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Die Nahrung 23, I, 1919, 139-141 Zentralinstitut fur Ernahrung Potsdam-Rehbrucke (Direktor : Prof. Dr. H. HAENEL), Forschungszentrum fur Molekularbiologie und Medizin, Akademie der Wissenschaften der DDR und Bezirkshygieneinspektion und Bezirks-Hygiene-Institut Erfurt (Bezirkshygieniker und Direktor : MR Dr. med. R. ULLMANN) Untersuchungen zur Kontamination von Lebens- und Futtermitteln ausgewahlter Gebiete des Bezirkes Erfurt mit Blei und Cadmium 1. Mitt. Bestimmung von Blei und Cadmium in pflanzlichem Material mittels Inversvoltammetrie R. ENGSr, K. LAUTERBACH, G. BECKMANN und R. KoNiG' Zur Bestimmung der Spurenmetalle Blei und Cadmium in pflanzlichen Lebens- und Futtermitteln wird em inversvoltammetrisches Analysenverfahren angewendet. Die Mineralisierung der organischen Materialien erfolgt rnit Salpetersauredampf und in der meiten Phase unter Zusatz von Perchlorsaure. Das Verfahren ist sehr empfindlich und fur die Routineanalytik gut geeignet. Die Bestimmungsgrenzen liegen fur Blei bei 0,66 ng/ml und fur Cadmium bei 0,30 ng/ml. Der Fehler der Methode betragt Vpb = 20,5 % und VCd = 28,6%. Den Proben vor dem AufschluD zugesetzte Mengen Blei und Cadmium werden zu 102,O f lo$% und 101,6 11,4% wiedergefunden. Bedingt durch den industriellen Aufschwung der letzten Jahrzehnte hat vor allem die Bestimmung der Spurenelemente mit toxischer Wirkung wie Hg, Pb, Cd, As und Sb ver- starktes Interesse gewonnen. Es geht hierbei vor allem um die reale Einschatzung der Be- lastung unserer Umwelt mit diesen Spurenelementen. Durch entsprechende MaDnahmen sol1 die unvermeidbare Belastung in verniinftigen Grenzen gehalten und einer nicht ge- rechtfertigten generellen Uberbewertung dieser Problematik entgegengewirkt werden. Die Entwicklung der Spurenmetallanalyse wurde wesentlich durch die Einfiihrung hoch- empfindlicher physikochemischer Analysenverfahren wie den verschiedenen Formen der Spektrophotometrie, der Spektrometrie, der Emissionsspektralanalyse, der Gaschromato- graphie, der radiochemischen und nicht zuletzt der elektrochemischen Methoden beein- flul3t. Der Trend dieser Entwicklung geht aus verstandlichen Griinden zu den Simultan- verfahren [l]. Eines der empfindlichsten Simultanverfahren ist die Inversvoltammetrie, die in vielfaltigen Formen angewendet wird [2- 151. Florence 11 61 beschrieb 1970 erstmalig ein Verfahren, bei dem durch die Anwendung einer quecksilberbeschichteten Glascarbon- elektrode eine gegeniiber der Arbeitstechnik mit der Quecksilbertropfen-Elektrode [ 17 bis 2 11 verbesserte Trennscharfe und eine weitere Empfindlichkeitssteigerung erreicht werden konnte. Florence fiihrte die Beschichtung der Glascarbonelektrode in der MeDlosung bei gleichzeitiger Anreicherung der zu bestimmenden Spurenmetalle durch (in situ-Beschich- tung). Aber auch eine gesonderte Amalgamierung der Elektrode ist moglich [2, 221. Herrn Prof. Dr. habil. U. FREIMUTH anlaDlich der Vollendung des 65. Lebensjahres freundlichst zuge- eignet

Untersuchungen zur Kontamination von Lebens- und Futtermitteln ausgewählter Gebiete des Bezirkes Erfurt mit Blei und Cadmium 1. Mitt. Bestimmung von Blei und Cadmium in pflanzlichem

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Die Nahrung 23, I , 1919, 139-141

Zentralinstitut fur Ernahrung Potsdam-Rehbrucke (Direktor : Prof. Dr. H. HAENEL), Forschungszentrum fur Molekularbiologie und Medizin, Akademie der Wissenschaften der DDR und Bezirkshygieneinspektion und Bezirks-Hygiene-Institut Erfurt (Bezirkshygieniker und Direktor : MR Dr. med. R. ULLMANN)

Untersuchungen zur Kontamination von Lebens- und Futtermitteln ausgewahlter Gebiete des Bezirkes Erfurt mit Blei und Cadmium 1. Mitt. Bestimmung von Blei und Cadmium in pflanzlichem Material mittels Inversvoltammetrie

R. ENGSr, K . LAUTERBACH, G. BECKMANN und R. KoNiG'

Zur Bestimmung der Spurenmetalle Blei und Cadmium in pflanzlichen Lebens- und Futtermitteln wird em inversvoltammetrisches Analysenverfahren angewendet. Die Mineralisierung der organischen Materialien erfolgt rnit Salpetersauredampf und in der meiten Phase unter Zusatz von Perchlorsaure. Das Verfahren ist sehr empfindlich und fur die Routineanalytik gut geeignet. Die Bestimmungsgrenzen liegen fur Blei bei 0,66 ng/ml und fur Cadmium bei 0,30 ng/ml. Der Fehler der Methode betragt Vpb = 20,5 % und VCd = 28,6%. Den Proben vor dem AufschluD zugesetzte Mengen Blei und Cadmium werden zu 102,O f lo$% und 101,6 11,4% wiedergefunden.

Bedingt durch den industriellen Aufschwung der letzten Jahrzehnte hat vor allem die Bestimmung der Spurenelemente mit toxischer Wirkung wie Hg, Pb, Cd, As und Sb ver- starktes Interesse gewonnen. Es geht hierbei vor allem um die reale Einschatzung der Be- lastung unserer Umwelt mit diesen Spurenelementen. Durch entsprechende MaDnahmen sol1 die unvermeidbare Belastung in verniinftigen Grenzen gehalten und einer nicht ge- rechtfertigten generellen Uberbewertung dieser Problematik entgegengewirkt werden.

Die Entwicklung der Spurenmetallanalyse wurde wesentlich durch die Einfiihrung hoch- empfindlicher physikochemischer Analysenverfahren wie den verschiedenen Formen der Spektrophotometrie, der Spektrometrie, der Emissionsspektralanalyse, der Gaschromato- graphie, der radiochemischen und nicht zuletzt der elektrochemischen Methoden beein- flul3t. Der Trend dieser Entwicklung geht aus verstandlichen Griinden zu den Simultan- verfahren [l]. Eines der empfindlichsten Simultanverfahren ist die Inversvoltammetrie, die in vielfaltigen Formen angewendet wird [2- 151. Florence 11 61 beschrieb 1970 erstmalig ein Verfahren, bei dem durch die Anwendung einer quecksilberbeschichteten Glascarbon- elektrode eine gegeniiber der Arbeitstechnik mit der Quecksilbertropfen-Elektrode [ 17 bis 2 11 verbesserte Trennscharfe und eine weitere Empfindlichkeitssteigerung erreicht werden konnte. Florence fiihrte die Beschichtung der Glascarbonelektrode in der MeDlosung bei gleichzeitiger Anreicherung der zu bestimmenden Spurenmetalle durch (in situ-Beschich- tung). Aber auch eine gesonderte Amalgamierung der Elektrode ist moglich [2, 221.

Herrn Prof. Dr. habil. U. FREIMUTH anlaDlich der Vollendung des 65. Lebensjahres freundlichst zuge- eignet

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Die grok Empfindlichkeit, ihre verhaltnismafiig geringe Storanfalligkeit und der nied- rigere technische Aufwand gegeniiber anderen spurenanalytischen Verfahren machen diese Methode auch flur die Routineanalytik aukrst wertvoll. Diese Griinde haben uns bewogen, notwendige Untersuchungen zur Kontamination von Lebens- und Futtennitteln bestimmter Gebiete des Bezirkes Erfurt mit den Metallen Blei und Cadmium inversvoltammetrisch unter Verwendung von quecksilberbeschichteten Glascarbonelektroden durchzufuhren. Nachfolgend sol1 in einer ersten Mitteilung iiber den methodischen Teil unserer Arbeit berichtet werden.

Methode

Prinzip der Methode

In dem vorbereiteten pflanzlichen Probenmaterial werden nach einem nakhemischen AufschluD mit Salpetersauredampf und Perchlorsaure die Spurenelemente Blei und Cadmium an einer selbst hergestellten, quecksilberbeschichteten stationlren Glascarbonelektrode inversvoltammetrisch (Gleichstrompolarogra- phie) bestimmt.

Reagenzien

HN03, 65xig; HCIO,, 60%ig; H,S04, 96%ig; HCI, isotherm destilliert aus HCI, 37zig; NKOH, 25%ig; Pb(N03),; 3 CdSO, . 8 H 2 0 ; Chelaplex I11 (alle Substanzen reinst z. A.). HCI, 30% suprapur; Hg zur Polarographie: Hg(N03), . HzO und (NH4)* SnCk, beide hergestellt nach [23]; Dimethyldichlor- silan ; Stickstoff, iiber Kupferkontakt gereinigt ; Ceroxid, waDrige Suspension Eichzusatzlosungen I rnit 1 mg Pb, Cd oder Sn/ml: Pb-Losung I: 319,7 mg Pb(N03), in 200 ml 0,l N HCI Cd-Losung I : 456,4 mg 3 CdSO, . 8 H,O in 200 ml 0,l N HCI Sn-Losung I : 619,2 mg (NH,), SnCb in 200 ml I N HCI

Amalgierlosung [2]: Die Eichzusatzlosungen I1 (10 pg/ml) und I11 (0,5 Bg/ml) erhalt man durch entsprechende Verdiinnung.

0,05% Hg(N03)2 . H,O in einer Losung, die 0,5 M an NKOH und 0,05 M an Chelaplex 111 ist.

Verwendete Gerate

Gleichstrom-Polarograph OH 102, Radelkis Budapest, gekoppelt rnit RFT-Sparstelltrafo SST 250/ 10, VEB Techn. Physikal. Werkstatten Thalheim ; MeDkette bestehend aus MeBzelle, temperierbar, silikoniert, 25 ml; Glascarbonelektrode, Eigenbau (Abb. I), Verkleben des Glascarbonstabchens (Deutsche Carbone AG, Frankfurt am Main) in das Glasrohr rnit Zweiphasenkleber (Epoxidharz) und nach Aushartung spiegel- blankes Polieren der freiliegenden Kohleflache zunkhst rnit feinem Schleifpapier und schliellich rnit waB riger Ceroxidsuspension auf rotierenden Polierfilz; Calomelreferenzelektrode, ges., mit KCI-Strom-Schlussel, ges. ; Hilfselektrode (Platindraht) ; Glasriihrer rnit Riihrmotor (Synchronmotor, 1410 U/min); Einleitungs- rohr fur Stickstoff: MeDzellenabdeckung aus Plaste mit entsprechenden Bohrungen : AufschluBapparatur nach THOMAS u. a. [24], modifiziert; Feuchtemesser L, Typ 2126, VEB Feutron Greiz; Heizofchen fur Auf- schluofinger, Eigenbau (70 V, 0,7 A); Kupfer-Kontaktturm, elektr. beheizt, Eigenbau; Statron-Strom- versorgungsgerat Typ 3201, VEB Statron Fiirstenwalde.

Die Reinheit aller Glas- und Quarzgerate muD den spurenanalytischen Anforderungen entsprechen.

Probenvorbereitung

Die entnommenen Proben werden grob zerkleinert und auf Trocknungshorden mittels Infrarotstrahlern vorsichtig getrocknet. Das trockene Material wird in einer Schlagwerkmiihle fein zerkleinert. In dieser Form ist es in luftdichten Probengefibn lagerfiihig. Das Pulver wird vor seiner Weiterverarbeitung sorg- Rltig gemischt und der Wassergehalt mittels Feuchtemesser L ermittelt. Die fur die Einwaagen benotigte Pulvermenge wird zur Verringerung der Oberflache und damit zur Verhinderung zu stiirmischer Anfangs- reaktionen beim AufschluD tablettiert. Das Gewicht der Tabletten sol1 etwa 1 g betragen.

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Kontamination von Lebens- und Futtermitteln 1. Mitt. 74 1

Banonensteckerhulse rk rl

.Quecksilber

1.10 mm

4- I- 3 mm Abb. 1. Glascarbonelektrode (Eigenbau)

AufschluJ

Die AufschluBapparatur nach THOMAS u. a. [24] wurde so modifiziert, daB eine kontinuierliche Arbeits- weise erreicht wird (Abb. 2).

Das im Dreihalskolben befindliche Sauregemisch von 100 ml (Salpetersaure, konz./Schwefelsaure, konz., 1 + 1) wird erhitzt. Nach Erreichen einer Temperatur von ca. 152 "C werden zur Erzeugung eines konstanten Stromes von Salpetersauredampf etwa 5-6 ml Salpetersaure pro Minute zugetropft. Die in Tablettenform gepreDte und zur Verhutung einer zu heftigen Anfangsreaktion mit bidestilliertem Wasser (erforderlichen- falls auch mit gereinigtem Nonylalkohol) angefeuchtete Probe wird in den AufschluBfinger (13 cm Lange und 2,5 cm Durchmesser) eingefuhrt und der Finger an die Apparatur angeschlossen. Die Lange des in den AufschluDfinger reichenden AnschluBstutzens (5,5 cm) wurde so gewahlt, daD ein Kontakt mit der Probe wahrend des Aufschlusses nicht eintreten kann und somit auch keine Kontaminationsmoglichkeit

Abb. 2. AufschluBapparatur 1 - Laborheizgerat, 2 - Schliffthermometer, 3 - Tropftrichter, 4 - Destillationsaufsatz, 5 - Heizofchen (Eigenbau), 6 - AufschluBfinger

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Abb. 3. Beispiel eines Voltammogrammes rnit Wechsel

Konzentration Cd: 4,0 ng/ml, Pb: 40 ng/ml Empfindlichkeit Cd :6 . lo-' A/mm, Pb:3 . lo-' A/mm

der Instrumentenempfindlichkeit

von Probe zu Probe besteht. Die an den AufschluDfingern befindlichen seitlichen Ansatze dienen zur Ab- leitung der Reaktionsgase. Wahrend des Aufschlusses werden die AufschluDfinger zur Verhinderung von Temperaturverlusten in auf ca. 150 "C eingestellte elektrische Heizofchen eingefiihrt. Zur Vermeidung von Temperaturverlusten am Destillationsaufsatz empfiehlt es sich, diesen mit Asbestband zu umwickeln.

Nach einer Einwirkungszeit von 15 rnin wird der Salpetersauredampf durch Umstellung des Zweiwege- hahnes auf die nachste, zwischenzeitlich vorbereitete Probe umgeleitet und der fertige AufschluDfinger abgenommen. Es werden 4 rnl Perchlorsaure zugegeben. Die AufschluDfinger werden auf einem Sandbad weiter erhitzt, bis die Fliissigkeit praktisch farblos geworden ist. Danach werden die AufschluDlosungen mit bidestilliertem Wasser in eine Quarzschale iiberfuhrt und fast bis zur Trockne eingedampft. Der jeweilige AufschluDriickstand wird in 5 ml 0,l N Salzsaure aufgenommen, in einen 25 ml-MeDkolben iiberspiilt und nach mehrmaligem Nachspulen der Quarzschale rnit kleinen Volumina 0,l N Salzsaure aufgefullt und gut durchmischt.

Inversvoltnmmetrische Bestimmung

Von der temperierten AufschluOlosung werden 1-3 ml, je nach zu erwartender Metallkonzentration, in die silikonierte MeDzelle pipettiert und rnit 0,l N Salzsaure zu 10 ml erganzt.

Die 6-10min. Entliiftung der Losung erfolgt rnit Stickstoff, der vor Passieren der MeDzelle durch 0,I N Salzsaure (Grundelektrolyt) geleitet wird. Nebenher wird durch Elektrolyse nach NEBB [2] der Quecksilber- film bei einem Potential von - 1,45 V (Statron-Stromversorgungsgerat) in ruhender Amalgamierlosung auf der Glascarbonelektrode abgeschieden. Die Elektrolysezeit betragt 10 min.

Vor jeder Bestimmung wird der Quecksilberfilm erneuert. Die vorangehende Reinigung der Elektrode erfolgt durch Abspiilen rnit bidest. Wasser, Abwischen rnit Zellstoff, etwa 2 min. Nachpolieren auf der rotierenden ,Polierscheibe (waBrige Ceroxidsuspension), erneutem Abspiilen und Trocknen.

Die beschichtete Glascarbonelektrode wird unter gleichzeitigem Hochziehen des Gaseinleitungsrohrchens iiber den Fliissigkeitsspiegel so in die MeBzelle eingehangt, daD an der amalgamierten Flache keine Gas- blaschen haften. Anhangende Gasblaschen miissen unbedingt entfernt werden. Es gelingt leicht, indem man die Losung noch einmal durch Einleiten von Stickstoff aufwirbelt und die Glascarbonelektrode ge- gebenenfalls kurz iiber den Fliissigkeitsspiegel anhebt.

Wahrend des Bestimmungsvorganges wird die Losung mit Stickstoff iiberspiilt. Die kathodische Abscheidung der Spurenmetalle erfolgt bei einer Spannung von -0,9 V unter Riihren.

Die Abscheidungszeit ist abhangig von der zu erwartenden Konzentration der Spurenmetalle. Sie liegt zwischen 3 und 10 min. Nach einer Ruhephase von 30 s werden die Metalle bei dem Spannungsvorschub von 25 mV/s von -0,9 bis -0,I V aufgelost. Das Spitzenpotential des Cadmiums liegt bei -0,60 V, das des Bleies bei -0,40 V gegen die gesattigte Calomelelektrode (Abb. 3).

Da in der Regel die Gehalte an Cadmium und Blei in den Proben von unterschiedlicher GroDe sind, miissen die Peaks bei unterschiedlicher Instrumentenempfindlichkeit aufgenommen werden. D d S normalerweise in geringerer Konzentration vorhandene Cadmium wird bei 6 . lo-' A/mm und das Blei je nach Konzen- tration z. B. bei 12 . 6 . lo-' oder 3 . lo-' A/mm gemessen. Der Wechsel der Instrumentenempfind- lichkeit erfolgt nach Aufnahme des Cd-Peaks, indem der Spannungsvorschub gestoppt und dann umge- schaltet wird (Abb. 3). Zur vollstandigen Entfernung der abgeschiedenen Spurenmetalle aus dem Queck- silberfilm wird jetzt die MeDlosung bei -0,l V 3 min geriihrt. Danach gibt man entsprechende Volumina Eichzusatzlosungen hinzu, entliiftet erneut 3 min und wiederholt den MeDvorgang wie beschrieben. Der Blindwert wird analog ohne Substanzeinwaage ermittelt.

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Kontamination von Lebens- und Futtermitteln 1. Mitt. 743

Auswertung und Diskussion

Das von uns fur unsere Untersuchungen angewendete, in einigen Punkten modifizierte Verfahren von THOMAS u. a. [24] stellt eine schnelle, nahhemische AufschluDmethode dar, bei der der oxydative Abbau der organischen Substanz in der Anfangsphase mit Salpeter- sauredampf bewirkt wird. Die Gefahr des Einschleppens von Metallspuren ist infolge des Einsatzes von Salpetersauredampf anstatt der Saure selbst und wegen der relativ kleinen Mengen von konzentrierter Perchlorsaure nur gering. Die Form der AufschluDfinger verhindert ein zu rasches Abdestillieren der Salpetersaure nach Zugabe der Perchlorsaure wahrend der zweiten AufschluDphase. Innerhalb von 2 Tagen konnen 25 Proben zu je ca. 1 g Substanzeinwaage mineralisiert werden. Zudem konnte gezeigt werden, daB eventuell im Probengut vorhandene Zinnspuren, die bei der inversvoltammetrischen Bestimmung von Blei in salzsaurer Losung storen [2,10,13,18], offenbar als Metazinnsaure [25] wahrend des Aufschlusses ausgeschieden werden (Abb. 4).

1 77mm

I 78mm

Abb. 4. Voltammogramme gleicher AufschluSlosungen ohne (Kurve 1) und mit Zusatz von 20 ng Sn/ml vor dem AufschluS (Kurve 2)

Uf Yjl

\ F e "3 -2 b Q

-040

Als Grundelektrolyt fur die Simultanbestimmung von Cadmium und Blei hat sich 0,l N Salzsaure bewahrt. Der Spitzenstrom und damit die Bestimmungsempfindlichkeit von Zinn in 0,1 N Salzsaure ist unter vergleichbaren Verhaltnissen deutlich geringer als die des Bleies (Abb. 5).

Die Hohe des zur Messung vorzulegenden Volumens an AufschluDlosung kann in Ab- hangigkeit von der Probenart durch einen Matrixeffekt begrenzt werden, der sich in einem starken Anstieg des Grundstromes auBert. Auf diese Weise kann nach unseren Feststellungen die Bestimmung des Cadmiums beeintrachtigt werden. Um derartige Effekte ebenso wie die

X7mm

Abb. 5 . Vergleich der Spitzenstrome von Blei und Zinn in 0,l N Salzsaure

Kurve 2: 20 ng Sn/ml, 1 ~ m m Kurve 1 : Blindwert der 0,l N HCl,

/ I 5mm Kurve 3: 20 ng Pb/ml, Empfindlichkeit: 6 . 10 - 9 A/mm, Elektrolysezeit: 10 min

-840 urw

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geringfiigigen Unterschiede im Verhalten der einzelnen Glascarbonelektroden , auszu- gleichen, wurde nach der Methode der Standardaddition gearbeitet.

Wir haben der gesonderten Belegung der Glascarbonelektrode, wie sie auch von NEEB u. a. [22] durchgefuhrt wurde, gegenuber der in situ-Arbeitsweise verschiedener Autoren [8, 12, 16, 26-28] den Vorzug gegeben. Man erreicht bei dieser Art der Quecksilberbe- schichtung konstantere Ausgangsbedingungen (gleiche Schichtdicke). Gleichzeitig erzielt man bei fortlaufenden Bestimmungen unter Verwendung von mindestens zwei Elektroden auch einen Zeitgewinn, da wahrend der laufenden Messung bereits die nachste Elektrode vorbereitet werden kann.

Die Eichzusatzlosungen I1 und I11 wiesen auch nach 30 Tagen noch keinen meDbaren Konzentrationsschwund auf. Diese Feststellung bestatigt die diesbeziiglichen Ergebnisse von KNUTTI u. a. [29]. Trotzdem wechseln wir die Losungen in der Regel in kiirzeren Ab- standen.

Fehlerbetrachtung Zur Feststellung des Fehlers des Verfahrens [30] sind wir von einer Probe Winterweizen

ausgegangen. Bei der niedrigen Ausgangskontamination dieser Probe durfte, da wir uns beziiglich der Empfindlichkeit in der Nahe der Leistungsgrenze des MeDverfahrens be- finden, der ermittelte Fehler etwa dem moglichen Maximalfehler entsprechen. Der Fehler des Gesamtverfahrens ergab sich aus 10 Einwaagen oe ca. 1 g) derselben Weizenprobe. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Tab. 1 dargestellt.

Tabelle 1 Fehler des Verfahrens (Probenvorbereitung, AufschluD, Messung), ermittelt in einer Probe Winterweizen

Nummer der Einwaage Pb [mg/kg i.T.1 Cd [mg/kg i.T.1

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

0,52 0,34 0,30 0.5 1 0,48 0,36 0,49 0,34 0,37 0,35

0,20 0,l l 0,09 0,19 0,13 0,17 0,14 0,09 0,lO 0,14

Mittelwert [mg/kg i.T.1 P6 = 0,41 cd = 0,14 Standardabweichung Spb = 0,084 s,, = 0,040 [mg/kg i.T.1 Variationskoeffzient [ %] VPa = 20,5 Vcd = 28,6

Es errechnen sich die Variationskoeffiienten zu Vpb = 20,5 % und Vcd = 28,6 %. Diese liegen innerhalb der GroDenordnung, die fur vergleichbare Verfahren aus der Literatur bekannt sind.

Untere Bestimmungsgrenze der Methode

[31] unter unseren Verhaltnissen eine Bestimmungsgrenze [25] fur Blei von 0,66 ng/ml. Aus der Standardabweichung des Blindwertes errechnet sich nach dem 3 s-Kriterium

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Kontamination von Lebens- und Futtennitteln 1. Mitt. 745

Tabelle 2 Wiederfindungsraten fur Blei in Winterweizen

Ermittelter Gehalt* Zugabe Gehalt nach Zugabe [mg/kg] Wiederfindung

[mg/kgl rechnerisch gefunden (vor Zugabe) [mg/kgl [ %I

3,02 3,02 1,24 0,47 0,47 0,59 3,02 1,24 0,47 0,47 0,59 1,24 0,47 0,47 0,59

15,02 15,02 11,24 10,47 10,47 10,59 8,02 6,24 5,47 5,47 539 3,24 2,47 2,47 2,59

15,99 13,70 10,94 11,93 12,31 10,95 7,23 7,12 5,45 433 5,91 3,40 2,82 2,55 2,22

1063 91,2 97,3 113,9 117,6 103,4 90,l 114,l 99,6 82,8 105,7 104,9 114,2 103,2 85,7

Mittelwert Standardabweichung

* Durchschnittswerte von jeweils 5 Einzelbestimmungen

Tabelle 3 Wiederfindungsraten fur Cadmium in Winterweizen

102,o 10.8

Ermittelter Gehalt* Zugabe Gehalt nach Zugabe [mg/kg] Wiederfindung

[mg/kgl rechnerisch gefunden (vor Zugabe) [mg/kgl %I

- 0,09 -

7,19 6,57 2,20 1,95 1,34 1,66 1,60 1,71 1,41 1 ,oo 1,17 1 ,oo 0,86 0,99 0,83

119,8. 1093 105,3 973 89,3 110,7 106,7 114,O 94,O

100,O I17,O 91,7 86,O 99,O 83,O

Mittelwert Standardabweichung

* Durchschnittswerte von jeweils 5 Einzelbestimmungen

101.6 k . 11,4

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Da wir unter den angewandten Bedingungen keinen meI3baren Cadmiumblindwert erhielten, muate die Bestimmungsgrenze fur Cadmium durch Vorlage bekannter Cadmium- konzentrationen ermittelt werden. Sie liegt bei 0,30 ng/ml.

Wiederfindungsversuche Zunachst wurden die ursprunglichen Blei- und Cadmiumgehalte auf bzw. in Winter-

weizen als Durchschnittswerte von jeweils 5 Einzelbestimmungen ermittelt. Eine zweite Bestimmung wurde nach Zugabe zudtzlicher Blei- bzw. Cadmiummengen durchgefuhrt .

Die Zugaben zu den Einwaagen verschiedener Weizenproben erfolgten in Form von Standardlosungen vor dem AufschluB.

Die Wiederfindungsraten fur Blei sind aus Tab. 2 und die fur Cadmium aus Tab. 3 zu entnehmen. Sie liegen fur Blei in bzw. auf Weizen bei 102,O & 10,8 % und fur Cadmium bei 101,6 & 11,4%.

SchluBfolgerungen

Die beschriebene Analysenmethode ist auf Grund der erzielten Ergebnisse gut geeignet fur die Bestimmung der toxikologisch interessanten Spurenmetafle Blei und Cadmium in pflanzlichen Lebens- und Futtermitteln. Das Verfahren erlaubt es, bei sorgraltiger Homo- genisierung des Probengutes von kleinen Einwaagen auszugehen. Der AufschluD bietet neben seiner unkomplizierten und schnellen Durchfiihrung den Vorteil der nur geringen Kontamination der Probe wahrend der Verarbeitung.

Die ermittelten Wiederfindungsraten fur beide Metalle sind zufriedenstellend. Die Ge- nauigkeit der Methode, bei sehr niedrigen Metallkonzentrationen uberpruft, kann als aus- reichend beurteilt werden. Es ist moglich, Bleikonzentrationen in pflanzlichen Trocken- substanzen ab 0,l ppm, Cadmiumkonzentrationen ab 0,05 ppm zu bestimmen.

Summary

R. ENOST, K. LAUTERBACH, G. BECKMANN and R. KONIG: Studies on the contamination of foods and feeding stuffs from selected areas of the district of Erfurt with lead and cadmium. Part I . The determination of lead and cadmium in vegetable material by inverse voltammetry

An inverse voltammetric method is used for determining the trace elements lead and cadmium in vege- table foods and feeding stuffs. The organic materials are mineralized by nitric acid vapour and, in the second stage, with the addition of perchloric acid. The procedure is very sensitive and suited for routine work. The detection limits are: 0.66 ng/ml for lead, and 0.30 ng/ml for cadmium. The error of the method is: VPh = 20.5 ”/, and V,, = 28.6 %. The respective recoveries of amounts of lead and cadmium added to the samples prior to digestion were: 102.0 k 10.8% and 101.6 f 11.4%.

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Kontamination von Lebens- und Futtermitteln 1. Mitt. 747

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Prof. Dr. R. ENGST, Zentralinstitut fur Emahrung, DDR- 1505 Bergholz-Rehbriicke, Arthur-Scheunert- Allee 114- 116, Dip1.-Lbm.-Chem. K. LAUTERBACH, Dip1.-Lbm.-Chem. G. BECKMANN u. Dip1.-Lbm.- Chem. R. K ~ N I G , Bezirks-Hygiene-Institut, DDR-50 Erfurt, Predigerstr. 6

Eingegangen 17. 1. 1979