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andrologia 8 (3) : 249-254 (1976) Received November 30, 1975 Abteilung fur Andrologie (Vorstand Prof. Dr. C. Schirren) Universitatshau tklinik Hamburg -Eppendorf Untersuchungen zur Akrosin- und Humanspermatrypsininhibitor- aktivitat im menschlichen Sperma I. Beziehungen zur Sperrnatozoendichte C. SCHIRREN und H.P. KRAATZ In Fortfuhrung fruherer Untersuchungen uber die Zusammenhange der Akrosin- Aktivitiit und Spermatozoendichte (vergl. Schirren und Eweis) haben wir jetzt eine weitergehende Analyse unserer Befunde an 825 Patienten der Abteilung fur Androlo- gie zur Priifung eventueller Zusammenhange zwischen Akrosinaktivittit und Hurnan- spermatrypsininhibitor-Aktivitt bei verschiedenen morphologischen Parametern des menschlichen Spermas durchgefuhrt. In der vorliegenden Arbeit soll uber Zusammen- hange zwischen Akrosin- und Trypsininhibitor-Aktivitat und der Spermatozoendichte berichtet werden. Material und Methode Die andrologischen Untersuchungen wurden nach Schirren (1 97 1) vorgenommen. Die Methodik der Akrosin- und Trypsininhibitor-Aktivitats-Bestimmung ist durchge- fuhrt wie bei Schirren und Eweis (1973) angegeben. Das Gesamtkollektiv setzt sich folgendermden zusammen (vergl. Tabelle 1). Tabelle 1 : ijbersicht des Kollektivs nach andrologischen Diagnosen geordnet Normozoospermie 183 Patienten (22,2%) Asthenozoospermie 49Patienten ( 5,9%) Teratozoospermie 141 Patienten (17,1%) Oligozoospermie 369 Patienten (44,7%) Azoospermie 83 Patienten (lO,l%) Summe 825 Patienten (100,0%) Zur klaren Auswertung im Rahmen der gestellten Thematik sind die Spermiogramme in folgende Gruppen unterteilt worden: I = Azoospermie I1 = 0,l - 5,0 Mill. Spermatozoen/ml I11 = 6,O- 10 Mill.Spermatozoen/ml * Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft SFB 34, Projekt B Key words: acrosin - trypsininhibitor - spermatozoa

Untersuchungen zur Akrosin- und Humanspermatrypsininhibitor-aktivität im menschlichen Sperma : I. Beziehungen zur Spermatozoendichte

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andrologia 8 (3) : 249-254 (1976) Received November 30, 1975

Abteilung fur Andrologie (Vorstand Prof. Dr. C. Schirren) Universitatshau tklinik Hamburg -Eppendorf

Untersuchungen zur Akrosin- und Humanspermatrypsininhibitor- aktivitat im menschlichen Sperma

I. Beziehungen zur Sperrnatozoendichte

C. SCHIRREN und H.P. KRAATZ

In Fortfuhrung fruherer Untersuchungen uber die Zusammenhange der Akrosin- Aktivitiit und Spermatozoendichte (vergl. Schirren und Eweis) haben wir jetzt eine weitergehende Analyse unserer Befunde an 825 Patienten der Abteilung fur Androlo- gie zur Priifung eventueller Zusammenhange zwischen Akrosinaktivittit und Hurnan- spermatrypsininhibitor-Aktivitt bei verschiedenen morphologischen Parametern des menschlichen Spermas durchgefuhrt. In der vorliegenden Arbeit soll uber Zusammen- hange zwischen Akrosin- und Trypsininhibitor-Aktivitat und der Spermatozoendichte berichtet werden.

Material und Methode

Die andrologischen Untersuchungen wurden nach Schirren (1 97 1 ) vorgenommen. Die Methodik der Akrosin- und Trypsininhibitor-Aktivitats-Bestimmung ist durchge- fuhrt wie bei Schirren und Eweis (1973) angegeben.

Das Gesamtkollektiv setzt sich folgendermden zusammen (vergl. Tabelle 1).

Tabelle 1 : ijbersicht des Kollektivs nach andrologischen Diagnosen geordnet

Normozoospermie 183 Patienten (22,2%) Asthenozoospermie 49Patienten ( 5,9%) Teratozoospermie 141 Patienten (17,1%) Oligozoospermie 369 Patienten (44,7%) Azoospermie 83 Patienten (lO,l%)

Summe 825 Patienten (100,0%)

Zur klaren Auswertung im Rahmen der gestellten Thematik sind die Spermiogramme in folgende Gruppen unterteilt worden:

I = Azoospermie I1 = 0,l - 5,0 Mill. Spermatozoen/ml I11 = 6,O- 10 Mill.Spermatozoen/ml

* Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft SFB 34, Projekt B Key words: acrosin - trypsininhibitor - spermatozoa

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IV = 11,O ~ 20 Mill. Spermatozoen/ml V = 21,O - 40 Mill. Spermatozoen/ml VI = 41,O - 80 Mill. Spermatozoen/ml VII = 8 1 ,O - 120 Mill. Spermatozoen/ml VIII = uber 120 Mill. Spermatozoen/ml

inhibitoraktivitit errechnet und auf signifikante Mittelwertdifferenzen untersucht wor- den.

Es sind jeweils die Mittelwerte und Standardabweichungen der Akrosin- und Trypsin-

Ergebnisse

Wir haben die Ergebnisse der Analyse in Tab. 2 eingetragen. Es ergibt sich daraus eine lineare Abhiingigkeit zwischen Spermatozoendichte und Akrosinaktivitat. Bemer- kenswert ist, dal3 eine Enzymaktivitat auch dann nachgewiesen werden kann, wenn keine Spermatozoen im Ejakulat vorhanden sind (I).

Tabelle 2: Akrosinaktivitit (mU/ml) in Abhangigkeit zur Spermatozoendichte

GmPPe Zahl d. Falle Mittelwert S tandardabweichung

I 11 I11 IV V VI VII VIII

91 106 48 79

130 142 100 129

6,759 9,764

14,67 28,73 39,08 76,27

1 18,9 21 7,3

10,72 13,lO 12,60 21,03 22,65 52,28 72,68

145,3

Tabelle 3: Darstellung der signifikanten Mittelwertdifferenzen der Akrosinaktivitat zwischen den einzelnen Gruppen

I 11 Ill IV V VI VII

I I1 111 IV V VI VI I VIII

- - *** * -

*** *** *** - *** *** *** ** - *** *** *** *** *** - *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** ***

*, **, *** =Tab. 5

Bei der Bestimmung der Trypsininhibitoraktivitat ergibt sich, dai3 in der Gruppe Azoospermie die niedrigste Aktivitit nachzuweisen ist. Fur alle ubrigen Gruppen ist in etwa ein gleiches Niveau festzustellen. Bei uber 80 Mill.Sp./ml sind zusatzlich hohere Aktivitaten nachzuweisen.

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100 -

80 '

Abb. 1 : Summenkurven der Akrosinaktivit!it/ Spermatozoendichte-Quotient - Verteilung

(11, 111, IV und VIII entsprechen der jeweiligen Spermatozoendichte im Ejakulat - s.S. 249/250 Satz: Quotient aus Akrosinaktivitat/Sperma-

".

(Einteilung nach Spermatozoendichte). 40-

2 0 .

0 - I . , . . . , . , , ,

TabeUe 4: Ubersicht der Trypsininhibitor-Aktivit;it mit Angabe der Mittelwerte und Standardabweichung

GmPPe Zahl d. FaUe Mittelwert

I 91 159,6 I1 106 204,4 I11 48 192,4 IV 79 180,l V 130 201,7 VI 142 193,7 VII 100 230,9 VIII 129 233,l

S tandardabweichung

166,2 114,7 115,4 108,7 104,6 111,8 148,8 110,8

TabeUe 5: Darstellung der signifikanten Mittelwertdifferenzen der Humanspermatrypsininibitoraktivitat zwischen den einzelnen Gruppen

I I1 I11 IV V VI VII

I I1 I11 IV V VI VII VIII

* = lrrtumswahrscheinlichkeit < 5% ** = Irrtumswahrscheinlichkeit < 1% *** = Irrtumswahrscheinlichkeit < 0,1%

AuBerdem ist aus den Faktoren Akrosinaktivitat : Spermatozoendichte ein Quotient gebildet und in die statistischen Berechnungen einbezogen worden, wed wir uns daraus ggf. eine stirkere Abgrenzung als bei der recht groben Einteilung nach Diagnosegrup- pen versprachen. Die hienu gehorenden Resultate sind in Abb. 1 wiedergegeben; es ist daraus zu erkennen, dai3 bei einer Spermatozoendichte von 6.0 - 10.0 Mill./ml die

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Summenkurve einen annahrend waagerechten Verlauf nimmt (II), wahrend mit einer Zunahme der Spermatozoendichte in einem immer starkeren Umfange ein steilerer, geschwungener Kurvenverlauf entsteht (VIII).

Diskussion

Unsere Werte ergeben fur die Gruppen mit hoher Spermatozoendichte die niedrig- sten, fur die Werte mit einer herabgesetzten Spermatozoendichte die hochsten Quotien- ten fur das Verhdtnis Akrosin/Spermatozoendichte. Der Quotient liegt bei den ver- schiedenen Gruppen zwischen 1.939 und 1.13 1, fur das Gesamtkollektiv betragt er im Mittel 1.446. Wenn man die Mittelwerte fur die genannten Gruppen unter der Bedin- gung berechnet, dat3 der Quotient zwischen 0.5 und 2.0 liegen mu5, d a m ist die Ab- hangigkeit des Quotienten von der Spermatozoendichte noch deutlicher erkennbar. Fur die Humanspermatrypsininhibitorwerte ergibt sich aus unseren Untersuchungen uber weite Bereiche der Spermatozoendichte ein in etwa gleiches Niveau. Lediglich die Gruppe I (Azoospermie) zeigt die niedrigsten Werte, wihrend f i r die Gruppen VII und VIII ganz einwandfrei hohere Werte festzustellen sind. Eine Erklarung hierhr ist nicht ganz einfach, da die Bildungsstiitte des Humanspermatrypsininhibitor grundsiitz- lich an anderer Stelle liegt als die des Akrosins. Insofern konnen eigentlich keine Zu- sammenhange mit der Spermatozoendichte bestehen. Es gilt hier, weitere Studien vor allem in jenen Fallen vorzunehmen, bei denen keinerlei Humanspermatrypsininhibitor- aktivit2t nachzuweisen ist.

Zusammenfassung

Bericht uber die Untersuchung des Spermas von 825 Patienten der Abt. f . Androlo- gie, bei denen sowohl die Akrosin- als auch die Humanspermatrypsininhibitoraktivitat ermittelt wurde. Die Ergebnisse wurden in Beziehung zur Spermatozoendichte gesetzt.

Es ergibt sich eine deutliche Abhangigkeit der Akrosinaktivitat von der Spermato- zoendichte. Fur die Humanspermatrypsininhibitoraktivitat laDt sich diese Relation nicht herstellen, wenngleich das Fehlen von Spermatozoen niedrige und bei hoher Sperma- tozoendichte hohere Werte nachzuweisen waren.

Studies About Acrosin and Human Sperma Trypsin Inhibitor Activity in the Human Semen I. Relations to sperm density

Summary

Report concerning the sperm examination of 825 patients of the Dept. for Andrology. The acrosin as well as the human sperma trypsin inhibitor activity were investigated. The results were related to sperm density. It was found that acrosin activity was significantly dependent on sperm density. For the human sperma trypsin inhibitor activity this rela- tionship could not be established, although lower values were found by sperm deficiency and higher values by high sperm density.

Literatur

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Address: Prof. Dr. C. SCHIRREN, Dept. for Andrology, Martinistr. 52, 2000 Hamburg 20.

I BookReuiew I

Untersuchungsverfahren in der Dermatologie und Venerologie. S. Marghescu u. H.H. Wolff. 9 0 Abb., davon 60 farbig. 8 Tab. XII, 170 Seiten. 1975. Geheftet DM 2 1 ,-; US $ 8.70. Munchen: Verlag von J.F. Bergmann. ISBN 3-8070-0296-0

Es handelt sich um ein Buch, das fur den Studenten gedacht ist, der nach der neuen Prufungsordnung ausgebildet werden soll. An eine derartige literarische Hilfe wird jeder strenge MaDstabe anlegen, da mit der A 0 ein altbewahrtes Studiensystem zugunsten einer weitgehenden Verschulung verlassen wurde.

Aus didaktischen Griinden hake ich es nicht fur richtig, in einen Kursus der allge- meinen Untersuchung klinische Abbildungen einzufugen, wiewohl die Abbildungen selbst gut sind und ihr Wert fur den klinischen Unterricht nicht umstritten ist. Die klare textliche Aussage sollte in einem solchen Buch im Vordergrund stehen. Das ist jedoch gerade im Kapitel ,,Befund" nicht der Fall, zumal Beispiele fur eine sachgerech- te, einwandfreie Beschreibung fehlen. Der Student muD sich aber orientieren konnen; er m u 6 nachlesen konnen, was er im praxisgerechten Unterricht gehort hat. Hierfur bedarf er der schriftlichen Anleitung. Die Befunderhebung ist sicher ,,das Schwerste von allen". Leider wird heute allgemein nicht mehr so vie1 Wert darauf gelegt. Zu Zei- ten von Lohe war es ublich, daD er selbst fiir jeden Neuzugang die Befunde diktierte. Wenn aber schon bei der Befunderhebung und bei der Beschreibung desselben keine klaren Richtlinien gegeben werden, fehlt die entscheidende Basis fur die richtige Dia- gnose.

Rasterelektronenrnikroskopische Aufnahmen, z.B. von Filzlausen wirken auf den Studenten verwirrend, da e r den Nachweis in der Praxis auf diese Weise niemals fiihren wird und sich dementsprechend an derartigen Bildern nicht orientieren kann.

Fur eine Neuauflage sollte man bei den Graphiken von Hautschnitten grundsatzlich einheitlich die Epidermis nach oben oder nach unten nehmen.

Im Pilzkapitel fehlt der Hinweis, daD die Materialentnahme grundsatzlich aus den Randpartien erfolgen mu& Fur die praktische Durchfiihrung des feuchten Verbandes m u 6 ein Hinweis gegeben werden, daD das Nachfeuchten nicht in der gleichen Schus- sel erfolgen darf, in welcher das Auswringen des Verbandmulls erfolgt ist.

Im Kapitel Proktologie sollte unbedingt der Blutnachweis im Stuhl (Haemokkult) angefiihrt werden.

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