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Aus der Biologischen Bundesanstalt fur Land- und Forstwirtschaft, Laboratorium fur zoologische Mittelprufung, Braunschweig Untersuchungen zur Biologie der Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.)' Von W. HERFS Mit 14 Abbildungen Abstract Studies on biology of the lettuce root aphid Pemphigur burrarias (L.) (Aphidoidea, Pem- phigidae). The biology of P. bursarius (L.) is investigated on poplars which serve as winter hosts and in vegetable crops which are the summer hosts. On the poplars the development of the flask-shaped leaf-stalk-galls is observed as well as the development of the aphid stages inside the galls. Comparing data concerning the development of Pemphigus spiro- thecae Passerini are following. This species forms spiral galls and also lives on poplars. This aphid can be taken for P. bursarius especially in its first stages as fundatrix. The degree and distribution of attadc at the poplars is discussed for both species making use of count out results from poplars felled in different infested regions. It is pointed to the divers susceptibility of different poplar species and cross-breedings. These observations concern all important infested regions of the Federal Republic of Germany. This is also the case in the following discussed investigations on the hibernation possibilities of P. bursarius in the soil. The further research on the biology of the lettuce root aphid at the summer hosts could be started only in a limited extend in vegetable crops on lettuce, endive and carrots. Finally it is reported on the predators and parasites of P. bursarius differentiating between the natural ennemies of the stades living in the galls and the exsules living on the roots. 1. Einleitung Die Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.) gehort zu den schwerbekampf- baren Schadlingen im Gemusebau. Speziell an Kopfsalat und Endivien hat sie in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland stark an Be- deutung zugenommen (HERFS und BODE 1971; HERFS 1972) und in einigen Anbaugebieten stellenweise sogar zu Totalschaden gefuhrt, so dafl ganze Felder umgebrochen werden muflten. Bei den regional ebenfalls erheblichen Schaden an Mohren durch Wurzellause ist die Beteiligung und Bedeutung von P. bursarius noch nicht ganz geklart. ' Die vorliegcnde Arbeit wurde mit Unterstutzung der Deutschen I;orschungsgemeinschaft durchgefuhrt, dcr ich an dieser Stelle danlien mochte. Den technischen Assistentinnen Frl. K. Go~zt. und Frl. C. SCHUSTER gilt mein Dank fur ihre Mitarbeit bei den umfangreichen Untersuchungen.

Untersuchungen zur Biologie der Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.)

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Page 1: Untersuchungen zur Biologie der Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.)

Aus der Biologischen Bundesanstalt f u r Land- und Forstwirtschaft, Laboratorium fur zoologische Mittelprufung, Braunschweig

Untersuchungen zur Biologie der Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.)'

Von W. HERFS

Mit 14 Abbildungen

Abstract

Studies on biology of the lettuce root aphid Pemphigur burrarias (L.) (Aphidoidea, Pem- phigidae). The biology of P. bursarius (L.) is investigated on poplars which serve as winter hosts and in vegetable crops which are the summer hosts. On the poplars the development of the flask-shaped leaf-stalk-galls is observed as well as the development of the aphid stages inside the galls. Comparing data concerning the development of Pemphigus spiro- thecae Passerini are following. This species forms spiral galls and also lives on poplars. This aphid can be taken for P. bursarius especially in its first stages as fundatrix. The degree and distribution of attadc at the poplars is discussed for both species making use of count out results from poplars felled in different infested regions. It is pointed to the divers susceptibility of different poplar species and cross-breedings. These observations concern all important infested regions of the Federal Republic of Germany. This is also the case in the following discussed investigations on the hibernation possibilities of P. bursarius in the soil. The further research on the biology of the lettuce root aphid at the summer hosts could be started only in a limited extend in vegetable crops on lettuce, endive and carrots. Finally it is reported on the predators and parasites of P. bursarius differentiating between the natural ennemies of the stades living in the galls and the exsules living on the roots.

1. Einleitung

Die Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.) gehort zu den schwerbekampf- baren Schadlingen im Gemusebau. Speziell an Kopfsalat und Endivien hat sie in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland stark an Be- deutung zugenommen ( H E R F S und BODE 1971; HERFS 1972) und in einigen Anbaugebieten stellenweise sogar zu Totalschaden gefuhrt, so dafl ganze Felder umgebrochen werden muflten. Bei den regional ebenfalls erheblichen Schaden an Mohren durch Wurzellause ist die Beteiligung und Bedeutung von P . bursarius noch nicht ganz geklart.

' Die vorliegcnde Arbeit wurde mit Unterstutzung der Deutschen I;orschungsgemeinschaft durchgefuhrt, dcr ich an dieser Stelle danlien mochte. Den technischen Assistentinnen Frl. K. G o ~ z t . und Frl. C. SCHUSTER gilt mein Dank fur ihre Mitarbeit bei den umfangreichen Untersuchungen.

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Da in den Gemusekulturen die schadigenden Stadien der Lause an den Wurzeln der Kulturpflanzen leben, werden sie zumeist zu spat festgestellt, um noch eine wirksame Bekampfung durchfiihren zu konnen, ohne die fur die Insektizide erforderlichen Wartezeiten zu uberschreiten. Die gegen die- sen Schadling erforderliche fruhzeitige Behandlung bedarf einer zuverlassi- gen Befallsprognose und einer guten Kenntnis der Biologie der Salatwurzel- laus. Diese biologischen Grundlagen fur die Prognose sind jedoch trotz der umfangreichen und sehr detaillierten Untersuchungen von ZWOLFER (1 957) und von LAMPEL (1960A961) uber die einzelnen Entwicklungsstadien von P. buvsarius in mancher Hinsicht zu erganzen, um sie fur die pflanzenschutz- lichen Belange verwertbar zu machen. Besonders die Uberwinterungsmog- lichkeiten und die Entwicklung in den Gallen sind fur die Verhaltnisse in der Bundesrepublik noch nicht ausreichend geklart. Andererseits zeigt das recht unterschiedliche Verhalten von P. bursarius in verschiedenen Landern, dai3 die im Ausland gewonnenen Erfahrungen in vielen Punkten nicht auf die hiesigen Verhaltnisse ubertragbar sind. Es wird daher durch die vor- liegenden Untersuchungen versucht, die bei uns fur Prognose und Bekamp- fung der Salatwurzellaus wesentlichen biologischen und okologischen An- gaben zu vervollstandigen.

2. Zur Biologie und Okologie von Pemphigus bursarius

2.1. Die VerhEltnisse am Winterwirt

2.1.1. Die Entwicklung der Beutelgallen und dev darin befindlichen Stadien von P. bursarius

Bei der zu den Blattlausen (Aphidoidea, Pemphigidae) gehorenden Salat- wurzellaus Pemphigus bursavius (L.) handelt es sich urn eine holozyklisch- heterogenetisch-heterozische Species (STEFFAN 1972), die als Hauptwirt in der Bundesrepublik Deutschland vorwiegend Pyramidenpappeln ( P o p u h pyvamidalis Salisb.) befallt und im ubrigen an verschiedenen Schwarz- pappelarten (Populus nigra L.) gefunden wird. Wegen der Bevorzugung von Pyramidenpappeln sowie wegen der charakteristischen Gallen, welche die Fundatrix hervorruft, wird die Art auch als Pyramidenpappel-Blattstiel- beutelgallenlaus (STEFFAN 1972) bezeichnet. LAMPEL (1960/1961, 1968) ver- wendet fur die gleiche Art unter Berucksichtigung des Aussehens der Gallen die Bezeichnung Blattstielbirngallen-Pappelblattlaus. Von den meisten in- und auslandischen Autoren wird jedoch der (ubersetzte) Name Salatwuvzel- laus verwendet, den auch F. P. MULLER (1969) in der ,,Exkursionsfauna von Deutschland" angibt und der diese Art nach ihrer Bedeutung als Schadling am besten charakterisiert.

Im nordwestdeutschen Raum (Braunschweig und Umgebung) schlupfen die jungen Fundatrix-Larven von Mitte April an aus den Wintereiern, die sich in Rindenrissen am Pappelstamm befinden. Die Junglarven wandern an die sich entfaltenden jungen Blattchen und saugen sich an deren Stiel fest. An dieser Stelle bildet sich urn die Laus herum eine sich spater schliei3ende kleine Galle, die makroskopisch das erste deutlich erkennbare Befallsmerli- ma1 von P . bursarius an der Pappel darstellt. Da sich das Schlupfen der Wintereier iiber einen langeren Zeitraum hinzieht, kanii bereits dieses fruhe

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Abb. f (oben links). Reifs Beutelgalle vor dem Offnen des apikalen Mittelspaltes der Gal- lenwand. - Abb. 2 (oben Yechts) . Reife Beutclgalle nach dem Offnen des Mundspaltes (breitc, flache Offnung). ~ Abb. 3 (untcw links;. Zu~ammengewachsene Beutelgallen (Uoppelgalle) von P. burjavius am unteren Teil der Blattstiele. ~ Abb. I iuntcn Techts). Stark mit Beutel-

gallen befallener Zweig einer Pyramidenpappel in Eppelheim Lei Heidelberg

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Stadium der Gallenbildung etwa einen Monat lang am gleichen Fundort festgestellt werden. Entsprechend erstreckt sich auch die gesamte Entwick- lung der Lause in den Gallen und somit auch die Entwicklung der Gallen selbst uber einen Zeitraum von 1 bis 3 Monaten am gleichen Standort. Dem- zufolge findet man samtliche Entwicklungsstadien der Beutelgallen wahrend eines langeren Zeitraumes gleichzeitig an denselben Pappelbaumen. khnliche Beobachtungen liegen von DE BROUWER (1962) in Sud-Holland vor. Abb. 1 zeigt eine reife Beutelgalle, vor dem Offnen dargestellt. Sobald die Alatae- migrantes ihre Entwicklung in der Galle abgeschlossen haben, offnet sich der Mittelspalt, und die Virgines verlassen durch diese Offnung die Galle, um zu den Nebenwirten zu fliegen. Man erkennt den Beginn dieses Vorganges an einer zunachst kleinen, kreisrunden Off nung des Mittelspaltes bereits einige Stunden vor dem Abflug der ersten Lause. Diese erste Offnung sieht bei allen Typen der P. bursuuius-Gallen gleich aus. In Abb. 2 ist eine frische, off ene Beutelgalle mit breiter, flacher Off nung zu sehen. Die runde Form der Offnung wurde jedoch wesentlich haufiger gefunden. In beiden Fallen ist der Mittelspalt (oder Mundspalt) vor dem Ofinen langlich querliegend (siehe auch BOKNER 1952; MULLER 1969). Auch in der Form der Gallen gibt es etliche Variationen. Sobald die Galle von den Lausen verlassen ist, schrumpff sie stark ein. Nicht selten sind 2 BeutelgalIen nebeneinander zusammenge- wachsen und wirken wie eine grofle Doppelgalle mit 2 apikalen Dffnungen. Solche Gallen findet man sowohl in der Mitte als auch manchmal an der Basis der Blattstiele (Abb. 3). Bei einem sehr starken Befall, wie er z. B. in Eppelheim bei Heidelberg (Hessen) an Pyramidenpappeln festgestellt wurde, waren an einer groi3en Anzahl von Blattstielen eine bis mehrere Beutelgallen zu finden (Abb. 4). Auszahlungsergebnisse werden an spaterer Stelle be- richtet. Nach eigenen Beobachtungen in einem speziell entwickelten Zucht- kasten fur die Salatwurzellaus, uber den in einer spateren Veroff entlichung berichtet wird, entsteht beim Passieren der Lause durch den Mundspalt der Galle ein Wachsregen auf die darunter befindliche Unterlage, dessen Menge von dem zahlenmafligen Lausebesatz bzw. von der Anzahl der hinterein- ander die Galle verlassenden Lause abhangt. Dieser Wachsregen besteht aus den abgestreiflen Wachsteilchen der Alatae-migrantes und aus den an spate- rer Stelle beschriebenen Wachskiigelchen aus der Galle. Bei stark befallenen Pappeln fallt der Wachsregen wie aus einer Brause auf die unter den Gallen befindlichen Pappelblatter herab. Solche oberseits bewachsten Blatter wur- den speziell in Eppelheim in groi3er Zahl gefunden.

Bei naherer Betrachtung der Gallenbildung und -entwicklung stellt man zunachst eine zunehmende Randwulstbildung neben der sich etwas vertie- fenden Einstichstelle der Fundatrix-Erstlarve fest. Im weiteren Verlauf der Gallenbildung flachen sich die Randwulste etwas ab und wachsen zur Mitte hin aufeinander ZU, wobei sich die Hohlung vertiefl, in der die Laus sitzt. Danach wachsen die Randwiilste in der Mitte zusamnien und bilden an der Nahtstelle den quer zur Blattstielachse verlaufenden Mittel- oder Mund- spalt, der sich spater zur Freilassung der Alatae-migrantes wieder off net. Die nun geschlossene Galle vergroflert durch weiteres Wachstum ihren In- nenraum, bis sie zur fertigen Beutelgalle herangereifl ist, die in ihrer Form sehr variieren kann. MULLER (1955) und DE BROUWEK (1962) beschreiben die Gallenbildung bei P . bursurius nach dem gleichen Prinzip, wahrend die Beschreibung der Gallenbildung von KESSLER (1 88 1) nicht zutrefiend ist, dem wahrscheinlich in den ersten Entwicklungsstufen eine Verwechslung mit

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der Gallenbildung bei Pemphigus spirothecae Pass. unterlaufen ist, die leicht moglich ist und deshalb an spaterer Stelle gesondert dargestellt wird.

Wahrend uber die Morphologie und die systematische Stellung der an Pappeln lebenden Pemphigiden umfangreiche Angaben in der Literatur zu finden sind, ist uber die Entwick- lung der Lause in den Gallen sowie uber die entsprechenden Entwicklungsstufen der Gallen selbst nur fragmentarisch in Einzelfallen berichtet worden. D a diese Angaben aus sehr un- terschiedlichen Landern stammen, lassen sie sich nicht zu einem Gesamtbild erganzen. Den- noch sind gerade diese Untersuchungen fur die Befallsprognose hinsichtlich der als Sommer- wirte in Frage kommenden Kulturpflanzen besonders wichtig. Aus den vorgenannten Grunden wurde auf eine exakte Beschreibung der einzelnen Lausestadien bewui3t verzichtet und nur in dem erforderlichen Umfang auf leicht erkennbare Merkmale hingewiesen. An- hand von aufgeschnittenen Gallen wird die Entwicklung der Lause in den Gallen sowie der Gallen selbst verfolgt. In allen Fallen handelt es sich um Lebendaufnahmen (Abzuge von Farbdiapositiven).

Die aus dem Winterei schliipfende Fundatrix-Erstlarve (Li) von P. bur- sarius ist langlich-oval mit deutlich verbreitertem Abdomen. Bei dorsaler Aufsicht wirkt der vordere Teil des Kopfes ausgesprochen rund. Der Korper ist ocker-gelb bis hell-olivgriin; Fiihler und Beine sind hell. Nur diese Erst- larve ruR durch den Einstich in den Blattstiel die Gewebewucherungen her- vor, die den Ausgangspunkt der Gallenbildung darstellen (LAMPEL 19601’ 1961). Erst in der einige Tage alten, fast geschlossenen Galle hautet sich die Fundatrix-Erstlarve zur L2, die mit der zuvor beschriebenen Li noch groi3e Ahnlichkeit hat. Die Hautung zur L2 erfolgt etwa eine Woche nach dem Beginn des Saugens; dieses Stadium zeigt bereits eine erkennbare Wachs- abscheidung. Die beiden folgenden Larvenstadien Ls und L4 sind auf3erlich im wesentlichen an einer gedrungeneren Form erkennbar ; Kopf, Fiihler und Beine nehmen eine dunklere Farbe an. Auch wird die Wachsausscheidung intensiver. Die Fundatrix-Imago hat einen dunkel-olivgriin gefarbten Kor- per mit deutlich abgegrenzten Wachsdriisenplatten; Kopf und Fiihler sind dunkelgrun, die Beine fast schwarz. Die Fundatrix-Imago sitzt in der Basis der Galle mit dem Kopf zur Gallenwand gerichtet und mit dem Abdomen in die Hohlung zeigend (Abb. 5). Durch diese Stellung kann sie die jungen Fundatrigenien frei in die Gallenhohlung absetzen. Die Fundatrix-Imago besitzt von oben gesehen eine elliptische Form. Bei ventraler Betrachtung ist sie leicht an der Riissellange im Verhaltnis zur Korperlange zu erkennen: Der Russel endet hier zwischen dem 1. und 2 . Beinpaar. Belafit man die altere Fundatrix-Imago in ihrer Wachsumhiillung, ist sie aus dorsaler Sicht kaum zu erkennen, wahrend sie aus ventraler Sicht leichter zu identifizieren ist. Nach dem Absetzen der Junglarven schrumpR das Abdomen der Funda- trix ein, wodurch sie noch gedrungener erscheint. Das Absetzen der partheno- genetisch erzeugten Fundatrigenien zieht sich etwa iiber 1 bis l i / 2 Monate hin, so dafl in der sich wahrend dieser Zeit stark vergroflernden Galle sich neben der Fundatrix eine grof3e Anzahl von Fundatrigenien aller 4 Larven- stadien befindet (Abb. 6). Eine Fundatrix setzt manchmal iiber 100 Larven ab. Wahrend die Fundatrigenien-Erstlarven hellgriin mit durchsichtigen Fiihlern nnd Beinen sind und kaum Wachs absondern, sind die Zweitlarveii schon etwas intensiver griin gefarbt und zeigen eine erkennbare Wachs- abscheidung. Die bei der L? beginnende, jedoch kaum sichtbare Fliigelschei- denbildung tritt bei der L.1 starker hervor; bei der LJ sind die Fliigelscheiden wesentlich vergroi3ert und heben sich sehr gut ab. Der Korper der Viertlarve ist dunkel-olivgriin, Meso- und Metathorax sowie die Flugelscheiden sind gelblich. Fiihler und Beine sind dunkel-gelbgrun, etwas heller als das Ab- domen. Die Imago der Fundatrigenien-Generation (Alata-migrans) hat

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Abb. 5 (links). Soeben geschliipRe Fundatrix-Imago in der basalen Ecke der Galle sitzend (Kopf in die rechte Ecke gerichtet). Die Wachsdriisenplatten sind deutlich erkennbar. Die Wachsabscheidung hat noch nicht eingesetzt. - Abb. 6 (oben rechts). Fundatrigenien-Larven verschiedcner Stadicn in einer geschlossencn Galle (aufgeschnitten). - Abb. 7 (unten yechts). Alte, von den Alataemigrantes verlassene Beutelgalle (Langsschnitt). Die eingetrocknete, abgestorbcne Fundatrix sitzt in der linken unteren Ecke der stark eingeschrunpfien Galle, deren Innenwand einen weiRen Wachsbelag zeigt, welcher von den ausgetrockneten Wachs-

kiigelchen herruhrt

einen langgestreckten, dunkelgrun bis schwarzen Korper mit etwas heller wirkenden Fuhlern und Beinen.

Nach dem vorstehenden Hinweis auf die einzelnen Stadien der Funda- trigenien-Generation folgt die Fortsetzung der weiteren Vorgange in den Gallen. Hier treten nun die ersten Alatae-migrantes auf, wahrend die Galle sich gleichzeitig von inneii ausgehend am Mundspalt zu offnen beginnt. Im weiteren Verlauf der Entwicklung off net sich der Mundspalt volleiids, und die in zunehinendem Mafie ihre Individualentwicklung abschliefienden Alatae-inigraiites verlassen die Galle zuin Flug auf die Nebeiiwirte. Gleich- zeitig fullt sich die Galle mit eiiier zunehmenden Zahl von Wachskugelchen unterschiedlicher Grofie. Die Frage nach der Herkunfl uiid Bedeutuiig dieser Wachskugelcheii wurde voii DL BKOU\YEK (1 962) erklirt und koniite bei den eigenen Untersuchungen ergiiizt werden : Die sehr intensireii Wachsabson- derungeii aus dein Abdomen der Fundatrix sowie die Wachsabscheiduiigen der Fundatrigeiiien in Forin von pelzihiilichen Fadenbundeln werdeii durch die Beweguiigen der Fundatrigeiiieii-Larven in der Galle weitgeheiid LU

Pulver zerrieben, welches sich ebeiiso wie abgerisseiie Wachsfliicheii an die

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unterschiedlich groi3en Honigtau-Tropfen der verschiedenen in der Galle befindlichen Lausestadien wie eine Hullmasse anlegt. Auf diese Weise wird vermieden, dai3 die Galle innen feucht und klebrig wird.

Nachdem die Alatae-migrantes die Galle verlassen haben, beginnt letz- tere stark einzuschrumpfen; die Fundatrix stirbt ab und trocknet aus. Die ebenfalls austrocknenden Honigtau-Tropfen (Wachskugelchen) hinterlassen einen weii3lichen Wachsbelag an der inneren Gallenwand (Abb. 7). Im Herbst fallen die eingetrockneten, leeren Beutelgallen mit dem Laubfall von den Pappeln herab.

2.1 .2 . Vergleichende Angaben ZUY Entwicklung der Spiralgallen von Pemphigus spirothecae Pass.

D a besonders in Nordwestdeutschland sich die ersten Stadien der Gallen- entwicklung von P . bursarius mit der Entwicklung der Spiralgallen der Pyramidenpappel-Spiralgallenlaus Pemphigus spirothecae Passerini (STEF- FAN 1972) zeitlich weitgehend uberschneiden und die Stammutter anfangs ein ahnliches Verhalten zeigen, sol1 hier auf die wesentlichen, leicht erkenn- baren Unterschiede bei P. spirothecae hingewiesen werden, um Verwechs- lungen zu vermeiden:

Bereits die Erstlarven der Fundatrix von P. spirothecae, welche etwa zur gleichen Zeit aus den ebenfalls in Rindenrissen - vorwiegend von Pyra- midenpappeln, aber auch an Schwarzpappeln - uberwinterten Eiern schlupfen, haben ein von P. buysarius-Erstlarven abweichendes Aussehen. Sie sind etwas kleiner und haben kein deutlich verbreitertes Abdomen. Bei dorsaler Aufsicht wirkt der vordere Teil des Kopfes mehr abgeflacht, fast eckig. Der Korper ist dunkelgrun; Kopf, Fuhler und Beine sind noch dunk- ler und wirken fast schwarz (Abb. 8). Eine sehr genaue Beschreibung dieser Art im Vergleich zu P. bursarius hat LAMPEL (1960/1961) gegeben. Nach dem Einstich in den Blattstiel entsteht bei P. spirothecae keine Randwulst- bildung, sondern eine starke Biegung des gesamten Blattstieles um die Ein- stichstelle herum (Abb. 9). Im weiteren Verlauf entsteht eine haarnadelfor- mige Biegung des Blattstieles um die saugende LI herum. Durch weitere spiralige Drehung des Blattstieles um die Erstlarve herum entsteht die Hoh- lung der Spiralgalle, die spater durch eine blasenartige Aufwolbung an der Drehungsstelle die endgultige Form der Spiralgalle ergibt (Abb. 10). Ihrer teilweise gleichzeitigen Entwicklung entsprechend treten die Beutelgallen von P. bursarius und die Spiralgallen von P. spirothecae haufig an denselben Pappelbaumen nebeneinander auf. KESSLER (1 881) und MULLER (1955) ge- ben ahnliche Beschreibungen der Gallenbildung bei P. spiyothecae. Die teil- weise Rotfarbung vieler Gallen im Sommer, die von HERFS aui3er bei den vorgenannten b.ziden Gallenarten auch bei den Blasengallen der Schwarz- pappel-Blattrippenwulst-Gallenlaus Pemphigus filaginis Bois de Fons- colombe (STEFFAN 1972) oRers gefunden wurde, beruht nach KESSLEK (1 881) auf der Einwirkung der Mittags- und Nachrnittagssonne auf die beschienene Seite der Gallen. MULLER (1969) erwahnt solche Rotfarbungen bei den Gal- len von P. filaginis, P. protospirae Lichtenstein und Thecabius affinis (Kal- tenbach).

Die Anzahl der Gallen je Pappel kann sowohl bei P . bursarius als auch bei P. spirothecae sehr unterschiedlich sein. Beide Arten treten in den bisher innerhalb der vorliegenden Untersuchungen durchgefuhrten Beobachtungen

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vorwiegend und starker an Pyramidenpappeln auf, weniger haufig und zahlenmai3ig geringer an Schwarzpappeln. Auch sind erhebliche Befalls- unterschiede, besonders beziiglich der Beutelgallen von P. bursarius, in den verschiedenen Befallsgebieten der Bundesrepublik zu verzeichnen. So ist z. B. im Braunschweiger Raum der Befall allgemein relativ gering, wahrend er in der Gegend um Heidelberg sehr stark ist. Um je ein Beispiel fur die Befalls- starke und die Befallsverteilung an der Pappel in den beiden letztgenannten Befallsgebieten zu erhalten, wurden bei Wolfenbiittel (bei Braunschweig) und in Eppelheim (bei Heidelberg) je eine Pappel zerlegt und die Gallen der beiden Pemphigus-Arten ausgezahlt. Die erstgenannte Pappel stand im Ab- stand von einigen Metern frei aui3erhalb eines von sehr hohen Pyramiden- pappeln dicht umgebenen Freibades, wahrend die an zweiter Stelle genannte Pappel in einer Gartnerei innerhalb einer eng gepflanzten Reihe gleichartiger

Abb. 8 (oben links). Junge Funda- trix-Erstlarve von P. spirothecae vor dem Festsaugen am Blattstiel (Aufn. v. 26. 4. 1971). - Abb. 9 loben ~echts ) . Biegung des Blatt- stic!es uni die Einstichstelle der Fundatrix-Erstlarre von P. spiro- thecae. Das distale, dem Blatt zu- gewandte Ende des Blattstieles weist nach rechts. Die LI verharrt an der Einstichstelle (Aufn. v . 26. 4. 1971). ~ Abb. 10 (unten links). Frische, reife Spiralgalle von P. 5prrothccae. Die Windungen der Galle verwachsen seitlich nicht fest miteinander. Der Hohlraum der Galle bleibt jedoch durch das enge Aneinanderliegrn der Windungen

dicht geschlossen

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und etwa gleichhoher Pappeln unmittelbar vor einer Steinmauer gewachsen war. Das Ergebnis ist in der Tabelle 1 enthalten:

Tabelle 1

Auszahlung von Beutelgallen von P. bursarius und Spiralgallen von P. spirorhecae an zwei zerlegten Pappeln

(Die Hochstwerte sind halbfett gedruckt)

Hohe des Baumes vom Schwarzpappel (Wolfenbuttel) Pyramidenpappel (Eppelheim) Boden aus, nach Ab- schnirten von je 1 m Beutelgallen Spiralgallen Beutelgallen Spiralgallen unterteilt

Probennahme: 12. 7. 1972 Probennahme: 26. 6. 1972

0- 1 m 1- 2 m 2- 3 m 3- 4 m 4- 5 m 5- 6 m 6- 7 m (6,50 m) 7- 8 m 8- 9 m 9-10 m

10-11 m 11-12 m 12-13 m 13-14 m Gesamtwerte

6 1 5

43 52 90 69

120 38 34 26 11 2 1

498

1 1 4

49 88

193 200 239 150 159 123 54 34

4 1299

28 306

1080 3596 367 160

(1)

5538

1 9

43 97 77 9

(0)

236

Obgleich die beiden Baume sowohl unterschiedlichen Pappelarten ange- horen als auch eine sehr verschiedene Grofle haben und an klimatisch vollig divergierenden Standorten gewachsen sind, konnen doch einige Khnlichkeiten bezuglich der Gallenverteilung festgestellt werden: Die Gallenzahl war fur beide Gallenarten etwa in der Mitte der Gesamthohe der Baume am groflten. In den unteren und oberen Teilen der Pappeln nimmt ihre Anzahl bei beiden Gallenarten wesentlich ab und endet jeweils auf sehr geringen Werten. Zwar wurden fur die Auszahlung bewuflt Baume ausgesucht, die einen fur die jeweilige Gegend stavken Befall mit Beutelgallen aufwiesen; jedoch konnen die Auszahlungsergebnisse in ihrer allgemeinen Groflenordnung und im Ver- haltnis der beiden Gallenarten zueinander als charakteristisch fur die weitere Umgebung angesehen werden, was moglicherweise auf einem Zufall beruht : In Braunschweig und Umgebung herrschen besonders an Pyramidenpappeln die Spiralgallen wesentlich vor, wogegen Beutelgallen nur verhaltnismaflig wenig gefunden werden, obwohl seit 1969 an 5 bis 8 Standorten regelmaflig die Entwicklung der Gallen verfolgt wird. STEINER (1956) berichtet zwar uber einen starken Besatz von Pyramidenpappeln mit Gallen von P. buv- savius, den er im Jahre 1954 in Braunschweig festgestellt hat, gibt aber keinen Vergleich zu anderen Fundorten. In Eppelheim und Umgebung fie1 dem- gegenuber der erheblich starkere Besatz vieler Pappeln mit Beutelgallen im Vergleich zu den nicht so haufigen Spiralgallen auf. Diese Untersuchungen sollen auf andere Befallsgebiete der Bundesrepublik ausgedehnt werden. - LAMPEL (1 96011 96 1) berichtet uber stichprobenartige Gallenzahlungen im Munchener Raum. Dabei fand er am 22. 7. 1955 an einer Schwarzpappel aufler hier nicht interessierenden Arten 82 Gallen von P. buvsuvius und

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6 Gallen von P. spirothecae. Andere Zahlungen an Schwarzpappeln fiihrten zu ahnlichen Ergebnissen. Demgegeniiber fand LAMPEL an einem anderen Standort Miinchens an Pyramidenpappeln fast 98 O / o aller Gallen von P. spirothecae und nur relativ wenige von P. bursarius stammend.

2.1.3. Zur Anfalligkeit verschiedener Pappelarten gegeniiber P . bursarius

In dem vorgenannten Zusammenhang ist die Frage der Anfalligkeit ver- schiedener Pappelarten und -kreuzungen fur den Befall durch P. bursarius von besonderem Interesse, da dieses Problem fur die Bedeutung der Pappeln als Ausgangspunkt von Befallszentren der Salatwurzellaus entscheidend ist. Die bisher im Rahmen dieser Arbeit im Bundesgebiet durchgefiihrten Unter- suchungen haben schon einige wichtige Hinweise erbracht, die in Zusammen- arbeit mit dem Forschungsinstitut fur PappelwirtschaR in Hannoversch Munden weiter verfolgt werden sollen; hierbei werden samtliche wesentlichen Befallsgebiete in der Bundesrepublik Deutschland beriicksichtigt, die in Ta- belle 2 mit Angabe der Bundeslander sowie deren zustandigen Pflanzen- schutz-Dienststellen von Norden nach Siiden verzeichnet sindz:

Tabelle 2

Zusammenstellung der wesentlichen Befallsgebiete der Salatwurzellaus in der Bundesrepublik Deutschland

Bundesland Zustandiges Pflanzenschutzarnt Befallsgebiete

Niedersachsen Oldenburg (Oldb.) Cloppenburg, Wildes- hausen, Vechta Braunschweig, Wolfenbiittel

Waltrop

Waldorf (bei Bonn)

H a n n o v e r

Nordrhein-Westfalen Miinster (Westf.) Herford, Bad Salzuflen,

Bonn-Bad Godesberg Straelen, Grevenbroich,

Hessen Kassel Kassel

Baden-Wiirttemberg Karlsruhe Heidelberg

Bayern Miinchen Miinchen, Karlsfeld, Lochhausen

Die meisten kleineren Ortschafien werden hier nicht genannt, ihre geographische Lage wird im Text angegeben.

Bei eingehendem Studium etlicher Befallsgebiete hat sich gezeigt, dai3 in allen Fallen, in denen befallene Salat- oder Endivienfelder festgestellt wur- den, in einem Abstand von maximal 1000 Metern LuRlinie, meist jedoch unterhalb von 500 m Lufklinie, mit P. bursarius befallene Pappeln standen, wobei stets die Hauptwindrichtung zum Kulturpflanzenbestand hin lag. In einigen dieser Falle waren jedoch nicht die dem Kulturpflanzenfeld nachst- stehenden Pappeln von P. bursarius befallen, sondern weiter entfernt ste-

' Den Leitern und Mitarbeitern der nachfolgend genannten Pflanzenschutz-Dienststellen, die mich bei den Untersuchungen in jeder Weise unterstutzt haben, mochte ich an dieser Stelle betonders herzlich danken. Ohne ihre Hilfe wiren diese Arbeiten nicht durchfiihrbar gewesen.

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Untersuchungen Z U Y Biologie der Salatwurzellaus P. bursarius (L.) 235

hende Baume, allerdings stets mit Hauptwindrichtung zu den Feldern. Ein sehr starker Befall von Kopfsalat in einem Versuchsbetrieb in Straelen (bei Krefeld) stammt beispielsweise sehr wahrscheinlich von etwa 50 m entfern- ten Pyramidenpappeln. Umgekehrt konnte in einigen Gebieten, die seit mehreren Jahren erheblichen Befall durch die Wurzellaus an Salat, Endivien und Mohren hatten, jedoch im Jahre 1971 nur sehr gering oder gar nicht befallen waren, ausnahmslos festgestellt werden, dai3 keine befallenen Pap- peln in der weiteren Umgebung zu finden waren, obwohl zahlreiche Pyra- midenpappeln und Schwarzpappelarten vorhanden waren. Dafi die Alatae- migrantes beachtliche Strecken uberwinden konnen, geht aus einer Beobach- tung von MCDANIEL (1 958) hervor, wonach diese eine Strecke von 2-3 Meilen (etwa 3200-4800 m) leicht zurucklegen. So wurde in einer Farm in Maine (USA) ein starker Befall an Salat gefunden, wo die nachsten befallenen Pappeln 2l/2 Meilen entfernt waren.

Aui3er groi3en Schwankungen im Befall derselben Pappelbaume in ver- schiedenen Jahren, wie sie im Braunschweiger Raum seit 1969 festgestellt wurden, sind auch erhebliche Unterschiede in der Anfalligkeit der zahlrei- chen Pappelarten und -kreuzungen vorhanden. Diese beruhen moglicher- weise vorwiegend auf Inhaltsstoffen, die in bestimmten Pappeln enthalten sind und in anderen nicht. Eine diesbezugliche Klarung steht noch aus.

In der internationalen Literatur wird als Winterwirt von P. buysarius zumeist an erster Stelle die Pyramidenpappel (Populus pyramidalis) genannt (BORNER 1952; STEINER 1956; BORNER und HEINZE 1957; LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY 1957; MCDANIEL 195 8 ; DUNN 19592, 1960; DE BROUWER 1962; LANGE 1965; STEFFAN 1972). Gleichwertig neben- einander genannt werden Pyramidenpappeln und andere Schwarzpappel- arten von MULLER (1955), ZWOLFER (1957) und LAMDEL (1968). Nicht be- fallen werden nach DUNN (1 960) die Balsampappelgruppe, die Silberpappel und die Zitterpappel. Eine eingehende Erorterung dieser und weiterer in der Literatur enthaltener Einzelheiten uber die Anfalligkeit bestimmter Pappel- arten und -kreuzungen wird in einer spateren Arbeit erfolgen, nachdem die jetzt im Bundesgebiet laufenden diesbezuglichen Untersuchungen abge- schlossen sind.

2.2. Die Verhaltnisse am Sommerwirt

2.2.1. Zur Oberwinterung von P. buysarius im Boden

Fur Art und Zeitpunkt der Bekampfung der Salatwurzellaus zu Beginn der Vegetationsperiode ist die Frage wichtig, ob P. buvsavius nur am Hauptwirt, d. h. an den Pappeln uberwintern kann, oder ob die letzten Exsulis-Virgines im Herbst an den Nebenwirten verbleiben und an diesen oder im Boden uberwintern konnen. Die diesbezuglichen Angaben in der internationalen Literatur schwanken sehr. Wahrend KOTTE (1960) und LANGE (1965) eine Verseuchung der als Sommerwirte dienenden Kulturpflanzen ausschliei3lich von den Pappeln her fur moglich halten und somit eine Uberwinterung auf den Feldern verneinen, sieht die Mehrzahl der ubrigen Autoren die Uber- winterung im Boden fur moglich an. Diese unterschiedlichen Beobachtungen beruhen sehr wahrscheinlich auf Verschiedenheiten in den klimatischen Ver- haltnissen, in differierenden Kulturbedingungen im Anbau der gefahrdeten Gemusearten sowie moglicherweise auch in einer unterschiedlichen Anwen-

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236 W. Her f s

dung von Bodeninsektiziden. So berichten BORNER (1952), MULLER (1955, 1969), BORNER und HEINZE (1 957), LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY (1957), DUNN (1959a und b, 1960), DE BROUWER (1962) und JUDGE (1967), dai3 eine Oberwinterung der Exsules im Boden moglich ist, wobei die Angaben uber die prozentuale Haufigkeit dieser Oberwinterungs- form fur die verschiedenen Lander und Gebiete stark variieren.

Fur das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liegen von ZWOLFER (1957) Untersuchungen in Bayern vor, wo in den Jahren 1952 bis 1954 in der Umgebung von Erlangen eine etwa 50°/oige Oberwinterung im Boden beobachtet wurde, wobei diese Populationen jedoch im nachsten Fruhjahr zahlenmai3ig stark zuruckgingen. LAMPEL (1960/61) gibt an, dai3 eine Ober- winterung im Boden wahrscheinlich moglich ist, obwohl es ihm selbst in Munchen im Gewachshaus nicht gelang, die Erdlause durch den Winter zu bringen.

Demnach kann P. bursarius je nach den vorliegenden Verhaltnissen ent- weder nur an Pappeln oder auch im Ackerboden an Wurzelresten von Nebenwirten oder frei im Boden uberwintern. Die Oberwinterung erfolgt an den Pappeln im Eistadium, im Boden als Virginogenien.

D a die vorgenannten Befunde von ZWOLFER fur die Bundesrepublik Deutschland bereits 20 Jahre zuruckliegen und inzwischen sowohl durch die geanderten Kulturmethoden als auch die andersartigen Pflanzenschutzmai3- nahmen keine Ruckschlusse auf die heutigen Verhaltnisse gezogen werden konnen, wurden in den Jahren 1972 und 1973 in der Zeit vom 4. bis zum 19. April an allen wesentlichen Befallsgebieten Bodenproben entnommen und anschliei3end im Laboratorium auf Entwicklungsstadien von P. bur- sarius untersucht. Eine Obersicht dieser Befallsgebiete geben Abb. 11 und 12, aus denen zudem fur jede untersuchte Flache die zuletzt dort kultivierte Gemuseart ersichtlich ist. Die Kulturen waren in allen Fallen von P. bur- sarius stark befallen gewesen. Die Probennahmen wurden auf den genannten Zeitpunkt gelegt, weil einerseits der Boden in allen Versuchsgebieten bereits frostfrei war, andererseits aber mit der Neupflanzung noch nicht oder soeben erst begonnen worden war und ein Neubefall auszuschliei3en ist; aui3erdem ist zu diesem Zeitpunkt ein neuer Zuflug von Alatae-migrantes von den Pappeln noch nicht moglich.

Je Flache wurden pro Jahr 100 Bodenproben von jeweils etwa 500 bis 1000 g (je nach Bodenart) mit einer Handschaufel entnommen und in einen Plastikbeutel gefullt, der verschlossen wurde. Die Entnahme erfolgte bis zu einer Tiefe von 20 cm, wodurch die vorwiegend fur einen Befall in Frage kommende Bodenschicht erfai3t wird. DE BROUWER (1962) stellte in Sud- Holland die meisten Lause in den obersten 30 cm Boden fest; HERFS und BODE (1971) fanden an Salat und in der Rhizospharenerde die meisten Lause etwa 3 bis 5 cm unter der Erdoberflache. Wahrend 1972 insgesamt 1600 Bodenproben untersucht wurden, konnten 1973 durch Einbeziehung weiterer befallener Flachen sogar 21 00 Proben ausgewertet werden. Die Untersuchung im Laboratorium erfolgte in Neubauerschalen (ca. 20 cin Durchmesser) unter Zuhilfenahme eiiies Zeiss-Stereomikroskopes. Da sich die Auswertung dieser Proben in jedem Jahr iiber mehrere Wochen hinzog, wurden die nicht am gleichen Tage zur Untersuchung anstehenden Proben in einem dunklen Klimaraum bei 6 bis 12" C in den verschlossenen Beuteln aufbewahrt.

In dcn insgesamt 3700 Bodenproben wurde kein Exemplar von P . bur-

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Abb. 11. Befallsgebiete von P. bursarius in der Bundesrepublik Deutschland, in denen im April 1972 Bodenproben zur Feststellung der Uberwinterungsmoglichkeiten der Salat- wurzellaus entnommen wurden. Die romischen Zahlen kennzeichnen die Befallsgebiete umfassend, wahrend die arabischen Zahlen die Lage der einzelnen Standorte bzw. Ver- suchsflachen angeben. Es bedeuten: I Straelen: Versuchsbetrieb (Flache 1). - I1 Miinster (Westf.): 1 Waltrop (Flache 1); 2 Waltrop (Flache 2); 3 Waltrop (Flache 3 ) . - 111 Bielefeld: 1 Brake; 2 EIerford. ~ V Braunschweig: 1 Wolfenbiittcl (Flache 1) ; 2 Wolfenbiittel (Fla- che 2). - VI Oldenburg (Oldb.): 1 Hogenbogen; 2 Schneiderkrug; 3 Penkhusen-Biihren. -

VII Kassel: Stadtrand. - VIII Miinchen: 1 Ottendichl (Flache 1) ; 2 Ottendichl (Flache 2); 3 Lochhausen; 4 Karlsfeld. - Die untersuchten Flachen sind entsprechend der zuletzt darauf hultivierten, mit P . burjarius befallenen Gemuseart wie folgt innerhalb der Kreise dar- ~ e s t e l l t : Kopfsalat a Endivien Mohren

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238 W. Herfs

sarius gefunden. Die untersuchten Boden waren dabei sehr unterschiedlich (Sand, sandiger Lehm, Lehm, Gesteinsboden, Moorboden). Bei einigen sehr groi3en Mohrenflachen bei Oldenburg waren die Mohren wegen des starken Befalls mit Wurzellausen nicht geerntet, sondern umgepflugt worden; ob- wohl hier noch Mohren in grogen Mengen in der oberen Bodenschicht und auf dem Boden lagen, wurde auch dort in keiner Probe eine Salatwurzellaus gef unden.

Die voreenannten Befunde. die sich alle auf in der vorhergehenden VegetationGeriode stark befallene Gemuseflachen beziehen, bere&tigen zu der Aussage, dai3 im Gebiet der Bundesrepublik eine Uberwinterung von P. bursarius im Boden praktisch nicht gegeben sein kann. Hierfur spricht auch die Feststellung, dai3 auf keiner dieser Flachen und in etlichen weiteren untersuchten Salat- und Endivienbestanden je ein Fruhbefall, d. h. ein Auf- treten der Lause im Fruhjahr stattfand. Demgegenuber wird in den Landern bzw. Gebieten, in denen P. bursarius im Boden uberwintert, zumeist uber einen Fruhbefall durch die uberwinterten Populationen berichtet (MCDANIEL 1958; DUNN 195913,1960; DE BROUWER 1962; JUDGE 1967).

Die Tatsache, dai3 P . bursarius im Gebiet der Bundesrepublik Deutsch- land den Winter nicht im Boden uberlebt, kann verschiedene Ursachen haben, uber die noch keine Klarheit herrscht: ZWOLFER (1957) stellte bereits fest, dai3 sich die anholozykischen Populationen (im Boden) den Winter uber auf etwa gleicher Hohe hielten, aber iin Fruhjahr zahlenmai3ig stark zuruck- gingen. Fur diesen auch von anderen Autoren beobachteten Populations- ruckgang werden vor allem insektenpathogene Pilze wie Empusa spec. ver- antwortlich gemacht (LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY 1957; DE BROUWER 1962), ferner zu starke Austrocknung des Bodens (DE BROUWER 1962). DUNN (1959b, 1960) halt die Temperatur im Boden fur die Uberlebensrate der Apteren fur wesentlich; nach seinen Untersuchun- gen in den Midlands (Mittelengland) halten die im Boden lebenden Formen der Laus zwar Frost und Tauwetter aus, jedoch sind in allen Gebieten, in denen die erfolgreiche Uberwinterung von P. bursarius im Boden festgestellt wurde, die winterlichen Temperaturen hoher als in den in der Bundesrepu- blik untersuchten Befallsgebieten. Dies trifR selbst fur die Untersuchungen von ZWOLFER (1957) zu, die in den suddeutschen Warmegebieten (zit. Er- langen: langjahriger Mittelwert fur das Temperaturminimum im Januar = - 1, l0 C ; Frankischer Jura (Goflweinstein) = - 2,2' C) durchgefuhrt wurden, von wo kein Befall mehr gemeldet wurde. Somit ist ein Einflui3 der winterlichen Temperaturen auf die Uberlebensinoglichkeiten der Lause iin Boden durchaus wahrscheinlich.

2.2.2. Zur Biologie von P . bursarius an den Gemusekulturen wahrend der Vegetationszeit

Wahrend die von P . bursarius am Winterwirt verursachten Schaden in der Regel keine wirtschaflliche Bedeutung haben, kann die Salatwurzellaus in der Vegetationszeit an einigen ihrer Sominerwirte (Salat, Endivien, Mohrenj bis zur volligen Entwertung der Ernte fuhren. Schwere Verluste durch P . bursarius wurden besonders an Kopfsalat und Endivien festgestellt (LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY 1957, MCDANIEL 1958, ZWOL- FER 1958, DUNN 1959a, 1960, KOTTE 1960, DEBROUWER 1962, LEWIS 1965). Dabei ist, wie HERFS (1972) in mehrjahrigen, umfangreichen Sortenver-

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Abb 12 Befallsgeblete von P bursurzus In der Bundesrepubllk Dcutschland, in denen m i

April 1973 Bodenproben zur Feststellung der Uberwlnterungsmoglichkeiten der Salat- wurzellaus cntnommen wurden Die Darstellungsweise entsprlcht Abb. 11. Folgende Stand- orte wurden einbezogen: I Straelen: 1 Versuchsbetrleb (Flache l ) , 2 Versuchsbetrleb (Fla- che 2). - I1 Munster (Wcstf ) : 1 Waltrop (Flache 1); 2 Waltrop (Flache 2 ) ; 3 Waltrop (Flache 3) - I11 Bielefeld: 2 Herford; 3 Herford-Elverdlssen. - IV Bonn: 1 Waldorf ; 2 Endenich - V Braunschweig: 1 Wolfenbuttel (Flache 1); 2 Wolfenbuttel (Flache 2) ; 3 Wolfenbuttel (Flache 3 ) . - V I Oldenburg: 1 Hogcnbogen; 2 Schneiderkrug; 4 Spreda. - V I I Kassel: Stadtrand ~ VIII Munchen: 1 Ottendlchl (Flache l ) , 2 Ottendichl (Flache 2) ;

3 Lochhausen; 4 Karlsfeld - I X . Heldelberg. Eppelheim

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240 W. Herfs

suchen an Kopfsalat zeigen konnte, die unterschiedliche Anfalligkeit der ein- zelnen Sorten von untergeordneter Bedeutung, da andere Faktoren wie die Starke des Gesamtauftretens der Laus im jeweiligen Jahr, standortbedingte Unterschiede und jahreszeitliche Lage der Pflanz- und Erntetermine einen groi3eren Einflui3 auf den Befallsgrad haben.

Fur die Beurteilung der Bedeutung der Salatwurzellaus als Gemuse- schadling in der Bundesrepublik interessiert aui3er der Sortenempfindlichkeit besonders ein Vergleich der Befallsverhaltnisse und Befallsstarken in den Schadgebieten sowie das Verhalten der Alatae-migrantes auf dem Sommer- wirt und das der letzten Generation der Exsulis-Virgines im Herbst im Hin- blick auf den Zeitpunkt des Abfluges zum Winterwirt. Da in der Bundes- republik zumeist der Spatbefall im Hochsommer die groi3ten Schaden an Salat und Endivien verursacht, sind diese Angaben fur die zeitliche Fest- legung der letzten, im Rahmen der Wartezeiten noch moglichen chemischen Bekampfungsmahahmen wichtig.

Diese sehr aufwendigen Untersuchungen konnten bisher erst in einem Teil der vorgenannten Befallsgebiete begonnen werden, die aus Abb. 13 ersicht- lich sind. Sie sollen auf weitere Befallsgebiete ausgedehnt und an einem gro- f3eren Pflanzenmaterial fortgesetzt werden.

Auf jeder Flache wurden zunachst 25 Pflanzen (in Einzelfallen bis zu 50 Pflanzen) mit Wurzelballen entnommen und in Plastikbeutel gegeben, die oben offen gelassen wurden, wahrend der Wurzelballen zwecks Erhaltung der darin befindlichen Feuchtigkeit mit Bindfaden nicht zu fest abgeschnurt wurde. Wahrend des mehrtagigen Transportes im Auto wurden die in gro- i3en Plastikwannen stehenden Proben mit stets feucht gehaltenen Flanell- tuchern bedeckt und so vor dem Austrocknen geschutzt. Im Laboratorium fand in Zusammenarbeit mit dem Institut fur landwirtschaflliche Virusfor- schung der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig eine Untersuchung jeder Einzelpflanze auf Salatmosaikvirus, Gurkenmosaikvirus und P . bur- savius statt. Obwohl die Einzelwerte erst im weiteren Verlauf der Unter- suchungen zur Beurteilung anstehen, kijnnen schon jetzt deutliche Befalls-

Tabelle 3

Befallsverhaltnisse in einigen untersuchten Gebieten der Bundesrepublik

Ort Anzahl Proben

FIHche Kulturpflanze Nr. (p = pilliertes Sorte

Saatgut) Wurzel-

Iause

Befallsstarke Virosen Beutelgallen

an Pappeln

Straelen

Auwel-Holt Wdtrop

Dad Salzuflen Holzhauseii Her ford Brake

1 2 3 4 5 1 2 3 3

2 1

Kopfsalat Aurelia 25

Endivie Rosa bella 5

Kopfsalat Suzaii 30

Kopfsalat Suzan 25

Kopfsalat Suzan 25

Kopfsalat (p) Suzan 50 Kopfsalat Suzan 25 Kopfsalat Saskia 25

Kopfsalat Suzan 25

Kopfsalat Suzan 25

Kopfsalat Suzan 25

ttt +t t + + ++ t++ ttt +

I++

L+

::I } t++ ?

tt+ tt+ t+t t++ +++ \ +tt +++

tt+ ? t+t -

+++ tit +tt ++

BCI den mi1 ? versehenen Feldern wurden die diesbezuglichen Angaben iiicht ermittelt I i schu,acher Befall ++ = mittlerer Befall F- = starker Befall.

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Abb. 13. Befallsgebiete von P. bursurzus in der Bundesrepublik Deutschland, in denen im August 1971 Pflanzen- und Wurzelerdproben zur Feststellung des Befalls mit Salatwurzel- laus entnomnien wurden. Die Darstellungsweise entspricht Abb. 11. Folgende Standorte wurden einbezogen: I Straelen: 1 Versuchsbetrieb (Flache 1); 2 Versuchsbetrieb (Flache 2) ; 3 Versuchsbetrieb (Flache 3); 4 Landwirtsch. Berrieb (Fliiche 4); 5 Auwel-Holt. - I1 Miin- m r (Westf.): 1 Waltrop (Flache 1); 2 Waltrop (Flache 2); 3 Waltrop (Flache 3). - 111 Biele- fcld: 1 Brake; 2 Herford; 3 Bad Salzuflen-Holzhausen. - IV Bonn: Waldorf. - V Braun- schweig: 1 Wolfenbuttel (Flache 1); 2 Wolfenbuttel (Flache 2); 3 Wolfenbuttel (Flache 3)

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242 W. H e r f s

unterschiede an den verschiedenen Standorten verzeichnet werden. Tabelle 3 enthalt diese Angaben. Im einzelnen ist dazu folgendes zu erganzen: Zumeist entspricht die durchschnittliche Befallsstarke der Salatflachen etwa derjenigen der in der Umgebung stehenden Pappeln; gelegentliche Abweichungen kon- nen nach DE BROUWER (1962) und HERFS (1972) durch zeitliche Verschiebun- gen im Auftreten der Alatae-migrantes bedingt sein, da nicht nur die An- zahl anwesender Gallen fur die Befallsstarke maagebend ist. Schliei3lich ist noch zu berucksichtigen, dai3 in vielen Fallen ein beachtlicher Teil der Gallen parasitiert ist und somit nicht zur Verbreitung des Schadlings beitragt. - Der wesentlich schwachere Befall der Flache 4 in Straelen sowie der Flache in Auwel-Holt liegt moglicherweise an der groi3en Entfernung der nachsten be- fallenen Pappeln, die 1000 bzw. 300 m Lufilinie betragt. Auf Flache 3 in Waltrop wurden infolge des umfangreichen Baumbestandes in der Umge- bung der Salatflache zunachst keine Pappeln gesichtet, spater jedoch in einer Entfernung von etwa 800 m Lufilinie festgestellt, aber noch nicht auf Befall mit P . bursarius untersucht. Die 5 Endivien-Pflanzen der Flache 3 in Straelen stellen den Rest eines abgeernteten Bestandes dar und wurden nicht auf Virosen untersucht.

Ein Grund fur das im Hinblick auf eine Bekampfung zu spate Erkennen des Wurzellausbefalls an Salat und Endivien liegt darin, dai3 die Pflanzen haufig trotz Virusbefall noch recht gut und marktfahig aussehen, solange die Wurzeln durch den Lausebefall nicht zu sehr in ihrer Funktion beeintrachtigt worden sind. Wenn die Schaden (Schlaffwerden der Pflanzen, Kummer- wuchs, Vertrocknen, Vergilben) am Salatkopf oder bei Endivien sichtbar

werden. ist eine BekamDfung

UllU U I U I J C , 111 U C l I C I I U I C

,466. 14. Exsulis-Virgines von P. ~ U Y ~ U Y Z U ~ in Salat- Lause eingeschlossen sind. Die wurzelerde. Links unren eine jungc, ungeflugeltc Befallsstarke kann bei den

Imago, rechts oben cine Larve einzelnen Pflanzen eines Be- standes sehr unterschiedlich

sein. Wahrend in den eigenen Untersuchungen meist unter 100 Lause pro Pflanze und nur relativ selteii uber 300 gezahlt wurden, geben LANGE, BEN- SON, FORCL, GRIGARICK und MCCALLEY (1957) fur Kalifornien 500 bis 5000 Lause pro Pflanze an; DUNN (1960) fand in Mittelengland sogar 5000 bis 10 000 Lause je Salatpflanze. Die in den Wachsumhullungen sitzenden Ex- sulis-Virgines sind als Larven weifllich-gelb mit anfangs hellem Kopf sowie fast glasig wirkenden Fuhlern und Beinen; ihre Korperform ist anniihernd zylindrisch. Im Laufe der Larvenentwicklung wird die Korperfarbe inten- siver gelblich, wiihrend Fuhler und Beine dunkler (grau-schwarz) werden

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Untersuchungen zur Biologie der Salatwurzellaus P. bursarius (L.) 243

(Abb. 14). Die Imago hat einen dunkel wirkenden Kopf und fast schwarze Fuhler und Beine. Der Korper ist weifllich-gelb mit grunem Skimmer. Die Imago ist eiformig (Abb. 14). Bei alteren Imagines sieht der Korper wie eine prall gefullte Blase aus.

Das Verhalten der Alatae-migrantes und der letzten Generation der Ex- sulis-Virgines auf dem Sommerwirt 1ai3t sich im Freiland unter naturlichen Verhaltnissen nicht kontinuierlich erfassen, da es sehr schwierig ist, diese Stadien nach Bedarf zu finden. Aus diesem Grunde wurde der bereits er- wahnte Zuchtkasten gebaut, der zur Beobachtung dieser Entwicklungsstadien in einem Salatfeld aufgestellt wird. Ober die Konstruktion des Kastens und die damit erzielten Befunde wird gesondert berichtet.

2.3. Rauber und Parasiten von P. bursarius

2.3.1. Feinde der in den Gallen lebenden Stadien

Fundatrix und Fundatrigenien von P. bursarius werden durch eine Reihe naturlicher Feinde aus sehr verschiedenen Klassen und Ordnungen des Tier- reiches beeintrachtigt. Hier sind von den Wanzen (Heteroptera) die Blumen- wanzen (Anthocoridae) Anthocoris minki Dhrn. zu nennen, die LAMPEL (1960/61) im Fruhjahr und Sommer 1955 in allen Entwicklungsstadien in den Gallen fand sowie Triphleps (Orius) minutus L. (BORNER und HEINZE 1957, STEFFAN 1972). Auch LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und M c CALLEY (1957) stellten haufig Anthocoriden als Rauber in den Gallen fest. In den eigenen Untersuchungen waren 3/4 der diesbezuglich untersuchten Gallen parasitiert, und zwar vorwiegend durch Anthocoriden-Larven3. Von den Netzfliiglern (Neuroptera) ist nach HAUSMANN (1802) die Larve von ,, Hemerobius Perla" der gefahrlichste Feind von P. bursarius, indem sie Locher in die Gallen frii3t und durch diese die in den Gallen befindlichen Blattlause auffriflt. Von den Hautfluglern (Hymenoptera) entdeckte LAMPEL (1960) die zu den Mymariden gehorige Schlupfwespe Polynema schmitzi Soyka als Endoparasit in der Fundatrix. Von den Zweifluglern (Diptera) fand LAMPEL (1960/61) eine Schwebfliegen-Larve (Syrphus spec.) in den Gallen als gefrai3igen Rauber; auch in den eigenen Untersuchungen konnte mehrfach eine Syrphiden-Larve als wirksamer Feind in den Gallen festge- stellt werden, wobei es sich wahrscheinlich um Heringia virens Fabr. (Chilo- siinae, Syrphidae) handelt4. Als weitere Feinde der Gallengenerationen von P. bursarius werden von den Dipteren die zu den Chamaemyiden zahlenden Parasiten Leucopis nigricornis Eggers von SCHUMACHER (1 919) und Leuco- pis bursaria Rond. von ZWOLFER (1958) aufgefuhrt, wobei die letztgenannte Angabe einem Wirtsverzeichnis von PSCHORN-WALCHER (Delkmont) ent- stammt. Von den Wirbeltieren werden Vogel durch Aufpicken der Gallen fur P. bursurius feindlich (VAN DER GOOT 1915), wahrend nach STEINER (1956) Eichhornchen (Rodentia, Sciuridae) durch Abbeii3en der mit Gallen besetzten Blattstiele und Auslecken der Gallen zur Reduzierung der Lause beitragen. Die gleiche Beobachtung machte GEILER (1956) bei einem Eich- hornchen an Gallen von P . spirothecae Pass.

:' Herrn Dr. H. STEINER, Stuttgart, danke ich fur die Bestatigung dieser Angnbe. ' Herrn D r . F. SCHNEIDER, Wadenswil (Schweiz), darike ich f u r die Determination der Syrphiden-Larven.

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244 W. Herfs

2.3 .2 . Feinde der an den Wurzeln lebenden Stadien Auch die an den Wurzeln der Sommerwirte lebenden Exsules von P. bur- sarius werden von einigen naturlichen Feinden befallen. Nach DE BROUWER (1962) ist Schimmel die Hauptursache fur das Absterben der im Boden uber- winternden Stadien der Lause. LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY (1957) geben an, dai3 eine Pilzkrankheit durch Empusa spec. haufig zu Populationsriickgangen im Herbst und Winter fuhrt. Die gleichen Autoren sowie A C Z ~ L (1940) und STEFFAN (1972) nennen die zu den Dip- teren gehorenden Chloropiden-Larven von Thaumatomyia (Chloropisca) notata Meigen und Chloropisca glabra Meigen als wirksame Rauber der Ex- sules. Als weitere Vertreter der Dipteren werden von LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY (1957) die Larven der Schwebfliegen Metasyrphus spec. genannt, die alle Stadien der Lause im Boden aufsuchen und fressen. Von den Kafern (Coleoptera) konnen nach LAMPEL (1960/61) wahrscheinlich die Exsulis- Junglarven von kleinen, erdbewohnenden Sta- phyliniden angegriff en werden. Eigene Befunde uber die naturlichen Feinde der Exsules liegen bisher nicht vor.

Die praktische Bedeutung der Rauber und Parasiten von P. bursarius wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Wahrend LANGE, BENSON, FORCE, GRIGARICK und MCCALLEY (1957) die groi3e Bedeutung der natur- lichen Feinde bei der Bekampfung der Salatwurzellaus herausstellen, ist nach ZWOLFER (1958) die Rolle der an diesen Wurzellausen rauberisch oder para- sitar lebenden Blattlausvertilger unbedeutend, da die unterirdische Lebens- weise der Wurzelaphiden das Auffinden und den Zugang zum Wirt er- schwert. Nach den eigenen Beobachtungen ist trotz des erwahnten hohen Parasitierungsgrades - besonders der alteren Gallen - in Anbetracht der groi3en Anzahl von Gallen je Pappel und unter Berucksichtigung der beacht- lichen Zahl von Fundatrigenien, die sich in einer einzigen Galle entwickeln konnen, kaum mit einer nennenswerten Befallsminderung in den Gemuse- kulturen durch die an den Pappeln aktiven naturlichen Feinde von P. bur- sarius zu rechnen. Ebenso ist wegen der starken Vermehrung der Exsules an den Salat- und Endivienwurzeln auch wahrend der Vegetationszeit eine wesentliche Verminderung der Schaden an diesen Kulturen durch die hier wirksamen Feinde nicht zu erwarten.

Zusammenfassung

Die Biologie der Salatwurzellaus Pemphigus bursarius (L.) (Aphidoidea, Pemphigidae) wird a n den als Winterwirt dienenden Pappeln und an Gemusekulturen als Sommerwirt unter- sucht. An Pappeln wird die Entwidtlung der Blattstiel-Beutelgallen und der darin befind- lichen Entwicklungsstadien von P. bursarius verfolgt. Es folgen vergleichende Angaben zur Entwicklung der ebenfalls an Pappeln lebenden Pyramidenpappel-Spiralgallenlaus Pem- phigus spirothecae Passerini, die spiralformige Blattstielgallen bildet und in ihrer Anfangs- entwicklung als Fundatrix-Erstlarve leicht mit P. bursurius verwechselt werden kann. Die Befallsstarke und -vertei!ung der beiden Arten an den Pappeln wird anhand von Aus- zahlungsergebnissen an gefallten Pappeln in verschiedenen Befallsgebieten erortert. Auf die unterschiedliche Anfalligkeit vcrschiedener Pappelarten und -kreuzungen wird hin- gewiesen. Diese Beobachtungen erstrecken sich ebenso wie die anschlienend diskutierten Untersuchungen der Uberwinterungsmoglichkeiten von P. bursurz~s im Boden auf samcliche wesentliche Befallsgebiete in der Bundesrepublik Deutschland. Die weiteren Untersuchun- gen zur Biologie der Salatwurzellaus am Sommerwirt konnten erst in begrenztem Umfang in Gemusekulturen an Salat, Endivien und Mohren begonnen werden. Schliefilich wird uber die RGuber und Parasiten von P. bursarius berichtet, wobei zwischen den naturlichen Feinden der in den Gallen lebenden Stadien und der an den Wurzeln lebenden Exsules unterschieden wird.

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