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(Augenktinik der Kgl. Universit~t Perugia. -- Leiter: Prof. G. Zo Cazc, io.) Untersuehungen fiber die Breehung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge. Von Prof. G. Lo easeio. M~ 1Textabbildung. Inhalt. 1. ~Ioderne Anschauungen fiber die Konstitu~ion der astigmatischen Strahlen- biindel (S. 411). 2. Bib]iogruptdsche Einleitung fiber die Breehung bei sehiefer Incidenz im Auge (s. 414), 3. ~_rbeitsplan (S. 419). 4. ~dber die Form der Bildfl~chen des Auges, Mle brechenden Fl~ehen als sph~risch ~ngenommen (S. 422). 5. (~ber die L~ge der Netzhautflache zn den Bfldfli~chen, Mle brechendell Fliichen und die Netzhautfl~che Ms sphi~risch angenommen (S. 425). 8. ~ber die Lage der Netzhautfl~che zu den Bild~l~chen (Ne~zhaut~l~che pa~ra- boloider Form in der betreffenden Zone) (S. 427). 7. Bereehnung des Astigmatismus des ira Auge gebrochenen Strahlenbiindels ffir sehief einfallende Strahlen unter Berficksichgigung der reellen Form der hinteren Fl~che der KrystMlinse (S. 429). 8, ~ber dig Form der Bildflgchen des Auges mit Berticksichtigung der reellen Form der hinteren Linsenflhche (S: 431). 9. l~ber dig Luge der ~etzhantfli~che zu den ]~itdfl~chen (hintere paraboloid- f6rmige Linsenflgehe [p = 5,58 mm] und in der betreffenden Zone paraboloid- f6rmige 5~etzhautfl~ehe [p = 11,03 ram]) (S. 432). 10. SchluBfolgerungen (S. 439). 11. Literaturverzeiehnis (S. 441). 1. Moderne Anschauungen fiber die Konstitution der astigmatischen Strahlenbfindel. DiG Kenntnisse fiber die Konstitution des durch dioptrisehe Systeme yon mehreren sph~risehen Fl~tehen gebroehenen Strahlenbfindels, waren bis vor 40 Jahren nieht vollst~ndig, denn, d~ nur besondere Verh~It- nisse der Refraktion in Betracht gezogen wurden, waren die Ergebnisse solcher Studien verMlgemeinert undMs die gewShnliehsten Bedingungen der R~fraktion betr~chte~ worden. Ieh deute hiermit auf die Theorie Sturms fiber die Konstitution des gebroehenen astigm~tischen Bfindels bin, und, z.B. den FM1 der l~efraktion mi~ schiefer Incidenz in Be~racht ziehend, is~ naeh der v. Graefes Archly~fir Ophthalmologie. 121. Bd. ~8

Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

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Page 1: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

(Augenktinik der Kgl. Universit~t Perugia. - - Leiter: Prof. G. Zo Cazc, io.)

Untersuehungen fiber die Breehung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge.

Von Prof. G. Lo easeio.

M~ 1Textabbildung.

Inhalt .

1. ~Ioderne Anschauungen fiber die Konstitu~ion der astigmatischen Strahlen- biindel (S. 411).

2. Bib]iogruptdsche Einleitung fiber die Breehung bei sehiefer Incidenz im Auge (s. 414),

3. ~_rbeitsplan (S. 419). 4. ~dber die Form der Bildfl~chen des Auges, Mle brechenden Fl~ehen als sph~risch

~ngenommen (S. 422). 5. (~ber die L~ge der Netzhautflache zn den Bfldfli~chen, Mle brechendell Fliichen

und die Netzhautfl~che Ms sphi~risch angenommen (S. 425). 8. ~ber die Lage der Netzhautfl~che zu den Bild~l~chen (Ne~zhaut~l~che pa~ra-

boloider Form in der betreffenden Zone) (S. 427). 7. Bereehnung des Astigmatismus des ira Auge gebrochenen Strahlenbiindels

ffir sehief einfallende Strahlen unter Berficksichgigung der reellen Form der hinteren Fl~che der KrystMlinse (S. 429).

8, ~ber dig Form der Bildflgchen des Auges mit Berticksichtigung der reellen Form der hinteren Linsenflhche (S: 431).

9. l~ber dig Luge der ~etzhantfli~che zu den ]~itdfl~chen (hintere paraboloid- f6rmige Linsenflgehe [p = 5,58 mm] und in der betreffenden Zone paraboloid- f6rmige 5~etzhautfl~ehe [p = 11,03 ram]) (S. 432).

10. SchluBfolgerungen (S. 439). 11. Literaturverzeiehnis (S. 441).

1. Moderne Anschauungen fiber die Konstitution der astigmatischen Strahlenbfindel.

DiG Kenntnisse fiber die Kons t i tu t ion des durch dioptrisehe Systeme yon mehreren sph~risehen Fl~tehen gebroehenen Strahlenbfindels, waren bis vor 40 Jah ren nieht vollst~ndig, denn, d~ nur besondere Verh~It- nisse der Refrak t ion in Bet racht gezogen wurden, waren die Ergebnisse solcher Studien verMlgemeinert u n d M s die gewShnliehsten Bedingungen der R~frakt ion betr~chte~ worden.

Ieh deute hiermit auf die Theorie S turms fiber die Kons t i tu t ion des gebroehenen astigm~tischen Bfindels bin, und, z . B . den FM1 der l~efraktion mi~ schiefer Incidenz in Be~racht ziehend, is~ naeh der

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412 G. Lo Cascio: Un~ersuchungen

Theorie Sturm8 das Bild eines Punktes, dutch eine Linse sowie durch ein beliebiges System yon sph~rischen Fl~.chen entworfen, mit Aus- nahme eines Punktes auf der optisehen Aehse, nieht punktuell, sondern aus zwei gegeneinander und gegen den Leitstrahl senkreeht stehender~ Brennlinien gebildeg.

Wenn wir die zweite Brennlinie verlgngern wfirden, wiirde sie die optisehe Achse des optisehen Systems treffen; sie hat nun eine radiMe gichtung, wghrend die erste Brennlinie eine tangentiale hat. Die ersten BrennHnien bilden die erste Brenn/liiche und ghnlicherweise die zweiten Brennlinien die zweite BrennflOzhe.

Diese Brennfl~ehen sind krumm und berfihren sich im Brennpunkte der optisehen Achse.

Die im Jahre 1890 ver6ffentliehte Monographie Gullstrands ,,Beitrag zur Theorie des Astigmatismus" erschfitterte vollkommen die Kenntnisse fiber die Konsti tut ion des gebroehenen Bfindels.

Aus den meisterhaften Untersuchungen Gullstrands geht hervor, dag ein unendlich diinn astigm~tisehes Biindel im Mlgemeinen seine beiden dfinnsten Querschnitte bei den FokMpunkten hat, dub diese Querschnitte aber keine Brennlinien sind, wenn nicht die Differential-

d @i d @,i * quotienten -d~, und ~ verschwinden, auch nicht gegen den Leit-

d @, d@, A straht senkrecht stehen, solange die DilferentiMquotienten ~ und d s1

nicht gleich Null sind. Gullstrand unterseheidet 3 Formen astigmatischer Bfindel: Die

erste Form hut zwei Syrametrieebenen und zwei gegeneinander und gegen den Leitstrahl senkrecht stehende gerade Brennlinien. Bedingung fiir die erste Form ist:

d @, d @, d @1, d @,, ds, dsl, ds, ds,,

Diese ist die Form des astigmatischen Bfindels Sturms, fiir alle astigmatischen Btindel generalisiert.

Die zweite Form hut nur eine Symmetrieebene, und zwei DifferentiM- quotienten mfissen gleich Null sein. Die gew6hnlichste und wichtigste

Variet~t in der physiologischen Optik ist die, in der z.B. d @I _ d @~ = 0 d sH d s~1

aber d@~ ~ 0 und d @i/ d sl " - d ~ ~ 0 . In solchen Bfindeln g ib tes keine Brenn-

• ~r und e- sind die Kriimmungsradien des Durchschnittes der Wellenfl/~che des gebrochenen Biindels bzw. l~ngs der ersten tIauptkriimmungslinie (Durch- schnitt des gebroehenen BiJmdels 15~ngs dessen erster FokMebene) und l~ngs der zweiten Hauptkrtimmungslinie (Durchschnitt langs der zweiten FokMebene); d st und d st~ sind zwei Bogenelemente der Wellenfl~che in der ersten bzw. in der zweiten tt~uptkriimmungslinie.

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tiber die Breehung bei schiefer Incidenz im mensehliehen Auge. 413

linie, abet einen ersten, senkrecht gegen den Leitstrahl dfinnsten Quer- schnitt; es gibt aber eine zweite Brennlinie, die mit dem Leitstrahle einen spitzen Winkel bildet.

d @,, d @, d @, Sind auBer den DifferentiMquotienten ~ und ~ auch ~ -- 0 ,

so reduziert sieh der erste dfinnste Querschnitt zu einer parabolisehen, gegen den Leitstrahl senkreeht stehenden Brennlinie. Und wenn endlich d @,, _ d @, d @,,

- - - - -- 0 , ist der erste dtinnste Quersehnitt des Biindeis d s,, d s,, d s,

naeh einer Seite yon einer geraden Linie begrenzt, und die zweite Brenn- linie steht senkreeht gegen den Leitstrahl.

Die dritte .Form, die Gullstrand als generMe Form yon astigmatischen Strahlenbfindeln betrachtet, hat weder Symmetrieebeneu noch gerade Brennlinien. In solchen Strahlenbtindeln sind gleiehzeitig nieht gleich

d @~ d @f, d @, d @,i Null weder ~ und ~ noeh ~ und d s,,

Wenn die 4 Differentialquotienten alle einen endllchen Wert haben, ha t das Strahlenbiindel keine Brennebene und keine Brennlinie, sondern zwei diinnste Querschnitte, welche mit dem Leitstrahle einen spitzen Winkel bilden.

d @, d @,, Wenn dagegen ~ oder ~ oder beide, gleieh Null sind, hat das

Strahlenb/indel eine bzw. zwei parabolisehe Brennlinien, welehe mit d @i

dem Leitstrahle spitze Winkel bilden. Im Falle, dag ~ oder oder

beide gleieh Null sind, steht einer der diinnsten Quersehnitte des Strah- lenbiindels oder bzw. beide senkreeht dem Leits~rahle und das Strahlen- bfindel hat eine bzw. zwei Fokalebenen.

d@,, d@,, d @, d @, _ 0 oder -- = 0 hat das Strah- Wenn endlleh d s, d s,, d s, d sl, '

lenbfindel eine Fokalebene und eine senkreeht auf dieser gelegene para- bolisehe Brennlinie. Auf das menschliehe Auge diese wiehtigen Er- gebnisse einer ausffihrliehen mathematisehen Analyse anwendend, bemerkt Gullstrand, dab der Leitstrahl des im Auge gebrochenen Strahlenbfindels die sogenannte 'Visierlinie is~, die Linie zwar, welche vom fixierten Punkte sich gegen den seheinbaren Mittelpunkt der Pupille richter, und welche, nach der Brechung durch die Hornhaut, dureh den wirklichen Mit~elpunkt der Pupille geht und nachher, dutch die Linse gebroehen, die Netzhaut in der Fovea trifft. Da aber das hintere Ende der optischen Augenaehse nicht mit der Fovea zusammentrifft, sondem mit einem nasalw~rts gelegenen Punkte, ist einleuehtend, daB, da die Visierlinie nieht mit der optisehen Achse zusammentreffen kann, sie nicht normal, wenigstens an allen brechenden Augenfl/ichen,

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414 G. Lo Casqio : Untersuchungen

wird sein kSnnen. Deswegen kann das im Auge gebrochene Strahten- biindel nicht der ersten yon Gullstrand besehriebenen Form angehSren. Ferner, wenn die Pupille auf der optisehen Achse des Auges zentriert ist, durchsehneidet die Visierlinie die optische Achse; deswegen kann das im Auge gebrochene Strahlenbfindel nieht der dri~ten Form an- gehSren.

~Tenn der Leitstrahl mit der optischen Aehse einen ~Vinkel von 5 ° 8' 9" bitdet, land Gullstrand, den Verlauf dieses Stra~les nach den versehiedenen Brechungen durch die brechenden Augenflgchen verfolgend, dab das im mensehlichen Auge gebrochene Strahlenbiindel astigmatisch nach der zweiten Form ist, mit einer sehr kurzen Brenn- streeke yon 0,03 ram, und dadurch mit einem Astigmatismus yon 0,1 D.

Oull~vtrand hat auI~erdem festgestellt, da~ bei einem Radius der Pupille yon etwas weniger als I mm der erste dfinnste Querschnitt des Strahlenbfindels (die erste Brennlinie der Sturmschen und Matthiessen- schen Theorie) eine Breite hat, welche 76% der L~nge ausmaeht, und dal~ die zweite Brennlinie, die nach der Sturmschen Theorie senkreeht auf dem Leitstrahle sein sollte, mit diesem dagegen einen Winke] yon 2042 ' 52" bildet!

Aus diesen kurz berichteten wichtigen Ergebnissen der Gullstrand- sehen Untersuehungen geht hervor, dab im mensehliehen Auge den einfMlenden Strahlenbiindeln, deren Leitstrahl einen Winket mit d e r optisehen Achse bildet, astigmatische gebrochene Strahlenbiindel der zweiten Form entspreehen. Deswegen wgre es irrig, die Brennfli~chen des Auges als Flgchen, aus allen ersten nnd zweiten Brennlinien gebildet, zu betrachten.

In den naehfolgenden Untersuchungen wird die erste Brelmflgehe als der Ort aller ersten Fokalpunkte, und ghnlich die zweite Brennflgehe der Oft aller zweiten Fokalpunkte betraehtet, und, der Nomenklatur Gullstrands folgend, wird start erster und zweiter BrennfllJche der ~ame erste bzw. zweite Bildfl~che gebrancht.

2. Bibliographisehe Einleitung iiber die Breehung bei sehiefer Incidenz im Auge.

Zahlreich sind die Untersuchungen fiber die Brechung bei schiefer Incidenz im Ange.

Schon Young (1801) zeichnete ein Diagramm, das das Bild eines Objekts wiedergibt, welches das ganze Gesichtsfeld einnimmt. Young schlot~ daraus, dab die Netzhaut fast vollkommen mi~ dem Teile der Brennstrecke, welcher ffir das Sehen der giin~,igste ist, zusammentrifft.

Hermann (1874) kam mit Berechnungen zum Schlul~, daJ~ in einer Linse, die, wie die Krystallinse, einen Zentralkern mit sehr krummen Fl~chen und hohem Breehungsindex besitzt, ein bei schiefer Incidenz

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gebrochenes Strahlenbtindel eine ldirzere Brennstreeke besitze als in einer homogenen Linse derselben Form und mit gleiehem Fokal- abst, ande.

Hermann glaubte auBerdem, dag die periskopisehen Eigensehaften der KrystMlinse noeh stirker wi~ren, weil der Breehungsindex fort- w~hrend nach innen zunimmt.

Nit einfaehen Reehnungen bereehnete Hermann (1878) den Oft des Bildes eines leuehtenden Punktes dutch eine sphgrisehe Flgehe oder dutch den Mittell0unkt einer sehr diinnen Linse entworfen, ein unendlieh diinnes Strahlenbiindel mit verschiedener schiefer Ineidenz auf der optisehen Achse voraussetzend. Hermann land, daG fiir einen Hauptsehnitt alte zweiten Brennpunkte in einem Kreise, weleher dutch den tIanptzentrMbrennpnnkt geht, liegen, wiihrend die ersten Brenn- punkte in einer ellipsenihnliehen Kurve, welehe die erste Kurve im Hauptzentralbrennpunkt beriihrt, sich befinden.

1~{i~ der Ophthalmoskopie im aufreeht.en Bilde untersuehte Stam~es- haus (1874) den Refraktionsuntersehied des Auges zwisehen der Makular- gegend und den peripheren Teilen der Netzhaut nnd land an der Peripherie emmetropiseher Augen eine stark hypermetropische Refrak- tion. Der Ubergang yon der Emmetrol0ie zur Hypermetropie war in einigen Fi~llen graduell, in anderen gul3erst rasch und kam immer bei einer Entfernung yon ungefghr 5 P.D. ~om Papillenrande zum Vorsehein. Die Refraktion sehien nieht homozengriseh in den perilohersten Teilen und naeh oben und nach unten friiher ats in den seitliehen Teilen.

Schg,rb (1877) bestimmte experimentell mit dem Mikroskop die Lage der Brennlinien eines dutch KrystMlinsen groGer Tiere gebroehenen Strahlenbiindels, wenn das Einfallsbiindel mit der optisehen Aehse einen Winkel yon 40 ° bildete. Die so erhaltenen Itvsultate mit den naeh den Gleiehungen Hermanns fiir eine homogene Linse und ftir eine IAnse mit einem sphi~risehen Kerne bereehneten Werten vergMehend, fand Schdn, daG der Astigmatismus des dnreh die Krystallinse gebroehe- hen Strahlenbiindels nieht unbedeutend ist, und dab die Behauptung Hermanns nieht riehtig ist, dag der Astigmatismus vollkommen dureh die Sehiehtnng der Krystallinse korrigiert sei.

SchOn berechnete iiberdies fiir das in Akkommodagionsruhe befindliehe sehematitisehe Auge und ffir das akkommodierte Auge die Lage der zwei Brennlinien bei einem Einfallswinkel yon 60 °. Im ersten Falle w~re der Astigmatismus gemischt, und zwar tgge die erste Brennlinie etwas vor der Netzhaut, wghrend die zwdite 3,5 mm hinter der Netzhaut sieh befinden wiirde.

Im akkommodierten Auge ware der Astigmatismns ein myopiseh zusammengesetzter, und zwar wgre die zweite Brennlinie 1,5 mm vor der Netzhaut gelegen. Verf. sehloG daraus, daG in alien Akkommoda-

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tionsgraden die seitlieh gelegenen Objekte mit geniigender Deutliehkeit gesehen werden.

Uber diese Untersuchungen SchSns bemerkt Matthiessen abet, dab der Kern der Krystatlinse des Ochsen night kugelig (notwendige Be- dingung far die Applikation der Her~w~nnschen Gleiehnngen), sondern der ganzen Linse ~hnlieh geformt ist.

Zur Kontrolle der Berechnungen stellte Sch6n (1879) auch Unter- suehungen an lebenden menschliehen Augen an, wobei er seitlieh ein horizontales and vertikales Liniengitter legte and die Entfernung des deutliehsten Sehens far die vertikalen and horizontalen Linien malt. Aus dem Untersehiede dieser zwei Abst~tnde vom Auge bereehnete er den Astigmatismus. Auf Grund der Priifung yon 16 Augen kam Verf. zum Schlusse, dal~ jedes zentralstigmatisehe Auge bei einer Incidenz yon 60 ° astigmatiseh war; der Grad dieses Astigmatismus war ungefahr 2,8 D, be- deutend niedriger als der aus der Rechnung hervorgegangene Wert (14,8 D). In 60% der untersuchten Augen war der Astigmatismus gemiseht,

In einer naehfolgenden Note bemerkte SchSn (1884), da~, w~hrend im direkten Sehen das fixierte 0bjekt deutlich gesehen wird, aber Objekt e diesseits and jenseits des fixierten Punktes gelegen, sehr un- deutlieh gesehen werden, im indirekten Sehen dagegen die Objekte, in versehiedenen Entfernungen getegen, etwas verwaschen, aber mit fast gleieher Deutliehkeit gesehen werden. Dies hing nach Schgn yon der verschiedenen Konstitution des gebroehenen Strahlenbandels in den verschiedenen 2 F~llen ab; im zweiten Falle erh~lt man ein Brenn- gebilde von schlanker Form, und nach dem Verf. hat es keinen grol3en Einflul~ auf die Deutliehkeit und Wahrnehmbarkeit des Netzhaut- gebildes, an weleher Stelle des Brenngebildes die Netzhaut liege, voraus- gesetzt, dab jenes dieselbe wirklieh erreicht oder etwa durch Akkommo- darien oder )inderungen der Objektentfernung erreichen kann.

Der Objektkomplex nach allen R, iehtungen, welcher yon der Netz- haut gleichzeitig wahrgenommen werden kann, w~re naeh Schgn yon zwei konkaven F1/~chen begrenzt, die sich im direkt fixierten 0bjekt- punkte berfihren warden; Verf. bezeichnet diesen Objektkomplex als Spatium conjugatum der Netzhaut.

Mit am sehematischen Auge in Akkommodationsruhe ausgeffihrten Berechnungen zieht Fick (1879) die Strahlen, welche n~ch tier Brechung dutch die I-Iornhaut in der Krystallinse am Niveau des vorderen Poles eintreten, in Betracht und finder, daf~ die zweite Brennlinie fast genau mit der ophthalmometrischen Netzhaut H$lmholtz' zusammentrifft, w/~hrend die erste Brennlinie sieh im GlaskSrper befindet and far sehr grol~e Einfallswinkel sehr nahe an der hinteren F1/~ehe der Krystallinse liegt.

Peschel (1878) kommt naeh einigen Bestimmungen des indirekten Sehens im eigenen Auge und naeh Berechnungen am reduzierten Auge

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fiber die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge. 417

zum Schlusse, dab das Auge fiir das periphere Sehen aul~erordentlich bef~higt ist, und dab die grol~e Verminderung des peripheren Astig- matismus ihre Ursache haupts~chlich in der Schichtung der Krystall- linse und in der eigentiimlichen Art der Zusammenstellung des ganzen dioptrischen Apparates des Auges finde.

Das sehematische akkommodationslose and akkommodierte Auge beniitzend and die Hornhaut als ein oblonges Rotationsellipsoid (mit ttalbachsen = 11,009, 9,272) voraussetzend, berechneten Rasmus and Wauer (1879) fiir einfallende Strahlen mit verschiedener Inklination auf der Achse die Abst~nde der Brenntinien yon der Netzhaut Helm- holtz'. Aus diesen ]3erechnungen geht hervor, dal~ sowohl im akkommo- dationslosen als im akkommodierten Auge die Netzhaut immer in der Brennstreeke liegt, und zwar etwas n~her der zweiten als der ersten ]~rennlinie.

Matthiessen (1879) hat am akkommodationslosen Auge den geo- metrischen Ort der theoretischen Netzhaut bestimmt, worunter der Ort derjenigen hinter der Krystallinse gelegenen Punkte verstanden wird, in welehem der ganze in die Pupille eindringende Strahlenkegel seinen kleinsten Querschnitt hat.

Zu diesem Zwecke hat der Verf. fiir verschiedene Inklinationen auf der optisehen Aehse die Lage des Durchsehnittspunktes zweier seitlieh in die Hornhaut einfallender Parallelstrahlen bestimmt, yon denen der eine durch den Kern, der andere dutch den vorderen Scheitel der Kry- stMlinse geht. Die Hauptschliisse, die man axis den Untersuchungen Matthiessens ziehen kann, sind folgende:

1. Der Meridian der theoretisehen Netzhaut ist ein Kreis yon Rad. veer. 11,738 ram, dessen Zentrum mit dem Mittelpunkt des elliptisehen ti[ornhautmevidians zusammenf~llt.

2. Die theoretisehe ~qetzhaut schmiegt sich in einer "Ausdehnung yon 75 ° an die beiden ophthalmometrischen Netzh~ute (Helmholtz, Arlt) so genau an, dal3 sie zwischen ihnen verl~uft.

3. Die theoretisehe Netzhaut verlguft nahezu in der Mitte der Brenn- streeke des in die Pupille einfallenden Strahlenbiindels.

4. Beide ophthalmometrischen Netzhgute Helmhottz' und Arlt8 liegen innerhalb der Brennstreeken (gemisehter Astigmatismus), aber die erste ist n~her der zweiten, die zweite n~her der ersten Brennlinie.

Matthiessen zog aus vorstehenden S~tzen den Schlul~, dal~ das mensoh- liche Auge fiir das periphere Sehen in hohem Grade eingeriohtet ist, da da~ Bild seitlieh gelegener Objekte auf der Netzhaut zustande kommt.

Mit sp~teren Untersuchungen, bei denen er den Grad der indirekten Sehseharfe in verschiedenen Punkf~n des Sehfeldes zweier Individuen mal~, land Matthiessen (1884), dab die innere horizontale Begrenzungs- kurve des Sehfeldes sine ovoidale Gestalt zeigt. Das laterale Sehfeld

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des ersten Augenpaare s war zwischen 45 ° und 90 ° v o n einer Ellipse begrenzt, jenes des zweiten yon einer Hyperbel.

Der Verf. kommt zum Sehlusse, da[3 ffir sehr groBe Einfallswinkel das Auge als exzessiv myopisch zu betrachten sei, und daI~ beim menseh- lichen Auge die progressive Verkfirzung der Bildweite in den peripheren Teilen scheinbar st/~rker sei als die Anni~herung der Netzhaut an die KrystaUinse.

Im Jahre 1900 untersuehte Druault, bis zu welchem Winkelabstande yon der Gesichtslinie man praktiseh mit der Skiaskopie den Refraktions- zustand des Auges bestimmen kann. Zu diesem Zwecke bestimmte er mit der Sldaskopie in 22 Augen den Asf.igmatismus bei schiefer Incidenz l~ngs des horizontalen Meridians fiir versehiedene Winkel- abst~nde yon der Gesichtshnie zwischen 0 ° und 50 °. Druault abet gibt zu, dab fiir sehr groBe Winkelabst~inde die Bestimmungen sehr ann~hernd sind, weil oft schon bei 20 ° yon der Gesichtslinie die zwei R~nder der Pupille sich versehieden verhalten, und zwar hat, der dem Untersucher nKhere Rand eine mindere Reffaktion als der andere.

Druault hat auBerdem, die Tscherningsehen Konstanten gebrau- chend und die brechenden Fl~ehen des Auges als genau sph~risch vor- ausseSzend, den Grad des Astigmatismus berechnet.

In der nachfo]genden Tabelle sind die Zahlen, die Druault mit der skiaskopischen Untersuchung und die er mit Berechnungen erhalten hat, wiedergegeben:

Mittelwerte der skiaskopi~s'chen Bestimmungen. Winkel mit der Temporale Portion des Nasale Portion des Berechneter Gesichtslinie Sehfeldes Sehfeldes Astigmatismus 1

0,1 - - 0 , 3 0 , 2

20 ° I -~ °'1 I ÷0 '1 I +0,5

0,4 1,4 . . . . . 0,8

0,2 I -]~ 0,3 ] ~- 1 3O ° I I 1,2 2,9 -- 2,1

40 ° ~-0,8 1-I-1 [ ~-1,7

- 2,3 -- 4,6 -- 4,1

50 ° [ + 2 [-,-2,1 [ + 2 , 6

.- 3,9 (?) - -- 6,7 (?) -- 7,6

1 Der Astigmatismus wurde berechnet~ wobei die Netzhautfl/~che als sph&risch und deren Krfimmungszentrum in gleichem Abstand yon beiden Augenpolen an- genommen wurden.

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tiber die Brechung bei sehiefer Ineidenz im menschlichen Auge. 419

Aus diesen Untersuchungen hat Druault folgende Schlfisse gezogen: 1. Der Grad des Astigm~tismus des Auges bei schiefer Ineidenz

ist etwas geringer als jener des berechneten Astigmatismus, die brechen- den Fl~chen als spharisch vorausgesetzt.

2. Von der Gesiehtslinie aus berechnet ist dieser Astigmatismus etwas geringer ffir die temporale Portion des Sehfeldes als ffir die nasale. Dieser Unterschied wird durch den Winkel s¢ erkl~rt.

3. Die Netzhaut ist im Mtgemeinen zwisehen den zwei Brennlinien giinstig far das seharfe Sehen gelegen.

3. Arbeitsp]an. In den meisten Untersuchungen fiber die Brechung bei schiefer

Incidenz im mensehlichen Auge sind die Berechnungen des Astigmatis- mus des gebrochenen Strahlenbfindels durchgeffihrt worden unter der Voraussetzung, da:B die vordere Fl~iche der Hornhaut ellipsoidf6rmig sei, und dal~ das Verhalten des Brechungsindex der Krystallinse den Matthiessenschen Gesetzen folge.

Angerdem setzen alle yon den verschiedenen Verff. durchgeffihrten Bereehnungen, um die Lage der Netzhautfl/~che zu den Brennfl/~chen des Anges zu bestimmen, voraus, dab die Netzhautflache spharisch sei.

Aus den mit mathematischer Genauigkeit durchgeffihrten Unter- suchungen Gullstrands tiber das Verhalten der Krfimmung in den ver- schiedenen Teilen der Hornhaut geht hervor, dab es in der I-Iornhaut eine optisehe zentrale Zone gfbt, in der die Krfimmung beinahe sph/~risch ist. Diese Zone hat in horizontaler Riehtung eine Ausdehnung yon etwa 4 mm und etwas weniger in vertikaler, ist ferner nach auBen und im allgemeinen auch ein wenig nach unten dezentriert. Die peripheren Teile der Hornhaut zeigen eine bedeutende Abftaehnng, die nasalw/irts grSger ist als temporalw/~rts und naeh nnten e~was Meiner Ms nach oben ist. Aus den Untersuehungen Gullstrands geht aueh hervor, dab nnr ffir die peripheren Teile der Itornhaut die Kurve, welche der Schnitt- linie lgngs eines Meridianschnittes ngher ist, eine Ellipse ist.

Mehrere Jahre hindureh war fast fibera]l angenommen, dab im nor- maten Auge der Breehungsindex der Xrystal]inse graduell yon der gugeren Sehicht gegen den Kern zunehme, nnd dab die Indicialkurve yore Scheitel einer Parabel gut dargestellt sein kSnne (Matthiessen).

Hess hat aber nachgewiesen, dab etwa yon der Mitre der 20er Jahre an der {dbergang yore Rinden- zum Kernindex nicht graduell, sondern sprungweise erfolgt, derart, dab an der normalen Kernperipherie deutlich sichtbare Spiegelbilder entstehen. Gullstrand hat auBerdem bewiesen, dab weder die Indicialgleiehung Matthiessens noeh die yon diesem Verf. berechnete Gleiehung, um den Totalindex zu bestimmen, genau ist. Alle Untersuchungen fiber die Bereehnung des peripheren Astigmatismns

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&20 G. Lo Cascio: Untersuchungen

des Auges sind deshalb als nicht genau zu betrachten, in denen der Durehgang der Lichtstrahlen durch die Krystallinse mit den Gleiehmlgen MatShiessens untersucht ~ r d e . Hermann glaubte z. B., dal3 die Sehich- tung der Xrystallinse eine Verminderung des Astigmatismus in der peripheren Abbildung bedinge. Gullstrand hat dagegen die exakte Indieialgleiehung gebraucht, die er in dan sehematisehen Krystallinsen mit kontinnierlich varlablem Breehungsindex bereehnet hatte, und ha~ dabei gefunden, dal~ unter einem Winkel yon 25 ° im Zentrum der vorderen Linsenfl/iche, und wenn die hintere Linsenflgche als para- bolisch angesehen wird, der Astigmatismus gr6Ber ist als in einer homo- genen Linse mit dem entspreehenden Totalindex.

Augerdem setzgen alle vorher fiber den peripheren Astigmatismus des Auges yon den versehiedenen Verff. durchgeffihrten Berechnungen voraus, dab die hintere Linsenfli~ehe sph~risch sei, w/~hrend die reeUe Form dieser F1/iche bis vor einigen Jahren noch nicht bekarmt war. Deshalb schrieb Gullstrand mit Recht: ,Solchen Berechnungen kann aber, solange die exakte Form der hinteren Linsenfl/iche unbekannt bleibt, kein Wert beigemessen werden."

Die Ergebnisse der wiehtigen Untersuchungen Nordensons fiber die Form der Linsenfl/~chen im mensehlichen Auge best~tigen vollkommen die Behauptung Gullstrands. Nordenson, der das Helmholtzsehe Ophthal- mometer und die auf Grund der Gesetze der Infinitesimalgeometrie yon Gultstrand ermittelten Gleiehungen anwandte, fand, dal~ die optische Zone der beiden Linsenf]/~ehen mit grol~er Ann/~herung als ein Paraboloid zu betraehten sei, dessen Achse mit der ophthalmometrisehen zusammen- f~llt.

Nun kann ffir diese Berechnungen die gen~ue Kenntniss der Form tier vorderen Linsenfl~ehe vernachla.ssigt sein, und es genfigt, den %Vert des Krfimmungsradius im Scheitel zu kennen und als Leitstrahl des einfallenden Strahlenbfindels jenen Strahl zu berficksichtigen, weleher, naeh der Breehung dutch die Hornhaut, durch den vorderen Polder Krystallinse geht (die Pupille als punktfSrmig angenommen). Fiir die hintere Flaehe der Krystallinse ist aber nStig, den genauen Wert des Krfimmungsradius und der Normalen in den versehiedenen Punkten, (lurch die die versehiedenen Liehtstrahlen gebroehen werden, zu kennen.

Was die Form und die Krfimmung der Netzhautfl~tche betrifft, stammen die bisherigen Kenntnisse aus den Untersuchungen yon Stammeshaus, Krause und Lo Cascio.

Stammeshaus, der voraussetzte, dab das Auge genau sphgriseh w~re, mal~ die Aehsenlange nnd subtrahierte yon diesem Werte die Dieke der Hornhaut, der Aderhaut und der Sc]era, danaeh dividierte er (lurch 2 die gefnndene Zahl. Naeh diesen Untersuehungen wfirde der Krfim- mungsradins der Netzhautfl/tche den Wert yon 11 mm betragen.

Page 11: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Brechung bei sohiefer Incidenz im mensehliehen Auge. 421

Krause teilte da.s Auge in 2 Hglffen, tauehte die eine Halfte in eine wasserige EiweiB15sung ein nnd maB mit einem Ramsdenschen Mikro- skop, mit einem Okular-Mikrometer versehen, far verschiedene Punkte der Netzhautflaehe die Koordinaten, und aus deren VerhMten kam er zu dem SehIusse, dab die Netzhautflgche sich einem Ellipsoid annghere, dessen grSBt~ HMbaehse zwisehen 4,93 und 5,14, und die kleinste zwischen 4,19 und 4,58 sehwankt.

Da mir der Wert yon Stammeshau8 zu schematisch schien, und da andererseits die Teehnik, die Krause gebraueht hat, bedeutende Ver- a, nderungen der reellen Form der ~etzhautflache veranlassen konnte, glaubte ich, dab man genauere Werte mit einem Gipsansgusse der hTetz- hautfl~ehe erhMten kSnne. Die Teehnik war folgende: Ich tauehte das enucleierte Leichenauge (einige S~nnden naeh dem Tode) in eine schwaehe t~ormollSsung, wo es einige Stunden blieb, um eine gr6Bere Konsistenz der Gewebe zu erzeugen. Naehher ftihrte ich zwei 0ffnungen arts in der Nghe des SelerocorneMlimbus, durch die ich den GtaskSrper und die ~e tzhau t entfernte. Ieh gob danach einen hMbfliissigen Gips- brei ein, den ieh erh~trten lieB. Naeh 12 Stnnden entfernte ieh die Selera und die Aderhaut und maB einen wagerechten und einen senkreehten Schnitt aus. Ieh land mit dieser Technik, dab f ~ eine Ausdehnnng, einem MaximMwerte der Ordinate yon 7- -8 mm entspreehend, die hTetzhautflgehe eine solche Form hat, dab diese sich einem Paraboloide anschmiegt.

Aus alien diesen Betraehtungen semen mir, dab fiir die Brechung bei sehiefer Incidenz im Auge neue Un~ersuchnngen der Miihe weft waren, welehe, wenn sie auch nicht das Ideal erreichen k6nnen ~, uns genaue Kenntnisse iiber den Astigmatismus bei sehiefer Incidenz und fiber die peripheren Abbildungen des lebenden Auges zu geben, vielleicht sieh der Wahrheit mehr Ms die vorherigen Untersuchungen ann~thern k6nnen.

Es w~re eine unnStige Miihe, diese Untersuchungen auch auf die Abbildungen, die sieh Jn den periphersten Teilen des Auges bilden, auszudehnen, well nur in einer sehr kleinen Ausdehnung die Netztmnt wegen ihrer anatomischen Beschaffenheg far eine seharfe Abbildung zu verwerten geeignet ist (GuUstrand). JedenfMls glaube ich, dab wegen dieser besonderen anatomischen Struktur fiber 40 ° yon der Fovea der Astigmatismns des gebroehenen Strahlenbtindels keinen besonderen EinfluB auf die Wahrnehmung der Abbildnngen ansiiben kSnne

AuBerdem kann man, wenn man die Untersuehnngen bis zu einem Werte yon 40 ° des Winkels, weleher yore Leitstra:hle des einfMlenden Strahlenbiindels mit der 9Ptischen Aehse des Systems gebildet wird, beschr-~nkt, den betreffenden Tell der Hornhaut Ms sphgriseh annehmen.

Dies hauptsgehlieh darum, weil die breehenden Flgehen des Anges und viM- leicht auch die ~etzhautfl~tehe nieht genau symmetriseh sind.

Page 12: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

422 G. Lo Cascio : Untersuchungen

Meine Untersuchungen behandeln folgende Fragen: 1. ~ber die Form der Bildfl~chen des Auges, alle breehenden Fl~chen

als sph~risch angenommen. 2. Uber die Lage der Netzhautflache zu den Bildflachen (ich betrach-

tete zuerst die Netzhautfl/iche ~ls sph~trisch und wiederholte die Be- rechnungen, indem ich annahm, dab die Netzhautfl~tche eine solche Form hatte, d~B sic sich einem Paraboloide in der betreffenden Zone anschmiegte).

3. Uber die Bcrcchnungen des Astigmatismus der sehief im Auge einfallenden Strahlen und fiber die Form der Bildfliichen unter Bertick- siehtigung der rcellen Form der hinteren Linsenfl/iehe.

4. Uber die Lage der Netzhautflgche zu den Bildfl~chen des Auges (wobei die hintere Linsenfl~che und auBerdem der betreffende Teil der Netzhautfl/~ehe Ms parabolisch angenommen wurde).

Ieh habe vorliiufig meine Untersuchungen auf das sehematisehe Auge H e l m h o l t z ' beschr~nkt mit der Absieht, sie sp~tter auf jenes G u l l s t r a n d s , welches viel kompliziertere Berechnungen verlangt, auszu- dehnen.

4. Uber die Form der Bildfl~chen des Auges, alle brechenden Fl[ichen als sph[irisch angenommen.

Fiir nachfolgende Untersuchungen babe ich 4 Winkel, die mit der optischen Achse des Auges die Fortsetzung des Lcitstrahles eines kleinen einfMlenden Strahlenbfindels bilden (9 ° 5 9 ' ~ 2 0 ° - - 3 0 ° - - 3 9 ° 59'), in Betracht genommen und habe geometrisch den VerlauI dicses Strahles nach der Brechung durch die brechenden Flachen des Auges verfolgt, dem von G u l l s t r a n d vorgeschlagenen Verfahren folgend, um den Grad des Astigmatismus des gebrochenen Strahlenbiindels ira menschlichen Auge vom Winkel a verursacht, zu bestimmen (siehe G u l l s t r a n d , Beitrag zur Thcorie des Astigmatismus. Skand. Arch. Physiol. [Berl. u. Lpz.] 2, H. 4--5, 269 [1890]).

Ich bckam hiermit ffir jede Inkfination des Leitstr~hles des einfMlcn- den Strahlenbfindels zwei Werte q'/' und q~:', welche die Entfernung des ersten dfinnsten Qucrschnittes des gebrochenen Biindels bzw. der zweiten Brennlinien yon der hinteren Linsenfl~che zeigten.

Es wird eine Besichtigung der Abb. 1 geniigen, um das Verfahren zu verstehen : A A ' ist dcr Leitstrahl eincs kleinsten einfallenden Biindels yon Parallelstr~hlen, welcher mit der optischen Achse des Auges den Winkel X bildet. Naeh der Brechung dutch die Hornhaut und beide Flgchen der Krystallinse nimmt der Leitstrahl die Richtungen A t A t~ ,

A ~I A ttt , A ' r ~ a ; a P ste]lt einen Tell der Schnittlinie der Netzhaut- flache dar mit einer durch die optische Achse gehenden Ebene, ]' und ]" sind die Punkte, in denen der Leitstrahl des gebrochenen Biindels

Page 13: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

tiber die Breehung bei schiefer Incidenz im mensehlichen Auge. 423

durchschnitten wird yon dem ersten dtinnsten Querschnitt des Bfin- dels bzw. yon der zweiten Brennlinie. Sowohl die Schnittlinie der N'etzhautflgche als auch die verschiedenen Punktpaare t', •" wurden auf ein Koordinatensystem bezogen, dessen X-Achse mit der opti- sehen Achse zusammeMgllt mit Ursprung im hinteren Brennpunkte des Auges P.

Um die Lage des Punktes P zu kennen, habe ich die Dioptrienrech- hung nach Gullstrand gebraucht und habe zuerst die Brechkraft des gesamten Auges dureh die Gleichung:

D~ ...... D, -~ D,, - - a D, D,,

y, y

, \

~ x x

Abb. L

0 ' ~ / /

bestimmt und habe nachher den hinteren Fokalabstand des Auges (F, ~ 20,69 ram) und den Abstand zwischen dem hinteren Brenn- punkt des Auges und dem hinteren P o l d e r Krystallinse berechnet (Pd = 15,61 ram).

In der Tab. 1 sind alle Ergebnisse der Berechnung wiedergegeben, Um die Form der Bildflgchen des Auges zu kennen, habe ich die

Abstgnde q~" und q~',' des gebrochenen Strahlenbfindels auf die beiden Koordinatenachsen projiziert. Aus der geometrischen Konstruktion der Abb. 1 ermittelt man folgende Gleichungen:

y ' = @"+ A ' c ) sine) ,y" == (q'ff-P A " c) sin co

Page 14: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

424 G. Lo Cascio : Untersuchungen

x ' = P 5 - - P ' d P ' d = P ' c - - c d

x " = P ~ - - P " ~ P ' c = (q' / '+ A " c) cosco

P " d = P " c - - c d

P " o '~' A " c) = (q,, + cos eo

A " c = A " A " s i n / ' sinco

c d = A " 5 - - A " c = A " d - - A " A " s i n a sino)

o o ~ a + r " ~ r " - - i " + / ' .

Mit diesen Gleichungen k a n n m a n genau die K o o r d i n a t e n der ver-

schiedenen ]~rennpunkte 1', / " ; l ; , f f berechnen, wenn die Lage des

Punk tes -P (siehe Abb. 1) bekann t ist.

N a e h d e m ich die K o o r d i n a t e n der B r e n n p u n k t e des gebrochenen

Bandels mi t den 4 Ink l ina t ionen des Lei t s t rahles des einfMlenden

Biindels berechne t ha t te , habe ich die Gleichung einer bekann ten K u r v e

aufgesucht , die den Koord ina t enwer t en der B rennpunk te mi t befriedi-

Tabelle 1.

X 9 ~ 5 9 " 2 0 ° 8 0 ° 3 9 ° 5 9 '

I 7 , . .

X . . .

6 ! . . . .

i I t . . . .

L It*! . . .

~.1! . . .

~ l t . .

A ~ A" . A " A "

1/ q, t f f

q, !

P,,,

fl,t t f

q t t f f f qtf t

P;; P;;, P n

R" R H

j~,*l l

A "(3

3 o 54' 9 ° 59' 6 ° 05' 8 ° 27' 3 ° 08' 4 ° 33' 7 ° 51' 3 ° 22' 3,61816 3,61225

30,73357 24,15333 15,38928

27 11541 20,54108 30 93000

7 o 53' 20 ° 12 ° 07' 16 ° 55' 6 o 14' 9 ° 02'

]5 ° 42' 6 ° 41' 3 68645 3,64675

29,79000 23,22473 14,71666

26,10355 19,57798 30,54285

12 ° 30 ° 18 ° 25 ° 22'

9 ° 10' 13 ° 22' 23 ° 29' 9 ° 52' 3,79525 3,70207

28,32750 21,77400 13,72906

24,53225 19,07193 29,87714

24,31722 23,85388 15,50428 15,19142

27,30969 26,85640 20,70497 20,20713

7,82000 7,82000 10,00000 10,00000 6,00000 6,00000 3,60000 3,60000

23,07368 14,65620

26,08189 19,37161 7,82000

10,00000 6,00000 3,60000

16 ° 20' 39 ° 59' 23 ° 39' 33 ° 48' 11 ° 56' 17 ° 28' 31 ° 09' 12 ° 51' 3,95381 3,81766

26,50625 19,91590 12,37828

22,55244 16,09824 29,12466 22,10050 13,95468

25,17085 18,28284 7,82000

10,00000 6,00000 3,60000

Page 15: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

tiber die Breehung bei schiefer Incidenz im mensehliehen Auge. 425

gender Ann~herung genfigte. Ich habe vor allem die Gleiehuxlg des Kreises angewendet und folgende Werte erhalten:

X 9 ° 59" 20 ° 30 ° 39 ~ 59"

y' . . • r" . . . . X H , . .

y " . . . r I t , . .

o,39 2,6587 9,1141 0,2810 2,6749

12,8717

1,5625 5,0795 9,0376 1,1064 5,2115

12,8271

3,2906 7,0996 9,3041 2,4447 7,4795

12,6640

5,4540 8,5461 9,4226 4,1183 9,3829

12,7478

Die Betrachtung dieser Tabelle zeigt auffallenderweise, dab bis zu einem Winkel yon 40 °, der vom Leitstrahle des einfallenden Strahten- bfindels mit der optischen Achse gebildet wird, die Bildfl~chen eine Form, die sich der sphfixischen sehr ann~hert, haben. Die Gleichung der Parabel anwendend, erhi~lt man ffir den Parameter yon anderen bedeu- tend verschiedene Werte.

5. f~ber die Lage tier Netzhautfl~che zu den Bildfl~ichen, alle brechenden Fl~chen und die Netzhautfl~che als sph~iriseh angenommen.

Um die Lage der Netzhautfli~che zu den Bildfl~chen zu kennen, muB man ~dssen, welche Punkte der Netzhautfl~che den Quersehnitten der gebrochenen Strahlenbiindel entsprechen; es ist n6tig, die Koordi- natenwerte der entsprechenden Punkte der Netzhauffl~che zu bestimmen.

In der Abb. t z. B. bildet der Leitst, rahl des einfallenden Strahlen- bfindels mit der optischen Aehse den Winkel X ; A ' ~ ' / ' und A " / "

sind die Entfernungen des ersten diinnsten Quersehni~tes des gebroche- nen Biindels bzw. der zweiten Brennlinien yon der hinteren Linsenflgehe. Der Punkt der Netzhaut , Igngs des Verlaufes des Leitstrahles des ge- brochenen Strahlenbiindels gelegen, ist a, und um die Lage desselben zu den Punkten / ' nnd ] " zu kennen, ist es n6tig, d e n Abstand a A '~' zu bereehnen, und deshatb mug man zuerst die Koordinatenwerte (x, y) des Punktes a bestimmen.

Aus der Abb. 1 ermitte]t man folgende Gleiehungen:

a b ~ b c~angco, das ist:

y = ( c P - - x) tangm ; (1) c P = P ( ~ + e 5

c d = A" 6 - - A" c -~ A" d - - A" A " sin a sine) (2)

Um x und y der (1) zu kennen, ist eine andere Gleiehung n6tig, die dieselben Unbekannten en~h~i.lt. Zu diesem Zwecke kann man die Gleichung der Kurve w~hlen, die die Sehnitt]inie d e r Netzhautfl~che mit einer horizontalen oder vertikalen Ebene, die dureh die o]?tische Aehse des Auges geht, darstellt.

Page 16: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

426 G. Lo Cascio : Untersuchungen

Setzt m a n die Netzhautf lgche zuerst a.ls sph~risch mi t e inem Halb- messer yon 11 ram, wie Stammeshaus a n g e n o m m e n hat , voraus, so wgren die zwei aufzul6senden Gleichungen nach x u n d y:

y ~ ( c P - x) tango)

(x -- r) ~ + y2 = r ~ .

Da P ¢$ -~ 15,61 und deshMb c P := 15,61 ~- c 6 ist, u n d indem ich aus (2) den Wer t yon c 5 fiir die verschiedenen Werte des ~Tinkels X (9 o 59' - - 20 ° --- 30 o __ 39 o 59') u n d den respekt ivcn Wef t des Winkels

(,j ableitete, babe ich die zwei vorhergehenden Gleichungen nach x u n d y aufgel6st u n d folgende Zahlen erhMten:

x !!~ 9°59 ' 20 ° 30 ° ! 89°59 ,

x . . . . 0,3271 1,2936 2,7883 I 4,7037 y . . . . 2,6665 5,1584 7,3247 ! 9,0160

I n der Abb. 1 ]iefert das rechtwinklige Dreieck a b c folgcnden Ausdruck :

ab a c = - (3 )

sinco

u n d das Dreieck A" A ' c den Ausdruck

A" A " s i n / ' A " c - ( 4 )

sinw

Da a A '~ ~- a c - - A t't c ist, u n d da ich nach (3) und (4) die Werte yon a c bzw. yon A " c ftir die verschicdenen I nk l i na t i onc n des Leit-

strahles berechnet habe, babe ich folgende Zahlen erhMten:

X It 9 ° 5 9 ' 1 20° I 30" I 3 9 ° 5 9 '

i! 15,4582 I 14,9969 I 1 ,2800 113,2608 I n der Tab. 2 sind auger den Wer t en yon a A ~'+ such die ffir die

Berechnung yon a A ' ' n6 t igen Zahlen wiedergegeben.

Tabelle 2.

X 9 ° 59' 20 ° 30 ° 39 ° 59 '

G(~ . • *

O) . . . .

tango~ . . X . . . .

y . . . .

sin c~)

s 6 n ' r rz .

A " A ~ A ++t c a. A If!

3,4954 8o5 ' 0,1420 0,3271 2,6665 0,1407

18,9651 0,1366 3,6122 3,5069

15,4582

3,4970 16°9 ' 0,28958 1,2936 5,1584 0,2781

18,5453 0,2706 3,6467 3,54840

14,9969

3,4895 24o11 ' 0,44906 2,7883 7,3247 0,4097

17,8799 0,3984 3,7020 3,5999

14,2800

3,4850 32 ° 4' 0,62649 4,7037 9,0160 0,5309

16,9799 0,5172 3,8176 3,7191

13,2608

Page 17: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Brechung bei schiefer Incidenz ira raensehliehen Auge. 427

W e n n m a n nun die so e rha l t enen W e r t e von a A " m i t den W e r t e n / f 2 / ~

yon q, und q,, gegenfiberstel l t , und zwar mi t den Abs tgnden A"~f~ A '~" ] " des gebrochenen Strahlenbf indels , babe ich in nachfolgender Tabel le die W e r t e yon a A " und die yon q~" und q~' wiedergegeben,

X 9 ° 59" 20 ° 30 ~ 89 ° 59'

1 I I q ; H " ' "

q f ! • , "

a / j H r . .

f l l I I I a A - " q,

15,3892 15,5042 15,4582 0,0460 0,0690

14,7166 15,1914 14,9969 0,2945 0,2803

13,7290 ].4,6562 14,2800 0,3762 0,5510

12,3782 13,9546 13,2608 0,6938 0,8826

Aus al len diesen Berechnungen geht hervor , da$ fiir Einfal lswinkel des Le i t s t r ah les des einfaUenden Bi indels zwischen 0 o und 39 o 59' d ie Eetzhautf l~tehe i m m e r in tier Brenns t reeke gelegen ist , und zwar etwas nigher der zweiten Bildfl~che als der ers ten. Der As t i gma t i smus des gebrochenen S t rah lenbi inde ls is t deshalb zu der Ne tzhau t f lgche gemiseh t und der Grad des myop i schen A s t i g m a t i s m u s e twas hSher als jener des hype rme t rop i schen .

6. t~ber die Lage der NetzhautIl~iehe zu den Bildfl~iehen (Netzhautfl~ehe paraboloider Form inder betreffenden Zone).

W e n n m a n dagegen a n n i m m t , daft die Ne tzhau t f l~che in der betref- fenden Zone s t a r t sph~risch eine solche F o r m habe, daft sie sich e inem Parabo lo ide anschmiege, dessen Achse mi t der op t i schen Achse zusam- menfat le , und dessen P a r a m e t e r 1 1 , 0 3 m m be t r~g t (a r i thmet i scher Mi t t e lwer t yon 9 Messungen an der Leiche), so werden die K o o r d i n a t e n - wer te der P u n k t e der Netzhaut f l~che , die l~ngs des Verlaufes des ge- b roehenen S t rah lenbi inde ls gelegen s ind (~¥inkeln des Le i t s t r ah les des e infa l lenden Bfindels mi t der op t i schen Achse: 9 o 5 9 ' - - 2 0 ° - - 3 0 ° - - 39 ° 59'), durch folgende Gleichungen be rechne t :

y ~ ( c P - - x) t anga ) = (15~61 ~- c ~ - - x) t angco ,

y~ : 2 p x ~ 2 2 , 0 6 x .

W e n n diese Gle ichungen nach x und y aufgelSst werden und wenn c P ~ m i s t , erhMt m a n :

p ~ m t a n g ~ o~ - - };p~ -~- 2 p m t ang 2 ~o x ~

tang ~ ~o

-- P -F p2 __ ]/2 p m tang~¢o y=

tang o~

x 9 ° 59" 20 °

x . . . . 0,3227 1,2167 y . . . . 2,6675 5,1808

v. Graefes Archly fiir Ophthalmotogie. 121. Bd.

30 ° 39 ° 59"

2,5145 7,4478

4,0351 9,4347

9.9

Page 18: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

428 G. Lo Cascio : Untersuchungen

Die (3) und (4) anwendend, erh~It man folgende Werte yon a A " :

II l 2oo I 1 9oo9, 15,4641 115,0778 I14, 901 114,0518

In der Tab. 3 sind, auger den Werten yon a A ' , auch Mle ffir die Bereehnung no~wendigen Zahlen ~4edergegeben:

Tabe l l e 3.

x = ta.~ co

- - p + ~J~ + 2p mtg2~o Y = ~g~o

P m o)

6bc A 't' c

a A " '

+ ~ t g ~ o ~ l /~ ~ + 2 v ~ ~g~

9 ° 5 9 ' 2 0 ° t 8 0 ° 8 9 ° 5 9 '

0,32275

2,66751

11,03 19,1054 8°5

18,97099 3,5069

15,4641

1,21677 2,51457

5,18088 7,44788

11,03 111,03 19,1078 !19,0997

16°9 ' 24°11 ' 18,62621 18,18108 3,5484 I 3,5999

15,07781 i14,5901

4,03514

9,43478

11,03 19,0949 32~4 '

17,7709 3,7191

14,0518

Wenn man nun die erhMtenen Werte yon a A " mit den betreffenden Werten yon q:" und q:~' vergleiehen will, wird folgende Tabelle geniigen:

X 9 ° 59" -90 ° g 0 ° i 3 9 ~ 5 9 '

t H c]~ . . ,

iii If! q,r - - a A

f f f ] I f a A - - q,

15,3892 15,5042 15,4641 0,0401 0,0749

1~7166 15,1914 15,0778 0,1136 0,3612

13,7290 12,3782 14,6562 13,9546 14,5901 14,0518 0,0661 - - 0,0972 0,8611 1,6736

Aus dieser Tabelle, die erhMten wurde, indem das H e l m h o l t z s c h o

sehemat, isehe Auge benutzt und die Netzh~utfi~che in der be~reffendelt Zone als ein Paraboloid angenommen war, geht hervor, dM~ bis zu einem ~IaximMweI4e yon 30 ° des yore Leits~rahle des einfMlenden Biindels mi~ tier optisehen Achse gebildeten Winkels, die Netzhauffl/£ehe zwischen den zwei Bildfl~iehen gelegen ist, und zwar naher der zweiten als der ersten (gemisehter Asfigmatismus). t~fir einen %Vinkel yon 39 ° 59' wfirde dagegen die Netzhautfl/~che hinter beiden Bildfl/£chen gelegea sein (zusammengese~zter myopischer Astigmatismus).

Es geht augerdem hervor, daB, von einem Winkel X yon 9 ° 59' beginnend, der hypermetropische Astigmatismus nieht proportionell dem myopischen Astigmatismus zunimmt, und dal~ fiir einen Winkel X yon 30 o der hypermetropisehe Astigmatismus geringer Ms jener fiir einen

Page 19: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Breehung bei sehiefer Ineidenz im mensehlichen Auge. 429

Winkel yon 20 ° ist, oder in anderen Worten, wi~hrend nach der Peri- pherie die erste Bildflgehe immer mehr yon der NetzhautfI~ehe sieh entfernt, nghert sieh die zwei~e Bildfl~che immer mehr der Netzhaut- fl~iche, his fiir einen Winkel X yon 40 ° die zweite Bildfl/~che vor der Netzhautflgehe gelegen ist.

Die Ursaehe dieses Verhaltens, welches verschieden ist, yon jenem, das ieh in Kap. 5 angegeben babe, ist in der paraboloiden Form der Netzhautfli~ehe in der betreffenden Zone zu linden.

7. Berechnung des Astigmatismus des im Auge gebrochenen Strahlen- biindels fiir schiefe einfallende Strahlen unter Beriicksichtigung der reellen

Form der hinteren Fliiche der Krystallinse.

Meine erste Aufgabe ist die gewesen, aus den Ergebnissen der Messun- gen Nerdensons, die Gleichung der Schnittlinie der hinteren Linsen- fl~che mit einer senkrechten oder wagerechten Ebene abzuleiten. Ich habe vor allem diese Fl~che auf ein Koordinatensystem mit Ursprung im hinteren Pole der Krys~allinse bezogen. Ich habe nachher mit den ~Vordensonschen Zahlen die Koordinatenwerte der yon •ordenson in Be- trach~ gezogenen Punkte zu dem yon mir gew/ihlten Koordinatensystem berechnet. Die GMchung der Parabet : y~ = 2 p x anwendend, habe ieh dann den Wert yon p ffir verschiedene Punkte entnommen. Die Berech- hung wurde auf das 1. und 3. yon Nordenson untersuehte Auge aus- gedehnt.

Nach der Prfifung der in dieser Weise erlmltenen Werte habe ieh, um eine Mittelgleichung abzuleiten, das 3. Auge gew~hlt, well die ver- schiedenen Werte "con p mehr als im 1. Auge iibereinstimm~en. Ni t dem Mittelwer~e s~m~licher p-~'er~e habe ich folgende Gleichung ab- geleitet:

y2 = 11,16 x .

Um die Abst~nde q~" und q,'~" kennenzulernen, war, da ieh sehon vorher Mle die Brechung durch die I tornhaut und dutch die erste Linsenfli~che betreffenden Zahlen berechnet hatte, die Berechnung ftir (tie hintere Linsenflgehe no~wendig, wobei ich deren Sehnittlinie mit einer Meridiona.lebene Ms eine Parabel mit der Gleiehung: y2 ~ 11,16 x voraussetzte.

Ich brauehte vor a, llem die Lage der Punkte dieser Flgche zu kennen, welehe yon den verschiedenen Strahlen nach der Breehung dutch die vordere Linsenfl~ehe getroffen werden, d. h. (siehe Abb. 1) ieh brauchte die Lage des Punktes A " fiir jede der vier betreffenden Inktinatiorien des Leitstrahles des einfallenden Biindels zu kennen.

Indem ich die Schnittlinie der hinteren Linsenfl/iehe dem vorher gewfi, hl~en Koordinatensystem entnahm, babe ich die Koordinatenwerte der vier Punkte A " dureh folgende Gleiehungen best immt:

29*

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430 G. Lo Caseio : Untersuehungen

y = (A" 6 -- x) tang r" = (3,6 -- x) tang r" y2 =: 2 p x = l l , 1 6 x .

Ich habe den Wert der Normalen und des Krtimmungsradius in den vier P u n k t e n A " berechnet (lurch folgende bekann te Differential-

g le ichungen:

2V y + \6x l

R = 1 + \6 x l J

6 ~ y

6 x 2

und zum Schlusse die Werte yon A ~ 6 , A "~ A " und i " aus den Gleichungen :

sin A " 01" 6 -- y N

A " A " -- Y sin r"

i " = r " - - 0 "

Ich ha t t e dami t alle die no twend igen Zahlen fiir die Berechnung

yon r ' " u n d somit yon dem Abs~ande jedes FokMlounktes des gebroche- PIe

nen Strahlenbiindels yon der hinteren Fl~ehe der Krystallinse (q,, ql~). erhalten. Fiir die Bereehnung dieser Abst~nde habe ieh den in den Gleiehungen Sturms fiir die Meridi0nalstrahlen (q;") angegebenen Wert des Kriimmungsradius im betreffenden Punkte, und den betreffenden Wer t der Normalen ffir die Sagi t ta ls t rahlen (q~') eingesetzt. I n der Tab. 4 s ind alle die Ergebnisse der Bereehnungen wiedergegeben:

Tabelle 4.

X . . . .

y . . . .

6 f i t , . ,

A " A "1 J ~ . . . .

l i t pt t l ! ~0H I 1

q;/ ~ b f •

11 f q, t z t

~[ f l •

10 ° 20 ° 30 ° 40 °

0,02181 0,49335 5,60176 5 ° 3' 2 ° 48' 3,61216 5,64555 3 o

20,54117 20,70506 24,15333 24,31722 15,20876 15,29379

0,08733 0,98737 5,66668

10 ° 2' 5 ° 40' 3,64881 5,84402 6°5 "

19,57592 20,20507 23,22473 23,85388 14,68414 15,02253

0,19599 1,47894 5,77266

14 ° 51' 8 ° 38" 3,71145 6,17817 9 ° 17"

18,06255 19,36223 21,77400 23,07368 13,81116 14,54915

0,34650 1,96651 5,91638

19 o 25" 11 ° 44' 3,80163 6,65113

12 ° 37" 16,11427 18,29887 19,91590 22,10050 12,60677 13,933874

Page 21: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge. 431

Wenn man nun die Wirkung der parabolischen Form der hinteren Linsenft~ehe auf den peripheren Astigmatismus des Auges seh/i~zen wollte, wiirde der Vergleieh zwisehen den Werten der Brennstrecke des gebrochenen Strahlenbiindels und zwischen den betreffenden Werten der vorher bereehneten (Kap. 4) Brennstreeke genfigen, unter Annahme der hinteren Linsenfl~ehe als sphgriseh und mi~ einem Kriimmungsradius yon 6 ram.

X 9 ° 59" 2 0 ° 3 0 ~ i 8 9 ~ 59"

/ / / / / f q. -- q, (R "t = 6 ram)

pll /it qlt -- q~ (p == 5,58 ram)

0,11500

0,08503

0,47476

0,33839

0,92714 I 1,57640

0,73799 , 1,32710 I

Zieht man die reelle F o r m der hinteren Flgche der Krystallinse in der Bereehnung in Betraeht, so ist der Astigma~ismus des gebroehenen Strahlenbiindels etwas geringer.

Um abet noch besser die Wirkung der parabolisehen Form der hin- teren Linsenfl/~ehe zu der sph/irisehen Form seh/~tzen zu kSnnen, habe ieh die Berechnung fiir X = 39 ° 59' wiederholt, p = 6 mm annehmend, und ffir q:" und q,':" die Werte 12, 64399 mm bzw. 14,06879 mm mi~ einer Brennstrecke yon 1,42480 mm erhMten. Dieser Weft ist nut etwas geringer Ms jener eines unter denselben Bedingungen, abet dutch eine Krystallinse mit sph/~rischen F1/ichen gebrochenen Bfindels (1,57640).

8. U~ber die Form der Bildfl~iehen des Auges mit Beriicksiehtigung der reellen Form der hinteren Linsenfl~iehe.

Die im vorigen K~pitel erhMtenen Zahlen anwendend, habe ich die Koordinatenwerte dcr vier Brennpunktpaare durch die in Kap. 4 er- mittelten Gleichungen berechnet:

y ' : (q~" q- A " c ) sinco x ' - - P ~ -- P ' ~

y" = (q~;" -q- A " c) sin eo x" := P d -- P" ~ ,

und habe Iolgende }Verte erhalten:

X I 9 ° 5 9 ' 2 0 ° 3 0 ° 8 9 ¢ 5 9 '

z' - . . i J 0,3440s y ' . . . . 2,62318 " r ' . . . . 10,17127 x" . . . 0,25959 y,, . . . i 2,63508 r" --.11 13,50405

1,36149 5,06353

10,09665 1,03640 5,15746

13,35079

2,97315 7,12576

10,02574 2,29966 7,42750

13,14459

5,04042 8,65326 9,94805 3,91538 9,35716

13,13878

Diese Tabelle zeigt, dab die Bildflachen eine Form, die sich der sph~rischen sehr annfi.hert, besitzen.

Page 22: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

432 G. Lo Caseio : Untersuehungen

Ich habe nachher in der Gleichung der Parabel die Werte der vorher bereehneten Koordinaten eingefiihrt und habe sehr versehiedene p-V~Terte erhalten.

DeshMb glaube ieh, dab man im schematischen Auge annehmen kann (die Hornhaut Ms sph~risch und die Pupilte als punktfSrmig angenommen und die parabolisehe Form der hinteren Linsenfl~che zugrunde gelegt), dal~, bis zu einer Inklination yon 40 ° des Leitstrahles des einfMlenden Bfindels, die Bildflgehen eine Form, die sich der sphgri- schen sehr anna.herr, haben.

Wenn man die ~Werte yon r ' und r" mit jenen, die erhal~en ~vurden, vergleicht, die hintere Linsenflgche Ms sphi~riseh angenommen, geht hervor, dab die Kriimmung der Bildfl~ehen in einem Auge mit sphiiri- schen brechenden Fli~chen etwas h6her ist Ms jene der Bildflgchen tines Auges mit einer loarabolisehen hinteren Linsenflgehe.

9. ]Uber die Lage der Netzhauffi~iehe zu den Bildfltiehen [hintere para- boloidfiirmige LinsenIIiiehe ( p ~ 5,58 ram) und in der betreffenden Zone

paraboloidfiirmige Netzhautiliiche (p == 11,03 ram)].

Um die Lage tier ~etzhautfl~che zu den Bildft~chen kennenzu- lernen, babe ich dasselbe ¥crfahren wic im Kap. 6 gebraucht.

Nachdem ich die Werte der Winkel ~ und co und yon c (~ ffir die vier Inklinationen au~ der optischen Achse d-es Leitstrahles des gebrochenen Biindels bestimmt habe, habe ich den Abstand (P 8) zwischen dem hinteren P o l d e r KrystMlinse und dem hinteren Brennpunkte des Auges berechnet ~iir t in sehr diinnes einfallendes Strahlenbiindel, dessen Leit- strahl mit tier optischen Achse des Auges zusammenfi~llt (P ¢$-~ 15,3812 ram). Ich babe darauf die Koordinatenwerte der vier Punkte tier Ne~zhautfl~che t~ngs des Verlaufes des gebrochenen Strahlenbiindels dutch folgende Gleichungen ermittelt :

y --~ (c P -- x) tang¢o ~ (15,3812 q- c 5 -- x) tang¢o

y~ ~ 2 p x ~ 2 2 , 0 6 x ,

und nach (3) uncl (4) babe ich die Werte yon a A"' erhMten. In der Tub. 5 sind auch die fiir die Bereehnung notwendigen Zahlen

wiedergegeben. Aus der Tub. 5 geht hervor, dab fiir Winkel des Lei~str~hles des

einfMlenden Biindels zwisehen 0 ° und 40 ° die NetzhantfI~che sich zwisehen den zwei Bildi~chen befindet, (gemisehter Astigmatismus), und zwar w~hrend fiir einen Winkel X yon 10 ° die Netzhautfl~che etwas n~her der ersten Ms der zweiten Bildf]gche liegt, ist fiir einen Winkel X yon 20 ° die Netzhautfl~che n~her der zweiten Bildfl~ehe, und ftir einen Winkel X yon 30 ° ist der Abstand der ersten Bildfl~che noch grSBer Ms jener der zweiten Bi]dfl~ehe, his ffir einen VV~inkel X

Page 23: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Brechung bei schiefer Incidenz im menschliehen Auge. 433

T a b d l e 5.

X 9 ° 59" 20 ° 80 ° 39 ° 59'

e ~ , ° ,

c ~ . . .

o ~ . . . .

E o . . . .

x . . . .

y . . . .

a G . . ,

A" c . . a A tt¢ . .

f / /

q / / ° . .

f f / / I f

fb f - - a A

a A Cr~- ~ H

15,3812 3,51003 0°12 , 8 ° 3' 0,31300 2,62751

18,76256 3,52290

15,23966 15,20876 15,29379 0,05413 0,03090

15,3812 3,50447 0 ° 25'

16 ° 7' 1,18571 5,11440

18,42429 3,55692

14,86737 14,68414 15,02253 0,15516 0,18323

15,3812 3,49708 0 ° 39'

24 ° 8' 2,45426 7,35828

17,99706 3,61722

14,37984 13,81116 i4,54915 0,16931 0,56868

15,3812 3,48949 0 ° 53'

32 ° 2' 3,95044 9,33530

17,60015 3,70752

13,89263 12,60677 13,93387 0,04124 1,28586

yon 39 ° 59' die Netzhautfl~che yon der ersten Bildfl/~che ungef~hr um 1,3 m m absteht, w~hrend die Entfernung yon der zweiten Bitdfl/~che ungefi~hr blog 0,04 m m ist. Also fiir diese Inklination des Leitstrahles des einfallenden Bfindels auf der optisehen Achse des Auges ist der Grad des hypermetropischen Astigmatismus gering im Vergleich zum Grade des myopischen.

Ieh habe meine Untersuehungen bis auf einen MaximMwinkel X yon 40 ° besehr~nkt, well, wie ieh vorher gesagt habe, nur in einer sehr kleinen Ausdehnung die Net~zhaut wegen ihrer anatomisehen Besehaffen- heir ffir eine seharfe Abbildung zu verwerten geeignet ist. Jedenfalls glaube ieh, daB, wegen dieser besonderen anatomischen Struktur, fiber 40 ° yon der Fovea der Astigmatismus des gebroehenen Strahlenbiindels keinen besonderen EinfluB auf die Wahrnehmung der Abbildungen ausfiben kann.

Auf jeden Fall lassen die Zahlen der Tab. 5 voraussehen, dal~ ffir einfallende Bfindel, deren Leitstrahl gr6gere Winkel als 40 ° bildet, die Netzhautflgehe hinter der zweiten Bildflgche sieh befindet; und zwar dab der Astigmatismus zusammengesetzt myopiseh wird, wie aus den Bereehnungen ffir einen Winkel yon 40 ° hervorgegangen ist (siehe Kap . 6), die hintere Linsenflgelae Ms sph~riseh angenommen. Eine Best~tigung k6nnte man in den im Kap. 2 erwghnten Ergebnissen einiger kliniseher Untersuehungen M a t t h i e s s e n s finden. Der Verf. kam zum SchNsse, dab fiir die/ iugersten schiefen Ineidenzen der einfallenden Strahlen das Auge als exzessiv myopiseh zu betraehten ist, und dal~ beim mensehliehen Auge die Verkfirzung der Bildweite seheinbar starker Ms die Ann/iherung der Netzhaut an die Krystallinse ist, w/~hrend die yon M a t t h i e s s e n und anderen Verff. ausgeffihrten Bereehnungen, die Netz- hautfl~ehe Ms sph/iriseh angenommen, einen gemisehten Astigmatismus aueh in den periphersten Teilen des Gesiehtsfelds ergaben.

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434 G. Lo Cascio • Untersuchungen

Ich will aber nicht damit behaupten, dab die Refraktionsbedingungen im menschlichen Auge identisch seien mit den in der Berechnung hervor- gehobenen. In vorIiegenden Untersuchungen ist die Krystallinse als eine homogene Linse betraehtet worden, w~hrend in Wirklichkei~ die mensehliehe Krystallinse t in Medium mit kontinuiertieh variabtem Brechungsindex darstellt. Diese Konsti~ution der Krystallinse hat sicherlich einen Einfluft auf den Grad des Astigmatismus in der Breehung bei sehiefer Ineidenz. Die Untersuehungen G u I l s t r a n d s fiber die Dioptrik in heterogenen Medien und besonders der mensehliehen Krystallinse, fiihren zum Schlusse, d~f~, in Gegensatz zu den Behauptungen H e r m a n n s ,

und M a t t h i e s s e n s , die geschichtete Linse im Vergleieh mit einer homo- genen keine Vorteile fiir die Sch~ffe des peripheren Sehens darbietet~ und daft der Astigmatismus eines durch eine geschiehtete Linse gebroche- nen Biindels grSfter ist als jener eines dutch eine homogene Linse mi~ dem entsprechenden Totalindex gebrochenen Bfindels.

Ieh gebe die Ergebnisse der Bereehnungen G u l l s t r a n d s wieder. G u l l s t r a n d hat einerseits eine schematisehe Krystallinse mit~ kon-

tinuierlieh variablem Breehungsindex und yon parabolischen Fl~chen 1 begrenz~, in Betraeht genommen, und andererseits eine homogene Krystallinse mit einem Tota]index yon 1,4085 und mit identisehen Fl~chen wie jene der heterogenen Krystallinse. G u l t s t r a n d hat ffir einen einfallenden Strahl, weleher unter einem Winkel yon 25 ° im Zentrum der vorderen Linsenflache einf~llt, durch yon ihm ermittelte Gleiehungen die sagittale ( D s ) und die tangentiale ( D t ) Brechkraft der zwei yon ihm in Betracht gezogenen Krystal]insen berechnet, und hat folgende Zahlen erhalten:

Geschichtete Kryst~allinse. Homogene Krystullinse, Ds . . . . . . . . . . 20,21 D s . . . . . . . . . 19,61 D t . . . . . . . . . . 23,52 D t . . . . . . . . . 20,98 D t - - D s . . . . . . . 3 , 3 1 D t - - D s . . . . . . . 1,37

Aus diesen Zahten geh~ hervor, daft sowohl die tangentiale Brech- kraf~ a l s aueh die sagi~tale in der geschichteten Krystallinse grSBer sind als die bzw. Werte der homogenen L i n s e , vor allem aber die tan- gentiale Brechkraft.

V~enn man diese Schlfisse, ~de ieh glaube, zur Vervollst~ndigung meiner um schematischen Auge H e l m h o l t z ' ausgefiihrten Untersuchungen beniitzen kann, kSnnte man sieh vorstellen, daft die erste Bildfliiehe in den periphersten Teilen sich noch mehr yon der ~etzhautflgehe ent-

1 Als die Monographie Gul l s t rands : ,,Die optische Abbildung in heterogenen Medien und die Diop~rik der Krystatlinse des Menschen" ver6ffent]icht wurde, war die ex~kte Form der menschliohen Linsenflachen noch nicht bekannt.~ ~ber Gul l s t rand sckrieb den Fl~chen seine r schematischen Krystallinse eine parabo]ische Form zu; iVordensons nachtri~gliehe Untersuchungen haben diese ttypothese voll- kommen best~tigt.

Page 25: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

tiber die Brechung bei schiefer Incidenz im mensehlichen Auge. 435

ferne als aus Tab. 5 hervorgeht. Man kSnnte augerdem denken, dag fiir best immte veto Leitstrahle mi t der optisehen Aehse gebildete Winkel die zweite Bildfl-gche mi t tier Netzhautfl~ehe zusammenfalle oder daB sie sogar vor ihr stehe.

Der Vergleich der Zahlen, die Druault mit der Berechnung (alle breehenden Fliiehen und die Netzhautflache als sph~risch annehmend) ge- wann, mit jenen, die derselbeVerf, am lebenden Auge dutch die Skiaskopie erhielt, l~gt uns vermuten, daf~ im lebenden Auge die Netzhautfl/~che sigh viel ngher der 2. Bildfl/iehe als der 1. befinde, und dab der Grad des hypermetropischen Astigmatismus im lebenden Auge bedeutend niedriger sei Ms jener, den Druault mit der Reehnung best immt hat. Z. B. ftir einen Winkel yon 30 ° mit der optischen Aehse hat Druault

I +1 mit der Berechnung die Refraktion gefunden, w/~hrend - - 2,I

die skiaskopische Untersuehung fiir einen Winkel yon 30 ° mit der Ge- siehtslinie folgende Refraktion ergab:

Tempomle Nasale Portion des Gesichtsfeldes. PorMon des Gesiehtsfeldes.

+ 0,2 ~- 0 ,3

1,2 2,9

Vor kurzem hat Bretagne (1927) bei der Untersuehung yon 27 Indi- viduen best immt, dag die nasale Hi~lfte der Netzhaut zu der temporMen H/flfte eine relativ myopische Refraktion hat mit einem Refraktions- unterschiede zwisehen den zwei H~lften bis 6 D. Die Refraktion der temporalen It~lfte kann nach Bretagne hypermetropisch, }mmetropisch oder myopisch sein, und der ~Tbergang yon einem in den anderen Re- fraktionszustand wtirde in der Makulargegend ziemlieh raseh stattfinden.

Verf. hat solche Untersehiede nicht in der oberen und unteren Hiilfte der Netzhaut bemerkt und gibt k e i n e Erkl~rung des versehiedenen Verhaltens der zwei H/ilfte n (temporale und nasale) der Netzhaut an.

Da die Ergebnisse der Untersuchung t?retagnes und die Schlfisse yon Druault nieht iibereinstimmen, schien mir nfitzlich, neue Bestim- mungen zu unternehmen. Ich babe deshalb den Grad der I~efraktion im emmetropisehen Auge mit Sehseh~rfe 12/I0 bestimmt, einem ~hn- lichen Verfahren wie dem Druaults folgend; ieh habe mich aber der optisehen Achse des Auges s tar t der Gesichtslinie bedient. In einigen Augen habe ieh die Best immungen Yon 10 ° zu ]0 o bis zu einem Maximal- winkel yon 40 ° mit der optischen Achse durchgeftihrt und dies sowohl temporal- Ms aueh nasalw£rts; in anderen Augen habe ieh die U n t e r - suchungen auf Winkel yon 20 ° und 40 o in den zwei H£1ften des hori- zontalen Meridians besehr~nkt.

Page 26: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

436 G. Lo Cascio : Untersuchungen

Mit solchen UntersuchLmgen babe ich bemerken k6nnen, d~8 in emmetropischen Augen die Refra, ktion in den peripheren Teiten des Gesichtsfeldes sich sehr ~ferschieden nicht nur bei demselben Individuum, sondern auch in den zwei H~lften desselben Auges verhalten k~nn.

Ich habe bemerkt , dab die Refraktion in den peripheren Teilen des Gesichtsfeldes sich auf zwei Weisen verhalten k~nn:

1. Die sagittale Refra.ktion bis zu einem M~ximalwinkel yon 40 ° mi t der optischen Achse ist bein~he emmetropisoh (kaum myopiseh oder kaum hypermetropisch); die t~ngentiale Reh'~k~ion i s t myopiseh, und der Grad der )/[yopie n immt mit dem Zunehmen des Winkels mit der optischen Achse zn.

Unter sotchen Bedingungen f~tl~ deshalb die zweite Bildfl~ohe beinahe mit der Netzha, utfii~che zusammen, wi~hrend die erste Bild- fl~che vor ihr gelegen ist.. Ieh fiihre zwei Beispiele an:

1. Mgcell. GngL, 29jghrig. Linkes Auge: tempomle Portion.

20 ° 40 ° - - 1 , 2 5 - - 3,5

Linkes Auge: nasale Portion. E. [ + 0,25

20 ° 40 ° 1 -- 2,75

t~echtes Auge: temporMe Portion.

I E. I + 0,50 20 ° 40 °

-- 1,25 -- 2,50

1%echtes Auge: nasale Portion, ......... 0,25 [ E.

20" 40 ° - - 1,25 " 3,50

2, Lo C. Gir., 34 jghrig. Linkes Auge: temporale Portion.

I -- 0,25 ] ÷ 0,25

20 ° 40 ° - - 1 , 5 0 - - 2

2. Sagitt~le und t~ngentiale l~efr~k~ion sind beide myopisch. Die tangenti~le l%efraktion ist ffir einen Winkel yon 40 ° immer myopischer als die sagittale ; ffir einen Winkel yon 20 ° kann m~n manchmal keinen Astigm~tismus bemerken.

Unter solchen Bedingungen sind beide Bildfii~chen vor der Netzhaut gelegen und k6nnen eine ]3ertihrungszone haben.

Page 27: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

fiber die Brechung bei sehiefer tneidenz im menschlichen Auge. 437

Dieses Verhat ten der Refrakt ion kann man aus folgenden Beispieleu ersehen :

1. Lo C. Gir., 34jahrig. Linkes Auge: nasale Portion.

20 ° 30 ° 40 ° -- 1 -- 1,25 2,25

2. Cucc. Alb., 28jiihrig. Linkes Auge: temporMe Portion.

20 °

20 °

--0,75 406 ] --0,50

I -- 1,75

Linkes Auge: nasale Portion.

I -- 1,25 { -- 0,50 40 °

, - 1,25 3,75

I n einigen F~llen aber verh~lt sich die periphere Refrakt ion des Auges ziemHch verschieden yon den zwei vorher genannten Weisen, wie aus folgenden Beispielen hervorgeht :

t. Mart. AI., 29ji~hrig. Linkes Auge: temporale Portion.

IE . I ~ 1 20 ° 40 °

-- 0,75 ................. 4,3

Linkes Auge: nasa~ie Portion.

I i 20 ° 40 ° 1,50 3,75

2. Cucc. Alb., 28j~hrig. Rechtes Auge: temporale Portion.

-- 0,75 I -F 0,20 20 ° 40 ° I 1,3 -- 3,50

Aus s~imtlichen vorhergghenden Untersuchungen geht hervor, dal3 in Wirklichkeit keine genaue Ubere ins t immung zwischen den Ergebnissen der Berechnung und jenen der klinischen Untersuchung besteht. Fiir das schematische Auge Helmholtz', wenn die parabolische F o r m der hinteren L~nsenfl~chen und die F o r m der Netzhauff lgche, wie aus meinen Bestim- mungen am Leichenauge hervorgeht , zugrunde gelegt werden, beweisen die Berechnungen, dal~ mindestens bis zu einem Winkel yon 40 ° des Leitstrahles des einfattenden Strahlenbiindels mit der optischen Achse

Page 28: Untersuchungen über die Brechung bei schiefer Incidenz im menschlichen Auge

438 G. Lo Cascio: Untersuehungen

die Netzhautfl/~che immer zwischen den zwei Bildfl~chen gelegen ist. Nach diesen Berechnungen wgre auBerdem fiir grSBere Winkel des Leitstrahles als 10 ° die Netzhautfl~che n~her der zweiten als der ersten Bildflgche gelegen, und zwar wgre der Grad des hypermetropischen Astigmatismus geringer als jener des myopischen.

Die Berechnung zeigt auBerdem, dab mit dem Zunehmen der In- klination des Leitstrahles, w/~hrend der myopische Astigmatismus immer grSBer wird, der hypermetropische dagegen ftir Werte der In- klination zwisehen 20 und 30 ° kaum verschiedene Zahlen zeigt, ftir gr613ere Inklinationen abet abnimmt, so dat? fiir eine Inklination yon 40 ° der Grad des hypermetrol0isehen Astigmatismus minimal ist zu jenem des myopischen.

Die skiaskopische Untersuehung bei versehiedenem Winkelabstande yon der optischen Achse durchgefiihrt, hat erwiesen, dag bis zu einer Inklination yon 40 ° die Netzhautfl/iche, mit sehr seltenen Ausnahmen, bedeutend n~her der zweiten als der ersten Bildflgche sich befindet, und dab in den meisten F~llen die sagittale Refraktion emmetropisch oder kaum hypermetropisch oder kaum myopisch ist. Mit anderen Worten, es fgllt die Netzhautfl~che beinahe mit der zweiten Bildfl~ehe znsammen. In einigen Fgllen aber ist die sagittale Ilefraktion myopisch, aber niedriger Ms die tangentiale.

Wenn die Ergebnisse meiner Berechnungen mit den Zahlen, die Druault mit der Berechnung und mit skiaskopischer Untersuchung er- halten hat, verglichen werden, so ergibt sich, dab meine Zahlen jeden- falls besser mit den k]inischen Erfahrungen iibereinstimmen Ms jene Druaults.

In der Tat geht aus den Berechnungen Druaults hervor, dat3 bis zu einer Inklination von 40 ° des Leitstrahles des einfallenden Biindels der myopische Astigmatismus ungef~h-r doppelt so groB als der hyper- metropische ist.

Aus den Mittelwerten der Bestimmungen, die Druatdt am lebenden Auge durchgefiihrt hat, geht aber hervor, dab der Grad des myopischen Astigmatismus bedeutend gr6ger ist ats das Doppelte des hypermetro- pischen. In der nasalen Hg]fte des Gesichtsfeldes z.B. ist bei 20 ° der Grad des myopischen Astigmatismus 14ram gr6Ber als jener des hypermetropischen; bei 30 ° ist er 9 mM grSBer. Eine/thnliche Bemerkung habe ich in mehreren Augen machen kSnnen; in einigen Augen sogar, und fiir bestimmte Winkelabstgnde yon der optischen Achse, w~hrend die tangentiale gefraktion stark myopisch war, war die sagittale emme- tropisch oder sogar etwas myopisch.

Deshalb scheint mir, dab die Ergebnisse meiner Berechnungen mit jenen der klinisehen Untersuchung besser iibereinstimmen Ms die Er- gebnisse der Bereehnungen aller vorhergenannten Verff., Fick ausge-

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fiber die Brechung bei schieler Incidenz im menschlichen Auge. 439

nommen. Fick hatte (1879) gefunden, dal~ im in Akkommodationsruhe befindlichen schematischen Auge die zweite Brennlinie fast vollkommen mit der ophthalmometrischen Retina Helmholtz' zusammenf~tlt.

Die bedeutenden Unterschiede, die man in einigen Augen zwischen den Ergebnissen der Skiaskopie und denen der Berechnung bemerkt, kSnnen, meiner Ansicht nach, nicht verwundern, wenn man be- denkt, dab emmetropische Augen ein verschiedenes VerhMten der Kriimmung in den peripheren Teilen der brechenden Fl~chen zeigen kSnnen und dal~ ghnliche Unterschiede auch in der Netzhautfl~che bestehen k6nnten.

In fi, hnlicher Weise kSnnen Refraktionsunterschiede, die man oft klinisch zwischen der nasalen und temporalen H/~lfte des Gesichtsfeldes bemerkt, eine Erkt~rung in tier Asymmetrie der breehenden Fl~chen und der Netzhautfli~che linden.

Deshalb, was die periphere Abbildung des Auges betrifft, wenigstens bis zu einer Maximalinklination yon 40 ° des Leitstrahles des e~nfallenden Biindels, glaube ich, dag man annehmen kann:

1. Die Netzhautflgche ist im lebenden Auge bedeutend n~her der zweiten als der ersten Bildfl~che.

2. In einigen Augen ist die sagittale Refraktion emmetropisch oder kaum myopisch oder kaum hypermetropisch ; mit anderen Worten, die Netzhautfl~che f~llt beinahe vollkommen mit der zweiten Bild- f]/~che zusammen. Die tangentiale Refraktion ist immer myopisch, und der Grad der Myopie nimmt in den peripheren TeiIen immer zu.

3. In einigen Augen ist die sagittale Refraktion myopisch, aber nied- riger als die tangentiale.

4. Man bemerkt oft Refraktionsunterschiede zwischen der tempo- ralen und nasalen ttiilfte des Gesichtsfeldes, Unterschiede, die ihre Erklgrung in der Tatsache linden, dat~ weder die brechenden Flgchen noeh die Netzhautflgche genau symmetrische Fliiehen darstellen.

10. Schlul~iolgerungen. I. Im schematischen Auge Helmholtz' bis zu einem ?¢Iaximalwinkel

(X) yon 40 ° des Leitstrahles des einfallendcn Biindels haben beide Bildfliichen eine Form, die sich der sph~rischen auffatlend ann~ihert.

2. Im schematischen Auge Helmholtz', die Netzhautfl~iche als sph~- risch mit einem Krtimmungsradius yon 11 mm (nach Stammeshaus) angenommen, ist bis zu einem Maximalwinkel yon 40 ° des Leitstrahles des einfallenden Biindels immer die Netzhautflfiehe in der Brennstrecke gelegen, und zwar etwas n~her der zweiten als der ersten Bildfl~iehe. Der Astigmatismus ist zu der Netzhautft~che deshMb gemischt, und der Grad des myopischen Astigmatismus ist etwas hSher als jener des hypermetropischen.

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410 G. Lo Caseio: Untersuchungen

3. Nimmt man ffir die Netzhautfl&ehc in der betreffenden Zone

eine solehe F o r m an, dab sie sich ziemlich genau einem Paraboloide anschmiegt (p .... 11,03 mm), so ist die Netzhautflgche im sehematischen Auge Helmholtz' bis zn einem Maximalwinkel yon 30 ° des Leitstrahles des einfallenden Biindels zwischen den Bildfl~chen gelegen, und zwar vlel ngher der zweiten als tier ersten. Fiir einen ~Vinkel yon 40 ° ist die Netzhautflgche hinter beiden Bildflitchen gelegen.

Die Bereehnung beweist also, dab yon einem Winkel X = 9 ° 59' be- ginnend, der hypermetropische Astigmatismus nicht im Verhgltnis zu dem Zunehmen des myopischen Astigmatismus zunimmt, dab sogar fiir einen Winkel X = 30 ° der Grad des hypermetropisehen Astigmatis- mus niedriger ist Ms fiix einen Winkel yon 207. Mit anderen Worten, gegen die Peripherie, w~hrend die erste Bildfliiche sieh immer mehr xTon der Netzhautfl~ehe entfernt, n~hert sich die zweite Bildftgche immer mehr an, bis sie, fiir einen Winkel X yon 40 °, vor der Netzhaut- fl~ehe gelegen ist.

Dieses Verhalten, welches yon jenem, yon anderen Vefff. gefundenen etw~s abweieht, ist die Folge der parabolischen Form der Netzhaut- fl~che in der betreffenden Zone.

4. Im sehematischen Auge Helmholtz', die parabolische Form der hinteren Linsenflgche (p = 5,58 ram), wie aus den Untersuehungen Nordensons hervorgeht, angenommen, ist der Astigmatismus des ge- broehenen Strahlenbiindets bei sehiefer Ineidenz kaum niedriger als jener eines gebrochenen Biinde]s unter denselben Bedingungen in einem Auge, dessen Krystaltinse yon sphiirisehen Fl~iehen begrenzt ist.

Man kann deshalb den Schlul] ziehen, dag die parabolische Form der hinteren Linsenfl~ehe einen kgum bedeutenden Einflu[~ in der Neutralisation des peripheren Astigmatismus des Auges besitzt.

5. Im sehematischen Auge Helmhvltz', in dem der hinteren LinseD- flgche eine parabolische Form zugesehrieben wird (p -- 5,58 mm), haben die Bildfl~ehen eine Form, die sieh der sph~,risehen sehr an- nahert, his zu einer Inklination yon 40 o des Leitstrahles des einfallenden Biindels.

In solchen sehematischen Augen ist die Netzhautfl~che zwischen den zwei Bildfl~ehen gelegen (gemischter Astigmatismus), und zwar ftir h5here Inklinationen des Leitstrahles des einfallenden Biindels Ms 10 ° ist die Netzhautfl~ehe n~ther der zweiten Bildfl~che als der ersten, oder, anders ausgedriickt, ist der Grad des hypermetropischen Astigmatis- mus niedriger Ms jener des myopischen. Mit dem Zunehmen der In- klination des Leitstrahles zeigt, w~hrend der myopisehe Astigmatismus immer h6here Werte annimmt, der hypermetropisehe Astigmatismus fiir ehle bestimmte Zone kaum versehiedene ~¥erte und neigt ~iir grSBere Inklinationen zur Abnahme hin.

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tiber die Brechung bet schiefcr Incidenz im menschliehen Auge. 441

6. Die ski~skopische Untersuchung, in zahlreichen Augen bet ver- schiedcnem Winkelabstande yon der optischen Achse durchgefiihrt, ergab, d~i~ mindestens bis zu einer Inklina~ion yon 40 ° die/qetzhuut- flgche, mit sehr Seltenen Ausnahmen, bedeutcnd n~her der zweiten Bildflache als der ersten gelegen ist und d~l~ in der Mehrz~hl der F~lle die s~gittale Refraktion emmetropisch oder kaum myopisch oder k~um h)Termetropisch ist. Anders ~usgedrfickt, die Netzh~utfl~che f~llt beinahe vollkommen mit der zweiten Bildfl~che zus~mmen.

In einigen FgUen dagegen ist die sagittale Refr~ktion myopisch, ~ber niedriger als die tangentiale; diese ist immer myopisch und der Grgd der Myopie n immt in den peripheren Teilen immer zu.

7. Die Ergebnisse der Berechnungen im schem~tischen Auge Helm- holt#, die p~rabotische Form der hinteren Linsenfl~che und die p~r~- bolische Form der Netzhgutfl~che in der be t rdfenden Zone angenommen, st immen mit den Ergebnissen der skiaskopischen Untersuchung besser iibereia ~ls jene der Berechnungen, die durchge~fihrt ~ r d e n , indem die brechenden Fl~chen des Auges und die ~etzhautfl~che Ms sph~risch angenommen wurden. Die skiaskopische Untersuchung ]~l~t in der T~t ersehen, d~i] im ]ebenden Auge die ~etzhautfli~che bedeutend ngher der zweiten Bild~l~che als der ersten gelegen ist, so wie die Berechnung voraussehen liel].

8. Die Refraktionsunterschiede, die m~n klinisch oft zwischen der ~emporglen und nas~len t tglf te des Gesichtsfeldes bemerken kann, kSnnen die ~o]ge ether Asymmetrie der brechenden Fli~chen und der Xetzhautflgche sein.

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