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69 vorliegenden Aufgabe) so klein, dab die gemessenen Vo- lume, beziehungsweise Dichtigkeiten oder specifischen Ge- wichte, auch bei nicht genau correspoiidirenden Tempe- raturen doch in der Regel genugend genaherte Werthe darbieten, urn das Condensationsgeseta erkennen zu lassen. Mit anderen Worten: Die Modificationen, welche durch W’arme - Dilatation oder Contraction wegen nicbt correspondirender Tempe- raturen den gemessenen Volumen anhaften konnen, sind in der Regel thatsachlich nicht grofs genug, urn die aiel gro fseren Modificationen, welche das Condensationsgeseta erheischt, zu verdeoken oder unkenntlich zu machen. Es ist daher zunachst erforderlich , die Condensations- aerhaltnisse aufser Zweifel zu stellen; erst dam konnen jene kleineren Modificationen, welche n i t W armedilatation zusammenhangen, naher untersucht werden. Es bleibt nun zunachst zu erortern, in welcher Weise auf Grund der im Vorstehenden entwickelten theoretischen Anschaunngen die Constitutionsvolume abgelcitet werden. Es wird diel’s den Gegenstand meiner ndchstfolgenden Mittheilung ausmachen. Mannheim, im September 1872. I V. tinters uchutigen iiter die Volumconstitutioa der fustete Korper; Ton H. 8 c l a r 8 de r. VI. Methode. 208. D e n wesentlichsten und wichtigsten Anhalts- punktibei allen nachfolgenden Untersochungen wird immer die Regel vom Parallelosterismus bilden, welche ich als Regel I hier noch einmal voranstellen werde. Sie invol- virt gewissermafsen die Regel 11, die ich ihr anfuge. EN

Untersuchungen über die Volumconstitution der festen Körper. VI. Methode

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vorliegenden Aufgabe) so klein, d a b die gemessenen Vo- lume, beziehungsweise Dichtigkeiten oder specifischen Ge- wichte, auch bei nicht genau correspoiidirenden Tempe- raturen doch in der Regel genugend genaherte Werthe darbieten, urn das Condensationsgeseta erkennen zu lassen. Mit anderen Worten:

Die Modificationen, welche durch W’arme - Dilatation oder Contraction wegen nicbt correspondirender Tempe- raturen den gemessenen Volumen anhaften konnen, sind in der Regel thatsachlich nicht grofs genug, urn die aiel gro fseren Modificationen, welche das Condensationsgeseta erheischt, zu verdeoken oder unkenntlich zu machen.

Es ist daher zunachst erforderlich , die Condensations- aerhaltnisse aufser Zweifel zu stellen; erst d a m konnen jene kleineren Modificationen, welche n i t W armedilatation zusammenhangen, naher untersucht werden.

Es bleibt nun zunachst zu erortern, in welcher Weise auf Grund der im Vorstehenden entwickelten theoretischen Anschaunngen die Constitutionsvolume abgelcitet werden. Es wird diel’s den Gegenstand meiner ndchstfolgenden Mittheilung ausmachen.

M a n n h e i m , im September 1872.

I V. tinters uchutigen iiter die Volumconstitutioa der fustete Korper; Ton H. 8 c la r 8 d e r.

VI. Methode.

208. D e n wesentlichsten und wichtigsten Anhalts- punktibei allen nachfolgenden Untersochungen wird immer die Regel vom Parallelosterismus bilden, welche ich als Regel I hier noch einmal voranstellen werde. Sie invol- virt gewissermafsen die Regel 11, die ich ihr anfuge. EN

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bedarf jedoch , urn fiir versohiedene von einander unab- bangige chernisrhe Griippen c.inen Eingnng zu finden, noch mchrfnclier anderer Erfahrungen, w ~ l c h e ich als Regel 111 iind IV hier an die Spitse stelle, urn sie nach- traglich zu erliiutern. Die Mefhode griindet sich dem- nacli anf' die vier nactifolgendeii &us vielfacheii Erfahrungen entnommenen ?'qeln, welchen ich weiter unten noch eine funfte und secliste nnreihen werde.

Die Constitutionsvolume gleichartiger Conapo- neibten isomorpher Kiirper sind in dibr Regel g l e i c h . (Regel vom Parnllrlosterismiis.)

Wenn ein Element oder eine Complexion f u r s i c h mit einer V e r b i n d u n g , in welche das Element oder die Comple.cion eingeht, i s om o r p h ist, so ist das Element oder die Complexion in der Reyel rnit u n v e r a n d e r t e m V o h m in der Verbindung enthalten.

Von den Gliedern einer Triade sind in iso- morph anulogetc Verbindunyeii in der Regel menigstens 5 w e i trait a n a 1 o g e n Condensationen enthalten. (Regel von der Analogie der Conderbsationen.)

Die Sdwermetalle gehen haiipg o h n e Con- densation, die Leichtmetnlle hatifig mit der Condensation auf die H a I f t e ihres metallischen Volums in Verbindungen ein. (Regel von dem Vorhcrrschen der Condensationsfac- toren eins und zmei.)

209. Zur Erlauterung der Regel I und III diene Pol- gendes. Seyen a und b die beobachteten Volume zweier Elemente fur sich, cc uud j die unbekannten Volume, mit weir-hen sie in den isomorphen Verbindungen mit einem dritten Elemente enthalten sind, und sey y , gleichviel das brkannte oder unbekannte Volum , mit welchem dieses dritte Element naoh I in beiden Verbindungen in gleicher Weise enthalten ist. Dann sind nach dem Smamations- gesrtz die beobachteten Volume beider Verbindungen = (R + y) und (6 + e), und ihre Differenz ist = a - p. Man kennt daher aus den Beobachtungen a, b und die

Regel I.

Regel 11.

Regel 111.

Regel IV.

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Differeiiz (u p). Setzt man nun "- = n, so ist auch n

durch Beobachtung gegeben. Es sey dieses n zum Bei- spiel = 2. Um diese Gleichung zii befriedigen, kann man nun innerhdb bestimmter Granzen jede beliehige einfache Condensation von a voraussetzen, um cc zu erhalten, und das zugehorige ,8, heziehungsweise die Condensation von b bestimmen, welche der Gleichung Geniige leistet. Die Aufgabe bleibt daher im Allgemeinen unbestimmt.

Sind aber a und b die beobachteten Volume zweier Elemente einer Triade, welche in isomorphen Verbindungen nach Regel III haufig analoge Condensationen haben, so

ist die Aufgabe bestimmt, und es ist rr = - a und /I = - b.

War n beispielsweise = 2, so ist a = a und @ = ---. In der hier geschilderten Weise bilden demnach iso-

naorphe Verbindungen der Glieder oon Triaden einen einiger- mafsen sicheren Ausgangspunkt zur AuEndung der Con- densationen.

Ich will hier nur die Gruppe der Verbindimgen der Leichtmetalle Kalium, Natrium und Lithium mit den Ha- logenen Chlor, Brom und Jod als Beispiel anfiihren. Vorn Lithium ist nur das Chlorlithium beobachtet. Die genannten Metalle iind ihre Chloride, Bromide und Jodide sind alle regular isomorph. Die beobachteten Volume habe ich im Band 106 und 107 dieser Annalen tinter den bei- geschriebenen Nummern mitgetheilt. Sie sind : K = 45,3 (116); Na = 23,9 (115); L i = 11,s (114); I< C1=37,4 (13); N a C1= 27,l (18); Li C1= 20,9 (170); K Br = 44,3 (14); N a Br = 33,4 (19); K J = 54,O (15); Na J = 43,5

Nun hat das Chlor in allen drei Chloriden nach Regel I das gleiche Voliim; ebenso das Rrom in beiden Bromiden, das Jod in beiden Jodiden; und ebenso hat das Kalium in allen drei isomorphen Kaliumsalzen daa niimliche Volum; desgleichen das Natrium in den drei Natrium- salzen.

a- b

1 1

lJ 2 2

(20).

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Sind nun a , 6 , c die Metallvolume von Kalium, Na- trium und Lithium, iind sind a , g , y ihre nnbekannten Constitutionsvoluiiie in den Chloriden , Brolriiden und Jo- diden, so e rhdt man die Gleichungen: u - I J - 21,1

~ --n = - = 2,OS 1111s den Chloriden von Kalium und Nstrium; a - ,3 10,3 u - b 21,4 - -=n=-- 1,97 Bromiden a- s 10,9 11 - b n - $ 10;5

- 21’4 = 2,04 Jodiden , ~ - n = n

a -.--=,, - c =--L.- ::,:-2,03 ,, Chloriden von Kalium und Lithium. ct - 7

Die Volumdifferenz der Verbindungen ist thatsachlich inimer sehr genau die Halfle der Volumdifferenz der ent- sprechenden Metalle. Diese Thatsache erklart sich, wenn auch nicht mit Nothwendigkeit, so doch auf die einfachste Weise und riillig gen i ip id , wenn man zii der Regel I noch die Regel I11 zu Hiilfe nimmt, wonach den Leicht- metdlen der Triade Iialiuni, Natriuni und Lithium in den erwSiLiiten Halogensalzen analoge Condensationen, und zwar auf die Halfte ihres metallischen Volunis zu- kommen; welche letotere Thatsache zugleich eine aulber- ordentliche Einfackheit des Condensationsgeselses zu er- kennen giebt.

210. Die Regel IV von dem Vorherrschen der Con- densationen 1 und 2 wird durch eine grofse Beihe von Thatsachen gerechtfertigt. Sehr oft, wenn ein Leicht- metal1 und ein Schtcermetall in analogen Verbindungen isomorph sind, wie Strontium iind Blei, Natrium und Silber, Magnesium und Nickel, Aluminium cnd Eisen, Cerium und Eisen u. s. f., ergiebt sich die beobachtete Differenz der Volume ihrer isomorphen Verbindungen sehr genau gleich der Differenz aus dern unuerznnderten Volum des Scliwerinetalls und dem halben Volum des Leichtmetalls. Es ist dies, was ich an dieser Stelle der Iiurze wegen nur erwahnen, nicbt durcli Anfuhrung der Ueobachtungen belegcn will, z. n. der Fall fur die rhombisch isomorphen

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Sulfate und Carbonate des Strontiums und Bleis, sowie ffir die Oxyde derselberi ; fiir die regular isomorphen Chlo- ride, Bromide und Jodide des Natriiims und Silbers; fur die regular isomorphen Oxyde des Magnesiums und Nickels; fur die rhomboedrisch isomorphen Oxyde des Aluminiums und Eisens , und deren rhombisch isomorphe Hydrate; fur di,e regular isomorphen Oxyduloxyde des Ceriums und Eisens usw. Eine so grofse Reihe vou iiberejnstimmenden Thatsachen kann nicht auf einem Zufall beruhen; und sie lassen zu ihrer Erklarung keine andere einfache Auslegung zu, als die unter Stegel IV gegebene.

Geht daher ein Schwermetall und ein Leichtrnetall mit einem dritten Element oder einer Complexion von Elementen isoruorphe Verbindungen ein, so werde ich das Volum, mit welchem dieses dritte Element oder diese Complexion in beiden Verbindungen enthalten ist, als ermittelt be- trachten, wenn die beobachtete Volumdifferenz beider iso- morpher VerLindungen der Regel IV Ge2iige leistet.

Durch die Regel 111 und 1V wird daher in der That ein Eingaag gewonnen zur Ermittelung der Volumcon- stitution mannichfaltiger Gruppen von Verbindungen.

Auch da, wo die Krystallform keine Fiihrung darbietet, und die obigen Regeln nicht anwendbar sind, giebt manchmal eine mehrfache dnalogie brauchbare Winke.

Sind a, b, c . . . . die bekannten Volume irgend wel- cher Elemente , z. B. Schwermetalle, oder irgend welcher Complexionen von Elementen, die mit A, B, C . . . . be- zeichnet seyen; sind ebenso h, i, k . . . . die bekannten halben Volume irgend welcher Leichtmetalle H, I, K . . . , und es ergeben sich fur die Verbindungen von unbekanuter Krystallform oder auch fdr die nicht isomorphen Verbin- dungen der betreffenden Elemente oder Complexionen mit einem Elemente oder einer Complexion U , also fur die Verbindungen A V, B U, C U . . . , H U, I U, K U . . . . die gleichen Reste A U - a = B U - b = C U - c . . . . = R U - - W = I U - - i = K U - k . . . , so i s t e inewahr - scheinlichkeit vorhanden, dafa die Schwermetalle oder die

211.

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Complexionrn A , B , C . . . . auch hier rnit ihrem beob- achteten Volum, und die Leichtrnetalle H, I , K . . . . mit ihrem halben metallischen Volum in die Verbindung mit U eingehen; und zwar ist dieselbe um so griifser, j e haufiger diese gleichen Differenzen sich ergeben.

Ich werde jedoch von dieser Methode nur dann Ge- brauch machen , wenn wenigstens drei solcher gleicher Reste gut beotimmter Verbindungen vorliegen , oder wenn das aus zweien sich ergebende Volum fur U schon ander- weitig ubereinstimmend gefunden worden ist; denn diese Methode kann sshr leicht z u Irrthumbrn fiihren, da bei nicht isomorphen Verhindungspaaren im Allgemeinen keine Schliisse von der Volumconstitrition des einen auf die des anderen zulassig sind, und dieselben gleichwohl nicht selten paralleloster erscheinen, wenn z. B., falls A rnit dem unveranderten Volum a in der Verbindung A U ent- halten ist, U in A U verglichen mit U in B U urn nahe ebensoviel condensirt ware, als B in B U verglichen mit b. Solche Paare sind dmn pseudoparalleloster, und machen, da sie nicht selten sind, die grbl'ste Vorsicht ntithig.

Die Wahrnehmung dafs, wenn man von den Volumen der Verbindungen eines Elementes oder einer Complexion mit einer Reihe von Schwerrnetallen die Volume dieser Schwermetalle abzieht, d a m nicht selten der gleiche Rest bleibt, hat mich schon 1840 veranlafst, anzuerkennen, dafs die Schwermetalle sehr haufig mit ihrem metallischen Vo- lum in Verbindungen eingehen.

Ich werde die vorstehendc Methode als Regel V be- zeichnen, und die Regel der Analogien nennen.

212. Noch eine sechste Regel, welche sich nicht selten als die fruchtbarste von allen erweist, habe ich hier anzufuhren. Sie giebt in vielen Fallen die dankbarsten und lehrreichsten Aufschlusse. Ich nenne sie die Regel vorn Isosteristnus rnultipler Verbindungswerthe. Nicht selten sind z. B. Verbindungen von den Formen R U mit R U, oder rnit R, U von gleichena Volum, also isoster. Da sie von verschiedenem Typus sind, erscheinen sie nicht iso-

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morph, und doch in nahem Ziisammenhang in Bezug auf ihre Volumconstitution. Sind aber R U und R, U isoster, so kann mit grofser Wahrscheinlichkeit daraus geschlossen werden, dafs R in R U das doppelte Volum hat als R in R , U u. s. f.

Weil nach Regel I V die Condensationsfactoren 1 iind 2 am haufigsten vorkommen, so sind die hier erwahnten Falle aufserordentlich zahlreich. So sind z. B. Kupfer- oxgdul und Kupferoxyd in den1 Sinne isoster, dafs Cu, 0 und Cu,, 0, gleiche Volume haben. Es ist darans zu lernen , dafs der Sauerstoff im Kupferoxydul das doppelte Constitutionsvolum hat, als der Sauerstoff im Knpferoxyd.

Die genannte Regel erweist sich vorzugsweise und am haufigsten auf die Volume von Complexionen anwend- bar: deren Volume selbst mit Hiilfe der Regeln I bis V ermittelt worden sind, und giebt dann iiber die Volum- constitution dieser Complexionen oder Bestandtheile von Verbindungcn die merkwiirdigstcn Aufschlusse.

Diefs sind die Methoden, welche ich im Fol- genden einhalten werde. Die Schwierigkeiten, die Volum- constitution der festrn Kiirper aufzufinden , bleiben den- noch fur die Mehrzahl der Falle sehr grofs. Es nimmt delshnlb nicht Wunder, wenn alle bis jetzt von sehr zahl- reichen Forschern gemachten Versuche gescheitert sind. Um so erfreulicher ist es mir, dafs meine Isngjahrigen Bemiihungen mich doch schliefslich zu Ergebnissen ge- fuhrt haben, die man nicht ganz unbefriedigend wird finden kiinnen.

Es ist tiberraschend, wie viele Frtichte auf diesem Felde, schon gereift, der Hand desjenigen harren, der sich die Muhe nimmt, dieselben zu pfliicken.

213.

M a n n h e i m , im September 1872.