktmacht als zu erreichendes Ziel

verbessert die Integration der Abnahmemengen des Käufer- und des Zielunternehmens die

Verhandlungsposition bei den Lieferanten, wodurch günstigere Konditionen erreicht werden

können, die zu einer Senkung z.B. der Einstandspreise, Kreditzinsen, Lager- und Versiche-

rungskosten führen. Zum Zwecke der Identifikation von Konditionssynergien müssen

zunächst Art und Menge der bezogenen Einsatzfaktoren des Käufer- und des Zielunterneh-

mens gegenübergestellt werden, um das Potential zu ermitteln, das durch eine Bündelung

der Beschaffungsmaßnahmen realisiert werden kann. Sodann sind die vorhandenen

Lieferverträge darauf hin zu analysieren, ob eine Durchsetzung von Konditionssynergien

grundsätzlich möglich ist.

Mit dem Begriff Verknüpfungssynergien werden solche Verbundwirkungen beschreiben, die

beim Bestehen vertraglicher Beziehungen zwischen Käufer- und Zielunternehmens auftreten

können, wenn diese auf unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen agieren. Derartige Syner-

gien setzen auf operativer Ebene an, indem sie zum einen zur Senkung der (fixen)

Transaktionskosten und zum anderen zur Reduzierung des Geschäftsrisikos beitragen

können. In diesem Zusammenhang ist zwischen Ex-ante (z.B. Informations-, Vertrags-

anbahnungs- und Vereinbarungskosten) und Ex-post Transaktionskosten (z.B. Kosten der

Durchsetzung, Überwachung und der nachträglichen Anpassung von Vertragskonditionen) zu

unterscheiden. Sofern das Zielunternehmen als Lieferant (Rückwärtsintegration) oder als

direkter Abnehmer (Vorwärtsintegration) für das Käuferunternehme gilt, fällt die Voraus-

setzung für die Entstehung von Transaktionskosten weg. Allerdings können im Falle einer

Akquisition dann nur die Ex-post Transaktionskosten vermieden werden, da die Ex-ante

Kosten bereits vor Vertragsabschluss für beide Unternehmen entstanden sind. Darüber

hinaus erfolgt durch den Wegfall der interorganisationalen Schnittstelle eine Reduzierung

Page 107: Unternehmensbewertung und Due Diligence

107

des Geschäftsrisikos, weil die Unsicherheit über die Ex-post Transaktionskosten nicht mehr

besteht.

Zentralisierungssynergien lösen ebenfalls Kosteneinsparungspotentiale aus, wenn es nach

der Übernahme gelingt, redundante Ressourcen bzw. Funktionen im Rahmen des Wert-

schöpfungsprozesses von Ziel- und Käuferunternehmen aufzudecken und ähnliche bzw.

identische Aktivitäten zu vermeiden. Die Beseitigung von überflüssig gewordenen Sektoren

bezieht sich in der Praxis primär auf mittelbare (unterstützende) Wertaktivitäten in den

Funktionsbereichen der Verwaltung (z.B. in Controlling, Personal und Digitalisierung). Bei

den unmittelbaren Aktivitäten im Rahmen der Produktion sowie Forschung und Entwicklung

richtet sich die Suche nach Zentralisierungssynergien durch den Einsatz von Stärken- und

Schwächenanalysen auf Best-Practice-Anwendungen und Know-How-Transfers.

Investitionssynergien reduzieren nach der Übernahme die finanziellen Mittelverwendungen

in materielle und immaterielle Ressourcen und erhöhen auf diese Weise die Netto-Cash

Flows. Eine Investitionssenkung erfolgt dahingehend, dass entweder das Ziel- oder das

Käuferunternehmen bereits über die für die Realisierung von Ersatz- oder Erweiterungs-

zielen erforderlichen immateriellen Ressourcen z.B. in Gestalt von Lizenzen, Human Capital,

Know How, Best Pratice-Anwendungen und materiellen Ressourcen z.B. in Form von Sachan-

lagevermögen verfügen. Hierdurch kann eine schnellere Steigerung der Netto-Cash Flows

erreicht werden als es durch die Speisung der Mittelverwendung mit Alternativen der

Beteiligungsfinanzierung möglich wäre. Die Identifikation von Investitionssyergien kann

durch einen Vergleich des Investitonsstands und der Investionsvorhaben in beiden Unter-

nehmen vorgenommen werden, wobei aufgedeckte Konvergenzen im Hinblick auf vorhan-

dene (im-)materielle Ressourcen das Vorliegen von SE signalisieren.

Ggf. vorhandene Steuersynergien senken nach der Übernahme die Steuerbemessungs-

grundlage und den Steuersatzes und damit die Ertragsteuerbelastung bezüglich der

Einkommen-, Körperschaft- und/oder der Gewerbesteuer, wodurch im Ergebnis die Netto-

Cash Flows erhöht werden. Einerseits lässt sich die Steuerbemessungsgrundlage durch die

Nutzung nicht vollständig ausgeschöpfter steuerlicher Verlustvorträge beim Zielunterneh-

men reduzieren. In diesem Zusammenhang muss bei ggf. vorliegenden gesetzlichen

Restriktionen analysiert werden, in wieweit die Transaktionsstruktur anzupassen ist, um

steuerliche Synergien zu nutzen. Andererseits kann die Steuerbemessungsgrundlage dadurch

gesenkt werden, dass der Verschuldungsgrad des Unternehmens nach Übernahme durch

zusätzlichen Fremdkapitalbedarf erhöht wird. Hierdurch steigen die abzugsfähigen Kosten

für die Fremdkapitalaufnahme nach dem Zusammenschluss, reduzieren aber die steuerliche

Bemessungsgrundalge und die Ertragsteuerbelastung. Steuersynergien aus der Verringerung

des Steuersatzes entstehen durch grenzüberschreitende Transaktionen, wenn es dadurch

möglich wird, das internationale Steuergefälle durch geringere Steuersätze anderer

Nationen ausnutzen zu können.

Risikosynergien kommt grundsätzlich immer dann zentrale Bedeutung zu, wenn es durch die

Zusammenführung zweier Unternehmen gelingt, ihre Risikoprofile im Vergleich zur Struktur

vor der Transaktion zu verändern. So besteht etwa die Möglichkeit, Fremdkapital- oder

Page 108: Unternehmensbewertung und Due Diligence

108

Versicherungsrisiken zu senken, wenn es nach dem Zusammenschluss möglich wird, auch die

günstigeren Kredit- bzw. Versicherungskonditionen des Käuferunternehmens zu nutzen.

Derartige Effekte sind zum einen nach Maßgabe der Sicherheitsäquivalenz- bzw. Ergebnisab-

schlagsmethode durch die Veränderung der Netto-Cash Flows infolge geringerer Zahlungen

für Zinsen bzw. Prämien zu erfassen. Ferner liegen Rationalisierungseffekte in Gestalt

vermeidbarer (Investitions-)Kosten vor, wenn das Zielunternehmen nach der Transaktion

bereits installierte Informations- und Kommunikationssysteme des Käuferunternehmens für

Zwecke des Risikomanagements nutzen kann. Weiterhin spielt die Erfassung von Risiko-

synergien dann eine Rolle, wenn die zusammenzuschießenden Unternehmen auf unter-

schiedlichen Geschäftsfeldern agieren und das Marktrisiko des Zielunternehmens nach

Übernahme unter den Wert vor dem Kauf gesenkt werden kann. Dies ist etwa dann der Fall,

wenn durch die erweiterten Zugriffsmöglichkeiten auf unterschiedliche Kapitalmärkte eine

Reduzierung der Fremd- und Eigenkapitalkosten erreicht werden kann. Dieser Effekt ist im

Rahmen der Festlegung des Diskontierungsfaktors bei der Bestimmung des Netto-

Synergiewerts zu berücksichtigen.

C. Ergebnis

Es konnte gezeigt werden, wie UB und DD im Rahmen von Unternehmensakquisitionen

miteinander vernetzt sind. Die UB kommt grundsätzlich in allen Bereichen des Transaktions-

prozesses zur Anwendung, wobei ihr Haupteinsatzgebiet die Phase der Transaktionsdurch-

führung betrifft, in der die eigentliche Wertbestimmung des Zielunternehmens vorge-

nommen wird. Ob die Durchführung der UB aus subjektiver oder objektiver Sicht zu erfolgen

hat, richtet sich nach der Art der Bewertung. Im Regelfall kommen die Gesamtbewertungs-

methoden zum Einsatz, von denen der Free Cash Flow-Ansatz in Wissenschaft und Praxis am

weitesten verbreitet ist. Lediglich bei der Bewertung notleidender Unternehmen, die nicht

fortgeführt werden können oder sollen, wird auf die Liquidationswertmethode zurückge-

griffen. Eine Nähe weist die UB insbesondere zur Financial, Commercial, Legal und Tax DD

auf, die die relevanten Informationen für die Durchführung der UB liefern.

Sofern die zur Verfügung stehenden Methoden der UB nicht in der Lage sind, den relevanten

Unternehmenswert zutreffend darzustellen, bedarf es im Kontext der Absicherungsfunktion

der DD einer Anpassung. Derartige Adaptionen sind zunächst erforderlich, wenn die über

den gesamten Planungszeitraum prognostizierten und diskontierten Cash Flows die Wert-

entwicklung des Zielunternehmens nicht hinreichend genau erfassen. Deshalb muss versucht

werden, die relevanten Werttreiber zu qualifizieren und, soweit es möglich ist, zu

operationalisieren, damit sie im Rahmen von Kaupreisverhandlungen als Entscheidungs-

werte sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eingesetzt werden können. Weiterhin

ermitteln die Methoden der UB im Rahmen der DD lediglich einen sog. Stand alone-Value,

der den finanziellen Wert des Zielunternehmens ohne Berücksichtigung von echten

Synergieeffekten darstellt. Bei diesen Synergien handelt es sich um solche Verbund-

wirkungen, die immer dann entstehen, wenn bei Transaktionen geplant ist, das Zielunter-

nehmen mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen und hierdurch ein zusätzlicher

Wert entsteht, der durch das Zielunternehmen alleine nicht geniert werden könnte. Auch in

diesem Falle bedarf es einer Identifizierung und Operationalisierung der relevanten Syner-

Page 109: Unternehmensbewertung und Due Diligence

109

gieeffekte, um die Informationsgrundlage für Entscheidungen und Steuerungen im Rahmen

des Transaktionsprozesses zu optimieren.

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