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Untersuchungen an einer Filterschneckenpresse für feindispers mineralische Schlämme Die Dong und Dietrich Schlegel* Das Konzept einer Filterschneckenpresse für Suspensionen von feindispers mineralischen Teilchen mit Teilchengrößen im mm-Bereich, z. B. für einen feinkeramischen Schlicker in Wasser, wird in einer Pilotanlage getestet. Dauerversuche zeigen, dass Abrieb und Verstop- fungen beherrschbar sind und dass der flächenspezifische Filtratfluss wesentlich größer ist als in einer Kammerfilterpresse. Die Bedingungen für ein optimales Steuer- und Regelver- halten werden ermittelt. Mit Modellannahmen werden die gekoppelten Vorgänge von Flüs- sigkeitsabtrennung und Druckaufbau in der Filterschneckenpresse durch numerische Rechnung simuliert. Rechen- und Messergebnisse stimmen für das feinkeramische Materi- al in der Pilotanlage gut überein. 1 Das Konzept Zur Flüssigkeitsabtrennung aus flüssigen Zweiphasensystemen mit feindispers minera- lischen Teilchen im lm-Bereich werden bis jetzt vor allem Kammerfilterpressen verwen- det. Hier stellt der entstehende Filterkuchen mit zunehmender Dicke einen sehr großen Widerstand gegen den Filtratfluss dar. In einer Filterschneckenpresse (s. Abb. 1), in der eine stationäre Filterkuchenschicht (5) auf den engen Spalt von ca. 1 mm zwischen Schneckenaußendurchmesser und Schnecken- zylinderinnendurchmesser begrenzt werden kann, tritt ein sehr viel kleinerer Strömungs- widerstand gegen das abfließende Filtrat auf. Der filtrierende Schneckenzylinder darf aller- dings nicht als Lochzylinder ausgebildet wer- den, um den ein Filtertuch herumgewickelt wird, wie schon vorgeschlagen wurde [1]. Man würde damit einen wesentlichen Anteil an filtrierender Fläche verlieren, und in den Löchern des Lochzylinders könnte sich eine mehrere Millimeter dicke Filterkuchenschicht bilden, die einen erheblichen Strömungswider- stand für den Filtratfluss darstellen würde. Das eigene Konzept einer Filterschnecken- presse für feindispers mineralische Schlämme hat daher folgende Merkmale (s. Abb. 1): Der Schneckenzylinder wird aus mehreren axial aneinander gereihten Filterelementen (2) auf- gebaut. Jedes Filterelement enthält innen ein entsprechend feinporiges, abriebfestes Filter- medium in zylindrischer Form. Es werden zusammengesinterte Siebgewebe und fein- poriges SiC (Porenweite 3 – 5 lm) verwendet. Diese Filtermedien werden von einem umge- benden zylindrischen Stahlmantel abgestützt, so dass hoher Druck im Schneckenkanal auf- genommen werden kann. In dem Stahlmantel befinden sich Kanäle für den Filtratabfluss. Über diese Kanäle wird auch Spülflüssigkeit in wechselnder Richtung durch das Filter- medium gepumpt [2]. Es können kürzere und längere Spülprozeduren verwirklicht werden. Da die rotierende Schnecke in dem flüssigen Zweiphasensystem keinen Druck aufbaut, wird das Zweiphasensystem mit konstantem Druck zwischen 40 und 60 bar von einer Pumpe (1) in den Schneckenkanal eingespeist. Der Schneckenkanal soll flach geschnitten sein, um den Weg für die flüssige Phase zum Schneckenzylinder klein zu halten. Erst vor dem Mundstück wird in dem nunmehr dispers-plastischen Material weiterer Druck Abbildung 1. Filterschneckenpresse, schematisch; 1 – Pumpe für das flüssige Zwei- phasensystem, 2 – Filterelemente, 3 – regelbares Mundstück, 4 – Pumpe für Spülfluid, 5 – stationäre Filterkuchenschicht. 106 Chemie Ingenieur Technik 2006, 78, No. 1-2 Forschungsarbeiten www.cit-journal.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim DOI: 10.1002/cite.200500077

Untersuchungen an einer Filterschneckenpresse für feindispers mineralische Schlämme

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Page 1: Untersuchungen an einer Filterschneckenpresse für feindispers mineralische Schlämme

Untersuchungen an einerFilterschneckenpresse für feindispersmineralische SchlämmeDie Dong und Dietrich Schlegel*

Das Konzept einer Filterschneckenpresse für Suspensionen von feindispers mineralischen

Teilchen mit Teilchengrößen im �m-Bereich, z. B. für einen feinkeramischen Schlicker in

Wasser, wird in einer Pilotanlage getestet. Dauerversuche zeigen, dass Abrieb und Verstop-

fungen beherrschbar sind und dass der flächenspezifische Filtratfluss wesentlich größer ist

als in einer Kammerfilterpresse. Die Bedingungen für ein optimales Steuer- und Regelver-

halten werden ermittelt. Mit Modellannahmen werden die gekoppelten Vorgänge von Flüs-

sigkeitsabtrennung und Druckaufbau in der Filterschneckenpresse durch numerische

Rechnung simuliert. Rechen- und Messergebnisse stimmen für das feinkeramische Materi-

al in der Pilotanlage gut überein.

1 Das Konzept

Zur Flüssigkeitsabtrennung aus flüssigenZweiphasensystemen mit feindispers minera-lischen Teilchen im lm-Bereich werden bisjetzt vor allem Kammerfilterpressen verwen-det. Hier stellt der entstehende Filterkuchenmit zunehmender Dicke einen sehr großenWiderstand gegen den Filtratfluss dar.

In einer Filterschneckenpresse (s. Abb. 1),in der eine stationäre Filterkuchenschicht (5)auf den engen Spalt von ca. 1 mm zwischenSchneckenaußendurchmesser und Schnecken-zylinderinnendurchmesser begrenzt werdenkann, tritt ein sehr viel kleinerer Strömungs-widerstand gegen das abfließende Filtrat auf.Der filtrierende Schneckenzylinder darf aller-dings nicht als Lochzylinder ausgebildet wer-

den, um den ein Filtertuch herumgewickeltwird, wie schon vorgeschlagen wurde [1]. Manwürde damit einen wesentlichen Anteil anfiltrierender Fläche verlieren, und in denLöchern des Lochzylinders könnte sich einemehrere Millimeter dicke Filterkuchenschichtbilden, die einen erheblichen Strömungswider-stand für den Filtratfluss darstellen würde.

Das eigene Konzept einer Filterschnecken-presse für feindispers mineralische Schlämmehat daher folgende Merkmale (s. Abb. 1): DerSchneckenzylinder wird aus mehreren axialaneinander gereihten Filterelementen (2) auf-gebaut. Jedes Filterelement enthält innen einentsprechend feinporiges, abriebfestes Filter-medium in zylindrischer Form. Es werdenzusammengesinterte Siebgewebe und fein-poriges SiC (Porenweite 3 – 5 lm) verwendet.Diese Filtermedien werden von einem umge-benden zylindrischen Stahlmantel abgestützt,so dass hoher Druck im Schneckenkanal auf-genommen werden kann. In dem Stahlmantelbefinden sich Kanäle für den Filtratabfluss.Über diese Kanäle wird auch Spülflüssigkeitin wechselnder Richtung durch das Filter-medium gepumpt [2]. Es können kürzere undlängere Spülprozeduren verwirklicht werden.

Da die rotierende Schnecke in dem flüssigenZweiphasensystem keinen Druck aufbaut,wird das Zweiphasensystem mit konstantemDruck zwischen 40 und 60 bar von einerPumpe (1) in den Schneckenkanal eingespeist.Der Schneckenkanal soll flach geschnittensein, um den Weg für die flüssige Phase zumSchneckenzylinder klein zu halten. Erst vordem Mundstück wird in dem nunmehrdispers-plastischen Material weiterer Druck

Abbildung 1. Filterschneckenpresse, schematisch; 1 – Pumpe für das flüssige Zwei-phasensystem, 2 – Filterelemente, 3 – regelbares Mundstück, 4 – Pumpe für Spülfluid,5 – stationäre Filterkuchenschicht.

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aufgebaut. Der variable Querschnitt des Mund-stückes (3) wird, wenn notwendig, automa-tisch so geregelt, dass der Druck vor demMundstück nur in möglichst engen Grenzenschwankt. Für dieses Konzept wurden mehre-re Patente erteilt [3, 4].

Die Untersuchungen haben das Ziel, aneiner Pilotanlage für dieses Konzept die Leis-tungsfähigkeit und Brauchbarkeit im Dauer-betrieb nachzuweisen und eine Methode zuentwickeln, mit der aus Messungen an derPilotanlage eine Produktionsanlage ausgelegtwerden kann.

2 Experimentelle Untersuchungen

Die Pilotanlage (s. Abb. 1) für die experimen-tellen Untersuchungen hat folgende Abmes-sungen:� Durchmesser über der ganzen Länge kon-

stant;� filtrierender Schneckenzylinder (acht anein-

andergereihte Filterelemente):Innendurchmesser: 64 mm, Länge: 920 mm;

� Schnecke:Kerndurchmesser: 51 mm;

� Spaltweite zwischen Schneckenaußen- undInnendurchmesser des Schneckenzylinders:s = 0,5 bis 1,5 mm;

� Schneckensteigung: 50 mm.Die Drehfrequenz der Schnecke beträgt bei

allen im Folgenden beschriebenen Unter-suchungen m = 40 min–1. Der Einfluss derDrehfrequenz ist in [5] beschrieben worden.

Das flüssige Zweiphasensystem, das beiallen im Folgenden beschriebenen Versuchenund Berechnungen verwendet wurde, ist diewässrige Suspension eines feinkeramischenMaterials – Porzellanmasse der Fa. Rosenthalin Selb. Die Temperatur beträgt ca. 20 °C, derD50-Wert der Kornverteilung 3 lm, die Dichteder dispers-festen Phase qs = 2,7 g/cm3. DerFeststoffanteil bei der Einspeisung liegt bei42 Gew.-%. Für den aus dem Mundstück aus-tretenden dispers-plastischen Materialstrangwird ein Feststoffanteil von 75 – 80 Gew.-% ge-fordert.

In mehr als 1000 Betriebsstunden konntegezeigt werden, dass Abrieb und Verstopfungbeherrschbar sind (genaueres hierzu in [2]).Der flächenspezifische Filtratstrom beträgt 5 –5,5 kg/(h m2) und ist somit wesentlich größerals in einer Kammerfilterpresse. Außerdemwurden eine wässrige Suspension von fein-vermahlenem Kaolin und Bentonit sowieAbfallschlamm eines Quarzkieswerkes erfolg-reich filtriert

Im Dauerbetrieb können nur feindispersmineralische Schlämme filtriert werden. Bei

feindispers organischen Schlämmen, z. B.Klärschlamm, bricht der Filtratstrom nach ca.20 min auf Grund von Verstopfung zusam-men. Ein Dauerbetrieb konnte hier nicht reali-siert werden.

2.1 Zwei Zonen im Schneckenkanal

Messungen des Druckverlaufs über derSchneckenlänge zeigen zwei deutlich verschie-dene Zonen (s. Abb. 2). Zone 1 beginnt mitdem Einlauf des flüssigen Zweiphasensystemsin den Schneckenkanal. Darin ist der Druckkonstant oder fällt ganz leicht ab. Das Zwei-phasensystem im Schneckenkanal ist imWesentlichen noch gut fließfähig.

Nur im Spalt s (5 in Abb. 1) zwischen Au-ßendurchmesser der Schnecke und Innen-durchmesser des Schneckenzylinders bestehteine Filterkuchenschicht mit hohem Feststoff-gehalt. Sie ruht auf dem Filtermedium undschützt es gegen Abrieb.

Erst kurz vor dem Mundstück endet Zone 1;beim feinkeramischen Material etwa bei einemFeststoffgehalt von �c = 65 Gew.-%. Im Schne-ckenkanal befindet sich nun ein dispers-plasti-scher Materialstrang. Die Schnecke kann ge-gen ansteigenden Druck fördern (s. Abb. 2).Zone 2: Eine dünne Filterkuchenschicht aufdem Filtermedium kann nicht mehr deutlichvom dispers-plastischen Material im Innerendes Schneckenkanals abgegrenzt werden. Esmuss angenommen werden, dass Gleitbewe-gungen des dispers-plastischen Materials un-

Abbildung 2. Druck - und Konzentrationsvertei-lung im Schneckenkanal der Pilotfilterschnecken-presse, Vergleich von Messung und Rechnung fürdas feinkeramische Material. Extrudatmassen-strom: 12,5 kg/h mit einem Feststoffmassenanteilvon 75 Gew.-%, p – Gesamtdruck im Schnecken-kanal, �c – mittlerer Feststoffmassenanteil imSchneckenkanal, z – Schneckenachskoordinate,z = 0 Anfang des filtrierenden Schneckenzylinders,Spaltweite s = 1 mm, Drehfrequenz m = 40 min–1.

In mehr als 1000Betriebsstundenkonnte gezeigt wer-den, dass Abriebund Verstopfungbeherrschbar sind.

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mittelbar auf der Filtermitteloberfläche auftre-ten, da Abrieb an den Filtermedien auftritt [2].Hochabriebfeste Filtermittel sind demnach er-forderlich (SiC).

Obwohl ein wesentlicher Anteil von Teilchenin der dispers-festen Phase kleiner ist als diePoren des Filtermediums, finden sich imFiltrat keine dispers-festen Teilchen. DieFilterkuchenschicht auf dem Filtermediumverursacht offensichtlich einen autogenen Fil-trationseffekt.

2.2 Stabilitätskriterium für denDauerbetrieb

Im praktisch ausreichend stationären Dauer-betrieb schwankt der Druck vor dem Mund-stück um einige bar um den Druckmittelwertim unregelmäßigen Takt von einigen Minuten.Eine genauere Inspektion des Schnecken-kanals zeigt in Zone 1 Cluster mit erhöhtemFeststoffanteil in dem umgebenden, noch flüs-sigen Zweiphasensystem. Diese Cluster entste-hen offenbar, weil durch die Rotation derSchneckenstege dauernd neu sich bildenderFilterkuchen von der Oberfläche der Filterku-

chenschicht im Spalt zwischen Schnecke undSchneckenzylinder abgeschabt wird, der nichtvollständig in dem flüssigen Zweiphasen-system im Schneckenkanal wieder aufgelöstwird.

Wenn die Cluster weit genug angewachsensind, werden sie von der Förderwirkung derSchnecke erfasst und vor Zone 2 aufgestaut.Zone 2 wird so verlängert. Dadurch steigt derDruck vor dem Mundstück an. Wenn ein imMittel stationärer Dauerbetrieb bestehen blei-ben soll, muss sich vorübergehend ein erhöh-ter Massedurchsatz durch das Mundstück ein-stellen. Das ist möglich auf Grund eineshöheren Druckes vor dem Mundstück oderauch dadurch, dass das Mundstück etwas wei-ter geöffnet wird. Zu einem erhöhten Masse-durchsatz kommt es aber vor allem erst dann,wenn die rotierende Schnecke einen erhöhtenMassedurchsatz auch nachliefern kann.

Abb. 3b) zeigt als Ergebnis experimentellerUntersuchungen den von der Schnecke derPilotanlage geförderten Massenstrom vondispers-plastischem, feinkeramischem Materi-al bei dem praktisch geforderten Feststoff-massenanteil von 77 Gew.-% als Funktion desDruckanstiegs im Schneckenkanal bei ver-schiedenem Druckniveau. Man erkennt, dassein deutlicher Anstieg des Massenstromes beieinem Anstieg des Druckniveaus und einemevtl. durch Öffnen des Mundstücks zugleicheintretenden Abfall des Druckgradienten vordem Mundstück nur dann eintritt, wenn derArbeitspunkt A der Schnecke auf einem Kur-venzug mit nicht zu hohem Druck und aufdem abfallenden Ast des Kurvenzuges – alsobei hinreichend hohem Druckanstieg – liegt.Mit Punkt A wird zugleich der Massenstrom�ms festgelegt, der im stabilen Dauerbetrieb ex-

trudiert werden kann.Hierdurch ist ein Kriterium gegeben, das

erfüllt sein muss, damit ein Massenstau vorZone 2 abgebaut werden kann, um so einenunkontrollierbaren Druckanstieg im Schne-ckenkanal zu verhindern. Dieses Kriterium be-stimmt ein einziges Gebiet in Abb. 3, in demder Arbeitspunkt A liegen soll. Es ist insofernunscharf. Der Arbeitspunkt A muss eigentlichder Forderung genügen, dass der erhöhte Mas-senstrom, der von der Schnecke gefördertwird, gleich sein muss dem erhöhten Massen-strom, der durch das Mundstück abfließt. Esist schwierig, den Arbeitspunkt A mit dieserForderung genau festzulegen. Er soll nur indem durch obiges Kriterium gekennzeichne-ten Gebiet platziert werden. Druckschwankun-gen werden dann minimiert, indem im Trial-and-error-Verfahren ein Regelalgorithmus fest-gelegt wird, nach dem das Mundstück geöffnetund geschlossen wird.

a)

b)

Abbildung 3. Auszug aus der Fördercharakteristikder Pilotfilterschneckenpresse für das feinkerami-sche Material; �ms – Feststoffmassendurchsatz imSchneckenkanal, �ms � �Vsqs� qs � 2� 7 g�cm3

� �,

dp/dz – Druckanstieg im Schneckenkanal, �c – mitt-lerer Feststoffmassenanteil im Schneckenkanal-querschnitt, Spaltweite s = 1 mm, Drehfrequenzm = 40 min–1, A – möglicher stabiler stationärerArbeitspunkt vor dem Mundstück.

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Die experimentellen Ergebnisse bestätigendas Kriterium. Hierzu zwei Beispiele für diePilotanlage:� Ein Betriebszustand bei den Drücken pE =

40 bar, pA = 60 bar und einem hohen Druck-anstieg vor dem Mundstück dp/dz ≈ 0,6 barmm–1 ermöglicht einen stabilen Dauerbe-trieb bei einem Extrudatmassenstrom von13 kg h–1 mit 73 Gew.-% Feststoffanteil.

� Bei relativ hohem, fast konstantem Druckim gesamten Schneckenkanal (pE = 60 bar,pA = 64 bar) ergibt sich ein etwas höhererExtrudatmassenstrom (16 kg h–1 mit77 Gew.-% Feststoffanteil). Allerdings tretenhäufig schwer kontrollierbare Druckschwan-kungen auf [2]. Man muss folglich daraufachten, dass vor dem Mundstück ein hin-reichend hoher Druckgradient bei nicht zuhohem Druckniveau im Schneckenkanalvorliegt, um einen stabilen Dauerbetrieb zuerzielen.

3 Simulation der Flüssigkeitsab-trennung in der Filterschnecken-presse

Die Simulation verfolgt den Vorgang derFlüssigkeitsabtrennung durch numerischeRechnung in Einzelschritten Dz entlang der z-Achse (Schneckenachse), beginnend am An-fang von Zone 1 (z = 0). Für die Rechnungmüssen daher der Massen- bzw. Volumen-strom ( �mgE

� �VgE) und der Zustand des Zwei-

phasensystems (Druck pE, Feststoffmassen-anteil cE) im Einlauf vorgegeben werden.

Da keine Feststoffanteile über den filtrieren-den Schneckenzylinder abgeschieden werden,ist der Feststoffmassenstrom im Schnecken-kanal über der ganzen Länge des Schnecken-kanals konstant.

�VS � �VSE� �VgE

11 � eE

� const (1)

Konzentrationsmaße, die für die Rechnungverwendet werden, sind:� Porenziffer

e � VI

VS(2a)

� Feststoffmassenanteil

c � ms

mg(2b)

� Porosität

e � VI

Vg(2c)

Zwischen den Konzentrationsmaßen be-stehen die Beziehungen:

e � qs

qI

1 � cc

bzw. c � 1qI

qse � 1

(2d)

e � e1 � e

(2e)

Die rechnerische Simulation geht in Zone 1und in Zone 2 von verschiedenen verein-fachenden Annahmen aus.

3.1 Filtrationsvorgang in der erstenZone

Nur auf dem porösen Schneckenzylinder imSpalt s zwischen Schnecke und Schnecken-zylinder existiert eine dünne Filterkuchen-schicht. In Inneren des Schneckenkanals über-tragen die dispers-festen Teilchen in direktemKontakt keine Kräfte, da sie noch vollständigvon flüssiger Phase umgeben sind. Der Ge-samtdruck p im Schneckenkanal ist dahergleich dem Druck pl in der flüssigen Phase(Cluster mit höherem Feststoffanteil (s. Ab-schnitt 2.2) müssen für die Modellrechnungvernachlässigt werden).

Durch die Umwälzbewegung in demnoch flüssigen Zweiphasensystem imSchneckenkanal wird dauernd flüssige Phasean die Filterkuchenschicht herantransportiert.Wesentlicher Widerstand für die Flüssigkeits-abtrennung ist dabei der Strömungswider-stand R im Porensystem der Filterkuchen-schicht und des Filtermediums. DieUntersuchungen in [5] zeigen jedoch, dass derStrömungswiderstand im Filtermedium ver-nachlässigbar klein ist gegen den Strömungs-widerstand in der Filterkuchenschicht. DerFiltratvolumenstrom � pro Einheit der innerenOberfläche der Filterkuchenschicht wird unterAnnahme einer trägheitsfreien Porenströ-mung in der Filterkuchenschicht durch denAnsatz beschrieben:

� = � 1g

1R

pI (3)

Mit Gl. (3) wird R aus Messungen an derPilotfilterschneckenpresse in Zone 1 ermittelt.Es zeigt sich, dass R erwartungsgemäß vondem Gesamtdruck p und von der Feststoffkon-zentration im Schneckenkanal abhängt. AlsKonzentrationsmaß wird die mittlere Poren-ziffer �e im Schneckenkanalquerschnitt an derbetrachteten Stelle gewählt.

Die Spaltweite s zwischen Schneckenaußen-durchmesser und Innendurchmesser desSchneckenzylinders sowie die Umfangsge-schwindigkeit v sind sicher auch Einflussgrö-ßen. Es gilt also:

R = R(p, s, v, �e) (4a)

Die Simulation ver-folgt den Vorgangder Flüssigkeits-abtrennung durchnumerische Rech-nung in Einzelschrit-ten entlang derSchneckenachse.

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Für die feinkeramische Porzellanmasse giltdie Zahlenwertgleichung [5]:

R [cm–1] = 2� 457 � 1011 p bar� �� �0�578�0� 7572 �e � 1� �

�e(4b)

mit 25 bar < p < 110 bar; s= 1 mm; v= 65 mm s–1.Der Einfluss von s und v wurde nicht unter-sucht.

Der Gesamtwiderstand R der Filterkuchen-schicht im Spalt ist wesentlich größer als derWiderstand einer gleich dicken Filterkuchen-schicht, die bei einfacher Kuchenfiltration ge-bildet wurde [5]. Die periodisch schwankendeSchubbeanspruchung der Filterkuchenschichtdurch den rotierenden Schneckensteg führtoffenbar zu einer Verdichtung des Struktur-gerüstes der dispersen Teilchen in der Filter-kuchenschicht.

Der gesamte Filtratvolumenstrom �Vf vomAnfang des filtrierenden Schneckenzylindersbis zu einer Stelle z ergibt sich durch schritt-weise numerische Berechnung:

�Vf �z� � p D�y�z

y�0�(f)Df (5)

In Gl. (3) muss �(f) für die jeweils vorlie-gende mittlere Porenziffer �e f� � für jedenSchritt Df gebildet werden. �e kann schrittweisemitberechnet werden.Es gilt:

�e f� � ��VgE � �VsE � �Vf f� �

�VsE(6)

Mit �e z� � nach Gl. (6) ist dann auch der mitt-lere Feststoffmassenanteil im Querschnitt desSchneckenkanals an der Stelle z gegeben(nach Gl. (2d)):

�c z� � � ms

mgz � 1

qIqs�e z� � � 1

(6a)

Die Rechnung gibt die Verhältnisse imSchneckenkanal der Pilotanlage bei Filtrationvon feinkeramischer Porzellanmasse richtigwieder. Das ist verständlich, denn R wurde jafür diesen Fall experimentell ermittelt (s.Abb. 2).

Es ist aber anzunehmen, dass die Funktion(4b) auch für andere, z. B. größere Filter-schneckenpressen gilt, wenn dasselbe Mediumwie in der Pilotanlage filtriert wird. Mit dervorstehenden Methode kann also auch dieerste Zone einer Produktionsanlage rechne-risch simuliert werden.

3.2 Kompressionsvorgang in derzweiten Zone

Die zweite Zone ansteigenden Druckes be-ginnt von einem materialspezifischen Fest-stoffanteil des Zweiphasensystems an, beimfeinkeramischen Versuchsmaterial etwa ab65 Gew.-%. Es wird angenommen an, dass diedispersen Teilchen nun ein zusammenhän-gendes Strukturgerüst bilden. Der Gesamt-druck im Zweiphasensystem setzt sich jetztaus dem Druck pl in der flüssigen Phase undeinem Feststoffgerüstdruck ps zusammen.

Der Feststoffgerüstdruck in einem Flächen-element DA ist die senkrecht zu DA zwischenFeststoffteilchen übertragene resultierendeKraft DFs bezogen auf die Fläche DA:

ps � DFs

DA(7)

Der Gesamtdruck in dem betrachteten Flä-chenelement DA ist dann

p = pl + ps (8)

3.2.1 Stofffunktionen für denKompressionsvorgang

Beim Transport des Zweiphasensystems durchden Schneckenkanal wird das Strukturgerüstunter zunehmendem Druck mehr und mehrkomprimiert. Dabei ist die Porenziffer eineFunktion des Feststoffgerüstdruckes:

e = e(ps) (9a)

Die Flüssigkeitsabtrennung wird wesentlichbestimmt durch den Strömungswiderstandbzw. dessen Reziprokwert – die PermeabilitätK – des Porensystems des Strukturgerüstes fürdie Durchströmung der flüssigen Phase (s.Gl. (14)). Auch K ist eine Funktion des Fest-stoffgerüstdruckes:

K = K(ps) (9b)

Die Funktionen e(ps) und K(ps) können nachbekannten Methoden ermittelt werden. Z. B.gibt Tiller [6] eine Methode für die druckgetrie-bene, kuchenbildende Filtration an einem ebe-nen Filter an. Dong wendet diese Methode aufdas hier verwendete feinkeramische Versuchs-material an [5]. Es ergeben sich folgende Zah-lenwertgleichungen.

e(ps) [–] = 2,23 (ps [bar])–0,0545 –1 (9c)

Die periodischschwankendeSchubbeanspru-chung der Filter-kuchenschicht durchden rotierendenSchneckensteg führtoffenbar zu einerVerdichtung desStrukturgerüstesder dispersen Teil-chen in der Filter-kuchenschicht.

Beim Transport desZweiphasensystemsdurch den Schne-ckenkanal wird dasStrukturgerüst un-ter zunehmendemDruck mehr undmehr komprimiert.

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K(ps) [cm2] = 15,1 � 10–13 (ps [bar])–0,578 (9d)

Bei der druckgetriebenen Filtration aneinem ebenen Filter ist der Kompressionsvor-gang nicht identisch mit dem Kompressions-vorgang im Schneckenkanal. Im Schnecken-kanal stimmen z. B. Kompressionsrichtungund Strömungsrichtung des Filterstromesnicht überein. Trotzdem werden die Gln. (9c)und (9d) für den Kompressionsvorgang imSchneckenkanal mit befriedigendem Ergebnisangewendet.

3.2.2 Fördercharakteristik des Zwei-phasensystems im Schneckenkanal

Der Kompressionsvorgang im Schneckenkanalwird wesentlich bestimmt durch den Druck-verlauf. Der Druckverlauf ergibt sich aus demTransportvorgang des Zweiphasensystems imSchneckenkanal. Der Transportvorgang ist je-doch an den Auspressvorgang im Schnecken-kanal gekoppelt. Es ist nicht möglich, die all-gemeinen Beziehungen, die diese Vorgängebestimmen (d. h. das hierfür maßgebende An-fangs-Randwert-Problem von partiellen Diffe-rentialgleichungen), ohne vereinfachendeModellannahmen zu integrieren. So ist z. B.schon die in die Bewegungsgleichung einge-hende rheologische Zustandsgleichung für dasvorliegende Zweiphasensystem in Abhängig-keit von Feststoffgehalt und Druck nicht be-kannt. Daher wird die Bewegungsgleichungdurch die so genannte Fördercharakteristik er-setzt:

dpdz

� F �ms� p��e� v� � (10)

Die Fördercharakteristik der Pilotfilter-schneckenpresse für das hier verwendete fein-keramische Material wird experimentell ermit-telt. Sie steht für die numerische Berechnungin Tabellenform zur Verfügung. Abb. 3 zeigtAuszüge dieser Fördercharakteristik in Teil-gebieten der Variablen.

3.2.3 Modellannahmen

Das feindispers-plastische Material wird imSchneckenkanal von einem bestimmten Fest-stoffgehalt an in Blockströmung transportiert.Vereinfachend wird angenommen, dass imSchneckenkanal in der zweiten Zone von An-fang an Blockströmung vorliegt. Betrachtetwird eine Modellzelle, die mit dem Strukturge-rüst der dispersen Teilchen durch den Schne-ckenkanal wandert. Sie enthält also gleichblei-bend dieselbe Menge an dispersen Teilchen.Sie wird begrenzt durch die Zylinderflächenvon Schneckenkern und Schneckenzylinder

und (zumindest am Anfang der zweiten Zone)durch zwei Ebenen senkrecht zur Schnecken-achse im kleinen Abstand B.

Abb. 4 zeigt einen Schnitt durch die Modell-zelle in der x,z-Ebene. Die axiale AusdehnungB der Modellzelle sei so klein, dass Änderun-gen der Zustandsgrößen in der Modellzelle inz-Richtung vernachlässigt werden können. DieSchneckenkanaltiefe H ist so klein gegenüberden Schneckendurchmessern, dass die Krüm-mung des Schneckenkanals vernachlässigtwerden kann. D. h. der Gesamtdruck p (Gl. (8))kann über x (0 ≤ x ≤ H) als konstant angenom-men werden. In Umfangsrichtung, d. h. senk-recht zur x,z-Ebene, werden Änderungenebenfalls vernachlässigt. Die Ausdehnung derModellzelle in Umfangsrichtung sei L. DerKompressionsvorgang wird als ebener Vor-gang in der x,z-Ebene beschrieben, d. h. dieGröße L fällt aus den Bestimmungsgleichun-gen heraus. Da der Kerndurchmesser und derAußendurchmesser der Schnecke und der In-nendurchmesser des Schneckenzylinderskonstant sind, wird das Strukturgerüst der dis-persen Teilchen im Wesentlichen nur in z-Richtung komprimiert. Kleine Bewegungender Teilchen in x-Richtung werden vernachläs-sigt.

Nur ein Strom der flüssigen Phase durchdas Porensystem des Strukturgerüstes der dis-persen Teilchen entgegen der x-Richtung wirdin der Modellrechnung berücksichtigt. Bei an-steigendem Gesamtdruck in z-Richtung istauch ein Flüssigkeitsstrom durch das Poren-system entgegen der z-Richtung anzunehmen.Dieser Flüssigkeitsstrom, der indirekt zum Fil-trationsergebnis beiträgt, wird in der Modell-rechnung ebenfalls vernachlässigt.

Abbildung 4. Modellzelle für die Berechnung desKompressionsvorgangs in Zone 2; z – Koordinateparallel zur Schneckenachse, x – radiale Koordi-nate, B – axiale Ausdehnung der Modellzelle,H – Schneckenkanaltiefe, 1 – Schneckenkern,2 – Volumenelement, 3 – Filterkuchenschicht undFiltermedium.

Der Kompressions-vorgang im Schne-ckenkanal wird we-sentlich bestimmtdurch den Druck-verlauf, der sichaus dem Transport-vorgang des Zwei-phasensystems imSchneckenkanalergibt.

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Der Widerstand R (Gl. (4b) einer Kuchen-schicht im Spalt s und des Filtermediums, derin der ersten Zone bestimmt wurde, wird alsWiderstand gegen den Filtrationsstrom auchin der zweiten Zone angesetzt.

3.2.4 Berechnung

Mit den vorstehenden vereinfachenden An-nahmen wird nun der Kompressionsvorgangin der zweiten Zone berechnet. Es wird das dif-ferentiell kleine Volumenelement, 2 in Abb. 4,dV = B L dx., in der Modellzelle betrachtet. Esbewegt sich nur in z-Richtung und wird nur inz-Richtung komprimiert. Seine Abmessung inx-Richtung ist konstant, dx = const. Es enthältwährend des ganzen Kompressionsvorgangsdas konstante Volumen dVS an fester Phase:

dVs � 11 � e

B L dx� � � const (11a)

Die zeitliche Änderung des Volumenele-mentes dV ergibt sich daher nur durch eineÄnderung des Volumens dVl an flüssigerPhase im Volumenelement:

dVdt

� dVI

dt(11b)

Nach der Definitionsbeziehung der Poren-ziffer (Gl. (2a)) ergibt sich dVl = e dVS. Mit denGln. (11a) und (11b) kann daher geschriebenwerden:

dVdt

� dVI

dt� 1

1 � eB L dx� � ∂e

∂t(12)

Die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsvolu-mens im Volumenelement ist aber gleich derDifferenz zwischen eintretendem und austre-tendem Volumenstrom der flüssigen Phase.

Die sog. Leerrohrgeschwindigkeit der flüssi-gen Phase durch das Strukturgerüst der dis-persen Teilchen entgegen der x-Richtung sei u.Somit gilt (s. Abb. 4):

dVI

dt� B L

∂u∂x

dx (13)

Für die Leerrohrgeschwindigkeit bei träg-heitsfreier Porenströmung gilt nach Darcy:

u � 1g

K∂pI

∂x(14a)

Es ist nach Modellannahmen∂p∂x

� 0 undsomit wegen Gl. (8):

∂pI

∂x� � ∂ps

∂x(15a)

Also gilt mit Gl. (14a):

u �� 1g

K∂ps

∂x(14b)

Die Gln. (12), (13) und (14b) werden zusam-mengefasst und man erhält mit e(ps) – Gl. (9a)– und K(ps) – Gl. (9b) – eine Differentialglei-chung für ps(x,t) in der betrachteten Modell-zelle:

∂ps

∂t� � 1 � e

gdedps

K∂2ps

∂x2 � dKdps

∂ps

∂x

� �2� �

(15b)

Diese Differentialgleichung muss mit ent-sprechenden Anfangs- und Randbedingungengelöst werden.

Am Anfang von Zone 2 (Beginn des Druck-anstiegs) hat der Feststoffmassenanteil imZweiphasensystem einen experimentell be-stimmbaren Wert c, der als konstant im Quer-schnitt angesehen wird. Bei der feinkerami-schen Porzellanmasse ist �c ≈ 65 Gew.-% (s.Abb. 2). Daraus ergibt sich mit Gl. (2d) einWert für die Porenziffer e. Mit Gl. (9c) folgtaus e der Wert ps(x,0) am Anfang von Zone 2.ps (x,0) hat für das feinkeramische Materialden Wert ≈ 0,2 bar. Die Anfangsbedingung fürps(x,t) lautet also:

t = 0, ps (x,0) = const = 0,2 bar (16a)

Am Schneckenkern ergibt sich, mit u = 0aus Gl. (14b) die Randbedingung (s. Abb. 4):

x � H�∂ps

∂x� 0 (16b)

An der inneren Oberfläche der Filterkuchen-schicht im Spalt s zwischen Schnecke undSchneckenzylinder ist der Filtratstrom � durchdiese Filterkuchenschicht gleich dem Flüssig-keitsstrom u durch das unmittelbar benach-barte Porensystem des Strukturgerüstes desZweiphasensystems im Schneckenkanal. Dar-aus folgt mit dem Druck in der flüssigenPhase durch Einsetzen der Gl. (8) in die Gln.(3) und (14b) die Randbedingung (s. Abb. 4):

x = 0; 1

Rp � ps 0� t� �� � � �K

∂ps

∂x(16c)

Der Widerstand R der Filterkuchenschichtist mit Gl. (4a) bzw. Gl. (4b) gegeben.

Das mit den Gln. (15b) und (16a), (16b) und(16c) gestellte Anfangs- und Randwertproblemkann analytisch nur unter sehr starken Verein-fachungen gelöst werden. Dies bestätigen auchShirato et al., die mit anderen, in diesem Fallnicht zutreffenden Modellvorstellungen zueinem formal analogen Anfangs- und Rand-wertproblem gelangen [1, 7]. Sie nehmen fol-gende starke Vereinfachungen an:

In Gl. (15b) wird dK

dps

∂ps

∂x

� 2vernachlässigt,

für die Faktoren 1�e

gde

dps

, K, ∂K

∂ps

und R werden kons-

112 Chemie Ingenieur Technik 2006, 78, No. 1-2Forschungsarbeiten

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tante Mittelwerte eingeführt. In der Bedin-gung (16c) tritt am äußeren Rand der Gesamt-druck p im Schneckenkanal auf. Er wird wiegemessen vorgegeben. Die analytische Lösungweicht damit deutlich von den Messergebnis-sen ab, z. B. beim Filtratstrom und dem Fest-stoffgehalt im Schneckenkanal [5].

Um zu einer realistischen rechnerischenSimulation zu kommen, die auch den Druck-verlauf im Schneckenkanal bestimmt, werdenin die Gln. (15b), (16a), (16b) und (16c) end-liche Differenzen Dt und Dx eingeführt, um sodas Problem numerisch zu lösen.

Dabei werden auf der x-Achse im AbstandDx die Punkte i = 1 bis M angenommen. i = 1ist der Punkt auf der Oberfläche der Kuchen-schicht im Spalt s bei x = 0, und i = M ist derPunkt auf der Oberfläche des Schneckenkernsbei x = H. Auf der Zeitachse werden im Ab-stand Dt die Punkte n = 1 usw. festgelegt. n = 1entspricht der Lage der Modellzelle am Anfangvon Zone 2.

Man erhält so aus den Gln. (15b), (16a),(16b) und (16c) die Differenzengleichungen:

Dpn�1s�i � Dpn

s�i

Dt� c1

pns�i�1 � 2pn

s�i � pns�i�1

Dx2

� ��

c2

pns�i�1 � pn

s�i�1

2Dx

� �2

(17)

i = 2, ..., M–1; n= 1, .....

c1 � � �1 � e�Kg de

dps

��

��

n

i

c2 � � �1 � e�g de

dps

∂K∂ps

��

��

n

i

(17a)

Anfangsbedingung: n= 1

p1s�i � ps�x� 0� � const für i = 2 bis M–1 (18a)

Randbedingung am Schneckenkern: i = M

pns�M � pn

s�M�1 � 0 für n= 1, ... (18b)

Randbedingung an der Oberfläche der Filter-kuchenschicht im Spalt s: i = 1

pn � pns�1 � � RK� �n

1

pns�2 � pn

s�1

Dxn= 1, .... (18c)

Mit der Anfangsbedingung (18a) und denRandbedingungen (18b) und (18c) sind dieWerte p1

s�i, i = 1 bis M zum Zeitpunkt n = 1 be-stimmbar. Dabei ist der Gesamtdruck p1 zumZeitpunkt n= 1 der Gesamtdruck am Ende vonZone 1, in guter Näherung also: p1 = pE. DieGln. (17) und (18a), (18b) und (18c) ermög-

lichen sodann die Ermittlung der M Wertepn�1

si zum Zeitpunkt n + 1 aus den bekanntenWerten pn

sizum Zeitpunkt n. Dabei muss aller-dings der Gesamtdruck pn+1 in Gl. (18c) eben-falls aus dem Gesamtdruck pn bestimmt wer-den.

Zum Zeitpunkt n verschiebt sich die Modell-zelle im Zeitelement Dt um den Weg:

Dzn ��Vs

Aq1 � �en� �Dt (19)

Die mittlere Porenziffer �en zum Zeitpunkt nergibt sich in guter Näherung zu:

�en � 1H

�M�1

i�1

e pnsi

� �Dx (20)

Mit der Fördercharakteristik Gl. (10) ist dann

pn�1 � pn � F� �ms� pn��en� v� ) Dzn (21)

Der Filtratfluss pro Fläche durch denSchneckenzylinder kann z. B. als Leerrohr-geschwindigkeit im dispers-plastischen Masse-strang in unmittelbarer Nähe zur Kuchen-schicht im Spalt s zwischen Schnecke undSchneckenzylinder bestimmt werden. ZumZeitpunkt n ergibt sich mit Gl. (14b):

un � � 1g

K pns1

� � pns2 � pn

s1

Dx(22)

Der mittlere Feststoffmassenanteil �cn zumZeitpunkt n ergibt sich mit �en – (Gl. (20)) – ausGl. (2d).

Zum Zeitpunkt n hat die Modellzelle diesePosition erreicht:

zn � z1 ��Vs

Aq

�n�1

j�1

1 � �e j� �Dt (23)

Somit kann den Werten des Feststoff-gerüstdrucks pn

si, des Gesamtdrucks pn, des Fil-tratflusses pro Flächeneinheit un unddes mittleren Feststoffmassenanteils �cn imSchneckenkanal die räumliche Position zn zu-geordnet werden. Abb. 2 zeigt, dass errechneteund experimentell bestimmte Verläufe vonDruck und Feststoffmassenanteil im Schnek-kenkanal der Pilotanlage gut übereinstimmen.

4 Ausblick

Ein wesentliches Merkmal dieser Simulations-rechnung besteht darin, dass zusammen mitder Flüssigkeitsabscheidung durch Kompressi-on auch der Druckverlauf im Schneckenkanalmitberechnet wird.

Eine Übertragung der Fördercharakteristikvon der Pilotanlage auf eine Produktionsan-lage unter den strengen Bedingungen physika-lischer Ähnlichkeit ist nicht möglich [8]. Es ist

Die errechneten unddie experimentellbestimmten Ver-läufe von Druck undFeststoffmassen-anteil im Schnecken-kanal der Pilot-anlage stimmengut überein.

Filtration 113Chemie Ingenieur Technik 2006, 78, No. 1-2

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jedoch anzunehmen, dass eine sog. homologeModellübertragung, wie sie z. B. bei Kunst-stoffextrudern gelingt [9], auch für die Förder-charakteristik feindisperser Zweiphasen-systeme im Schneckenkanal mit praktischausreichender Genauigkeit entwickelt werdenkann.

Dann können mit Hilfe des Strömungs-widerstands R der Filterkuchenschicht imSpalt s (Gl. (4b)) und mit Hilfe der Fördercha-rakteristik (Gl. (10)), die an einer Pilotanlagefür das vorliegende Zweiphasensystem gemes-sen werden, die Vorgänge in einer Großaus-führung rechnerisch simuliert werden. Natür-lich müssen auch die Funktionen (9c) und (9d)für das vorliegende Zweiphasensystem be-kannt sein.

Der Feststoffmassenanteil im Einlauf cE undder zu erzielende Feststoffmassenanteil im Ex-trudat cA sind vorgegeben.

Der Massen- bzw. Volumendurchsatz �ms

bzw. �VgE sowie der erforderliche Druck vordem Mundstück pA sind für den stabilen Be-triebspunkt A (s. Abb. 3) der Fördercharakte-ristik der Großanlage ebenfalls vorgegeben.Die numerische Rechnung muss dann für ver-schiedene Werte des Einlaufdruckes pE durch-geführt werden, bis vor dem Mundstück derdurch den stabilen Betriebspunkt A geforderteDruck pA bei dem erforderlichen Feststoff-anteil cA erreicht wird.

Die Rechnung liefert dann auch die erfor-derliche Länge des filtrierenden Schnecken-zylinders.

Eingegangen am 20. Mai 2005

Formelzeichen

A [–] Arbeitspunkt�A [mm2] Fläche eines ebenen FiltersAq [mm2] Querschnitt des Schnecken-

kanalsDA [mm2] FlächenelementB [mm] Ausdehnung der Modell-

zelle in z-Richtungc [–] Feststoffmassenanteil

(= ms/mg)�c [–] mittlerer Feststoffmassen-

anteilD [mm] Außendurchmesser der

SchneckeD50 [lm] mittlere Korngrößee [–] Porenziffer (= Vl/Vs)�e [–] mittlere PorenzifferF [bar/mm] FördercharakteristikDFs [N] durch Teilchenkontakte

übertragene KraftH [mm] Schneckenkanaltiefe

K [cm2] Permeabilität�K [cm2] mittlere PermeabilitätL [mm] Länge der Modellzelle in

UmfangsrichtungM [–] Punktezahl auf der x-Achsem [kg] Masse�m [g/s] Massendurchsatz

p [bar] DruckR [cm–1] gesamter Strömungswider-

stand von Filtermediumund Filterkuchenschicht imSpalt s

s [mm] Spalt zwischen Schneckeund Schneckenzylinder

t [s] Zeitu [mm/s] LeerrohrgeschwindigkeitV [mm3] Volumen�V [mm3/s] Volumendurchsatzv [mm/s] Umfangsgeschwindigkeitx [mm] Koordinate entgegen

Radiusrichtung imSchneckenkanal

z [mm] Koordinate parallel zurSchneckenachse

griechische Buchstabenb [–] Exponentd [–] Exponente [–] Porosität (= Vl/Vg)�e [–] mittlere Porositätf [mm] Koordinate parallel zur

Schneckenachseg [Pa s] Viskosität der flüssigen

Phaseq [g/cm3] Dichtem [min–1] Drehfrequenz� [mm/s] flächenspezifischer Filtrat-

strom

IndicesA am Ende des Schneckenkanals vor

dem MundstückE im Einlauf in den Schneckenkanalf Filtratg gesamtes Zweiphasensystemi Punkt auf der x-Achsel flüssige Phasen Zeitpunkts dispers-feste Phase

Abschnitt 3 ist ein Auszug aus der Dissertationvon Dong [5], als Poster präsentiert anlässlichdes 3rd European Congress of Chemical Eng-ineering, 26./28. Juni 2001 in Nürnberg.

Dr.-Ing. D. Dong,Dr.-Ing. D. Schlegel([email protected]),Technikum für Filtration, Kottmüllerallee 9,D-82418 Murnau, Germany.

Es ist anzunehmen,dass eine sog.homologe Modell-übertragung, wiesie z. B. bei Kunst-stoffextruderngelingt [9], auch fürdie Fördercharakte-ristik feindisperserZweiphasensystemeim Schneckenkanalmit praktisch aus-reichender Genauig-keit entwickeltwerden kann.

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Page 10: Untersuchungen an einer Filterschneckenpresse für feindispers mineralische Schlämme

Literatur

[1] M. Shirato et al., Int. Chem. Eng. 1978, 18 (4),680.

[2] D. Schlegel, J. Filt. Soc. 2002, 2 (5), 29.[3] D. Schlegel, Vorrichtung zum Trennen des

Flüssigkeitsanteils vom Feststoffanteil eineskeramischen Schlickers, Europäisches PatentNr. 0138920, 1984.

[4] D. Schlegel, Vorrichtung zum Trennen desFlüssigkeitsanteils vom Feststoffanteil vonZweiphasensystemen, Europäisches PatentNr. 0685325B1, 1995.

[5] D. Dong, Untersuchungen zur Fluid/Feststoff-trennung bei feindispersen keramischenSuspensionen in der Filterschneckenpresse,Dissertation, RWTH Aachen 1995.

[6] F. M. Tiller et al., Compressible Cake Filtration,in The Scientific Basis of Filtration (Ed: I. K. J.Nordhoff), Noordhoff International, Leyden1975.

[7] M. Shirato et al., Int. Chem. Eng. 1981, 25 (1), 88.[8] D. Schlegel, R. Rautenbach, Tonind.-Ztg. 1975,

99 (3), 62.[9] H. Potente, P. Fischer, Kunststoffe 1977, 67, 242.

Strukturierung von Oberflächen mitHilfe polymerer StempelstrukturenBettina Winzer* und Wolfgang Peukert

Oberflächen, die hinsichtlich der Benetzungseigenschaften über Microcontact-Printing vor-

strukturiert sind, können in weiteren Experimenten zur geordneten Anlagerung von ver-

schiedensten kolloidalen Partikeln eingesetzt werden. Bei entsprechender Wahl der Stabili-

tätsbedingungen in der Lösung, der Partikelkonzentration und der Trocknungsbedingun-

gen des Films erhält man geordnete Strukturen von Mikro- und Nanopartikeln auf lokal

scharf abgegrenzten Oberflächenbereichen.

1 Einleitung

Gegenwärtig werden Methoden zur Erzeu-gung geordneter Schichten von kolloidalenPartikeln auf lm- und nm-Längenskala inten-siv untersucht, da die erzeugten Struktureninteressante funktionale Eigenschaften für An-wendungen in der Elektronik, Optik und hete-rogenen Katalyse aufweisen. Durch entspre-chendes Design und Funktionalisierung desSubstrates sowie die Einstellung definierterOberflächeneigenschaften der Partikel wirdein gesteuertes Wachstum kolloidaler Archi-tekturen erreicht.

Eine direkte Kontrolle der räumlichen Ver-teilung von Nanopartikeln über große Berei-che ist eine große Herausforderung. Das Ver-ständnis der grundlegenden Mechanismen beider Anordnung solcher Partikel wird neue Er-kenntnisse über mögliche Strategien bringen,um wohlgeordnete, maßgeschneiderte Schich-ten erzeugen zu können. Durch kontrollierteAnlagerung von Partikeln auf einer struktu-rierten Grenzfläche (Ladungsverteilung, Funk-tionalität, Benetzungswinkel) werden 2-dimen-sionale Strukturen als Basis für den Aufbau

einer 3-dimensionalen Struktur durch weiteregezielte Anlagerung und Aggregation von Par-tikeln geschaffen.

Vor ca. zehn Jahren entwickelte die Arbeits-gruppe von Whitesides eine elegante Methodezur Erzeugung chemisch heterogener Oberflä-chen, das so genannte Microcontact-Printing(�cP) [1, 2]. Diese Methode wird eingesetzt,um z. B. auf Oberflächen ein bestimmtes La-dungsmuster zu übertragen [3], lokal die Be-netzungseigenschaften eines Substrates einzu-stellen [4, 5], Metallfilme auf Oberflächen zuübertragen [6], Kristalle an definierten Stellenauf einem Substrat wachsen zu lassen [7] undum Partikel in einem definierten Muster aufOberflächen zu adsorbieren [8].

2 Methoden und verwendeteMaterialien

Zur Strukturierung von Oberflächen wird dieMethode des Microcontact-Printing eingesetzt.Damit werden Modellsubstrate mit lokal unter-schiedlichen Benetzungseigenschaften für die

Eine direkte Kont-rolle der räumlichenVerteilung vonNanopartikeln übergroße Bereiche isteine große Heraus-forderung.

Mikrostrukturen 115Chemie Ingenieur Technik 2006, 78, No. 1-2

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DOI: 10.1002/cite.200500078