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1 Kreatives Schreiben - Didaktische Ansätze und ihre lernpsychologischen Begründungen Dozent: Dr. Richard Sigel Seminarteilnehmerinnen: Isabella Fischer, Marei Knicker, Laura Türk Wintersemester 07/08 Thema der Unterrichtssequenz: >> Das Elfchen <<

unterrichtsbeispiele sse 03a - LMU München · 5 2. Unterrichtsskizze erster Tag 2.1. Artikulationsschema Artikulationsschema 1.Stunde GS Wilhelmstrasse Klasse 2b Frau Malschinger

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Kreatives Schreiben -

Didaktische Ansätze und ihre lernpsychologischen Begründungen Dozent: Dr. Richard Sigel

Seminarteilnehmerinnen: Isabella Fischer, Marei Knicker, Laura Türk

Wintersemester 07/08

Thema der Unterrichtssequenz: >> Das Elfchen <<

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Inhaltsübersicht

1. Lernziele 1.1. Unterrichtsversuch 1 1.2. Unterrichtsversuch 2 2. Unterrichtsskizze erster Tag 2.1. Artikulationsschema 2.2. Arbeitsblatt 3. Reflexion zum ersten Tag aus didaktischer und pädagogischer

Sicht 3.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende (3 Essenzen)? 3.2. Angebahnte Lernsituationen 3.3. Schülerbeispiel 3.4. Reflexion der Durchführung 3.5. Persönliche Lernfortschritte 4. Unterrichtsskizze zweiter Tag 4.1. Artikulationsschema 4.2. Arbeitsblatt 5. Reflexion zum zweiten Tag aus didaktischer und pädagogischer

Sicht 5.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende (3 Essenzen)? 5.2. Angebahnte Lernsituationen 5.3. Schülerbeispiel 5.4. Reflexion der Durchführung 5.5. Persönliche Lernfortschritte 6. Ideen für Schreibkonferenzen 6.1. Didaktische Vorgaben 6.2. Beispiele zu Schülertexten 7. Fazit 8. Literatur

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1. Lernziele

1.1. Unterrichtsversuch 1:

� Durch den akustischen Impuls einer aufgenommenen Tierstimme eines

Meerschweinchens und einer ungelenkten Stoffsammlung in der Gruppe zu

diesem Tier sollen die Kinder an ihr Vorwissen anknüpfen und sensibilisiert

werden eine Vorstellung zu einem selbst gewählten Tier für ein Tierrätsel-

Elfchen zu entwickeln.

� Indem die Schüler im Klassenverband geleitet durch Unterstützungsfragen

zusammen mit der Lehrperson zum Thema „Meerschweinchen“ und mit Hilfe

der Stoffsammlung ein Elfchen erstellen, lernen sie das formale Schema eines

Elfchen-Gedichts (Ein Elfchen besteht aus elf Wörtern, in der ersten Zeile

steht ein Wort, in der zweiten zwei Wörter, in der dritten drei Wörter, in der

vierten vier Wörter und in der fünften wieder ein Wort. Zudem bildet jede Zeile

eine für sich stehende Sinneinheit usw.) kennen und sollen dann in Einzel-

oder Partnerarbeit mit Hilfe eines Fragenkatalogs und einem Leerzeilen-

Elfchens (siehe AB 1) eigenständig ein Tierrätsel-Elfchen schreiben können.

� Durch die Präsentation der erarbeiteten Tierrätsel-Elfchen in der Klasse lernen

die Kinder einerseits Wertschätzung für das Verfassen freier Texte für sich

selbst und für andere und erhalten gleichzeitig durch die Reflexion eigener

und fremder Texte Anregungen für die Analyse und Weiterverarbeitung

weiterer Texte.

1.2. Unterrichtsversuch 2:

� Durch die Stoffsammlung und die Präsentation eines Personenrätsel-Elfchen-

Beispiels der Lehrperson wiederholen die Kinder die formalen, inhaltlichen und

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sprachlichen Kriterien eines Elfchens um sich darauf einzustimmen selbst ein

Personen-Elfchen zu verfassen.

� Durch die Diskussion in Partnerarbeit über eigene Eigenschaften und

Fähigkeiten sollen sie genau passende Wörter finden, mit denen sie daraufhin

ihr eigenes Personenrätsel-Elfchen entwerfen (siehe AB 2).

� Wiederum durch Diskussion in Partnerarbeit wählen die SchülerInnen gezielt

Wörter und Ausdrücke nach Passung und gutem Klang aus und lassen sie auf

sich wirken. Dadurch sollen die Schüler sprachlich hochwertigere Elfchen

produzieren.

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2. Unterrichtsskizze erster Tag 2.1. Artikulationsschema

Artikulationsschema 1.Stunde GS Wilhelmstrasse

Klasse 2b Frau Malschinger

Thema: TIERRÄTSEL IN ELFCHENFORM Zeit Inhalt Sozialform Material/Medien/Meth. 5‘

Einstieg stummer Impuls: Meerschweinchengeräusch Was könnte das sein? Nochmaliges Anhören. Spontane Stoffsammlung: Was fällt dir zum Meerschweinchen ein?

UG Handy zum abspielen des Geräuschs TA

15‘

Zielangabe Wir machen ein Tierrätsel-Elfchen. Hinführung Man entwickelt mit Hilfe der Stoffsammlung gemeinsam ein Elfchen zum Meerschwein an der Tafel. Zur Unterstützung und Strukturierung der einzelnen Zeilen benutzt man Wortkarten:

UG TA Anschrift mit Linien für die formale Anordnung eines Elfchens Wortkarten mit Fragen: Wie ist es? Wie findest du es? Was kann es? Wie fühlt es sich an? Was frisst es?

40‘

Erarbeitung Meerschwein-Elfchen wird nochmals laut vorgelesen um den Gedichtcharakter erfahrbar zu machen.AA: Denke dir allein oder mit deinem Partner ein Tier aus und erstelle ein eigenes Tierrätsel in Elfchenform. Austeilen AB mit Schema und Unterstützungsfragen Kinder schreiben Elfchen.

EA oder PA AB

50‘

Präsentation Kinder lesen einzeln vor der Klasse ihr Elfchen vor, Mitschüler erraten das Tier und würdigen das Werk durch Applaus.

UG S-Vortrag

55‘

Reflexion Gespräch mit den Kindern über ihre Erfahrungen beim Schreiben des Elfchens.

UG

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2.2. Arbeitsblatt Name: Datum:_________

Tierrätsel

__________

__________ __________

__________ __________ __________

__________ __________ __________ __________

__________

Eine kleine Hilfe für dein Rätsel: Überlege, wie ist dein Tier? Wie ist es? Wie fühlt es sich an?

Was frisst es?

Was kann es?

Wie findest du es?

Was macht es?

Was mag es?

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3. Reflexion zum ersten Tag aus didaktischer und pädagogischer Sicht 3.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende? (3 Essenzen) Wenn man mit Kindern etwas gemeinsam im gelenkten Unterrichtsgespräch

entwickelt, muss man unglaublich wach und erfinderisch im Moment sein.

Alles was als „Vorbild“ an der Tafel steht hat ein unglaubliches Gewicht und wenige

Schüler sind sprachlich selbstbewusst genug um von sich aus davon ab zu weichen.

Die wenigsten Schreiber können sofort mit einer neuen Arbeitsform wie dem

„Elfchen“ sprachlich kreativ umgehen, aber das darf einen nicht abschrecken mit

solchen Formen zu arbeiten.

3.2. Angebahnte Lernsituationen sprachliche Lernsituationen

- Begriffsammlung: Begriffe finden zum Thema Meerschweinchen/ Tiere

- Passende Ausdrücke entdecken (Rätselcharakter) und verwenden

- Sinneinheiten pro Zeile erkennen und herstellen

inhaltliche Lernsituationen

- Merkmale eines Rätsels benennen

- Tiere mit eigenen Worten beschreiben (charakteristisch wie emotional)

- Aufbau eines Elfchens als Tierrätsel begreifen und umsetzen

gestalterische Lernsituationen

- Sinneinheiten eines Elfchens füllen

- Persönlichen Ausdruck transportieren

- einen eigenen Text präsentieren

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3.3. Schülerbeispiel

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3.4. Reflexion der Durchführung

Wir wählten für unsere Stunde eine sehr klar strukturierte Einführung für die

Gedichtform „Elfchen“ und benutzten an der Tafel neben einem Schema (ein Strich

pro Wort in der passenden Anordnung) zusätzlich Fragen auf Karton, die als

inhaltliche Hilfestellung („Wie findest du das Tier?, „Was kann das Tier“ usw.) dienten.

Im Klassenverband machten wir außerdem eine Stoffsammlung zum Beispiel

„Meerschweinchen“ und fügten mit den Anregungen der Kinder ein Elfchen

zusammen. Danach entließen wir die Kinder in Einzel- oder Partnerarbeit mit dem

Auftrag selbst ein Tierrätsel-Elfchen zu erstellen.

Was lief gut: Jedes Kind hat es alleine oder im Zweierteam geschafft, in kurzer Zeit und ohne

größere weitere Unterstützung, ein Tierrätsel-Elfchen selbständig zu schreiben, das

man vortragen konnte und das als Rätsel zu verstehen war!

Unser nicht ganz leicht zu erkennendes Meerschweinchengeräusch von einem

Handy abgespielt funktionierte gerade durch seine Unschärfe sehr gut. Dieser Impuls

war anregend für die Kinder, sprach ihr Vorstellungsvermögen an und war simpel in

der Handhabung und so gelang die gemeinsame Stoffsammlung gelang prima. Gut

funktionierte nach unserer Einschätzung auch die Technik Fragenkarten zur

Unterstützung beim Erstellen des Elfchens zu benutzen. So begriffen die Kinder auch

ganz einfach, dass jede Zeile eine Sinneinheit darstellt. Allerdings verleitet diese

Technik zum antworten in ganzen Sätzen, was sich durch den häufigen Satzanfang

„Es ist“ deutlich in den Ergebnissen zeigte. Dieser Effekt wurde durch unser

ungeschickt gewähltes Beispielelfchen noch verstärkt.

Was gelang nicht so gut: Was relativ schief ging, war das gemeinsame Entwickeln eines Beispiel-Elfchens an

der Tafel. Erstens benutzten wir in der Nervosität gar nicht Begriffe unserer

gemeinsamen Stoffsammlung um die Unterstützungsfragen zu beantworten und

zweitens gingen wir beim Erstellen gar nicht auf Fragen der sprachlichen Qualität ein.

Klingt das jetzt gut oder spannend? Ist unser Rätsel zu einfach oder zu schwer? u.ä..

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Tierrätsel-Elfchen an der Tafel:

Kuschelig Frisst Karotten

Es ist weiß-braun Es wohnt im Käfig

Toll

Es ist sicher wichtig aus Gründen der Nachahmung, dass dieses an der Tafel

prangende Elfchen nicht ausgerechnet die sprachlichen Unzulänglichkeiten aufweist,

die man eigentlich vermeiden will. Gut geklappt hat es nämlich bei den ersten und

letzten Zeilen der Kindergedichte, für die wir auch im Beispiel an der Tafel eine

entsprechende Lösung gefunden hatten.

Die meisten Kinder wählten Einzelarbeit als ihre Arbeitsform. In der Rückschau

erscheint uns in diesem Stadium Partnerarbeit günstiger um durch den Dialog mit

dem Partner sprachliche Reflexion der Kinder bei der Herstellung zu unterstützen

oder überhaupt erst anzuregen.

Woran wir erstmal gescheitert sind: Relativ unbefriedigend verlief die Präsentation der Gedichte, da wir nicht fertig

wurden. Das lag u.a. daran, dass wir statt dem geplanten Sitzkreis die Kinder nach

vorne kommen ließen. Das dauerte zu lange und führte im Vortrag zu akustischen

Problemen, was die ganze Sache recht zäh werden ließ.

In der Durchsicht der Ergebnisse stellten wir fest, dass die Kinder fast alle rein formal

gut gearbeitet hatten (Sinneinheiten, Zeilenlänge), dass aber nur sehr wenige

Gedichte sprachlich kreativ oder persönlich gefärbt waren. Mit Sprache Gefühle

auszudrücken und diese quasi einem Dritten nämlich dem Leser bei dem Rätsel zu

übermitteln, klappte so gut wie gar nicht. Dabei übersahen wir auch gänzlich die

Notwendigkeit der Differenzierung. Denn einige Kinder wären bestimmt für eine

sprachliche Überarbeitung ihrer Werke bereit und in der Lage gewesen, bekamen

dazu aber keinerlei Unterstützung von uns. Das pure durch die Reihen gehen und

gucken, ob es grundsätzlich läuft, ist dafür nicht besonders geeignet und

ausreichend. An der Unterstützung der Verbesserung der sprachlichen Qualität

wollten wir deswegen in der nächsten Stunde ansetzen.

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3.5. Persönliche Lernfortschritte Laura In der ersten Stunde habe ich viel gelernt. Ich denke, dass wir den Aufbau des

Elfchens noch besser hätten erklären können. Es wäre wohl besser gewesen, die

von den Kindern gefundenen Begriffe zum Meerschweinchen nicht an die Seitentafel

zu schreiben, sondern lieber auf einzelne Karten und diese mit Magneten an die

Tafel zu pinnen. Diese Wortkarten hätte man dann benutzen können, um das

Elfchen-Schema an der Tafel zu füllen. So wäre den Schülern vielleicht auch der

flexible Umgang mit Sprache ersichtlicher geworden. Im besten Fall hätten die

Schüler dann selbst- handelnd, mit den Wortkarten agieren können. Ich denke, dass

es manchen Schülern geholfen hat, dass wir noch Plastik- und Stofftiere als

differenzierendes Anschauungsmaterial angeboten haben und sie es auch dankend

angenommen haben. Das Zeitmanagement ist auch noch verbesserungswürdig,

denn leider konnten nicht alle bis zum Ende der Stunde ihre Elfchen vortragen.

Außerdem wäre es wohl auch noch sinnvoll gewesen, den Raum im Klassenzimmer

besser zu nutzen. Die momentan agierende Lehrerin hätte wohl noch mehr im

Mittelpunkt stehen können, zum Beispiel mitten vor der Tafel, wenn sie

Arbeitsanweisungen gab. Die übrigen Lehrerinnen hätten dabei noch stärker in den

Hintergrund, ergo aus dem Blickwinkel der Schüler treten können.

Marei Ich denke der Einstieg mit der Aufnahme eines Meerschweinchenquiekens war

genau das richtige. Hier wurde Vorwissen der Kinder aktiviert und ihr Interesse

geweckt. Anschließend ging es auf Grund des Fragenkatalogs ein wenig unter, dass

in einem Elfchen eigentlich kaum Antwortsätze stehen, sondern vielmehr nur Wörter.

Dadurch waren die meisten Elfchen, die danach von den Schülern/innen produziert

wurden sehr starr und wiederholend in ihrer Struktur, also im Antwortschema, eben

auf den Fragenkatalog. Allerdings haben diese Fragen besonders den schwächeren

Schülern/innen den Einstieg sehr wohl erleichtert.

Wir hätten noch mehr die Eigenschaft eines Elfchens hervorheben können, dass jede

Zeile für sich eine Sinneinheit ergeben soll.

Schön war auch, dass am Ende alle ihre Elfchen vorlesen durften und durch den

Rätselcharakter sind auch alle Zuhörer bei der Sache geblieben.

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Im Großen und Ganzen fand ich die Stunde dennoch gelungen, die Schüler konnten

doch einiges Lernen und hatten auch ihren Spaß dabei.

Isabella Es war eine gute Erfahrung zu sehen, dass auch uns Erwachsenen durch die volle

Konzentration auf die formale Vermittlung des Elfchens es nicht gelang gleichzeitig

auch noch auf den sprachlichen Gestus des kleinen Gedichts zu achten, was die

Komplexität der Anforderungen für die Kinder mir noch einmal plastisch werden ließ.

Besonders interessant und lehrreich war für mich die Möglichkeit in der Stunde zuvor

unsere Kollegen zu beobachten, wie sie das gleiche Thema viel freier angingen und

den Kindern weniger Hilfe an die Hand gaben und was das für Vor- und Nachteile mit

sich brachte. Nicht neu und doch sehr bestätigend war für mich außerdem die

Einsicht, dass eine klare Struktur sehr hilfreich ist für die nötige „Coolness“, die eine

echte Flexibilität in der Interaktion mit den Kindern erst ermöglicht.

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4. Unterrichtsskizze zweiter Tag 4.1. Artikulationsschema

Artikulationsschema 2. Stunde GS Wilhelmstrasse Klasse 2b Frau Malschinger

Zeit Inhalt Sozialform Material/Medien/Meth.

- Sitzkreis, - SS tragen Gedichte der letzten Stunde vor

S- Äußerung

UG

Erster Einstieg

10´

- L trägt ein Elfchen vor (Klassenrätsel) - Wiederholung: Was zeichnet ein Elfchen aus? - Elf Wörter - Pro Zeile eine Einheit - Rätselcharakter - Sprachliche Raffinesse

L- Vortrag

UG

Wiederholung der

letzten Stunde

Elfchen auf DIN A3 Plakat

25´

- Einteilung der S in drei Gruppen, nach Leistung - Einführung zum Personenrätsel - Brainstorming: Eigenschaften und Fähigkeiten

- Stoffsammlung auf DIN A 3 (Eigenschaften und Fähigkeiten)

- S gestalten ein Personenrätsel über die Klassenlehrerin

UG GA

GA

Differenzierung, Erarbeitung Eigenschaften und Fähigkeiten - DIN A 3 Plakat - DIN A 3 Plakat

35´

- S entwerfen Personenrätsel - zusammen werden zwei Elfchen über sich und den Partner gedichtet (Lösung auf Blattrückseite) - dh. vorher erneute

Stoffsammlung

PA

Differenzierung, Erarbeitung - DIN A 4 Blatt - DIN A 4 Blatt - AB2

45´

- Zettel werden in der Gruppen getauscht, vorgetragen, erraten und mit Applaus gewürdigt - Reflexionsrunde

GA

UG

Sicherung, Abschluss

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4.2. Arbeitsblatt

Wer bin ich?

Eigenschaften Fähigkeiten

!1Wort! __________!1Wort!

!2Wörter!____________________!2 Wörter!

!3Wörter!______________________________!3 Wörter!

!4 Wörter!________________________________________!4 Wörter!

!1Wort! __________!1Wort!

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5. Reflexion zum zweiten Tag aus didaktischer und pädagogischer Sicht 5.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende? (3 Essenzen) Die Vermittlung durch die Lehrperson mit Sprache kreativ um zu gehen, ohne die

Kinder in ihrem eigenen Ausdruck stark zu beeinflussen, ist sehr herausfordernd. Es

ist schwierig die Balance zu halten zwischen einerseits Hilfestellung und andererseits

Einschränkung der Kreativität der Kinder.

Eine gut ausgearbeitete Differenzierung in Bezug auf die benötigte Unterstützung

beim Verfassen von Elfchen ist sehr entscheidend.

Viel Freiheit ist sehr gut für starke Kinder, mit den entsprechenden Fähigkeiten mit

Sprache umzugehen und dem nötigen Selbstvertrauen. Sprachlich schwächere

Kinder ist ein Sprung ins kalte Wasser nicht so leicht möglich und sie können mit

breiten Auswahlmöglichkeiten zunächst nicht viel anfangen.

Auch eine auf den ersten Blick so einfache literarische Bauform, wie das Elfchen, mit

dem Anspruch kleine inhaltlich wie sprachlich prägnante Texte zu verfassen, die den

Kindern tatsächlich ermöglichen persönlichen Ausdruck zu transportieren, ist in der

Umsetzung und Anleitung sehr komplex und lohnend. Allerdings erfordert die

Fähigkeit mit Elfchen kreativ umgehen zu können ausreichend Übung, die mit zwei

Schulstunden sicher nicht zu ermöglichen ist.

5.2. Angebahnte Lernsituationen sprachliche Lernsituationen

- Jede Elfchenzeile als eine Einheit begreifen

- Arbeiten in der Gruppe/ mit einem Partner und Verbalisieren des eigenen

Schreibvorhabens

inhaltliche Lernsituationen

- Die eigene Person mit Worten beschreiben/ Reflektieren über sich selbst

-

gestalterische Lernsituationen - Achten auf die Wirkung von Wörtern

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5.3. Schülerbeispiel

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5.4. Reflexion der Durchführung In unserer zweiten Einheit setzten wir an der Verbesserung der sprachlichen Qualität

der Elfchen an. Wie geschildert, kamen wir auch durch die Reflexion im Seminar zu

dem Schluss, dass durch unsere Einleitung am Vortag die Form des Elfchens durch

die Unterstützung der Fragen den Kindern relativ leicht zugänglich war. Doch durch

das sprachlich wenig gewandte Elfchen, das wir am Vortag gemeinsam mit den

Kindern an der Tafel entwickelten, trat der Aspekt der sprachlichen Qualität in den

Hintergrund. Es gab außerdem auch in der Präsentation der Schüler keine Reflexion

zu den dargebotenen Texten: „Was fällt dir auf? Klingt das jetzt besonders gut oder

anders?“ o.ä.. An dieser Stelle wollten wir in der zweiten Einheit methodisch und

inhaltlich ansetzen. Deswegen wählten wir zur Unterstützung der Stoffsammlung der

Kinder diesmal keine Fragen, sondern die Kategorien „Fähigkeiten“ und

„Eigenschaften“ um die Kinder stärker anzuregen ihren Wortschatz beispielsweise in

Bezug auf Adjektive zu durchforsten.

Was lief gut: Gut war sicher erstmal, dass wir nach einer kurzen erneuten Einführung in der

ganzen Klasse in Kleingruppen weiterarbeiteten, weil so Kinder integriert werden

konnten, die aus verschiedenen Gründen in der Großgruppe leicht untergehen.

Hierzu entschieden wir uns zunächst die Kinder in drei Arbeitsgruppen zu teilen, die

die Klassenlehrerin nach Leistungsniveau der Schüler zusammenstellte. In diesen

Gruppen arbeitete je eine Studentin mit den Kindern, sowohl als in der Kleingruppe

als auch in Partnerarbeit. Dies war uns wichtig um differenzierter auf das sprachliche

Leistungsvermögen eingehen zu können. Allerdings ist dabei unbedingt zu beachten,

dass die Einteilung in Partnerarbeit tatsächlich aufgeht, da deutlich zu beobachten

war, dass notgedrungene Dreiergruppe schlechter funktionierten. Ansonsten war der

Schritt in kleineren Gruppen zu arbeiten sehr gut.

Recht gut setzten die stärkeren Kinder, die dazu zeitlich noch kamen, die

Anforderung „Keine gleichen Satzanfänge verwenden!“ um.

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Was gelang nicht so gut: Insgesamt ungeschickt war, dass wir für unsere Einheit nur 30 Minuten Zeit hatten,

von der wir 10 Minuten allein schon für den Rest der Präsentation der Tierrätsel und

der Einführung (ein zu erratendes Elfchen über die Klasse) benötigten. Unseren Plan

in den Gruppen zunächst gemeinsam ein Rätsel-Elfchen zu ihrer Lehrerin zu

erarbeiten ließen wir spontan weg und gingen gleich zu den Personenrätseln über.

Dennoch verblieb für das Erstellen von Personenrätseln in Partnerarbeit zu wenig

Zeit und die meisten Tandems schafften höchstens ein oder zwei schnell

geschriebene Elfchen ohne die Möglichkeit zur Reflexion und Überarbeitung. An

dieser Stelle wäre die Entscheidung (zumindest in den schwächeren Gruppen)

gemeinsam an einem besonderen Elfchen zu arbeiten wahrscheinlich besser

gewesen.

Die Aufgabenstellung „Personenrätsel“ verleitet trotz anderer Zielsetzung bei der

Stoffsammlung wie bei der Umsetzung zum Abarbeiten eines Fragenkatalogs und

der Fokus liegt stark auf dem Inhalt und weniger im „poetischen“ Ausdruck. Die

Kinder benutzten wieder häufig Formulierungen wie „Ich kann“ oder „Ich bin“ an

Stelle von Ausdrücken mit stärkerer Prägnanz und Aussagekraft.

Woran wir erstmal gescheitert sind: Unsere Methode über andere Begrifflichkeiten bei der Stoffsammlung eine andere Art

der Sprachqualität zu evozieren gelang nach unserer Einschätzung entweder nicht

oder wir können es wegen der nur sehr wenigen tatsächlich fertig gestellten Elfchen

nur schwer beurteilen. Für schwächere Kinder waren die Unterstützungsfragen vom

Vortag auf jeden Fall besser geeignet.

Die Differenzierung und Arbeit in Kleingruppen war sicher gut, aber wir machten mit

jeder Gruppe dennoch das gleiche Programm und waren für eine Differenzierung in

diesen Gruppen zu wenig vorbereitet, sowohl was die Erwartungen betraf, als auch in

der konkreten Umsetzungsstrategie.

Im Nachhinein wäre eine Sequenz, in der man mit den Kindern gemeinsam ein

besonderes Elfchen mit dem Fokus auf sprachlicher Qualität hergestellt hätte, besser

gewesen. Die Sensibilisierung für ausdrucksstarke Formulierungen braucht genauso

Platz und Übung wie formale Anforderungen (Sinneinheiten beachten o.ä.).

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5.5. Persönliche Lernfortschritte Laura Wir ließen die Kinder von der Lehrerin in drei Gruppen einteilen (Leistungsstarke,

Leistungsschwache und eine mittlere Gruppe). Als in den bereits festgesetzten

Einheiten allerdings nach eigener Wahl Partnergruppen gebildet werden sollten

erwies sich das als Problem, weil viele Kinder nicht mit einem bestimmten Schüler

zusammenarbeiten wollten. In Zukunft würden wir wohl wieder

leistungsdifferenzierende Gruppen bilden. Von einer Partnerarbeit in einem nicht

freiwillig zusammengesetzten Verband würden wir dann aber absehen.

Außerdem war bald klar, dass die leistungsstärkeren Gruppen auch schneller mit der

Aufgabenstellung vorankamen. Hier hätte man wohl noch (bessere)

Differenzierungsmöglichkeiten anbieten sollen. Eine qualitative Differenzierung wäre

auch hier einer quantitativen vorzuziehen gewesen.

Wirklich abschließen konnten wir die Stunde leider aus oben angegeben Zeitgründen

nicht. Das war wirklich schade, da es ja auch unser letzter Tag in dieser Klasse

gewesen ist.

Während der Unterrichtsstunde fiel mir auch auf, dass es für einige Schüler nicht

leicht war, Aussagen über sich selbst zu treffen. („Hm, wie bin ich denn? Mir fehlt

noch ein Wort…Nett?...Nein, das geht nicht, ich bin nicht nett…Nicht

immer…Hm…Da brauch ich ein anderes Wort…Wie bin ich denn?…“). Das Tier-

Elfchen, in der vorherigen Unterrichtsstunde, bereitete den Kinder weniger

Kopfzerbrechen.

Marei Die Hinführung mit dem Klassenrätsel ging noch einigermaßen gut, jedoch die

Zerteilung in Gruppen durch die Lehrerin, war ein grober Fehler. Zum einen war es in

allen drei Gruppen eine ungerade Anzahl an Schülern, was die geplante

Partnerarbeit negativ beeinflusste, da ich in meiner Gruppe dann mit einem Schüler

zusammengearbeitet habe. Dies ist nicht zu empfehlen, weil ich daraufhin kaum noch

Aufmerksamkeit für den Rest der SchülerInnen aus meiner Gruppe hatte, mich aber

auch nicht wirklich mit meinem „Partner“ beschäftigen konnte. Es ist also darauf zu

achten, dass bei Partnerarbeit wirklich alle einen Schülerpartner haben. Zum

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anderen war es auch ein Problem, dass die Schüler in ihrer Gruppe (von der Lehrerin

eingeteilt) teilweise nicht mit ihrem Partner arbeiten wollten. Nach ein wenig

Überzeugungsarbeit ging dies, jedoch nicht optimal. Gelingt die Aufteilung nicht,

sollte man eine Dreiergruppe bilden, von der man weiß, dass hier auch eine

Zusammenarbeit zu dritt produktiv ist.

Da unsere Stunde nach der Pause zu halten war, hatten wir nur noch eine halbe

Stunde bis die SchülerInnen alle beruhigt waren und die Namensschilder verteilt

waren. Für den Stoff und die intensive Arbeit an der sprachlichen Wirkung und dem

Aufbau der Elfchen, wie wir es geplant hatten, war dies eindeutig zu kurz. Hier hätten

wir gleich in Gruppen aufteilen sollen und ein verkürztes Alternativprogramm, mit der

Herstellung nur eines Gruppenelfchens, anstelle des Personenelfchens, durchführen

sollen.

Es war wirklich eine Stunde, mit vielen Lernanlässen für die Lehrenden.

Isabella In der schwächsten Gruppe war deutlich zu bemerken, dass die abstrakten Begriffe

„Eigenschaften“ und „Fähigkeiten“ als Hilfsmittel für eine Stoffsammlung weniger gut

geeignet waren, als unsere Unterstützungsfragen am Vortag. Trotz gemeinsamer

Stoffsammlung zu diesen Begriffen, fragten über die Hälfte der Kinder noch mal nach,

was Eigenschaften und Fähigkeiten sind.

Sie taten sich auch beim gemeinsamen Suchen schwer, Ausdrücke zu finden, die

eine Person charakterisieren: Wie ist jemand? Was kann er besonders gut? usw. Ein

Junge erkannte allerdings sofort eine der Urquellen von Poesie und sagte auf die

Frage, danach wie jemand sein könne, sofort „Verliebt!“. Er schrieb „verliebt“ dann

auch in seinem Elfchen in die erste Zeile. Die anderen Kinder schienen zu diesem

Thema sehr motiviert und vielleicht wäre ein Schreibversuch in Elfchenform zum

Thema „Wie fühlt sich Verliebtsein an?“ o.ä. ein guter Einstieg gewesen um

persönlichen Ausdruck und Sprache miteinander zu verknüpfen.

Hektische Atmosphäre verträgt sich schlecht mit kreativer Schreibarbeit, die Gefühl

für sprachlichen Ausdruck vermitteln will. Wenn also absehbar ist, dass der

Zeitrahmen sehr knapp ist, dann lieber Mathe üben statt Elfchen Schreiben.

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6. Ideen für Schreibkonferenzen 6.1 Didaktische Vorgaben Schreibkonferenz zu den Elfchen der Schüler

In der Schreibkonferenz gehen die Kinder wie folgt vor.

Zur Orientierung erhalten sie diesen kleinen Fragenkatalog.

1. Autorenkind, lies deinem Partner dein Elfchen laut vor. Mache nach jeder Zeile

eine kleine Pause. 2. Prüft nun, in dem ihr Zeile für Zeile vorgeht, den Sinn.

3. Überlegt gemeinsam ob ihr nicht noch treffendere Ausdrücke findet. Macht

hierzu ein Brainstorming und/ oder schaut in einem Wörterkästchen1 zum Thema nach.

4. Passt auf, dass sich die Zeilenanfänge nicht wiederholen. Verwendet am

besten andere Wörter oder stellt sie um.

5. Ist eurer Elfchen-Rätsel lösbar? Ist es eher leicht/ mittelschwer/ oder schwer?

6. Macht euch auch Gedanken über das Wort in der letzten Zeile! Wollt ihr ein

Wort wählen, das den Ratenden noch mal verunsichert, oder wollt ihr ihm einen letzten wichtigen Tipp geben? Ein besonders pfiffiges Wort macht sich immer gut.

7. Schaut genau hin, ob sich nicht ein Rechtschreibfehler eingeschlichen hat. Ihr

könnt euch auch von der Lehrerin/ dem Wörterbuch/ anderen Schülern helfen lassen.

8. Nun könnt ihr euer fertiges Elfchen euren gespannten Zuhörern vortragen.

Rechtschreibkonferenz zu den Rätselelfchen Geht der Reihe nach vor und vergesst nicht Erledigtes abzuhaken!

1. Autorenkind, lies deinem Partner dein Elfchen laut vor.

Mache nach jeder Zeile eine kleine Pause. 2. Prüft nun, in dem ihr Zeile für Zeile vorgeht, den Sinn.

3. Überlegt gemeinsam ob ihr nicht noch treffendere Ausdrücke findet.

Macht hierzu ein Brainstorming und/ oder

schaut in einem Wörterkästchen1 zum Thema nach.

4. Passt auf, dass sich die Zeilenanfänge nicht wiederholen. Verwendet am besten andere Wörter oder stellt sie um.

5. Ist eurer Elfchen-Rätsel lösbar?

Ist es eher leicht/ mittelschwer/ oder schwer?

6. Macht euch auch Gedanken über das Wort in der letzten Zeile! Wollt ihr ein Wort wählen, dass den Ratenden noch mal verunsichert, oder wollt ihr ihm einen letzten wichtigen Tipp geben? Ein besonders pfiffiges Wort macht sich immer gut.

7. Schaut genau hin, ob sich nicht ein Rechtschreibfehler

eingeschlichen hat. Ihr könnt euch auch von der Lehrerin/ dem Wörterbuch/ anderen Schülern helfen lassen.

8. Nun könnt ihr euer fertiges Elfchen

euren gespannten Zuhörern vortragen. Viel Spaß!

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1 In den Wortkästchen werden alle Wörter zu einem Thema (z. B. : „gehen“, „Zoo“, „Grusliges“, „Satzanfänge“..) gesammelt. Die Schüler füllen die Kästchen mit eigenen Worten und Worten aus dem Grundwortschatz.

6.2. Beispiele zu Schülertexten Vivian

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Besonders auffällig ist bei ihr der sich wiederholende Zeilenanfang („es kann…“). Sie

sollte sich also auf jeden Fall noch mal Punkt drei der Schreibkonferenz widmen.

Auch wäre es sinnvoll darüber nachzudenken, dass das Rätsel ja lösbar sein soll.

Orthographisch wäre das Gedicht ebenfalls zu überarbeiten.

Jannik

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Jannik verwendet verschiedene Ausdrücke und ihr Rätsel ist lösbar. Sie scheint auch

begriffen zu haben, dass eine Zeile eine Sinneinheit bildet. Hinsichtlich der

Rechtschreibung könnte er es noch einmal überarbeiten.

Ben und Sebastian

Die Elfchen von Ben und Sebastian haben einen persönlichen Charakter. Sie

drücken tatsächlich ihre Gefühle zu dem Tier aus. Aber sie sollten die gleichen

Zeilenanfänge bei drei und vier („es“) vermeiden.

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Mandisa

Bei Mandisa wird ersichtlich, wie schwer es dem Kind gefallen ist, das Elfchen-

Schema zu erfassen und die Zeilengrenzen einzuhalten. Eine Hilfestellung bot

hierbei die vorgegebenen Zeilenstriche pro Wort. Als ersten Schritt müsste sie

zusammen mit ihrem Schreibkonferenzpartner untersuchen, wo das Elfchenschema

durchbrochen ist und wie man die Vorgabe „Zeilen einhalten“ mit ihrem Rätsel lösen

könnte.

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7. Fazit Das Seminar war eine gute Gelegenheit vor Ort, in der Schule, Erfahrungen zu

sammeln und gleichzeitig in der Uni in Austausch zu treten.

Uns gefiel auch besonders die angenehme Atmosphäre im Seminar. Die Reflexionen

und Diskussionen zu den einzelnen Unterrichtsstunden direkt im Anschluss waren

sehr lehrreich. Es war sehr interessant, die verschiedensten Herangehensweisen von

allen Studenten zu ein und dem selbem Thema (Elfchen) kennen zu lernen. Wir

waren sehr angetan, von dem sprachlichen Vermögen der Schüler, die ja erst seit

kurzem die erste Klasse verlassen hatten. Uns ist zunehmend klar geworden was

„freies Schreiben“ eigentlich bedeutet. Der Eifer der Kinder hat uns dazu angespornt

im späteren Arbeitsleben von dem Wissen aus dem Seminar Gebrauch zu machen.

In einem längeren Entstehungsprozess mit Schreibkonferenzen können wir uns ein

gedrucktes Klassenbuch oder mehrere individuelle Schülerbücher (mit den besten,

übers Jahr gesammelten Texten/ Gedichten) als krönenden Abschluss eines Projekts

vorstellen.

8. Literatur Ingrid Böttcher (Hrsg.): Kreatives Schreiben. – Grundlagen und Methoden.

Beispiele für Fächer und Projekte. – Schreibecke und Dokumentation. Berlin 1999.

Gudrun Spitta: Schreibkonferenzen in Klasse 3 und 4. - Ein Weg vom

spontanen Schreiben zum bewussten Verfassen von Texten. Frankfurt am Main

1992.

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