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T 15 Ufitersuchumgem xur Totalr@ex&oa von RSntgemstrah Zen I) Von He&n% Kiessig (Mit 30 Figuren) Einleitung Nachdem der Nachweis erbracht worden war, daB auch die Riintgenstrahlen sich meBbar brechen und reflektieren lassen, sind in den letzten Jahren zahlr iche Arbeiten gemacht worden, die sich mit dem quantitativen Studium dieser Erscheinung befassen.q Das Ziel dieser Arbeiten war fast susschlieBlich die Messung des Brechungsindex in Abhiingigkeit von der Wellenliinge und den Materialien, um die Dispersionskurve fiir Rontgenetrahlen aufstellen zu konnen. Es zeigte sich, deB die Drude-Lorent zsche Dispersionstheorie nicht nur qualitativ anwendbar ist, sondern auch quantitativ die Verhaltnisse gut wiedergibt. Da fur Rontgenstrahlen der Brechungsindex n kleiner a h 1 ist, aber nur wenig von 1 abweicht, setat man und gibt immer nur den Wert 6 an. Es lautet dam die Lorentz- sche DisDersionsformel iiblicherweise %el--6 wobei Y die kequenz der einfallenden Strahlung, vK die Eigenfrequenzen der Elektronen und N, die Anzahl der Elektronen mit der Eigenfrequenz vK in dem Die Summe ist uber alle Eigenfrequenzen zu erstrecken. Einheitsvolumen bedeutet. 1) Dissertation der Technischen Hochschule Munchen. 2) Zusammenfassende Darstellungen iiber das vorliegende Material wurden gegeben von A. Lar ss on, Experimentelle Untersuchungen uber die Dispersion der Rtintgenstrahlen, Dissertation Upsah 1929, und E. Niihring, Phys. Ztschr. 81. S.401. 1930. 47 *

Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

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T 15

Ufitersuchumgem xur Totalr@ex&oa von RSntgemstrah Z e n I)

Von He&n% K i e s s i g (Mit 30 Figuren)

Einleitung

Nachdem der Nachweis erbracht worden war, daB auch die Riintgenstrahlen sich meBbar brechen und reflektieren lassen, sind in den letzten Jahren zahlr iche Arbeiten gemacht worden, die sich mit dem quantitativen Studium dieser Erscheinung befassen.q Das Ziel dieser Arbeiten war fast susschlieBlich die Messung des Brechungsindex in Abhiingigkeit von der Wellenliinge und den Materialien, um die Dispersionskurve fiir Rontgenetrahlen aufstellen zu konnen. Es zeigte sich, deB die Drude-Lorent zsche Dispersionstheorie nicht nur qualitativ anwendbar ist, sondern auch quantitativ die Verhaltnisse gut wiedergibt. Da fur Rontgenstrahlen der Brechungsindex n kleiner ah 1 ist, aber nur wenig von 1 abweicht, setat man

und gibt immer nur den Wert 6 an. Es lautet d a m die Lorentz- sche DisDersionsformel

iiblicherweise % e l - - 6

wobei Y die kequenz der einfallenden Strahlung, v K die Eigenfrequenzen der Elektronen und N , die Anzahl der Elektronen mit der Eigenfrequenz vK in dem

Die Summe ist uber alle Eigenfrequenzen zu erstrecken. Einheitsvolumen bedeutet.

1) Dissertation der Technischen Hochschule Munchen. 2) Zusammenfassende Darstellungen iiber das vorliegende Material

wurden gegeben von A. Lar ss on, Experimentelle Untersuchungen uber die Dispersion der Rtintgenstrahlen, Dissertation Upsah 1929, und E. Niihring, Phys. Ztschr. 81. S.401. 1930.

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1st die Frequenz der Rontgenstrahlung geniigend ver- schieden von den Eigenfrequenzen, so darf man setzen

3; e2 N 2 n m Y* . n m c

oder - 19 - - -2T = const. ep N a=--- Diese letzte Beziehung, daB 6 mit 1* zunimmt, ist im allgemeinen bestatigt worden, und auch der Absolutbetrag gibt ziemlich gute Ubereinstimmung, solange man im Gebiet normaler Dis- persion, also in genugender Entfernung von Eigenfrequenzen des Btoms sich befindet. Man kann sogar sagen, da13 die Gultig- keit dieser Formel besser im Rontgengebiet bestatigt wurde als im optischen, wo die Zahl der einzusetzenden Dispersions- elektronen einigermal3en unsicher ist.l)

Es war nun die Frage, wie die Dispersionskurve in der Niilie einer K- oder L-Absorptionskante verliiuft, ob hier aucli anomale Dispersion auftritt , und welche Dispersionsformel den experimentellen Verlauf wiedergibt. Man hat zunachst versucht, die Dispersionsformel von D r u d e - L or e n t z auch hier an- euwenden, indem man die Frequenz der Absorptionskante als Eigenfrequenz der Dispersionselektronen einsetzte. Aber es ist nicht nur die Absorptionskante eine Absorptionsstelle, sondern es schliel3t sich an die Kante ein kontinuierliches Absorptionsgebiet an. Man darf daher nicht nur cine Resonanz- stelle annehmen, sondern mu13 sich uber das ganze Absorptions- gebiet Ersatzresonatoren verteilt denken, deren Oszillatoren- starke nach dem empirischen Absorptionsgesetz mit A3 zunimmt. Nach diesen Gedankengangen wurde die Dispersionstheorie fur Rontgenstrahlen von K r a m e r s , K a l l m a n , Mark und K r o n i g entwickelt und eine Formel aufgestellt, die den AbsorptionsverhBltnissen im Rbntgengebiet gerecht wird.

Die Arbeiten, die zur Messung des Brechungsindex von Rontgenstrahlen unternommen wurden, wandten in erster Linie die Totalreflexionsmethode an, da die Methoden, die direkt auf der Brechung beruhen, mit groBeren mefitechnischen Schwierigkeiten verbunden sind. Es konnten alle diese Mes- sungen nicht endgultig entscheiden, ob die abgeanderte Dis- persionsformel die tatsachlichen Verhliltnisse wiedergibt ; erst die umfangreichen Messungen von L a r s s on2) entschieden fcu

1) A. H. Compton , Ztschr. f . techn. Phys. 8. S.530. 1927. 2) A. Larsson , Experimentelle Untersuchungen uber die Dispersion

--.~

der Rontgenstrahlen. Dissertation Upsala 1929.

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Untersuchungen xur Totalref l e x h von Riintgenstrahlen 717

die Gultigkeit dieser Formel. Lars s on benutzte fur seine Messungen nicht die Totalreflexionsmethode und zwar aus prinzipiellen Bedenken, da die Ermittlung des Brechungsindex aus der Reflexion voraussetzt, daB die Reflexionskurven selbst den theoretisch geforderten Verlauf besitzen, woruber jedoch noch keine Untersuchungen vorliegen. Die Messungen wurden daher von Lars s on rnit Methoden ausgefuhrt, denen die Brechung zugrunde liegt und zwar rnit dem Prisma bei maxi- maler Ablenkung und mit der von Davis eingefuhrten Methode der streifenden Strahlung bei Kristallreflexion.

Die mit der Totalreflexionsmethode erhaltenen Ergebnisse mehrerer Forscher weichen betrachtlich voneinander ab. Es ist die Frage, worin dies begriindet ist. Bei der Totalreflexion ermittelt man den Brechungsindex aus dem Grenzwinkel der Totalreflexion nach der aus der Optik bekannten Besiehung. Bei der Bestimmung des Grenzwinkels ging man fast ausschliel3- lich so vor, daB man wahrend einer photographischen Aufnahme den Spiegel kontinuierlich durch einen Winkelbereich drehte, der die Grenze der Reflexion enthielt. Durch direktes Ausmessen der photographischen Aufnahmen ohne Photometrierung wurde der Grenzwinkel bestimmt. Diese Methode setzt also eine scharfe Begrenzung der Reflexion voraus, wenn sie zu ver- nunftigen Werten fuhren soll.

Nach den Formeln der Optik ist nur fur vollkommen durchsichtige Korper zu erwarten, daB innerhalb des ganzen Bereiches der Totalreflexion 100 Proz. Reflexion vorhanden sind und an der Grenze der Totalreflexion das Reflexions- vermogen rnit einem scharfen Knick absinkt. Bei Korpern rnit merklicher Absorption verlauft die Reflexionskurve flacher. Es hat zuerst J. A. Prinsl) gezeigt, dal3 nach den optischen Formeln bei Rontgenstrahlen die Verhaltnisse so liegen, daB die Grenze niemals ganz scharf ist und daB im Falle hoher Absorption, also z. B. auf der kurzwelligen Seite einer K- Absorptionskante, die Reflexionskurve so flach verliiuft, daB von einer ,, Grenze" der Totalreflexion uberhaupt nicht mehr gesprochen werden kann. Pr ins konnte mit photographischen Drehaufnahmen zeigen, daB bei Rontgenstrahlen die Absorption sich tatsachlich in der Weise bemerkbar macht, daB bei hoher Absorption die reflektierte Intensitat allmahlich abnimmt,

1) J. A. Prins, Ztschr. f . Phys. 47. S. 479. 1928.

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wahrend bei geringer Absorption die Grenze auf einer Dreh- aufnahme ziemlich scharf erscheirit. Es ist daher klar, daB mit der Methode, einfach die Schwarzungsgrenze auf einer photo- graphischen Drehaufnahme visuell auszumessen, nur bei ge- ringer Absorption brauchbare Werte zu erwarten sind, wahrend es bei hoher Absorption vollkommen willkurlich ist und auch von der Belichtungszeit der Aufnahme abhangt, wo man eine Grenze der Schwarzung annimmt. Wenn man auch im Falle vollkommen verflachter Reflexionskurve uber den Brechungs- index etwas aussagen will, so mu13 man die ganze Reflexions- kurve durchmessen und dann rnit Hilfe der Reflexionsformeln den Brechungsindex errechnen. Zur Erreichung annehmbarer Cfenauigkeit ist aber auch schon bei geringerer Verflachung der Kurve die Aufnahme der ganzen Reflexionskurve notig.

Bei Anwendung der Totalreflexionsmethode zur Auswertung des Brechungsindex muB man sich also zuerst vergewissern, ob fur Rontgenstrahlen die Spiegel so weit ideal sind, daB die quantitative Anwendung der Formeln zulassig ist.

Bisher sind nur von E. Nahringl) einige quantitat,ivc! Messungen der Reflexionskurven rnit der Ionisationsmethode ausgefiihrt worden. Nahr ing bezieht jedoch die reflektierte Intensitat nicht auf die des direkten Strahles, bestimmt also nicht das absolute Reflexionsvermogen der Spiegel, sondern nur seine h d e r u n g mit dem Winkel. Es bleibt dadurch eine gewisse Unsicherheit beim Vergleich des gemessenen Kurven- verlaufes mit dem nach den Formeln der Optik berechneten.

Ober die weitere Frage, welche Scharfe der Abbildung mit guten Spiegeln bei der Totalreflexion von Rontgenstrahlen erreichbar ist, liegen bisher keine Untersuchungen vor. Man hat deshalb keine Anhaltspunkte dafur, w-ieweit uberhaupt bei der Reflexion von Rontgenstrahlen man sich den idealen Verhalt- nissen nahern kann. Denn nur, wenn man es mit einigermaBen definierten Verhiiltnissen zu tun hat, ist es erlaubt, aus der Totalreflexion weitere SchluBfolgerungen uber die Brechung zu ziehen.

Die vorliegende Arbeit befaBt sich daher zunachst rnit dem Problem, die Gute der Abbildung von Spiegeln fur Rontgen- strahlen zu untersuchen. AuBerdem werden Reflexionskurven rnit der Ionisationsmethode bei geringer und bei sttarker Absorp-

1) E. Niihring, Phys. Ztschr. 81. S. 799. 1930.

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tion gemessen, urn zu prufen, ob die erhaltenen Kurven ver- gleichbar sind rnit nach den Reflexionsformeln berechneten Kurven.

Die Messungen werden rnit mehreren Wellenlangen, die zu beiden Seiten der K-Absorptionskante des Spiegelmaterials liegen, ausgefuhrt um festzustellen, ob auch mit der Total- reflexionsmet,hode uber die anomale Dispersion von Rontgen- strahlen sich etwa aussagen la&, nachdem die Brechungsindizes aus der ganzen Form der gemessenen Reflexionskurven bestimmt wurden.

Es wurde selbstverstandlich rnit monochromatischer Strah- lung gearbeitet. Deshalb muBte ein Wellenlangengebiet aus- gesucht werden, in dem zu beiden Seiten der Ii-Absorptions- kante des Spiegelmaterials mehrere gut brauchbare Rontgen- linien sich befinden. Aus diesem Grund wurden die Unter- suchungen an Nickelspiegeln durchgefuhrt.

A. Experimenteller Teil I. Veraucheanordnung

1. Allgemeiiies

Die Untersuchung uber Totalreflexion von Rontgenstrahlen wurde in Wellenlangenbereich von 1-2 PIE ausgefuhrt. Um mit monochromatischer Strahlung zu arbeiten, wurden die Rontgen- strahlen der Rohre spektral zerlegt, und geeignete Linien in dem angegebenen Wellenlangenbereich ausgewahlt. Die vom Spektrometerkristall ausgehende Linie ist so weit parallel, daB es fur die vorliegenden Untersuchungen ausreicht. Die Stel- lungen des Spiegels, der die Rontgenstrahlen reflektiert, mussen genau ablesbar sein, da die Reflexion der Rontgenstrahlen nur in einem Winkelbereich von etwa einem halben Grad statt- findet. Der Spiegel kann rnit einer Drehvorrichtung konti- nuierlich hin- und hergedreht werden, um Aufnahmen zu er- halten, die den Verlauf der Reflexion mit dem Reflexionswinkel ersehen lassen. Zur Messung des Reflexionsvermogens eines Spiegels wurde in den Strahlengang des reflektierten Strahls eine Ionisationskammer gebracht. Im folgenden werden die Einzelheiten der Apparatur niiher beschrieben.

2. Rontgenrohre und Hochspennungsquelle Zur Erzeugung der Rontgenstrahlen wurde eine selbst

gebaute Gluhkathodenrohre rnit Glaskorper, die wiihrend des

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Betriebes stiindig an einer Quecksilberdiffusionspumpe lag, verwendet. Kathode und Antikathode waren in Glasteile ein- gekittet, die mittels Schliffe in den eigentlichen Rohrenglas- korper eingesetzt wurden, so dal3 sie leicht herausnehmbar maren. Einen Schnitt durch die Rohre zeigt die Gesamtansicht des Spektrometers in Fig. 1. Die Rontgenstrahlen treten unter kleinem Winkel gegen die Antikathodenfliiche durch ein 0,012mm starkes Aluminiumfenster aus. Als Antikat,hodenmaterialien wurden verwendet : Eisen, Kupfer, Nickel, Wolfram und Gold. Bei Eisen und Kupfer wurden massive Ansiitze benutzt, die ubrigen Metalle wurden in dunner Schicht auf die Kupfer- antikathode niedergeschlagen. Die Rohre wurde bis zu 35 kV mit 30 mA belastet.

Als Hochspannungsquelle stand eine Gleichspannungs- anlagel), eine sogenannte ,,Stabilivoltanlage", von Siemens und Halske zur Verfugung. Der Wechselstrom zur Speisung der Anlage wurde von einem mit Gleichstrom betriebenen Motor- Generator geliefert. Da fur die Ionisationsmessungen sehr hohe Konstanz gefordert wird, wurde hierfiir der Umformer auf die Akkumulatorenbatterie des Institutes geschaltet.

3. Spektrometer a) Awrdnzung

Die Spektrometeranordnung geht aus Fig. 1 hervor, die die Rontgenapparatur im GrundriS zeigt. Die von der Rohre kommenden Rontgenstrahlen werden eng ausgeblendet durch den Spalt S p I, der 0,08 mm breit und 10 mm hoch ist, und treffen dann den Kristall, der auf einem Drehtisch sitzt. Als Spektrometerkristall wurde Kalkspat benutzt,. Die gewunschte Linie wird ausgeblendet durch den auf einem Schlitten ver- schiebbaren Spalt Sp 2, der gleichzeitig die Linienhohe begrenzt, damit die gesamte Strahlung von dem Spiegel, der 2 em hoch ist, reflektiert wird. Dieser Spalt war 0,08 mm breit und 5 mm hoch, in einigen FSillen, z. B. bei der Ni-K 8,-Linie war der Spalt nur 0,04 mm breit, da sonst wegen der Feinstruktur der KP-Linien die Linienbreite zu groB gewesen ware. Der auf diese Weise eng ausgeblendete, monochromatische Rontgenstrahl wird dann an dem Spiegel, der auf einem Drehtisch sitzt, re-

1) Einige Angaben uber die Spannungsquelle stehen bei H. Kulen- kampff, Ann. d. Phys. 87. S. 597. 1928.

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flektiert und trifft schlieBlich auf die photographische Platte, bzw. wird mit der Ionisationskammer gemessen. Der Arm mit dem Spiegeltisch ist um die Kristalldrehachse schwenkbar,

I 1 zur Pumpe

Rontgenribre n

1 Anordnung der Rontgenapparatur (GrundriB)

Die Rontgenrohre und das Spektrometer sind auf einer Platte aus Soln- hofer Schiefer befestigt. Die Umrahmung zeigt die GroBe der Platte

K Kathode S p Spalt A Anode H Hebel R RBntgenfenster X SLule

Fig. 1

damit man die Apparatur so justieren kann, dal3 die Rontgen- linie durch die Spiegeldrehachse geht. Die Entfernung Anti- kathode-Kristall betriigt 22 cm, die Entfernung Spalt 1 -

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Kristall 8,5 em und die Entfernung Kristall-Spalt 2 7 em. Die ganze Anordnung ist auf einer Platte aus Solnhofer Schiefer montiert, die durch die Umrahmung in Fig. 1 angedeutet ist.

b) Konatmktion

Die Konstruktion des Spektrometers zeigt Fig. 2 im AufriB. Den Ausgangspunkt zum Bau bildete ein altes fur lichtoptische Zweclie bestimmbes Spektrometer. In einem auf drei Justier- schrauben ruhenden MetallfuS sitzen zwei ineinandergestellte

cm 0 5 I0

Konstruktion des Rontgenspektrometers ( A u f d )

XP M K G

Spalt H

Kugel E Gegengewicht D

Mikrometerschraube F Hebel federnde Verbindung Entlastung des Konus Schraube zur Drehung Kristalls

des

Fig. 2

konaxiale Konusse. Der innere Konus, der eine Kreisskala besitzt, dient als Kristalldrehtisch. Auf dem eweiten Dreh- konus sitzt ein 60 cm langer Arm, der am anderen Ende auf einem Trager aufsitzt, der von zwei Saulen S getragen wird und dessen Hohe durch Schrauben genau einstellbar ist. Der Winkelbereich, in dem der ganze Arm schwenkbar ist, ist durch die Entfernung der beiden Saulen S gegeben (vgl. Fig. 1). Der Arm tragt den Spiegeldrehtisch, die Vorrichtung fur die Spiegel- drehung und die photographische Platte bzw. die Ionisations- liammer (vgl. Unterabschnitt 5).

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Untersuchungen zur Totalreflexion von Rijntgenstrahlen 723

Zur Justierung des Spektrometerkristalls sitzt auf dem Drehtisch eine Schlittenfuhrung, die mittels Schraube verstellt, werden kann. AuBerdem ist mittels Schraube die Kristallebene parallel der Drehachse einstellbar. Zur Feineinstellung der Winkelstellung des Kristalls dient die Schraube D (Fig. 2).

4. Spiege ldrehung u n d Spiege l jus t ie rung

Der Spiegeltisch ist ebenfalls in einem Konus gelagert, dessen Achse 15 cm von der Kristalldrehachse entfernt ist. Fur das gute Arbeiten der autornatischen Drehvorrichtung, die den Spiegel wahrend einer Aufnahme stlindig gleichmaljig hin- und herdrehen soll, ist es sehr wichtig, daB sich der Tisch auDerst leicht dreht. Die Last ruht deshalb nicht auf der Konusfliiche, sondern auf der Platte E, die in der Zeichnung, Fig. 2, angedeutet ist und mit Schrauben genau eingestellt wird. Am unteren Ende vom Konus greift der Hebel H an, der den Spiegeltisch dreht. Er ist, entsprechend der auDerst geringen Drehung, ziemlich lang gemacht, namlich 46 cm. Die bei der Spiegeldrehung praktisch lineare Bewegung des auI3eren Hebelendes wird mit einer Mikrometerschraube M mit Halbmillimetergewinde be- wirkt. Einer vollen Umdrehung der Mikrometerschraube entspricht daher eine Spiegeldrehung um etwa 4 Bogenminuten. Der Hebelarm soll auBer dem Drehmoment moglichst keine Kriifte auf den Konus ubertragen. Es ist deshalb an der StelleF der Arm unterbrochen und mit einem federnden Metallstreifen verbunden. Das Gewicht G druckt den Hebelarm gegen die Mikrometerschraube. Damit die Hin- und Herbewegung des Hebelarms moglichst ohne Reibung erfolgt, liegt bei der Mikro- meterschraube der Hebel auf einer Stahlkugel K auf, so da13 nur Rollenreibung auftritt.

Auf der Mikrometerschraube sitzt eine Rolle, die durch Schnur von einem Motor mit Schneckengetriebe langsam ge- dreht werden kann. Nach einer beliebig einstellbaren Um- drehungszahl erfolgt exakt eine Umschaltung des Motors. Die Umschaltzeit ist so kurz, dalj an den Umkehrpunkten keine merklich starkere Belichtung der Aufnahme eintritt. Es hat sich nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen diese Losung als die giinstigste herausgestellt.

DaI3 die Spiegeldrehung gleichmaBig und kontinuierlich er- folgte, wurde auf photographischem Wege mit einem Lichtzeiger

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gepruft. Ein beleuchteter schmaler Spalt wurde rnit einem Objektiv grol3er Brennweite auf einer photographischen Platte abgebildet, wobei der hin- und hergedrehte Spiegel in den Strahlengang eingeschaltet war. Es durfen dann, wenn die Vorrichtung brauchbar sein soll, auf der Aufnahme keine Streifen zu sehen sein. Dies war, wie sich durch Photometrierung solcher hufnahmen exakt feststellen lieA3, bei der beschriebenen An- ordnung erfullt.

Ebenso wie der Kristall kann der Spiegel auf einem Schlitten inittels Schraube parallel verschoben werden. Diese Schraube besitzt eine Skala; damit ist es moglich, den justierten Spiegel aus dem Strahlengang zu bringen, um den direlrten Strahl zu belichten oder seine Intensitat zu messen und dann den Spiegel wieder genau in die alte Lage eu bringen. Mit einer Schraub- verstellung liil3t sich die Spiegelebene parallel zur Drehachse einrichten. Die Justierung erfolgte in erster Linie durch Be- obachtung des Rontgenstrahls auf dem Fluoresaenzschirm. Es wurden der Spiegelarm und der Spiegel so eingestellt, daB nach Schwenkung des Spiegels urn 180° die Linie ebenfalls reflektiert wurde. Ob die Spiegelebene parallel zur Linie steht, wurde photographisch gepruft durch Belichten des direkten Strahls und einer Reflexion bei kleinem Winkel.

Die Einstellung der Reflexionswinkel erfolgte durch Spiegel- ablesung und zwar wurde hierzu derselbe Spiegel benutzt, an dem gleichzeitig die Rontgenstrahlen reflektiert wurden. Auf der Schieferplatte der dpparatur wurde ein Fernrohr rnit Fadenkreuz befestigt und damit im Spiegel eine kleine Stahl- skala beobachtet, die je nach der eingestellten Rontgenlinie in ungefahr 280 em Abstand vom Spiegel sich befand. Die Spiegel- stellung konnte leicht auf ein Zehntel Millimeter der Skala abgelesen werden; das entspricht einem Winkel von 4 Sek. oder in BogenmaB 0,02.10-3. Diese Genauigkeit wird fur die Ein- stellung der relativen Reflexionswinkel erreicht. Diese Methode, den gleichen Spiegel zur Winkeleinstellung zu benuteen, war von grol3em Vorteil. Wurde mit derselben Wellenlhge ein- zweiter Spiegel durchgemessen, so konnte mit der Fernrohr- beobachtung der Spiegel gleich in die richtige Lage gebracht merden, nur die Parallelverschiebung des Spiegels muBte mit der Rontgenlinie erfolgen, bis auch bei kleinen Winkeln die ganze Linienbreite reflektiert wurde. Die Verschiebung des

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Spiegels zur Aufnahme oder Messung des direkten Strahls konnte somit auch keinen Fehler in der Ablesung der Winkel- stellung des Spiegels bedingen.

Es ist jetzt zu beschreiben, wie die Absolutbetrage der Winkel gemessen wurden. Aus einer Aufnahme, die den direkten und einen reflekt,ierten Strahl enthalt, 1aBt sich der Reflexions- winkel errechnen, wenn man annimmt, daB die Mitte der Rontgenlinie in der Spiegelmitte reflektiert wird. Wie weit diese Annahme durch genaue Justierung des Spiegels erfullt werden kann, lafit sich schwer abschatzen. Bei einer Spiegel- liinge von 9 ern kann dieser Fehler etwa f 1-2 em betragen. Diese Unsicherheit spielt gegeniiber der Lange Spiegelmitte- Platte von 665 mm eine ziemliche Rolle. Es wurde aus diesem Grunde so verfahren, dal3 auBer dem direkten Strahl moglichst vie1 Reflexionen mit konstantem Winkelabstand, eingestellt mit Fernrohr und Skala, aufgenommen wurden. Die GroBe dieses Winkelabstandes errechnet sich sehr genau aus dem Abstand der Skala vom Spiegel. Aus dem dbstand der Reflexionen auf der Aufnahme li1Bt sich nun die gewunschte Entfernung auf & 2 mm angeben. Die auf diese Weise bestimmten Werte ergaben hochstens Abweichungen von einigen Millimetern gegenuber der direkt gemessenen Entfernung Platte-Spiegel- mitte. Man kann hieraus umgekehrt schlieBen, daB mit der beschriebenen Methode eine gute Justierung der Spiegel zu erreichen war. AUS dem Abstand des direkten Strahls von einer Reflexion auf der photographischen Aufnahme errechnet sich dann der Reflexionswinkel. Es wurden jeweils vor und nach einer Ionisationsmessung solche Aufnahmen gemacht ; hierbei traten in den gemessenen Reflexionswinkeln nur Abweichungen auf, die kleiner waren als & 0,04. in BogenmaB, so daB der Absolutbetrag der Winkel auf & 0,05 - angegeben werden kann.

5. Methoden und Ausfuhrung der Messungen

Die photographischen Aufnahmen wurden nur zum Studium der geometrischen Verhaltnisse benutzt. Alle Intensitaten wurden mit Ionisation gemessen. Es war anfangs versucht worden, durch Photometrieren der Aufnahmen die Reflexionskurven zu messen. Dieses Verfahren ist aber, weil die Messung uber den Umweg der photographischen Platte erfolgt, sehr ungenau und die Auswartung ist sehr zeitraubend. Mit der Ionisationsmessung

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kann in kurzer Zeit mit grol3er Genauigkeit die Reflexionskurve mehrmals aufgenommen werden. Voraussetzung ist allerdings das Vorhandensein einer konstanten Hochspannungsquelle. Aber auch hier sind photographische Aufnahmen unerliiBlich, damit, jederzeit deutlich sichtbar ist, was man mil3t und die Ergebnisse nicht durch falsche Strahlung entstellt werden.

a) Die photographischen. AufnalnLen,

Die Kasette fur die Aufnahmen im Format 4,5.6 cm wird, wie Fig. 2 zeigt, von zwei ineinander schiebbaren Messingrohren getragen, die auf dem lsngen Arm sitzen, der den Spiegeldreh- tisch triigt. Die Entfernung Aufnahme-Spiegelmitte ist durch Verschieben der Rohre veriinderlich, betrug jedoch bei allen Aufnahmen 665 mm.

gls photographisches Material wurde nach verschiedenen Versuchen ausschliefllich der doppelseitig begossene Laue- Rontgenfilm von Agfa benutzt, der sich durch gute Empfind- lichkeit auszeichnet und nicht zum Schleiern neigt. Gerade im letzten Punkt habe ich mit anderem Material schlechte Er- fahrungen gemacht. Entwickelt wurde rnit ziemlich verdunntem Metol-Hydrochinon-Entwickler, die Entwicklungszeit betrug 5 Min. Die Belichtungszeiten betrugen bei Reflexionen rnit feststehendem Spiegel 30 Sek. bis 3 Min. je Spiegelstellung und bei Drehaufnahmen eine halbe bis 3 Std.

Die photographischen Aufnahmen wurden photometriert mit einem anliiI3lich dieser Arbeit in der Werkstatt des Institutes hergestellten registrierenden Photometer. Eine Beschreibung wird an anderer Stelle erfolgen. Die Photometerkurven, von denen im folgenden einige gezeigt werden, weisen ziemlich starke Kornschwankungen auf, obwohl bei lllo0 mm Breite jeweils 2 mm Plattenhohe photometriert wurden. Es ruhrt dies daher, dal3 das photographische Korn bei den Rontgen- filmen sehr grob ist im Vergleich rnit dem im sichtbaren Licht- bereich empfindlichen Material.

b) Die Ionkationsmessmg

Bei Ionisationsmessungen wurden die Messingrohre mit der Kasette entfernt und dafur wurde dicht hinter dem Spiegel die Ionisat,ionskammer aufgesetzt,. Sie ist 20 em lang und besteht aus zwei isoliert ineinandergesetzten Messingrohren. Das Innere

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hat einen Durchmesser von etwa 8 cm. Auf beiden Rohren sitzen zu beiden Seiten Deckel mit Schlitzen, die reichlich groB dimensioniert sind, so daB bei allen vorkommenden Reflexions- winkeln die gesamte von dem Spiegel kommende Rontgenstrah- lung eintreten kann und am Ende der Ionisationskammer nicht die Metallwand trifft. Auf der Vorderseite ist die Offnung der Kammer mit 0,04 mm starkem Cellophan bedeckt, die Ruckseite ist mit Glas verkittet. Die Kammer ist luftdicht und wurde mit Argon bis zu einem Druck von 450 mm Hg gefullt. Der innere Mantel der Kammer wurde an 100-150 Volt Spannung gelegt, so daB, wie gepruft wurde, fur den Ionisationsstrom zweifellos SBttigung vorhanden war. Der LuSere Mantel war geerdet. Als Innenelektrode dient ein 2 mm starker exzentrisch angeordneter Messingstab, der in Bernsteinisolierung seitlich herausgefuhrt ist und innerhalb eines geerdeten Rohres zu dem Elektrometer fuhrt, das in einem Metallkasten elektrostatisch abgeschirmt war. Es wurde ein Elektrometer von L u t z - E delmann verwendet. Im allgemeinen wurde der IonisatiQns- strom uber einen Kruger schen Hochohmwiderstand von etwa 2.1010 Ohm abgeleitet und das Spannungsgefalle am Elektro- meter abgelesen. Fur den direkten Strahl wurden Aufladungen von etwa einem halben Volt erhalten, es wurde also mit Stromen von der GroBenordnung Amp. gearbeitet. Bei geringen Reflexionsbetragen von nur einigen oder weniger als lo/, wurde der Ableitwiderstand abgeschaltet und die relative Intensitat mit Aufladungszeiten des Elektrometers auf ein bestimmtes Potential gemessen. Die absoluten Betriige wurden durch AnschlieBen dieser Kurve an die durch Ableitwiderstand ge- messene Kurve erhalten. Die MeBgenauigkeit ist in erster Linie bedingt durch noch vorhandene schwache Anderungen der Rontgenintensitfit, an denen hauptslichlich die Rohre schuld ist. Bei den hohen Reflexionsbetragen ist ' die MeBgenauigkeit min- destens bei den kleineren Betrllgen ist die Genauigkeit geringer.

11. Herstellung der Nickelspiegel

In dieser Arbeit wurde die Totalreflexion von Rontgen- strahlen nur an Nickelspiegeln untersucht. Es wurden mehrere Versuche gemacht, um eine geeignete Methode zur Herstellung sehr guter Nickelspiegel zu finden. Als erstes wurde versucht,, eine massive RoinnickeIplatte mogliohst gut zu bearbeiten.

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Diese Versuche scheiterten an der Materialbeschaffenheit. Es wurden daraufhin Versuche gemacht, Nickel auf Glas nieder- zuschlagen , und zwar durch Verdampfen im Hochvakuum.

5 f 0

Verdampfungsanlage zur Herstellung dunner Nickelschichten. Der im Grundril3 dargestellte Sohnitt zeigt

die Anordnung der Nickeldriihte Sp Spiegel Ni Nickeldraht G Gegengewioht

Fig. 3

Die hierfiir verwendete An- ordnung ist in Fig. 3 im AufriB dargestellt.

Mit Nickel ist es mog- lich, geheizte Drahte zu ver- dampfen, da hier die T'er- haltnisse so liegen, da13 man noch unterhalb des Schmelz- punktes eine genugend hohe Yerdampfungsgeschwindig-

keit erhalt. Man kann daher darauf verzichten, Nickel in einem Ofen zu schmelzen. In Fig. 3 ist mit Ni der Teil des Nickeldrahtes bezeichnet, der elektrisch geheizt wird. Es sind acht solche Drahte in gleichen Abstanden neben- einander gespannt, wie das die schematische Zeichnung Fig. 3a zeigt, damit auf dem Spiegel, der den Driihten in 15 bis 20 mm Abstand gegen- uber steht, auf der Hreite von 20 mm ein gleichmaBiger Niederschlag erzielt wird. Fig. 3 zeigt den Spiegel von der Seite gesehen. Da die Nickeldrahte beim Erhitzen sich ausdehnen, mu13 fur eine

Spannvorrichtung gesorgt werden. Es ist dies hier SO

gemacht, daB die l)r&hte uber Rollen gefuhrt sind und von Gewichten G gespannt werden. Der Metallstab, der mit einem Quertrager die

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Untersuchungen zur Totalref Eexion von RontgenstraMen 729

oberen Rollen tragt, ist in die Messinggrundplatte mit einem Glasrohr isoliert eingekittet ; er dient gleichzeitig als Zu- fuhrung fur den Heizstrom. Die zweite Stromzufiihrung ist die Grundplatte. Uber das Ganze wird eine Glasglocke gestulpt, die auf die Messingplatte aufgekittet wird. Als Pumpe wurde eine Dreistufen-Diffusionspumpe aus Glas verwendet ; der Quecksilber- dampf wurde rnit fester Kohlensaure in Alkohol ausgefroren.

Der verwendete Nickeldraht war 0,25 mm stark. Die acht Drahte wurden rnit insgesamt 17-18 Amp. geheizt. Bei starker Heizung konnten in sechs Minuten, nachdem vorgeheizt war, ungefahr 20 mg verdampft werden. Im allgemeinen wurde die Verdampfungsgeschwindigkeit so eingestellt, daB nach einigen Minuten die gewunschte Dicke der Nickelschicht erreicht war. In einem Fall wurde bei einem sehr dicken Spiegel eine Stunde lang verdampft.

Als Glasunterlage wurden so gut als moglich plan ge- schliffene und gut polierte Glasplatten verwendet, die von der Firma Steinheil und Sohne, Munchen, hergestellt wurden. Eine 12 mm starke Glasplatte wurde zuerst fertig bearbeitet und dann in drei Spiegel von der GroBe 20.90 mm zerschnitten, es standen mir daher fur meine Untersuchungen drei Glasspiegel gleicher Beschaffenheit zur Verfiigung. Die angegebene Spiegel- knge von 90 mm war mindestens erforderlich um die ganze Linienbreite bei einem Winkel von 1,5-2. in BogenmaB reflektieren zu konnen. Die Glasspiegel habe ich mit romisohen Ziffern numeriert und habe diese Bezeichnung im folgenden beibehalten. Nickelspiegel I I a bedeutet, daI3 der Glasspiegel I1 mit dem ersten Nickelbelag gemeint ist, Nickelspiegel I1 b heifit, daB der erste Nickelniederschlag abgewaschen und ein neuer aufgedampft worden war.

Dichte der Nickelschichten Die mit diesen Nickelspiegeln erhaltenen Ergebnisse fur

die Brechungsindizes fur Rontgenst,rahlen, die in Teil C dieser Arbeit behandelt werden, haben zu der Vermutung gefuhrt, daB die Dichte der aufgedampften Nickelschichten geringer ist als die Dichte des normalen, geschmolzenen Nickels. Die gemessene Dispersionskurve fur Nickel gibt dann etwa quantitative Uber- einstimmung mit der Theorie, wenn man die Dichte der Nickel- schichten um 15O/, geringer annimmt. Eine geringere Dichte der niedergeschlagenen Schichten kann verursacht sein durch

Annnlen der Physik. 5. Folge. 10. 48

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730 H. Iiiessig

absorbierte oder cheniisch gebundene Gase. Bei Kathoden- zerstaubung kann dieser EinfluB sehr stark sein, da hier immer niit Gasfullung gearbeitet werden muB. Bei Zerstaubung von Kickel in Wasserstoff finden H a n a w a l t und Ingerso l l l ) eine um 6-20°/, vergrol3erte Gitterkonstante. Im vorliegenden Fall wurde, um diese Einflusse moglichst zu vermeiden, Nckel im Hochvakuum verdampft. Durch die von den geheizten Ilrilhten herruhrende Erwarmung werden jedoch in der Ver- dampfungsapparatur Gase freigemacht, die von dem Sickel- dampf fast quantitativ mit niedergeschlagen werden konnen. Man darf wohl verniuten, daB diese Gasniengen noch nicht ausreichen, um die Dichte der Nickelschichten betrachtlich eu verringern. Es genugt aber zur Erklarung einer geringeren Dichte anxunehmen, da13 in den niedergeschlagenen kristallinen Nickelschichten Hohlrilume vorhanden sind.

Es ist fur die vorliegende Arbeit von groBer Bedeutung, Aussagen uber die Dichte der verwendeten Nickelschichten machen zu konnen. Eine prinzipielle Methode cler Dichte- bestimmung sehr dunner Schichten ist nun erst dadurch gegeben, daB es mit den in der nachfolgenden -4rbeit behandelten HOntgen- interferenzenz) gelang, die Diclie BuBerst dunner Schichten mit groBer Genauigkeit zu bestimmen. Gelingt es dann noch, das Geioicht des aufgedampften Kiederschlages zu bestimmen, dann hat man die gesuchte Dichte der Schicht.

Die Dicke des Spiegels Xi IIb, rnit dem mit einer Xusnahme die Dispersionskurve gemessen wurde, betragt 1418 & 10 $E. In der nachfolgenden Arbeit wird gezeigt, wie die Dicke dieses Syiegels erhalten wurde.

Das Gewicht dieser ddnnen Nickelschicht zu bestimmen, war nun im vorliegenden Fall besonders schwierig dadurch, daB die Glasunterlage sehr schwer war. Das Gewicht der Glasunter- lage betrug 55 g. Fur die Dichtebestimmung war es notig, das Gewicht der Nickelschicht von etwa 2 mg auf 1 Proz. genau zu bestimmen. Es bestand die Moglichkeit, die genaue Wagung in1 Munchner Atomgewichtslaboratorium (Vorstand Prof. 0. Ho - nigschmid) durchfuhren zu l a ~ s e n . ~ ) Es wurde der Spiegel

1) J. D. Hanawalt und L. R. Ingersol l , Nature 119. S. 234. 1927. 2) Vgl. H. K i e s s i g , Naturw. 18. S. 847. 1930. 3) Hr. Dr. Sachtleben hat die Wagung rnit allen notigen Vorsichts-

mahegeln ausgefuhrt. Ich bin ihm hierfur zu groBem Dank verpflichtet.

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Untersucliungen fiur Totalrejlexion von RontgenstTahlen 731

erst mit der Nickelschicht gewogen, dann wurde das Nickel in verdunnter Salpetersaure gelost und der Glasspiegel abermals gewogen. Als Gegengewicht diente ein zweiter gleicher Glas- spiegel, so daB hderungen der Luftdichte ohne Einflulj auf die Wagung blieben. Das Differenzgewicht betrug 2,Ol f 0,02'mg. Es ist dies ein oberer Grenzwert fur die Nickelmenge des Spilgels, denn es kann sich in der Salpetersaure auch etwas Glas gelost haben.

Die NickelflBche betrug 20.90 mm. Es ergibt sich hieraus die Dichte der Nickelschicht fur 2,Ol mg Nickel zu Q = 7,9. Die normale Dichte des Nickels betragt 8,8; die Dichte der auf- gedampften Schicht ist also mindestens um 10 Proz. geringer. Es ist nach dem oben Gesagten daher auch eine um 15 Proz. geringere Dichte moglich, wie sie sich am besten mit den Dis- persionsmessungen vertragt. Im folgenden wurde deshalb fur die Dichte von Nickel immer e = 7,5 gesetzt.

Wichtig ist, daB eine um 10 Proz. geringere Dichte fur die aufgedampften Nickelschichten auf alle FLlle sichergestellt ist. Zu einer genaueren Bestimmung der Dichte waren weitere Messungen erforderlich.

B. Priifung der optischen Reflexionsformeln I. Allgemeinee

Die Berechnung des Brechungsindex aus der Totalreflexion setzt die Gultigkeit der optischen Reflexionsformeln voraus. Eine vollkommene Ubereinstimmung ist sicher nicht zu erwarten, da fur Rontgenstrahlen ideale Spiegelebenen, wie sie den Formeln zugrunde liegen, nicht vorhanden sind. Der Abstand der Atome ist schon von der GroBenordnung der Wellenlange und die denkbar geringste Rauhigkeit betragt mindesten; mehrere Atomabstande. Denn bei Metallniederschlagen ist bekannt, daB selbst bei geringen Dicken eine deutliche Kristallstruktur vor- handen ist. Man mu13 sich also die Oberflache als aus vielen Kristalliten bestehend vorstellen.

Es ist also vor allem zu untersuchen, ob und in welchem MaBe durch unvollkommene Beschaffenheit der Spiegelober- flache die Reflexionskurven gefalscht werden konnen. Bei der Totalreflexion von Rontgenstrahlen handelt es sich nur um sehr kleine Reflexionswinkel, in meinem Fall liegen alle vorkommen- den Winkel unter einem Grad. Hierauf ist es sicher zuruck-

48*

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732 H. Kiessig

zufuhren, daB bei Rontgenstrahlen Totalreflexion uberhaupt beobachtbar ist, denn man kann allgemein zeigen, da13 mit abnehmendem Glanzwinkel Spiegelrauhigkeiten sich weniger bemerkbar machen. DaB aber auch Spiegelfehler mit um- gekehrter Winkelabhangigkeit auftreten kiinnen, wird im fol- genden mit Aufnahmen bewiesen. Ich beschranke mich im Rahmen dieser Arbeit darauf, uber Spiegelfehler nur das zu bringen, was ich experimentell nachweisen konnte, ohne die Frage zu behandeln, mie sich der EinfluB der Spiegelfehler t,heoretisch verstehen la&.

Weiterhin war zu untersuchen, welche Moglichkeiten vor- handen sind, die die Reflexionskurven falschen konnen. Da als Spiegel Nickelniederschlage auf Glasunterlage benutzt wurden, war zu prufen, wie dick diese Nickelschichten mindestens sein mussen, damit die Unterlage ohne EinfluS auf die Re- flexion bleibt. Damit war die Frage verbunden, welcher Art die Einflusse der Unterlage bei sehr dunnen Niederschlagen sind.

11. Die Bcharfe der Abbildung

Bei den bisher erschienenen Arbeiten uber die Totalreflexion von Rijntgenstrahlen ist nie experimentell gepruft worden, wie gut die Abbildung der zur Untersuchung verwendeten Spiegel ist. Es hat diese Frage bisher auch nicht diese Rolle gespielt wie bei meiner Arbeit, da man sich im allgemeinen damit be- gnugte, wie in der Einleitung ausgefuhrt wurde, aus den er- haltenen photographischen Drehaufnahmen die Grenze der Schwarzung visuell auszumessen. Es kann ein Spiegel sehr unregelmiil3ig gewellt sein, so daD er ganz verwaschene Re- flexionen liefert , bei einer Drehung durch den Grenzbereich der Reflexion kann sich aber bei photographischer Aufnahme das gleiche Bild ergeben wie bei einem sehr gut planen Spiegel. Es ist sozusagen dasselbe, ob die verschiedenen Spiegelstellungen durch Drehen des Spiegels oder durch Kriimmung der Oberflache gewonnen werden. Einen experimentellen Beweis dieser Uberlegung gibt die Aufnahnie, die in der nachfolgenden Arbeit in Fig. 12 abgebildet ist.

8011 nun aber die Intensitat der reflektierten Rontgen- strahlen fur einen bestimmten Winkel durch Ionisation gemessen verden, so mu13 der verwendete Spiegel sehr gut eben sein, sonst mil3t man das Reflexionsvernibgen fur einen undefinierten

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Untersuckungen zur Totalreflexion von Rontgenstrahlen 733

Winkelbereich. Es ist deshalb jeder Spiegel auf seine Gute der Abbildung durch Reflexionen bei feststehendem Spiegel in mehreren Winkelstellungen gepruft worden.

1. Glasspiegel

Da Glas als Unterlage fur die Nickelspiegel diente, wurden zuerst die Glasspiegel untersucht, ob sie gute Reflexionen liefern. Es ist dies dann die bestenfalls erreichbare Scharfe der Abbildung fur die Nickelspiegel.

Die Fig. 4 zeigt in naturlicher GroBe eine Aufnahme, die mit der Cu K u,-Linie erhalten wurde. Links sieht man den direkten Strahl und daran anschlieljend einige bei verschiedenen Winkelstellungen aufgenommene Reflexionen mit dem Glas- spiegel, bis nach dem Oberschreiten der Grenze der Totalreflexion die Intensitat einem Glasspiegel zu stark abgesunken ist. Die Belichtungs- zeit war jeweils dieselbe, die Rontgeninten- sitat war jedoch nur annahernd konstant, da rnit Netz-, nicht rnit Batteriespannung bei dieser Aufnahme gearbeitet wurde. Fig. 5 eeigt die Photo- metrierungl) dieser Aufnahme im Uberseteungsverhiiltnis 1 : 12,4.

Reflexionen an

mit Cu K (2 = 1,537 AE)

Fig. 4

Photometerkurve der Reflexionsaufnahme von Fig. 4 Fig. 5

Die Winkeldifferenz zwischen den einzelnen Reflexionen ist konstant und betragt 1' 12,6". Die Halbwertsbreite des direkten Strahls betragt, aus der Photometerlnirve errechnet,

1) Diese und die folgenden Photometerkurven sind bei der Repro- dukt,ion auf s/:b verkleinert.

Page 20: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

734 H . Kiessig

0,18 mm, die Breite des Spaltes vor und nach dem Kristall 0,08 mm, hieraus erhalt man fur die Rontgenlinie eine Winkel- divergenz von etwa 30”. Man kann aus der Photometerkurve entnehmen, daB eine etwaige Zunahme der Halbm-ertsbreite der Reflexionen gegenuber dem Primarstxahl kleiner ist als 10 I’roz,, d. h. daB eine etwaige Welligkeit der Glasober-

flache in WinkelmaB kleiner als 3” ist. Die erste Reflexion beginnt dort, wo

die Spiegellange von 9 em etwa ausreicht, die ganze Linienbreite zu reflektieren. Da die Spalt<e 0,08 mm breit sind, muB dieser kleinste Winkel groi3er sein als 4’, also 1,2.10-3 in BogenmaB.

2. Nickelspiegel Reflexionen an

eineni Nickelspiegel

(A : 1,932 AE) Fig. 6

Wenn Nickel an Glas niedergeschlagen mit Fe K u1 wird, so kann dieser Nickelspiegel sehr

vie1 schlechtere Reflexionen liefern als die Unterlage, falls der Niederschlag sehr un- regelmaBig wird. Mit der schon beschriebe-

nen T‘erdampfungsanlage wurden jedoch Schichten erhalten, die praktisch vollkomrnen gleichma13ig sind, wie dies aus den Bontgeninterferenzen hervorgeht , die in der nachfolgenden Arbeit behandelt werden.

Photometerkurve der Reflexionsaufnahme von Fig. 6

Fig. 7

Fur die Gute der Abbildung kann wegen der vorhandenen Rauhigkeiten die Eindringungstiefe der Rontgenstrahlen eine Rolle spielen. Es ware moglich, daD derselbe Spiegel fur eine Wellenknge, die in Nickel stark absorbiert mird und daher wenig eindringt, eine schlechtere Reflexion gibt als fur eine

Page 21: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen zur Totalreflexion von Rontgenstrahlen 735

Wellenlange mit geringer Absorption in Kickel. DaB eine solche Erscheinung nicht wahrgenommen wird, zeigen die folgenden Auf na hmen.

Es wurden fur jede verwendete Wellenlange und fur jeden Spiegel Einzelreflexionen aufgenommen, die zeigen, wie scharf die erhaltenen Reflexionen sind. Hier sol1 nur eine kleine Aus- wahl von Aufnahmen rnit den dazu ge- horigen Photometerkurven, die alle im ubersetzungsverhaltnis 1 : 12,4 aufgenoni- men sind, gezeigt merden.

Die Reflexion des Nickelspiegels Ni I1 b wurde mit mehreren Wellenlangen unter- sucht. Die langste bei der Untersuchung verwendete M’ellenlange ist die Fe I< ccl- Linie (1 = 1,932 AE). Hier ist auch der Grenzwinkel der Totalreflexion am groB- ten. Fig. 6 zeigt in naturlicher GroBe mit Ni K a1 die Aufnahme von Einzelreflexionen, die mit der Eisenlinie erhalten wurde. Die Fig. 8 Photometerkurve dieser Aufnahrne zeigt Fig, 7. Die Winkelabstande der einzelnen Reflexionen betragen hier und in den noch folgenden Aufnahmen 1’50”. Die Re-

Reflexionen an einem Nickelspiegel

(A = 1,655 AE)

Photoineterkurve der Reflexionsaufnahme von Fig. 8

Fig. 9

flexionen geben ein sehr gutes Abbild der direkten Linie, es ist keine Verschlechterung der Abbildung des Nickelspiegels gegenuber der Abbildung des Glasspiegels festzust,ellen. Das- selbe kann man von der Aufnahme Fig. 8, die mit der Ni K q- Linie (1 = 1,655 AE) erhalten wurde, behaupten. Die d a m

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736 H . Riessig

gehorige Photometerkurve Fig. 9 zeigt, eine ebenso gute Ab- bildung. Der Grenzwinkel der Totalreflexion ist hier etwas kleiner.

Diese beiden Wellenlangen liegen auf der langwelligen Seite der K-Absorptionskante von Nickel. Es ist deshalb die Ab-

sorption verhaltnismafiig klein, fur Fe Ii ccI ist der Massenabsorptionskoeffizient

B e - lu = 92,s und fur NiKcc, ist J! = 60,5 .

ills nachst,es Beispiel zeigt Fig. 10 eine dufnahme mit der W L ccl- Linie ( A = 1,475). Hier nimmt die Absorption gegeniiber der Xickellinie den etwa sechs- fachen Wert an, 2 = 361. Die Photo- meterkurve Fig. 11 zeigt, daB auch im

(a = 1,473 AE) Falle hoher Absorption eine gute Re- Fig. 10 flexion erhalten wird. Die starke ,4b-

sorption wirkt sich jedoch auf die re- flektierte Intensitat in der Art am, dal3 die Grenze der Total- reflexion ganz verflacht wird. Diese Erscheinung wird erst bei den Reflexionskurven naher besprochen.

Reflexionen an

mit W L u1 einem Nickelspiegel e

Photometerkurve der Reflexionsaufnahme von Fig. 10 Fig. 11

Als letztes Beispiel fur die Gute der Abbildung des Nickel- spiegels I I b folgt die Aufnahme Fig. 12, die die Reflexionen mit der Au L P,-Linie ( A = 1,081, = 157) zeigt und die Photometerkurve dieser hufnahme Fig. 13. Die Au L j3,-Linie ist die kurzeste zur vorliegenden Untersuchung verwendete

c

Page 23: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen zur Totakeflexion von Rontgenstrahlen 737

Wellenlange. Der Grenzwinkel der Totalreflexion ist hier schon recht klein und es sind deshalb nur wenige Reflexionen auf der Aufnahme. Spiegelrauhigkeiten machen sich bei gleichen Reflexionswinkeln natiirlich bei den kurzeren Wellenlilngen starker bemerkbar. Die Photometerkurve laBt jedoch noch keine Verschlechterung der Abbildung erkennen.

Die Photometerkurven zeigen bei den kleinsten Reflexionswinkeln zuerst ein schwaches Ansteigen der maximalen Aus- schlage. Dies ist zu einem Teil darauf zuruckzufuhren, daB bei diesen kleinen Winkeln noch nicht die gesamte Linien- breite reflektiert wird, wie auch aus den noch folgenden Ionisationsmessungen des Reflexionsvermogens hervorgeht. Die ( I . = 1,081 AE)

Spitze der ersten Reflexion kann auch deshalb etwas niedriger liegen, weil wegen des Oberlappens der Nachbarreflexionen hier nur der halbe Beitrag geliefert wird. Dieser EinfluI3 kann jedoch nur ge- ring sein, da an den Stellen der Maxima einer Reflexion die Intensitat der Nachbarreflexion fast auf Null gesunken ist .

Reflexionen an einem Nickelspiegel

mit Au L PI

Fig. 12

Photometerkurve der Reflexionsaufnahme von Fig. 12 Fig. 13

Auffallend ist, daI3 die maximalen Ausschlage der Reflexionen im Vergleich zum Ausschlag der direkten Linie kleiner sind als dies nach den Ionisationsmessungen, die im nachsten Abschnitt uber die Reflexionskurven gebracht werden, der Fall sein sollte. Es muB diese Erscheinung auf eine im geringen MaBe doch noch vorhandene Unschiirfe der Abbildung zuruckzufuhren sein.

Page 24: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

738 H . liiessig

3. Falle schlechterer Abbildung an Nickelspiegeln

Bei einem Nickelspiegel, der diese Erscheinung, da13 die Spitzen der Reflexionen zunachst rnit zunehmendem Winkel groBere Werte annehmen, besonders stark zeigte, ist der Cha- rakter dieser Unscharfe gut zu erkennen. Es wurden rnit dem Nickelspiegel I c, der fruher sehr gute Reflexionen lieferte, nachdem er langere Zeit gelegen war, nochmals Einzelreflexionen im Winkelabstand von 1’50” niit der Ni 1-i cr,-Linie aufgenommen und es zeigte sich bei kleinen Reflexionswinkeln ein schmacher Schleier. Die Photometerkurve dieser Aufnahmen, Fig. 14, laBt diesen Schleier deutlich erkennen. Xr nimmt nach groBeren Winkeln hin ab und im gleichen Ma13 steigen die Spitzen der Reflexionen an, es wird also die hbbildung rnit zunehmendem Winkel besser. Es wurde mit diesem Spiegel eine Aufnahme gernacht, die den direkten Strahl enthalt und nur zwei Re- flexionen, damit eine uberdeckung durch Nachbarreflexionen nicht mehr in Frage kommt. Die eine entspricht der dritten, ql =2,78.10-3, die andere der zehnten Reflexion, ~ ~ = 6 , 6 3 . 1 0 - ~ , in der Photometerkurve Fig. 14. Diese Aufnahme wurde im Ubersetzungsverhiiltnis 1 : 50 photometriert und die erhaltenen Kurven sind in Fig. 15 ubereinander gezeichnet. Die Reflexion beim VC‘inkel a)l = 2,78.10-3 ist gegenuber der direkten Linie verbreitert, vor allem im unteren Teil, die Reflexion beim groSeren Winkel, vZ = 6,63 * gibt ein wesentlich besseres hbbild. Es ist sehr bemerkenswert, dab die Gute der Abbildung rnit zunehmendem Rinkel besser wird, da die Uberlegungen, die uber den EinfluS der Spiegelrauhigkeiten bei der Totalreflexion immer angestellt werden, zu dem Ergebnis fuhren, daS die hbbildung mit zunehrnendem Winkel schlechter werden soll.

Die Photometerkurve einer hufnahme, die diese Erschei- nung deutlich zeigt, ist in Fig. 16 wiedergegeben. Diese huf- nahme entstammt den Vorversuchen, bei denen Nickelspiegel verwendet wurden, die gewohnliches Spiegelglas zur Unterlage hatten. Bei den Aufnahmen von Einzelreflexionen mit diesen Spiegeln zeigte sich bei groBeren Winkeln immer ein Schleier zwischen den Reflexionen. Fig. 16 zeigt die Photometerkurve einer Aufnahme von Reflexionen der Cu I< ct,-linie mit eineni besonders schlechten Spiegel. Der direkte Strahl ist auf der Aufnahme nicht mitbelichtet. Bei kleinen W-inkeln erhhlt man noch ein gutes Abbild der direkten Linie, wahrend zur Grenze

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Untersuchungen xur Totalrejlexion von R6ntyenstrahlen 739

Photometerkurve einer Aufnahme von Einzelreflexionen des Spiegels Ni Ic mit der Ni K a,-Linie (1 = 1,655 AE)

Fig. 14

Photometrierung des direkten Rontgenstrahls und zweier Reflexionen. Die drei erhaltenen Kurven sind in der Figur iibereinander gezeichnet.

Fig. 15

Photometerkurve einer Aufnahme von Einzelreflcxionen eines Nickel- spiegels auf schlechter Glasunterlage (Cu K aI 1 = 1,537 AE)

Fig. 16

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740 H. Kiessig

der Totalreflexion hin die Reflexionen aufierordentlich stark verbreitert sind. Es zeigt sich also bei dieser Aufnahme, daB die Spiegelfehler mit zunehmendem Winkel sich starker bemerk- bar machen. Die Spiegelfehler hier mussen daher von anderer Art sein, als die Spiegelfehler, die bei dem Wickelspiegel I c an Hand der Photometerkurven Figg. 14 und 15 nachgewiesen wurden.

Bei den folgenden Intensitiitsmessungen wurden naturlich nur die Spiegel verwendet, die sich bei der Untersuchung auf Scharfe der Abbildung als gut erwiesen hatten. Es sei aber doch besonders darauf hingewiesen, daB bei der Ionisationsmessung jeweils die gesamte vom Spiegel reflektierte Rontgenstrahlung in die Ionisationskammer gelangt, daB also geringe Unscharfen von der zuerst genannten Art die Intensitaten nicht fiilschen lionnen .

111. Die Reflexionekurven

Das Reflexionsvermogen der Spiegel wurde mit der Ioni- sationsmethode gemessen. Uber die MeBanordnung und uber die Ausfuhrung der Messungen wurde schon bei der Beschreibung der Versuchsanordnung berichtet. Es sollen nun die MeI3- ergebnisse in Kurvenform gezeigt werden und dann sol1 versucht werden, die gemessenen Kurven durch gerechnete Reflexions- kurven darzustellen.

1. Die experimentellen Kurven

a) Reflexionshrve von Glas

Das Reflexionsvermogen von Glas wurde mit der Cu I< ul- Linie, il = 1,537 AE, gemessen. Die erhaltene Kurve ist in Fig. 17 dargestellt. Die Reflexionswinkel sind in BogenmaB angetragen. Etwa bei = 1,6.10-3 reicht die Spiegellange aus, die ganze Linienbreite zu reflektieren, wie aus dem Ansteigen der Intensitat hervorgeht. Es werden hier 98 Proz. der auf- fallenden Strahlung reflektiert. Es ist bemerkenswert,, daB mit Rontgenstrahlen diese Reflexionsbetriige moglich sind. Der Abfall an der Grenze der Totalreflexion erfolgt ziemlich steil, jedoch nicht plotzlich, so daB man schon hier keinen eigentlichen Grenzwinkel angeben kann. Der weitere Verlauf der Kurve 1aBt sich noch gut verfolgen, selbst fur Reflexionsbetrage, die unter 1 Proz. liegen. Man ent,nimmt aus der Kurve, daB die

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Untersuchungen xur Totalreflexion won Rontgenstrahlen 741

Reflexion bei grol3eren Winkeln nicht, ganz auf Null geht, sondern daB auch noch nach dem Uberschreiten der Grenze der Totalreflexion eine zwar geringe, aber noch gut mefibare Re-

Reflexionskurve eines Glasspiegels fur Cu K a, (A = 1,537 ifE). gezeichnete theoretische Kurve ist berechnet mit

Fig. 17 x = 0,2. und 6 = 8,2.

Die ein-

flexion vorhanden ist, die mit weiter zunehmendem Winkel langsam absinkt.

b) RefEexionskurven von Nickelspiegeln

Mit dem Nickelspiegel Ni I1 b wurden Reflexionskurven aufgenommen mit Wellenlangen, die zu beiden Seiten der Ni K-hbsorptionskante, I = 1,489 AE, liegen. Auf der kurz- welligen Seite der Absorptionskante ist die Absorption in Nickel sehr groB und es kann hier untersucht werden, ob der EinfluB der Absorption rnit der Theorie iibereinstimmt.

Fig. 18. Fe IC tcl il = 1,932 AE. Dies ist die Messung der Reflexionskurve mit der langsten

verwendeten Wellenlange. Bei p = 2 ~ 1 O - ~ wird etwa die ganae Linienbreite reflektiert ; es ist jedoch noch ein schwaches ,4n- steigen der Reflexion mit aunehmendem Winkel festzustellen. Der hochste gemessene Reflexionsbetrag ist hier 94 Proz. Der steile Abfall der Reflexion liegt zwischen p = 8-10-3 und q = 9.10-3, also bei etwa 1/20.

Fig. 19. Ni X tcl 1 = 1,655 AE. Hier beginnt in der Reflexionskurve der steile Abfall der

Reflexion bei tp = 7 * 1 O-3.

Page 28: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

742 H. Kiessig

Fig. 20. Ni K L = 1,497 Hier ist die Reflexionskurve wegen geringer Rontgen-

intensitat mit Aufladungszeiten des Elektrorneters gemessen

ICeflexionskurve des Spiegels Ni I Ib fur Fe K a1 (A = 1,932 AE). I n der berechneten Kurve ist

x = 1,07. 10-o und S = 34,5.

Fig. 18

0 1 2 3 4 5 8 9 -- p.703

Reflexionskurve des Spiegels Ni IT b fur Ni K a1 (1 = 1,655 AE). I n der berechneten Kurve ist

Fig. 19

x = 0,60.10-'j ulld 6 = 25,O.

worclen. Wegen cler bei den X P-Linien vorhandenen Fein- stmktur, die zu einer T'erbreiterung cler Linie fuhrt, wurde die Spaltweite vom zweit.en Spalt,, der sich hinter dem Spelitro- rneterkristall befindet, von 0,08 mrn auf 0,04 mm verringert.

Page 29: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen zur Totalreflexion von Rontgenstrahlen 743

Fig. 21. W L cxl il = 1,473 XE. Hier ist die Ni I<-Absorptionskante bereit,s iiberschritten

und die Absorption steigt auf den mehrfachen Betrag. Die

I

Reflexionskurve des Spiegels Ni I I b fur Ni K (1, = 1,497 AE). I n der berechneten Kurve ist

x = 0,41.10F und 6 = 18,7.1W6

Fig. 20

Reflexionskurve des Spiegels Ni I Ib fur W L m1 (A = 1,473 AE). x = 3,18.10F und 6 = 17,5.10-6

Fig. 21

Reflexionskurve zeigt jetzt, ein anderes Hild. Sie ist gegenuber den vorhergehenden Kurven ganz verflacht. Das Reflexions- vermogen sinkt von Anfang an allmiihlich ab.

Page 30: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

744 H . Kiessig

W L ug Mit dieser Wellenlange, die nur 4 bE von der Kante ent-

fernt ist, wurde auch eine Reflexionskurve aufgenommen. Das quantitative Ergebnis ist fast dasselbe wie bei der W L a,-Linie, so da13 ich von einer Darstellung der Kurve absehe.

3. = 1,485 XE .

Fig. 22. Cu I< il = 1,389 Hier war versucht worden, ohne eine nochmalige Aus-

hlendung der Linie hinter dem Kristall auszukommen. Die Heflexionsmessung aeigt jedoch, da13 die Linie zu breit war, um bei kleinen Winkeln richtige Werte zu erhalten. Extrapoliert man die Kurve auf den Winkel 91 = 0, so kommt man zu

91 Proz. Reflexion und nicht zu angenahert 100 Proz., wie das bei der Messung mit der W L cr,-Linie cler Fall war. Beim steileren Abfall der Reflexionskurve sind die gemessenen Re- flexionsbetrage wieder zuverlassig.

Fig. 23. Au L u1 il = 1,274 AE. Die Spaltweite des zweiten Spaltes bet,rug hier wieder

Die Reflexionswerte sind von etwa 91 = 2-10-3 ab 0,04 mm. verwertbar.

Fig. 24. h u L 3. = 1,081 AE. Der zweite Spalt war wieder 0,04 mm breit. Der Reflexions-

bereich nimmt mit abnehmender Wellenlange &andig ab ; es verlauft aber die Reflexion wiecler steiler in der Nahe der Grenze,

Page 31: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen zur Totalref1ex;on von Rontgenstrahlen 745

da von der K-Absorptionskante aus gerechnet die Absorption mit kurzeren Wellenlangen abnimmt.

AuBer dieser MeBreihe, die wie erwahnt, mit 0in und dem- selben Spiegel ausgefuhrt wurde, wurden weitere Messungen

Reflexionskurve des Spiegels Ni I Ib fur Au L a1 (A = 1,274 BE). In der berechneten Kurve ist

x = 1,86- lop6 und 13 = 14,8- lop6 Fig. 23

Reflexionskurve des Spiegels Ni IIb fur Au L (A = 1,081 AE). In der berechneten Kurve ist

x = 1,01.10-6 und 6 = 11,O5.1Op6 Fig. 24

ausgefuhrt, bei denen die Reflexionskurven mit einer fest- gehaltenen Wellenlange (Cu R al, L = 1,537 AE) fur verschiedene Spiegel untersucht wurden. In Fig. 25 sind die Reflexionskurven dargestellt, die mit drei Spiegeln erhalten wurden, die sich rein

Annalen der Physik. 6. Folge. 10. 49

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746 H. Kiessig

auljerlich dadurch unterschieden, daB die Dicke der aufgedampf- ten Nickelschicht verschieden war. Der Spiegel Xi I I a war der diinnste von diesen drei; die Nickelschicht lieti gerade noch schwach Licht hindurch. Sie hatte etwa dieselbe Dicke, wie die Nickelschicht auf dem Spiegel Ni IIb, mit den1 die obigen Messungen durchgefuhrt wurden. Der Spiegel Ni I I I a war dicker und noch dicker Ni Ia . Der dickste Spiegel liefert die

Reflexionskurven von drei Nickelspiegeln fur Cu K m1 ( A = 1,537 AE). In der berechneten Kurve ist

Fig. 25 x = 0,45. und b = 18,7.

geringsten Reflexionsbetrage. Aus dem Charakter der Unter- schiede in den Kurven ist aber zu schlieflen, daB nicht die Dicke der Schicht, sondern die kristalline Strukt,ur der Oberflache die Unterschiede bedingt. Es sol1 spiiter hieruber noch einiges gesagt werden.

2. Die berechiicten Kurvcn

Will man nun die experimentellen Reflexionskurven durch gerechnete Kurven darstellen, so mu13 man der 13erechnung die F resnelschen Formeln mit Berucksichtigung der hbsorpt'ion xugrunde legen. Setet, man den komplexen Brwhungsindex

n = l - d - - i x ,

v-p- 2 6 - 2 x i - 9 l / 7 2 2 9 - 2 x i + c p

so erhalt man fur das Reflexionsvermogen den husdruck _ _ _ _ _

Page 33: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen zur Totalref lesion uon Rontgenstrahlen 747

Diese Formel gilt fur kleine Werte von 6 und fur Glanzwinkel p, die gleich dern Sinus des Winkels zu setzen sind. Zur nume- rischen Auswertung habe ich diese Formel auf die Form gebracht

(2 S)* + (2 x ) * - JR _ _ - J, [r i- '4' )' 2 (r + cp' - 2 0) + cpq2 '

wobei zu setzen ist

r = 1/ ( ~ 2 - 2 c ~ ) a + (2 x ) ~ .

Der wellenoptische Absorptionskoeffizient ~t hiingt mit dem normalen Absorptionskoeffizienten p zusammen durch die Be- ziehung :

P s i * x =- 4 R

Es wurde fur jede gemessene Kurve eine Kurve nach obiger Formel berechnet, und in die Figg. 17-25 zu den experimentellen Kurven gestrichelt mit eingezeichnet . Das der Berechnung zugrunde liegende x und 6 ist in den Figuren rnit eingetragen.

a) Glasspiegel

Die chemische Zusammensetzung des Glasspiegels ist nicht bekannt, so dalj sich die Absorption und damit das x nicht berechnen laBt. Es wurde ein Wertepaar 6 und x gesucht, das eine Reflexionskurve liefert, die mit der gemessenen Kurve SO

gut als moglich ubereinstimmt. Die mit 6 = 8,2.10p6 und x = 0,2.10-6 berechnete Kurve ist in Fig.17 gestrichelt eingezeichnet, soweit sie sich nicht rnit der gemessenen deckt. Aus x errechnet sich, da die Dichte des Glases e = 2,55 betrilgt, f = 64. e

b) Nickelspiegel

Bei den Nickelspiegeln wurde fur x in die Reflexions- formeln der Wert eingesetxt, wie er sich aus den Absorptions- messungen ergibt und zwar wurden die Werte p/e der Berechnung zugrunde gelegt, wie sie nach Jonssonl ) erhalten werden. Fur die Dichte von Nickel wurde e = 7,5 gesetzt, da nach der Restimmung der Dichte der Nickelschichten die Dichte geringer

I ) E. Jonsson, Absorptionsmessungen im langwelligen Rontgen- -~ _-

gebiet und Gesetze der Absorption. Dissertation Upsala 1928. 49 *

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748 H. Kiessig

als normal einzusetzen ist. (Tgl. hierzu die Ausfuhrungen auf 8. 729.) Die berechneten Kurven, die bei Variation des 6 die beste Ubereinstimmung mit den Messungen, besonders im steil abfallenden Teil der Reflexion, gaben, sind in den Figg. 18 bis 25 enthalten,

3. Abweichung d e r e x p e r i m e n t e l l e n K u r v e v o n d e r b e r e c h n e t e n

a) Glasspiegel

Die in Fig. 17 mit eingezeichnete berechnet'e Kurve paI3t sich der gemessenen Glasreflexionskurve groBtenteils gut an, nur zu Reginn des steil abfallenden Teiles liegen die gemessenen Punkte ziemlich unterhalb der berechneten. Man konnte in diesem Teil der Kurve mit einem grol3eren x bessere Uber- einstimmung bekommen, dann kommt man bei kleineren Winkeln aber nicht zu den hohen Reflexionsbetragen, wie sie gemessen wurden. Da aber die Rontgenlinie nicht vollkommen parallele Strahlung liefert, sondern, wie aus der Photometer- kurve der Einzelreflexionen an Glas abgeschatzt wurde, etwa einen Offnungswinkel von SO Bogensekunden, d = 0,15.10-3, besitzt, so ist zu erwarten, da13 die gemessene Kurve flacher verlauft . Hierauf konnten die Abweichungen der gemessenen Kurve von der gerechneten zum groljten Teil zuruckgefuhrt werden. Im unteren Knick der Kurve liegen die gemessenen Werte jedoch gleichfalls niedriger, wahrend in diesem Teil durch die Verflachung der Kurve hohere Betrage zu erwarten waren. Im weiteren Verlauf bei den geringen Reflexions- betragen ist die Ubereinstimmung mit der Rechnung noch recht gut; die MeBpunkte liegen zwar alle etwas unter der berechneten Kurve, aber der langsame Abfall wird deutlich wiedergegeben.

b) Nickelspiegel

Bei dem NickelspiegeI Ni I I b liegen auf der langwelligen Seite der Absorptionskante zu beiden Seiten der Grenze der Totalreflexion alle gemessenen Kurven unter den gerechneten Reflexionskurven (Figg. 18-20). Man darf vermuten, daB diese Abweichungen auf spezielle Eigenschaften der auljersten Ober- flachenschicht der Spiegel zuriickgefuhrt werden konnen. Diese Annahme wird gestutzt durch die in Fig. 25, S. 746 dargestellten Messungen mit der Cu K a,-Linie an den drei Nickelspiegeln,

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Untersuchungen zur Totalref lesion von Rontgenstrahlen 749

die sich in der Dicke der aufgedampften Nickelschicht vow einander unterscheiden. Mit zunehmender Dicke der Nickel- schicht nimmt das Reflexionsvermogen der Spiegel ab. Man kann sich vorstellen, daB die dickeren Spiegel eine grobere Kristallstruktur besitzen als die diinnen und da13 damit eine grogere Rauhigkeit verbunden ist. Es folgt jedoch kein ur- sachlicher Zusammenhang zwischen der Dicke der Schicht und der Oberflachenbeschaffenheit. Bei der Herstellung hat sich bei den dicken Spiegeln die Glasunterlage starker erhitzt als bei den dunnen, da das Aufdampfen immer ohne Unterbrechung vorgenommen wurde, und bei der GroBe der sich bildenden Kristallite spielt die Temperatur zweifellos eine Rolle.

Die drei Reflexionskurven liegen nun ganz ,in dem Sinne, daB man fur den idealen Spiegel eine Reflexionskurve erhiilt, die mit der fur diesen Fall gerechneten iibereinstimmt. Die Unterschiede der drei Kurven sind am groBten zu beiden Seiten der Grenze der Totalreflexion. Die beiden Kurven der Spiegel Ni IIa und Ni I I I a tangieren im steil abfallenden Teil voll- kommen, die Kurve des Spiegels Ni Ia ist nur etwas nach kleineren Winkelwerten verschoben, aber auch hier sind die prozentualen Abweichungen gegeniiber den zwei ubrigen Kurven im steil abfallenden Teil geringer als zu beiden Seiten der Grenze. Auf Grund dieser Ergebnisse glaube ich, daB man die Aus- wertung der experimentellen Kurven in der Weise vornehmen muB, da13 man, wie das geschehen ist, zu den gemessenen Kurven diejenige Kurve errechnet, die im steil abfallenden Teil die gemessene beruhrt.

Auf der kurzwelligen Seite der Absorptionskante, also bei hoher Absorption, sind gegenuber den berechneten Reflexions- kurven grol3ere Abweichungen gefunden worden (vgl. Fig. 21). Bei Winkeln, die groBer sind als der Grenzwinkel, ist das Er- gebnis dasselbe wie auf der langwelligen Seite der Absorptions- kante. Es liegen auch hier die gemessenen Werte unterhalb der berechneten Kurve. Bei Winkeln, die kleiner sind als der Grenzwinkel, zeigt sich jedoch eine besonders auffallende Er- scheinung : die gemessenen Reflexionswerte liegen hier uber der theoretischen Kurve.

Dieses Ergebnis MBt sich dann verstehen, wenn man die ,,Oberflache" des Nickelspiegels als Ubergangsschicht mit ab- nehmender Dichte ansieht. Bei kleinen Reflexionswinkeln

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750 H . Kiessiq

verlEiuft dann der Strahl nur in geringen Tiefen, wo die -4b- sorption schwiicher ist, und erst bei Annaherung an den Grenz- winkel dringt der Riintgenstrahl bis in Gebiete ein, wo die Dichte konstant ist, und es nahert sich damit die Absorption dem richtigen Wert.

Nach dieser Vorstellung mukite man die theoretische Kurve mit variabler Absorption, also veranderlichem x rechnen. Quantitative Angaben lassen Rich aber hierzu nicht machen. Offenbar muBte aber die Absorption so angenommen werden, (la13 bei etwas lrleineren Winkeln als der Grenzwinkel die theo- retische Reflexionskurve wie auf der langwelligen Seite noch uber der gemessenen liegt. Um ungefahr zu sehen, um welchen Hetrag geringer die Absorption anzunehmen ware, ist in Fig. 21, die die mit W L ccI gernessene und die mit 6 = 17,5.10-6 und x = 3,18.104 berechnete Reflexionskurve enthalt, ein Stuck der mit 6 = 17,5-10-6 und x = 2,3*10-6 berechneten Kurve mit eingezeichnet. Dieses Kiirvenstuck stimrnt bei kleinen TVinkeln mit der gemessenen Kurve uberein. Es folgt hieraus, daB fur die aul3ersten Schichten eine etwa 30 Proz. geringere Dichte anzunehmen w k e .

Die berechneten Kurven anf der kurzwelligen Seite sind bei Variation des 8-Wertes so gewahlt worden, da13 sie in der Nahe des Grenzwinkels rnit der gemessenen Kurve uberein- stimmen. Nach den oben ausgefuhrten Oberlegungen ist xu erwarten, dal3 hier die gemessene Kurve sich aus dem nor- malen x und dem richtigen 6 zusammensetzt.

Zur Erklarung der Erscheinung, da13 die Nickelspiegel bei kleinen Winkeln hohere Reflexionsbetrage liefern als nach der Theorie zu erwarten ist, wurde angenommen, da13 an der aul3er- &en Oberflache ein ifbergangsgebiet rnit abnehmender Dichte vorhanden ist. Diese Annahme kann nicht direkt bewiesen werden, sie wird aber nahegelegt durch die festgestellte geringere Dichte (vgl. S. 729). Wenn man diese, wenigstens teilweise, einer lockeren Kristallit-Lagerung zuschreibt, ist eine weitere Auflockerung der auBersten Oberflache verstandlich.

Man konnte daran denken, dal3 eine solche Schichtung noch tiefer geht und daB schlieBlich die normale Dichte erreicht wird. Die auf S. 730 besprochene Bestimmung der Dichte schliel3t die Moglichkeit nicht aus. Wenn aber das der Fall ware, muBte fur Strahlung mit schwacher Absorption ein

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Untersuchungen zur Totalref lexion con Riintgenstrahlen 751

groBerer Grenzwinkel gefunden werden, der der normalen Dichte entspricht.

Dazu konnte man allerdings noch sagen, daB eine Ab- weichung vom theoretischen Wert bestehen konnte. Dies wird aber widerlegt durch die 8-Bestimmung aus der Brechung, die in der nachfolgenden Arbeit behandelt wird. Sie gibt auch, ebenso wie die Dichtebestimmung, einen Mittelwert uber die ganze Schicht. Der mit dieser Methode erhaltene 8-Wert stimmt innerhalb der Genauigkeit, mit der die Dichte bekannt ist, rnit der Theorie uberein und ist derselbe wie der mit der Totalreflexion gefundene.

Die Totalreflexionsmethode gibt bei geringer Schwachung der Strahlung fur 8 den Wert, der der gropten Dichte entspricht. Da die erwiihnte 8-Bestimmung aus der Brechung einen Mittel- wert gibt, folgt, daB die um 15 Proz. geringere Dichte zugleich Mittelwert und Hochstwert darstellt. Dies ist aber nur dann moglich, wenn die Ubergangsschicht mit variabler Dichte nur einen kleinen Teil der ganzen Dicke (1418 AE) ausmacht.

Bei der W L a,-Linie (Fig. 21) ist der Unterschied zwischen der gemessenen und der berechneten Kurve am grooten, weil hier die Absorption am starksten ist.

Die Messung rnit der Cu K /?,-Linie (Fig. 22) ist, wie schon erwahnt, bei kleinen Winkeln dadurch gefalscht, daB die Linie nicht genugend eng ausgeblendet war. Erhoht man die gemessene Kurve entsprechend, dann verlauft sie ebenfalls uber der ge- rechneten Kurve.

Die mit der Au L a,-Linie (Fig. 23) gemessenen Reflexions- werte liegen bei kleinen Reflexionswinkeln ebenfalls uber der gerechneten Kurve. Etwa bei y = 4,6-10V uberschneiden sich die Kurven und die gemessene Kurve verlauft hier bis our Berubrung unterhalb der gerechneten. Es uberlagert sich hier offenbar die besonders auf der langwelligen Seite der Ab- sorptionskante sich seigende Erscheinung, daIJ vor der Grenze der Totalreflexion die gemessenen Werte niedriger liegen als nach der berechneten Kurve zu erwarten ware.

Bei der Messung mit der Au L /?,-Linie (Fig. 24) liegen die Verhaltnisse praktisch wie auf der langwelligen Seite der Ab- sorptionskante. Wegen der geringeren Absorption macht sich die hier besprochene Erscheinung, daB bei kleinen Winkeln hohere Reflexionsbetrage erhalten werden, nicht mehr bemerk-

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752 H . ICiessig

bar. Trotzdem muB man sicher annehmen, daB ein EinfluIj der angenommenen Schichtung auch hier vorhanden ist, auBerdem ebenso auf der langwelligen Seite der Absorptionskante, also allgemein auch im Falle schwacher Absorption. Die Kurven sind aber hier in ihrer Form vie1 weniger empfindlich auf pro- zentual gleiche hderungen des x-Wertes, so daB die oben (S.748) besprochene Abweichung der experimentellen Kurven von den berechneten nach kleineren Werten hin uberwiegt. Man mu13 aber wohl damit rechnen, daIj auf Grund des Einflusses der Oberflachenschichtung diese Abweichung in Wahrheit noch etwas groBer ist als sie sich in den Kurven zeigt.

4. Der EinfluB der Schichtdicke auf die Reflexion

Bei einem Spiegel, der nur aus einer sehr dunnen Nickel- schicht auf Glasunterlage besteht, ist zu vermuten, daB auch die Glasunterlage einen EinfluB auf die Reflexionskurve ausubt. Um Fehlmessungen zu vermeiden, ist es wichtig, sich uber die Art des Einflusses der Unterlage zu vergewissern und fest- zustellen, von welcher Dicke ab eine merkliche hderung der Reflexionskurve vorhanden ist . Es wurden hieruber sowohl von H. E. Staussl) als auch von H. W. Edwards2) Unter- suchungen angestellt. Sie machten beide unter anderem Reflexionsaufnahmen mit durchsichtigen, durch Kathoden- xerstaubung auf Glas hergestellten Nickelspiegeln verschiedener Dicke mit der Mo I< a-Linie, 3, = 0,708 AE. Das beiden ge- meinsame Ergebnis ist, daB mit abnehmender Schichtdicke der Grenzwinkel der Totalreflexion abnimmt. Sie schliel3en hieraus auf eine hderung des Brechungsindex, die sie auf geringere Dichten der dunnen Schichten zuruckfuhren. Die Auswertung erfolgte aber in der bisher ublichen Weise durch Ausmessen von photographischen Drehaufnahmen ohne Photometrierung. Mit dieser vor allem hierfur unzultinglichen Methode ltiBt sich in dieser Frage keine Klarheit schaffen, da allein durch hderung der reflektierten Intensittit eine beliebige Anderung des Grenz- winkels vorgettiuscht werden kann. Es ist hierfur unbedingt notig, die ganze Reflexionskurve durchzumessen, um irgend- welche Aussagen machen xu konnen.

1) H. E. Stauss, Phys. Rev. (2) 31. S.491. 1928. 2) H. W. Edwards, Phys. Rev. (2) 32. S. 712. 1928; (2) 33.

S. 463. 1929.

Page 39: Untersuchungen zur Totalreflexion von Röntgenstrahlen

Untersuchungen xur Totalreflexion von Rhtgenstrahlen 753

Meine Versuche an diinnen Spiegeln haben gezeigt, dalj zwei .

verschiedene Erscheinungen auftreten.

a) Zusatzliche &$exion der Unterlage

Der Nickelniederschlag bildet auf dem Glas sozusagen eine planparallele Schicht. Es ist daher moglich, daB, wenn nach dem ifberschreiten des Grenzwinkels der Totalreflexion in das Nickel unter flachem Winkel ein definierter Strahl eindringt, eine nochmalige Reflexion an der Nickel- Glas- Grenzschicht, also an der Unterseite der Nickelschicht, eintritt. Bei geringen Dicken ist nun der Rontgenstrahl genugend durchdringend, um mit merklicher Intensitat wieder herauszukommen. Dieser Strahl ist gegenuber der Reflexion an der Oberflache, die immer noch schwach vorhanden ist, entsprechend dem Gangunterschied phasenverschoben. Es interferieren daher die von den zwei Reflexionsflachen herrihrenden Wellen, die sich je nach dem Reflexionswinkel verstiirken oder schwiiohen, so dalj abwechselnd Maxima und Minima der Reflexion bei Drehung des Spiegels erhalten werden mussen. Es wurden tatsilchlich solche Re- flexionskurven aufgenommen und durch photographische Dreh- aufnahmen erhalten: die sich in der eben angegebenen Art zwanglos erklaren lassen. Aus der Lage der Maxima und Minima liiBt sich die Dicke der Nickelschicht sehr genau berechnen. Es soll diese Interferenz aber erst in der nachfolgenden Arbeit niiher behandelt werden, hier soll diese Frage nur so weit inter- essieren, als dadurch eine Falschung der Reflexionskurve moglich ist.

Fig. 26 zeigt die mit der Cu K u,-Linie aufgenommene Reflexionskurve des Nickelspiegels Ic, der eine 220 AE dicke Nickelschicht besalj. Der Kurvenverlauf ist hier n u bis cp = 7,0.10-8 eingezeichnet, den weiteren Verlauf, der die Rontgeninterferenzen zeigt, bringt erst die Fig. 6 in der nach- folgenden Arbeit. Die vorliegende Fig. 26 enthalt punktiert eingezeichnet die Reflexionskurve eines Nickelspiegels normaler Dicke, und zwar des Nickelspiegels Ni I I a (vgl. Fig. 25). Man sieht, daB der dunne Spiegel gegenuber dem dicken im steil abfallenden Teil der Kurve hohere Reflexionsbetriige liefert, so daB der Verlauf der Kurve etwas flacher ist. Es ist selbst- verstiindlich, daB man sich dariiber im klaren sein muB, bei welchen Dicken der Schicht die Grenzschicht eine merkliche

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754 H 1 Kkssig

zusatzliche Reflexion liefert, damit man die gernessene Re- flexionskurve nicht falsch deut,et und unrniigliche Schlusse daraus zieht.

Reflexionskurve eines diinnen Nickelspiegels auf Glss (Ki Ic). Die ge- strichelte Kurve stellt die Reflexionskurve des dickeren Spiegels NiIIb dar.

(Cu K a, I. = 1,537 AE) Fig. 26

Diese Erscheinung macht sich aber nur denn in der hier beschriebenen Weise bemerkbar, wenn die aufgedampfte Schicht tatssichlich sehr gleichmiiBig dick ist.

b) Geringere Reflexion an auperst dunnen tkhichteri

Es ist in der Optik bekannt, dal3 bei iiul3erst dunnen Schichten die Totalreflexion nicht mehr vollkommen ist, sondern da13 ein Teil der Strahlung ohne Richtungsanderung hindurch- geht. Die Reflexionsmessung mit Rdntgenstrahlen an einern so dunnen Nickelspiegel (Ni IIIb), dal3 die Nickelschicht kaum zu sehen war, 1al3t sich in derselben Weise deuten. . Die Messung wurde mit der CuKctcr,-Linie ausgefuhrt, die Reflexionskurve zeigt Fig. 27. Solange Glas allein hohe Re- flexion gibt, ist auch im vorliegenden Fall die Reflexion grol3. Beim Uberschreiten der Grenze der Totalreflexion des Glases tritt ein deutlicher Knick ein, die Reflexion der dunnen Nickel- schicht ist wesentlich geringer als die einer dicken Schicht, die von der Kurve ohne MeBpunkte miedergegeben wird, und nimmt noch mit aunehmendem Winkel ab. Es schneiden sich aber schlierjlich die beiden Kurven, so daB bei den groSten Winkeln

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Untersuchungen xur TotalreJexion von Riintgenstrahlen 755

die Kurve wieder oberhalb der Reflexion eines normalen Spiegels verlauft ; es macht sich hier die vorhin behandelte Reflexion der Unterlage bemerkbar.

M O y

Reflexionskurve eines Spiegels mit liuBerst dunner Nickelschicht Glas (Ni I11 b). Die Kurve ohne MeDpunkte ist die Reflexionskurve

dickeren Spiegels Ni IIb. (Cu K a1 1 = 1,537 AE) Fig. 27

auf des

Wiirde man die Reflexion dieses Spiegels durch visuelle Ausmessung von Drehaufnahmen untersuchen wollen, so ist es nach der Reflexionskurve einigermal3en unklar, an welcher Stelle der Kurve auf der photographischen Aufnahme eine ,,Grenze" sicht,bar wird. Tatsachlich bringt nur der Knick in der Kurve eine scharfe Grenze der Schwarzung bei einer Drehaufnahme zustande, wie das die Drehaufnahme dieses Spiegels mit der gleichen Wellenlange (Cu I{ tcl) in Fig. 28 zeigt. Links auf der Aufnahme ist wieder Drehaufnahme des der direkte Strahl belichtet.

geniigend ersehen lassen, da13 die Re- Fig. 28 flexionskurven dunner Spiegel sich nicht annahernd durch die Angabe eines ,, Grenzwinkels" charakteri- sieren lassen.

C. Die Dispersionsknrve von BSntgenstrahlen 1. uber s i ch t iiber die exper imente l len Ergebn i s se

Es sind zur ubersicht uber das gewonnene Material alle gemessenen Kurven noch einmal in Fig. 29 zusammengestellt,

Photographische

Spiegels Ni I11 b mit Cu K a,

Ich glaube, daB diese Ausfuhrungen = AE)

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756 H. Kiessig

Fe Ka,

Ni Ii a,

Cu g a l

Ni KP,

pr'i K - K a t e

w La,

cu KBI

Au La,

Au LBI

Ubersicht iiber die gemessenen Reflexionskurven mit einigen Beispielen Ton photographischen Drehaufnahmen

Fig. 29

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Untersuchungen zur Totalreflexion von Rontgenstrahbn 757

um die Anderung der Form der Reflexionskurven und die Ver- schiebung der Grenze der Reflexion mit der Wellenlange uber- blicken zu konnen. In die Kurven, die hier ohne MeBpunkte eingezeichnet sind, ist durch einen ausgezogenen Strich die Lage des ,,Grenzwinkels" tpo angegeben, definiert durch die Beziehung

% = wj, und zwar berechnet rnit den bei Figg. 18-24 angegebenen 8- Werten.

Neben den Reflexionskurven veranschaulichen photogra- phische Drehaufnahmen in naturlicher GroI3e die auf der lang- welligen Seite der Ni K-Absorptionskante mit den Linien Fe K al, Ni K ctl und Cu K a, und auf der kurzwelligen Seite rnit W L a, und Cu K B1 im Abstand von 66,5 cm vom Spiegel aufgenommen wurden, die Anderung der Reflexion mit der Wellenlange. Links auf den Drehaufnahmen ist jeweils der unabgelenkte Rontgen- strahl mitbelichtet. Auf der langwelligen Seite ist die Abnahme der Grenze rnit kurzerer Wellenlange sichtbar; die Grenze der Totalreflexion erscheint hier ziemlich wharf, wahrend auf der kurzwelligen Seite die Aufnahmen einen langsameren Abfall der Intensitat an der Grenze der Reflexion erkennen lassen. Immer- hin erscheint eine ,,Grenae" noch deutlicher als sie in Wirklich- keit nach den Reflexionskurven vorhanden ist.

Die aus dem Vergleich der gemessenen Reflexionskurven mit den berechneten Kurven gewonnenen 8-Werte sind in Tab. 1 eingetragen, die auch die Werte fur 8/A2 enthalt.

Ni K a1 Cu K a, Ni K Dl Ni K-Kante W L aI

Tabel le 1

9,13 yi:! 1 7,92 1,655 1,537 1,497 18,7 8,35 1,489 - - 1,473 17,5 8,07

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758 Hi Kiessig

2. Die Disper s ionskurve von Nickel

Fur die Darstellung der Dispersionskurven ist es zweck- maDig, wie bei L a r s son nicht das 6, sondern 6/12 in hbhangigkeit von der Wellenlange anzutragen. Die MeDpunkte nach der Tab. 1 sind in Fig. 30 eingezeichnet und zu beiden Seiten der Absorptionskante durch je einen Kurvenzug verbunden. In der Nahe der Kante, wo insbesondere durch die Lage des mit

Dispersionskurve yon Nickel Fig. 30

der Ni X P,-Linie erhaltenen Wertes der Verlauf unsicher ist, wurde keine Kurve durchgelegt.

Die gemessene Dispersionskurve sol1 nun mit der Throrie verglichen werden. I n der Einleitung sind die Gedankengznge ausgefuhrt worden, die K r a m e r s , K a l l m a n und Mark1) und Kron ig zur Entwicklung der Dispersionsformel fur Rontgen- strahlen fuhrten. Die theoretische Behandlung der Formel ist in schijner M7eise von Pr ins2) durchgefuhrt worden. Die Formel lautet ohne Berucksichtigung des Dampfungsgliedes

p ist die Dichte des dispergierenden Materials, A das Atom- gewicht , Z K die im Atom vorhandene Anzahl Elektronen niit

1) H. Kallrnsn und H. Mark, Naturwissenschaften 14. S. 648. 1926;

2) J. A. Prins, Ztschr. f . Phys. 47. S. 479. 1928. Ann. d. Phys. 82. S. 585. 1927.

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Untersudwngen xur Totdreflexion uon Bontgenstrahlen 759

der Grenzfrequenz vK die ubrigen Buchstaben haben die ubliche Bedeutung. Die Summation ist uber alle im Atom vorhandene Grenzfrequenzen vg zu erstrecken.

1st il < i lK dann sind in dem Ausdruok in der eckigen Klammer die Vorzeichen umzukehren.

Die Dampfung macht sich in der Dispersionskurve nur in unmittelbarer Nahe der Absorptionskante bemerkbar und be- wirkt, daB die Kurve fur die Wellenlange der Kante nicht nach -a geht, sondern nach meiner Berechnung ihr Minimum bei 1’ = 2,90.10-6 hat, wenn fur die Dampfung reine Strah- lungsdampfung angenommen wird.

Es ist nach dieser Formel die theoretische Dispersionskurve fur Nickel berechnet worden und in Fig. 30 als Kurve a ein- gezeichnet. Fur die Dichte der Nickelschicht wurde dabei e = 7,5 gesetzt, weil sich mit diesem Wert die gemessene und die bereohnetme Kurve am besten decken. DaB dieser Wert fur die Dichte angenommen werden darf, wurde oben schon aus- gefuhrt (vgl. S. 729). Die Genauigkeit, rnit der die Dichte bekannt ist, darf man wohl zu etwa & 5 Proz. angeben; inner- halb dieser Grenze stimmen also auch die Absolutwerte der Theorie rnit dem Experiment uberein.

Im einzelnen zeigt der Vergleich des Verlaufes beider Kurven, daB die experimentelle Kurve, wie es die Theorie fordert, auf beiden Seiten der K-Absorptionskante zu einem Minimum abfallt. DaB der MeBpunkt mit der Ni K /?,-Linie hier herausfallt, sol1 erst im folgenden besprochen werden. Es ist aber zu beachten, daB die Kurve auf der kurzwelligen Seite der Kante merklich flacher verlauft als die theoretische Kurve a, wahrend sie auf der langwelligen Seite starker abgebogen ist und auBerdem relativ zum kurzwelligen Ast hoher liegt als es nach der Theorie zu erwarten ware.

Es war bei der Berechnung der Kurve a die Oszillatoren- starke eines K-Elektrons gleich 1 gesetzt, d. h. es wurde rnit ZlC = 2 gerechnet. Eine eingehendere Behandlung der Dis- persionstheorie fordert aber nach K r a m e r s und Kronigl) eine geringere Oszillatorenstarke fur die I<-Elektronen; Pr ins2) halt

d

1) R. de L. Kronig und H. A. Kramers, Ztschr. f . Phys. 48.

2) J. A. Prins, Ztschr. f. Phys. 47. S.479. 1928. S. 147. 1928.

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760 H . Kiessig

auf Grund seiner Messungen an einem Stahlspiegel einen Wert ZK = 1,3 fur wahrscheinlich. Ich habe deshalb eine weitere Kurve rnit diesem Werte berechnet und als Kurve b in die Fig. 30 mit eingezeichnet. Vor allem auf der kurzwelligen Seite der Kante gibt sie den Verlauf der Kurve besser wieder. Auf der langwelligen Seite zeigt aber die gemessene Kurve immer noch einen starker geknickten Verlauf und die beiden MeBpunkte mit der Ni K a,- und der Fe K a,-Linie liegen auch jetzt noch gegenuber dem kurzwelligen Teil zu hoch.

Der Wert fur die Ni K,!3,-Linie, die nur 8 AE von der Ni R-Absorptionskante entfernt liegt, fallt aus der ganzen Kurve heraus. Man kann dies vielleicht in Zusammenhang bringen rnit der bekannten Feinstruktur der Absorptionskanten. Auf der langwelligen Seite der Kante konnen Ubergange in nicht besetzte (optische) Niveaus vorkommen, die als Resonanz- stellen nach der Drude-Lorentzschen Dispersionsformel zu behandeln waren. An solchen Stellen kann d a m unter Um- standen die Dispersionskurve stark erhoht werden.

3. Die Genauigkeit der mit der Totalreflexionsmethode e rmi t t e I t en &-We r t e

ZunHchst mochte ich einiges daruber sagen, inwieweit ich die benutzte Methode der Auswertung der Kurven und damit meine Ergebnisse fur die Brechungsindizes fur zuverlassig halte.

Auf der langwelligen Seite der Absorptionskante ist die Unsicherheit in der Auswertung gering, weil die Reflexions- kurven wegen der geringen Absorption einen steilen Abfall des Reflexionsvermogens aufweisen. Der mogliche Fehler ist hier sicher nicht grol3er als f 2 Proz. Es lassen sich die erhaltenen Resultate auch nicht speziellen Eigenschaften eines einzelnen Spiegels zuschreiben, da mehrere Spiegel untersucht wurden. Die Spiegel Ni I I I a und Ni IIa (Fig. 25) fuhren genau zu dem- selben 8-Werte fur die Cu K q-l inie . Die ubrigen MeBpunkte der Dispersionskurve wurden rnit dem Spiegel Ni I I b erhalten.

Auf der kurzwelligen Seite der Kante, wo die Absorption sehr hoch ist und damit der Verlauf der Kurven sehr flach, ist die Auswertung schwieriger. Es kommt hier aber vor allem die Schwierigkeit mit herein, daB die gemessene und die gerechnete Xurve nur in einem kleinen Stuck ubereinstimmen. Es wird aber die Fehlergrenze von f 2 Proz. auch hier kaum uber-

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Untersuchungen zur Totalreflexion von Rlintgenstrahlen 761

schritten werden, da in erster Linie die Fehlergrenze in der Angabe der absoluten Winkelwerte die Genauigkeit bestimmt.

4. Vergleich der Dispersionskurve m i t friiheren Messungen

Es sollen nun zur Diskussion der Dispersionskurve die Ergebnisse einiger fruherer Messungen herangezogen werden.

L a r s s o nl) hat die Dispersionskurve fur leichtatonzige Sub- stanzen gemessen, und zwar fur Quarz mit der Methode der Brechung im Prisma und fur Kalkspat mit der Methode der streifenden Strahlung bei der Kristallreflexion und fand im wesentlichen quantitative Ubereinstimmung rnit der Theorie. Die Abweichungen, die auch L a r s s o n in der Niihe der I<- Absorptionskante findet, liegen qualitativ in der gleichen Rich- tung wie die Abweichungen, die meine Kurve gegenuber der theoretischen Kurve aufweist. EN verlauft auch bei La r s son die Kurve auf der kurzwelligen Seite der Kante etwas flacber. Auf der langwelligen Seite biegt sie bei Anniiherung an die K-Kante (von langen Wellen her) erst spiiter ab und weist auch einen starkeren Knick auf. Ferner liegen auch hier die Werte relativ zum kurzwelligen Ss t der Kurve hoher, als es die Theorie erwarten liiBt.

Da13 in groBerer Entfernung von einer Absorptionskante quantitativ sehr gute Ubereinstimmung mit der Theorie, jeden- falls bei leichten Elementen, besteht, zeigt besonders deutlich eine neuere Arbeit von Staussz) , der, nach der Methode der Brechung im Prisma, sehr exakte Messungen mit der K al- und K ,$',-Liffie von Mo an Quarz ausgefuhrt hat. S t a u s s verwertet seine Ergebnisse sogar zu einer neuen elm-Bestimmung ; vor- laufig scheint es aber wohl richtiger zu sein, aus ihnen auf die Gultigkeit der theoretischen Formel zu schliefien, da diese anderweitig noch nicht hinreichend bewiesen ist.

An schwereren Elementen wurden verschiedene Messungen mit der Totalreflexion ausgefuhrt. F o r s t er3) versuchte, die Dis- persionskurve von Kupfer zu beiden Seiten der K-Absorptions; kante zu messen. Als Spiegel dienten durcli Kathodenzerstau- bung auf Glas hergestellte Schichten. Er erhielt einen praktiscli geradlinigen Verlauf der Dispersionskurve, die nur beim Uber-

1) A. Larsson, Dissertation Upsala 1929. 2) E. Stauss, Phys. Rev. 36. S. 1101. 1930. 3) R. Fors te r , Helv. Phys. Acta 1. S. 18. 1928.

Annalen der Physik. 5 . Folge. 19. 50

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schreiten der K-Kante einen Sprung macht. Die Forsterschen Werte sind bei La r s son (S. 19) korrigiert dargestellt. Die Messungen durfen aber, da die photographischen Drehaufnahmen nur visuell ausgewertet, wurden, nicht als sehr zuverlassig be- t]rachtet werden.

Ebenso wie F o r s t e r , haben andere Forscher ihre Genauig- keit, offenbar erheblich uberschatzt. Doanl) hat unter anderem auch Messungen der Totalreflexion an Kickel gemacht, die also im vorliegenden Falle besonders interessant sind. Als Spiegel tlienten auch hier durch Kathodenzerstaubung hergestellte Niederschlage auf Glas. Die Genauigkeit seiner Messungen gibt Do a n zu 1 Proz. an. Fur die Wellenlange Cu I< ccl (A = 1,537 dE) findet er 6 = 2 5 , 5 ~ 1 0 - ~ ; der theoretische Wert nach der Pormel von K a l l m a n und Mark , gerechnet rnit der normalen Dichte, ist 21 ,G * wahrend meine Messungen 18,7 - 10-6 lieferten. Diese Messung liegt auf. der langwelligen Beite der I<-Absorptions- kante von Nickel; bei der Messung rnit der Wellenlange Cu K p, (3, = 1,389 b E ) , also auf der kurzwelligen Seite, wo die Rr- flexionskurve sehr flach verliiuft, findet Doan B = 10,9H.10 6.

Der theoretjsche Wert ist hier, wieder fur normale I)ichtc., 19,8.1V; meine Messungen ergaben S = 17,0.10-6.

S t aussz) hat bei fruheren Untersuchungen uber die Total- reflexion an Nickelspiegeln mit Mo Ii tcl (I. = 0,708 AE) fest- gestellt, daB selbst bei dicken Schichten fur 6 ein Wert erhalten wird, der nur dann mit der Dispersionstheorie ubereinstimrnt, wenn man die Dichte zu 4,13 bis 5,44 annimmt. Bei dergleichen Wellenllinge und ebenfalls fur Nickel fand Edwards3) , dalj bei dicken Schichten, die ebenfalls rnit Kathodenzerstaubung her- gestellt waren, der von der L o r e n t zschen Dispersionsformel geforderte Wert genau erreicht wird. Auf die besonderen Un- sicherheiten der Messungen an dunnen Schichten habe ich oben (S. 752) schon hingewiesen.

P r in s 4, hat Reflexionsmewungm mit einem Stahlspiegel durchgefuhrt und Werte erhalten, die auf der langwelligen Seite

1) R. L. Doan, Phys. Rev. (2) 27. S. 796. 1926; (2) 26. S. 205. 1927;

2) E. Stauss , Phys. Rev. (2) 31. S.491. 1928. 3) H. W. Edwards, Phys. Rev. (2) 32. S. 712. 1928 und 33.

4 ) J. A. Pr ins , Stsrhr. f. Phys. 47. 8. 479. 1928.

Phil. Mag. (7) 4. S. 100. 1927.

R. 463. 1929. '

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Untersuchungen xur Totalreflexion von Rontgenstrahlen 763

der K-Absorptionskante uber den theoretischen Werten (nach K a l l m a n und Mark) liegen; auf der kurzwelligen Seite hat er seine Messungen wegen der zu grol3en Unsicherheit nicht aus- gewertet .

Es ist nun besonders zu beachten, daB alle diese Ergebnisse durch Ausmessen photographischer Drehaufnahmen, ohne Photo- metrierung, erhalten wurden. Wie schon oben hervorgehoben wurde, laRt sich aber auf der kurzwelligen Seite einer Absorptions- kante wegen der starken Absorption nach dieser Auswertungs- methode praktisch nichts aussagen. Hierauf hat auch P r i n s schon deutlich hingewiesen. Ich habe bei einigen der von mir hergestellten photographischen Drehaufnahmen festeustellen versucht, wieweit eine rein visuelle Auswertung uberhaupt fuhren kann. Auf der (in Fig. 29 wiedergegebenen) Aufnahme mit der W L u,-Linie 1aBt sich bei vergrofierter Betrachtung kaum eine Grenze angeben. Am besten sieht man noch den Grenzbereich, wenn man direkt auf die Aufnahme einen Ma& stab auflegt; man wird dann den Grenxbereich etwa xwischen

= 5,8.10-3 und y = 6,4.10-3 angeben konnen. Meine Aus- wertung der Reflexionskurve lieferte 6 = 17,5.10-6, also einen ,,Grenxwinkel" bei rpo = 5 , 9 ~ 1 0 - ~ . Der visuell festgestellte Bereich urnfafit also zwar den richtigen Wert, aber die erreichbare Genauigkeit und mehr noch die Zuverlassigkeit ist sehr gering.

Selbst auf der langwelligen Seite der Absorptionskante konnen die Fehler betriichtlich sein, da es unbestimmt ist, auf welchen Punkt das Auge einstellt. F o r s t e r schlieBt unter der Annehme, da13 das Auge auf die Wendetangente der Schwiirxung einstellt, im Vergleich mit dem theoretischen Verlauf der Re- flexionskurve, daR der Fehler bei diesem Auswertungsverfahren nur gering sein kann. Es ist aber schwer zu sagen, um welchen Betrag dieser Punkt noch vom wahren Grenzwinkel entfernt sein kann, da er auf der Aufnahme selbst (ohne Photometrierung und Umrechnung auf Intensitaten) mitbestimmt wird durch das photographische Schwarzungsgesetz.

Daneben konnen auch die Spiegelqualitiiten fur die visuelle Auswertung eine erhehliche Rolle spielen. Ich mochte zu diesern Punkt besonders auf die in Fig. 25 (8. 746) wiedergegebenen Reflexionskurven fur die Cu K a,-Linie an drei verschiedenen Nickelspiegeln hinweisen. Man kann sich auf Grund dieser Aufnahmen gut vorstellen, daR men, je nach Belichtungszeit

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und Schwarzungsverlauf, bei entsprechenden photographisclien Drehaufnahmen visuell merklich verschiedene ,,Grenzwinkel" messen wurde. Es lafit, sich aber nichts daruber sagen, welche Reflexionseigenschaften die in friiheren Untersuchungen ver- .wendeten Spiegel hatten, da niemals Angaben daruber gemacht werden. Es ist deshalb auch nicht moglich, an Hand der theoretischen Reflexionsformeln die vermut'liche GroBe der Fehlmessung zu diskutieren.

Es ist denkbar, daB sich beim direkten Ausmessen photo- graphischer Drehaufnahmen unter Umstanden zwei Fehler, wenigstens zum Teil, aufheben. Die auf Glas niedergeschlagenen Schichten haben, wie auch bei der Herstellung durch Kathoden- zerstlubung anzunehmen ist, eine geringere Dichte und man rniiBte deshalb einen kleineren d-Wert erhalten. Wie ich oben an einem Beispiel zeigt,e, kann aber, besonders bei flachem Kur- venverlauf, die einfache Auswerhng von Drehaufnahmen offenbar leicht zu groBeren 8-Werten fiihren. Wenn nun beide Fehler etwa die gleiche GroBe erreichen, kann trotz der un- genauen Auswertungsmethode eine ungefahre Obereinstimmung mit der Theorie gefunden werden.

SchlieBlich darf nicht ubersehen werden, daB beim Am- niessen photographischer Aufnahmen auch die Spiegel-Dreh- vorrichtung Fehlermiiglichkeiten mit sich bringen kann. An- scheinend ist in fruheren Arbeiten nie gepriift worden, etwa in der Art, wie ich es oben ( S . 723) beschrieben habe, ob die Drehung des Spiegels wirklich gleichmiiflig erfolgt. Icb weiB aus eigener Erfahrung, daB das einwandfreie grbeit'en cinw Drehvorrichtung fur einen so kleinen Winkelbereich niit be- trachtlichen Schwierigkeiten verbunden sein kann.

Es ware nun besonders interessant, wenn mit der Prisma- methode zuverlassige Messungen an schweren Elementen vor- liegen wurden. D a v i s und Slack1) haben Messungen mit der Mo I< or,-Linie an Ag und Cu mit hblenkung im Prisma aus- gefuhrt. Sie benutzten aber das Prisma in der Stellung minimaler Ablenbung ; der Rontgenstrahl wurde deshalb nur um wenige Ihgensekunden abgelenkt. Sie geben an, daS ihre Werte inner- lialb der MeBgenauigkeit von &, 5 Proz. mit der Theorie uber- einst,irnmen. Es scheint aber, daB die angegebene Fehlergrenze

1) B. Davis und C. M. Slack, Phys. Rev. 86. S. 881. 1925; 27. 8.18. 1926; C. M. Slack, Phys. Rev. 27. S.691. 1926.

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UntersuchungeiL ZUT Totalreflexion von Riintgenstrahlen 765

doch wesentlich uberschritten wird, denn mit der Cu K #?,-Linie haben sie im Kupferprisma einen negativen 8-Wert festgestellt.

Zusammenfassend kann man also sagen, daB bei schwereren Elementen bisher keine Messungen vorliegen, deren Ergebnisse genugend gesichert sind, um uber die Gultigkeit der Theorie, besonders im Gebiete anomaler Dispersion, zu entscheiden. Zuverlassig sind allein die Messungen von La r s son an leichten Elementen, die im Verlauf der Dispersionskurve im wesentlichen die Theorie bestatigen, im einzelnen jedoch merkbare Unter- schiede zeigen in ungefhhr der gleichen Art, wie ich es hier fur Nickel fest ges t ell t habe.

5 . Folge rungen

Meine Dispersionsmessungen wurden ausgefuhrt, urn zu- nachst einmal zu prufen, inwieweit die Met,hode der Total- reflexion hierfur geeignet ist. Die Genauigkeit der Absolutwerte der Dispersionskurve im Vergleich mit der Theorie kann ich nur zu ungefiihr -& 5 Proz. angeben. Es ist die Frage, wieweit die Genauigkeit gesteigert werden kann.

Die groBte Unsicherheit ist dadurch gegeben, daB die Dichte der Nickelniederschlage nicht genau bekannt ist. Die Genauigkeit in der Dichtebestimmung kann zwar wesentlich gesteigert werden, aber sicher nicht beliebig, denn hierzu ware vor allem erforderlich, daB die Dichte einheitlich ist. Die Untersuchungen fiihren aber zu der Vermutung, daB die auBerste Oberflachenschicht in hoherem MaBe aufgelockert ist als die tiefer liegenden Schichten.

Die Genauigkeit in der Bestimmung des Brechungsindex aus den Reflexionskurven la& sich dadurch steigern, daB man die Absolutwerte der Reflexionswinkel noch genauer miat. Dies hat aber nur bis zu einem gewissen Grad Erfolg. Es macht sich schlieljlich bei starker Absorption die Abweichung der gemes- senen Kurve von der berechneten stark bemerkbar und begrenzt die Genauigkeit.

Die beiden erwahnten Punkte, die die Genauigkeit be- grenzen, haben ihre Ursache in der kristallinen Struktur der Nickelschichten. Gegen die Methode der Totalreflexion an sich ist prinzipiell nichts einzuwenden. Dies wird noch besonders bewiesen durch ein Ergebnis, das in der nachfolgenden Arbeit behandelt wird. Fur den Nickelspiegel Ni I I b wird dort nach

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einer Methode, welche direkt auf der Brechung der Rontgen- strahlen beruht, der gleiche d-Wert erhalten wie aus der Messung der Totalreflexion. Es ist deshalb nicht daran zu zweifeln, daB an Einkristallflidchen die Methode der Totalreflexion genau so euverliassige Werte liefern wird wie etwa die Brechung im Prisma ; es ist sogar denkbar, daB in Fallen starker Absorption dieser Methode der Vorzug zu geben ist. Andererseits bestehen bei der Messung an kristallinen Materialien die gleichen Bedenken auch gegenuber der Methode der Brechung im Prisma, da hierbei nur die ZiuSersten Schichten der brechenden Kante mal3gebend sind und Inan schwer etwas uber ihre Beschaffenheit aus- sagen kann.

Ich glaube deshalb, daB ganz allgemein kristalline Ma- terialien, wie sie doch in der Regel benutzt werden, fur Pra- zisionsmessungen uber die Dispersion ungeeignet sind.

Zusammenheeung

Es wurde eine Rontgenapparatur zur Untersuchung der Totalreflexion von Rontgenstrahlen mit monochromatischer Strahlung beschrieben. Die Apparatur war sowohl fur photo- graphische Bufnahmen eum Studium der geometr ischen V e r - l d t n i s s e , als auch fur Ionisationsmessungen zum Studium der reflektierten I n t e n s i t a t e n eingerichtet.

Die Untersuchungen wurden mit Nickelspiegeln auf Gltts- unterlage durchgefuhrt . Die Verdampfungsanlage, die zur Herstellung der Nickelniederschlage diente, wurde brschrieben. Es konnte festgestellt werden, da13 die Dichte der auf diese ,4rt niedergeschlagenen Nickelschichten niindestens um 10 Proz. geringer ist als die normale Dichte von Nickel.

Eh wurde die Abbildung von Glas- und von Nickelspiegeln auf ihre Gute untersucht und mit photometrierten Aufnahrnen gezeigt, dal3 auch fur Rontgenstrahlen gute optische Abbildung erreicht werden kann.

Messungen der reflelrtierten Intensitat an Nickelspiegeln mi t8 iiirhreren Wellenlangen zu beiden Seiten der K-Absorptions- liante zeigten, daB die gemessenen Kurven im grol3en und ganzen den theoretisch geforderten Verlauf aufweisen. Abweicliungen von den berechneten Kurven wurden hauptsachlich in der Nahe der Grenae der Totalrefkxion gefunden, die offenbar auf Spiegel-

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Untersuchungen XUT Totalrefixim von Rtintgenstrahlen 787

rauhigkeiten zuruckzufiihren sind. Bei starker Absorption werden betrachtliche Abweichungen der gerechneten Reflexions- kurve von der gemessenen gefunden und zwar liegen bei kleinen Reflexionswinkeln die gemessenen Reflexionsbetrlge hoher. Zur Erklarung dieser Erscheinung wird an der auBersten Ober- flache der Nickelschichten ein Ubergangsgebiet, mit variabler Dichte angenommen.

Die Untersuchung der Abhangigkeit der Reflexionskurven von der Dicke der auf Glas niedergeschlagenen Nickelschicht ergab, da13 bei dunnen Niederschlagen zwei Erscheinungen auftreten. Nachdem der Grenzwinkel der Totalreflexion uber- schritten ist, kann bei dunnen Schichten die an der Unterseite der Schicht stattfindende Reflexion des im Nickel verlaufenden gebrochenen Strahls mit merklicher Intensitat wieder heraus- kommen, so daIj ein dunner Spiegel groBere reflektierte Intensitat liefert als ein dicker, Bei noch geringeren Dicken reicht die Spiegeldicke nicht mehr aus zum Zustandekommen der nor- malen Totalreflexion, und die Reflexionsbetrage sind, daher geringer als bei einem normalen Spiegel. Nach dem Ober- schreiten des Grenzwinkels der Totalreflexion uberlagert sich in diesem Fall die erstgenannte Erscheinung.

Da die bei der Totalreflexion der Rontgenstrahlen ge- messenen Reflexionskurven sich im wesentlichen mit den F resne l schen Reflexionsformeln darstellen lassen, ist die Totalreflexion zur Bestimmung des Brechungsindex geeignet. Aus den Reflexionsmessungen mit verschiedenen Wellenliingen wurde die Dispersionskurve fur Nickel in der Nlhe der I<- Absorptionskante aufgestellt. Sie zeigt im grol3en und ganzen qualitative tfbereinstimmung mit der theoretischen Dispersions- kurve von K a l l m a n und Mark. Die gefundenen Abweichungen liegen im gleichen Sinn wie die Abweichungen, die L a r s s o n bei seinen Messungen fand. Die Absolutbetriige der gemessenen S-Werte sind innerhalb der Genauigkeit, mit der die Dichte der Schichten bekannt ist, ebenfalls in tfbereinstimmung mit der Theorie.

Meine Messungen fuhren zu der Folgerung, daB kristalline Materialien fur Prazisionsmessungen der Dispersionskurve nicht geeignet sind, da durch die kristalline Struktur die Dichte des Materials und die Heschaffenheit der Oberflache undefiniert werden.

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Die vorliegenden Untersuchungen wurden auf Anregung von Hrn. Privatdozent Dr. H. Ku lenkampf f im Physikalischen Institut der Technischen Hochschule Munchen ausgefuhrt. Icli henutze gerne die Gelegenheit, Hrn. Geheimrat Dr. J. Zenneck , dem Vorstand des Institutes, fur sein Interesse an der hrbeit' und fur die Bereitstellung aller erforderlichen Mittel meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Qleichfalls danke ich herz- lichst Hrn. Dr. H. Ku lenkampf f fur die mir jederzeit in so reichem MaBe gewahrte Unterstutzung in allen praktischen und theoretisohen Fragen. Resonderer Dank gebuhrt auI3erdem der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft,, die vor allem die hierzu benutzte Hochspannungsanlage zur Yerfugung ge- s tdl t hat.

Munchen , Physilialisches Institnt, der Teclinischen Hoch- schnle, Fehruar 1931.

(Eingegangen 7. Blai 1931)

Berichtigung : In der ifberschrift eu der Arbeit : ,,-der--rometrische Wellen-

llingenbestimmungen an der Bergmannserie und den Nebenserien von Rubidium" von R. Ramb, Ann. d. Phys. [5] 10, Nr. 3, S. 311, 1931 hat sich ein Druckfehler eingeschlichen. Es muE heiSen ,,Wellenliingen- bestimmungen" und nleht Wellenbestimmungen.

(Eingegangen 4. August 1930)