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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht Leitfaden für die direkte Reflexion von Unterricht Ein Element des Q2e Konzepts in der Lehrerausbildung am Studienseminar BBS in Triers Vorwort Liebe Anwärterinnen und Anwärter am Studienseminar BBS in Trier, im Rahmen Ihrer Ausbildung zu Lehrerinnen und Leh- rern an unserem Studienseminar ergeben sich in unter- schiedlichen Kontexten Anlässe für reflexive Gespräche. Sie erhalten Rückmeldungen zu Ihren Ausbildungsleist- ungen. Reflexiv ändern sich unser beider Sichtweisen auf Ihre Ausbildungssituation und gemeinsam entwi- ckeln wir Perspektiven für die weitere Entwicklung Ihres Handlungsrepertoires und Ihrer Lehrerpersönlichkeit. Es ist unser Anspruch, die Gespräche persönlichkeitsför- dernd, strukturiert und reflexiv zu gestalten. Ein Instrument, das diese Ansprüche umzusetzen hilft, ist der dynamische Besprechungsstern. Er ist eingebet- tet in ein Beratungs- und Bewertungskonzept, das wir entwickelt haben, um komplexen Ansprüchen gerecht zu werden. Dieser Leitfaden erläutert das Konzept, ver- deutlicht die Verfahrensweisen und klärt die Rollen und Erwartungen, die an die handelnden Personen gestellt werden. Ihr Seminarteam Intentionen Welche Haltungen und Intentionen sind für uns leitend? Nach unserem Selbstverständnis muss Lehrerbildung innovativ, kreativ, ganzheitlich und persönlichkeitsför- dernd sein. Im Kontext von Beratung und Bewertung von Unterricht bedeutet dies, dass wir als Ausbilderinnen und Ausbilder unser Beratungshandeln inhaltlich an den ak- tuellen Leitlinien und Ordnungsmitteln (Lehrpläne, Orien- tierungsrahmen Schulqualität Rheinland-Pfalz) sowie den wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten. Der Erfolg von Beratung hängt insbesondere in der Er- wachsenenbildung von bestimmten Aspekten der Ge- sprächsführung ab. Transparenz, Offenheit, Struktur und Klarheit sind wesentliche Merkmale von akzeptierten und erfolgreichen Beratungsgesprächen. Jede Bespre- chungssituation nach einem Unterricht ist neu und inhalt- lich wie emotional unvorhersehbar. Beratene und Bera- ter müssen sich darauf einlassen. Damit sie dies tun können, muss es einen verlässlichen und akzeptierten Rahmen geben. Weitere Erwartungen sind Zeitökonomie und die Pas- sung in die weitere Bewertungspraxis der Berufsein- - 1 - Unterricht beraten & bewerten LVO§ 10 Lehrproben 1. Die Studienreferendare (allgemein Anwärter(innen) AW) ha- ben in jedem ihrer Fächer eine unbenotete und zwei beno- tete Lehrproben zu halten. Die Lehrproben sollen in un- terschiedlichen Schulformen stattfinden. 2. Die Lehrproben finden in der Regel in der Ausbildungsschule statt. 3. Die Themen der Lehrproben werden von den AW im Einver- nehmen mit dem jeweiligen Fachleiter, dem Mentor und dem Fachlehrer der Klasse, in der die Lehrprobe stattfinden soll, aus- gewählt. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, bestimmt der Seminarleiter das Thema. 4. Die AW haben für jede Lehrprobe einen schriftlichen Ent- wurf vorzulegen. 5. An den Lehrproben nehmen der Fachleiter sowie der Mentor teil; der Seminarleiter nimmt regelmäßig an den Lehrproben je- des AW teil. Der Leiter der Ausbildungsschule und der Fachleh- rer der Klasse, in der die Lehrprobe stattfindet, können daran teilnehmen. AW, die die Lehrbefähigung in dem betreffenden Fach erwerben wollen, können bei den Lehrproben und Bespre- chungen anwesend sein, soweit keine wichtigen Gründe entge- genstehen. 6. Die Lehrproben sind mit dem AW zu besprechen. 7. Die Noten für die Lehrproben werden nach Anhörung der in Absatz 5 Satz 1 und 2 genannten Teilnehmenden von dem Se- minarleiter auf Vorschlag des Fachleiters gemäß § 22 festgesetzt; nimmt der Seminarleiter nicht teil, setzt der Fachleiter die Note fest. Die Note wird dem AW bekanntgeben. 8. Über der Besprechung und die Notenfindung fertigt der Fach- leiter eine Niederschrift an, die zu den Ausbildungsakten ge- nommen wird. Mai 2010

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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht

Leitfaden für die direkte Reflexion von Unterricht

Ein Element des Q2e Konzepts in der Lehrerausbildung am Studienseminar BBS in Triers

Vorwort

Liebe Anwärterinnen und Anwärter am Studienseminar

BBS in Trier,

im Rahmen Ihrer Ausbildung zu Lehrerinnen und Leh-

rern an unserem Studienseminar ergeben sich in unter-

schiedlichen Kontexten Anlässe für reflexive Gespräche.

Sie erhalten Rückmeldungen zu Ihren Ausbildungsleist-

ungen. Reflexiv ändern sich unser beider Sichtweisen

auf Ihre Ausbildungssituation und gemeinsam entwi-

ckeln wir Perspektiven für die weitere Entwicklung Ihres

Handlungsrepertoires und Ihrer Lehrerpersönlichkeit. Es

ist unser Anspruch, die Gespräche persönlichkeitsför-

dernd, strukturiert und reflexiv zu gestalten.

Ein Instrument, das diese Ansprüche umzusetzen hilft,

ist der dynamische Besprechungsstern. Er ist eingebet-

tet in ein Beratungs- und Bewertungskonzept, das wir

entwickelt haben, um komplexen Ansprüchen gerecht zu

werden. Dieser Leitfaden erläutert das Konzept, ver-

deutlicht die Verfahrensweisen und klärt die Rollen und

Erwartungen, die an die handelnden Personen gestellt

werden.

Ihr Seminarteam

Intentionen

Welche Haltungen und Intentionen sind für uns leitend?

Nach unserem Selbstverständnis muss Lehrerbildung

innovativ, kreativ, ganzheitlich und persönlichkeitsför-

dernd sein. Im Kontext von Beratung und Bewertung von

Unterricht bedeutet dies, dass wir als Ausbilderinnen und

Ausbilder unser Beratungshandeln inhaltlich an den ak-

tuellen Leitlinien und Ordnungsmitteln (Lehrpläne, Orien-

tierungsrahmen Schulqualität Rheinland-Pfalz) sowie

den wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten.

Der Erfolg von Beratung hängt insbesondere in der Er-

wachsenenbildung von bestimmten Aspekten der Ge-

sprächsführung ab. Transparenz, Offenheit, Struktur und

Klarheit sind wesentliche Merkmale von akzeptierten

und erfolgreichen Beratungsgesprächen. Jede Bespre-

chungssituation nach einem Unterricht ist neu und inhalt-

lich wie emotional unvorhersehbar. Beratene und Bera-

ter müssen sich darauf einlassen. Damit sie dies tun

können, muss es einen verlässlichen und akzeptierten

Rahmen geben.

Weitere Erwartungen sind Zeitökonomie und die Pas-

sung in die weitere Bewertungspraxis der Berufsein-

- 1 -

Unterrichtberaten & bewerten

LVO § 10 Lehrproben

1. Die Studienreferendare (allgemein Anwärter(innen) AW) ha-ben in jedem ihrer Fächer eine unbenotete und zwei beno-tete Lehrproben zu halten. Die Lehrproben sollen in un-

terschiedlichen Schulformen stat t finden.

2. Die Lehrproben finden in der Regel in der Ausbildungsschule stat t .

3. Die T hemen der Lehrproben werden von den AW im Einver-nehmen mit dem jeweiligen Fachleiter, dem Mentor und dem

Fachlehrer der Klasse, in der die Lehrprobe stat t finden soll, aus-gewählt . Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, best immt

der Seminarleiter das T hema.

4. Die AW haben für jede Lehrprobe einen schrift lichen Ent -wurf vorzulegen.

5. An den Lehrproben nehmen der Fachleiter sowie der Mentor teil; der Seminarleiter nimmt regelmäßig an den Lehrproben je-des AW teil. Der Leiter der Ausbildungsschule und der Fachleh-

rer der Klasse, in der die Lehrprobe stat t findet , können daran teilnehmen. AW, die die Lehrbefähigung in dem betreffenden

Fach erwerben wollen, können bei den Lehrproben und Bespre-chungen anwesend sein, soweit keine wicht igen Gründe entge-

genstehen.

6. Die Lehrproben sind mit dem AW zu besprechen.

7. Die Noten für die Lehrproben werden nach Anhörung der in Absatz 5 Satz 1 und 2 genannten T eilnehmenden von dem Se-

minarleiter auf Vorschlag des Fachleiters gemäß § 22 festgesetzt ; nimmt der Seminarleiter nicht teil, setzt der Fachleiter die Note

fest . Die Note wird dem AW bekanntgeben.

8. Über der Besprechung und die Notenfindung fert igt der Fach-leiter eine Niederschrift an, die zu den Ausbildungsakten ge-

nommen wird.

Mai 2010

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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht

stiegsphase und folgender Überprüfungsverfahren. Mit

dem vorliegenden Leitfaden haben wir ein System der

Beratung und Bewertung gestaltet, das diese

Ansprüche zu vereinen sucht.

Was ist uns wichtig?

Unser gemeinsames Ausbildungshandeln

Die Ausbildung im Rahmen des Vorbereitungsdienstes

findet an zwei Lernorten statt. Sie als Lehramtsanwärte-

rinnen und Anwärter stehen mit Ihrer persönlichen Ent-

wicklung bei der engen Zusammenarbeit von Ausbil-

dungsschulen und Studienseminar im Mittelpunkt. Krist-

allisationspunkte für ein gemeinsames Qualitätsver-

ständnis von Lehrerausbildung und Schulqualität ist der

Ausbildungsunterricht. In den Nachbesprechungen

werden die Ausbildungsschwerpunkte und die Zielset-

zungen der Ausbilder(innen) und der Anwärter(innen)

deutlich. Unterschiedliche Beobachtungen und Sichtwei-

sen, aus denen differenzierte Interpretationen entste-

hen, ergeben im Verlauf des Gesprächs kontrastreiche

und zunehmend scharfe Bilder des Unterrichts. Schuli-

sche und seminarliche Ausbilder(innen) richten ihre

Sichtweise von professionellem Lehrerhandeln im weite-

ren Sinn am Orientierungsrahmen Schulqualität aus. Als

professionelle Lehrerbildner verwenden wir gleiche Be-

griffe und Definitionen. Die Beobachtungs- und Bespre-

chungskriterien liegen offen und sind definiert. Über die

passende inhaltliche Struktur der Besprechungen des

jeweiligen Unterrichts entscheiden wir gemeinsam mit

dem Anwärter/ der Anwärterin. Wir streben eine symme-

trische und ressourcenorientierte Kommunikation in den

Beratungsgesprächen an.

Die Vor- und Nachbereitung vernetzen

In der Ausarbeitung zum Unterricht haben die

Anwärter(innen) ihre Planungen offengelegt (siehe Leit-

faden: Unterricht koordinieren & dokumentieren) ; der

gezeigte Unterricht fußt darauf. Die Nachbesprechung

knüpft an die planerischen Gedanken der Anwärter(in-

nen) an und spiegelt sie vor dem Hintergrund der Beob-

achtungen des Unterrichts.

Selbst- und Fremdwahrnehmung verdeutlichen

Eine zentrale Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern

ist die der Selbstreflexivität. Unser Lehrerhandeln muss

auf Dauer dynamisch bleiben, damit wir den Anforderun-

gen an uns gewachsen bleiben. Das erfordert eine Leh-

rerausbildung, die die begründete qualitative Einschät-

zung des eigenen Handelns von den angehenden Leh-

rerinnen und Lehrern als selbstverständlich vorsieht.

Den zeitlichen Rahmen nutzen

Es ist uns wichtig, dass unser Beratungs- und Bewer-

tungshandeln nicht nur transparent und inhaltlich akzep-

tiert ist, sondern auch, dass der zeitliche Rahmen als

angemessen wahrgenommen wird. Dies setzt die Ak-

zeptanz und die konsequente Anwendung des vorlie-

genden Beratungs- und Bewertungskonzepts mit seinen

Instrumenten voraus.

Die 2. und 3. Phase vernetzen

Mit dem zweiten Staatsexamen endet eine Zeit der in-

tensiven Beratung und Beurteilung der Lehrer(innen)

durch ihre Ausbilder. In der anschließenden Berufsein-

stiegsphase und dem weiteren beruflichen Werdegang

an unseren Schulen folgen in größeren Abständen wei-

tere Beratungs- und Beurteilungsanlässe. Im Gesamt-

system berufsbildende Schule sollte das Beratungs- und

Beurteilungshandeln aus Sicht der Lehrer(innen) als

aufeinander aufbauend erscheinen. Es muss unter-

schieden werden in Beratungs- und Beurteilungspraxis

in Ausbildung und späterer beruflicher Praxis. Die Aus-

gangslagen, Entwicklungspotentiale und Unterstüt-

zungsangebote sind qualitativ unterschiedlich. Die An-

forderungen an zeitgemäßes Lehrerhandeln als Zielper-

spektive hingegen sind gleich. Von dieser vergleichba-

ren Perspektive ausgehend, sollten sich die Kriterien

gleichen, wenn auch die Erwartungshaltungen in der

Ausbildung und der Berufspraxis qualitativ unterschied-

lich sein müssen.

Welche Aspekte machen Besprechungen von Unterricht akzeptiert und wirksam?

Im Rahmen Ihrer Ausbildung sind die Unterrichtsbesu-

che erste Beobachtungssituationen, in denen Sie als

Lehrerin/ Lehrer die Umsetzung Ihrer Interpretation von

gutem Unterricht Ihren Ausbildern zeigen. Sie erwarten

im Anschluss daran ein Beratungsgespräch, das Ihnen

die Wahrnehmungen der Beobachter (Ihrer Ausbilderin-

nen und Ausbilder) nachvollziehbar zurückspiegelt und

im Abgleich mit Ihren eigenen Wahrnehmungen und

Zielsetzungen eine Orientierung zu Ihrem Entwicklungs-

stand gibt. Daraus entwickeln wir gemeinsam konkrete

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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht

Perspektiven für Sie. Aus dieser Erwartungshaltung von

AW und Kommission ergeben sich drei zentrale Anforde-

rungen an die Gesprächsgestaltung:

1. Strukturierung & Klarheit

2. Positionierung & Transparenz

3. Selbst- & Fremdeinschätzung

Eine Konsequenz daraus ist die Anwendung des Instru-

ments Besprechungsstern.

zu 1. Strukturierung und Klarheit:

Auf der Basis des Orientierungsrahmens Schulqualität

des Landes Rheinland-Pfalz, Aspekten der Lehrerausbil-

dung und ergänzenden Kriterien für professionelles Leh-

rerhandeln an berufsbildenden Schulen ist ein Pool an

Kriterien entstanden. Aus diesem

dynamischen Kriterienpool wählen

die Gesprächsteilnehmer(innen)

nach dem Unterricht bis zu acht

(üblicherweise 4-6), besonders

relevant für die Nachbesprechung

erscheinende Be-

sprechungsschwerpunkte aus. Die

Kriterienkarten ermöglichen eine Präzisierung des

gewählten Aspekts. Die Karten werden dazu den Kreis-

segmenten (siehe Abbildung 2) zugeordnet. Nun hat der

Seminarvertreter/ die Seminarvertreterin die Möglichkeit,

die Gesprächsführung an diesen Schwerpunkten nach-

vollziehbar auszurichten. So wird für die Beratene/ den

Beratenen stets klar, auf welches Beratungskriterium

sich die Aussagen beziehen.

zu 2. Positionierung und Transparenz:

Sind die Schwerpunkte identifiziert, können sich alle

Gesprächsteilnehmer(innen) in den Segmenten zu den

Kriterien positionieren. Es ergibt sich ein erstes Bild.

Ausgehend von den Positionierungen ruft die Leiterin/

der Leiter des Gesprächs nun, wie oben beschrieben,

die Schwerpunkte auf. Er/ Sie kann auffordern, die

Einschätzungen zu begründen und augenscheinliche

Differenzen als Gesprächsanlass nutzen. Im Gespräch

werden für Sie die Beweggründe für die Posi-

tionierungen nachvollziehbar. Daraus ergeben sich oft-

mals neue Einblicke in Entscheidungskontexte, den

Handlungsrahmen und Zusammenhänge, so dass erste

Einschätzungen auch durch Positionsänderung korrigiert

werden können und es so gegebenenfalls zur Anglei-

chung vormals unterschiedlicher Positionierungen kom-

men kann.

zu 3. Nutzen für den Abgleich Ihrer Selbst- und unserer

Fremdeinschätzung :

Beratung im Anschluss an den Unterricht offenbart

Sichtweisen der Beobachter und ermöglicht den

Abgleich dieser Wertungen mit Ihrer eigenen

Wahrnehmung. Die Beobachter beziehen auf dem

Besprechungsstern Position und haben im Gespräch die

Gelegenheit, diese Position zu begründen. Sie

reflektieren Ihre Planungs- und Hand-

lungsentscheidungen und lassen diese für die

Berater(innen) so nachvollziehbar werden. Auf dieser

Grundlage können wir Ihre persönliche Entwicklung als

Lehrer(in) zukunftsgerichtet, fördernd und situationsbe-

zogen beraten. Wir erfahren, wie Sie zu Ihren Entschei-

dungen gelangt sind, wie Sie im Nachhinein Ihr Handeln

betrachten und welche alternativen Handlungsmög-

lichkeiten Sie sich vorstellen können. Sie erfahren, ob

Ihre Konstrukte für die

Berater(innen) nachvoll-

ziehbar sind, wie sie die-

se, ausgehend von den

sichtbaren Positionierun-

gen, einschätzen und be-

urteilen.

Umsetzung

Wie setzen wir reflektierte Unterrichtsbesprechungen um?

Der Rahmen muss stimmen

Wir setzen uns einen zeitlichen Rahmen von 45-max.

60 Minuten. Die Besprechung sollte in ungestörter Atmo-

sphäre und in einem angemessenen Raum stattfinden.

Als eine Voraussetzung sind die Planungsmomente in

der Ausarbeitung von Ihnen im Vorfeld (Leitfaden: Unter-

richt koordinieren & dokumentieren) offen gelegt worden.

Rollenklarheit

In dieser besonderen Kommunikationssituation müssen

die Rollen und Erwartungshaltungen klar sein. Anders

als in einer konsequent kollegial-kooperativen Beratung,

wie sie zwischen Mentor(in) und Anwärter(in) möglich ist,

erfordern Nachbesprechungen von Unterricht bewusstes

Agieren in den definierten Rollen.

- 3 -

Beispiel für eine KriterienkarteAbbildung 1

Abbildung 2

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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht

In Unterrichtsbesuchen und unbenoteten Lehrproben

sind Ausbilderinnen und Ausbilder aus Schule und Semi-

nar in erster Linie Berater(innen). In Nachbesprechun-

gen werden Ihre Planungen und der Unterricht kritisch

und konstruktiv betrachtet, gemeinsam werden al-

ternative Wege gesucht und konstruiert und Empfehlun-

gen werden ausgesprochen.

In benoteten Lehrproben sollte neben der Bewertung

auch beraten werden, es handelt sich aber darüber

hinaus um eine Bewertungssituation. Im Fokus stehen

also die Einschätzungen der Beobachter(innen) und die

eigene Bewertung Ihres Handelns.

Bedingungen und Techniken

Die Technik des aktiven Zuhörens hat sich für gelingen-

de Kommunikation in sensiblen Beratungs- und Bewer-

tungssituationen bewährt. Im Zentrum des aktiven Zuhö-

rens steht der kontrollierte Dialog. Charakteristisches

Element dieser Technik ist das Spiegeln des Gehörten

durch die Zuhörerin/ den Zuhörer. So offenbaren die

Ausbilder(innen) Ihnen, was sie verstanden haben und

können so Missverständnissen vorbeugen. Wir bemühen

uns in unseren Rückmeldungen, Ihre Ressourcen in den

Mittelpunkt zu stellen. Die Stärken des Unterrichts und

Ihres Handelns werden deutlich und Ausgangspunkt Ih-

rer weiteren Entwicklung. Die wahrgenommenen Defizite

werden nachvollziehbar benannt und alternative Hand-

lungsmöglichkeiten gemeinsam entwickelt.

Instrumente / Formulare

Für die Beobachter stellen wir optional einen Beobach-

tungsbogen, der die Besprechungsschwerpunkte auflis-

tet, zum Herunterladen bereit. Der Fachleiter/ die Fach-

leiterin dokumentiert das Gespräch. Das Protokollformu-

lar bildet den Gesprächsablauf ab und kann als Orientie-

rung dienen. Die Anwendung des Besprechungssterns

wird im Folgenden beschrieben.

Portfolio

Für Ihr Portfolio bietet sich an, neben dem Bespre-

chungsprotokoll und einem Foto des Besprechungs-

sterns auch eine eigene Reflexion der Nachbesprechung

zu schreiben. Darin sollten Sie insbesondere deutlich

machen, welche konkreten Entwicklungsschritte und

Maßnahmen Sie sich, basierend auf den Rückmeldun-

gen, bis wann vornehmen.

Was ist uns bei der Anwendung des Instruments Besprechungsstern wichtig?

Der Besprechungsstern wird in unterschiedlichen Bera-

tungs- und Bewertungssituationen eingesetzt. Dies sind

unbenotete Sichtstunden (Unterrichtsbesuche, unbeno-

tete Lehrproben), benotete Lehrproben und die prakti-

sche Prüfung im Rahmen der zweiten Staatsprüfung. In

Abbildung 2 ist der Verlauf der Besprechungssituationen

dargestellt und darin Einsatz und Funktion des Bespre-

chungssterns skizziert.

Beratungs- nicht Bewertungsinstrument

Der Besprechungsstern ist ein Instrument der transparenten Beratung und nicht Grundlage einer

anschließenden Bewertung.

Auf dem Besprechungsstern bilden sich die ersten Ein-

schätzungen vor Beginn der Besprechung ab. Im Verlauf

der Besprechung klären sich Positionen, Entschei-

dungen, Handlungen in ihren Begründungszusammen-

hängen. Dies führt zu neuen Einsichten und kann erste

Einschätzungen verändern. Diese geänderte Sichtweise

sollte durch das Verschieben der eigenen Position sicht-

bar gemacht werden.

Die Gewichtung der einzelnen Besprechungsschwer-

punkte kann unterschiedlich sein. So kann es zum Bei-

spiel im Sinne einer umfassenden Beratung als dringend

geboten erscheinen, die sprachliche Klarheit des

Anwärters zu thematisieren. Die Schwerpunkte

Aktivierung und Kompetenz- und Wirkungsorientierung

wurden aber z.B. sehr positiv zurückgemeldet. In diesem

Bewusstsein kann der Besprechungsstern in der Phase

der Notenfindung nicht als Grundlage dienen. Mit dem

- 4 -

Beispiel für einen Gesprächsanlass:unterschiedliche Einschätzungen

Abbildung 3

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Unterricht beraten & bewerten – Leitfaden für die Reflexion von Unterricht

Ende der Besprechung hat er seine Funktion als

Wahrnehmungsblitzlicht erfüllt. Nach dem Gespräch

kann die Anwärterin/ der Anwärter den Bespre-

chungsstern fotografieren. Er ist nicht Teil der Doku-

mentation der Ausbildung im Seminar.

Grundsätze beim Einsatz

Ihre Ausbilder(innen) setzen den Besprechungsstern zu Ihrem Nutzen sensibel ein.

Reflexive Gespräche in der Ausbildung von Lehrerin-

nen und Lehrern müssen die Anwärterinnen und Anwär-

tern in ihrer persönlichen Entwicklung fördern. Daher

nutzen wir die oben beschriebenen Vorteile einer durch

den Besprechungsstern, strukturierten und visuell unter-

stützten und Orientierung gebenden Gesprächsmodera-

tion. Erfahrungsgemäß kann es aber zu Situationen

kommen, in denen Ihnen als Anwärterinnen und Anwär-

tern die reflektierte Positionierung entlang der Bespre-

chungsschwerpunkte besonders schwer fällt und in de-

nen sie als überfordernder Entscheidungsdruck empfun-

den wird. Die Aussagekraft Ihrer Positionierung würde

vermutlich gering sein. Der/ die gesprächsleitende Se-

minarvertreter/ Seminarvertreterin kann in solchen be-

gründeten Ausnahmefällen die Besprechung ohne Ihre

Positionierung durchführen. Ihre Ausbilder(innen) kön-

nen das Instrument trotzdem verwenden. Damit bleibt

Ihnen die visualisierte Rückmeldung der Fremdeinschät-

zungen der Ausbilder(innen) als Orientierung erhalten.

Ergänzendes

Wie ist der Besprechungsstern in das Seminarkonzept eingebunden?

Der Besprechungsstern ist integraler Bestandteil des

Beratungs- und Bewertungskonzepts am Studiensemi-

nar BBS Trier. Gemeinsam mit dem Formular für die Do-

kumentation von Unterrichtsbesuchen und Lehrproben

ist er eine instrumentelle Grundlage zur Durchführung

von Ausbildungsunterricht.

Den Stand der Entwicklung unseres Seminarkonzepts

insgesamt dokumentieren wir auf unserer Homepage

(www.sembbstrier.de). Mit Leitfäden wie diesem, die wir

zum Herunterladen für Sie bereit halten, möchten wir un-

ser Handeln transparent machen und um eine aktive und

konstruktive Mitarbeit in der Lehrerausbildung werben.

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