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Zeitschrift ffir Krebsforschung, Bd. 57, S. 530--541 (1951). Aus dem Institut fiir experimen~e]le Pathologie der Farbenfabriken ,,Bayer" Wuppertal-Elberfeld (Leiter: Prof. Dr. reed. GEn~D DOMAGK). Untersuchungen fiber die cancerogene Wirkung einiger fettliislicher Azofarbstoffe. Von CRR. HACKMAN. Mit 7 Textabbildungen. (Eingegangen am 25. April 1951.) Von der groBen Zahl der Azofarbstoffe sind bislang einige wenige in tierexperimente]len Untersuchungen als cancerogen befunden worden, die wiederum ausnahmslos zu dem Typus der fettlSslichen Azofarbstoffe gehSren. Im Gegensatz zu den sonstigen als cancerogen wirksam festgestellten Verbindungsk]assen wie z.B. manchen 1)rodukten der Steinkohlen- destillation, den aromatischen Aminen, den Arsenverbindungen usw., auf deren Wirkung man durch bSse Erfahrungen am Menschen auf- merksam geworden war, fielen die Azofarbstoffe nieht dutch ihre Wirkung auf die dam~t in Beriihrung kommenden Menschen auf. Azofarbstoff- krebse des 5~ensehen sind bisher nicht bekannt geworden. Insbesondere fehlen Anhaltspunkte fiir eine eancerogene Wirkung auf den Menschen yon gewerbehygienischer Seite, so dab erst die bekannten Tierversuche japaniseher Forscher auf die Wirkung einiger Stoffe aus dieser Ver- bindungsklasse aufmerksam werden ]leBen. Es ist schwer zu sagen, welche Gesichtspunkte zur Erkli~rung dieses Umstandes in erster Linie dienen kSnnten. MSglicherweise wird es sich als notwendig herausstellen, auch bei der Beurteilung cancerogener Wirkungen die artbedingten Untersehiede des Stoffwechsels und die dadureh bedingte verschiedene l~eaktionsweise der verschiedenen Tier- arten und des Menschen gegenfiber chemischen t~eizen mehr a]s es bisher geschieht, in Rechnung zu setzen. :Nur so kann die in der Verall- gemeinerung ]iegende GefaHr falscher SchluBfolgerungen vermieden werden. Es ist nicht zweifelhaft, dab die einzelnen Tierarten und aueh der Menseh sehr unterschiedlich auf bestimmte caneerogene (wie auch auf niehtcancerogene) l~eize ansprechen. So ist es eine auffallende Erscheimmg, dal.~ manche yon der Erfahrung am Menschen als hoch- wirksam bekannte cancerogene Stoffe, wie beispielsweise das Beta-Naph- tylamin, bei den kleinen Laboratoriumstieren offensichtlich nicht in gleieher Regelm~t$igkeit und Leichtigkeit zur Entstehung yon malignen Tumoren fiihren.

Untersuchungen über die cancerogene Wirkung einiger fettlöslicher Azofarbstoffe

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Page 1: Untersuchungen über die cancerogene Wirkung einiger fettlöslicher Azofarbstoffe

Zeitschrift ffir Krebsforschung, Bd. 57, S. 530--541 (1951).

Aus dem Institut fiir experimen~e]le Pathologie der Farbenfabriken ,,Bayer" Wuppertal-Elberfeld (Leiter: Prof. Dr. reed. G E n ~ D DOMAGK).

Untersuchungen fiber die cancerogene Wirkung einiger fettliislicher Azofarbstoffe.

Von CRR. HACKMAN.

Mit 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 25. April 1951.)

Von der groBen Zahl der Azofarbstoffe sind bislang einige wenige in tierexperimente]len Untersuchungen als cancerogen befunden worden, die wiederum ausnahmslos zu dem Typus der fettlSslichen Azofarbstoffe gehSren.

Im Gegensatz zu den sonstigen als cancerogen wirksam festgestellten Verbindungsk]assen wie z .B. manchen 1)rodukten der Steinkohlen- destillation, den aromatischen Aminen, den Arsenverbindungen usw., auf deren Wirkung man durch bSse Erfahrungen am Menschen auf- merksam geworden war, fielen die Azofarbstoffe nieht dutch ihre Wirkung auf die dam~t in Beriihrung kommenden Menschen auf. Azofarbstoff- krebse des 5~ensehen sind bisher nicht bekannt geworden. Insbesondere fehlen Anhaltspunkte fiir eine eancerogene Wirkung auf den Menschen yon gewerbehygienischer Seite, so dab erst die bekannten Tierversuche japaniseher Forscher auf die Wirkung einiger Stoffe aus dieser Ver- bindungsklasse aufmerksam werden ]leBen.

Es ist schwer zu sagen, welche Gesichtspunkte zur Erkli~rung dieses Umstandes in erster Linie dienen kSnnten. MSglicherweise wird es sich als notwendig herausstellen, auch bei der Beurteilung cancerogener Wirkungen die artbedingten Untersehiede des Stoffwechsels und die dadureh bedingte verschiedene l~eaktionsweise der verschiedenen Tier- arten und des Menschen gegenfiber chemischen t~eizen mehr a]s es bisher geschieht, in Rechnung zu setzen. :Nur so kann die in der Verall- gemeinerung ]iegende GefaHr falscher SchluBfolgerungen vermieden werden. Es ist nicht zweifelhaft, dab die einzelnen Tierarten und aueh der Menseh sehr unterschiedlich auf bestimmte caneerogene (wie auch auf niehtcancerogene) l~eize ansprechen. So ist es eine auffallende Erscheimmg, dal.~ manche yon der Erfahrung am Menschen als hoch- wirksam bekannte cancerogene Stoffe, wie beispielsweise das Beta-Naph- tylamin, bei den kleinen Laboratoriumstieren offensichtlich nicht in gleieher Regelm~t$igkeit und Leichtigkeit zur Entstehung yon malignen Tumoren fiihren.

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Cancerogene Wirkung einiger fettl6slieher Azofarbstoffe. 531

Die Erzeugung yon Azofarbstoffkrebsen im M~tuse- und R a t t e n -

versuch ist an besondere Bed ingungen geknfipft, wie z. B. die Art der Ff i t terung, die im einzelnen noch nicht befriedigend zu fibersehen sind. Die Aufk lgrung dieser Zusammenh~nge, wie such die Auff indung weiterer bisher noch u n b e k a n n t e r cancerogen wirksamer Stoffe, gehSrt zweifellos mi t zu den wicht igsten Aufgaben der Krebsforsehung. ~qachfolgend wird fiber die Ergebnisse yon Ff i t te rungsversuchen berichtet , welche im Ver- ]aufe unserer seit einer Reihe yon J a h r e n durchgeft ihrten Pr i i fungen mi~ einer Anzahl yon fettlSs]ichen Azofarbstoffen erzie]t warden.

Methodilc and Material. Ffir die Versuche wurden insgesumt 280 Ratten mit einem durchschnittlichen

Gewicht yon je 100 g eingesetzt. Die Tiere waren, da uns erbgleiche Ratten in den erforderlichen Mengen nicht zur Verffigung st~nden, ~us einer heterocygoten Zucht entnommen. Das TiermateriM ist uns hinsieht]ich seiner hier in Betraeht kom- menden Eigensch~ften gut bek~nnt, da wit es seit einer Reihe yon Jahren ffir Tier- versuche verwenden. Die Tiere erhielten ein Futter der folgenden Zusummen- setzung: 40% Gerste, 40% I-Iafer, 15% MMs, 5% Fischubfalle.

Dazu Grfinfutter (Haferkeimlinge, SMat), sowie nach Belieben W~sser. Die Farbstoffe warden dem Futter im Verh~tltnis 1 : 1000 zugesetzt, wobei die Sub- st~nzen zwecks besserer Verteitang zunachs~ 6% ig mit Soil51 vermischt and dann dem Fatter beigemengt wurden. Die gegebene Futtermenge wurde ebenso wie die zurfickgelassenen Reste regehnaBig gewogen, so dab bet jedem Tier die Menge des aufgenommenen Farters nnd damit die des verabreichten Farbstoffes annaherungs- weise ermittelt werden konnte.

Die Ratten nahmen das mit dem F~rbstoff-01gemiseh vermengte Fatter, welches sich im fibrigen nicht yon dem sonst gewohnten Fatter unterschied, gerne auf, was in erheblichen Gewichtszunahmen znm Ausdruek kgm. Es handelte sich also in unserem FMle nicht am eine Mangeldi~it, wie sie sonst bet derartigen Versuehen vielfgch gebrauchlich ist. Wh" kSnnen die MSgliehkeit nieht gusschliel~en, d~l~ bet einem in ~nderer Weise zusammengesetzten Futter sich hShere Ausbeuten ~n Tu- moren, vie]leicht sogar in Einzelfgllen cancerogene Effekte bet Pr/~paraten ergeben hgtten, die in nnseren Versnchen nicht zur Tnmorbildung geffihrt haben. Es ver- steht sich bet derartigen Versuchen yon selbst, dM3 nur die positiven Ergebnisse im eigentlichen Sinne verwertbar sind, wahrend der negative Verlauf natiirlich nicht~ beweist, dM3 nicht etw~ bei anderer Versachs~nordnung doch ein cancerogener Effekt h/~tte erzielt werden kSnnen.

Die Tiere wurden bis zu ihrem ,,natfirlichen" Tode, d. h. Mso in manehen Fallen fiber 3 Jahre lang behandelt und beobachtet. Die eingegangenen Ratten wurden obduziert, die Organe zur histologisehen Untersuehang in Formol fixiert nnd in Paraffinschnitten antersucht.

Die fo]genden Farbstoffe, die unserem Laboratorium yon Herrn Dr. WI~GLSR, dem Letter der Azo-Abteflung der Farbenfabriken Bayer in Leverkusen, zu diesem Zweck zur Verffigung gestellt wurden, kamen zur Untersuchung (Tabelle 1).

Ergebnisse der Tierversuche.

Pri~parat 6936. Von 20 R g t t e n leb ten 15 tiber 1 Jahr , 3 R a t t e n iiber 2 Jghre u n d 1 Tier fiber 3 JMlre. Bei den eingegangenen Tieren wurde

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532 CHR. HACKMANN:

Tabelle 1.

P r g - parat Nr.

6936

6937

6938

6939

6940

6941

6942

6943

C h e m i s c h e B e z e i c h n u n g ~

4,4'-Diamino- ~ 4-Oxy- 1-isohexylbenzol

diphenylamin{ 4-Oxy- t -isohexylbenzoI

Anilin--> 1-Phenyl-3-methyl-5-pyrazoloa

~-Naphtylamin --> 1,3-phenylendiamin (mit Gehalt yon etwa 4 % fi-~Naphtylamin)

4',4"-Diamino-3'3"- / fl-Naphtol Dimethoxy-triphenylmethan~ fl-Naphtol

4-Amino-l-~thoxybenzol --> ~.-Naphtol

4-Aminoazobenzol--->2-Xthylamino-naphtalin

Aminoazotoluol -+ fl-Naphtol hergeske]lk aus einem Gemisch yon:

etwa 70% m-Toluidin etwa 20% o-Toluidin ekwa 10% p-Toluidin

I

Anflin --> fi-Naphtol

:Formel

OH

/ \ _ _ / . . . . -.r~.> / ( .A

I N B i CH~ . O H . O H 2 - 01]: 2 - C H a

/ oH2. oN. CN2.0]~2. CHa CHa

- - / II I~ Hog I~

/ ~ - N g N / - - \ NH

OCH a 1 t0 \ / -~,_~=x_. / - -N

( b--CK

=

ooHa \ _ _ /

c H o / ~ >r-5 ~ ~ - - O H / k \ _ _ /

N]~. C~H~ \

( - -%_~=~_/--h_~=~_/--%

\ _ _ /

Ctt a C]~ a HO \ \ \

\ > I : Iauptprodukt (neben Isomeren)

I tO \

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Cancerogene Wirkung einiger fettlSslicher Azofarbstoffe. 533

Tabelle 1. (Fortsetzung.)

Pr~ -

par~t Chemische Bezeichnung ~ I~r.

i 6944 I ~-Naphtylamin - + a-Naphtylamin

(mit Gehalt yon etwa 4% fi-Naphtylamin)

6945 2-Chlor-4-Nitro-l-Aminobenzol-+ 4-Amino-2-Methoxy-l-Methylbenzol

6946 4-Nitranilin - + ~-Naphtylamln - - die Nitrogruppe reduziert (mi~ Gehalt yon etwa 4 % fi-Nuphtylamin)

6949 4-Aminoazobenzol - + o-Kresol

6951 i p-lNitranilin - + Diphenylamin l l i

I p-Aminoacetanilid - + p-Kresol 6952

i i

Formel

\~/ \__/

CI N H 2 / \

0 2 N - - ~ - - N = N - - / - ~ - - O C t t 3 \

blta

/ \ \ _ _ /

cg3

Olt

Cga

1 Die Pfeile sind die ffir Azofarbstoffe gebrs Schreibweise und deuten die Azobindung an.

Die obigen Farbs~offe stellen eine Auswahl yon technischen Azofarbstoffen mit versehiedenem chemischem Aufbau dar, die zur Klasse der left- und esterl6slichen Farbstoffe z~hlen. Es handel t sich also in allen Fallen u m lipoidl6sliche Stoffe. Die Farbstoffe waren yon technischem Reinheitsgrad.

uls Todesursuche in den meisten Fallen Pneumonie sowie Lungen- ubscesse festgestellt. Ein Tier ging dutch einen Unfull nach 55 Tugen an akuteln LungenSdem ein, nachdem es in ein GefS~l~ gesprungen war, das ein Desinfektionsmittel enthielt. Bereits bei diesem Tier zeigte sich, wie bei allen spi~ter gestorbenen, als Ergebnis der hochgrudigen Farbstoff- aufnuhme eine sehr sturke Ablagerung des l%rbstoffs in Leber, 1VIilz, Nieren, so du$ die Organe sehr intensiv ziegelrot vitalgefiirbt waren. Sehr h~tufig fa,nden sich ferner herdfSrmige I%krosen in der Leber, die jedoch an und fiir sich nicht mit Sieherheit der Behundlung zugeschrieben werden kSnnen, du sie sich such bei den nichtbehundelten Kontrolltieren nicht selten finden.

Die grS$te aufgenommene Furbstoffdosis betrug 13,12 g bei einem Tier, welches 1.139 Tuge lung behundelt worden war. Bei keinem Tier

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534 C~R. HACKMA~N:

dieser Gruppe kam ein Tumor zm" BeobaGhtung. Es ergaben sigh somit keine Anhaltspunkte fiir eine cancerogene Wirkung des Priiparates.

Pri~parat 6937. \Ton den 20 Ratten dieser Gruppe iiberlebten 19 eine Versuchsdauer yon 1 Jahr nnd 2 eine Daner yon 2 Jahren. Die bei den eingegangenen Tieren festzustellenden pathologischen Ver~nderungen waren im wesentlichen Pneumonien, Lungenabscesse, Nekrosen in der Leber, Stauungs]eber (bei Pneumonia).

Bei 2 Tieren, we]Ghe 6,51 g und 10,57 g Pri~parat aufgenommen hatten, fanden sich schwere degenerative Veri~ndernngen in der Leber,

Abb. 1. R a t t e Y-153. P r h p ~ r a t 6938.

die mSglicherweise mit der Zufuhr des Priiparates in Zusammenhang stehen. Bei einem Tier land sieh eine Hyperkeratose der Vormagen- schleimhau~. Regelmi~$ig auf das Pr~parat zu beziehende Verg.nderungen in der Leber oder im Magen haben wir niGht festgestellt. Bei keinem Tier kam ein Tumor zur Beobaehtung.

Priiparat 6938. Von 20 Ratten konnten 17 fiber 1 Jahr lang, 5 fiber 2 Jahre und 1 Tier 2 Jahre und 10 Monate lang behandel~ werden. Als Todesursache bei den eingegangenen l~atten wurde in den meisten Fiillen Pneumonie und Lungenabscesse gefunden. Bei zahlreiGhen Tieren fan- den siGh herdfSrmige Lebernekrosen.

Bei einer t~atte, die 624 Tage lang gefiittert worden war und in dieser Zeit 7,54 g Farbstoff aufgenommen hatte, fanden sich mehrere Tumoren in der Leber sowie Metastasen im Netz und in der Pleura. ttisto]ogiseh handelte es sieh um ein Spindelzellensarkom (Abb. 1).

Bei 2 weiteren Tieren, welche 158 Tage bzw. 531 Tage lang gefiitter~ worden waren, land sich eine tIyperplasie der Vormagenschleimhant mit starker Tendenz zur Keratinisierung. :Die Tiere batten 2,0 bzw. 6,0 g Farbstoff aufgenommen (s. Abb. 2).

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Cancerogene Wirkung einiger fe~tlSslicher Azofarbstoffe. 535

Eine weitere 1Ratte zeigte noch welter fortgeschrittene Wucherungen im Magen, die sich bei der histologischen Untersuchung als Carcinom

Abb. 2, l~atte u P r g p a r a t 6938.

Abb. 3. Ramie u Pr/~parat 6938.

mit starker Tendenz zur Verhornung erwiesen (s. Abb. 3). Dieses Tier hatte in 769 Tagen 9,6 g Prgparat aufgenommen.

Eine andere l~atte dieser Grupp~, welche in 656 Tagen 8,15 g Farbstoff erha]ten hatte, zeigte eine lymphatische Leukgmie mit starker

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536 C~m. HACK_WIANN :

Milzschwellung und VergrSgerung der Mesenteriallymphknoten. In der recht.en Leiste fand sich bei demselben Tier ein walnuBgroges Fibro- adenom.

Eine weitere Ratte, die in 719 Tagen 9,03 g Prgparat erhalten hatte, zeigte an der rechten Brustseite 2 groge Tumoren, die sieh histologisch ebenfalls als Fibroadenome erwiesen.

Wieweit diese gutartigen Gesehwfilste der Mamma, die bei glteren I~atten nieht selten beobaehte~ werden, mit der Farbstofffitterung in Zusammenhang stehen, ist schwer zu entscheiden.

Abb. 4. lqatte u Pr~iparat 6939. VitMffirbung.

Dagegen sind das Magencareinom und die Wueherungen der Magen- schleimhaut so~% das Spindelzellensarkom und wohl auch die lym- phatisehe Leuk~mie mit einem sehr hohen Grade yon Wahrseheinlichkeig auf die Einwirkung des Prgparates zurfickzuffihren.

Der Farbsto// 6938 ist daher als cancerogen anzusehen. Priiparat 6939. Von den 20 I~atten dieser Gruppe konnten 18 fiber

1 Jahr, 10 fiber 2 Jahre und 1 Tier fiber 3 Jahre behandelt werden. Der Farbstoff wurde yon den inneren Organen, besonders yon der Leber in erheblichen Mengen gespeichert, so dab eine starke Vitalf~rbung zusgande kam, welche die Einzelheiten der Gewebsstruktur a~m einfachen Gefrier- sehnitt ohne welt, ere F~rbung erkennen lieg (s. Abb. 4).

Die meisten Tiere gingen an Pneumonie ein. Bei einem Tier, welches nach 580 Tagen starb und 8,88 g Priiparat gefressen hatte, fanden sich bindegewebige Cysten nichtmalignen Charakters im Mesenterium.

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Canoerogene Wirkung einiger fettl6slioher Azofarbstoffe. 537

Eine Ratte zeigte nach 633 Tagen (16,3 g Farbstoff) ein groBes Fibro- adenom in der Leistengegend. Ebenfalls ein Fibroadenom der reehten Flanke zeigte eine Ratte nach 845 Tagen, welehe 11,2 g Farbstoff auf- genommen hatte. Bei dem gleichen Tier fanden sich in der Lunge mehrere aus pigmentierten Zellen bestehende Tumorherde (Metastasen eines Melanoms ?). Ein Prim~irherd konnte nieht geflmden werden. Bei 2 weiteren Ratten fanden sich naeh 857 Tagen bzw. 905 Tagen ebenfalls Fibroadenome der Brustdrfisen.

Ver~nderungen in der Leber, welche als cancerSs oder pr~cancer6s aufgefagt werden kSnnten, fanden sieh bei keinem Tier dieser Grulope. Ebenso lieJ]en sieh im Magen und Darm dieser Tiere keine geschwulst- ~ihnlichen Bildungen nachweisen. Wieweit die auffMlende H~iufigkeit der FJbroadenome der Mamma (5 von 20 Tieren) auf einen Einflug des Pr~tparates zurfickgeffihrt werden k6nnte, mfissen wir unentschieden lassen.

Pr~iparat 6940. Von 20 Ratten wurden 19 fiber 1 Jahr, 3 fiber 2 Jahre mit dem Farbstoff geffittert. Auch hier wurde eine starke Vitalf~rbung beobaehtet. Die meisten Tiere gingen an Pneumonie oder an Lungen- abseessen ein. Bei den pathologisehen Ver~inderungen in der Leber handelte es sieh in vielen F~llen um herdfSrmige Nekrosen, Stauungs- erscheinungen, fettige Degeneration. Die Leber und der lKagen-Darm- traetus der behandelten Tiere zeigte Jn keinem Falle Ver~inderungen, welche auf die Einwirkung des Farbstoffs im Sinne einer caneerogenen Wirkung bezogen werden kSnnten.

Bei einer Ratte, welehe 764 Tage gefiittert wurde und insgesamt 10,2 g Farbstoff aufgenommen hatte, trat ein Fibroadenom der Mamma auf.

Pri~parat 6941. 19 Ratten dieser Gruppe wurden fiber 1 Jahr lang, 5 fiber 2 Jahre lang mit dem Farbstoff geffittert. Das Pr~parat ffihrte bei den Tieren nieht wie die Priiparate 6936 und 6939 zu einer Vital- f~rbung der parenehymat6sen Organe (z. B. der Leber), sondern zu einer speziellen F~rbung des Fettgewebes, so dag schon naeh einigen Woehen die Fettdepots des KSrpers eine tiefdunkelrote Fs angenommen hatten. Ferner wurden die I-Iaut und die Schleimh~ute intensiv rot gef~rbt.

Die Todesursache war bei den meisten Tieren Pneumonie. In der Leber und im Magen-Darmtractus fanden sieh keine Ver~nderungen, welehe auf eine cancerogene Wirkung des Farbstoffes hinweisen kSnnten. Bei keinem Tier trat ein Tumor auf.

Priilgarat 6942. Die Ratten vertrugen das Praparat verh~ltnism~igig schleeht. Von 20 Ratten konnten nur 3 fiber 1 Jahr lang und 1 l~atte fiber 2 Jahre lang behandelt werden. Die grSBte aufgenommene Gesamt- dosis war ~,4 g F~rbstoff. Schon naeh kurzer Zeit wurde das Fettgewebe der Tiere vital rot gefarbt, bei liingerer Behandlung nahmen auch die

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538 Cn~. HACXMA~N :

Sehleimh/iute, z. B. die Schleimhaut des Magens, eine dunkelrote l~/~r- bung an.

Als Folge der Verfiitterung des Farbstoffs standen Lebersch/idigungen im Vordergrund. Bei den kiirzer als 200 Tage lang behandelten Tieren fanden sich herdfSrmige Lebernekrosen und Sternzellenwucherung.

Ein Tier zeigte naeh 202 Tagen bei einer Aufnahme yon 2,0 g Farb- stoff eine deutliche Sch/~digung der Leber mit Vermehrung des Leber- bindegewebes sowie Gallengangswueherungen.

Abb. 5. tlatise u Pr~loarat 6942. Leberci r rhose .

Die Leber eines anderen Tieres, welches 254 Tage lebte und in dieser Zeit 2,65 g Pri~10arat aufgenommen hatte, zeigte eine Cirrhose (s. Abb. 5).

Bei einer weiteren Rat te fand sich nach 264 Tagen (2,7 g Farbstoff) ebenf~lls eine starke Vermehrung des Leberbindegewebes. Die Leber- zel]en waren zum Teil mehrkernig, die Kerne loolymorph. Die Leber- struktur zeigte sich stark gestSrt. Bei nahezu allen Tieren, die 1/~nger als 200 Tage lebten, wurden schwere Ver/s in der Leber gefunden. In 2 F/illen (naeh 272 Tagen und 2,8 g Farbstoff und naeh 763 Tagen und 4,0 g Farbstoff) kam es zur Entstehung yon Hepatomen (s. Abb. 6).

Von sonstigen pathologisehen Ver/~nderungen wurden in 2 F/~llen Aseitesbildung (bei je einem Tier mit Lebercirrhose und mit einem tIepa- tom), in je einem weiteren Fall Cystitis und LungenabsceB beobachtet.

Der l%rbstoff 6942 ist ohne jeden Zweifel als cancerogen anzusehen, und zwar zeigt er bei Rat ten eine eindeutige Tendenz zur Bildung yon Lebertumoren.

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Cancerogene Wirkung einiger fettl6slicher Azofarbstoffe. 539

Priiparat 6943. Von 20 Ratten konnten 17 fiber 1 Jahr lang, 8 fiber 2 Jahre lang und 1 Ratte fiber 3 Jahre lang mit dem Farbstoff behandelt werden.

Als pathologisehe Ver~%nderungen wurden bei den eingegangenen Tieren gefunden: Pneumonie, Lungenabseesse, Lebernekrosen, Gastritis, Enteritis. In keinem Fall kam Tumorbildung vor.

Priiparat 6944. Die Verfiitterung des Farbstoffs wurde yon den Batten ziemlieh sehleeht vertragen. Zahlreiehe Tiere gingen kurze Zeit naeh Beginn des Versuehs an Darmst6rungen ein. Nur l l yon 20 Ratten

Abb. 6. t l a t t e Y-221. P r ~ p a r a t 6942. Lebe r tumor .

konnten fiber 1 Jahr lang beobaehtet werden. Die Todesursaehe bei den eingegangenen Tieren waren vor Mlem Entzfindungen des Colons, Pneu- monien und Lungenabseesse.

Eine gatte, welehe 446 Tage gelebt und 5,I g Farbstoff aufgenommen hatte, zeigte ein kleines Papillom an der Sehleimhaut des Drfisenmagens. Ein anderes Tier erkrankte an einem pflaumengrogen Fibroadenom der Mamma in der linken Flanke.

Ein maligner Tumor kam in dieser Versuehsgruppe nieht zur Be- obaehtung.

Pri~parat 6945. 19 Batten wurden fiber 1 Jahr, 4 gat ten fiber 2 Jahre lang nnd 1 Ratte fiber 3 Jahre lang mit dem Farbstoff gefiittert. Bei 2 Ratten, yon denen die eine zu diesem Zeitpunkt 10,9 g und die andere ] 3,2 g Farbstoff gefressen hatte, traten Fibroadenome der Mamma auf.

Ein 588 Tage lang behandeltes Tier zeigte naeh Aufnahme yon 7,7 g Farbstoff eine Hyperplasie des Vormagenepithels. Maligne Tumoren kamen in dieser Versuehsgrnppe nicht zur Beobachtung, insbesondere

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540 Cm~. ItACKMaS~:

waren in der Leber und im Magen-Darmtractus oder in der Harnblase keine cancerSsen oder pri~eancerSsen Veranderungen nachweisbar.

Pr~ilgarat 6946. 14 yon 20 Batten wurden fiber 1 Jahr lang, 5 Batten fiber 2 Jahre lang mit dem Farbstoff geffittert. Alle Tiere zeigten eine deutliehe gelbrote Vitalfiirbung vor allem der Leber. Die Tiere gingen in den meisten F~llen an Pneumonie oder an Lungenabseessen ein. Als weitere pathologisehe Vergnderungen fanden sich Nekrosen in der Leber, Enteritis, Hodenatrophie, Cystitis. Gutartigeoder bSsartige Geschwfilste kamen in dieser Gruppe nieht zur Beobachtung.

Abb. 7. R a t t e Y-229. Pr&para t 6942. Leber~umor.

Prdparat 6949. 17 Batten wurden fiber 1 Jahr lang, 3 Batten fiber 2 Jahre ]ang mit dem Farbstoff gefiittert. S/~mtliche Tiere zeigten in den inneren Organen und in den Schleimh/inten Vitalf~rbung. Bei 2 Batten wurde naeh Aufnahme yon 10,3 bzw. 11,7 g Farbstoff eine Hyperplasie des Vormagenepithe]s gefunden. Zur Bildung yon echten Geschwfilsten kam es bei keinem Tier. Vier Tiere zeigten entztindliche Ver~nderungen des Darms. Sonstige patho]ogische Veri~nderungen waren Pneumonie, Lungenabscesse, Hodenatrophie, Lebernekrosen.

Priiioarat 6951. Von 20 Batten der Versuchsgruppe konnten 17 l~nger als 1 Jahr, 51 ]/~nger ais 2 Jahre beobachtet werden.

Bei einer Ratte, we]ehe 618 Tage nach Versuehsbeginn lebte nnd in dieser Zeit 6,8 g l~arbstoff aufgenommen hatte, land sieh eine ttyper- plasie des Epithels der Vormagensehleimhaut.

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Cancerogene Wirkung einiger fe~tl6slicher Azofarbs~offe. 541

Bei 4 Rabten braten im Laufe des Versuehs Fibroadenome der Mamma auf. In keinem Falle kam es zur Entstehung eines malignen Tumors.

Priiparat 6952. Von 20 Rabben konnben 14 fiber 1 Jahr, 1 Rat be fiber 2 Jahre mib dem Farbstoff geffittert werden. Das Fettgewebe der Tiere wurde intensiv vitalgefgrbt.

Bei keinem Tier der Versuohsgruppe brat ein Tumor auf.

Zusammen/assung. In Ffibterungsversuchen an insgesamt 280 Rat ten wurden 14 fett-

15sliche Azofarbsboffe auf krebserregende Wirkung untersuehb. Die Tiere wurden bis zum Lebensende mit den Farbstoffen geffitterb und nahmen in der Versuchszeir die sich in verschiedenen F~llen fiber 3 Jahre erstreckbe, erhebliche Mengen der Farbstoffe auf. Maligne Tumoren wurden in den Versuchsgruppen mit folgenden Farbsboffen gefunden: Nr. 6938 ~-~aphbylamin --~ 1,3-phenylendiamin (mit GehMb yon etwa 4% fl-~aphbylamin) und ~r . 6942 Aminoazotoluol -~ fl-~aphbo].

In der mit Nr. 6938 geftibberten Gruppe wurde ein Spindelzellen- sarkom mib Tumoren in Leber, Netz und Pleura bei einer Rabte naeh 624 Tagen (7,5 g Farbstoff) beobachtet, sowie bei einem weiteren Tier nach 769 Tagen (9,6 g l~arbstoff) ein Plattenepitheleareinom des Vor- magens und bei einem weiberen Tier eine lymphatische Leukgmie nach 656 Tagen (8,1 g Farbstoff).

Zum Zeibpunkb des Erseheinens des ersben Tumors lebten noeh 5 Rabten, yon denen somit 3 an malignen I~:eubildungen erkrankten.

In der mib Nr. 6942 gefiibterten Versuchsgruppe kam es bei 2 Rat ten zur Enbsbehung yon Hepatomen in der Leber. Zum Zeitpunkt des Er- scheinens des ersten malignen Tumors lebten yon dieser Gruppe noeh 4 Tiere. Bei nahezu allen Tieren, die ]~inger als 200 Tage ]ebben, t raten erhebliehe Vergnderungen in der Leber auf.

Keine malignen Gesehwfilsbe beobachteten wir bei unserem Tier- material unber den gewghlben Versuchsbedingtmgen bei der Verffitterung yon weiteren 12 febtlSsliehen Azofarbsboffen.

Dr. C~. HAC~:~IA-~, (22a) WuppertM-Elberfeld, Institut fiir experimentelle Pathologie der Farbenfabriken ,,Bayer".