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RECHTSPRECHUNG 442 MedR 2004, Heft 8 DOI: 10.1007/s00350-004-1231-5 Unterrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung BPflV § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 Der Abschluß einer wirksamen Wahlleistungsverein- barung setzt nicht voraus, daß dem Patienten vor Ab- schluß der Vereinbarung, wie bei einem Kostenvoran- schlag nach § 650 BGB, detailliert und auf den Einzel- fall abgestellt die Höhe der voraussichtlich entstehen- den Arztkosten mitgeteilt wird (Fortführung zum Se- natsurt. v. 27. 11. 2003 [= MedR 2004, 264]). BGH, Urt. v. 8. 1. 2004 – III ZR 375/02 (OLG Jena) Zum Sachverhalt: Die Kl. sind die Erben des während des Revi- sionsrechtszugs verstorbenen R. L., des ursprünglichen Kl. des vorlie- genden Rechtsstreits (im Folgenden: Kl.). Er war bei der Bekl. kran- kenversichert. Dem Vertrag lag der Tarif BS 1 zugrunde, der die Er- stattung von Kosten einer Chefarztbehandlung im Krankenhaus als Wahlleistung nicht vorsah. Am 29. 11. 2000 begab sich der Kl. zur ärztlichen Behandlung in das Klinikum der Universität J. An diesem Tage unterzeichnete er eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen. Dem Vereinba- rungsvordruck war ein zweiseitiges Schriftstück (Patienteninforma- tion) beigefügt, in dem unter anderem die Begriffe „Wahlleistungen“ und „wahlärztliche Leistungen“ erläutert wurden. Der Kl. unterzeich- nete auch diese Patienteninformation. Die Rechnungen der ihn behandelnden Krankenhausärzte reichte er bei der Bekl. ein. Diese erstattete jedoch nur einen Teilbetrag der ersten Liquidation. Weitere Zahlungen lehnte sie mit der Begründung ab, ärztliche Wahlleistungen seien nicht vom Versicherungsvertrag er- faßt. Die Kl. verlangen von der Bekl. die Erstattung der für die ärzt- lichen Wahlleistungen in Rechnung gestellten insgesamt 28.435,24 . Sie machen geltend, eine Versicherungsvertreterin und eine Mitarbei- terin der Bekl. hätten auf Anfrage mündlich erklärt, ärztliche Wahllei- stungen im Krankenhaus seien von dem Versicherungsvertrag ge- deckt. Das LG und das OLG haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Krankenhaus- träger als Streithelfer den in der Berufungsinstanz gestellten Klagean- trag weiter. Aus den Gründen: Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. I. Nach Meinung des Berufungsgerichts (OLG Jena, VersR 2002, 1499, 1500 f.) ist die vom Kl. getroffene Ver- einbarung über wahlärztliche Leistungen unwirksam, da er zuvor nicht den Anforderungen des § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV entsprechend über die Entgelte der Wahl- leistungen und deren Inhalte unterrichtet worden sei. Da der Kl. die Zahlung der ihm berechneten Arzthonorare nicht schulde, bestehe auch kein Erstattungsanspruch ge- genüber der Bekl. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV v. 26. 9. 1994 (BGBl. I S. 2750) sind Wahlleistungen vor ihrer Erbringung schrift- lich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluß der Ver- einbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterrichten. Eine solche besondere Unterrichtungspflicht ist erstmalig durch die Vierte Ver- ordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung v. 20. 12. 1984 (BGBl. I S. 1680) als § 6 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 in die Bundespflegesatzverordnung v. 25. 4. 1973 (BGBl. I S. 333) aufgenommen worden. Danach war der Patient vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahllei- stungen zu unterrichten. Diese Bestimmung ist unverändert als § 7 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 in die Bundespflegesatzverord- nung v. 21. 8. 1985 (BGBl. I S. 1666) übernommen wor- den. Die Unterrichtungspflicht ist 1994 durch § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV n. F. erweitert worden, indem in den Text der bisherigen Bestimmung die Worte „und deren Inhalt im einzelnen“ eingefügt wurden. 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungs- vereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrich- tung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam (Senatsurtt., NJW 1996, 781 f. [= MedR 1996, 184 f.] und MedR 2004, 264, 265; vgl. auch BGHZ 138, 91, 94 [= MedR 1998, 361, 362]). 3. Die Frage, welche Anforderungen an eine dem Maß- stab des § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV gerecht werdende Problemstellung: Der BGH hatte nur wenige Wo- chen nach seinem obiter dictum zum Umfang der Un- terrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung (s. BGH, MedR 2004, 264) Gelegenheit, die „damaligen“ Ausführungen – jetzt in den tragenden Gründen – zu wiederholen und zu bekräftigen. Demnach ist der in § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV normierten wirtschaft- lichen Unterrichtungspflicht Genüge getan, wenn der Patient vor Abschluß der Vereinbarung über wahlärzt- liche Leistungen folgende Informationen erhält: • kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen • kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der GOÄ • Hinweis auf die erhebliche finanzielle Mehrbela- stung Hinweis auf die Liquidationskette • Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit in die GOÄ auf Wunsch des Patienten In der Praxis empfiehlt sich die Verwendung der von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ent- wickelten „Patienteninformation bei wahlärztlichen Lei- stungen“ (Anlage 6 zu dem „Muster Allgemeiner Ver- tragsbedingungen [AVB] für Krankenhäuser“ [6. Aufl., Januar 2003, S. 52 f.]), denn diese Patienteninformation entspricht den Vorgaben des Senats. Die Ausführungen des BGH zum Umfang der Unterrichtungspflicht bei wahlärztlichen Leistungen bleiben auch nach Inkrafttreten des § 17 KHEntgG zum 1. 1. 2005 von grundlegender Bedeutung, denn der materielle Inhalt der Unterrichtungspflicht bleibt durch die gesetzliche Neuregelung unverändert (vgl. Bender [2003], in: Rieger [Hrsg.], Lexikon des Arzt- rechts, 2. Aufl. 2001 ff., Nr. 5485 [Wahlleistungen], Rdnr. 164). Der Senat hat leider wieder keinen Grund gesehen, seine bisherige Rechtsprechung zu überdenken, nach der jeder Fehler bei der Unterrichtung mit der Unwirk- samkeit der Wahlleistungsvereinbarung sanktioniert wird. Gerade der vorliegende Fall hätte dazu Anlaß ge- geben, denn in dem Informationsblatt des Krankenhau- ses war kein Hinweis auf die Minderungspflicht aus § 6a GOÄ zu finden. Der BGH hielt es für treuwidrig, wenn sich der Patient „zur Vermeidung jeglicher Zahlungen auf die Unvollständigkeit einer Belehrung berufen würde, der nur der Hinweis auf eine kostenmindernde Bestimmung“ fehle. Statt auf den „Notanker“ des § 242 BGB abzuheben, wäre es dogmatisch vorzugswürdig gewesen, in der unzureichenden Unterrichtung eine Pflichtverletzung zu sehen, die Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein kann (s. Bender, a.a.O., Rdnrn. 153 ff. m.w.N.).

Unterrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung

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Page 1: Unterrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung

R E C H T S P R E C H U N G

442 MedR 2004, Heft 8

DOI: 10.1007/s00350-004-1231-5

Unterrichtungspflicht bei wahlärztlicher BehandlungBPflV § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2

Der Abschluß einer wirksamen Wahlleistungsverein-barung setzt nicht voraus, daß dem Patienten vor Ab-schluß der Vereinbarung, wie bei einem Kostenvoran-schlag nach § 650 BGB, detailliert und auf den Einzel-fall abgestellt die Höhe der voraussichtlich entstehen-den Arztkosten mitgeteilt wird (Fortführung zum Se-natsurt. v. 27. 11. 2003 [= MedR 2004, 264]).BGH, Urt. v. 8. 1. 2004 – III ZR 375/02 (OLG Jena)

Zum Sachverhalt: Die Kl. sind die Erben des während des Revi-sionsrechtszugs verstorbenen R. L., des ursprünglichen Kl. des vorlie-genden Rechtsstreits (im Folgenden: Kl.). Er war bei der Bekl. kran-kenversichert. Dem Vertrag lag der Tarif BS 1 zugrunde, der die Er-stattung von Kosten einer Chefarztbehandlung im Krankenhaus alsWahlleistung nicht vorsah.

Am 29. 11. 2000 begab sich der Kl. zur ärztlichen Behandlung indas Klinikum der Universität J. An diesem Tage unterzeichnete ereine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen. Dem Vereinba-rungsvordruck war ein zweiseitiges Schriftstück (Patienteninforma-tion) beigefügt, in dem unter anderem die Begriffe „Wahlleistungen“und „wahlärztliche Leistungen“ erläutert wurden. Der Kl. unterzeich-nete auch diese Patienteninformation.

Die Rechnungen der ihn behandelnden Krankenhausärzte reichteer bei der Bekl. ein. Diese erstattete jedoch nur einen Teilbetrag derersten Liquidation. Weitere Zahlungen lehnte sie mit der Begründungab, ärztliche Wahlleistungen seien nicht vom Versicherungsvertrag er-faßt.

Die Kl. verlangen von der Bekl. die Erstattung der für die ärzt-lichen Wahlleistungen in Rechnung gestellten insgesamt 28.435,24 €.Sie machen geltend, eine Versicherungsvertreterin und eine Mitarbei-terin der Bekl. hätten auf Anfrage mündlich erklärt, ärztliche Wahllei-stungen im Krankenhaus seien von dem Versicherungsvertrag ge-deckt.

Das LG und das OLG haben die Klage abgewiesen. Mit der vomBerufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Krankenhaus-träger als Streithelfer den in der Berufungsinstanz gestellten Klagean-trag weiter.

Aus den Gründen: Die Revision führt zur Aufhebungdes angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung derSache an das Berufungsgericht.

I. Nach Meinung des Berufungsgerichts (OLG Jena,VersR 2002, 1499, 1500 f.) ist die vom Kl. getroffene Ver-einbarung über wahlärztliche Leistungen unwirksam, da erzuvor nicht den Anforderungen des § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV entsprechend über die Entgelte der Wahl-leistungen und deren Inhalte unterrichtet worden sei. Dader Kl. die Zahlung der ihm berechneten Arzthonorarenicht schulde, bestehe auch kein Erstattungsanspruch ge-genüber der Bekl. Dies hält der rechtlichen Nachprüfungnicht stand.

1. Nach § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV v. 26. 9. 1994 (BGBl. IS. 2750) sind Wahlleistungen vor ihrer Erbringung schrift-lich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluß der Ver-einbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und derenInhalt im einzelnen zu unterrichten. Eine solche besondereUnterrichtungspflicht ist erstmalig durch die Vierte Ver-ordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung v. 20. 12. 1984 (BGBl. I S. 1680) als § 6 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2in die Bundespflegesatzverordnung v. 25. 4. 1973 (BGBl. IS. 333) aufgenommen worden. Danach war der Patient vorAbschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahllei-stungen zu unterrichten. Diese Bestimmung ist unverändertals § 7 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 in die Bundespflegesatzverord-nung v. 21. 8. 1985 (BGBl. I S. 1666) übernommen wor-den. Die Unterrichtungspflicht ist 1994 durch § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV n. F. erweitert worden, indem in den Text derbisherigen Bestimmung die Worte „und deren Inhalt imeinzelnen“ eingefügt wurden.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, vonder abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungs-vereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrich-tung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam(Senatsurtt., NJW 1996, 781 f. [= MedR 1996, 184 f.] undMedR 2004, 264, 265; vgl. auch BGHZ 138, 91, 94 [=MedR 1998, 361, 362]).

3. Die Frage, welche Anforderungen an eine dem Maß-stab des § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV gerecht werdende

Problemstellung: Der BGH hatte nur wenige Wo-chen nach seinem obiter dictum zum Umfang der Un-terrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung (s.BGH, MedR 2004, 264) Gelegenheit, die „damaligen“Ausführungen – jetzt in den tragenden Gründen – zuwiederholen und zu bekräftigen. Demnach ist der in § 22 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPflV normierten wirtschaft-lichen Unterrichtungspflicht Genüge getan, wenn derPatient vor Abschluß der Vereinbarung über wahlärzt-liche Leistungen folgende Informationen erhält:

• kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicherLeistungen

• kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztlicheLeistungen nach der GOÄ

• Hinweis auf die erhebliche finanzielle Mehrbela-stung

• Hinweis auf die Liquidationskette• Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit in die GOÄ

auf Wunsch des PatientenIn der Praxis empfiehlt sich die Verwendung der von

der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ent-wickelten „Patienteninformation bei wahlärztlichen Lei-stungen“ (Anlage 6 zu dem „Muster Allgemeiner Ver-tragsbedingungen [AVB] für Krankenhäuser“ [6. Aufl.,Januar 2003, S. 52 f.]), denn diese Patienteninformationentspricht den Vorgaben des Senats.

Die Ausführungen des BGH zum Umfang derUnterrichtungspflicht bei wahlärztlichen Leistungenbleiben auch nach Inkrafttreten des § 17 KHEntgGzum 1. 1. 2005 von grundlegender Bedeutung, dennder materielle Inhalt der Unterrichtungspflicht bleibtdurch die gesetzliche Neuregelung unverändert (vgl.Bender [2003], in: Rieger [Hrsg.], Lexikon des Arzt-rechts, 2. Aufl. 2001 ff., Nr. 5485 [Wahlleistungen],Rdnr. 164).

Der Senat hat leider wieder keinen Grund gesehen,seine bisherige Rechtsprechung zu überdenken, nachder jeder Fehler bei der Unterrichtung mit der Unwirk-samkeit der Wahlleistungsvereinbarung sanktioniertwird. Gerade der vorliegende Fall hätte dazu Anlaß ge-geben, denn in dem Informationsblatt des Krankenhau-ses war kein Hinweis auf die Minderungspflicht aus § 6aGOÄ zu finden. Der BGH hielt es für treuwidrig, wennsich der Patient „zur Vermeidung jeglicher Zahlungenauf die Unvollständigkeit einer Belehrung berufenwürde, der nur der Hinweis auf eine kostenminderndeBestimmung“ fehle. Statt auf den „Notanker“ des § 242BGB abzuheben, wäre es dogmatisch vorzugswürdiggewesen, in der unzureichenden Unterrichtung einePflichtverletzung zu sehen, die Grundlage einesSchadensersatzanspruchs sein kann (s. Bender, a.a.O.,Rdnrn. 153 ff. m.w.N.).

Page 2: Unterrichtungspflicht bei wahlärztlicher Behandlung

Rechtsprechung MedR 2004, Heft 8 443

Unterrichtung über die Entgelte bei der Vereinbarungwahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, ist in der Recht-sprechung der Instanzgerichte und der Literatur umstritten.Während die eine Auffassung mit dem Berufungsgerichteinen detaillierten, auf den Einzelfall abgestellten Kostenan-schlag entsprechend § 650 BGB fordert, in den auch diemutmaßlich in Ansatz zu bringenden Nummern der Ge-bührenordnung für Ärzte aufzunehmen sind (LG Dort-mund, VersR 2002, 1033, 1034; LG Duisburg, MedR2001, 213, 214, jew. zu § 22 Abs. 2 BPflV; OLG Düssel-dorf, VersR 1999, 496, 497, zu § 7 Abs. 2 BPflV a. F.; vgl.auch OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 56 [= MedR2002, 654]; zustimmend Uleer/Miebach/Patt, Abrechnungvon Arzt- und Krankenhausleistungen, 2. Aufl., § 22BPflV, Erl. E 2.2; Miebach/Patt, NJW 2000, 3377, 3378),hält es die Gegenauffassung für ausreichend, wenn der Pa-tient darauf hingewiesen wird, daß die Abrechnung desselbstliquidierenden Chefarztes nach der Gebührenordnungfür Ärzte erfolgt. Darüber hinaus sei es Sache des Patienten,die Vorlage des Textes der Gebührenordnung für Ärzte zuerbitten oder diese sich selbst zu beschaffen (OLG Köln,NJW-RR 1999, 228, 229, zu § 7 Abs. 2 BPflV a. F.; zu-stimmend: Wagener, in: Düsseldorfer Kommentar zurBPflV, 3. Aufl., Erl. 3.3.1 zu § 22; Dietz/Bofinger, Kran-kenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnungund Folgerecht, Erl. III 6 zu § 22 BPflV [Stand: Juni 2000];Biermann/Ulsenheimer/Weissauer, MedR 2000, 107, 108 f.;Haberstroh, VersR 1999, 8, 13 f.).

Der Senat hat mit seinem nach Erlaß der angefochtenenEntscheidung ergangenen Urt. v. 27. 11. 2003 (MedR2004, 264, 267) eine vermittelnde Position vorgezeichnet,ohne daß es auf sie für die dortige Entscheidung letztlichankam. Er hält an den darin angestellten Erwägungen fest,die für die nunmehr getroffene Entscheidung tragend sind.Ausreichend ist danach in jedem Fall:

– eine kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärzt-licher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, daß hier-durch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkran-kung die persönliche Behandlung durch die liquidations-berechtigten Ärzte sichergestellt werden soll; verbundenmit dem Hinweis darauf, daß der Patient auch ohne Ab-schluß einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinischnotwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierteÄrzte erhält;

– eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärzt-liche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärztebzw. für Zahnärzte (Leistungsbeschreibung anhand derNummern des Gebührenverzeichnisses; Bedeutung vonPunktzahl und Punktwert; Möglichkeit, den Gebührensatzje nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hin-weis auf Gebührenminderung nach § 6a der Gebührenord-nung für Ärzte (GOÄ);

– ein Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärzt-licher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastungzur Folge haben kann;

– ein Hinweis darauf, daß sich bei der Inanspruchnahmewahlärztlicher Leistungen die Vereinbarung zwingend aufalle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquida-tionsberechtigten Ärzte erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3 S. 1BPflV);

– und ein Hinweis darauf, daß die Gebührenordnungfür Ärzte/Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wunscheingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Ge-setzestexte erscheint demgegenüber entbehrlich, da diesenfür sich genommen kein besonderer Informationswert zu-kommt. Der durchschnittliche Wahlleistungspatient istauch nicht annähernd in der Lage, sich selbst anhand desStudiums dieser umfänglichen komplizierten Regelungs-werke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukom-menden Arztkosten zu verschaffen.

Diese vermittelnde Lösung trägt zum einen dem vomVerordnungsgeber im Bereich der wahlärztlichen Leistun-gen anerkannten Informationsbedürfnis des PatientenRechnung und stellt zum anderen an das Krankenhausnicht übertrieben hohe Anforderungen, die es vielfachpraktisch verhindern würden, mit zumutbarem Aufwandeine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungenzu treffen. Demgegenüber überspannt die vom Berufungs-gericht vertretene Auffassung auch unter Berücksichtigungdes Schutzzwecks von § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV die Anforde-rungen an die Unterrichtungspflicht des Krankenhausträ-gers.

Müßte der Patient vor Abschluß der Wahlleistungsver-einbarung in Form eines Kostenanschlags über die voraus-sichtliche Höhe der entstehenden Arztkosten unterrichtetwerden, so bedeutete dies nicht nur einen immensen orga-nisatorischen Aufwand für das Krankenhaus, sondern führtein vielen Fällen sogar dazu, daß Unmögliches abverlangtwürde.

Wahlleistungsvereinbarungen werden typischerweise beider Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus abge-schlossen. Zu diesem Zeitpunkt stehen vielfach Diagnose,Therapie und Krankheits- bzw. Genesungsverlauf nichtfest, so daß die erforderlichen ärztlichen Maßnahmen undder aus ihnen folgende finanzielle Aufwand nicht realistischabschätzbar sind. Diesen Schwierigkeiten dadurch zu be-gegnen, daß dem Patienten mehrere Kostenvarianten un-terbreitet werden oder ihm die voraussichtliche Höhe desim ungünstigsten Fall zu erwartenden Aufwandes mitgeteiltwird (vgl. Kuhla, MedR 2002, 280, 282), würde demKrankenhaus gleichfalls Unzumutbares auferlegen. Zudemwäre beides dem Informationsinteresse des Patienten nichtdienlich, da er sich auf diesen Wegen gleichfalls kein reali-stisches Bild über den tatsächlichen Umfang der auf ihn zu-kommenden finanziellen Belastungen machen könnte. Dievom Berufungsgericht für richtig gehaltene schrittweiseUnterrichtung über die zu erwartenden Kosten parallel zurAufklärung über die vorzunehmenden Diagnose- und The-rapieschritte stünde im Widerspruch zu dem in § 22 Abs. 3S. 1 BPflV (= § 7 Abs. 3 S. 1 BPflV a. F.) vorgeschriebenenPrinzip der „Wahlarzt- und Liquidationskette“, wonach dieVereinbarung über wahlärztliche Leistungen nicht auf ein-zelliquidationsberechtigte Krankenhausärzte oder gar aufEinzelbehandlungsmaßnahmen beschränkt werden kann(vgl. im einzelnen Senatsurt., MedR 2004, 264, 266m.w.N.). Darüber hinaus ist das Interesse des Patienten,den konkreten Preis der von ihm gewünschten Wahllei-stung zu erfahren, bei den wahlärztlichen Leistungen typi-scherweise weniger schutzwürdig als bei anderen Wahllei-stungen. Aus den Begründungen zur Vierten Verordnungzur Änderung der Bundespflegesatzverordnung (BR-Dr.574/84, S. 14) und zur Verordnung zur Neuordnung desPflegesatzrechtes v. 26. 9. 1994 (BR-Dr. 381/94, S. 39) er-gibt sich gleichfalls, daß nach den Vorstellungen des Ver-ordnungsgebers bei ärztlichen Wahlleistungen nicht der ge-schuldete „Endpreis“, sondern nur die Art und Weise desZustandekommens dieses Preises erläutert werden muß(vgl. hierzu im einzelnen Senat, MedR 2004, 264, 266).

Die Gegenauffassung, die den Hinweis auf die Gebüh-renordnung für Ärzte bzw. die Gebührenordnung fürZahnärzte für ausreichend hält, steht im Widerspruch zudem klaren Wortlaut von § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV, wonachauch bei ärztlichen Wahlleistungen über die Entgelte „imeinzelnen“ zu unterrichten ist (vgl. auch insoweit im ein-zelnen Senat, MedR 2004, 264, 267).

4. Den nach dem Senatsurt. v. 27. 11. 2003 (= MedR2004, 264) zu stellenden Anforderungen an die Unterrich-tung des Patienten gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV wird dasInformationsblatt der Streithelferin im wesentlichen ge-recht:

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444 MedR 2004, Heft 8 Rechtsprechung

Die Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistun-gen befindet sich in Nr. 1 des Informationsblattes, in derder Begriff der Wahlleistungen in Abgrenzung von den all-gemeinen Krankenhausleistungen insgesamt erläutert wird,und in Nr. 2, die die wahlärztlichen Leistungen im beson-deren beschreibt. Abschnitt 2.1 enthält in Fettdruck den er-forderlichen Hinweis darauf, daß auch ohne Abschluß einerLeistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versor-gung durch hinreichend qualifiziertes Personal gewährlei-stet ist.

Die Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Lei-stungen nach der Gebührenordnung für Ärzte unter Ein-schluß des Hinweises auf die Leistungsbeschreibung anhandder Nummer des Gebührenverzeichnisses, der Bedeutungvon Punktzahl und Punktwert sowie der Möglichkeit, denGebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zuerhöhen, befindet sich in Nr. 3 der Patienteninformation.Die dort gegebenen detaillierten Informationen enthaltenalle notwendigen Elemente und sind klar und verständlichaufgebaut. Entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung wirkt das dort anhand der punktmäßig gering zählen-den Gebührennummer 1 entwickelte Berechnungsbeispielnicht verharmlosend und irreführend. Es ist für den hinrei-chend verständigen Leser ohne weiteres zu erkennen, daßes sich lediglich um ein Beispiel zur Erläuterung des zuvorabstrakt beschriebenen Berechnungsvorgangs handelt unddaß es Gebühren gibt, die mit höheren Punktzahlen be-wertet sind. Dies verdeutlicht der im letzten Absatz vonNr. 3 des Informationsblatts in Fettdruck gehaltene Hin-weis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztlicher Leistun-gen erhebliche finanzielle Mehrbelastungen bedeuten kann.Die dort gewählte Formulierung mit der doppelten Vernei-nung „nicht unerhebliche Belastung“ bleibt entgegen derAnsicht der Revision selbst bei oberflächlicher Lektüre ver-ständlich.

Die Unterrichtung darüber, daß sich die Vereinbarungbei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen auf allean der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsbe-rechtigten Ärzte erstreckt (§ 22 Abs. 3 S. 1 BPflV), ist –ebenfalls durch Fettdruck hervorgehoben – in Nr. 2.2 derPatienteninformation enthalten.

Der notwendige Hinweis auf die Möglichkeit, die Ge-bührenordnung für Ärzte einzusehen, befindet sich in derletzten Zeile des Informationsblatts.

In der Informationsschrift der Streithelferin fehlt aller-dings eine Verweisung auf § 6a GOÄ, wonach die Ge-bühren der behandelnden Ärzte bei stationären und teilsta-tionären Leistungen um 15 v.H. zu mindern sind. Dies isthier jedoch unschädlich. Die nach § 22 Abs. 2 S. 1 BPflVerforderliche Information über die Entgelte der Wahllei-stungen und deren Inhalt dient dazu, den Patienten vor fi-nanziellen Belastungen, die möglicherweise nicht von sei-nem Krankenversicherungsschutz gedeckt sind, zu warnen,und ihn so vor übereilten Entscheidungen zu bewahren,die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder -willigkeitüberfordern. Zur Wahrung dieses Warn- und Schutz-zwecks ist es nicht erforderlich, den Patienten, der ärztlicheWahlleistungen in Anspruch genommen hat, nur deshalbvon Forderungen aus dem Vertrag freizuhalten, weil ernicht zuvor über § 6a GOÄ belehrt worden war. Der Pa-tient würde treuwidrig handeln, wenn er sich zur Vermei-dung jeglicher Zahlungen auf die Unvollständigkeit einerBelehrung berufen würde, der nur der Hinweis auf einekostenmindernde Bestimmung fehlt.

II. Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung nichtmöglich, weil der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidungreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Wirksamkeit der Wahl-leistungsvereinbarung nicht an § 22 Abs. 2 S. 1 BPflVscheitert, kommen Ansprüche der Kl. gegen die Bekl.wegen der Erklärungen ihrer Agenten (vgl. z. B. BGHZ

40, 22, 24; OLG Koblenz, OLGR 2001, 376; Prölss/Mar-tin/Kollhosser, VVG, 26. Aufl., § 43, Rdnr. 29 m.w.N.) inBetracht. Dies zu beurteilen, ist Sache der Tatsachenin-stanz.

(Bearbeitet von Dr. iur. Albrecht W. Bender, Justitiar des Klinikums der Universität Erlangen-Nürnberg, Postfach 3560, D-91023 Erlangen)

Gebühr für die PET-Untersuchung mehrerer KörperregionenBGB §§ 315 Abs. 1, 316; GOÄ §§ 5 Abs. 1 und 2, 6 Abs. 2 i. V.mit GOÄ Nr. 5488 und Nr. 5489

Bei der PET-Untersuchung mehrerer Körperregio-nen – hier: Abdomen, Thorax und Extremitäten – darfdie Nummer 5489 des Gebührenverzeichnisses auchdann nur einmal in Rechnung gestellt werden, wennaufgrund der Beschaffenheit des verwendeten PET-Scanners für die Untersuchung jeder Region eine eige-ne Aufnahme erstellt werden muss.BGH, Urt. v. 18. 9. 2003 – III ZR 389/02 (OLG Bamberg)

Problemstellung: Im Zuge der GOÄ-Novellierungwurde 1996 die Positronen-Emissions-Tomographie(PET) in das Leistungsverzeichnis der GOÄ aufgenom-men. Bei der PET handelt es sich um ein tomographi-sches Verfahren zur Erstellung von Schnittbildern derAktivitätsverteilung mit positronen-strahlenden Radio-nukliden, das in Verbindung mit einer organbezogenenszintigraphischen Basisleistung erbracht wird. Währendanfänglich ausschließlich PET-Scanner mit kleinem Ge-sichtsfeld zur Verfügung standen, so dass im Falle derUntersuchung eines größeren Körperareals mehrerePET-Aufnahmen angefertigt werden mussten, stehennunmehr Ganzkörper-PET-Scanner zur Verfügung.Nachdem für die im Gebührenverzeichnis der GOÄ fürPET-Untersuchungen vorgesehenen Nrn. 5488 und5489 keine eindeutigen Abrechnungsbestimmungenzum mehrfachen Ansatz dieser Leistungspositionen exis-tieren, hat die Bundesärztekammer aufgrund eines Be-schlusses ihres Ausschusses „Gebührenordnung“ eineAbrechnungsempfehlung veröffentlicht, nach der bei der Ganzkörper-Tumor-PET die Gebührenpositionen Nr. 5488 oder Nr. 5489 GOÄ zweimal in Ansatz kom-men, unabhängig davon, wie viele Einzelaufnahmen inAbhängigkeit von dem jeweils zur Verfügung stehendenPET-Scanner im Einzelfall erforderlich waren (DÄBl.2002, A-144–145). Damit sollte einerseits eine aufwand-gerechte Verhältnismäßigkeit zwischen Teilkörper- undGanzkörperuntersuchungen hergestellt und andererseitseine Mengenbegrenzung bei theoretisch nach oben offe-nen Abrechnungsmöglichkeiten ausgesprochen werden(vgl. DÄBl. 2003, A-141). Trotz des nach sachverständi-ger Beratung im Gebührenordnungsausschuss ergange-nen Beschlusses der Bundesärztekammer vertritt derBGH – wie auch in dem mit Urteil vom selben Tageentschiedenen Verfahren III ZR 416/02 (LG Münster)– die Auffassung, dass unter Berücksichtigung vonWortlaut und Systematik des Abschnitts O GOÄ sowievon Sinn und Zweck der Bestimmung als Bestandteileiner gesetzlichen Preisvorschrift davon auszugehen ist,dass die Nr. 5489 unabhängig vom Umfang der Unter-suchung sowie der Untersuchungstechnik nur einmal inRechnung gestellt werden kann. Allerdings wird in derUrteilsbegründung eingeräumt, dass der Beschluss des –fachkundigen – Gebührenordnungsausschusses bei Be-