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580 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 9 DOI: 10.1002 / bate.201300044 AUFSATZ Ulvi Arslan, Heiko Huber* Untersuchungen zum Wärmetransportverhalten oberflächennaher durchströmter Böden 1 Einleitung Bei der Dimensionierung geothermischer Systeme mit in- stallierten Leistungen von über 30 kW werden die geo- thermischen Kennwerte über Feld- und Laborversuche er- mittelt und der Wärmetransport mittels numerischer Mo- dellierung simuliert. Der Wärmetransport im Untergrund erfolgt dabei über verschiedene Mechanismen wie Kon- duktion (Wärmeleitung), Konvektion (Wärmeströmung) und Radiation (Wärmestrahlung) und dem Austausch zwischen den Kompartimenten. Die Wärmetransportme- chanismen kommen einzeln oder in Kombination in den einzelnen Phasen des Mehrphasenmediums Boden vor. Sowohl bei der Erkundung des Untergrundes über Feld- und Laborversuche als auch bei der numerischen Model- lierung wird der Untergrund üblicherweise als Einphasen- medium idealisiert. Es wird nicht berücksichtigt, dass der Untergrund als ein Mehrphasenmedium aus der festen Phase, der flüssigen Phase und der Gasphase besteht. Die Wärmetransportmechanismen der einzelnen Phasen wer- den nicht unabhängig voneinander erfasst, sondern zu ef- fektiven (oder scheinbaren) Werten zusammengefasst. Gerade für grundwasserdurchströmte geothermische Sys- teme sind die Berücksichtigung der einzelnen Wärme- transportmechanismen der flüssigen Phase, (der Gaspha- se) und der festen Phase sowie deren Wechselwirkungen für zuverlässige Berechnungsergebnisse von großer Be- deutung. Nach den Ergebnissen aktueller Forschungen ist der Anteil an konvektiv übertragener Wärme am Gesamt- wärmetransport schon ab einer Filtergeschwindigkeit des Grundwassers von etwa 0,01 m d –1 erheblich [2 bis 4]. Ex- perimentell gewonnene Messdaten über den Anteil kon- vektiv übertragener Wärme am Gesamtwärmetransport in Abhängigkeit der Filtergeschwindigkeit des Grundwas- sers sind jedoch nicht in ausreichender Form vorhanden. Zur Optimierung der Dimensionierung von geothermi- schen Systemen wurde deshalb eine umfangreiche, expe- rimentell gewonnene Datenbasis grundwasserdurch- strömter geothermischer Systeme geschaffen. Basierend auf dieser Datenbasis wurden Empfehlungen zur Dimen- sionierung geothermischer Systeme unter Berücksichti- gung der Filtergeschwindigkeit des Grundwassers entwi- ckelt. Durch experimentelle Untersuchungen in einem hierzu entwi- ckelten Wärmeleitungs- und Wärmeströmungslaborversuchs- stand wurde eine umfangreiche Datenbasis zu grundwasser- durchströmten geothermischen Systemen geschaffen. Mithilfe von experimentellen Felduntersuchungen konnte die Übertrag- barkeit der Datenbasis auf geothermische Systeme in-situ fest- gestellt werden. Durch ein anhand der experimentellen Daten kalibriertes und validiertes numerisches Modell konnte die ge- schaffene Datenbasis mit numerischen Untersuchungen über die experimentellen Untersuchungsgrenzen erweitert werden. Anhand der Datenbasis wurden Empfehlungen zur Berech- nungsgrundlage für die Auslegung geothermischer Systeme unter Berücksichtigung der Filtergeschwindigkeit des Grund- wassers entwickelt. Die Zunahme der effektiven Wärmeleitfä- higkeit von Sanden in Abhängigkeit der Filtergeschwindigkeit des Grundwassers wurde ergänzend zu aktuellen Empfehlun- gen [1] für schwach wasserführende, wasserführende und stark wasserführende Sande erfasst. Keywords Geothermie; Wärmetransport; Untersuchungen, experimentelle; Wärmeleitfähigkeit, effektive Investigation of the heat transport mechanisms of shallow soils under groundwater flow An extensive database of groundwater influenced geothermal systems was developed by experimental investigation with a constructed conduction and convection laboratory device. The transferability of the database to geothermal systems in-situ was proofed via experimental investigation in geothermal field tests. By the means of a numerical model, which was calibrat- ed and validated with the experimental database, an extension of the experimental investigation range was reached. With help of the database recommendations for the dimensioning of groundwater influenced geothermal systems were given. The increase of the effective thermal conductivity of sands due to groundwater flow was determined for weakly aquiferous, aquiferous and strongly aquiferous sands in addition to [1]. Keywords geothermics; heat transport; experimental investigation; effective thermal conductivity *) Corresponding author: [email protected] Submitted for review: 28 May 2013 Revised: 09 July 2013 Accepted for publication: 10 July 2013

Untersuchungen zum Wärmetransportverhalten oberflächennaher durchströmter Böden

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580 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 9

DOI: 10.1002 / bate.201300044

AUFSATZUlvi Arslan, Heiko Huber*

Untersuchungen zum Wärmetransportverhaltenoberflächennaher durchströmter Böden

1 Einleitung

Bei der Dimensionierung geothermischer Systeme mit in-stallierten Leistungen von über 30 kW werden die geo-thermischen Kennwerte über Feld- und Laborversuche er-mittelt und der Wärmetransport mittels numerischer Mo-dellierung simuliert. Der Wärmetransport im Untergrunderfolgt dabei über verschiedene Mechanismen wie Kon-duktion (Wärmeleitung), Konvektion (Wärmeströmung)und Radiation (Wärmestrahlung) und dem Austauschzwischen den Kompartimenten. Die Wärmetransportme-chanismen kommen einzeln oder in Kombination in deneinzelnen Phasen des Mehrphasenmediums Boden vor.Sowohl bei der Erkundung des Untergrundes über Feld-und Laborversuche als auch bei der numerischen Model-lierung wird der Untergrund üblicherweise als Einphasen-medium idealisiert. Es wird nicht berücksichtigt, dass derUntergrund als ein Mehrphasenmedium aus der festenPhase, der flüssigen Phase und der Gasphase besteht. DieWärmetransportmechanismen der einzelnen Phasen wer-

den nicht unabhängig voneinander erfasst, sondern zu ef-fektiven (oder scheinbaren) Werten zusammengefasst.

Gerade für grundwasserdurchströmte geothermische Sys-teme sind die Berücksichtigung der einzelnen Wärme-transportmechanismen der flüssigen Phase, (der Gaspha-se) und der festen Phase sowie deren Wechselwirkungenfür zuverlässige Berechnungsergebnisse von großer Be-deutung. Nach den Ergebnissen aktueller Forschungen istder Anteil an konvektiv übertragener Wärme am Gesamt-wärmetransport schon ab einer Filtergeschwindigkeit desGrundwassers von etwa 0,01 m d–1 erheblich [2 bis 4]. Ex-perimentell gewonnene Messdaten über den Anteil kon-vektiv übertragener Wärme am Gesamtwärmetransportin Abhängigkeit der Filtergeschwindigkeit des Grundwas-sers sind jedoch nicht in ausreichender Form vorhanden.

Zur Optimierung der Dimensionierung von geothermi-schen Systemen wurde deshalb eine umfangreiche, expe-rimentell gewonnene Datenbasis grundwasserdurch-strömter geothermischer Systeme geschaffen. Basierendauf dieser Datenbasis wurden Empfehlungen zur Dimen-sionierung geothermischer Systeme unter Berücksichti-gung der Filtergeschwindigkeit des Grundwassers entwi-ckelt.

Durch experimentelle Untersuchungen in einem hierzu entwi-ckelten Wärmeleitungs- und Wärmeströmungslaborversuchs-stand wurde eine umfangreiche Datenbasis zu grundwasser-durchströmten geothermischen Systemen geschaffen. Mithilfevon experimentellen Felduntersuchungen konnte die Übertrag-barkeit der Datenbasis auf geothermische Systeme in-situ fest-gestellt werden. Durch ein anhand der experimentellen Datenkalibriertes und validiertes numerisches Modell konnte die ge-schaffene Datenbasis mit numerischen Untersuchungen überdie experimentellen Untersuchungsgrenzen erweitert werden.Anhand der Datenbasis wurden Empfehlungen zur Berech-nungsgrundlage für die Auslegung geothermischer Systemeunter Berücksichtigung der Filtergeschwindigkeit des Grund-wassers entwickelt. Die Zunahme der effektiven Wärmeleitfä-higkeit von Sanden in Abhängigkeit der Filtergeschwindigkeitdes Grundwassers wurde ergänzend zu aktuellen Empfehlun-gen [1] für schwach wasserführende, wasserführende undstark wasserführende Sande erfasst.

Keywords Geothermie; Wärmetransport; Untersuchungen, experimentelle;Wärmeleitfähigkeit, effektive

Investigation of the heat transport mechanisms of shallowsoils under groundwater flowAn extensive database of groundwater influenced geothermalsystems was developed by experimental investigation with aconstructed conduction and convection laboratory device. Thetransferability of the database to geothermal systems in-situwas proofed via experimental investigation in geothermal fieldtests. By the means of a numerical model, which was calibrat-ed and validated with the experimental database, an extensionof the experimental investigation range was reached. With helpof the database recommendations for the dimensioning ofgroundwater influenced geothermal systems were given. Theincrease of the effective thermal conductivity of sands due togroundwater flow was determined for weakly aquiferous,aquiferous and strongly aquiferous sands in addition to [1].

Keywords geothermics; heat transport; experimental investigation; effectivethermal conductivity

*) Corresponding author: [email protected] for review: 28 May 2013Revised: 09 July 2013Accepted for publication: 10 July 2013

Bautechnik 90 (2013), Heft 9 581

U. Arslan, H. Huber: Investigation of the heat transport mechanisms of shallow soils under groundwater flow

AU

FSATZ ARTICLE

2 Laboruntersuchungen

Zur Untersuchung der Wärmetransportmechanismengrundwasserdurchströmter geothermischer Systemeunter klar definierten Randbedingungen und unter ver-schiedenen vorgegebenen Filtergeschwindigkeiten, ther-mischen Lastfällen und verschiedenen Einbaukonfigura-tionen wurde ein großmaßstäblicher Wärmeleitungs- undWärmeströmungslaborversuchsstand entwickelt, der mitteil- oder vollgesättigten Böden befüllt werden kann.

Der Laborversuchsstand wurde mit Innenmaßen von 297cm/64 cm/71 cm (L/B/H) errichtet. Im Versuchsstandkönnen verschiedene geologische und hydrogeologische

Verhältnisse modelliert und durch die massive Konstruk-tion sogar gespannte Grundwasserverhältnisse modelliertwerden (Bild 1).

In etwa 1/3 der Länge des Versuchsstandes in Fließrich-tung ist eine 0,6 m lange vertikale Linienquelle installiert,mit der eine konstante thermische Last auf den eingebau-ten Boden aufgebracht werden kann. Die resultierendeTemperaturänderung infolge der thermischen Last kannmithilfe von 33 Pt 100 Widerstandsthermometer erfasstwerden. Die Pt 100 sind vorrangig innerhalb des ein -gebauten Sandes in einer horizontalen Sensorebene inetwa der Mitte der Höhe des Versuchsstandes angeordnet(Bild 2).

Bild 1 Systemskizze des geothermischen LaborversuchsstandesLayout of the geothermal laboratory device

Bild 2 Sensor- und Modellebene des LaborversuchsstandesSensor and model area of the laboratory device

582 Bautechnik 90 (2013), Heft 9

U. Arslan, H. Huber: Untersuchungen zum Wärmetransportverhalten oberflächennaher durchströmter Böden

In Voruntersuchungen wurden die bodenphysikalischenKennwerte der verwendeten homogenen, enggestuftenGrob- und Mittelsande bestimmt. Die optimale Einbau-methode der Sande, die Einbringungsmethode der Pt 100Widerstandsthermometer, der Einfluss der Raumtempera-turschwankungen und die Homogenität der Grundwas-serströmung über den Laborversuchsstandquerschnittwurden untersucht und umgesetzt. Anschließend wurden42 Versuchsszenarien mit einer Dauer von jeweils min-destens zwei Tagen durchgeführt, in denen das eingebau-te Sediment, die Leistung der thermischen Last und dieFiltergeschwindigkeit variiert wurden.

Bild 3 zeigt exemplarisch die ermittelten Temperaturfah-nen einer Versuchsreihe, in der der Versuchsstand mitGrobsand befüllt war. In dieser Versuchsreihe wurde diethermische Last konstant auf 23,3 W m–1 gehalten, wäh-rend die Filtergeschwindigkeit v zwischen 0 m d–1 und1,4 m d–1 variiert wurde. Dargestellt sind die Temperatur-fahnen jeweils 6 Stunden, 12 Stunden und 24 Stundennach Beginn der Aufbringung der thermischen Last unterHervorhebung der 20,1 °C und der 20,5 °C Isothermen.Die Form der Isothermen variiert mit steigender Filterge-schwindigkeit von konzentrisch mit einem Verhältnis azu b von 1 bis zu elliptisch mit einem Verhältnis a zu bvon 8,8. Die Formbeiwerte a und b beschreiben dabei dieLänge der Temperaturfahne von der Linienquelle in Ab-strom- bzw. in Zustromrichtung. Die Formen der ermittel-ten Temperaturfahnen stimmen mit den Ergebnissen ana-lytischer Lösungen überein, was die Integrität der Versu-

che verdeutlicht. Die experimentelle Vorgehensweise istvalide. Anhand der ermittelten Steigungen der Tempera-tur an der Linienquelle kann mithilfe der Kelvinschen Linienquellentheorie die effektive Wärmeleitfähigkeit inAbhängigkeit der angelegten Filtergeschwindigkeit be-stimmt werden [5].

3 Felduntersuchungen

Zur Prüfung der Erkenntnisse der Laboruntersuchungenunter in-situ Bedingungen wurde ein geothermischerFeldversuchsstand am Projektstandort Strausberg er -richtet. Zu Forschungszwecken wurden vor Ort vier Erdwärmesonden mit einheitlicher Teufe von 50 m ab -geteuft. Um eine der Doppel-U-Erdwärmesonden wur -den vier Grundwassermessstellen mit geringen Abstän-den zueinander so errichtet, dass die Erdwärmesondeund die Grundwassermessstellen in einer Flucht liegen.An einer der Grundwassermessstellen wurde über eineVersuchsdauer von jeweils fünf Tagen Grundwassermit konstanter Förderrate entzogen und so die Filter -geschwindigkeit des Grundwassers an der Erdwärme -sonde künstlich erhöht. Innerhalb einer Versuchsreihewurde die Förderrate und dementsprechend die Filterge-schwindigkeit des Grundwassers variiert. Die natürlichenund künstlich erhöhten anliegenden Filtergeschwindig-keiten des Grundwassers wurden mithilfe der Grund -wasserfluss-Visualisierung durch Phrealog tiefenorientiertbestimmt.

Bild 3 Ausbreitung der Temperaturfahnen in Abhängigkeit der FiltergeschwindigkeitSpreading of the temperature plume in dependence of the darcy velocity

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U. Arslan, H. Huber: Investigation of the heat transport mechanisms of shallow soils under groundwater flow

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FSATZ ARTICLE

An der Erdwärmesonde wurden drei Geothermal Respon-se Tests (GRT) in Kombination mit drei Enhanced Geo -thermal Response Tests (EGRT) unter natürlichen undkünstlich erhöhten Filtergeschwindigkeiten des Grund-wassers durchgeführt. Während durch einen GRT dieWärmeleitfähigkeit eines geothermischen Systems ledig-lich als integraler Wert über die Tiefe bestimmt werdenkann, kann durch einen EGRT die Wärmeleitfähigkeiteines geothermischen Systems über die Erdwärmesonden-länge ermittelt werden. Es zeigte sich eine klare Korrelati-on zwischen den Filtergeschwindigkeiten des Grundwas-sers und den effektiven Wärmeleitfähigkeiten. Die Über-tragbarkeit der Erkenntnisse der Laboruntersuchungenauf in-situ Bedingungen konnte bewiesen werden [5].

4 Numerische Untersuchungen

Zur Ergänzung der experimentell geschaffenen Datenba-sis wurden numerische Untersuchungen durchgeführt.Hierfür wurde ein Finite-Elemente-Modell zur Abbildungdes geothermischen Wärmetransports mithilfe des Pro-gramms FEFLOW 6.0 der DHI-WASY GmbH entwi-ckelt. Innerhalb des numerisches Modells wurde der La-borversuchsstand als ein zweidimensionaler Schnitt auseinem Raum abgebildet, der mit einem homogenen, iso-tropen und wassergesättigten Material befüllt ist. Die Mo-dellebene entspricht dabei dem horizontalen Schnitt inder Sensorebene (siehe Bild 2). Die Gebietsdiskretisie-rung erfolgte durch ein Netz von etwa 150 000 finitendreiknotigen bi-linearen Dreieckelementen. Anhand derexperimentell gewonnenen geothermischen Daten wurdedas entwickelte Modell kalibriert und validiert.

Mithilfe des durch Benchmark-Studien validierten nume-rischen Modells wurde die experimentell gewonnene Da-tenbasis vom Untersuchungsbereich Mittel- bis Grobsandauf weitere Sedimente extrapoliert. Hierfür wurden demim Modell als Sand bezeichneten Materialtyp in verschie-

denen Studien die Kennwerte von Schluff, Feinsand undKies zugewiesen und jeweils die Filtergeschwindigkeitenbei konstanter thermischer Last variiert. Die Kennwertedes Schluffs, des Feinsandes und des Kieses sowie die Be-rechnungsbandbreite der Filtergeschwindigkeiten wurdenentsprechend gängiger Literatur realitätsnah gewählt [5].

5 Ergebnisse und Zusammenfassung

Zusammenfassend zeigten sich aus den Laboruntersu-chungen, den Felduntersuchungen und den numerischenUntersuchungen für die untersuchten Korngrößenberei-che verschieden deutliche Abhängigkeiten der effektivenWärmeleitfähigkeit von der Filtergeschwindigkeit desGrundwassers. Für die Korngrößenbereiche des Mittel-sandes, des Grobsandes und des Kieses ergab sich einedeutliche Abhängigkeit der effektiven Wärmeleitfähigkeitvon der Filtergeschwindigkeit. Im Korngrößenbereich desFeinsandes führte eine Variation der Filtergeschwindig-keit innerhalb der für durchlässige Materialien typischenBandbreite (0 m d–1 – 0,1 m d–1) zu geringen Erhöhungender effektiven Wärmeleitfähigkeiten. In schwach bis sehrschwach durchlässigen Sedimenten wie Schluff und Tonhaben die für diese Sedimente typischen Filtergeschwin-digkeiten auf die Temperatursteigungen an der Linien-quelle und dementsprechend auf die Wärmeleitfähigkeitim Simulationszeitraum von zwei Tagen keinen Einfluss.

Die Ergebnisse sind in Form von prozentualen Zunah-men der effektiven Wärmeleitfähigkeit für Mittel- undGrobsand (Laboruntersuchungen), für Sand, Kies (Feld-untersuchungen) und für Feinsand und Kies (numerischeUntersuchungen) zusammenfassend in Bild 4 dargestellt.

Bei der Abschätzung von Wärmeleitfähigkeiten über Ta-bellenwerke wird nach dem Stand der Technik der Ein-fluss der Filtergeschwindigkeit des Grundwassers nichtberücksichtigt [1]. Basierend auf den gewonnenen Ergeb-

Bild 4 Zunahme der effektiven Wärmeleitfähigkeit von Böden in Abhängigkeit der FiltergeschwindigkeitIncrease of the effective thermal conductivity of soils in dependence of the darcy velocity

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U. Arslan, H. Huber: Untersuchungen zum Wärmetransportverhalten oberflächennaher durchströmter Böden

nissen der Laboruntersuchungen, der Felduntersuchun-gen und der numerischen Untersuchungen können durcheine Erweiterung der aktuellen Tabellenwerke Empfeh-lungen für Wärmeleitfähigkeiten in Abhängigkeit der Fil-tergeschwindigkeit des Grundwassers gegeben werden(Tab. 1).

Somit ist es bei der Anwendung in der Ingenieurpraxismöglich, nicht nur zwischen Wärmeleitfähigkeiten fürtrockenen, feuchten oder wassergesättigten Sand zu diffe-renzieren, sondern auch effektive Wärmeleitfähigkeitenschwach wasserführender, wasserführender und starkwasserführender Sande zu unterscheiden [5].

Tab. 1 Empfehlungen für effektive Wärmeleitfähigkeiten von wasserführenden SandenRecommendations for effective thermal conductivities of aquiferous sands

Gesteinstyp Filterge- Wärmeleitfähigkeit λ Bemerkung(in Analogie zu [1], hier lediglich schwindigkeit v Bandbreite empfohlener Lockergesteine dargestellt) [m d–1] Rechenwert

[W m–1 K–1] [W m–1 K–1]

Sand, trocken – 0,3 – 0,9 0,4 gemäß [1]

Sand, feucht – 1,0 – 1,9 1,4 gemäß [1]

Sand, wassergesättigt (keine Angaben) 2,0 – 3,0 2,4 gemäß [1]

Sand, schwach wasserführend 0 – 0,3 2,0 – 3,75 2,7 Steigerung: 0 – 25 % *)

Sand, wasserführend 0,3 – 0,6 2,5 – 4,5 3,3 Steigerung: 25 – 50 % *)

Sand, stark wasserführend 0,6 – 1,0 3,2 – 6,0 4,2 Steigerung: 50 – 100 % *)

*) die Steigerungen beziehen sich auf die in [1] angegebenen Wärmeleitfähigkeiten eines wassergesättigten Sandes

Lock

erge

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Literatur

[1] VDI-4640-1: Thermische Nutzung des Untergrunds –Grundlagen, Genehmigungen, Umweltaspekte. Berlin:Beuth, 2010.

[2] WITTE, H. J. L.; VAN GELDER, A. J.: Geothermal ResponseTests using controlled multi-power level heating and cool -ing pulses (MPL-HCP): quantifying ground water effectson heat transport around a borehole heat exchanger. Pro-ceedings of Ecostock, The 10th International Conference onThermal Energy Storage, New Jersey, U.S.A., 2006.

[3] PANNIKE, S.; KÖLLING, M.; SCHULZ, H. D.; PANTELEIT, B.;REICHLING, J.; SCHEPS, V.: Auswirkung hydrogeologischerKenngrößen auf die Kältefahnen von Erdwärmesondenan-lagen in Lockersedimenten. Grundwasser 11 (2006), Heft 1,S. 6–18.

[4] HÄHNLEIN, S.; MOLINA-GIRALDO, N.; BLUM, P.; BAYER, P.;GRATHWOHL, P.: Ausbreitung von Kältefahnen im Grund-wasser bei Erdwärmesonden. Grundwasser 15 (2010), Heft2, S. 123–133.

[5] HUBER, H.: Experimentelle und numerische Untersuchun-gen zum Wärmetransportverhalten oberflächennaher,durchströmter Böden. Dissertation, Mitteilungen des Insti-tuts für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen, Heft 40,Darmstadt, 2013.

AutorenUniv.-Prof. Dr.-Ing. Ulvi ArslanInstitut für Werkstoffe und Mechanik im BauwesenTechnische Universität DarmstadtPetersenstraße 1264287 [email protected]

Dr.-Ing. Heiko HuberCDM Smith Consult GmbHNeue Bergstraße 1364665 [email protected]