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Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1967 Die Pfarreien im frühen Mittelalter Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von … · 2012. 7. 23. · Deutlicher als ecclesia ist plebs. Die Idee des populus sanctus ist schon biblisch (Deut. 7,6,

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Untervazer Burgenverein Untervaz

Texte zur Dorfgeschichte

von Untervaz

1967

Die Pfarreien im frühen Mittelalter

Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

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1967 Die Pfarreien im frühen Mittelalter Iso Müller

in: Heinrich Büttner und Iso Müller: Frühes Christentum im schweizerischen Alpenraum. Benziger Verlag 1967. Seite 41-133.

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DIE PFARREIEN BIS ZUR JAHRTAUSENDWENDE

S. 41: I. Die Pfarrei als Gesamtproblem

Während die Erforschung der Diözesen schon im 18. Jh. begann, haben wir vor

der Mitte des 19. Jh. keine grösseren Werke über die Pfarreien. Erst dann setzen

die meist historisch-statistischen Beschreibungen der Diözesen ein, die von

Pfarrei zu Pfarrei gehen.1 In dieser Hinsicht ausgezeichnet sind die

«Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer», die

eine Abteilung Kirchen- und Grafschaftskarten bieten (Vorarlberg 1951, Tirol

1954, Niederösterreich 1955). In der Schweiz hat Arnold Nüscheler 1864 sein

grosses Werk über: «Die Gotteshäuser der Schweiz, Historisch-antiquarische

Forschungen», begonnen, das jedoch nur das Bistum Chur (1864) und das

Bistum Konstanz (1867ff.) umfasste.2 Dafür begannen seit 1927 die

«Kunstdenkmäler der Schweiz» in die Lücke zu springen, die jedoch noch nicht

beendet sind.3

Die zweite Forschungsrichtung, die sich mit der Pfarrei abgab, war die

Patrozinienkunde, die vom Heiligen, dem die Pfarrkirche geweiht war, und

dessen Kult ausging. Solche Arbeiten entstanden schon im frühen 19. Jh.,

begannen aber erst seit dem Ende des Säkulums bedeutender und methodischer

zu werden. Für unser Untersuchungsgebiet liegen patroziniengeschichtliche

Darstellungen vor, welche der Erforschung der Pfarreien unmittelbar einen

grossen Dienst leisteten.4

Das dritte Forschungsgebiet war die Rechtsgeschichte. Seitdem Ulrich Stutz

1895 erstmals die «Geschichte des kirchlichen Benefizialwesens von seinen

Anfängen bis in die Zeit Alexanders III.» veröffentlichte und die Bedeutung der

Eigenkirche ins Licht setzte, suchte man immer mehr die Gründungen von

Pfarreien auf rechtsgeschichtlichem Wege zu erhellen. Dazu verhalfen auch die

guten Übersichten von H. E. Feine über die einschlägigen Begriffe der

kirchlichen Rechtsgeschichte, die in der Erforschung der Pfarreien zu beachten

waren.5 Schliesslich befassten sich gerade die Rechtshistoriker gerne mit den

Gewohnheiten der Pfarreien, wie noch zuletzt die Werke von Karl Siegfried

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Bader dartun, die zwar in besonderer Weise das mittelalterliche Deutsche Reich

behandeln, aber auch den deutsch-schweizerischen Raum berücksichtigen.6

Aus diesen drei Sichten heraus entstanden schon wertvolle Arbeiten über

bestimmte Landschaften. Wir möchten nur L. Pfleger, Die elsässische Pfarrei,

1936, und F. Pauly, Siedlung und Pfarrorganisation im alten Erzbistum Trier, 3

Bände 1957-1963, erwähnen.7 In diesem Sinne versucht die vorliegende Studie

die Pfarreien des schweizerischen Alpenraumes zu erfassen und dabei die

besonderen Gegebenheiten der alpinen Kirchgemeinde hervorzuheben.

S. 42: a. Die Terminologie

Da die christliche Mission von der antiken Polis ausging, also von den

städtischen Zentren des Lebens, entstanden dort erstmals Seelsorgsbezirke,

welche meist Bischöfe betreuten. Daher kam es, dass «Pfarrei», vom

griechischen paroikia abgeleitet, seit dem 4. Jh. ein Synonym für Diözese

darstellte, wie uns die Schriften von Paulin von Nola, Hieronymus und

Augustinus zeigen. Seit dem 6. Jh. machte sich dieser Terminus in den

päpstlichen Briefen wie in den Konzilien breit.8 Noch im Hochmittelalter hat die

Bezeichnung manchmal diesen Sinn. Am meisten gebrauchten die Bischöfe von

Chur in ihrem Verkehr mit dem Königshofe und der römischen Kurie parrochia

für das Bistum.9 Gelegentlich heisst auch das Bistum Konstanz parrochia.10

Sonst aber werden die Bistümer gewöhnlich episcopatus, dioecesis usw.

genannt.

Der Begriff parrochia für eine Pfarrei begegnet uns aber auch schon früh in

Konzilsakten des 6. Jh. und dann in Dokumenten der folgenden Jahrhunderte.11

Aber in unserem Untersuchungsgebiete treffen wir den terminus technicus erst

vom 12. Jh. an. Rankweil wird 1157 parrochia genannt. 1182 ist die Rede von

den parrochiani von Matsch (Vintschgau).12 Der Churer Bischof kennt 1201 die

parrochiani von Burgeis.13 Die Belege beschränken sich nicht nur auf das

Bistum Chur. In der Urkunde Friedrichs I. für Beromünster von 1173 begegnen

wir dem Ausdruck parrochia. Alexander III. gebraucht ihn in einer Urkunde von

1179 für Münster-Granfelden.14 1206/16 wird ein sacerdos parrochitanus von

Stans genannt.15 Cono von Estavayer schreibt in seinem 1228 verfassten

Kirchenregister der Diözese Lausanne von ecclesiae parrochiales, öfters auch

von einer parrochia.16 Man wird aber dem Ausdruck parrochialis ecclesia nicht

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immer vollgültigen Inhalt geben dürfen, denn auch Spiringen wurde so genannt,

obwohl es seit 1290 eine Kirche, das Tauf- und Begräbnisrecht hatte, aber doch

erst Ende des 16. Jh. rechtlich ganz von Bürglen unabhängig wurde.17 Wie es

scheint, haben dann erst die Humanisten die Ausdrucke parrochia und später

parrochus in den Vordergrund gedrängt. Den Schluss bildet das Trienter Konzil,

das in seinen Erlassen stets die beiden Begriffe bringt.18

Die Benennung ecclesia allein ist sehr vieldeutig. So finden wir im sogenannten

Testament von Bischof Tello 765 sowie im Reichsurbar aus der Mitte des 9. Jh.

ecclesia als Klosterkirche (bzw. Kloster), als Pfarrkirche wie auch als Kapelle.

Die Pfarrkirche von Ruschein heisst ebenso ecclesia wie ihre Filialen in Seth

und Ladir.19 Anderseits kann darunter auch eine Kapelle gemeint sein, werden

doch z.B. noch im 14. Jh. mehrere Kapellen, so in Villaz, Täsch, Leukerbad,

einfachhin als ecclesiae bezeichnet.20

Deutlicher als ecclesia ist plebs. Die Idee des populus sanctus ist schon biblisch

(Deut. 7,6, 14,2, I Petr. 2,9). Von ordo et plebs, dem Klerus und dem Volke,

S. 43: spricht Tertullian, von plebs sancta Cyprian und Augustinus sowie liturgische

Texte wie z.B. der Messe-Kanon.21 Die Lex Romana Curiensis aus der ersten

Hälfte des 8. Jh. braucht den Begriff im sakralen Sinn.22 Ebenso kennen die

Capitula des Bischofs Remedius um 800 einen presbyter plebis.23 Das Rätische

Reichsurbar aus der Mitte des 9. Jh. spricht vielfach von einer ecclesia plebeia

und meint damit eine eigentliche Pfarrkirche mit Taufrecht. Die Kirchen von

Zillis und Pleif werden sogar damit ausdrücklich als Talkirchen bezeichnet:

ecclesia plebeia cum decima de ipsa valle tota. Das Original ist jedoch verloren.

Es steht uns nur eine Abschrift des 16. Jh. von G. Tschudy zur Verfügung, die

auf eine verlorene Kopie des 10.-12. Jh. zurückgeht. Man hat nun die Hypothese

aufgestellt, es habe im Original eigentlich ecclesia baptismalis oder nur ecclesia

et plebs geheissen.24 Das ist gut möglich. Auch die Urkunden von 881 und 888

für Rätien sprechen von den plebes von Rankweil, Nüziders und Flums im Sinne

von Pfarreivolk.25 Daher bewahrt ja das Rätoromanische heute noch Pleif (von

plebem) als Bezeichnung für eine Pfarrei. Aber plebs ist auch in den Tessiner

Tälern gebräuchlich gewesen, so dass man in den mittelalterlichen Urkunden

von plebs auf ein Gotteshaus (Pfarrei) schliessen kann, ähnlich wie von

vicinantia.26 Daher die vielen ecclesiae plebanae im Tessin und überhaupt in der

Lombardei und Italien.27 Aber auch Urkunden des alemannischen Gebietes

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kennen diesen Begriff. So gebraucht der Bischof von Basel in einer Urkunde von

1102 zweimal plebis cura.28 In einem Dokument des Konstanzer Oberhirten von

1291 erscheint tota plebs parrochie bzw. plebanus cum tota plebe.29 Man darf

also von plebs auf eine Pfarrei schliessen, es musste denn sein, dass der

Zusammenhang es verbiete.

Ebenso täuschend wie ecclesia ist capella, das keineswegs eine Kapelle im

heutigen Sinne, also ein abhängiges Kirchlein, bedeuten muss, sondern vielfach

auch auf Pfarrkirchen angewendet wurde. So nennt die Urkunde Ludwigs des

Deutschen vom Jahre 857 die Peterskirche in Zürich sowie die Kirchen von

Bürglen und Silenen Kapellen, obwohl sie damals sicher schon Pfarrkirchen

waren.30 Die capella s. Carpofori in Trimmis, die 958 zitiert wird, dürfte eine

selbständige Kirche mit Seelsorge gewesen sein.31 Die Pfarrkirche in Remüs

wird noch in päpstlichen Dokumenten von 1178 und 1182 als capella

bezeichnet.32

Ebenso wenig ist basilica eindeutig.33 Vielfach wurde der Begriff für die grossen

römischen Basiliken, die über den Martyrergräbern entstanden, gebraucht. So

sprach man von der Basilica Apostolorum, der Basilica Ostiensis. In diesem

Sinne nannten noch Bischof Avitus von Vienne (gest. 518) und Bischof

Eucherius von Lyon (gest. 449/450) die Märtyrerkirche von St. Maurice eine

Basilica.34 Die Gallusviten des 9. Jh. sprechen nicht nur von der ecclesia,

sondern gelegentlich von der basilica In honore beati Galli.35 Urkunden von 890

und 895 erwähnen die basilica sancti Galli.36 Der Lausanner Bischof Prothasius,

652 nachweisbar, starb in einem Dorfe am Genfersee, wo er in einer

Marienkirche begraben wurde, die nachher basilica

S. 44: sancti Prothasii genannt wurde, weshalb Cono von Estavayer uns noch zu

Beginn des 13. Jh. von einem Orte berichten kann, der Basuges = basilicas hiess,

heute einfach Saint-Prex bezeichnet.37 Das Grab des hl. Florin befand sich in der

Peterskirche zu Remüs, die dann im 11. Jh. als basilica sancti Florini galt.38

Daher wird dann auch in den Annales Einsidlenses die Kirche, welche die

sogenannte Zelle des hl. Meinrad enthielt, basilica genannt.39 Selbst der Mönch

von Disentis, der Ende des 12. Jh. die Passio Placidi schrieb, nennt die

zweitgrösste Kirche von Disentis, die Marienkirche, bald basilica, bald

oratorium, die dritte und kleinste aber, die Placiduskapelle, welche die Stätte des

Martyriums anzeigte, basilica.40

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Aber nicht nur Kirchen mit Heiligengräbern, sondern allgemein Kirchen werden

mit basilica bezeichnet. So finden wir vielfach diesen terminus in den rätischen

Urkunden, angefangen von ca. 800 für die Kirche von Trimmis, dann für die

Kirchen von Wyden bei Wesen und Igels im Lugnez, die kaum Pfarrkirchen

waren, aber auch für die Pfarrkirche von Feldkirch.41 Daher das rätoromanische

baselgia für Kirche überhaupt. Aber auch sonst bedeutet das Wort eine

Pfarrkirche, so in der Urkunde des Strassburger Bischofs Eddo von 762, in

welcher von den basilice von Spiez und Scherzligen am Thunersee und von

Biberist bei Solothurn die Rede ist.42 Die Kirche von Wangen in der March wird

844 in einer Schenkungsurkunde als basilica charakterisiert.43 Von den vielen

Beispielen der folgenden Zeit sei einzig ein Kirchenverzeichnis eines Einsiedler

Codex des 10./11. Jh. angemerkt, in welchem 17 Gotteshäuser nacheinander

stets als basilica angeführt werden, obwohl sich darunter auch Kapellen

befanden. So zitiert das Register vier basilice einzig in Riegel (Breisgau) und

zwei basilice in Eschenz. Nicht nur der überraschend pauschale Gebrauch von

basilica, sondern auch die klassische Form der Ortsnamen verraten, dass hier ein

Mann der ottonischen Renaissance, die bekanntlich auch Interesse am

Griechischen hatte, am Werke war.44

Man wurde erwarten, dass die Bezeichnung titulus, die an die römischen

Titelkirchen gemahnt, eine Pfarrkirche anzeigt. Das kann so sein, muss aber

nicht eintreffen. Der titulus S. Alexandri in Rankweil, der titulus S. Gaudentii zu

Casaccia, beide im 9. Jh. belegt, bedeutet keine Pfarrkirche. Wohl aber handelt

es sich beim titulus S. Lucii und dem titulus S. Ambrosii um selbständige

Kirchen zu Fläsch und Tiefenkastel.45

Von den rechtlichen Sachbegriffen gehen wir zu den persönlichen

Amtsbezeichnungen über. Es fällt zunächst auf, dass im Frühmittelalter

presbyter und sacerdos mit einer Orts- oder Herkunftsangabe nichts weniger als

ein Pfarrer ist. So erzählt uns Gregor der Grosse (gest. 604) von einem presbyter

quidam in der Provinz Nursia, der die ihm anvertraute Kirche (commissam sibi

aecclesiam) nicht weniger als 40 Jahre lang in Gottesfurcht leitete.46 Im 6./7. Jh.

haben wir in St. Peter zu Remüs einen Alexander presbyter und darauf einen

Florinus presbyter ordinatus,

S. 45: also zwei Pfarrherren. Ihnen folgte später Saturninus presbyter, ecclesiae

procurator, der in Passivus diaconus einen Gehilfen hatte.47 Im Tello-Testament

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von 765 zeichnet gleich nach dem Bischof der presbyter Silvanus, offenbar der

Churer Stadtpfarrer. Als Schreiber des Dokumentes figuriert Foscio presbyter,

der als «Kanzler» des Oberhirten gelten kann. Der im gleichen Dokument zu

Fellers genannte presbyter Lopus und der zu Truns heimische presbyter Silvanus

dürfen als amtliche Seelsorger angesprochen werden.48 Die Bestimmungen des

Churer Bischofs Remedius um 800 verstehen unter dem presbyter plebis den

presbyter, qui in ipsa valle fuerit, also den Tal-Pfarrer.49 Noch 1182 wird der

Pfarrer von Matsch (Vintschgau) als presbyter angesehen.50 Man versteht es

daher, dass presbyter im Rätoromanischen als prer weiterlebte.

Auch ausserhalb Rätiens treffen wir den terminus. Der quidam sacerdos

Willimar, den St. Gallus im Castrum Arbona vorfand, war der verantwortliche

Leiter der Arboner Kirchgemeinde, der auch sein Haus neben der Kirche hatte.

Geradezu einen Beweis für seine Tätigkeit bilden die drei Diakone, die bei ihm

ihre theologischen und pastorellen Lehrjahre verbrachten.51 St. Gallus kam ja

auch in Grabs zu einem Diakon Johannes, was offenbar einen Pfarrer

voraussetzt.52 Diese Diakone in Grabs, Arbon wie in Remüs beweisen uns auch,

dass sie die Gehilfen des Pfarrers waren, der keine anderen Priester als «Vikare»

zur Verfügung hatte. Die Verhältnisse des Spätmittelalters mit mehreren

Geistlichen sind davon sehr zu unterscheiden. Einen weiteren sacerdos finden

wir in Stans 1206/1209 angegeben, freilich in einer Urkunde, die ein päpstlicher

Legat für das Kloster Engelberg erliess Als sacerdos parrochitanus konnte er nur

der amtliche Pfarrer sein.53 Wie sehr schliesslich die Benennungen andern,

ersieht man aus den Amtsbezeichnungen des Pfarrers Otto in Kilchberg

(1248-1266), der bald sacerdos, bald plebanus oder decanus genannt wird.54

Damit kommen wir auf eine weitere Bezeichnung des Pfarrers zu sprechen, auf

plebanus. Schon 819 finden wir in Italien einen presbyter plebanus S.

Geminiani.55 Im Bistum Chur treffen wir 1150/60 einen plebanus in Burgeis und

1170 in Schlanders. Bischof Adalgott erwähnt 1156 allgemein das Amt eines

plebanus.56 Im rätischen Gebiete blieb der terminus besonders lebendig, heisst

doch heute noch der Pfarrer plevon.57 Im Bistum Konstanz beginnen die Belege

ebenfalls im 12. Jh., wird doch der Pfarrer von Luzern 1178 plebanus genannt.58

Im Bistum Sitten können wir 1224 den plebanus von Naters, 1233 von Raron

und 1236 von Leuk nachweisen.59

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Wie plebanus für die rätischen Gebiete, so ist curatus bzw. incuratus für den

französischen Sprachraum bezeichnend, entwickelte sich doch daraus später

cure. Wir entdecken 1224 einen curatus von Raron, 1231 von Aigle, 1254 von

Lötschen.60 Das Testament des Sittener Kanonikers Petrus von Gradetsch von

1279 erwähnt mehrmals solche curati (Gradetsch, Naters, Riddes, Visp).61 Von

Westen

S. 46: beeinflusst, nennt eine Schenkungsurkunde des Luzerners Walther von

Hasenburg von 1245 allgemein einen curatus.62 Urkunden aus den letzten

Jahrzehnten des 13. Jh. bezeichnen die Pfarrer von Altdorf, Kriens und Baar als

incuratus.63 Dagegen fehlt curatus im Bistum Chur in früh- und

hochmittelalterlicher Zeit.

Man darf abschliessend wohl feststellen, dass parrochia und plebs, dann ecclesia

parrochialis, baptismalis, plebeia, mater oder ähnlich, ferner dass parrochus,

presbyter, sacerdos, plebanus, curatus im Früh- und Hochmittelalter auf eine

Pfarrei hinweisen, es müsste dann schon der Kontext dies verbieten. Basilica

setzt vielfach eine Grabkirche eines Heiligen voraus, wird aber auch sonst

gebraucht. Capella bezeichnet lange nicht immer ein abhängiges Kirchlein.

Titulus kann sowohl eine Pfarrkirche wie eine Kapelle bedeuten. Sehr oft wird

ecclesia allein angeführt, was meist eine Pfarrkirche bezeichnen will, jedoch

zahlreiche Ausnahmen zulässt. Hier muss der Kontext und vor allem die

sonstige Lage des Gotteshauses entscheiden.

b. Die Rechte der Pfarrkirche

Die Privilegien einer Pfarrkirche erfahren wir in den Urkunden des

Hochmittelalters. Die Acta Murensia aus der Mitte des 12. Jh. schreiben der

Kirche von Thalwil das Tauf-, Beerdigungs- und Zehntenrecht zu.64 Für die

Klosterkirche Engelberg bestätigte der Konstanzer Bischof 1148 das Privileg

der Taufspendung und der Zehntennahme.65 Im Jahre 1201 spricht der Churer

Bischof den Mönchen von Marienberg das Recht zu, in der Pfarrei Burgeis die

Liturgie zu feiern, zu taufen, Busse zu erteilen (penitentiam dare), die Toten zu

begraben und zu predigen.66 Bei der Teilung der Pfarrei Ufenau 1308 ging es um

das Recht auf die Taufe und die kirchliche Bestattung.67Als die wichtigsten

Rechte werden also Taufe und Beerdigung angesehen. So erlaubte der Trienter

Bischof 1202 den Deutschherren in Bozen nicht, in ihrer Johanneskirche zu

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taufen. Beerdigen dürfen sie dort nur Ordensangehörige und Spitalbewohner.68

Dass aber die Taufe das wichtigste Privileg war, erhellt schon daraus, dass ihre

Spendung fast immer am Anfange der betreffenden Urkundenstellen genannt

wird. Ihre primäre Wichtigkeit erkennen wir auch aus einer Urkunde der zweiten

Hälfte des 12. Jh., welche die Mönche von St. Alban bei Basel verfassten oder

veranlassten. Darin wird den Kirchen des klosterfeindlichen Zähringergebietes

das Interdikt angedroht, von dem nur die Spendung der Taufe und die

Wegzehrung ausgenommen werden (excepto babtismo et viatico).69 Am

deutlichsten aber wird der Primat der Taufspendung dadurch hervorgehoben,

dass die Kirchen oft nur als ecclesiae baptismales genannt werden.70 Auch noch

in späterer Zeit erachtete man das Taufrecht als primäres Privileg, das man

solange als möglich behielt. Als 1178 der Abt von Murbach eine

Leutpriesterpfründe an der Kapellkirche in Luzern einrichtete, blieben die

S. 47: Pfarrherrlichen Rechte, nämlich das Tauf- und Begräbnisrecht, bei der

Hofkirche. Erst 1568 gestattete der Bischof die Errichtung eines Taufsteines.71

Wir müssen uns daher zuerst mit diesem grundlegenden Rechte beschäftigen.

Das Taufrecht

Etwa in der Zeit, in welcher die kirchliche Organisation in unseren Gegenden

Gestalt annahm, im 5. und 6. Jh., begegnen uns nicht wenige Baptisterien. Das

bekannteste ist Riva S. Vitale, weil es am besten erhalten ist. Dann folgt das von

L. Blondel entdeckte in St. Maurice. Diesen schliesst sich Zurzach an, das

jedoch bereits ausserhalb unseres Gebietes liegt.72 Am zahlreichsten scheinen

die Baptisterien, wenn auch meist in bescheidener Form, im Bistum Chur zu sein,

zunächst St. Peter in Schaan.73 Neuestens vermutet Chr. Simonett ein solches in

der Churer Kathedrale.74 Westlich von Chur fand sich ein Baptisterium bzw.

Wasserbassin auf dem Crap S. Parcazi in Trins.75 Am südlichsten gelegen ist

dasjenige von Zillis.76 Die Zahl der Baptisterien muss selbstredend viel grösser

gewesen sein, da sich solche Einrichtungen meist nur zufällig bis heute erhalten

haben. Wenn der Churer Bischof 823 klagte, es seien ihm nur sechs Baptisterien

geblieben, die übrigen hätte die Staatsgewalt an sich gerissen, so weist das auf

eine erheblich grössere Zahl hin. Der gleiche Oberhirte bezeugte damals auch,

dass ihm nur 25 minores tituli geblieben seien, was wiederum auf eine ganz

bedeutende Anzahl von wichtigen zentralen Pfarrkirchen schliessen lässt.77 Es

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werden uns ja einige Pfarrkirchen als Taufkirchen überliefert, also als ecclesiae

baptismales, so Reams (904) und Schuls (1178,1182).78

Die bekannten rätisch-karolingischen Kirchen weisen bereits keine Baptisterien

auf (Müstair, Chur, Disentis). Vielleicht lässt sich daraus schliessen, dass schon

damals Taufsteine in Brauch kamen. Ch. Simonett hält den Taufstein von Zillis

bereits für karolingisch. Bemalt wurde er freilich erst Ende des 12. Jh.79

Derjenige von Sta. Maria bei der Burg Castelmur im Bergell datiert wohl ins 11.

Jh. Ihm folgen später die erhaltenen Beispiele von Sta. Maria zu Scharans aus

dem 12. und von St. Vincenz in Pleif (Lugnez) aus dem 13. Jh.

In einer grösseren Pfarrei hatte es immer Schwierigkeiten gegeben, die Kinder in

die Taufkirche zu bringen. Von den entferntesten Heimwesen Spiringens hatten

die Gläubigen, wenn die Wege gut waren, drei Stunden bis zur Pfarrkirche in

Bürglen zu rechnen. Sie beklagten sich, dass man bei Überschwemmungen oder

bei Eis und Schnee leider nicht dahin gelange. Oft stürben die Leute ohne

Sterbesakramente, auch konnten deren Leichname nicht zum Friedhof getragen

werden. Man sei zwar auch schon bis zur Pfarrkirche gekommen, aber hätte

infolge plötzlichen Anschwellens der Wildbache nicht den Rückweg antreten

dürfen. Auf diese Gründe erhielten die Spiringer 1290 die Erlaubnis, eine eigene

Pfarrkirche

S. 48: mit Friedhof zu errichten.80 Während in dem entsprechenden Dokument die

Spendung der Taufe nur indirekt miteinverstanden ist (sacramenta ministrare),

wird sie in der Urkunde von 1308 ausdrücklich erwähnt, in welcher Freienbach

von der Ufenau-Pfarrei abgelöst wurde. Der Konstanzer Kustos betonte, dass

infolge Gewitter und Überschwemmungen, Sturm und Eis, auch wegen der

weiten Entfernung besonders Kinder ohne Taufe gestorben seien. Der Empfang

der Sakramente und die kirchliche Bestattung sei gehindert worden.81 Es sind

fast immer die gleichen Gründe, die angeführt werden. Die Medelser, die sich im

Jahre 1500 von der Grosspfarrei Disentis trennten, wiesen auf die schlechten

Wege, besonders im Winter und bei Schneefall hin. Manche Kinder seien ohne

Taufe und Erwachsene ohne Sakramente gestorben.82 All diese Umstände

mussten dazu führen, dass man neue Pfarreien errichtete. Aber schon vorher

scheint man dazu seine Zuflucht genommen zu haben, dass der Pfarrer auch in

den abhängigen Filialkirchen taufte. So könnte man manche romanische oder

doch sehr alte Taufsteine erklären, die sich da und dort in den Kirchen finden.

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Sta. Maria zu Lohn trennte sich erst 1460 von Zillis, besitzt aber einen

romanischen Taufstein. St. Michael in Andeer gehörte ebenfalls zu Zillis,

errichtete 1480 eine Kaplanei und löste sich definitiv erst 1601 von der

Mutterkirche ab. Ob man nun den Taufstein, den man vor etwa 12 Jahren

ausgegraben hat, mit Ch. Simonett als romanisch erklären oder mit E. Poeschel

auf ca. 1580 datieren will, auf jeden Fall zeigt er an, dass schon vor der

Selbständigkeitserklärung in der Tochterkirche getauft wurde. Sufers besass

schon im 9. Jh. eine von Pfäfers abhängige Salvator-Kirche, die jedoch zu St.

Martin in Schams gehörte, von dem es sich erst nach der Reformation ablöste.

Dennoch besitzt es einen Taufstein, den Ch. Simonett als romanisch, E. Poeschel

als mittelalterlich erklärt. In der St. Leonhardskirche zu Flerden, die früher unter

St. Johann auf Hochrialt stand, seit 1505 aber zu Portein geschlagen wurde, fand

man ebenfalls einen romanischen Taufstein.83 Wir können hier nur vom

Standpunkt der Taufsteine auf dieses Problem hinweisen, es wird uns wiederum

von einer anderen Seite her bei der Behandlung der Pfarrei-Werdung

beschäftigen müssen.

Das Bestattungsrecht

Nach römischem Rechte mussten die Toten ausserhalb der Stadt, extra urbem,

bestattet werden.84 Die antiken Friedhöfe befinden sich daher ausserhalb des

Stadtbezirkes. Wenn dann viele Christen dort ihr Grab gefunden hatten,

besonders aber wenn hervorragende Christen, die als Confessores oder Martyrer

gelten konnten, hier der Erde anvertraut wurden, dann kam langsam ein

christlicher Friedhof zustande, auf dem früher oder später eine Grabkapelle

entstand. Wir können dies an mehreren Städten unseres Gebietes nachprüfen.

Für die Curia Raetorum lag das Gräberfeld östlich des Verwaltungssitzes und

der späteren

S. 49: Bischofsresidenz, in der Gegend der alten Kantonsschule und des

Priesterseminars, wo man zahlreiche Gräberfunde festgestellt hat. Hier

errichtete man im 5. Jh. für die Bischöfe einen sakralen Raum, über den man um

500 die Stephanskirche baute, hier fand auch Lucius confessor sein Grab, für

den man im Verlaufe des 8. Jh. die heute noch erhaltene Ringkrypta unter der

Luciuskirche errichtete.85 Später begrub man bei den beiden Kirchen, die in der

frühmittelalterlichen Stadt selbst lagen, St. Martin und St. Regula. Besonders

gross war der Begräbnisplatz von St. Martin, wo man noch in romanischer Zeit

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ein Heiligtum erbaute.86 Für das spätrömisch-frühmittelalterliche Zürich, dessen

Zentrum die Petruskirche auf dem linken Limmatufer war, bestand auf dem

rechten Flussufer ein Bestattungsbezirk, also auch extra urbem. Dort wurden

einheimische Märtyrer begraben, für die man wohl zuerst eine Grabkapelle

errichtete. Später hatte das im 9. Jh. gegründete Grossmünster den Schutz über

diese ehrwürdige Stelle zu übernehmen. Heute noch findet man in der

Umgebung dieser Kirche St. Felix und Regula bei allen Grabungen neue Gräber

(siehe unten). Auch in Solothurn bestand ausserhalb des römischen Bezirkes ein

Gräberfeld, das in spatrömischer und frühmittelalterlicher Zeit benutzt wurde.

Hier wurden ebenfalls Märtyrer begraben, worauf wohl schon im 5. Jh. eine

Kirche errichtet wurde. Daraus entstand im 8. Jh. das sogenannte Ursusstift

(siehe unten S. 101).

Die Entwicklung des Friedhofes auf den Landpfarreien gestaltete sich einfacher,

denn dort entstand um die neue Kirche herum ein Begräbnisplatz. Weil das

Christentum die Gewähr für die Auferstehung gab, deshalb wollte man in der

Nähe des christlichen Gotteshauses begraben sein.87 Der gleiche Friedhof um

die Pfarrkirche blieb bestehen, auch wenn die Kirche selbst neu gebaut wurde.

Das kann man heute noch ersehen, man muss nur die Kirchen mit den

umliegenden Friedhöfen in Brigels, Ilanz und Pleif im Bündnerland, in Bürglen

und Silenen in Uri, in Leuk und Visp im Wallis in Erinnerung rufen. Alle diese

Gotteshäuser haben ihre frühmittelalterlichen Vorgänger und bleiben dennoch

das einigende Wahrzeichen ihrer umliegenden Friedhöfe.

Besondere Erwähnung verdienen die kleinen Friedhofkirchen in Schiers und

Lenz, die noch vor die Jahrtausendwende datiert werden müssen. In Schiers

handelt es sich um eine erste einfache und kleine Saalkirche, vor welcher ein

Bestattungsplatz angebracht war, wie auch vor der ihr zeitlich folgenden Kirche

mit Apsis.88 In Lenz fand man zwei kleine Kirchen, die als St. Cassian I. und St.

Cassian II. angesehen werden, gegenüber der spätmittelalterlichen heutigen

Cassianskirche. Für die beiden ersten Bauten entdeckte man auch hier den

zugehörigen Friedhof, vor dem noch bis vor wenigen Jahrzehnten die Leute ein

De profundis beteten, obwohl er nicht mehr sichtbar war.89 Nun aber bestand in

Schiers St. Johann als Pfarrkirche und in Lenz Sta. Maria, die beide selbst

frühmittelalterlichen Ursprungs sind.

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S. 50: Ebenso wird die lineare Kontinuität dann in Frage gestellt, wenn wir nicht bei

den Kirchen, sondern an der Peripherie des Dorfes oder sogar noch weiter

entfernt frühmittelalterliche Grabstätten feststellen können. Solche

Bestattungsplätze fand man z.B. auf der Strasse von Trins nach Digg, dann auf

der Castrunscher Egg in Castiel (Schanfigg) und in Mathon (Schams). In Castiel

lag ein Toter mit dem Blick nach Westen, der andere mit dem Blick nach Osten,

wiederum ein anderer befand sich in einem Sarg, der rings mit Bollensteinen

umstellt war90 Auf die Frage, was die sog. terra mortuorum im

Engadin/Vintschgau im 10. Jh. bedeutet, kann hier nicht eingegangen werden.91

Aber auch ausserhalb des rätischen Gebietes findet man immer wieder

frühmittelalterliche Gräber, die nicht direkt mit einer Kirche zusammenhängen,

so in Remaufens (FR) und Gelterfingen (BE), in Nenzlingen (BE) und Liestal

(BL).92

Die bekanntesten und auch zahlreichsten Belege finden wir im Wallis und vor

allem in der Waadt, wo man nicht weniger als 50 solcher Begräbnisstätten zählt.

Aber es handelt sich nicht so sehr um Funde als vielmehr um einen Schluss vom

Namen auf die Sache, vom Örtlichkeitsnamen Marterey auf einen Friedhof, da

martyretum zuerst eine Blutstelle, dann einen Friedhof bezeichnete. Man datiert

diese frühmittelalterlichen Bestattungsplätze in die fränkische Periode, streng

genommen 534-752, etwas grosszügiger in das 6. bis 9. Jh.93 Tatsächlich ist

wenigstens da und dort eine Kontinuität zwischen diesen Marterey-Örtlichkeiten

und der späteren Kirche wahrscheinlich. So gilt dies für St. Maurice, wo der

grosse Friedhof zwischen Kloster und Felsen lag, dann vielleicht für Vevey,

denn dort liegt das Marterey sudöstlich der Martinskirche, die frühmittelalterlich

sein könnte, ferner für die 906 geweihte Petruskirche in Lausanne, bei welcher

ein fränkischer Marterey-Friedhof des 6.-9. Jh. lag. In der Nähe ist auch Vidy zu

nennen, wo im 8./9. Jh. eine Pfarrkirche bei einem Marterey entstand. Das

Marterey in St. Prex durfte zur Pfarrei des 6. Jh. beigetragen haben. Auch bei der

Kirche von Morlens, die dem 7./8. Jh. zugewiesen werden kann, ist dies

anzunehmen, ebenso vielleicht bei St. Cierges, dessen Cyriakuskirche dem 9./10.

Jh. zugehört. Bei Vouvry treffen wir nicht nur ein sog. Martelet, sondern auch in

der Tat einen burgundischen Friedhof mit 23 nach Osten gerichteten Gräbern.

Da die Pfarrei im 10./11. Jh. oder noch früher anzusetzen ist, kann mit der

Kontinuität gerechnet werden.

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Aber viele Ortsnamen dieser Art haben mit den späteren Pfarrkirchen wenig zu

tun. So entstanden die Pfarrkirchen von Corbeyrier, Cossonay, Crissier, Leysin,

Pampigny, Senarclens, Vuffiens und Villeneuve später. Wir können also die

Marterey-Friedhöfe nur allgemein als Exponenten christlicher Friedhöfe

ansehen, meistens als Aussenposten. So hat die Pfarrei Ollon fünf solcher

Marterey-Namen aufzuweisen. Sie leiten also nur wenig zur christlichen

Organisation über, sind aber bezeichnend für die erste Zeit des

frühmittelalterlichen Christentums im Bereiche des Genfersees. Im einzelnen

wird man freilich vorsichtig sein müssen,

S. 51: denn obwohl diese Örtlichkeitsnamen im Frühmittelalter entstanden sind,

dürften sie doch auch noch bis ins Hochmittelalter als längst bekannte Begriffe

auf andere Örtlichkeiten übertragen worden sein. Wenn man nach diesen

Ortsnamen datieren will, muss man wohl noch andere entscheidende Gründe

dazu anführen können.

Nicht nur Friedhöfe ausserhalb der Pfarrkirche beweisen, dass das

Bestattungsrecht nicht allgemein anerkannt war, sondern noch andere Gründe.

Schon der Umstand, dass die Sepultur keineswegs immer als kennzeichnendes

Pfarrei-Recht neben und nach der Taufe genannt wird, weist daraufhin.94 Daher

bezeichnet man unsere Kirchen mit ecclesiae baptismales, nicht aber

coemeteriales. Kommt hinzu, dass die geistlichen Institutionen unseres Gebietes,

so St. Maurice im Westen und Pfäfers im Osten, schon bald nach der Gründung

eigene Friedhöfe anlegten. In seltenen Fällen sind uns die Anfänge dieser

Gewohnheit dokumentarisch überliefert. Aber wir wissen dies z.B. für das von

Ottobeuren aus gegründete Kloster Sta. Maria in Schuls, dem der Churer

Bischof 1131 das freie Begräbnisrecht schenkte.95 Meistens können wir dies

einfach später als schon längst bestehende Übung feststellen. So erfahren wir

erst 1527, dass die Dienstleute der Pfäferser Pfarrei St. Salvator in Chur einen

eigenen Kirchhof hatten. Und doch ist die Kirche schon seit karolingischer Zeit

bei Pfäfers gewesen.96

Die Tradition des Pfarrfriedhofes durchbrachen auch die Kirchengründer und

Adeligen (siehe unten über das Eigenkirchenrecht). Solche Stiftergräber finden

sich in den frühmittelalterlichen Kirchen mehrfach. Wir erinnern an die

Johanneskirche in St. Maurice, die das Grab ihres Stifters, des burgundischen

Königs Sigismund enthielt und später Sigismundskirche genannt wurde. Ferner

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finden wir im Chore von St. Andreas zu Cham ein Stiftergrab und auch in der

Stollenkrypta von Grossdietwil. Auf diese Denkmäler wird noch

zurückzukommen sein. Seit der karolingischen Zeit liessen sich die Adeligen

überhaupt gerne in Klöstern bestatten, mit denen sie in Beziehung standen. So

wurde Graf Gerolt, der 799 in Pannonien im Kampfe gegen die Avaren starb, in

der Reichenau begraben.97 In unserem Gebiete wurden die Lenzburger seit dem

10. Jh. in Beromünster, ihrer bevorzugten Stiftung, bestattet.98 Seit dem 11. Jh.

war Muri die Grabstätte der Habsburger, angefangen von Graf Radbot (1. Hälfte

11. Jh.) bis zu Heilwig von Kyburg (gest. 1260), der Mutter König Rudolfs I.

von Habsburg.99 Die Rapperswiler Grafen erwählten um 1100 die von ihnen

gegründete Kirche in Altendorf (SZ) als Begräbnisstätte.100 Oft handelte es sich

auch nur um eine Kapelle, wie z.B. in St. Urban, die Vogt Heinrich von Baden

für sich und seine Gemahlin errichtet hatte.101 Donatoren und Dynasten

schätzten solche Gräber umso mehr, als die kirchliche Gesetzgebung seit der

karolingischen Zeit Begrabungen in der Kirche besonders bei Laien sehr

bekämpfte.102

So erweist es sich, dass der Pfarrfriedhof nicht so bedeutend war wie der

Taufbrunnen.

S. 52: Das war noch im Spätmittelalter der Fall. Nach der Verordnung der Stadt Chur

von 1468 konnte man sich auch ausserhalb der Stadtpfarrei beerdigen lassen,

musste jedoch dafür eine Abgabe an den Pfarrer leisten.103 Aber alle diese

Ausnahmen tasteten nie die Heiligkeit des Friedhofes irgendwie an. Nicht

umsonst wurden oft im Mittelalter wichtige Urkunden in cimiterio fertig gestellt

und beglaubigt, so 1239 in Lana (Etschtal), 1279 in Bremgarten, 1294 in Luzern

und Baar, 1323 in Ottenbach (Bez. Affoltern).104 Ferner blieb es eine

empfindliche Strafe, wenn jemand nicht auf dem Friedhof der Kirche begraben

werden durfte. So wurde Vogt Ulrich von Matsch, der einen Marienberger Abt

umgebracht hatte, nach seinem eigenen gewaltsamen Tode 1309 ausserhalb des

Friedhofes beerdigt.105 Der Friedhof war die Gemeinschaft der Christen, die auf

den Himmel hoffen durften.

Das Zehntrecht

Das kirchliche Zehntgebot hat seine Wurzeln schon im Alten Testamente (Lev.

27,30-32 und Num. 18,20-24). Auch der hl. Paulus setzt ja voraus, dass die

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Priester vom Altardienst leben sollen (I. Kor 9,13). Die Kirchenväter vertraten

das Zehntrecht ebenfalls. Das 2. Konzil von Maçon 585 drohte den

Zehntverweigerern mit Kirchenbann. Karl der Grosse schützte dieses Recht

durch weltliche Gewalt (803, 813). Nach einem Schreiben des Papstes Gelasius I.

vom Jahre 494 wurde der Zehnte nicht einfach dem Pfarrer gesamthaft

zugesprochen, sondern in vier Teile geteilt, einer für den Pfarrer und seine

Hilfsgeistlichen, einer für die Armen und Fremden der Pfarrei, einer für den

Unterhalt des Kirchengebäudes und einer an den Bischof.106 Für die

Entwicklung der Pfarreien war die Entrichtung der Zehnten von entscheidender

Bedeutung, denn dadurch mussten die Pfarreien rechtlich und geographisch

genau abgegrenzt werden. Daher dann das bekannte Wort: «Zehntzwang schafft

Pfarrsprengel».107

Im Bistum Chur begegnet uns um die Mitte des 9. Jh. ein systematisch

ausgebautes kirchliches Zehntengebot, und zwar in dem sog. Reichsurbar.108

Schon die abgestufte Terminologie überrascht: cum decima, cum decima bona,

cum decima de ipsa villa (bzw. curte), cum decima de duabus villis (z.B. bei

Bludenz und Stürvis), cum decima de tribus villis (Mels SG, Schanfigg,

Casaccia). Wir erwarten noch decima de quatuor villis, das sich zwar in dieser

Form nicht findet, wohl aber sachlich im Passus über Rankweil: In Ranguila

ecclesia plebeia, cui reddunt decimam istae villae: Ranguila, Sulles (Sulz),

Monticulus (Montlingen), Segauio (Göfis). Man kann sogar die Talkirchen an

der Umschreibung der Zehnten erkennen, da es bei Zillis im Schams und Pleif

im Lugnez heisst: cum decima de ipsa valle tota. Die Zehntkirchen sind auf das

Gebiet zerstreut, von Bludenz und Bludesch bis Reams und Casaccia, von

Eschen bis Walenstadt, von Maienfeld und Balzers bis Ilanz und Flims, von

Schaan über Grabs nach Sargans. Auch kleinere

S. 53: Pfarrkirchen wie Kästris sind angegeben, vor allem auch Filialkapellen, so

Schlins (zu Nenzing), Luven (zu Ilanz), Ladir und Seth (zu Ruschein), Pitasch

(zu Riein). Solch ein grosses und geordnetes System muss schon lange Zeit

vorher eingeführt worden sein, jedenfalls im 7./8. Jh., wenn nicht schon im 6./7.

Jh. Man bedenke, dass Pfarrkirchen wie Grabs, Sargans und Schaan schon im 6.

Jh. nachzuweisen sind.

Die gleichen Kirchen, die im Urbar Zehnten haben, können wir gelegentlich

auch später als deren Besitzer erweisen, so Reams (904), Nenzing (948),

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Obersaxen (956), Trimmis (958), um nur einige zu nennen.109 Selbstredend gab

es auch ausserhalb des übrigens unvollständigen Reichsurbars mehrere Kirchen,

die Zehnten besassen, so Zizers (955), Bonaduz und Rhäzüns (960).110 Selbst

entfernte Kirchen werden uns aufgezählt, die mit Rätien in Verbindung standen,

so schon im Reichsurbar die Kirche von Weggis, die Pfäfers zugehörte. Disentis

wollte 1154 in der Lombardei Kapellen mit Zehnten erwerben.111 Dass der

Zehnt in vier Teile geteilt wurde, kann man in Churrätien urkundlich 1131 für

Schuls nachweisen, wo von einer quarta pars des Bischofs die Rede ist.112

Dass eine Kirche einfachhin ecclesia decimalis genannt wird, lässt sich z. B. für

Sta. Maria zu Porta im Bergell für die Zeit vom Ende des 10. bis Mitte des 11. Jh.

nachweisen.113 Ferner werden die Pfarrkirchen von Samaden und Zuoz 1137

beim Verkauf der Gamertinger einfachhin als ecclesiae decimales bezeichnet.114

Was aus den Churer Quellenzeugnissen erhellt, das bestätigen uns die Lausanner

Dokumente, die zwar nicht so zahlreich sind, dafür eine ältere Zeit betreffen.

Bischof Marius (574-594) bestimmte für die von ihm 587 errichtete

Marienkirche in Payerne Zehnten nicht nur in Payerne selbst, sondern auch in

Corcelles und Dompierre.115 Der Bischof von Strassburg besass vor 762

basilicas et decimas in Spiez und Scherzligen sowie Biberist.116 Die Pfarrei

Bulle hatte Zehnten in Marsens und Echarlens, deretwegen schon unter dem

Bischof David (827-850) Schwierigkeiten entstanden, die erst Bischof

Hartmann in einer Urkunde, die zwischen 852 und 875 datiert werden kann,

entschied. Der gleiche Oberhirte musste auch wegen Zehnten in Vuippens, die

zur Pfarrei Bulle gehörten, einschreiten (867/868).117 Aber auch von anderen

Kirchen der späteren Zeit werden uns Nachrichten von Zehntenrechten

überliefert, so von Morlens (996).118

Die Belege für das Bistum Konstanz sind jünger als diejenigen von Lausanne

und Chur. Sie beginnen jedoch immerhin mit 857, in welchem Jahre Zehnten der

Kirche St. Peter in Zürich, St. Peter in Bürglen und St. Alban in Silenen

zugeordnet erscheinen.119 Der Konstanzer Bischof besass 1244 die Zehntquart

in Altdorf und Bürglen.120 Der Liber decimationis der Diözese von 1275 ist nur

ein Verzeichnis der Steuern, welche die Geistlichen für den Kreuzzug abgeben

mussten. Dazu ist er nicht immer so klar aufgebaut.121

Es genügt hier, dass wir die Rechte der Pfarrkirchen auf Taufe, Beerdigung und

Zehnten einigermassen erfassen können. Einzelheiten folgen noch. Es sei jedoch

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S. 54: zum Schluss ein typischer Fall in der Kontaktzone unseres Gebietes angeführt,

der die Wichtigkeit aller drei Privilegien mit aller Klarheit zeigt. Als man 1116

im Passeiertal eine Kapelle St. Leonhard errichtete, warnte man davor, die

Rechte der Mutterpfarrei Schenna (bei Meran) irgendwie zu verletzen, indem

man in der neuen Kleinkirche eine Tafel anbringen liess, auf welcher man lesen

konnte: Si quis... decimam aut baptismum aut sepulturam ab ecclesia

Schennano(!) subtrahere presumpserit, anathema sit, quia nulla ecclesia ad

detrimentum matricis ecclesie conservanda est.122

Der Sonntagsgottesdienst

Der erste Zweck der Kirchen, die Feier des Gotteslobes, wird in der Regel

urkundlich nicht festgelegt, da er als selbstverständlich galt. Die Gesetze, die

sich auf die Feier des Sonntags beziehen, sprechen fast immer nur von der

Sonntagsruhe, so die fränkischen Synoden (Orleans 538, Auxerre 574/603,

Chalon 639/654 USW.)123 Aber die Enthaltung von knechtlicher Arbeit war

eigentlich nur die Voraussetzung für die Feier der Sonntagsmesse. So verbot das

755 von König Pippin einberufene Bischofskonzil von Verneuil ausdrücklich

die knechtliche Arbeit, quo facilius ad ecclesiam venientes orationis causa

vacent. Karl der Grosse verordnete in seiner Admonitio generalis von 789

ausdrücklich: Ad missarum soliempnia ad aecclesiam undique conveniant.124

Die Sonntagsruhe betonen die Lex Romana Curiensis des 8. Jh. und die Kapitel,

die der Churer Bischof Remedius um 800 erliess.125 Im allgemeinen hatte die

Einführung der Sonntagsruhe sehr grosse Schwierigkeiten. Auch die

Sonntagsmesse war keineswegs so einfach allen nahezubringen. Abgesehen von

Alter und Krankheit spielte vor allem die weite Entfernung der Kirchen eine

grosse Rolle. Man denke an weiträumige Pfarreien wie Lugnez, Leuk, Suhr. Für

unseren Raum scheinen besondere Zeugnisse zu fehlen. Der Umstand jedoch,

dass man an Festtagen besondere Ablässe erteilte, kann nicht nur auf deren

Begehung, sondern auch auf die Tatsache hinweisen, dass man die Leute dazu

anspornen wollte, ja vielleicht sogar musste.126 Dass an kirchlichen Festtagen

jeweils Volksversammlungen oder Märkte abgehalten wurden, zeigt freilich die

typisch mittelalterliche Verzahnung von Kirche und Staat. Man erinnere sich an

die Martinsmärkte. Dass die Schwyzer am Dreikönigsfest 1314 eine

Volksversammlung hielten, ist in dieser Hinsicht auch bezeichnend.127

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c. Das Eigenkirchenrecht

Zwei Auffassungen über die materielle Verwaltung und geistliche Leitung einer

Kirche oder Pfarrei stehen sich entgegen, die römisch-kirchliche, die alles dem

Bischof unterordnen will und als ideal angesehen wurde, und die mittelalterlich

eigenkirchliche, die dem Stifter oder Gründer alles zuschreibt. Der wirkliche

S. 55: Verlauf der Geschichte belehrt uns, dass hier viele Mischformen und Übergänge

möglich waren. Das Thema ist deshalb von grundlegender Bedeutung für die

Geschichte der Pfarreien, weil wir dabei die Gründer von Kirchen und Pfarreien

ausfindig machen können.

Die ältesten Kleinkirchen unseres Gebietes wie diejenigen von Schiers und

Ardon waren Eigenkirchen von Grossen oder Grundbesitzern. Aus deren

Gründungen entwickelten sich erst eigentliche Pfarreien. Um Eigenkirchen

handelt es sich auch, wenn in deren Boden an hervorragender Stelle Stiftergräber

vorhanden sind, wie dies oft der Fall war (siehe oben Begräbnisrecht). Typische

Grossgrundbesitzer wie die rätischen Victoriden gründeten auf ihren

Haupthöfen Kirchen, wie das in Sagens, Ilanz und Brigels der Fall sein dürfte.

Es gab auch königliche Eigenkirchen. Ludwig der Deutsche übergab 857 drei

Kirchen (Zürich, Bürglen und Silenen) dem Priester Berold, die also

Eigenkirchen der Karolinger waren, die sie wohl von alemannischen Herzögen

ererbt hatten. Auch geistliche Personen konnten Eigenkirchen gründen. Bischof

Marius (574-594) von Avenches-Lausanne gründete auf eigenem Boden 587 zu

Payerne eine Marienkirche.128 Wenn Bischof Eddo von Strassburg 762 die

Kirchen von Spiez und Scherzligen sowie Biberist an das Kloster

Ettenheimmünster im Schwarzwald schenkte, so waren sie offenbar bischöfliche

Eigenkirchen.129

Damals mag das Eigenkirchenrecht schon fast überall irgendwie bestanden

haben, jedoch noch nicht in Churrätien. Bischof Tello von Chur übermachte 765

seine meisten Privatgüter dem Kloster Disentis. Darunter befand sich keine

einzige Eigenkirche des Bischofs oder der Victoriden, weil offenbar hier die

römisch-rechtliche Auffassung mächtig war. Die Kirchen werden immer als

Subjekte, nicht als Objekte von Tello erwähnt, mögen sie nun Zehnten besessen

haben oder nicht. Das änderte sich aber nach der sogenannten Divisio inter

episcopum et comitatum von 806, in der die weltliche Gewalt viele Kirchen

beanspruchte. Darüber führte Bischof Victor III. von Chur bei Ludwig dem

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Frommen 823 bittere Klage, indem er hervorhob, dass «alle Kirchen in der

Umgebung unseres Sitzes, die von alters her immer in der Hand der Bischöfe

waren», ihm weggenommen seien. Man habe ihm auch Kirchen entzogen,

welche noch die Vorfahren des Königs und andere fromme Personen «aus

eigenen Mitteln gegründet haben (ex propriis facultatibus fundaverunt)». Es

dürfte sich hier um Gründungen handeln, die gleich von Anfang an dem Bischof

unterstellt worden sind. Der Churer Oberhirte stellte fest, dass ihm von den über

230 Kirchen seines Sprengels nur noch sechs Baptisterien und 25 tituli minores

übrig gelassen seien.130 Hier kämpften beide Auffassungen gegeneinander, die

kirchliche, die offenbar seit Menschengedenken in Churrätien anerkannt worden

war, und die eigenkirchliche, die nicht nur die einst königlichen Gründungen,

sondern noch dazu bischöfliche und private Kirchen beanspruchte. Karl III.

restituierte dem Bischof einige Gotteshäuser.131

S. 56: Ideale Fälle wie in Churrätien vor 806 gab es auch im Bistum Lausanne. Die

Marienkapelle in Echarlens scheint im 9. Jh. von den Herren von Everdes

gegründet worden zu sein, aber im Einverständnis und unter der Leitung des

Bischofs Hartmann (851-881).132 Die Peterskapelle von Bethusy, die der Diakon

Airfredus errichtet zu haben scheint, stattete Bischof Boso 906 mit Zehnten aus.

Die betreffende Urkunde stellt auch für solche Eigengründungen folgenden

Grundsatz auf: «Wenn ein Christgläubiger, der von göttlicher Liebe entflammt

ist, auf eigenem Boden (in rebus propriis) eine Kirche erbauen will, soll er zuerst

vom eigenen Bischof Rat und Erlaubnis erbitten, wie es die kirchliche

Rechtsordnung lehrt (institutio docet ecclesiastica), damit durch dessen Willen

und Hilfe die zukünftige Kirche so erstellt werde, dass darin in neuer löblicher

Weise der Herr und seine Heiligen verehrt werden.»133 Daran möchten wir noch

einen interessanten Beleg aus dem Bistum Chur anschliessen. Die «Nachbarn»

von Lüen (Schanfigg) erbauten 1084 eine neue Zenokirche aus eigenem Besitz

(ex nostro libero proprio), übergaben aber die Kirche sofort dem Bischof, der sie

weihte.134

Als Anfang des 11. Jh. der Habsburger Radbot das Kloster Muri stiftete,

veranlasste er auch den dort angestellten Weltpriester Voko, den Ort zu

verlassen, und stellte ihm dafür andere habsburgische Eigenkirchen zur

Verfügung. Dies konnte er mit Zustimmung des Konstanzer Bischofs Warmann

(ca. 1034) tun, so dass dann die Mönche die bisherige Kirche samt den

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dazugehörigen Zehnten erhielten, aber doch einen Weltgeistlichen anstellten.135

Die Murenser Kirche war vor der Klostergründung habsburgische Eigenkirche,

das Kloster Eigenkloster, die neue Klosterkirche ebenfalls eine Eigenkirche des

Klosters.

Aber so reibungslos ging es nicht überall. Pfäfers kam 905 in den Besitz des

Bischofs von Konstanz, Disentis 1020 in den Besitz des Bischofs von Brixen,

alles Übertragungen, die sehr unheilvoll wirkten.136

So begreift man, dass die Kirchenreform das Eigenkirchenrecht bekämpfte. Dies

geschah schon einigermassen in karolingischer Zeit, jetzt aber erneut durch den

Kampf Gregors VII. im Investiturstreit (1075-1122). Um sich aber den Gründern

von Kirchen und Klöstern dankbar zu erweisen, beliess man ihnen noch gewisse

Vorrechte. Sie waren nicht mehr Eigentümer, wohl aber Patronatsherren der

Kirchen und konnten als solche jene Geistlichen bezeichnen, die dann der

Bischof ernannte. Diese Lösung verkündete Alexander III. auf dem dritten

Laterankonzil von 1179. In der Praxis hat dieses Verfahren vielleicht nicht so

viel geändert, doch vermochte es die Eigenkirchenpriester mehr der Autorität

der Kirche zu unterwerfen.137

Für die Pfarreiengeschichte ist das Eigenkirchenrecht von grosser Bedeutung.

Wenn wir auch oft erst die rechtliche Lage einer Kirche aus späterer Zeit

erkennen, so geben uns doch diese Verhältnisse einen Hinweis. Geben wir

einem Rechtsgeschichtler das Wort: «Die Patronats-, Zehnt- und Besitzrechte

des Hochmittelalters können durchaus einen Rückschluss in frühere,

quellenarme Zeiten

S. 57: erlauben, denn sie führen in die Zeiten des Eigenkirchenrechtes zurück und sind

relativ konstant geblieben. Liegen diese Rechte in der Hand des Bischofs oder

der Bischofskirche und erreichen sie in einer Landschaft dazu noch eine grössere

Zahl und eine gewisse Häufung, so darf man sie durchaus für früh entstanden

ansehen.» Der Grund dafür ist, dass die Bistümer später keine grossen

Schenkungen mehr an Eigenkirchen und Zehnten erhielten. «Eigenkirchenbesitz

und damit spätere Patronatsrechte der Bistümer selbst reichen meist in deren

frühe Zeiten zurück.» Auf diesem Wege könnte man eine ziemliche Anzahl von

Kirchen in der Nähe von Avenches und Peterlingen als frühere

Bistumsgründungen eruieren. Es war das Gegebene, dass die Bistümer in den

Anfängen der kirchlichen Organisation wesentlich mithalfen. Ein Beispiel: Die

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Pfarrkirche von Cugy westlich von Peterlingen gehörte seit dem 12. Jh. bis 1230

dem Zisterzienserkloster Montheron. Nun ist dieses hinwiederum eine

Gründung der Lausanner Bischöfe. Also war das Bistum Eigenkirchenherr der

grossen Pfarrei Cugy, d.h. auch deren Gründer.138 Die Urpfarrei Benken, zu der

bis ca. 950 auch Kaltbrunn gehörte, war 1178 im Besitze von Schännis, befand

sich aber Mitte des 11. Jh. im Besitze der Lenzburger und geht wohl auf den

Grafen Hunfried von Rätien zurück, der Anfang des 9. Jh. das Kloster Schännis

gegründet hat.139

Eine Frage soll noch geprüft werden, nämlich ob die Mitglieder der Pfarrei

schon im Frühmittelalter auf die Wahl des Pfarrers und die Verwaltung der

Kirchengüter Einfluss hatten. Die Antwort muss verneinend lauten, denn damals

hatten Bischof oder Kirche oder dann der Eigenkirchenherr absolut darüber zu

verfügen. Im Hochmittelalter ist einzig ein Mitspracherecht in den

ambrosianischen Tälern des Tessins nachzuweisen. Die Martinskirche von

Olivone wird indirekt 1136 erstmals genannt. Mitbeteiligt an deren Gründung

waren die Edlen von Torre, die daher auch das ganze oder teilweise

Patronatsrecht innehatten, das dann die Gemeinde Olivone durch Kauf an sich

brachte.140 In Osco hatten die Bewohner die Mauritiuskirche errichtet und

nahmen daher 1171 die Wahl des Geistlichen in Anspruch. Da dies damals als

ein altes Recht erscheint, dürfte der Brauch wohl schon einige Jahrzehnte früher,

vielleicht zur Zeit der Säumerordnung von 1136, eingeführt worden sein. Karl

Meyer fügte bei: «Das Pfarrwahlrecht des Volkes ergibt sich aus zahlreichen

spätern Denkmälern, die bei der Analogie mit Osco auch für unsere Zeit

verwertet werden dürfen, um so mehr, als die Domherren in den

zeitgenössischen Urkunden bloss die collatio und institutio, nicht aber die

designatio oder electio beanspruchen.»141 Es dürfte diese Übung wohl mit der

genossenschaftlichen Bewegung im Süden zusammenhängen, die dort früher als

im Norden auftrat. Man erinnere sich etwa an den sogenannten Schwur von

Torre (Blenio) von 1182. Aber schon im Frühmittelalter wurden die Plebane in

der Lombardei vom Volke gewählt.142 Daher mag wohl auch unmittelbarer

Einfluss aus der Lombardei vorliegen.

S. 58: Für die rätischen und innerschweizerischen Gebiete ist diese Entwicklung erst

für den Verlauf des 15. Jh. nachzuweisen. So treten die Kirchenpfleger von

Fellers 1441, diejenigen von Seth 1481 selbständig auf.143 Waltensburg hatte

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1460, Ursern 1484, Samaden 1503, St. Moritz 1504 das Pfarrwahlrecht ganz

oder teilweise inne.144 Zur gleichen Zeit besassen auch Glarus 1506, Mollis und

Näfels sowie Schwyz 1513 diese Privilegien.145 In der Diözese Lausanne ist es

nicht anders. Die Pfarrgenossen von Adelboden haben 1433 das

Präsentationsrecht, die Leute von Thun stellten von sich aus 1489 einen

Leutpriester an, welches Recht aber Bern dem Gotteshaus Interlaken

zuschrieb.146 Es ist daher richtig, wenn H.E. Feine schreibt: «Die schweizerische

Kirchgemeinde hat also wohl erst seit dem Spätmittelalter so ausgesprochen

genossenschaftlichen Charakter angenommen.»147 Das dürfte aber auch in den

meisten süddeutschen Landen ebenfalls konstatiert werden.148

Seit frühchristlicher Zeit war es Brauch, eine neue Kirche nicht nur in erster

Linie Christus zu weihen, was selbstverständlich war, sondern auch um der

symbolischen Verbindung von Christus mit der Kirche willen den Aposteln. Da

auch Maria ein Vorbild der Kirche war, wurde auch sie zu den Weiheheiligen

hinzugefügt. So war es ganz begreiflich, dass sich als älteste Dreiergruppe

Apostel-Maria-Johann Baptist herausbildete. Daraus erfolgte dann die spätere

Übergabe an einzelne Heilige oder auch an einzelne Geheimnisse (hl. Kreuz,

Dreifaltigkeit).149 Der betreffende Heilige wurde so der Titelheilige eines

Gotteshauses, der an sich nicht der Patron des Ortes und der Schützer des

Gebietes sein muss. Aber wir verstehen doch in der heutigen Literatur unter dem

Patrozinium einer Kirche eigentlich deren Titelheiligen.150

Schon bald wurde der Heilige als der eigentliche Besitzer der Kirche angesehen,

das Patrozinium zum Rechtswahrzeichen gestempelt. Das geht auch aus dem

Testament des Bischofs Tello von 765 hervor, in welchem vielfach als

Angrenzer eine Kirche bzw. deren Grundstück mit der Formel angegeben wird:

confinientem ad sancti Martini, S. Mariae, S. Columbani, S. Stephani.151 In einer

andern rätischen Urkunde von 769/800 nennt sich der Verwalter einer Kirche:

actor S. Helarii.152 Daher wurden im 12. Jh. die Churer Ministerialen einfachhin

Ministeriales S. Marie genannt.153 Auch im Lausanner Sprengel erscheint der

Heilige als Rechtssubjekt. Mehrfach ist die Rede im 9. Jh. von den decimae S.

Eusebii.154 Im Jahre 890 figuriert die terra S. Mauricii und die terra S. Marie

Lausannensis.155 Schenkungen an die Kathedrale werden mit der Formel

umschrieben: dedit beate Marie Lausannensi.156 Bischof Giroldus (1107/28)

betete gerne aput S. Symphorianum.157 Man muss sich diese Tatsachen vor

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Augen halten, um die Wichtigkeit des mittelalterlichen Patroziniums zu

erfassen.158

S. 59: Weil die Patrozinien eine so wichtige Rolle in sakraler und rechtsgeschichtlicher

Hinsicht spielten, deshalb wurden sie nicht so leicht gewechselt. Änderungen

konnten bei Grenzstreitigkeiten und Abgabepflichten Schwierigkeiten zur Folge

haben. Zudem hatte das Fest des Kirchenheiligen für das gesellschaftliche und

wirtschaftliche Leben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Die

Patrozinienforscher unseres Alpengebietes sind daher in ihrer überwiegenden

Mehrheit einig, dass man mit der Konstanz des Titelheiligen rechnen kann.

Dabei sind Ausnahmen durchaus zuzugeben. So hat man für das Bistumsgebiet

von Sitten über ein Dutzend Patroziniumswechsel festgestellt, was aber nur

einen bescheidenen Bruchteil gegenüber den bleibenden Schutzheiligen

darstellt.159 Auch die Nachbargebiete wie z.B. Tirol liefern das gleiche

Ergebnis.160 Jedoch hat, wie es scheint, die Erforschung der Kirchen des alten

Zürichgaus die Ausnahme zur Regel gemacht: «Ruckschlüsse auf den Urpatron

sind in den seltensten Fallen zulässig, weil Patroziniumswechsel sehr häufig

vorkamen.» Diese negative Einstellung trug wohl auch bei, dass man zu viel mit

patronlosen Kirchen bis ins Hochmittelalter hinauf rechnete.161 Neuere

Erforschung hat aber ergeben, dass schon die Kirchen des 4. Jh. nicht patronlos

waren.162 Vielleicht darf man auch nicht allzu leicht Holzkirchen ohne

Patrozinien annehmen. In unserem Gebiete ist die Holzkirche von Grindelwald

zu erwähnen, die Bischof Amadeus von Lausanne (gest. 1159) errichten liess

und konsekrierte (ecclesiam ligneam consecratam), die dann Bischof Roger

1180 durch einen Steinbau ersetzte und wiederum weihte, alles unter

Beibehaltung des Marienpatroziniums (factam lapideam denuo ad titulum B.

Marie Interlacus consecratam).163

Die Änderungen des Patroziniums waren meist Mit einem Wechsel des

Besitzers verbunden. So gab das Chorherrenstift auf dem Grossen St. Bernard

den neuerworbenen Kirchen gerne neue Schutzheilige (vgl. Liddes, Orsières,

Sembrancher). Das tat auch Disentis, sobald es durch Otto I. in den Besitz der

Benignus-Kirche in Pfäffikon (ZH) gekommen war, wo es seinen Klosterpatron

St. Martinus durchsetzte.164 Auch Reliquienbesitz konnte eine Neuerung

herbeiführen. Die Johanneskirche vor dem Kloster St. Maurice wurde durch die

Übertragung der Reliquien des hl. Sigismund in eine Kirche dieses Heiligen

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verwandelt.165 Bischof Marius von Lausanne (6. Jh.) liess sich in der Kirche von

St. Thyrsus begraben, die nachher seinen Namen trug. Bischof Prothasius (7. Jh.)

in der gleichen Stadt starb ausserhalb seiner Residenz in Bière und wurde dann

in der Marienkirche von Basuges begraben, die später als dessen Kirche galt und

heute noch dem Orte den Namen gibt (St. Prex).166 In der alten Petruskirche zu

Remüs fand der dortige Pfarrer Florin (7. Jh.) sein Grab, weshalb das Gotteshaus

schon 930 ad sanctum Florinum genannt wird.167

Nicht so sehr die Konstanz der Patrozinien ist in Frage, als vielmehr die

Inkonstanz der Kulte, das Auf- und Absteigen verschiedener Heiligenkulte, das

bislang

S. 60: zu wenig beachtet wurde. Es war eine wahre «Kinderkrankheit» in der Datierung

von Patrozinien, indem einfach Petrus- und Martinskirchen schlechthin als

frühmittelalterlich angesehen wurden. Hier gilt es, auf Wellental und

Wellenberg der Kulte zu achten, auf die Tatsache, dass zu bestimmten Zeiten ein

Heiligenkult gleichsam Mode wird, dann wieder zurücktritt, um wiederum

später eine Blütezeit zu erleben.

Beginnen wir mit dem Petruskult. In Rom erbaute man um 350 die Basilica

Apostolorum, daraufhin errichtete der hl. Ambrosius (gest. 397) die Basilica

Beati Petri et Apostolorum in Mailand. Daran schloss sich die Kirche der hll.

Petrus und Paulus in Como an, die Bischof Amantius im 5. Jh. erstellte. König

Chlodwig (gest. 511) blieb nicht zurück und weihte dem Himmelspförtner in

Paris eine Apostelkirche. Das leitet zu den vielen fränkischen Petruskirchen über,

aber auch zu denjenigen, die dann die Iren und Angelsachsen, die eine grosse

Verehrung zur Stadt der Apostelfürsten hegten, aufführten: Einzig das rätische

Reichsurbar des 9. Jh. nennt uns ein ganzes halbes Dutzend alter Petruskirchen.

Man kann also von der spätrömisch-fränkischen Kultwelle sprechen. Aber ihr

folgte eine zweite, die man als Blüte der Petrusverehrung im Zeitalter der

Reform (10.-12. Jh.) bezeichnen darf. Seitdem Cluny 910 die Apostelfürsten

zum Symbol eines unabhängigen Klosters erhob und auch das übrige

Reform-Mönchtum dieses Zeichen aufnahm, ja an die Gesamtkirche weitergab,

ist eine eigentliche Kulterneuerung und Kultsteigerung eingetreten, der manche

Patrozinien angehören, vor allem diejenigen der Cluniazenser Niederlassungen.

Auch die Hirsauer schloss en sich dieser Petrusverehrung an. Daher die vielen

neuen Petrustitel von Kirchen des 10.-12. Jh., es sei hier nur auf Stans und

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Sarnen verwiesen. Damit ist nicht gesagt, dass diese Kirchen mit Cluny-Hirsau

Beziehungen hatten, sondern nur, dass diese Kirchen von der damaligen

Devotionswelle irgendwie abhängig waren.

Das gleiche gilt von der Marienverehrung. Seit dem 4. Jh. wurden zahlreiche

Kirchen unter diesem Titel geweiht, so die Marienkirche in Ephesus, Sta. Maria

Maggiore in Rom usw. Die bischöflichen Kirchen in Chur und Lausanne wie

Konstanz waren Maria unterstellt, ebenso alte Klöster wie Reichenau und

Pfäfers. Daher finden wir das Patrozinium auch bei alten Pfarreien, so z.B. bei

Brigels und Bendern. Aber auch hier folgte auf die frühmittelalterliche Periode

eine neue im Hochmittelalter, die nicht allein durch Cluny, sondern auch sonst

z.B. durch die Trierer Reformkreise eingeleitet oder gefordert wurde. Es gibt

übrigens zwischen beiden Blütezeiten keine genaue Grenzlinie, sondern nur eine

weite Grenzzone.168 Die Zisterzienser mit St. Bernhard (gest. 1153) führten

dann den Marienkult in grossartiger Weise fort. Die Marienverehrung war

damals so allgemein, dass man bei Pfarreigründungen unter diesem Patrozinium

nicht immer besondere Motive sehen darf. Kann man noch bei Göschenen an

Zisterziensereinfluss von Wettingen denken, so ist dies bei Schattdorf nicht

möglich.

S. 61: Auch der hl. Martin von Tours hat zwei verschiedene Kult-Etappen. In die frühe

hinein gehörten St. Immer und Dommartin in der Diözese Lausanne, in der

Diözese Chur, Zillis und Cazis, Disentis und Ilanz usw. Die zweite Kultwelle

datiert ins 10./11. Jh., angeregt durch den Cluniazenser-Abt Odo (gest. 942),

früher Kanonikus in Tours. Die Reformer übergaben ihre Klöster dem

Frankenheiligen, man denke an Muri (1064), Beuron (1097) und Petershausen

(1129). Auch die neuen Pfarreien richteten sich nach dem Geist der Zeit. Von

Muri übernahm das nidwaldische Buochs den Martinstitel, von Disentis das

nahe Platta, vom Fraumünster in Zürich die im 10. Jh. gegründete Martinskirche

in Altdorf.

Auch die Laurentiuspatrozinien weisen zwei Schichten auf, zunächst eine, die

dem 5.-8. Jh. angehört. Zu ihr zählen Kirchen in Gallien wie Clermont und Lyon,

dann in Germanien Lorsch und Kempten sowie Pfaffenhofen am Inn, in Rätien

Flums, Schaan, Untervaz, Paspels und Reams. Die zweite Schicht knüpft an den

Sieg Ottos 1. über die Ungarn am Laurentiustage des Jahres 955 an, worauf

gerade die Bischofsstädte zahlreiche Kirchen zu Ehren des römischen

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Erzmärtyrers errichteten. Hierher gehören die Kirchen von Chur (958) und von

Lausanne (985), dann von Augsburg und Salzburg, Metz und Trier.169 Im Wallis

dürften z.B. die Kirchen in St. Maurice und Riddes dazugehören.

Die Beispiele mögen genügen. Fast jeder Kult hat seine wechselnde Linie, die

jeweils genau zu erforschen ist.170 Dabei ist es von Wichtigkeit, das erste

Auftreten des betreffenden Kultes in der weiteren Umgebung festzulegen. Damit

erhält man einen frühesten Ansatz, den sog. terminus post quem oder terminus

ante quem non. So kam der Nikolauskult im Abendland erst durch die Gemahlin

Ottos II., die byzantinische Prinzessin Theophano, grossartig auf, daher dann die

Nikolauskirchen in Kempten (973), Burtscheid bei Aachen (1002) usw. Der hl.

Petrus Damiani (gest. 1072) feierte den Heiligen als besonderen Freund der

Mönche und Geistlichen. Infolge seines caritativen Wirkens wurde nun der

Bischof von Myra auch Patron der Hospize und Pilger. Daher errichtete ihm zu

Ehren der hl. Bernhard von Aosta im Verlaufe des 11. Jh. ein Hospiz auf dem

Grossen St. Bernhard. Zuletzt trug die Übertragung der Reliquien nach Bari

1087 sehr zur Verbreitung des Kultes bei. Man kann also vor der

Jahrtausendwende in unseren Gegenden kein Nikolauspatrozinium annehmen.

Ist die Kirche aus anderen Gründen dennoch alt, dann hat ein

Patroziniumswechsel stattgefunden, wie dies z.B. bei der Nikolauskirche in

Balzers-Mäls der Fall ist. Auch der Leonhardskult kam erst durch die Vita des

11. Jh. in unsere Gebiete. 1093 erwarb der Abt von Allerheiligen in

Schaffhausen das Leonhardskloster bei Limoges. Der Heilige erscheint neben

Maria und Nikolaus in der Gründungsurkunde der Abtei Engelberg (1122). So

versteht man auch die Leonhardskirche von Trimmis bei Chur in der zweiten

Hälfte des 12. Jh. Als Patron der Gefangenen und Pilger zog dann seine

Verehrung in viele Kalendarien ein.

S. 62: Ähnlich dürfen auch die Blasius-Kirchen nicht ins erste Jahrtausend versetzt

werden. Der Bischof von Sebaste (3./4. Jh.) wurde im Abendland erst durch

seine Legende, die in der Unterkirche von S. Clemente in Rom im 9. Jh.

dargestellt war, bekannter. Dazu trugen auch seine Reliquien bei, die z.B. 855

von Rom nach dem Kloster Rheinau kamen, wo uns dann seit 955 der Heilige als

Schutzherr erscheint. Von Rheinau gelangten Überbleibsel nach dem Kloster,

das sich seit 1036 ebenfalls unter das Patrozinium des Heiligen stellte und als St.

Blasien berühmt wurde. Man wird daher die Pfarreikirche in Taufers

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(Vintschgau) erst ins 11./12. Jh. datieren dürfen. Spät ist auch der Kult der hl.

Magdalena zu uns gekommen. Er nahm erst rasch zu, als das Kloster Vezelay

um 1050 ihre Reliquien zu besitzen glaubte. Von diesem Zentrum aus gelangte

die Verehrung auch in unsere Gegenden (Schaffhausen 1064, St. Maurice 1146,

Romoos 1184).

Diese Beispiele mögen genügen, um auch die Wichtigkeit der kult- und

patroziniumsgeschichtlichen Studien ins Licht zu setzen.171 Es muss mit

Nachdruck betont werden, dass nur ein näheres Erfassen der Kultgeschichte,

dazu noch die genauen Umstände, unter denen eine Kirche auftritt, also was man

in der Hagiographie die »coordonnées« nennt, zu einem Ergebnis führen kann.

Die Patroziniumskunde ist kein Handicap für alle fehlenden Beweise, sie ist nur

ein Arbeitsinstrument unter vielen anderen, unter der Archäologie und

Kunstgeschichte, der Rechts- und Kirchengeschichte, der Orts- und

Landesgeschichte.

Wie sehr sie aber doch geistesgeschichtlich aussagekräftig sein kann, belegen

uns verschiedene gute diesbezügliche Arbeiten. Wer wüsste heute nicht, dass die

Petrus- und Pauluspatrozinien im Hochmittelalter auf Cluny, aber auch auf die

Lenzburger zurückgehen können, dass das Mauritiuspatrozinium in der Diözese

Lausanne auf die altehrwürdige Abtei am Grabe des Heiligen hinweist, dass das

Theodulspatrozinium Walsereinflüsse aufdecken kann.172 Man darf nur nicht

diese Hinweise vergröbern, sie kritiklos überall anwenden, sie als einzigen und

genügenden Beleg für eine These ansehen.

e. Das Werden der Pfarrei

Es gibt kein allgemein gültiges Schema, nach welchem sich das Entstehen einer

Pfarrei entwickelt hatte. Wie bei den Patrozinien fehlen auch hier einfache

Handgriffe und billige Faustregeln. Schon die Verschiedenheit der

geographischen und historischen Voraussetzungen raten ab, alles über einen

Leisten zu schlagen. Rein theoretisch würde man zuerst eine Kapelle, dann eine

Kirche und schliesslich eine Pfarrkirche mit den drei Rechten auf Taufe,

Begräbnis und Zehnten erwarten. Das entspricht oft nicht der geschichtlichen

Wirklichkeit. Einige Belege mögen die Vielfalt der Entwicklung anzeigen. Riaz

besass um 900 eine Kapelle, 1074 einen Friedhof, 1228 erscheint die

Pfarrkirche.173 Bern war eine Filialkirche von Köniz,

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S. 63: die schon 1233 als parochialis ecclesia bezeichnet wurde, sicher 1268 einen

Friedhof hatte, doch erst 1276, als eine zweite Leutkirche errichtet wurde, alle

Pfarrrechte erhielt.174 Eigenartig ist der Fall von Spiringen, das sich 1290 von

Bürglen trennte, eine Kirche erhielt, wo ein ständiger Geistlicher die Sakramente

spenden konnte, ja wo auch ein Friedhof war. Trotzdem sich die Kirche auch

ecclesia parrochialis nannte, mussten doch alle Zehnten und Opfer an die

Pfarrkirche in Bürglen abgegeben werden. Erst 1591 erhielt Spiringen einen

eigenen Pfarrer und konnte erst 1633 den sogenannten kleinen Zehnten

ablösen.175 In Lenzburg haben wir 1372 eine Kapelle, in der infolge einer

Kaplaneistiftung 1454 täglich ein Gottesdienst stattfand. 1514 erhält sie das

Tauf- und Begräbnisrecht, 1528 die faktische, 1565 die juristische Trennung von

der Pfarrei Staufen.176 Hier gilt, was schon über das Taufrecht gesagt wurde.

Wie die noch erhaltenen romanischen Taufsteine beweisen, spendete früher der

zuständige Pfarrer auch auf Aussenposten das grundlegende Sakrament. Für die

spätere Zeit sei an den Pfarrer von Ollon (VS) erinnert, der 1440 für die Leute

von Conches, Chesieres, Villars und Arveyes eine Kapelle zu Huemoz erbauen

liess, wo er oder sein Vikar die Messliturgie feiern und die Taufe spenden

konnte.177

Wie es ein langsames Werden der Pfarrei gibt, so auch eine langsame

Grenzbildung. Zu Anfang der Christianisierung wurden überhaupt keine

Pfarreien in unserem Sinne gegründet, also mit genauer Grenzziehung, schon

gar nicht mit moderner linearer Vermessungstechnik, sondern man errichtete nur

christliche Zentren, die langsam ausstrahlten und anzogen, beispielsweise die

Kirchen in den spätantiken Städten, ferner auf entfernten, bewusst ausgewählten

Punkten, so etwa in Schaan und Zillis, Bürglen und Silenen, Gerunden (Siders)

und Leuk. Man wies diesen religiösen Mittelpunkten am Anfang oder später in

globo et confuso ein gewisses Hinterland zu. Diese pauschale Zuteilung

erkennen wir erst aus der späteren Zugehörigkeit von Siedlungen und Dörfern.

Daraus kann man dann das Gebiet einer Pfarrei flächenhaft abschätzen. Der

Pfarrei Truns/Somvix stand alles Gebiet bis zur Oberalp und zur Furka zu, der

Pfarrei Silenen alles bis zur Schöllenen, ob es nun schon bewohnt war oder nicht,

einfach kraft einer allgemeinen und grosszügigen Verteilung.

Es ist bezeichnend, dass Karl der Grosse 810-813 bestimmte: ut terminum

habeat unaquaeque aecclesia, de quibus villis decimas recipiat.178 Mit der

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Durchbildung und Stärkung einer Pfarrei war von selbst die Grenzziehung

verbunden. Eine berühmte Umschreibung einer Pfarrei existiert von Kaltern,

welche in ihrer endgültigen Form jedoch erst aus der ersten Hälfte des 11. Jh.

stammt.179 Solch genaue und alte Dokumente fehlen für unser Gebiet. Jedoch

verlangte der Konstanzer Bischof 1148 für die neue Pfarrei Engelberg klare

Grenzen.180

Da die Pfarrkirche für alle Bewohner einer Landschaft dienen sollte, wurde sie

meist in zentraler Lage errichtet. Musterbeispiele dafür sind Bellinzona, dann

S. 64: Biasca, das sich wie eine Drehscheibe zwischen Blenio, Leventina und Riviera

ausmacht, dann Pleif als Zentrum des Lugnezertales, St. Peter als Mittelpunkt

des Schanfiggs. Etwas mehr gegen Talausgang liegt Schiers im Prättigau,

immerhin noch günstig genug. Im Val d'Illiez (VS) finden wir die Kirche in der

Mitte des Tales, während am Eingange Troistorrents und am Ausgange

Champery liegen. St. Michael in Zug war früher ein Mittelpunkt der ganzen

Landschaft am Ostufer des Zugersees, erst später wurde es peripher, nachdem

unterhalb die Stadt entstand und Aussenposten hinzukamen wie z.B. im 15. Jh.

die Kaplanei von Walchwil. Tours (FR) liegt an der äussersten nordwestlichen

Ecke des Pfarrbezirkes, was auf eine grössere Ausdehnung und auf ein frühes

Alter, wohl des 9./10. Jh., schliessen lässt.

Wir treffen auch oft eine exzentrische Lage, so liegt St. Johann in Hochrialt am

Rande der Grosspfarrei, die den ganzen Heinzenberg umfasste, wohl deshalb,

weil die kirchliche Organisation vom Domleschg her kam und weil man für den

Bau der Kirche ein gesichertes Terrain wünschte. Auch die Kirche auf der

Luziensteig ist eher exzentrisch, von Fläsch und Maienfeld aus gesehen, aber

hier waren historische Erinnerungen an das Wirken des hl. Lucius für die Lage

der Kirche massgebend. St. Kolumban in Urseren liegt gerade dort, wo der Weg

von der Oberalp herkam, begreiflich, denn das Tal wurde von Rätien her

kultiviert und kirchlich organisiert. Dazu erhielt die Talkirche in Altkirch (vor

dem Eingang zur Schöllenen) viel mehr Sonnenwärme als im inneren Tale, auch

schon in Andermatt. Entsteht die Pfarrei an einem See-Ende wie z.B. in Lugano

und Locarno, dann liegt die Pfarrkirche flächenhaft gesehen exzentrisch, aber

zentral für den Zugang auf dem Wasserweg.

Wenn eine Pfarrkirche bzw. Pfarrei ganz von einer andern umgeben ist, also eine

Enklave vorstellt, so darf man schliessen, dass sie später geschaffen worden ist,

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meist infolge des Eigenkirchenrechts. Das gilt von Resudens (FR), das ganz von

Dompierre-le-Grand umfasst wird. Das gleiche darf von Wünnewyl (FR), das

innerhalb des Gebietes der Pfarrei Bösingen liegt, behauptet werden.

Oberentfelden ist ganz in die Urpfarrei Suhr eingebettet und wird daher eine

spätere Eigenkirche von Disentis gewesen sein. Kästris und Seewis liegen ganz

im Pfarreigebiet von Sagens, so dass man sie als dessen frühere Teile ansprechen

darf In der Lugnezer Talpfarrei mit dem Mittelpunkt in St. Vincenz zu Pleif sind

Sta. Maria in Igels und St. Mauritius in Cumbels eingeschlossen, weil sie als

königliche Eigenkirchen erst späteren Ursprungs waren.

Einen besonderen Hinweis verdient, dass die Pfarreien keineswegs immer an

den verkehrswichtigsten Punkten entstehen, dass sich an eigentlichen

Umschlagplätzen keine Pfarrei bildet. Der Geograph von Ravenna nennt im 7.

Jahrhundert im Blenio nur die Siedlung Leontica, bezeichnet sie also als

bedeutenden Strassenpunkt, aber Leontica entwickelte sich erst im 11./12. Jh. zu

einer Pfarrei.

S. 65: Die kirchliche Organisation ging von Biasca (7./8. Jh.) aus. Die gleiche

Weltbeschreibung nennt zwischen Martigny und Massongex einerseits, Vevey

und Lausanne anderseits Pennolocus als eine geographisch wichtige Siedlung,

die sich im alten Compegny fortsetzte. Aber die Petruskirche durfte erst in die

Zeit der Reformklöster datieren, zudem haben erst die Savoyer 1214 in der Nähe

die Stadt Villeneuve ins Leben gerufen. Ähnlich werden im rätischen

Reichsurbar des 9. Jh. für das ganze Engadin nur zwei Tabernen genannt, eine in

Zuoz und eine in Ardez. Und doch sind nicht diese Orte der Ausgangspunkt der

kirchlichen Organisation, sondern die Petruskirchen in Remüs (7. Jh.) und in

Samaden (7./8. Jh.). Die Luciuskirche in Zuoz und die Marienkirche in Ardez

folgten erst nachher.

Nicht anders ist es im schweizerischen Unterland. Bei dem heutigen Brugg war

schon zur Römerzeit ein leicht passierbarer Aareübergang, später eine

germanische Siedlung, aber erst nach der Jahrtausendwende entstand die

Nikolauskirche, die 1275 selbständig wurde. Ebenfalls eine römische Brücke

führte bei Laupen über die Saane. Dort hielt sich später, Anfang des 11. Jh.,

zeitweilig der Burgunderkönig Rudolf III. auf. Aber der Ort hatte wohl 1155

eine eigene Kirche, die dem hl. Pankratius geweiht war, war aber nach

Neuenegg pfarrgenössisch, bis er im 16. Jh. die pfarrherrliche Selbständigkeit

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erlangte. Die Froburger gründeten schon im 11. Jh. das Schloss Aarburg, um das

sich erst im 15. Jh. eine Stadt und eine Pfarrkirche bildete, trotzdem es sich um

einen günstigen Verkehrsplatz handelte.

Die gleiche Erfahrung belegen Stansstad, Alpnachstad und Brunnen am

Vierwaldstättersee, die alle eine bedeutende Rolle als Verkehrsplatze spielten

und noch spielen, aber keine wichtigen Siedlungen mit kirchlicher Organisation

darstellten (Näheres siehe unten S. 121).

Gesamthaft gesehen handelt es sich jedoch hier eher um Ausnahmen. Alte

Siedlungen und verkehrswichtige Zentren entwickelten sich gerne zu frühen

Pfarreien. Man denke an Locarno und Biasca, an Martigny, Massongex und

Lausanne, an Solothurn und Zürich, an Sargans und Schaan, an Chur und Zillis.

Die Pfarrkirchen erhoben sich dort, wo menschliche Siedlungen danach riefen.

Dabei ist es klar, dass die Kirchen auch wieder Menschen anzogen. Ursachen

und Wirkungen verketten sich oft. Das gilt auch vom inneren Zusammenhang

zwischen Pfarrkirche und Gerichtsplatz, den wir bei einer guten Anzahl von

Pfarreien feststellen. Eine sehr alte Gerichtsstätte, deren Kanzlei in

karolingischer Zeit eine grosse Rolle spielte, war Rankweil. Rechtshandlungen

wurden auch in der Vorhalle der Zürcher Petruskirche vorgenommen, wie dies

für 946 belegt ist. Gerichtsstätten befanden sich auch in Lyss, ferner in Faido,

wo nicht nur das Gericht, sondern auch die Landsgemeinde tagte. In Ernen war

das Gericht für das Goms, wie heute noch die Galgensteine in Erinnerung rufen.

Eine Gerichtsstätte befand sich auch in Baar, die wenigstens für das 13. Jh.

belegt ist.

Gericht, Markt und Mauern machten eine Stadt aus. Hier enthüllte sich eine

S. 66: geradlinige Entwicklung, wenn einfach die frühere Dorf- und Landkirche zur

Stadtkirche erhoben wurde. Das durfte bei Estavayer-le-Lac stattgefunden

haben, dessen Laurentiuskirche dem. 10./11. Jh. angehört, die dann bei der

Stadtwerdung im 13. Jh. eine höhere Bedeutung erhielt. St. Stephan in Moudon

dürfte schon längst bestanden haben, als die Erhöhung zur Stadtkirche kam. Die

Kirche in Mellingen blieb im Zentrum, auch nachdem das Dorf Ende des 13. Jh.

die Stadtprivilegien erhielt.

Aber nicht immer ging es so einfach. Oft wurde die bisherige Landkirche in den

zweiten Rang versetzt und im eigentlichen Stadtbezirk eine neue Kirche

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errichtet, die als Stadtkirche den Bürgern zur Ehre gereichte und gleichsam ihre

neue Würde nach aussen darstellte. Der Fall ist nicht so selten, wie man auf den

ersten Blick meinen möchte. In Bellinzona liegen die Landkirche (St. Petrus)

und die Stadtkirche (St. Petrus und St. Stephanus) nicht weit voneinander

entfernt. In Visp ist dies ebenso, St. Martin war Landpfarrkirche, die nun der

Marienkirche der Stadt ihren Rang abgeben musste. In Conthey war St. Severin

zuerst, auf welche dann St. Petronilla als Kirche der Bürger folgte. In Martigny

war die Marienkirche die Kirche für das ganze Gebiet, während St. Michael im

Bourg folgte. In Zug beherrschte früher St. Michael die ganze Ufergegend des

Sees, aber mit der Gründung der Stadt wurde auch die Liebfrauenkirche errichtet,

sogar als Teil der Stadtmauer. In Uznach hatte zuerst die Galluskirche den

Primat über das ganze Gebiet, aber bei der Stadtwerdung kam St. Michael zu

Ehren. Die alte Ilanzer Kirche war St. Martin, erst als man die Stadt gründete

und mehr an das Ufer des Rheins verlegte, wurde Sta. Maria bzw. später Sta.

Margaretha zur Kirche der Bürger erklärt.

Um den Wechsel noch mehr ins Licht zu setzen, seien einige Fälle in den

Kontaktzonen unseres Untersuchungsgebietes herangezogcn. In Wil (SG) war

die Petruskirche die Landkirche, erst bei der Gestaltung der Stadt auf der nahen

Anhöhe bekam der hl. Nikolaus eine Kirche. Die gleichen Heiligen spielen in

Altenstadt/Feldkirch, das noch zur Churer Diözese gehört, die gleiche Rolle.

Zuerst regierte St. Petrus in Altenstadt, aber bei der Verlagerung des

Schwerpunktes der Siedlung nach Feldkirch und bei dessen Erhöhung zur Stadt

kam die romanische Nikolauskirche zu Ehren. Die Ratoromanen nennen aber

heute noch Feldkirch nach der alten Petruskirche S. Pieder. Im nicht weit

entfernten Bludenz hatte auch St. Peter früher das Zepter inne, aber mit der

Errichtung der Stadt auf dem Felssporn erhielt St. Laurentius die führende

Stellung. Wie hier thront auch sonst die Stadtkirche meist über der Landkirche.

Das Gotteshaus der reichen Bürger sollte höher liegen als die Kirche der

Landbevölkerung. So wollte es die ständisch abgestufte Gesellschaft des

Mittelalters.

Die Unterscheidung zwischen Land- und Stadtkirche gibt uns die Möglichkeit,

die chronologisch ältere Kirche und Pfarrei zu erkennen. Ein weiteres

Hilfsmittel

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S. 67: dazu bietet uns die geographische Lage, näherhin die Art und der Umfang eines

Pfarreigebietes. Da fällt uns zunächst einmal auf, wie sehr die Flüsse die

Pfarreibildung förderten. Besonders am Anfange eines Flusses war ja eine

Brücke oder eine Fähre leicht zu errichten, aber es handelt sich nicht nur um

kleine, sondern auch grössere Flüsse, die geradezu einluden, die Pfarreigrenzen

auf beiden Uferseiten auszudehnen. Am Ticino seien Bellinzona und Biasca

erwähnt, an der Rhone treffen wir fast nur solche Pfarreien, angefangen von

Münster und Ernen, Mörel und Naters, dann Visp, Raron, Leuk, Sitten, aber

auch Leytron und St. Maurice. Am Rheine ist es nicht anders, man denke an

Tavetsch, Disentis, Somvix, Truns, Brigels, Ruis, Sagens, Ems, Zizers, Bendern.

Am Inn mag etwa der Bereich der Urpfarrei Samaden, der bis St. Moritz-Bad

und Pontresina ging, dafür einstehen. Bezeichnend ist auch Schuls-Tarasp. Nicht

nur im Gebirge, auch in tieferen Gegenden stossen wir auf die gleiche

Beobachtung. Links und rechts der Seez entwickelten sich die Pfarreien

Flums-Berschis und Mels-Heiligkreuz. Zofingen lag an beiden Ufern der

Wigger, Kirchberg und Oberburg beidseitig der Emme, Winau beidseitig der

Langeten und der Rot, Suhr und Schöftland hatten Gebiete links und rechts der

Suhr. In der Westschweiz nennen wir Barbareche, dessen Gebiet die Saane

überschritt. Auch die Innerschweiz macht keine Ausnahme, denn die

urnerischen Urpfarreien Bürglen und Silenen, dann später Altdorf erstreckten

sich über beide Reussufer. Das ist alles beachtenswert, wenn es gilt, die erste

Ausdehnung von alten Pfarreien zu erfassen, beachtenswert auch für die

Geschichte der Fähren und Brücken im Lande.

So sehr die Flüsse verbinden, sie können auch trennen. Die Saane teilt die beiden

Grosspfarreien Bulle und Broc, die Limmat St. Peter auf dem linken und St.

Felix und St. Regula auf dem rechten Ufer. Der Hinterrhein scheidet die beiden

alten Kirchspiele Domleschg und Heinzenberg, wenigstens aufs Ganze gesehen.

Der gleiche Fluss trennt bei seiner Mündung in den Rhein die Pfarreien Ems und

Rhäzüns-Bonaduz. Auch der Glenner teilt in seinem letzten Stück die Urpfarrei

Sagens von der Talpfarrei Lugnez und von der Kleinpfarrei Ilanz. Man nahm

also die Flussläufe als Grenzen an, besonders dort, wo sie zugleich eine Schlucht

darstellten (Glenner), oder wo im Laufe der Zeit sich zwei Pfarreien infolge

ihres Wachstums abgrenzen mussten, wie das bei Zürich der Fall war, das zuerst

ganz unter St. Peter stand.

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Während die Flüsse im allgemeinen verbinden, trennen die Gebirge. Dieser

geopolitische Satz gilt auch für die Pfarreibildung. Die Walliser- und Berner-,

die Glarner- und Bündner Alpen bilden im allgemeinen die deutlichen und

dauerhaften Grenzen. Der beste Beweis dafür sind die Endtäler, die erst zuletzt

kultiviert und besiedelt wurden und daher auch zuletzt eine Kirche erhielten und

Pfarreirechte erlangten. Im allgemeinen darf man deren Besiedlung und

kirchliche Organisation ins 11./12. Jh. ansetzen. Das trifft einmal bei den Tälern

zu, die zum

S. 68: Gotthard führen, so beim Blenio- und oberen Leventinatal, beim Goms und dem

oberen Reusstal und auch beim obersten Rheintal (Tavetsch). Wir müssen aber

auch das Lötschental, das Ormonttal, das Saanetal, das Simmental, das

Kandertal, das Haslital, dann gegen die zentrale Schweiz hin das obere

Emmental und das Engelbergertal erwähnen, um viele andere zu übergehen.

All das schliesst nicht aus, dass einmal da oder dort Anregungen über einen Pass

gekommen sind. So können über Greina und Diesrut vom Blenio her erste

christliche Vertreter ins Lugnez gelangt sein, aber die Organisation der

Talpfarrei rührte vom Bistum Chur her. Die Pfarrei der Abtei Disentis ging vom

Russeinerfelsen über den Oberalppass bis Urseren, das erst im 11./12. Jh. eine

eigene Pfarrei bilden konnte. Der Bernardin verband das äussere Rheinwald mit

Misox, ein Zusammenhang, der erst im 13. Jh. durch Bildung einer Pfarrei

Rheinwald zerrissen wurde. Die Pfarrei Schwyz griff schon im 10./11. Jh. über

die Mythenberge hinaus ins Alpthal und nach Oberiberg, weil das erst

gegründete Kloster Einsiedeln noch zu wenig stark war. So konnte auch die

Pfarrei Broc über den Jaunpass bis ins Simmental vordringen. Über den

Heinzenberg hinaus gründete die Pfarrei Cazis in Tenna im 14. Jh. eine

Johanneskirche und eine Pfarrei. Besonders zahlreiche Fälle liegen für das

Rhonetal vor. Die Patronatsrechte von Simpeln (ca. 1200) übergab der Pfarrer

von Naters 1267 dem Herrn von Aosta, da sie für den Unterhalt eines Priesters

gesorgt hatten. Rechtlich hatte Naters den Vorsprung, aber faktisch dominierten

die Dynasten. Einflüsse auf die Kirchengründung von Zermatt werden diskutiert,

aber die dortige Nikolauskapelle (1280 nachweisbar) hat nur durch die Pfarrei

Visp ihre Dauerexistenz erhalten. Die Selbständigkeit setzte Zermatt erst im 16.

Jh. durch. Die Herren von Raron sind erst im 13. Jh. vom Wallis als Eigenherren

nach Zweisimmen gekommen, übrigens auf dem Wege der Erbschaft. Das

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gleiche dürfte von den Patronatsrechten gelten, die Anton von Turn im 14. Jh. in

Frutigen besass. Aufs Ganze gesehen sind diese Fälle vor der Jahrtausendwende

eine Ausnahme, erklärlich nur durch die mangelnde Besiedlung und

unzulängliche Verkehrsmöglichkeit.

Nachdem wir alle Möglichkeiten erwogen haben, wie man eine alte Pfarrei

irgendwie feststellen könnte, dürfen wir auch die Frage nach dem Umfang der

Pfarreien stellen. Im Anfang der Christianisierung gab es keine abgegrenzten

Pfarreien, sondern eigentlich nur christliche Zentren, die weithin strahlten, aber

dann sich gar nicht so in der Nähe entwickeln konnten. Im Rhonetal sind St.

Peter in Sitten, St. Johann in Ardon und St. Maria in Massongex mehr oder

weniger klein geblieben, obwohl sie in die älteste Kirchen- und Pfarreischicht

hineingehören. Auch um den alten Bischofssitz in Avenches gab es manche

kleine Pfarrei (Donatyre, Domdidier). Das gleiche gilt auch für das Rheintal. Die

Churer Bischofskirche St. Maria hat kein grosses Territorium zu betreuen gehabt.

St. Pankratius in Trins ebenfalls nicht. St. Cassian in Sargans, eine Kirche des 6.

oder 6./7. Jh., konnte

S. 69: nicht einmal das nähere Gebiet, das Trübbach im Norden und Heiligkreuz im

Westen darstellt, erobern. Nicht anders verhält es sich mit St. Bartholomäus in

Grabs, einer Kirche des 6. Jh., deren Bezirk nur das Gebiet von Werdenberg und

Grabserberg umfasste. St. Peter in Schaan geht ins 5./6. Jh. zurück und doch

konnte sich die Pfarrei nur das Gebiet von Planken bis Vaduz und zwei

Siedlungen auf dem Triesenberg eingliedern. Auch die im 8./9. Jh. gegründete

Pfarrei Eschen ist klein, errichtet wohl nur, um die rätischen Klöster zu stärken

und das Pfarreisystem zu verdichten. Es gab aber auch andere Pfarreien, die

klein waren, weil sie ein wenig später gegründet wurden und daher mit den

restlichen Gebieten vorliebnehmen mussten. Hierher gehören St. Martin in Ilanz

(7. Jh.) und S. Salvator in Chur (8. Jh.), die erste eine Eigenkirche der Victoriden,

die zweite eine solche der Äbte von Pfäfers.

Einen anderen Typus stellt die grosse Land- und Missionspfarrei dar. Sie sollte

das zerstreut wohnende Landvolk erfassen. Wir beginnen mit der Pfarrei Suhr

im Aargau und der Talpfarrei Lugnez in Rätien, zwei Pfarreien, die man dem

6./7. Jh. zuweisen konnte. Schon eher dem 7./8. Jh. zuzuordnen sind Sagens,

Gerunden/ Siders und Leuk. Dann folgt etwa im 8./9. Jh. Visp und im 9. Jh.

Bendern. Da grosser Umfang auch auf geringe Bevölkerungsdichte hinweisen

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kann, darf man nicht allein aus dem Umfange auf das Alter schliessen, stets sind

alle Indizien zu berücksichtigen. Es sind ja auch Zwischentypen möglich. So

wird Zillis zuerst nur ein Ausstrahlungszentrum gewesen sein, als man es um

500 als Taufkirche errichtete, aber es ergab sich von selbst aus seiner Lage als

Mittelpunkt des Schamsertales, dass es schliesslich eine grosse Landpfarrei

wurde.

Bei der Auflockerung grosser oder auch kleinerer Pfarreien machten sich zuerst

die entferntesten Kirchen selbständig. Von der Pfarrei Riva S. Vitale trennte sich

zuerst die nördlichste Siedlung in Aragno (schon 810 als Kirche nachzuweisen),

dann 1213 Rovio, das nach der Verselbständigung von Arogno die entfernteste

Dorfschaft war. Zu Stalden im Vispertal errichtete der Pfarrer von Visp 1256

eine Vikarsstelle, die 1535 selbständig wurde. Weniger weit vom

Pfarrmittelpunkt entfernt war Visperterminen, das wohl auch 1256/65 eine

Kirche erhielt, die aber erst 1715 zur Pfarrei erhoben wurde. Simpeln als die

entfernteste Siedlung der Pfarrei Naters erhielt schon in der ersten Hälfte des 13.

Jh. pfarreiliche Selbständigkeit. Engelberg war in der Pfarrei Stans am meisten

peripher gelegen und erreichte daher auch zuerst die kirchliche

Selbstverwaltung. Von der Grosspfarrei Altdorf trennten sich zuerst Sisikon und

Seelisberg, erst nachher die vier übrigen Tochterkirchen, die näher lagen.

Urseren war das entfernteste Gebiet der Disentiser Grosspfarrei und wurde daher

früher freigegeben als die andern äbtlichen Eigenkirchen im Tavetsch und

Medels. Von der grossen Talpfarrei Lugnez hat sich das entfernteste Vals schon

vor 1345 getrennt, früher als die andern Siedlungen.

Doch spielt bei dieser Aufteilung eines bedeutenden Pfarreigebietes nicht nur

S. 70: die Entfernung, sondern auch die Grösse der Siedlung eine Rolle. Von Stalden

zweigte sich das Mattertal ab, wo die St. Nikolauskirche schon vor 1272

Pfarreirechte erhalten konnte. Sie gelangte also früher zur Selbständigkeit als

Saas-Grund, das zwar weiter entfernt war, aber erst 1298 einen eigenen Vikar

hatte und faktisch erst um 1400 die volle kirchliche Verwaltung erreichte. Im

Val d'Herens wurde nicht zuerst das entferntere St. Martin, sondern St. Martin

und das nähere Mage ungefähr zur gleichen Zeit Pfarrei. Diese Beobachtung,

dass sich zuerst die bedeutendste und nicht die entfernteste Siedlung frei machte,

trifft auch bei Oberkirch/Kaltbrunn in der Grosspfarrei Benken ein. Von der

Luciuskirche auf der Steig löste sich nicht zuerst Maienfeld, sondern das nähere

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Fläsch. All dies lehrt uns, wie auch hier in der Erforschung der Pfarreien kein

Schema helfen kann.

Der Umfang der Pfarreien entsprach im Frühmittelalter den politischen

Gebilden. Nicht dass die Stadt- oder Dorfgemeinde aus der Pfarrei entstanden

wäre, sondern dass sich beide Institutionen praktisch deckten. Ein Schreiben des

Luzerner Konventes von 1261 wendet sich z.B. an die parochiani universi von

Stans und von Buochs und ermahnte ihre Gesamtheit (universitatem vestram) zu

gemeinsamem Vorgehen. Wenn die Pfarreien noch im 13. Jh. politisch und

kirchlich identisch waren, so sicher auch in der früheren Zeit. Ähnlich war es

auch in den andern Alpengegenden.181 Aber dies dürfte nicht auffallen, denn

auch die niedersächsischen und friesischen Kirchgemeinden im deutschen

Norden spielten die gleiche Rolle. Schliesslich hatte die Pfarrei auch in den

englischen, spanischen und italienischen Städten dieselbe Bedeutung inne.182

Es stellt sich die Frage, ob im Frühmittelalter eine Pfarrei von der andern gelöst

wurde, mit andern Worten, das Problem der Filiationen. Dass eine Kirche von

der andern, eine Kapelle von der Pfarrkirche abhängig war, wissen wir aus

vielen Urkunden, besonders solchen, die das Zehntenwesen betreffen. Aber ob

sich Silenen von Bürglen, Flums von Sargans ablöste, das wissen wir nicht. Wir

können höchstens den geographischen Primat und die chronologische Priorität

angeben, also eine Hypothese aufstellen (siehe oben über die geographischen

Gegebenheiten der Pfarrei). Fast nie haben wir Urkunden über die Gründung

von Pfarreien in frühmittelalterlicher Zeit.183 Es folgten meist Pfarreien auf

Pfarreien, die eine neben die andere, ohne dass sie notwendigerweise aus der

andern entstanden waren. Ähnlich verhält es sich mit den Klosterfiliationen, die

auf persönliche Initiative hin von einzelnen Mönchen unternommen wurden,

ohne dass ein Kloster als Mutterkloster rechtlich und geistig dahinterstand. Die

Pfäferser Mönche, die Müstair gegründet haben, erscheinen in den

Konventlisten beider Kloster, aber sonst lässt sich keine Bindung zwischen

beiden Institutionen entdecken. Ganz anders im Hochmittelalter, wo Cluny und

Cisterz bewusst und rechtlich-ökonomisch neue Gründungen ins Leben riefen,

hinter denen die Mutterabtei stand.

Es ist auffällig, wie Kirchen und Pfarreien dicht nebeneinander lagen. Die

S. 71: Pluralität der Kirchen in einem Dorfe oder doch in einer engeren Landschaft ist

merkwürdig. In Aigle haben wir zwei Kirchen, St. Jakob aus dem 10./11. Jh. und

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St. Mauritius. Die erste war bischöflich, die zweite gehörte den Kanonikern von

St. Maurice, denen sie 1138/50 zurückgegeben wurde. Schliesslich siegte die

Mauritiuskirche, die 1214 Pfarrkirche wurde. In Oberlyss diente die

Marienkirche als Pfarrkirche, aber trotzdem entstand in Niederlyss eine

Eigenkirche des Evangelisten Johannes. Im Lugnez war St. Vincenz in Pleif die

Talkirche, aber ganz in der Nahe, in Igels, entstand schon eine Eigenkirche zu

Ehren der Muttergottes. Die Kirche von Canobbio ist als Eigenkirche in der

Nähe von Lugano begreiflich. Die Adeligen und Feudalherren riefen oft Kirchen

als Stützpunkte ihrer Herrschaft und zur Betreuung ihrer Leute und indirekt auch

ihrer Güter ins Leben.

Zu diesen Adeligen gehörten auch die Kloster. Dass sich die Mönche um die

Seelsorge der umliegenden Gebiete kümmerten, kam ganz von selbst. Aber

etwas anderes war die formelle Gründung von einer Pfarrei um das Kloster oder

auch entfernt vom Kloster. Wir sehen hier von St. Maurice ab, das selbst als

Wallfahrtsort sehr früh das Taufrecht hatte (Baptisterium des 6. Jh.), auch

verschiedene Pfarreien wohl schon im Frühmittelalter gründete, auf die noch

zurückzukommen sein wird. Aber auch dieses berühmte Kloster erhielt erst

1162/63 die Pfarrkirche St. Sigismund (früher St. Johannes), die unmittelbar vor

seinen Mauern war. Romainmôtier errichtete erst im 11. Jh. mit der Erbauung

seiner Marienkirche eine Pfarrei, die indes eine längere Entwicklung voraussetzt.

Eigenartig ist die Lage bei den Cluniazenserprioraten. Rougemont machte in der

zweiten Hälfte des 11. Jh. einfach die Nikolauskapelle zur Pfarrkirche. Die

Pfarrkirche St. Martin in Rüeggisberg existierte schon, bevor das

Cluniazenserpriorat ca. 1073 gegründet wurde. Der bisherige Leutpriester sah

die Änderung nicht gerne.184 Schönenwerd wurde schon 778 gegründet, erhielt

aber erst 1358 die Pfarrei Gretzenbach inkorporiert, in deren Gebiet es lag. In

Muri gab es auch schon im 10. Jh. eine Pfarrkirche, deren bisherigen Pfarrer

Voko die habsburgischen Gründer des neuen Klosters einfach auf andere

Eigenkirchen versetzten. Freilich besorgte dann vorläufig doch ein Weltpriester

die neue Klosterkirche. Während Muri mitten in eine Pfarrei hineingegründet

wurde, war dies bei Engelberg anders, das in einem abseits gelegenen Winkel

der Pfarrei Stans errichtet wurde. Eben deshalb gab es hier keine nennenswerten

Schwierigkeiten, als das Kloster im 12. Jahrhundert die Talpfarrei übernahm.

Ähnlich war es in Einsiedeln, das in einsamer Gegend gegründet wurde, aber

wohl erst im 12./13. Jh. dazu kam, eine eigentliche Pfarrei zu errichten.

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Älter als diese Klöster des Bistums Konstanz sind diejenigen von Chur. Schänis

datiert aus dem Anfang des 9. Jh., aber hier war nach allem, was wir schliessen

können, schon vorher eine Pfarrei mit einer Galluskirche. Erst im 11. Jh.

gelangte die Klosterkirche St. Sebastian zur Ehre einer Pfarrkirche.185 Beteiligt

war das Damenstift bei der Gründung der Grosspfarrei Bendern. Pfäfers wurde

im Gebiete

S. 72: der Pfarrei Ragaz errichtet, fand also schon eine Kirchgemeinde vor. Für ihre

Umgebung gründeten jedoch die Mönche vor 906 die Leutkirche St. Evort, bei

welcher heute noch der Dorffriedhof liegt. Um den Erhalt der Pfarreien

interessierte sich das Kloster sehr und erreichte schon im Frühmittelalter neben

St. Pankratius in Ragaz auch St. Martin in Eschen, St. Salvator in Chur und St.

Georg in Ruschein.186 Das um 700 gegründete Frauenstift Cazis unterstand, wie

es scheint, früher der Pfarrei St. Johann in Hochrialt. Immerhin datiert schon die

Kirche St. Martin auf dem Felde bei Cazis aus dem 7. oder 7./8. Jh. In der Zeit

des Bischofs Adalgott von Chur kam dieses Gotteshaus, das als capella sancti

Martini bezeichnet wird, an das Damenstift. In der betreffenden Urkunde von

1156 wird jede Einmischung eines Plebanus oder Archipresbyters in die

Klosterkirche abgelehnt.187 Das in karolingischer Zeit gegründete

Benediktinerkloster Müstair betreute wohl bald die Leute des Münstertales, die

von der Urpfarrei Mals zu weit entfernt waren. Das Gebiet von der Calven bis

zum Ofenpass bildete also eine klösterliche Pfarrei. Eine Eigenkirche des

Klosters war sicher Sta. Maria im Münstertal, vielleicht auch St. Blasius in

Taufers. Um den Kreis zu schliessen, erwähnen wir noch Disentis, das im

siedlungsarmen Gebiete der Grosspfarrei Truns/Somvix errichtet wurde und

dann durch seine klösterliche Marienkirche die Leute vom Russeinertobel bis

Urseren zu betreuen hatte. Die Abtei gründete im 11./12. Jh. im Dorfe, das um

das Kloster entstand, die Pfarrkirche St. Johann und in Urseren die Pfarrkirche

St. Columban. Ferner gehen auch die Kirchen von Tavetsch (1205) und von

Medels (Anfang 13. Jh.) auf die Initiative der Mönche zurück.

Die Klöster sind also erst später in die Pfarreien gekommen, nachdem diese

wenigstens allgemein und ungefähr vorhanden waren. Disentis liess sich in der

Pfarrei Truns/Somvix nieder, Müstair in der Grosspfarrei Mals, Pfäfers in der

Pfarrei Ragaz, Engelberg in der Pfarrei Stans usw. Wo die Pfarreien gross waren,

hatte es keine Schwierigkeit, selbständige Seelsorgebezirke zu gründen. Aber

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dort, wo schon Pfarreikirchen am Platz waren wie z.B. in Muri, in Rüeggisberg,

da waren Hindernisse zuerst zu beseitigen. Das betrifft aber erst die Zeit nach

der Jahrtausendwende, wo das Pfarrei-System eigentlich schon existierte. Wie

das Beispiel von Muri lehrt, wurden auch Weltgeistliche angestellt. Im

Frühmittelalter werden die Mönche wohl noch selbst vielfach die Pastoration

übernommen haben, besonders vom Kloster aus.188

Zum Schlusse dieses Kapitels über das Werden der Pfarrei mag uns die

Gesamtentwicklung interessieren, wie es von einzelnen Gründungen bis zum

fast vollendeten Pfarreien-System kam. Am Anfange der Christianisierung

entstand eine erste Schicht. Es ist merkwürdig, wie in Ardon und in Schiers fast

nebeneinander und auch zeitlich nicht weit voneinander entfernt schon zwei

Kirchen stehen. Ardon weist ein Heiligtum des 5./6. Jh. und eines um 600 auf.189

In Schiers wird für die älteste Kirche 1. Hälfte oder Mitte 5. Jh. in Betracht

gezogen.190 Kaum

S. 73: hatte die Völkerwanderung geendet, als man auch die befestigten Plätze und

Kirchenburgen verliess und sich eine offene Siedlung auf einem tieferen Niveau

errichtete. Die kleine Kirchenburg von Crepault aus dem 5./6. Jh. wurde

aufgegeben, und die Bevölkerung siedelte sich nun nördlich des Rheines an, wo

dann das Dorf und die Martinskirche von Truns des 7./8. Jh. entstand. Ähnliche

Bewegungen fanden in Brigels und Somvix statt.191 In karolingischer Zeit baute

man viel, man erinnere sich an die berühmten Dreiapsidenkirchen in Rätien

(Mistail, Müstair, Chur, Disentis). Wenn der Bischof von Chur 823 sagt, er habe

über 230 Kirchen in seinem Sprengel gehabt, so mögen davon nur ein Viertel

Pfarrei-Kirchen gewesen sein. Im Frühmittelalter gab es schon viele Kapellen,

z.B. St. Felix in Gerunden/Siders, St. Cassian in Lenz, St. Peter in Ems, St.

Benedikt in Mals, St. Prokulus in Naturns. Man baute schon damals nicht allein

ex necessitate populi, sondern auch ex pietate cordis. Auch die Bischofssitze und

die Klöster hatten zwei bis drei Kirchen, manche noch viel mehr.192 Wie man

immer wieder baute, vergrösserte und abriss, zeigt hier nochmals Ardon, wo

schon im Verlaufe und dann nochmals Ende des 9. Jh. umgebaut und erweitert

wurde. Im ganzen hat man den Eindruck, dass in den romanischen Gebieten der

Diözesen Chur, Sitten und Lausanne, soweit sie stärker besiedelt waren, das

Pfarreisystem im 9. Jh. vollendet war. Doch im Gebiete des Bistums Konstanz,

in den Randgebieten um den Vierwaldstättersee, um den Sempacher- und

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Baldeggersee, wurden die Pfarreien erst um die Jahrtausendwende zahlreicher,

das Netz der kirchlichen Organisation engmaschiger.193 Das deckt sich mit den

Forschungen über die Kirchen des Freiburger Landes, von denen nur etwa 10

dem 7./8. Jh., hingegen etwa 50 dem 10./11. Jh. angehören.194 Es gab im

deutschschweizerischen Mittelland keine nennenswerte alte

romanisch-christliche Bevölkerung mehr, die einwandernden heidnischen

Alemannen zerrissen die Tradition und wurden erst langsam für das Christentum

gewonnen. Was in den Kerngebieten von Rätien und Burgund von 500 bis 800

geschah, das vollzog sich hier auf dem nicht so vorbereiteten Boden erst von 700

bis 1000. Die christliche Organisation ist nicht das Werk dieses oder jenes

Heiligen oder Missionars, sondern eine Tat, die nur die Kirche mit den Laien,

vor allem mit den Eigenkirchenherren, vollführen konnte. Da musste die ganze

frühmittelalterliche Christianitas mithelfen.

Wenn wir ein ganzes Netz von Pfarreien in den romanischen Gebieten schon im

9. Jh., in den alemannischen im 11. Jh. vor uns haben, so drängte diese Lage

dazu, in die verschieden gearteten Pfarreien Ordnung und Zusammenhang zu

bringen. Hier stehen die südlich-tessinischen Gebiete am Anfang. Wir haben

schon im 9. Jh. in Biasca einen Archipresbyter an der Spitze eines Kapitels.195

Vermutlich hat dann die gregorianische Reform die Bildung von

Kollegiatskirchen wenn nicht veranlasst, so doch sicher gefördert (Lugano 1078,

Locarno 1152, Balerna 1180, Riva S. Vitale 1190 usw.).196 In den andern

Diözesen haben wir auch

S. 74: Kanonikerkapitel, nicht nur in Bischofsstädten. Irgendwie bedeuteten diese

zahlreichen Kollegiatskirchen doch eine Zusammenfassung. In Sitten waren

zwei Dekanate, seitdem es auf Valeria und in der Stadt Bischofskirchen gab,

also doch wohl erst im 11./12. Jh.197 Für das grosse Bistum Lausanne bestanden

1228 neun Dekanate, doch werden darunter bereits Bern und Fribourg erwähnt.

Es dürften also vor der Mitte des 12. Jh. nur sieben Dekanate gewesen sein. Im

allgemeinen neigt man dazu, dass die Landdekanate in Lausanne, Basel und

Strassburg in der Zeit von 850 bis 1100 eingeführt wurden.198 Das ist um so eher

anzunehmen, als wir ja schon im 9. Jh. Klerikerversammlungen nachweisen

können.199 Im Bistum Konstanz kann man um 1130 Landdekane feststellen.

Aber auch hier dürfte die Institution etwas früher angefangen haben. Die Übung,

die Geistlichen monatlich zu versammeln, ist ja schon in den Acta Murensia aus

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der Mitte des 12. Jh. als alter Brauch angeführt.200 In Chur können wir zwar

schon einen Archipresbyter im 10. Jh. nachweisen, aber er musste in der

Bischofsstadt residieren. Landdekane sind in der zweiten Hälfte des 12. Jh.

eingeführt worden, soviel wir heute wissen.201

So werden wir wohl allgemein sagen können, dass das beharrliche Anwachsen

der Pfarreien auch zu bischöflichen Organisationen führte, um die Kirchen, von

denen die eine bischöflich, die andere eine weltliche Eigenkirche war, irgendwie

zu koordinieren. Im Frühmittelalter wäre dies kaum in Betracht gekommen. Die

gregorianische Reform und die damit verbundene zentralisierende Tendenz des

11. Jh. hatten hier wesentlich mitgeholfen.

S. 75: Von Mailand-Como her fand das Christentum auf den leichten Zufahrtsstrassen

der lombardischen Ebene früh den Eingang zu den Tälern des heutigen Kantons

Tessin.202 Die südlichste der ältesten Pfarreien dürfte Balerna (zwischen Como

und Mendrisio) sein. Die Victorskirche ist zwar erst 789 belegt. In Analogie zu

Riva San Vitale dürfte sie jedoch bedeutend älter sein, vielleicht sogar ins 5./6.

Jh. zurückreichen. Diese ecclesia plebana hatte eine umfangreiche Pfarrei zu

betreuen, die von Stabio bis Muggio ging. Wer die Kirche gegründet hat, wissen

wir nicht. Politisch gehörte die Pieve dem Grafen von Seprio, dem das ganze

Sottocenere unterstand. Er war stets mit Mailand eng verbunden. So wäre auch

die Wahl des mailändischen Victor leicht zu erklären. Ferner würde man es dann

begreiflich finden, dass das Dorf 789 und 844 im Besitze des Klosters S.

Ambrogio von Mailand war. Freilich konnte sich auch der Bischof von Como

hier festsetzen, besass er doch 1181 Zehnten in Stabio, Lusernate und Ligornetto.

Es ist möglich, dass er diese Zehnten schon früher gehabt hatte und so nun erst

von den Locarnesen zurückerhielt. In jedem Falle, ob der Graf von Seprio oder

der Bischof von Como Gründer war, müsste es sich um eine Eigenkirche

handeln.

Später übernahm Mendrisio für einen Teil der Landschaft die Seelsorge. Die

dortige alte Martinskirche, um 963 belegt, dürfte ins 9./10. Jh. zurückgehen.203

In der folgenden Zeit kam noch die Damianuskirche hinzu, eine Gründung von

Balerna insofern, als sie auch als Kollegiatskirche erscheint (1323 belegt), wie

Balerna selbst seit dem 12. Jh.

An die Grosspfarrei Balerna schliesst sich unmittelbar nach Mendrisio die

Plebankirche Riva S. Vitale an, wichtig darum, weil hier die Wasserstrasse des

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Luganersees begann. Das berühmte Baptisterium des 5./6. Jh. setzt eine

Pfarrkirche gleichen Alters voraus.204 In der nördlichsten Siedlung der Pfarrei,

in Arogno, ist schon für 810 eine Ecclesia S. Vitalis überliefert, ebenso wie am

zweitnördlichsten Orte, in Rovio, die Vitaliskirche schon 1213 abgetrennt wurde.

Der Bischof von Como hatte in Riva kein Besitztum. Da aber die Pieve 1170 zur

Grafschaft Seprio gehörte, durfte vielleicht über Seprio der Weg nach Mailand

führen. St. Vitalis gehört ja zum mailändischen Heiligenpaar Protas und Gervas.

Zur Urpfarrei Riva gehört auch Bissone. Die Carpophoruskirche wird zwar erst

1148 dem mailändischen Benediktinerkloster S. Ambrogio, gegründet Ende des

8. Jh., bestätigt, doch könnte der Besitz weit älter sein. Dies auch deshalb, weil

die gleiche Abtei eine kurze Strecke nördlich davon am gleichen Luganersee den

Hof Campione mit drei Kirchen (Zeno, Maria, Victor) schon bei der

S. 76: Gründung erhalten hatte (777 resp. 784) und diese Gotteshäuser gegen den

Bischof von Como noch 874 als Eigenkirchen schützen konnte. Dadurch wurde

dann Campione zu einer Enklave im Gebiete des Comasker Bischofs und später

des schweizerischen Tessins. Vor diesem Verlauf wurde Bissone bewahrt, da es

doch später unter Como geriet.

Am Ende des Luganersees finden wir zwei alte Pfarreien, Agno und Lugano.

Agno betreute im Westen das ganze Gebiet vom Tresafluss bis zum Monte

Cenere, also von Ponte Tresa bis Rivera und Isone. Die Kirche des Täufers ist

schon 735 erwähnt. Wer sie gegründet hat, verrät eher die Urkunde von 818, in

welcher Ludwig der Fromme den Königshof Agnuzzo (bei Agno) dem Bistum

Como schenkte. Mag das Dokument formell späteren Datums sein, eine

diesbezügliche Schenkung dürfte doch als geschichtlicher Kern angenommen

werden. In der Folge erscheint auch der Comasker Bischof als reicher Besitzer

im ganzen Gebiete von der Tresa bis nach Taverne. Daher kann man die

Johanneskirche als königliche Eigenkirche der Karolinger ansehen. Die

letzteren dürften die Kirche von den Langobardenkönigen erhalten haben. Der

Täufer war ja der Patron der Langobarden, nachdem die Königin Theodolinde

(gest. 628) dem Heiligen den Dom von Monza errichtet hatte.205 Wir kamen

daher zur Datierung der Kirche und damit zu den Anfängen der Pfarrei auf den

Anfang oder Verlauf des 7. Jh.

Eine alte Pfarrei stellt vielleicht Magliaso zwischen Agno und Ponte Tresa dar.

Die Kirche der hl. Juliana wird zwar erst 1120 erwähnt, aber schon im 9. Jh. gab

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es in Mailand eine Kirche mit ihrem Titel.206 Das Alter der Pfarrei unterstreicht

das Castellum S. Georgii, das 1096 genannt wird. Kastelle, besonders

Kirchenkastelle, gab es in der Lombardei schon im 6. Jh., da hier viele

Invasionen zu fürchten waren (Goten, Byzantiner, Langobarden).207 In Magliaso

wird umso früher eine Kirche gewesen sein, als hier das Kloster S. Pietro in

Cielo d'Oro zu Pavia einen Haupthof besass. Es kann sich also um eine

Eigenkirche dieses Klosters handeln, die vielleicht ins 9. oder 10. Jh.

zurückgeht.

Auf gleicher Höhe wie Agno liegt Lugano, wichtig durch seine Landungsstelle.

Die Pfarrei besorgte das ganze Gebiet von Morcote bis Colla. Die Lorenzkirche,

im 9. Jh. belegt, dürfte wie diejenige von Agno ins 7. Jh. zurückreichen.

Vermutlich handelt es sich um eine königliche Eigenkirche, denn wir finden im

9. Jh. in Lugano Königsgut, Ländereien und dazugehörige Unfreie. Der Besitz

des späteren Plebankapitels gruppierte sich auch im Umkreis von Lugano. Erst

später gelang es dem Bistum Como, sowohl in der Pieve Agno wie Lugano ein

«sehr dichtes und kaum durchlöchertes Netz» von Besitzungen zu erhalten

(Schaefer).

Nördlich und nicht weit davon entfernt liegt Canobbio, wo eine Syruskirche

festzustellen ist. Es scheint eine Eigenkirche des Ende des 8. Jh. gegründeten

Klosters S. Ambrogio in Mailand gewesen zu sein, jedenfalls beanspruchte diese

Benediktinerabtei die Syruskirche wohl schon 863, sicher aber 1148 und 1251.

S. 77: Freilich wurde der Heilige in Mailand wohl erst im Verlaufe des 10. Jh. verehrt.

Das Patrozinium von Canobbio konnte aber auf den frühen Einfluss von S.

Pietro in Cielo d'Oro zu Pavia zurückgehen, das hier, angeblich schon in der

Schenkung des Königs Liutprand von 712, sicher aber 1110 und 1159

Besitzungen hatte. Der hl. Syrus wirkte ja in Pavia, dort wurden auch seine

Gebeine im 9. Jh. aus der Kirche des hl. Gervasius in die Kathedrale übertragen.

Vielleicht darf man die Syruskirche von Canobbio dem 9./10. Jh. zuweisen.

An die Pfarrei Lugano schliesst sich nördlich die Plebankirche St. Stephan in

Tesserete als Zentrum des Valle Capriasca an. Sie umfasste im wesentlichen das

Gebiet von Bidogno bis Ponte Capriasca. Da sowohl die Stephanskirche in

Tesserete wie die dazugehörige Marienkirche in Monte Bigorio 1078 belegt sind,

dürfte man wohl ins 9./10. Jh. hinaufgehen. In Anbetracht, dass aber alle übrigen

Plebankirchen dieses ganzen Gebietes älter sind, wird man auch hier noch weiter

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ins Frühmittelalter hinaufrücken dürfen. Capriasca gehörte zum Bistum und zur

Herrschaft von Mailand. Vielleicht erinnert das Stephanspatrozinium an die

schon im 5. Jh. in der Ambrosiusstadt existierende Stephanskirche.

Schon tief in die tessinischen Gebiete hinein ragte die Pfarrei Locarno, die erste

Pfarrei, die nördlich des Monte Cenere liegt, wichtig schon als Nordhafen des

Lago Maggiore. An dessen Küste gehörte noch das Gebiet von Ronco über

Ascona zu ihr, Ferner im Osten Gordola über der Magadino-Ebene. Von dieser

Basis aus dehnte sich das Kirchspiel fächerartig über die nördlichen Täler aus,

im Centovalli bis Verdasio, im Val Onsernone bis Comologno, im Maggiatal bis

Fusio und im Val Verzasca bis Sonogno, also das ganze westliche Tessin von

der Ebene von Magadino bis fast zum Felsenkamm des Sassello und Madone,

die das Bedrettotal nach Süden abschliessen. Das Ganze bildet aber trotz seiner

Grösse eine hydrographische Einheit, da es das Gebiet aller Flüsse, die in das

Nordende des Lago Maggiore münden, umfasst. Nach einer Urkunde von 901

bestand die ecclesia baptismalis damals schon, noch mehr, Ludwig das Kind hat

die Einkünfte des Marktes von Locarno dem Comasker Bischof geschenkt. Die

Urkunde ist nicht über allen Zweifel erhaben, hat jedoch einen richtigen

Kern.2087 Später erscheint der Bischof von Como als Lehensherr der Capitanei

von Locarno (12. Jh.). Dann war ja schon in karolingischer Zeit ein Königshof in

Locarno.209 Somit dürfen wir mit einer königlichen Eigenkirche in Locarno zur

Zeit der Karolinger rechnen. Vielleicht hatten auch hier die Langobardenkönige

vorher schon, also vor 774, eine Kirche errichtet. Der Victorstitel dürfte auf

Mailand hinweisen. Das 6./7. Jh. mag als hypothetischer Ansatz gelten. Die

Meinung, dass die Mauritiuskirche in Maggia schon im 11. Jh. gegründet wurde,

ist umso plausibler, als es sich wohl um ein ebenso schönes wie volkreiches Tal

handelt.

Es mag auffallen, dass Locarno seine Pfarreigrenzen am Westufer des

Langensees nicht über Ronco hinaus vorschieben konnte. Hier war die alte

Plebankirche

S. 78: Canobbio (Italien) bereits bis Brissago vorgestossen. Schon im 12./13. Jh. finden

wir auf der Insel eine Kirche der hll. Silvester und Apollinaris, an der Küste eine

Petruskirche errichtet. Vermutlich sind aber diese Kirchen älter. Sicher hatte hier

die Pfarrei Canobbio schon lange ihr Gebiet in Besitz genommen.

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Im Osten grenzte die Pfarrei Locarno an das Gebiet der Plebankirche von

Bellinzona. Es handelt sich um ein gutbesiedeltes Territorium am Knie des

Ticino, das von Cadenazzo südlich der Magadino-Ebene bis Gnosca und

Castione am Eingang zur Riviera im Norden und im Osten bis zum Joriopass

ging. Die Pfarrkirche war St. Peter geweiht und figuriert 901 als königliche

Eigenkirche, die Ludwig das Kind an den Comasker Bischof gab. Sicher war der

Bischof von Como bis Mitte des 13. Jh. Herr dieses Gebietes. Insofern dürfte

doch die Urkunde im Grunde genommen die Übergabe von den Karolingern an

die Bischöfe richtig angeben. Die Vorgänger der Karolinger waren die

Langobardenkönige, in deren Hand sich Bellinzona im 6. Jh. befand. Daher ja

auch der Feldzug der Franken von 590.210 Gregor von Tours (gest. 594)

betrachtete Bellinzona als ein zum mailändischen Grossraum gehöriges Castrum.

Als Verkehrsknotenpunkt figuriert es beim Geographen von Ravenna (7. Jh.).

Wir dürfen daher wohl die Petruskirche ins 6. oder 7. Jh. datieren und als deren

ursprüngliche Eigenkirchenherren die Langobardenkönige betrachten.

Ausser Bellinzona kann vielleicht noch Giubiasco alt sein, denn dort besass das

Kloster S. Pietro in Cielo d'Oro zu Pavia bereits 929 eine Marienkirche. Sie wird

wohl auf das Dotationsgut zurückgehen, welches König Liutprand (712-744)

dem neuen Kloster S. Pietro zu Pavia schenkte. Nicht so alt ist St. Blasius in

Ravecchia, eine Kirche, die schon des Patroziniums wegen nicht vor die

Jahrtausendwende gesetzt werden darf.

Die nördlichste Pfarrei war Biasca, die von Claro-Preonzo aus alle Siedlungen

bis zum Lukmanier und Gotthard zu betreuen hatte, mithin gleich drei

Landschaften: Riviera, Blenio und Leventina.211 Nachdem wir die Urpfarrei St.

Peter in Bellinzona für das 6./7. Jh. in Betracht gezogen haben, dürfte auch St.

Peter in Biasca etwa dem 7./8. Jh. zuzuschreiben sein. Diese Datierung

rechtfertigt sich insofern, als wir Mitte des 9. Jh. in Biasca bereits ein Kapitel

von Weltpriestern haben, an dessen Spitze ein Archipresbyter stand. Die sieben

priesterlichen Kapitelmitglieder setzen eine ausgedehnte Pastoration voraus. Die

drei zum Kapitel gehörigen Laien werden die weltlichen Geschäfte besorgt

haben. Am nächsten lag dem Pfarrsitz die Betreuung des Bleniotales, an dessen

Eingang Biasca lag. Schon u1100, sicher vor 1136, besass die entfernteste

Siedlung, nämlich Olivone, eine Martinskirche, an deren Gründung die Torre

beteiligt waren, die jedoch ihre Rechte an die Gemeinde abgaben. Man kann sich

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fragen, ob nicht zwischen Olivone und Biasca eine Pfarrei noch ins erste

Jahrtausend zurückgeht, etwa eine Eigenpfarrei des Klosters S. Pietro in Cielo

d'Oro in Pavia, das im Blenio

S. 79: etwelche Besitzungen hatte. Man denkt an die Georgskirche in Castro (1205)

und Martinskirche in Ponte Valentino (1309), wo überall das Paveser Kloster

auch Eigentum besass. Mehr als die Frage aufwerfen kann man freilich beim

heutigen Stand der Forschung nicht.

In der Leventina fällt die Kirchgemeinde Faido-Mairengo-Osco auf, die den hl.

Syrus zum Patron hatte212 Wir können darin die erste Gründung von Biasca in

der Leventina sehen, die wohl noch auf das 9./10. Jh. zurückgeht. Direkt eine

Ablage des Kapitels von Biasca dürfte St. Petrus in Quinto sein, wo 1227

Kanoniker festzustellen sind. Um 1100 mag die Nazariuskirche in Airolo zu

datieren sein, deren Gebiet sich zur Gotthardhöhe erstreckte. Zu dieser Pfarrei

gehörte das erste Kirchlein des hl. Gotthard, das die Mailänder Erzbischofe ins

Leben riefen, zuerst Bischof Galdinus (1166-76), dann Bischof Heinrich von

Settala, der 1230 die Konsekration vornahm.

b. Das Tal der Rhone

Wie das Christentum von der Lombardei her ins Flussgebiet des Ticino gelangte,

so auch ins Tal der Rhone.213) Verbindend wirkte die römische Strasse über den

Grossen St. Bernhard, welche den Verkehr von Oberitalien nach Gallien

beherrschte. Für die kirchliche Organisation wurden an dieser Route bedeutend

der spätantike Bischofssitz in Octodurus, die fränkische Kultabtei Agaunum und

das Hospizkloster, das im Frühmittelalter in Bourg-St. Pierre und im

Hochmittelalter auf dem Mons Jovis erstand.

Die bischöfliche Marienkirche in Octodurus betreute als eigentliches

Seelsorgegebiet nicht nur die Stadt (La Ville) und den höher gelegenen späteren

Bourg, sondern auch die Umgebung, im Süden bis Trient, der obersten Siedlung

am Trientfluss (am Fusse des Croix de Fer). Mit der Bischofskirche eng

verbunden war Massongex, die alte Statio Tarnaia, von welcher der Weg

unterhalb des Genfersees nach Genava und Gallien führte. Eine merowingische

Kirche des 7./8. Jh. samt einem Friedhof belegt die frühe Pfarrei. Da dem

Bischof in Martigny die ganze dortige Herrschaft gehörte, wird es sich um eine

bischofseigene Kirche handeln, worauf schon das Marienpatrozinium.

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hinweisen kann. Die Kirche betreute auch das Dorf Daviaz auf der gleichen

Rhoneseite.

Wenn wir hier nach frühmittelalterlichen Kirchen suchen, dann dürfte vielleicht

Collombey (St. Desiderius) in Betracht gezogen werden, zu welchem auch

Muraz und Monthey zählten. Doch lässt sich keine These aufstellen. Schon eher

kann man bei Vouvry, der bedeutendsten Siedlung vor dem Einfluss der Rhone

in den Genfersee, zu einem Ergebnis gelangen. Während sonst die Kirchen am

Fusse von Höhenzügen liegen, um nicht von der Rhone, die eines geordneten

Flussbettes entbehrte, berührt zu werden, befindet sich Vouvry ziemlich in der

Ebene, wohl

S. 80: weil hier eine alte Fähre über den Fluss führte. Die verkehrspolitische

Bedeutung des Ortes erhellt die Tatsache, dass hier die Burgunderkönige Besitz

hatten und daher auch den Ort 1017 an St. Maurice schenken konnten. Der

Martelet-Namen und noch mehr ein burgundischer Friedhof mit nach Osten

gerichteten Gräbern zeigen die Entwicklung zur Pfarrei hin. Die

Hippolyt-Kirche wird wohl dem 10./11. Jh. zuzuschreiben sein, vielleicht auch

früher. Mit Port Valais, dessen Michaelskirche im 11. Jh. entstanden sein könnte,

bildet Vouvry die Grenzzone auf dem linken Rhoneufer. Dem entspricht auf

dem rechten Noville-Chessel, dessen Kirche wohl gleich wie Vouvry zu datieren

ist, während die Nikolauskirche in Chessel chronologisch mit Port Valais

zusammengeht. Bis zu diesen Siedlungen ging also im Hochmittelalter der See.

Südlich von Noville-Chessel errichtete der Bischof im 10./11. Jh. die

Landpfarreien Aigle und Bex. Das dazwischen liegende Ollon stammt wohl aus

der gleichen Zeit, war aber eine Gründung des Klosters St. Maurice, dem wir uns

nun zuzuwenden haben.

Das 515 am Grabe von Soldaten-Martyrern gegründete Kloster Agaunum

widmete sich der Seelsorge, welche die Leute der Umgebung und die Pilger in

Anspruch nahmen. Das bezeugt das Baptisterium aus der zweiten Hälfte des 6.

Jh. und der grosse Friedhof hinter der Basilika, der berühmte Martolet, auf dem

neben den Bewohnern des Klosters auch sonst kirchliche Würdenträger und

viele Laien des 6.-11. Jh. begraben wurden. Neben der Martyrer-Kirche wurde

noch anfangs des 6. Jh. eine Johanneskirche errichtet, vielleicht ursprünglich

eine bischöfliche Kirche, die erst 1162/63 zu St. Maurice kam. Die Pfarrei war

bedeutend und umfasste Gebiete auf beiden Flussseiten. Noch eine dritte Kirche

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in St. Maurice diente der Seelsorge, Sta. Maria, gegen die Rhone hin gelegen.

Sie lag mitten in einem Friedhof, der Gräber des 7.-12. Jh. enthielt. Selbst die

Leute von Lavey kamen über die Rhonebrücke in diese Kirche.

Das Kloster auf dem Grossen St. Bernhard stand nicht auf der Passhöhe, sondern

unterhalb in Bourg-St. Pierre. Es tritt uns Anfang des 9. Jh. als Reichsgut unter

Abt Vultgarius entgegen und kam seit dem Ausgang des gleichen Säkulums vom

Besitz der Karolinger in die Hände der Burgunderkönige. Im 11. Jh. gründete

das Kloster eine Pfarrei. Als dann der Schwerpunkt der Abtei durch den hl.

Bernhard von Aosta (gest. 1081 oder 1086) auf die Passhöhe verlegt wurde,

mussten Hospiz und Kirche in St. Pierre eigens besorgt werden und blieben in

eigenkirchlicher Abhängigkeit von der neuen, dem hl. Nikolaus geweihten

Gründung auf dem Berge selbst.

Die Pfarreien zwischen dem Grossen St. Bernhard und St. Maurice sind mit

Ausnahme von Bourg-St. Pierre nicht so alt, wie es auf den ersten Blick scheinen

möchte. Strassen sind an sich mehr Durchgangskorridore als Siedlungsgebiete.

Da offenbar der Bischof von seiner ersten Residenz in Martigny her Besitzungen

an der Passroute hatte, war er es, der um 1100 die Pfarreien Liddes und Orsieres

S. 81: gegründet hat. Nicht älter ist die Pfarrei Sembrancher. Aber alle diese drei

Kirchen kamen später an die Chorherren vom Grossen St. Bernhard, in deren

Händen sie sich 1150/60 befinden. Hingegen sind Volleges und Bagnes, die

auch um die gleiche Zeit auftreten, 1178 im Besitze der Kanoniker von St.

Maurice. So herrschten an der Passroute im 12. Jh. nur noch die Chorherren,

nicht mehr der Bischof.

Von Martigny rhoneaufwärts begegnen uns verschiedene Pfarreien, so Fully,

Saxon, Saillon, Riddes, Leytron, die man nach der heutigen Quellenlage und

Forschung nicht viel früher als um die Jahrtausendwende ansetzen möchte. Die

Sachlage wäre vielleicht anders, wenn man eine Urpfarrei St. Laurentius in

Saillon für diese Kirchen annehmen könnte. Noch eine andere Erwägung kommt

hinzu. Nicht nur Saxon und Riddes, sondern auch St. Pierre-des-Clages, nördlich

von Leytron, und St. Romanus in Ayent, das freilich erst oberhalb Sitten gelegen

ist, gehörten 1152/53 zur Abtei St. Martin zu Ainay im Gebiete von Lyon. St.

Pierre-des-Clages und Riddes scheinen erst um die Jahrtausendwende in Frage

zu kommen und bilden gleichsam zwei «geistliche Brückenköpfe» an einem

wichtigen Rhoneübergang. Bei St. Mauritius in Saxon und St. Romanus in

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Ayent fällt die Lage beider Kirchen auf, die erstere zwischen Martigny und

Sitten, die zweite bald nach Sitten. Man kann fragen, ob sich nicht die Lyoner

Abtei schon früh Positionen im Wallis zu sichern wusste, ehe dort die

grundherrlichen Rechte von St. Maurice und vor allem vom Bistum erstarkt

waren, also vor dem 10./11. Jh. Schliesslich spräche das Mauritiuspatrozinium

weder dafür noch dagegen, die Schutzherrschaft des hl. Romanus aber eher für

eine frühere Zeit. Trifft dies nicht zu, dann kann man eine Besitzergreifung

durch die Mönche von Ainay zu Beginn des 11. Jh. annehmen, als sie in

Beziehung mit Odilo von Cluny waren und infolge ihres Zusammenhanges mit

der Reformbewegung als «moderner» galten.

Die erste sicher alte Pfarrei auf dem Wege von Martigny nach Sitten stellt Ardon

dar. Die neuen Ausgrabungen sind zugleich eine Mahnung, sich nicht einseitig

auf Urkunden und Patrozinium zu stützen. Wer weiss, ob nicht noch andere so

überraschende Ausgrabungen die eine oder andere Pfarrei des Wallis in eine viel

frühere Zeit zu datieren vermögen?214 Neben wichtigen römischen Funden

entdeckte man zunächst ein kleines christliches Oratorium des 5./6. Jh., das ein

beinahe quadratisches «Schiff» und eine Apsis zeigt, vermutlich die Eigenkirche

eines Grossen, der das Kirchlein auf seinem Grund erbaute. Im 6./7. Jh. folgte

eine grössere Kirche für 150-200 Plätze, weitere Bauten entstanden im Verlaufe

des 9. und wiederum Ende des gleichen Säkulums. Diese Kirche wies

schliesslich 300-350 Plätze auf. Um 1I00 entstand eine dreischiffige Kirche mit

ca. 400 Plätzen. Also eine vitale Christengemeinde! Als erste Pfarrkirche kann

wohl nur der zweite Bau um 600 gelten, der dem hl. Johannes dem Täufer

geweiht war und vom Bischof errichtet wurde, der sie später dem Domkapitel

übergab. Zu Ardon gehörte auch das Gebiet von Chamoson, dessen

Andreaskirche wohl im

S. 82: Hochmittelalter entstand, die jedoch erst 1832 eigenständig wurde. Auch St.

Pierre-des-Clages stand unter Ardon, dessen berühmte Kirche aus der ersten

Hälfte des 11. Jh. stammt. Gross war der Umfang der Kirchgemeinde von Ardon

wirklich nicht, wenn man sich das Alter und die Zahl der Kirchen vor Augen

hält.

Rhoneaufwärts grenzt die Pfarrei an Conthey. Auf die Bedeutung der

Landschaft weisen die in Premploz oberhalb Conthey gefundenen Bleisärge des

8./9. Jh. hin. Damals besass hier St. Maurice Besitzungen, die in der

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sogenannten Schenkung des Königs Sigismund von 515 erwähnt werden, einer

Urkunde, die aber um 800 entstanden ist. Die Pfarrei umfasste auch die

Siedlungen Aven und Erde im Westen, Sensine und Daillon im Norden, war also

eine ausgesprochene Landpfarrei, die von der Kirche St. Severin aus betreut

wurde, die heute oberhalb des späteren Burgus liegt, in welchem die

Petronilla-Kapelle im 13. Jh. errichtet wurde. Die Pfarrkirche St. Severin dürfte

daher dem 11./12. oder noch eher dem 10./11. Jh. zugeschrieben werden. Die

Kirche in Plan-Conthey kann nicht vor dem Tode des Patrons, des hl. Theobald

(gest. 1066), datiert werden. Zu Plan-Conthey gehörte auch Vetroz, wo St.

Maurice vor 1146 eine Kapelle baute. Ob früher eine Urpfarrei in Plan-Conthey

für das ganze Gebiet von Conthey- Vetroz, ja sogar für Nendaz existierte, ist

schwer zu sagen. Man würde für diese Funktion ein älteres Patrozinium als das

des hl. Theobald erwarten. Würde man aber gewichtigere Gründe für einen

Patroziniumswechsel finden, so wäre die Frage der Überlegung wert.

Damit sind wir nahe an Sitten gekommen, wohin der Bischofssitz von Martigny

gegen Ende des 6. Jh. verlegt worden war. Schon vor der Ankunft des Bischofs

diente die St. Peterskirche als Leutkirche und besass daher auch einen Friedhof.

Zu dieser Pfarrei gehörten auch Salins und Mayens am Sudufer der Rhone. Die

zweite Pfarrei bildete sich für die neue Siedlung des 10./11. Jh. um die untere

Kathedrale, bei welcher ebenfalls ein Friedhof war. Vorher hatte wohl die alte

Theodulskirche hier die Funktion einer Pfarrkirche irgendwie übernommen, bis

man im 9./10. Jh. eine neue Theodulskirche mit einer Krypta errichtete und dann

in der Kirche keine Bestattungen mehr vollzog.

Im Umkreis der Bischofsstadt liegen alte Pfarrkirchen, so im Südwesten St.

Leodegar in Nendaz, zu welchem auch Veysonnaz am rechten Ufer der Printse

gehörte. Der Ort muss alt sein, da ja schon 985 die villa Nenda superior erwähnt

wird. Die Kirche stand unter St. Maurice, das diese Eigenkirche 1162/68 dem

Bischof überliess, um dafür die Sigismundskirche (früher Johanneskirche)

unmittelbar vor der Abtei erhalten zu können. Das zeigt die Bedeutung und wohl

auch das Alter der Pfarrei Nendaz an, die für ein Tauschobjekt, das für St.

Maurice so wichtig war, gelten konnte. Man kann daher 10./11. Jh. oder noch

früher als Zeit der Entstehung annehmen. Oberhalb von Sitten treffen wir die

Pfarrei Saviese, deren Kirche dem hl. Germanus geweiht war, wohl dem Bischof

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von Auxerre. Der burgundische Einfluss liegt ja geographisch am nächsten. Die

Kirche ist erst

S. 83:

S. 84: um 1200 belegt, dürfte jedoch weit älter sein. Vermutlich handelt es sich um eine

bischöfliche Gründung, wie schon die Nähe von Sitten vermuten lässt. Es ist

übrigens bemerkenswert, dass im weiten Becken um und westlich von Sitten die

Kirchen zur Hälfte dem Bistum und zur Hälfte dem Kloster St. Maurice gehörten,

eine Verteilung, die sich vielleicht auf eine recht frühe Zeit, etwa auf das 8./9. Jh.

beziehen könnte, in der die Positionen noch nicht so geschlossen waren.

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Gegenüber Sitten befindet sich Bramois (Bramis), ein alter Ort, wo die Abtei St.

Maurice schon um 800 Besitzungen hatte. Das Kollaturrecht der

Laurentiuskirche besass jedoch der Sakristan von Sitten. Das Zusammentreffen

von kirchlichen Rechten der Bischofsstadt und von grundherrlichen Ansprüchen

der Mauritius-Abtei weist wohl eher in die frühere Zeit. Man kann also vielleicht

das 7./8. Jh. als Entstehungsepoche annehmen. Vermutlich gehörte zu Bramois

anfänglich auch Nax-Vernamiège, das an der Strasse ins Val d'Herens liegt. Die

spätmittelalterliche Nachricht, nach welcher Bischof Aimo I. von Sitten

(1037-54) die Kirche konsekriert und die Pfarrei geschaffen habe, dürfte

glaubwürdig sein. Wenn Aimo zugleich noch Abt von St. Maurice war, ist das

Patrozinium des hl. Mauritius umso verständlicher.

In Übergehung einiger Pfarreien, die erst 11./12. Jh. datieren, wenden wir uns

Granges (Gradetsch) zu. Schon das Einkünfteverzeichnis des Domkapitels aus

der Mitte des 11. Jh. notiert nicht nur Besitzungen, sondern auch die Kirche von

Granges: «Et in ipso eodem castro parochiam S. Stephani.» Wir müssen also das

Alter der Kirche ins 10./11. Jh. setzen. Die heutige Kirche, die L. Blondel als

«probablement du debut du XIIe siècle» ansieht, dürfte schon die zweite Kirche

dieses Ortes sein. Von Granges geht der Weg nach Chalais, dessen

Galluspatrozinium doch wohl irgendwie nach der Korrespondenz zwischen

Bischof Hugo von Sitten (998-1017) mit Notker dem Deutschen (gest. 1022)

entstanden sein dürfte. Das Missale von Granges aus dieser Zeit enthält

Hinweise auf die Steinachabtei (Neumen, Kalendar). Am Rhoneufer

weitergehend, gelangen wir nach dem höher gelegenen Vercorin, das den Weg

ins Val d'Anniviers zeigt. Die dortige Hauptsiedlung Vissoie, deren Kirche der

hl. Euphemia geweiht war, wird man schon ins 10./11. Jh. datieren können.

Viel älter als alle diese Pfarreien ist Gerunden-Siders unten im Rhonetal. Es

befindet sich auf dem rechten Flussufer, also auf der Sonnenseite, wie überhaupt

die älteren Pfarreien des mittleren Wallis. Der Ort ist schon durch bedeutende

römische Funde wie durch einen frühmittelalterlichen Friedhof (Goubing)

ausgezeichnet. St. Maurice hatte hier um 800 Besitzungen (sog. Schenkung

Sigismunds). Als das älteste Gotteshaus kann die Kapelle St. Felix bezeichnet

werden, deren Schiff L. Blondel dem 8.-10. Jh. zuweist. Da in der Nähe

frühmittelalterliche Gräber gefunden wurden, kann es sich um eine

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Friedhofskapelle gehandelt haben. Von der Existenz einer Felixkapelle

spätestens im 10. Jh. dürfen wir auf eine ältere Pfarrkirche

S. 85: schliessen. St. Felix war keine Pfarrkirche, dazu war sie zu klein, auch erscheint

sie wenigstens später in Abhängigkeit von der Pfarrkirche St. Martin. So dürfen

wir es vielleicht wagen, an eine Pfarrkirche St. Martin im 7./8. Jh. zu denken.

Damals wurde das Patrozinium des Heiligen von Tours sehr populär. Der

fränkische Martin scheint um so eher in diese Zeit zu passen, als die frühen

Burgunderherrscher Beziehungen zum Loireraum hatten. Man kann sich fragen,

ob es sich um eine frühe Gründung der Abtei St. Maurice handelt, die dort

Besitzungen hatte. Von dieser ersten Pfarrkirche haben wir bislang keine

Überreste. Sicher aber entstand im 11. Jh. eine neue Martinskirche, wovon sich

noch Mauern erhalten haben. Der romanische Glockenturm, der im 12. Jh.

dazukam, steht heute noch. Um 1200 erhielten die Augustiner der savoyischen

Abtei Abondance, einer Filiale von St. Maurice, die Kirche, welche sie für ihre

Zwecke mit einem zweiten Schiff versahen. Aber nicht nur die Chorherren

hatten hier etwas zu sagen, sondern auch der Bischof, denn Ende des 11. Jh.

notierte sich die bischöfliche Verwaltung: «in potestate oppidi Sidrio.» Wie bei

Bramois ist also auch hier das Zusammentreffen von kirchlichen und

grundherrlichen Rechten ein Zeichen, dass es sich um eine alte Pfarrei handelt.

Unter der St. Martinskirche standen verschiedene Ortschaften, die jedoch bereits

im 13./14. Jh. eigene Wege gingen, so dass sich in Gerunden und Siders, Villaz

und Laques eigene Pfarreien bildeten.

Nach Siders tritt in dem Tale eine gewisse Zäsur ein. Schon der grosse Pfinwald

ist ja auffällig. Oberhalb dieser Grenze lebte auch einst eine romanische

Bevölkerung, aber sie war weder zahlreich noch dauernd, ganz im Gegensatz zu

der Strecke von Martigny bis Siders. Deshalb begann bereits im 8./9. Jh. die

Einwanderung der Alemannen, vermutlich über den Gemmipass, der ins Gebiet

von Leuk führte.215 Diese Pfarrei hatte ähnliche Bedeutung wie

Gerunden-Siders. Hier besass St. Maurice schon früh einen Hof, den angeblich

König Sigismund 515 geschenkt haben soll und der sicher der Abtei schon im

7./8. Jh. angehörte. Nach einer späteren Entfremdung stellte König Rudolf III.

von Hochburgund 1017 den Hof wieder dem Konvente zurück. St. Stephan

dürfte daher eine Eigenkirche von St. Maurice gewesen sein, die erst später an

das Bistum kam. Man wird hier eine frühmittelalterliche Missionspfarrei etwa

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des 7./8. Jh. vermuten dürfen, die später im Osten Gampel, im Westen Salgesch,

im Norden Leukerbad als äusserste Siedlungen betreute. Nördlich kamen auch

das ganze Tal der Dala und das rechte Ufer der Lonza hinzu, südlich das

Turtmanntal. Vermutlich gehörte auch das Lötschental im Frühmittelalter dazu.

Die Pfarrei umfasste also beide Ufer der Rhone und ging vom Gemmipass bis

zum Weisshorn. Die verschiedenen Siedlungen waren aber nicht so bedeutend,

da keine einzige vor dem 16. Jh. die pfarrherrliche Selbständigkeit erringen

konnte. Die Auflockerung begann 1501 mit Leukerbad und setzte sich sogar mit

der Vcrselbständigung von Agaren bis 1921 fort.

S. 86: Über Raron, das eine Eigenkirche der Freiherren von Raron oder des Bischofs

war und um 1100 oder etwas früher eine Pfarrei bildete, wandern wir nach Visp.

Das Alter der Siedlung hebt schon ein burgundischer Friedhof hervor. Wie bei

Leuk handelt es sich um eine Missions- und Landpfarrei, die man vermutlich

noch dem 8./9. Jh. zuweisen darf. Die alte Pfarrkirche war St. Martin, wozu

später Sta. Maria im neuen Burgus kam. Anfang des 13. Jh. sind beide Kirchen

mittelbar belegt. Obwohl die Pfarrkirche noch Gebiete auf dem rechten

Flussufer zu betreuen hatte, lag sie doch selbst auf dem linken Ufer, ihr Gesicht

dem Vispertal zugekehrt, von wo einerseits das Mattertal zum Theodulpasse

führte, das Saastal hingegen zum Moropass und Antronapass wies. Nach diesen

geographischen Gegebenheiten zu schliessen darf man annehmen, dass einst alle

drei Täler (Visper-, Matter- und Saastal), allgemein und gesamt, auch ohne

Besiedlung, zur Grosspfarrei Visp gehörten. Die Aufspaltung der Grosspfarrei

begann schon im 12./ 13. Jh. mit der Ablösung von St. Nikolaus im Mattertal

und setzte sich weiter fort bis zum Ende des 19. Jh., so dass dann die

ursprüngliche einheitliche Pfarrei in zehn Pfarreien aufgelöst war. Zum

Vergleich sei die Talpfarrei Lugnez in Rätien herangezogen, die im 6./7. Jh.

entstand und zu Beginn unseres Jahrhunderts mit 12 Pfarreien endete. Offenbar

war die rätische Pfarrei dichter besiedelt und weiträumiger verteilt als der

Pfarrsprengel von Visp.

Als zweitletzte Stufe des obern Rhonetales kann das Gebiet von Naters und

Mörel angesehen werden. In Naters schenkte König Rudolf III. von

Hochburgund 1017 der Abtei St. Maurice einiges Besitztum. Es dürfte dies der

Anfangspunkt für die spätere Mauritiuskirche sein, die also als Eigenkirche der

berühmten Abtei wohl noch im 11. Jh. entstanden ist. Zur Pfarrei gehörten im

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Mittelalter im Norden Blatten, im Westen Mund, im Osten Termen, im Süden

Brig und Glis, Ried und Ganter, also fast der ganze Briger Zend. Von Ganter

führte der Weg zum Dorfe Simpeln. Rhoneaufwärts treffen wir nach Naters auf

die Pfarrei Mörel, deren Hilariuskirche wohl eine Eigenkirche der Grafen von

Granges des 11./12. Jh. war, die zu Anfang des 13. Jh. die Patronatsrechte in

Händen hatten.

Die oberste Stufe des Rhonetales beginnt erst beim Deischer Berg, hinter dem

sich das waldreiche Goms ausdehnte, das zuerst als Niemandsland dem Staate,

d.h. seit 999 dem Bischof von Sitten gehörte. Eine Dauerbesiedlung erfolgte erst

seit der Mitte des 11. Jh., womit dann auch die Georgskirche zusammenhing,

deren Besetzung der Bischof als Eigenkirchenherr dem Domkapitel übergab. Sie

stand in Ernen, wo zugleich das Gericht war. Theoretisch hatte die Pfarrei Ernen

das gesamte Gebiet vom Deischer Berg bis zum Furkapass zu betreuen. Zuerst

machte sich St. Peter in Münster wohl im 12. Jh. selbständig, da sie die

entfernteste Siedlung war. Darauf folgte Ende des 13. Jh. St. Michael in Binn,

auf dem Wege zum Albrunpass, der ins Formazzatal (Eschental) führt. Der

Name Münster selbst dürfte vom alemannischen Sprachraum herkommen und

eine grössere

S. 87: Pfarrkirche bedeuten. Das war um so eher der Fall, als sich Münster gut

entwickelte. Deshalb hatten hier Walser von dem Gebiete Naters-Mörel nichts

mehr zu holen und zogen Ende des 12. Jh. über die Oberalp ins Urserental.

Münster blieb die grosse Endpfarrei des Bistums Sitten im Osten, deren Gebiet

bis zum Furkahorn ging, aber nicht weiter. Die Berge schlossen Bistum und

Pfarrei bis heute ab.

Nun gilt es, im Westen der Diözese Sitten die anstossenden Gebiete des

Lausanner Sprengels aufzusuchen, um sich hier nach alten Pfarreien umzusehen

und dann später von diesen voralpinen Gegenden weiter nach Osten bis zu den

Berner Alpen vorzudringen.

c. Vom Genfersee zur Orbe

Schon im 5./6. Jh. beherbergte Lausanne eine christliche Gemeinde und ein

entsprechendes Gotteshaus, aber erst seitdem Bischof Marius (574-594) seinen

Sitz von Avenches hierher verlegt hatte, wurde die Stadt zum Ausgangspunkt

der kirchlichen Organisation.216 Die Marienkirche war das Gotteshaus, in dem

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der Bischof seine liturgischen Handlungen vollzog. Dafür spricht schon die

zentrale Lage im römischen Castrum, ferner der umliegende Friedhof, mögen

nun die frühmittelalterlichen Gräber als burgundisch oder erst auf das 7./8. Jh.

datiert werden. Spätere gehen bis ins 11. Jh. Bischof Marius erbaute im

Nordosten eine neue Kirche zu Ehren des hl. Thyrsus, dessen Verehrung und

wohl auch Reliquien von Autun herkamen. In dieser Kirche liess sich der

Erbauer-Bischof bestatten. Sein Grab zog so viele Verehrer an, dass die Kirche

schliesslich im 11./ 12. Jh. als Mariuskirche galt (St. Maire).217 Als Gegenstück

dazu kam wohl noch im 6. Jh. im Südwesten die Stephanskirche hinzu, die an die

Stadtmauer gebaut war. So sollte der heilige Diakon gleichsam den Schutz der

Bewohner übernehmen. Für das Alter dieser Pfarrei treten ein die

frühmittelalterlichen Gräber, die zum mindesten 7. oder 8. Jh. datiert werden

können.

Die drei schon im Stadtbild geordneten Kirchen genügten nicht. Wohl nicht

zuletzt aus der stadtrömischen Einstellung der karolingischen Renaissance

heraus errichtete man zwei neue Kirchen zu Ehren der Apostelfürsten, zunächst

Ende des 9. Jh. die Paulskirche, westlich der Kathedrale gelegen, dann

ausserhalb der civitas, gegen Südosten hin, wo neue Ansiedler waren, die

Petruskirche, die Bischof Boso 906 einweihte. Als topographisches Pendant zur

letzteren erbaute Bischof Heinrich (985-1019) die Laurentiuskirche, welche die

Bewohner des Paludmarktes zu betreuen hatte. Der genannte Bischof Heinrich

liess sich selbst «in ecclesia cathedrali» begraben, bestimmte jedoch die fünf

anderen Kirchen für je einen seiner Freunde. So wissen wir, dass es bis zur

Jahrtausendwende 6 Kirchen in Lausanne gab, dass also die Kirchen des hl.

Johannes und des hl. Nikolaus erst später entstanden sind. Von diesen 6 Kirchen

waren 1228 alle Pfarreien, vielleicht St. Maire

S. 88: ausgenommen, die uns Cono von Estavayer nicht ausdrücklich als ecclesia

parrochialis charakterisiert, die aber doch mit eingerechnet sein kann (Cartulaire

S. 10 bis 11, 30).

Suchen wir nun die Pfarreien am Ufer des Genfersees und auch des

angrenzenden Gebietes hervorzuheben, sofern sie einigermassen sicher noch vor

der Jahrtausendwende festgelegt werden können. Dabei gehen wir im

allgemeinen von Westen nach Osten. Wir beginnen mit St. Prex, wo eine

Marienkirche des 6. Jh. nachzuweisen ist. Wir wissen nämlich, dass Bischof

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Prothasius in der Kirche, die damals Basuges, d.h. basilica(s) hiess, beerdigt

worden ist. Dieser Ortsname Basuges setzt also ein christliches Denken und eine

christliche Kirche voraus.218 Dann vermochte schon im 9. Jh. der Kult, der dem

Prothasiusgrab zuteil wurde, den Titel der Kirche zu ändern. Schliesslich erhielt

nicht nur die Kirche, sondern auch das Dorf selbst den Namen des Bischofs

(Cartulaire S. 21, 295, 298). Nördlich davon liegt St. Saphorin-sur-Morges, das

genau wie St. Saphorin-sur-Vevey auf die Symphorianuskirche in Avenches

zurückgeht, die wohl Bischof Marius im 6. Jh. errichtete (Cartulaire S. 26). Doch

kann man mit dieser «Genealogie der Patrozinien» noch keinen chronologischen

Anhaltspunkt gewinnen. Unsere Kirche wird erst 1141 genannt, in welchem

Jahre Bischof Guido von Lausanne sie dem Prämonstratenserkloster am Lac de

Joux übertrug. Das beweist, dass die Kirche vom Diözesanoberhaupt in

Erinnerung an den alten Symphorianuskult ins Leben gerufen wurde. Sie ist

jedenfalls viel älter als ihre erste wohl zufällige Nennung in den Quellen. Noch

nördlicher liegt Colombier-sur-Morges, wo 938 die Königin Bertha von

Burgund mit Hugo, dem König von Italien, Hochzeit feierte. Das setzt einen

bedeutenderen Ort und eine alte Kirche voraus. Hier darf das

Martinspatrozinium mit der älteren Kultschicht in Verbindung gebracht werden.

Weiter nördlich fällt uns Cossonay in die Augen, wo ein Priorat der

Cluniazenser unter dem Schutze der Apostelfürsten entstand. Die Kirche wurde

1096 von Ulrich von Cossonay dem Kloster Romainmôtier geschenkt. Sie war

also eine Eigenkirche eines Adeligen. Schon der Urgrossvater Ulrichs besass die

Kirche, weshalb sie mithin schon seit Ende des 10. Jh. im Besitze der Familie

war. Aus dieser Zeit ist eine kleinere Dreiapsidenanlage gefunden worden, deren

Schiff jedoch ungeteilt war. Sie wurde im 11. Jh. von einer grösseren Kirche

übertroffen.219 Älter als 10. Jh. kann die erste Kirche nicht sein, weil das

Patrozinium zu sehr auf Cluny (910) weist. Von Cossonay pilgern wir nach dem

westlich an der jungen Venoge gelegenen Cuarnens, einer Kirche zu Ehren des

hl. Desiderius, die schon 1002 belegt ist und daher ohne weiteres ins 10. Jh. geht

(siehe unten St. Didier).

Nun nähern wir uns wieder der Bischofsstadt. Am Ufer lag St. Sulpice. Nach den

übrigen Sulpitiuspatrozinien (in Vuippens, Frastanz, Font) zu schliessen,

handelt es sich hier um eine Kirche des 9./10. Jh.220 Es war eine Eigenkirche des

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Bischofs, denn auch die Filiale St. Peter in Ecublens, die wohl nach der

Einweihung der

S. 89: Petruskirche in Lausanne (906) errichtet wurde, hatte diesen Charakter. Von St.

Sulpice ist es nicht weit nach Vidy, das in gewissem Sinne der Vorläufer von

Lausanne war, wenigstens als römischer vicus, der erst infolge der

Barbareneinfälle des 4. Jh. verlassen wurde. Zwar begegnet uns die Pfarrkirche,

deren Patrozinium wir nicht kennen, erst 1228, allein die Filialkapelle St.

Salvator in Renens wird schon 963 urkundlich genannt (Cartulaire S. 89). Wir

dürfen daher zum mindesten für das 9. Jh. eine Pfarrkirche in Vidy annehmen.

Da das Patronat vor 1242 dem Bischof gehörte, der es dann dem Kapitel

schenkte, könnte man an eine bischöfliche Eigenkirche von Anfang an

denken.221 Nördlich von Ecublens finden wir Vufflens-la-Ville, das zwei

Kirchen besass, die Pfarrkirche St. Stephan, erwähnt in der zweiten Hälfte des

11. Jh., wohl gegründet von der Bischofsstadt. Sie existierte vermutlich schon

um die Jahrtausendwende. Neben der Pfarrkirche gab es noch eine

Cluniazenserkirche St. Peter und Paul, die jedoch erst 1228 erwähnt wird.

An das Seeufer zurückkehrend, stossen wir auf Ouchy, dessen Kirche bzw.

Pfarrei wohl erst im 11./12. Jh. entstanden ist, in einer Zeit, da Lausanne selbst

durch seine Petrus- und Laurentiuskirche gegen das Ufer des Sees vordrängte.

Der Bischof von Sitten besass Mitte des 11. Jh. in Ouchy Zehntenrechte.222 Auf

Sitten weist ja auch der Titelheilige der Kirche, St. Theodul, hin. Ob eine

Gründung der Walliser Bischöfe vorliegt?223 Eine Anlegestation besass auch der

Abt von St. Maurice in Pully, dessen Mauritiuskirche schon um 900 existierte,

denn sie wurde 961 an Payerne geschenkt, kam jedoch 994 wieder an St.

Maurice, auf welches auch das Patrozinium hinweist.

Um die Jahrtausendwende könnte die Kirche von Villette entstanden sein, die

dem hl. Saturninus geweiht war und alles Uferland bis Rivaz-Chexbres umfasste,

also auch die 1134/38 bezeugte Stephanskapelle von Cully. Sie war eine

bischöfliche Gründung, da der Bischof ihre diesbezüglichen Rechte gegenüber

dem Priorat von Lutry Mitte des 12. Jh. eifrigst verteidigte.

Am Ufer weitergehend, finden wir St. Saphorin (Lavaux), das vom Bischof

Marius (574-594) selbst vielleicht errichtet wurde, oder dann doch von der

Symphorianuskirche in Avenches, die Bischof Marius erbaut hatte, inspiriert ist.

Östlich von dieser Kirche finden wir Vevey, das alte römische Viviscus, ein

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wichtiger Verkehrspunkt, weil hier die Strasse nach Aventicum abzweigte. Der

Geograph von Ravenna im 7. Jh. führt «Bibiscon» in seinem Strassenverzeichnis

auf. Das Martinspatrozinium der Pfarrei Vevey erinnert an die alte

Martinskirche in Avenches. Darum hat man an eine Kirchengründung des

Frühmittelalters gedacht. Schon dass Vevey Dekanatssitz war, lässt auf eine

längere Vergangenheit schliessen. Das Alter der Kirche bleibt doch wohl, auch

wenn bisherige Funde dies noch nicht bestätigen konnten.224 Von Vevey gehen

wir nach Montreux, einem Ort, der bereits im 11. Jh. genannt ist und dessen

Namen wohl auf monasteriolum zurückgeht. Das Patrozinium des hl. Vincenz

kann gut ins 10./11. Jh. zurückgehen, ja wäre noch

S. 90: früher möglich, wie etwa das rätische Pleif (Lugnez) belegt. Das 10/11. Jh.

möchte man auch versuchsweise für die Siedlung Compegny vorschlagen, die

sich dort befand, wo der Geograph von Ravenna «Pennolocus» notiert. Das

Petruspatrozinium mag mit dem Aufschwung des Kultes bei den

Reformklöstern zusammenhängen. Die Fortsetzung von Compegny, die Stadt

Villeneuve, haben erst die Savoyer 1214 ins Leben gerufen.

Auf der Suche nach alten Pfarreien des Hinterlandes stossen wir auf Attalens,

wo ein merowingischer Friedhof festzustellen ist. Bei den Ausgrabungen fand

man auf einem Kinderskelett eine Gewandspange, die wohl ein orientalischer

Händler hierher gebracht hatte. Sie stellt die Anbetung der Weisen dar und zeigt

eine griechische Inschrift. Zuerst datierte sie der Entdecker Marius Besson

approximativ ins 7. Jh., ging jedoch später ins 6. Säkulum hinauf.225 Die Kirche

wird schon 1068 im Besitze von St. Maurice erwähnt, war aber wohl keine

Gründung von Agaunum, da sie Maria geweiht ist, nicht dem hl. Mauritius, wie

das sonst bei den Schöpfungen dieser Augustiner der Fall war. Es fällt auch die

grosse Ausdehnung der Pfarrei auf, die die Ortschaften Corcelles, Bossonens,

Granges, Vuarat, Tatroz, La Beaume, Remaufens, Maracon, wahrscheinlich

auch Ecoteaux umfasste. Die Zeit solcher gross angelegter Land- und

Missionspfarreien dürfte, gemessen an den Verhältnissen der Diözese Lausanne,

vielleicht doch schon ins 7./8. Jh. anzusetzen sein.

Andere Kirchen, die wie Attalens etwas weiter vom Ufer entfernt sind, aber auf

ein ehrwürdiges Alter zurückblicken, finden wir im Westen zwischen der

Venoge und der Orbe. Wir nennen zuerst Penthaz, eine Mauritiuspfarrei, die

wohl von Agaunum aus gegründet wurde, in dessen Besitz sie 1179 war. Was für

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eine ältere Gründung spricht, ist die Tatsache, dass 1011 König Rudolf III. von

Burgund in Penthaz dem Kloster Romainmôtier Besitzungen zurückgab. Daher

kann man eine Pfarrei des 10. Jh. erwägen. Nördlich davon liegt an der Venoge

selbst Eclepens. Die dortige villa wurde schon 814 der Lausanner

Bischofskirche geschenkt (Cartulaire S. 252-254). Die Kirche wurde deshalb

wohl vom Bischof gegründet, etwa im 9./10. Jh., und dem hl. Petrus geweiht.

Östlich davon begegnet uns Goumoens-la-Ville. Dass diese Kirche ein

beträchtliches Alter hat, ersehen wir schon aus ihrem Wirkungskreis. Im 12. Jh.

war sie noch die einzige Pfarrei im heutigen Distrikt Echallens. Nicht weniger

als vier Filialkapellen sind 1141 nachzuweisen: Oulens, Echallens,

Villars-le-Terroir und Penthereaz. Alle diese Kapellen wurden noch vor 1228

Pfarreien. Wir dürfen daher die Pfarrkirche wohl ins 9./10. Jh. datieren. Es ist

hier auch an die Theodulskirche in Cudrefin zu erinnern, die man doch auch

ähnlich ansetzen kann. Östlich von Goumoens liegt Dommartin, das schon nach

dem Namen zu schliessen ins Frühmittelalter gehört (siehe Flussgebiet der

Broye).

Eine ganz alte Kirche befand sich in Saint-Didier, heute St. Loup genannt. Cono

S. 91: von Estavayer erzählt uns, dass sich bei einer ecclesia S. Desiderii eine Höhle

Balmeta befand, die der Frankenkönig Guntram zur Zeit des Bischofs Marius

(574-594) dem hl. Sigon schenkte (Cartulaire S. 23). Fand Cono die

Ortsbezeichnung schon in seiner Quelle, dann wäre die Kirche in die zweite

Hälfte des 6. Jh. zu datieren. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es sich erst

um eine spätere geographische Annahme handelt.226 Aber auch in diesem Falle

muss die Kirche sehr früh bestanden haben, wie die anderen Desideriuskirchen,

z.B. Domdidier, belegen (siehe Flussgebiet der Broye).

Von Saint-Didier gelangen wir nach Romainmôtier, einem Kloster, das der hl.

Romanus (5. Jh.) gegründet hatte und das um 630 von Herzog Ramnelenus neu

errichtet wurde.227 Schon diese Kirche des 7. Jh. war den Apostelfürsten geweiht,

wie ja frühe Kathedralen und Klöster dieses Patrozinium liebten (Reims und

Marmoutier 4. Jh., Genf um 400).228 753 besuchte Papst Stephan II. das Kloster,

als er nach Ponthion und St. Denis zog, um Pippin III. zu treffen. Die Abtei

geriet Mitte des 9. Jh. in die politischen Streitigkeiten und erscheint 888 im

Besitze Rudolfs I. von Burgund, der es seiner Schwester Adelheid übergab, die

es später im Jahre 929 an Cluny anschloss. Das Kloster besass zwei Kirchen, die

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eigentliche Klosterkirche und die Marienkirche für die Pfarrei. Von ihr berichtet

Cono von Estavayer: «Prioratus Romani Monasterii cum parrochia» (Cartulaire

S. 14). Wir treffen aber schon Anfang des 12. Jh. einen Weltpriester als

Seelsorger vom Kloster angestellt, nämlich Constantinus, capellanus bzw.

capellanus monachorum.229 So muss die Klosterpfarrei in irgendeiner Form

doch schon ins 11. Jh. zurückgehen. Sie dürfte mit der Errichtung der

Marienkirche zeitlich und sachlich zusammenfallen. Aber auch diese

Pfarrkirche war das Ergebnis einer längeren Entwicklung, in welcher das

Kloster die umliegende Bevölkerung betreute.

Östlich von Romainmôtier liegt die Pfarrei Chavornay. Der Ort war schon 9./10.

Jh. Residenz der burgundischen Könige. So bestätigte König Rudolf II. von hier

aus 927 die Wahl des Bischofs Libo von Lausanne (Cartulaire S. 51). Die Kirche

war dem hl. Marcellus geweiht und gehörte dem Bischof. Wir dürfen wohl im

9./10. Jh. eine Kirche resp. Pfarrei präsumieren. Ebenso war Ursins eine

bischöfliche Gründung (Cartulaire S. 37). An dem Orte entdeckte man viele

römische Funde. Die Kirche selbst ruht auf einem römischen Unterbau. Will

man diesem Umstande grosses Gewicht verleihen und daher die

Kirchengründung noch vor die Jahrtausendwende ansetzen, dann muss ein

Patroziniumswechsel stattgefunden haben, denn St. Nikolaus, der Schützer der

Kirche von Ursins, wurde erst nach diesem Zeitpunkte in unseren Gebieten mehr

verehrt und als Patron von Kirchen angenommen. Von Ursins ist es nur ein

Sprung nach Yverdon, dem römischen Eburodunum. Schon die spätantiken

Funde, aber auch merowingische Ringe mit christlichen Zeichen lassen auf eine

frühe christliche Siedlung schliessen. Sicheren Beleg bietet

S. 92: uns die Urkunde Karls III. vom Jahre 885, worin der Herrscher dem Getreuen

Vodelgisel unam capellam mit allem Zubehör schenkte (Cartulaire S. 131). Ob

dieses Gotteshaus wirklich nur eine Kapelle im heutigen Sinne war, bleibe

dahingestellt. Jedenfalls entstand in Yverdon schon früh eine Pfarrei, nicht erst

kurz vor 1228, in welchem Jahre sie unter den parrochie erscheint (Cartulaire S.

15).

d. Das Flussgebiet der Broye

Die Broye sammelt ihre Wasser in den südlichsten Freiburger Bergen und führt

sie zum Murtener- und Neuenburgersee. Gerade vor dem Einfluss in den

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erstgenannten See findet sich auf einem von den Römern sehr kultivierten

Boden eine Gruppe von Pfarreien, welche gesamthaft gesehen älter sind als

diejenigen im Gebiete von Lausanne. Der magnetische Mittelpunkt dieser

Kirchen war der Bischofssitz in Avenches. H. Büttner hat darauf hingewiesen,

dass wohl schon im späten 4. Jh. in der civitas Helvetiorum ein Bischof existierte,

denn im unruhigen 5. Jh. wäre eine Neugründung unwahrscheinlicher (siehe

oben S. 14). «Die Kirche des Bischofs in Avenches für das 4./5. Jh. suche ich in

der Nähe oder in einem der grossen Theater, so ähnlich wie das in Metz gewesen

ist. Dass die Kirche des hl. Symphorianus erst von Bischof Marius (574-594)

erbaut wurde, scheint mir zu spät, ich bin der Auffassung, dass er an der alten

Bischofskirche mit den vielen Gräbern nur Umbauten vornahm, die zum

Patroziniumswechsel bei der Neuweihe führten. Das Patrozinium wird wohl ein

Marien- oder Apostelpatrozinium gewesen sein. St. Martin war die erste

Pfarrkirche, aber keine Bischofskirche. Sie lag gut für die bäuerliche

Bevölkerung, aber nicht für den Rest der städtischen Bevölkerung.»

Die Kontinuität der Kirche St. Saphorin wird insofern bestätigt, als sie wirklich

auf den Fundamenten eines gallorömischen Tempels errichtet war. Ringsherum

fand man mittelalterliche Gräber.230 Bischof Marius brachte den Kult des neuen

Heiligen von Autun, also seiner mutmasslichen Heimat, nach Avenches. Cono

von Estavayer um 1200 betrachtete die Kirche noch als alten Bischofssitz,

während er die Martinskirche als Pfarrkirche ansprach (Cartulaire S. 11). Ihr

Patrozinium setzt wohl eine Reliquien-Schenkung von Tours her voraus, wo

Bischof Perpetuus (gest. 490/91) die Überbleibsel des hl. Martin in eine neue

Basilika übertragen liess, was eine Kultwelle eröffnete.231 Vielleicht entstand

die Martinskirche in Avenches erst, nachdem das Bistum im 6./7. Jh.

abgewandert war. Die finanzielle Grundlage für die Entwicklung der

bischöflichen Kirche in Avenches gab wohl der von den fränkischen Königen im

6./7. Jh. geschenkte Wirtschaftshof, der noch im 12. Jh. zusammen mit den

Höfen in Courtilles und Bulle zu den tres curtes episcopi gezählt wurde.

Eine Art Vorstadt von Avenches war Donatyre. Den Namen erklärte Cono von

S. 93: Estavayer: «Donnatieri, scilicet sancta Thecla» (Cartulaire S. 11). Aber

eigentlich handelt es sich um Domna Thecla. Schon J. P. Kirsch hat darauf

hingewiesen, wie die mit domnus bzw. domna zusammengesetzten Ortsnamen

in Italien, Spanien und Gallien vom 4.-9. Jh. nachweisbar sind. Für das Alter

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sprechen auch die in Donatyre gefundenen Sarkophage. In einem derselben

entdeckte man einen karolingischen Gürtel des 8. oder 9. Jh.232 Vielleicht erlaubt

die Nähe des Bischofssitzes in Avenches, das Alter der Pfarrei noch mehr in die

fränkische Zeit zu versetzen.

An Avenches grenzte auch die Pfarrei Domdidier. Sie umfasste nicht nur

Domdidier selbst, sondern auch Granges, Rothey, Eissy und Olleyres. Den

Namen des Ortes finden wir in einer Urkunde aus der Mitte des 12. Jh.

angegeben: «Uldricus miles de Domno Desiderio.» Die Ortschaft hatte also

ihren Namen vom Kirchenpatron, dem hl. Desiderius, Bischof von Langres,

angenommen. Den gleichen Titelheiligen hatte auch St. Didier, heute St. Loup

genannt, das wohl auch frühmittelalterlich ist. Das Patronatsrecht besass der

Bischof von Lausanne, der es vielleicht schon vom Bischof von Avenches,

dessen Nachfolger er war, übernommen hat. Möglich wäre auch, dass nur die

Anfänge der Pfarrei noch in die Bischofszeit von Avenches hineinreichen. Man

wird das 6. und 7. Jh. in Diskussion ziehen.

Südlich von Domdidier liegt Dompierre-le-Petit. Den Namen deutete schon

Cono von Estavayer richtig: «apud Domnun Petrum» (Cartulaire S. 24).

Einkünfte an diesem Orte bestimmte Bischof Marius für seine von ihm 587

errichtete Marienkirche in Payerne (Cartulaire S. 23-24). Da auch die

Patronatsrechte beim Bischof waren, weist dies auf eine Gründung einer

Bischofsresidenz hin. Es ergibt sich daher die gleiche Lage und Datierung wie

bei Domdidier. Westlich davon liegt Dompierre-le-Grand, heute Carignan

genannt. Die grosse Ausdehnung der Pfarrei zwischen der Broye und dem

Neuenburgersee fällt auf. Am Ufer des Sees oder etwas entfernt liegen die

Dorfschaften Chevroux, Gletterens, Portalban, in der Mitte zwischen Seeufer

und Fluss finden sich Missy, Vallon, Ressudens, Grancour, Rueyres-les-Prés,

Chesard. Da Ressudens nicht nur als Ort schon im 10. Jh. belegt ist, sondern

auch schon Anfang des 13. Jh. eine Pfarrei bildete (Cartulaire 12), muss die

Grosspfarrei Dompierre-le-Grand noch älter sein, zum wenigsten aus dem 9. Jh.

stammen. 1123 wird die Kirche samt ihren Zehnten unter den Besitzungen des

Klosters Payerne erwähnt. Da diese Abtei eine königliche Stiftung war, vermutet

man, es handle sich bei Dompierre-le-Grand um eine Gründung der

burgundischen Herrscherfamilie. Die Kirche wäre dann schon im 10. Jh. als

Dotation an Payerne gekommen. Wie dem auch sein mag, so alt wie

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Dompierre-le-Petit scheint sie doch nicht zu sein. Man kann sich die Frage

vorlegen, ob nicht ursprünglich überhaupt nur eine grosse Pfarrei Dompierre

bestanden hat.

Wir fügen hier noch die übrigen Orte mit domnus an, zunächst südwestlich

Donneloye, das aus Domna Lucia erklärt wird. Die Heilige wird wohl besonders

seit der stadtrömischen Einstellung der Karolinger mehr verehrt worden sein,

S. 94: so dass wir an das 9. Jh. denken können.233 Dann wäre der Lucia-Kult in unseren

Landen älter als derjenige in Byzanz und Venedig des 11./12. Jh. Noch weiter

entfernt liegt Dommartin. Da der Ort schon mit seinem Heiligennamen im Jahre

908 erwähnt wird (Cartulaire S. 177), gehört die Kirche zum mindesten ins 9. Jh.,

wenn nicht noch in eine ältere Epoche, denn es brauchte eine längere Zeit, bis

ein Patrozinium zum Ortsnamen wurde. Wenn J. P. Kirsch z.B. für Domdidier

und Dompierre (sogar für beide Kirchen) das 6.-8. Jh. vorschlägt, so wird man

auf alle Fälle spätestens die Karolingerzeit für die Orte mit domnus ansetzen.

Bei einigen kommt bischöfliche Gründung in Betracht, so bei Donatyre,

Domdidier und Dompierre-le-Petit. Hier gilt aber, was H. Büttner dazu bemerkt:

(Man darf die Frage stellen, ob die zahlreichen bischöflichen Kirchen nicht vor

die Zeit der gebildeten weltlichen Grundherrschaften fallen. Damit aber würden

sie der Hauptsache nach dem 7./8. Jh. angehören.»

Kehren wir wieder zum Ausgangspunkt zurück, zum Bischofssitz in Aventicum.

Bischof Marius war es noch, der 587 in Payerne auf eigenem Besitze eine

Marienkirche bauen liess. Auch eine Villa liess der Bischof dort einrichten

(Cartulaire S. 24). Eine neue Kirche entstand, als Königin Adelheid 961 (962)

ein Kloster mit Kirche gründete, das Cluny übergeben wurde. Wir haben also in

Payerne eine ältere Pfarrkirche als Eigenkirche des Bischofs und eine spätere

Eigenkirche Clunys, geschenkt vom burgundischen Herrscherhaus. Beide

Kirchen waren Maria geweiht. Sie lagen wohl nicht zu weit voneinander entfernt,

die Pfarrkirche inmitten der Siedlung auf einer kleinen Anhöhe.234

An das neu gegründete Kloster Payerne schenkte die burgundische

Herrscherfamilie noch die Pfarrei Kerzers (Chiètres), nördlich des Murtensees

gelegen. Offenbar war die Kirche St. Martin in Kerzers Eigenkirche der

Burgunderkönige. Man wird daher auf alle Fälle das 9. Jh. in Betracht ziehen

dürfen. Ob hier eine Martinskirche aus merowingischer Zeit vorliegt, ist möglich,

aber nicht gesichert. Ausgangspunkt ist die Urkunde von 961. Westlich von

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Kerzers am oberen Neuenburgersee liegt Cudrefin, wo Rudolf III. von Burgund

im Jahre 999 den Bischof Hugo von Sitten mit dem gräflichen Amte belehnte.

Ein Ort, an dem der König Hof hielt und eine so wichtige Handlung vornahm, an

dem auch der Bischof einige Zeit weilte, dürfte früh eine Kirche gehabt haben.

Da sie dem hl. Theodul geweiht war, ist sie wohl vom Sittener Oberhirten

errichtet worden. Nach einem Einkünfterodel des 11. Jh. besass der Walliser

Bischof in Cudrefin Rechte auf Abgaben. Die Brücke dazu stellten Besitzungen

in Ouchy und Montreux dar.235 Zudem besass der hohe Würdenträger hier auch

das Patronatsrecht bis ins 13. Jh. hinein. Man wird die Pfarrei ins 10. Jh.

zurückdatieren dürfen. Wir eilen nun an das westliche Ufer des Murtensees, wo

uns Montilier bei Murten interessiert. Ob das Muratum in der Schenkung

Sigismunds von 515, die um 800 entstand, mit Murten identifiziert werden kann,

ist nicht unbestritten.236 Aber

S. 95: das Patrozinium des hl. Mauritius weist auf die grosse Abtei im Wallis hin. Die

Kirche blieb jedoch nicht im Besitze der Augustiner, sondern kam an die

burgundische Krone, wohl um das Jahr 900. Zwei andere Pfarreien gab Rudolf

III. 1017 zurück (Oran und Pully), nicht aber Montilier. Man darf die Pfarrei in

das 9.-10. Jh. ansetzen.

Von den nicht wenigen Pfarreien im Umkreis von Avenches-Payerne wollen wir

einige hervorheben. Da fällt Gurmels (Cormandes) auf, dessen Pfarreibezirk

sich bis Jeuss, Wallenried und Cordast erstreckte. Die Kirche war eine

Gründung eines adeligen Herrn. Sie kann trotz des fränkischen Patrons St.

Germanus kaum älter als 10./I1. Jh. datiert werden. Gegen Süden liegt Tours,

eine vom Bischof von Lausanne errichtete Pfarrei. Wegen der exzentrischen

Lage der Marienkirche schliesst Kirsch auf einen früheren grossen Umfang und

denkt an das 9./10. Jh. Weiter südlich treffen wir auf Prez-vers-Noreaz,

wiederum eine bischofseigene Kirche zu Ehren der Muttergottes, zu welcher

Noreaz, Seedorf, Nierlet-le-Bois und Corserey, vielleicht auch Ponthaux

gehörten. Die frühen Kapellen lassen eine Gründung vor dem Jahre 1000

möglich erscheinen. Das nahe Onnens hatte auch Lentigny, Lovens und

Corjolens zu betreuen. Es war ebenfalls eine bischöfliche Gründung zu Ehren

des hl. Andreas. Kirsch schlägt das 9./10. Jh. vor. Endlich ist noch Torny-Pittet

zu nennen, wo die Abtei St. Maurice schon früh Besitzungen hatte (765, 929).

Aber nicht der Abt des berühmten Klosters, sondern der Bischof von Lausanne

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gründete hier wohl im 9./10. Jh. eine Martinskirche, welche Trey,

Torny-le-Grand, Middes, Chatonnaye und Vallarimboud zu betreuen hatte, also

ein Gebiet, das im Westen bis zur Broye ging.

Westlich der Linie Avenches-Payerne sei Saint-Aubin en Vully erwähnt, also

eine Kirche zu Ehren des hl. Albin von Angers (6. Jh.), die vom bischöflichen

Lausanne gegründet wurde. Kirsch weist auf die grosse Pfarrei hin und hält die

Kirche als einen Exponenten der Frankenherrschaft. Die Laurentiuskirche in

Estavayer-le-Lac datiert erst nach dem 955 errungenen Sieg Ottos I. über die

Ungarn, ein Ereignis, das den Kult des hl. Diakons stark förderte. Unter dem

Schutze des hl. Sulpitius stand die Pfarrei Font. Dort befand sich das regale

castellum, das Rudolf III. (gest. 1034) seiner Gemahlin Irmengard schenkte. Gut

möglich, dass schon damals eine Kirche in Font existierte. Westlich davon liegt

Cugy, das eine Martinskirche aufwies, wohl eine bischofseigene Gründung, die

eine nicht kleine Pfarrei besorgte und möglicherweise ins 10. oder 11. Jh. geht.

Am Neuenburgersee begegnet uns Yvonand, über das bereits in römischer Zeit

ein Weg von Moudon nach Yverdon ging. Die Kirche von Lausanne besass hier

schon im 10. Jh. die Hälfte des Dorfes. Wenn das Bistum so entfernte und

verkehrsgeographisch so wichtige Besitzungen hatte, so dürfen wir dort einen

frühen Kirchenbau annehmen. Das Ursuspatrozinium erinnert zudem an die

Ursuskirche in Solothurn (5.-6. Jh.). Eine Datierung auf 9./10. Jh. dürfte nicht

allzu

S. 96: gewagt erscheinen. Im 12. Jh. schenkte Bischof Amadeus die Kirche dem

Domkapitel (Cartulaire 38). Östlich davon findet sich Combrement-le-Grand,

das 911 eine Kapelle der Muttergottes aufweist. Vermutlich wurde die Kirche

nicht erst unmittelbar vor 1228 Pfarrei, in welchem Jahre sie als solche figuriert.

Eingehendere Belege besitzen wir für die Pfarrei Demoret. Schon dass hier nicht

wenige Gräber in der Art der Völkerwanderungsepoche vorhanden waren, die

auf das 7. Jh. hinweisen, zeigt die Bedeutung des Ortes. Dann leitet sich der

Name von Domnus Mauritius ab, was eine Datierung ins Frühmittelalter

empfiehlt. Dieses Mauritius-Patrozinium zeigt auf Agaunum hin, doch genügt

das allein nicht, hier eine Gründung dieses Klosters anzunehmen. Neuere

Ausgrabungen bestätigen das Alter der Kirche. Der erste Bau scheint dem 7./8.

Jh. zuzugehören und weist ein oblonges Schiff mit einer nur wenig

eingezogenen, gestelzten Apsis auf. Dieser erste Bau wurde im 8./9. Jh.

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beträchtlich erweitert. Ein Neubau mit tieferer Apsis entstand nicht vor dem

Ende des 10. Jh. oder erst in frühromanischer Zeit. Er diente bis um 1400, da der

heute noch erhaltene gotische Chor errichtet wurde.237 Demoret zeigt, wie sehr

sich archäologische und sprachgeschichtliche Forschungen ergänzen. Freilich

nicht jeder Ort hat einen so bezeichnenden Namen.

Die Kirche von Lutry hatte im 13. Jh. das Priorat Lutry (gegründet Anfang 11.

Jh.) inne. Von wem diese Benediktiner sie erhalten haben, wissen wir nicht.

Anders verhält es sich mit Cheiry, da dessen Silvesterkirche vom Bischof 1184

dem Mariusstifte geschenkt wurde. Sie dürfte also eine bischöfliche Eigenkirche

gewesen sein. Kirsch datiert sie in den Anfang des zweiten burgundischen

Reiches. Südwestlich von Cheiry finden wir St. Cierges, dessen Namen vom hl.

Cyriacus, dem Patron der Kirche, stammt. Das Zentrum des Kultes war Rom, wo

die Ecclesia S. Cyriaci in den Thermen des Diokletian zu den alten Titelkirchen

der Stadt zählte. Die Restauration dieser Kirche durch Papst Hadrian I. (772-795)

war der Ausgangspunkt für den weiteren Kult, wurden doch 874 Reliquien nach

Neuhausen bei Worms gebracht.238 So mag auch hier im 9./10. Jh. die

Cyriacuskirche entstanden sein. Errichtet wurde sie vom Bischof, denn dieser

schenkte sie 1154 dem Mariusstift in Lausanne.

Auf gleicher Höhe, jedoch auf dem rechten Broyeufer liegt Curtilles. Zusammen

mit Avenches und Bulle zählt Curtilles zu den tres curtes episcopi, die wohl

noch von den Frankenkönigen herrühren. Sonst könnte man sich auch nicht

erklären, warum in der villa Curtillia schon im 9. Jh. Kleriker-Synoden unter

Vorsitz des Bischofs gehalten wurden (Cartulaire S. 211-214 zu 852/75 und

867/681. Schon rein geographisch liegt Curtilles zwischen Avenches und

Lausanne und hatte vielleicht schon bei der Übertragung des Bischofssitzes,

sicher aber bald darauf eine wichtige Vermittlerrolle zu spielen. Zudem war hier

die Kirche unter dem Schutze des hl. Petrus. Wir werden wohl 7./8. Jh. als

Entstehungszeit der Kirche

S. 97: anzunehmen haben. Aber die Pfarrei war nicht gross, denn eigentlich gehörte zu

dieser bischöflichen Eigenkirche früher nur Lucens.

Nun zu Moudon an der Broye selbst. Schon der Name weist auf das alte

Minnodunum der Römer, das noch im Itinerarium Antonini aus dem Ende des 3.

Jh. genannt wird. Die Pfarrkirche ist uns erst 1142/44 urkundlich fassbar, allein

das Alter des Ortes und das Stephanspatrozinium weisen doch ins

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Frühmittelalter hinauf, ohne dass man wagen könnte, genauere Angaben zu

machen.

Südöstlich von Moudon liegt Morlens, dessen Kirche 966 (967) unter dem

Patrozinium der hll. Mauritius und Medard erwähnt wird. Über die Zehnten

hatten der König von Burgund und das Kloster Agaunum zu verfügen. Der

Bischof besass jedoch das Kollaturrecht. Offenbar haben verschiedene

Gewalten zur Gründung oder vielleicht auch zum Fortbestand der Kirche

beigetragen. Die Pfarrei umfasste ein weites Gebiet, so die Ortschaften

Vuarmarens, Ursy, Montet, Vauderens, Esmonts, Bionnens auf heute

freiburgischem, Chavannes-sur-Moudon, Chesalles, Brenles auf heute

waadtländischem Territorium. Sogar die auf dem rechten Ufer der Broye

liegenden Häuser von Moudon gehörten noch dazu. Offensichtlich handelt es

sich hier um eine typische Land- und Missionspfarrei, die man zumindest ins

8./9. Jh. zurückdatieren darf. In dieser Zeit kam auch die Medardverehrung in

unsere Lande, indem sich das Kloster St. Medard zu Anfang des 9. Jh. mit

Reichenau verband, dieses aber wieder mit Pfäfers, das in Vilters eine

Medard-Kirche errichtete.239 Östlich von Modens liegt Siviriez, das eine

Sulpitiuskirche besass.240 Wohl aus der frühen Verehrung des Heiligen in der

Lausanner Diözese schliesst Kirsch, dass die Kirche schon im 10. Jh. bestanden

haben könnte. In gleicher Weise kann man nicht ohne weiteres die

Mauritiuskirche in Billens datieren.

Südlich an der Broye finden wir Promasens, dessen Petruskirche eine

bemerkenswert umfangreiche Pfarrei betreute: Blessens, Adens, Chapelle,

Ecublens, Eschiens, Gillarens, Mossel und Rue. Da der Bischof das

Nominationsrecht besass, wird es sich wohl um eine früh von Lausanne aus

gegründete Pfarrei handeln, vielleicht des 8./9. Jh.

Die letzte Pfarrei in der Gegend, in der die Broye ein Knie beschreibt, ist

Saint-Martin-sur-Oron. Es ist zu beachten, dass Oron das Uromagus der Römer

war. Auch besass hier St. Maurice Besitzungen, wie uns die sogenannte

Schenkung Sigismunds 515, eigentlich um 800 entstanden, belehrt. Aber die

Kirche führt nicht den Mauritiustitel, sondern das Martinuspatrozinium. Kirsch

nimmt an, dass hier auf dem alten Königsgut, von dem ja auch St. Maurice

erhielt, eine frühe Kirche des Frankenheiligen errichtet wurde, für die er die

fränkische Zeit vom 6. bis 9. Jh. in Betracht zieht. Für diese chronologische

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Wertung spricht auch der expansive Umfang der Pfarrei: Oron-le-Chatel,

Chesalles, Bussigny, La Rogivue, Besencens, Champerroux, Progens, Le Cret,

Pont, Porsel, Bouloz, Villars und die

S. 98: sonstigen kleinen Siedlungen. Offenbar war Saint-Martin die Kirche der

Herrschaft Orono Der Besitz von St. Maurice hinterliess jedoch bei den Kirchen

von Châtillens und Gran-la-Ville Spuren, denn beide waren dem Märtyrer von

Agaunum geweiht, wie aus einer Notiz von 1141 ersichtlich ist.241

e. Das Flussgebiet der Saane

Fast gleichlaufend wie die Broye fliesst auch die Saane, während sich jedoch die

erstere in die Seen von Murten, Neuenburg und Biel ergiesst, mündet die letztere

in die Aare. Wir verfolgen nun die Pfarreien im Gebiete der Saane und beginnen

mit Bösingen, das sich dort befindet, wo die Saane mit der Sense, die sich mit ihr

vereinigt, einen geschützten Winkel bildet. Als Eigenkirche der

Burgunderherrscher dürfte Bosingen im 8./9. Jh. gegründet worden sein. Zu ihr

gehörte auch Wünnewyl, das sich bald verselbständigte und jedenfalls 1228 als

eigene Pfarrei erscheint. Auf dem andern Ufer begegnet uns die Pfarrei

Barberêche, die jedoch an beiden Ufern der Saane Siedlungen zu betreuen hatte.

Es dürfte sich um eine Eigenkirche eines einheimischen Adeligen des 10./11. Jh.

handeln. Ebenfalls eine Eigenkirche, wohl der Herren von Duens im 11./12. Jh.,

war Düdingen, die vielleicht auf Kosten der älteren Pfarreien Bösingen und

Tafers entstand. Tafers selbst stellt eine typische Land- und Missionspfarrei des

8./9. oder 9./10. Jh. dar und betreute das ganze Gebiet zwischen Saane und Sense.

Die Kirche stand unter dem Schutze des hl. Martin. Östlich von Tafers im

Senseknie liegt Obersdorf, eine Pfarrei, deren Gründung mit dem Vordringen

der Alemannen von Norden her zusammenhing. St. Johann Baptist war ja auch

gerne Schutzpatron einsamer Gegenden. Da König Heinrich VII. 1226 die

Kirche dem Deutschorden übergab, so muss die Kirche von Anfang an, etwa

vom 10./11. Jh., eine königliche Stiftung mit guten Einkünften gewesen sein.

Ähnlich wie Tafers stellte Belfaux eine alte Grosspfarrei dar, deren Gebiet sich

von Grolley und Autafond im Westen bis Cormagens und Agy im Osten, von La

Corbaz im Norden bis Matran im Süden erstreckte. Nicht umsonst war es später

vor der Gründung von Freiburg Hauptort des Dekanates. Das kam wohl auch

daher, dass kein Adeliger, sondern der Bischof von Lausanne etwa im 8./9. Jh.

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die Errichtung dieser Stephanskirche veranlasste. Südlich davon stellen wir

wiederum eine alte Grosspfarrei fest, es ist dies Villars-sur-Glâne, deren

Peterskirche wohl 9./10. Jh. zu datieren ist, vielleicht eine Eigenkirche der

Herren von Villars oder ihrer Vorgänger. Diesem Kirchspiel war auch das

Gebiet auf dem linken Ufer der Saane zugeteilt, auf dem später 1157 der

Zähringer Berthold IV. die Stadt Freiburg gründete. Das Quartier des Places

wurde erst 1872 und Perolles erst im 20. Jh. von Villars abgelöst. Auf der

rechten Flussseite entwickelte sich die Stadt auf dem Pfarreigebiet von Tafers

und Düdingen.

S. 99: Als Gegenstück zu Belfaux und Villars kann auf dem rechten Saaneufer Marly

betrachtet werden. Die Pfarrei betreute die Seelsorge auf dem Landstrich

zwischen Saane und Argeren. Auch Spins (Ependes) stand anfänglich unter ihrer

Leitung. Die Pfarrkirche war dem hl. Petrus geweiht und konnte im 8./9. oder

9./10. Jh. entstanden sein.

Im südlichen Gebiete links der Saane stossen wir auf vier Pfarreien, die alle im

10./11. Jh. entstehen konnten. Wir meinen zuerst Farvagny, das Posat, Illens,

Rossens und Vuisternens-en-Ogoz betreute und den hl. Vincenz zum Patron

hatte. Die Apostelfürsten hatten Orsonnens zu schützen, das die Ortschaften

Ferlens, Massonens und Villarsiviriaux besorgte. Wir fügen ferner

Villaz-Saint-Pierre hinzu, dessen Ortsname vom Patrozinium genommen ist.

Diese Petruspfarrei umfasste auch ursprünglich Berlens, ferner das Gebiet, auf

dem sich im 13. Jh. die Pfarrei Romont entwickelte. Die Marienkirche von

Vuisternens-devant-Romont musste ein grosses Territorium bewachen, das sich

im Süden bis La Joux und im Norden bis Neirivue erstreckte. Auch die kleinen

Pfarreien Villaraboud und Mezieres scheinen anfänglich zu diesem Kirchspiel

gehört zu haben.

Die meisten Pfarreien im freiburgischen Gebiete übertraf an Alter und

Wichtigkeit das Kirchspiel von Bulle, wo der Bischof von Lausanne sehr früh

von den fränkischen Herrschern Besitzungen erhielt, auf welchen er im Verlaufe

des 7. oder 8. Jh. eine Kirche zu Ehren des Bischofs Eusebius von Vercelli (4.

Jh.), des Bekämpfers der Arianer, errichtete. Bulle war eine ausgesprochene

Missions- und Landpfarrei, zu der im Norden Vuippens, Marsens, Echarlens und

Riaz, im Süden Greyerz bis Montbovon gehörten, also alles Land zwischen

Gibloux und Moléson am linken Ufer der Saane. Gerade weil die Besiedlung

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hier sehr früh und zahlreich erfolgte, deshalb gab es schon unter dem Lausanner

Bischof David (827-850) wegen der Zehntenabgaben zu Marsens und Echarlens

Schwierigkeiten, die erst Bischof Hartmann urkundlich entschied (852/875).

Der gleiche Oberhirte musste auch Schwierigkeiten zwischen dem Pfarrer von

Bulle und dem Priester von Vuippens (867/868) schlichten. Die Bedeutung der

Pfarrei rückt die Tatsache ins Licht, dass dort im 9. Jh. Klerikerversammlungen

abgehalten wurden (Cartulaire S. 211-214).

Die Auflösung der Grosspfarrei erfolgte langsam vom 9.-13. Jh. Die

Sulpitiuskirche von Vuippens erlangte selbständige Einnahmen im 9. Jh., wie

oben berichtet. Sie wird daher lange vor 1228, in welchem Jahre sie als Pfarrei

erscheint, ihr Eigenleben begründet haben. Von ihr blieb die Nikolauskirche von

Marsens (erwähnt 1330) bis 1536 abhängig. Die Marienkirche von Echarlens

wurde von Bischof Hartmann 852/75 eingeweiht. Auch sie wird vor 1228 ihre

Eigenständigkeit erhalten haben. St. Salvator in Riaz war um 900 nur eine

Kapelle im Eigenbesitz der Herren der Grafschaft Ogo, besass jedoch 1074

einen eigenen Friedhof, also bereits eine pfarrherrliche Selbstregierung. Die

Besetzung war dem Propste von

S. 100: Lausanne vorbehalten, wie uns wenigstens das Lausanner Chartular Anfang des

13. Jh. berichtet. Bleibt uns noch übrig, die Theodulskirche von Greyerz zu

nennen, die erst in der zweiten Hälfte des 13. Jh. errichtet wurde und mit ihrem

Patrozinium den Einfluss des Bistums Sitten offenbart.

Eine uralte Brücke führte von der Pfarrei Bulle zu der Pfarrei Broc (Bruck). Die

Saane trennte hier zwei grosse Pfarreien, von denen die eine die linke Uferseite,

die andere die rechte beherrschte. Zu Broc gehörte das ganze Gebiet von der

Berra und dem Jaunpass bis zum Vanil Noir und dem Mont Cray, mag es sich

nun um besiedeltes oder unbesiedeltes Land gehandelt haben. Die Grösse der

Pfarrei ergibt sich aus den früher oder später dazugehörigen Ortschaften:

Botterens und Villarbeney im Norden, dann Chatel, Cresuz, Cerniat (mit der

Richtung auf die spätere Valsainte) und Charmey im Osten, also das Tal des

Jogneflusses, endlich im Süden Estavannens, Grandvillard mit Lessoc. Die

Auflockerung der Pfarrei begann wohl schon früh, wobei sich nicht die näheren,

sondern die entfernteren Ortschaften zuerst verselbständigten, nämlich Charmey

(hl. Kreuz) und Jaun (Stephan) sowie Grandvillard (Jakob), die alle 1228 schon

als eigene Pfarreigebiete erscheinen.

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Die Datierung der Urpfarrei Broc ist ein Problem für sich. Von Bulle her

gesehen, also einer Pfarrei des 7./8. Jh., wird man auch für Broc ungefähr die

gleiche oder eine wenig spätere Zeit erwarten. Wir haben ähnliche Verhältnisse

wie im Domleschg, wo der Hinterrhein die Pfarreien St. Johann in Rialt und St.

Lorenz in Paspels, beides Pfarreien etwa des 7. Jh., trennt bzw. verbindet. Sind

wir auf der richtigen Fährte, dann muss in Broc ein Patroziniumswechsel

stattgefunden haben. St. Otmar begegnet uns erst 1387 als Schützer der Pfarrei.

Hätte er von Anfang an diese Rolle gespielt, dann müsste man die Errichtung der

Pfarrei um Jahrhunderte später ansetzen. Der hl. Otmar (gest. 759) wurde erst

864 kanonisiert und 867 in die Otmarskirche übertragen. Vor 900 dürfte man

sein Patrozinium nicht ansetzen. Aber dann bleibt dieses in der frühen Lausanner

Diözese völlig isoliert und in der Kultentwicklung des Heiligen fast unglaubhaft

früh.242 Ferner ist auch der Einfluss der Alemannen des Simmentals über den

Jaunpass, dem dieses Otmarspatrozinium zugeschrieben wird, merkwürdig,

auch wenn sich die Pfarrei bis dorthin erstreckt hatte. Wie konnte ein so

peripherischer Teil dem Ganzen einen Titel geben? Vielleicht muss man doch

mit einem Patroziniumswechsel des 13/14. Jh. rechnen, als Kult und Kloster des

hl. Otmar weithin bekannt waren.

Vom Greyerzerland steigen wir hinauf ins Saanetal, das erst um die

Jahrtausendwende dauernd besiedelt wurde. Die ganze Landschaft gehörte dem

Grafen von Greyerz, der wohl auch die Donatuskirche in Chateau-d'Oex (Ösch)

im Verlaufe des 11. Jh. gründete. Erst in der zweiten Hälfte des gleichen

Säkulums entstand die Nikolauskapelle im Tale drinnen, bei welcher die

Greyerzer Grafen ein Cluniazenserpriorat ermöglichten (Rougemont bzw.

Rothenberg). Auf der höchsten Talstufe

S. 101: entstand die Ortschaft Saanen, wo wahrscheinlich wiederum die Greyerzer

Grafen eine Mauritiuskirche errichteten, die das ganze Tal bis Gstaad und

Lauenen, soweit es besiedelt war, zu betreuen hatte. Cono von Estavayer zählt

1228 die Kirchen von Chateau-d'Oex, Rougemont und Saanen als Pfarreien auf,

alles erst eine Entwicklung des 11./12. Jh.

f. Das Gebiet am linken Aareufer

Die nördlichste aller Pfarreien des alten Lausanner Sprengels findet sich in

Solothurn, wo schon zur Römerzeit ein offener Marktflecken (vicus) und

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ungefähr seit 375 ein Kastell (castrum) bestand. Die Anfänge einer christlichen

Gemeinde im strengen Sinne des Wortes sind wohl erst im Kastell zu suchen, wo

das erste Gotteshaus des hl. Stephan am höchsten Punkte der Befestigung, nahe

dem Nordtor, lag. Hier wurden Keltoromanen begraben, «wie die in der

Achsenrichtung der Kirche angelegten Gräber im ausgeebneten römischen

Schutt mit frühmittelalterlichen Grabbeilagen beweisen.»243 Die Datierung auf

das 6. Jh. rechtfertigt sich aus dem Hinweis auf die Stephanskirchen in Lausanne

und Donatyre. Im Frankenreiche gab es ja schon im 5. Jh. mehrere Kathedralen

unter diesem Titel.244

Neben dieser ersten Pfarrei entwickelte sich bald noch eine zweite. Deren

Wurzeln gehen zurück auf das Soldaten-Martyrium von Ursus und Victor.245

Wo die Hinrichtung stattfand, wissen wir nicht. Wahrscheinlich ganz in der

Nähe des spatrömischen Friedhofes, nicht allzu weit entfernt von der Aare (vgl.

die Hinrichtung der Zürcher Heiligen an der Stelle der späteren Wasserkirche).

Auf diesem Bestattungsfeld, das auch in frühmittelalterlicher Zeit benutzt wurde,

begrub man ihre Leichen. Hier stand um 500 ein Friedhofheiligtum, die

Petruskapelle, die später erweitert und noch im 10. Jh. erneuert wurde.246 Eine

Pfarrei ist damit noch nicht gegeben. Aber Ende des 5. Jh. übertrug man Gebeine

des hl. Victor von Solothurn nach Genf. Das setzt voraus, dass die beiden

Heiligen schon damals verehrt wurden, mithin eine Kirche besassen, in welche

ihre Gebeine übertragen worden waren. Damit kommen wir auf eine Kirche des

5. Jh.247 Das war die Ursuskirche östlich des Kastells, an der im Verlaufe des 8.

Jh. eine Kanoniker-Organisation gegründet wurde, nach einer nicht

unwahrscheinlichen Tradition von Werthrada, der Gemahlin Pippins III. (König

751-768). Es handelte sich also um ein karolingisches Reichsstift, denn nur dann

begreift man, warum Ludwig der Deutsche bei der Reichsteilung von 870 das

Ursenstift erhielt.248 Cono von Estavayer notierte sich zu Anfang des 13. Jh. als

einzige Pfarrei der Stadt: «Capitulum Salodorensem cum parrochia» (Cartulaire

S. 12). St. Ursus hatte also schon längst die alte Stephanskirche abgelöst.

Um das alte Solothurn, so mochte man vermuten, gab es auch sonst viele alte

Pfarreien. Aber die Indizien sind schwach. Römische Funde und

frühmittelalterliche

S. 102: Gräber genügen noch nicht. Wohl suchte man die Marienkirche von Selzach ins

7./8. Jh. zu datieren, allein die Argumente aus dem Patrozinium müssen noch

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ergänzt werden können.249 An Selzach schloss sich Grenchen an, das auch

Bettlach umfasste und sich von der Aare bis zum Grenchnerberg erstreckte.

Vermutlich war die Eusebiuskirche eine Gründung des Ulrich von Fenis in der

ersten Hälfte des 11. Jh., sicher besass dessen Sohn Cuno, Bischof von Lausanne

(1098-1103), die Kollatur, weshalb er auch einen Teil der Einkünfte seinem

neuen Kloster Erlach gab (Cartulaire S. 35-36).250

Noch ein Dutzend Pfarreien finden sich im anschliessenden südlichen Gebiete,

die alle 1228 erwähnt werden, aber von denen nur wenige vor die

Jahrtausendwende angesetzt werden können. Vielleicht fällt die Gründung der

Pfarrkirche Belmont noch ins 10. Jh. Sie war eine Eigenkirche der Grafen von

Burgund und Macon, die dann später 1107 auch das dortige Cluniazenserpriorat

ermöglichten. Wäre die Pfarrkirche erst durch die Cluniazenser errichtet worden,

dann hätte sie nicht St. Gangolph, sondern Petrus und Paulus zu Patronen gehabt.

Alt ist Nugerol, das spätere Neuruz, am Westufer des Bielersees. Nach einer

Urkunde Karls III. von 885 gehörte ein dortiges Landgut samt der

dazugehörigen Kapelle in Orvin dem Kloster Moutier-Grandval. In der

Bestätigung von 965 ist die Rede von zwei Kapellen, einer des hl. Ursizin, einer

anderen des Apostels Petrus.251 993/996 erfahren wir, dass in Nugerol eine

capella in honore S. Mauricii dedicata war.252 Man deutet die erwähnten

Kapellen so, dass es sich um St. Ursanne in Neuruz près Neuveville und um St.

Mauritius in Neuruz-le-Landeron handelt, welch letzteres Gotteshaus 1187 als

Pfarrei erscheint.253

Der Aare entlang stossen wir ins Berner Mittelland vor, wo uns die beiden

Pfarreien Bümpliz und Köniz begegnen. In Bümpliz stellte Burkhard, Bischof

von Lyon und Abt von St. Maurice, 1025 eine Urkunde aus, was auf einen

Zusammenhang mit Agaunum schliessen lässt, um so mehr als Mauritius der

Patron dieser wohl noch Ende des 10. Jh. gegründeten Kirche ist. Trotzdem St.

Maurice auch Anfang des 11. Jh. Besitzungen in Köniz hatte, weist die Kirche

dennoch nicht das Patrozinium des Führers der thebäischen Legion, sondern der

Apostelfürsten auf, was eher auf eine frühere Errichtung hinweist, die nicht ohne

Gunst der Burgunderherrscher im Verlaufe des 10. Jh. entstanden ist.254 Die

Augustinerpropstei, eine Eigenkirche der deutschen Herrscher, kam erst

1130-1208 zustande. Von der Könizer Pfarrkirche St. Peter und Paul hing die

erste Leutkirche von Bern ab, die etwa 1155/60, wohl unter dem

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Vincenzpatrozinium, gegründet wurde. Sie erlangte die endgültige Ablösung

von Köniz erst 1276.

Zwischen Köniz und dem Gebiete am Thunersee finden sich nicht wenige

Pfarreien, die schon 1228 existierten, so Neuenegg (Johann B.), Oberbalm

(Sulpitius), Rüeggisberg (Martin), Guggisberg (Mauritius), Gerzensee

(Patrozinium unbekannt), Kirchenthurnen (Ursus), Kirchdorf (German), Uttigen

(Adelheid).255 Sie

S. 103:

S. 104: liegen mit Ausnahme von Guggisberg und Rüeggisberg mehr oder weniger nahe

am linken Aareufer. Die meisten sind von Adeligen des Landes als Eigenkirchen

ins Leben gerufen worden, wie dies bei Oberbalm, Kirchdorf, Kirchenthurnen,

Gerzensee schon aus den späteren Inhabern des Kirchensatzes hervorgeht. Bei

Guggisberg dürfte vielleicht der Abt von St. Maurice als Eigenkirchenherr im

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Spiele stehen. Bei keiner dieser Pfarreien liegen für eine Datierung ins 10. Jh.

Gründe vor. Man wird sie daher vorläufig Anfang 11. Jh. oder später ansetzen

und in ihren Gründungen den Versuch sehen, das neu kultivierte Land auch

kirchlich zu erfassen.

Sobald wir gegen den Thunersee vorrücken, stossen wir immer mehr auf eine

alte Kulturlandschaft. Funde von römischen und auch merowingischen,

besonders dem 7. Jh. angehörigen Siedlungen sowie Ortsnamen belegen dies.

Die Fredegar-Chronik des 7. Jh. kennt den Lacus Duninsis, den Thunersee.256

Den Übergang zu dieser Gegend stellen Thierachern und Einigen dar. Die

Martinskirche in Thierachern weist ins 10. Jh. und wurde vielleicht von den

Vorfahren der Herren von Strättlingen errichtet. Aus dem gleichen Jahrhundert

stammt die Michaelskirche von Einigen, aber sie hatte schon eine Vorgängerin,

die dem Ende des 7. Jh. oder dem 8. Jh. zugewiesen wurde. In die gleiche Zeit

führt uns das sogenannte Testament des Strassburger Bischofs Eddo von 762,

welches dem Kloster Ettenheimmünster im Breisgau als Dotation Kirchen und

Zehnten zu Spiez, Scherzligen und Biberist (SO) vermachte. Offenbar bestand

hier ein merowingischer Königshof, den die Frankenherrscher an die Kirche von

Strassburg geschenkt hatten.257 Die Kirche von Scherzligen war wie die

Bischofskirche von Strassburg der Muttergottes geweiht. Die Kirche zu Spiez

hatte wohl den hl. Mauritius zum Patron. Der heutigen Kirche aus dem Anfang

des 11. Jh. ging ein früherer Bau voraus, der dem 7./8. Jh. angehörte und ein

Stiftergrab aufwies. Spiez besass auch die Columbakapelle, die später zur

Kolumbanskirche wurde. Man vermutet eine Entstehung im 8. oder 9. Jh., was

wiederum auf das Alter der Pfarrei Spiez ein Licht werfen könnte. Scherzligen

und Spiez sind also doch wohl frühmittelalterliche Pfarreien. Scherzligen

umfasste den auf dem linken Aareufer gelegenen Teil von Thun und dann den

Bogen von Allmendingen bis Strättlingen am Ufer. Zu Spiez gehörte die

anschliessende Uferlandschaft, also Spitzwiler, Hondrich und Faulensee,

vielleicht früher auch Einigen. Beide Kirchspiele sind verhältnismässig nicht so

gross, gemessen an Landpfarreien wie Bulle und Broc, was jedoch infolge der

alpinen Lage begreiflich ist.

Grosser als die beiden besprochenen Pfarreien war Amsoldingen, welches die

ganze Landstrecke von Zwieselberg über Langenbühl bis nach Uetendorf und

Kienersrüte betreute. Die Mauritiuskirche stammt aus dem Anfang des 11. Jh.,

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hatte aber wohl eine Vorgängerin. Viel jünger als die Pfarrei Spiez dürfte

Amsoldingen nicht gewesen sein. Wie in Amsoldingen datiert auch die noch

erhaltene

S. 105: Martinskirche von Wimmis ins frühe 11. Jh., aber der erste Kirchenbau dürfte

dem 9. Jh. angehören. Da in Wimmis auch das Erbe der Kaiserin Adelheid im

Spiele war, ist königlicher Einfluss zu erwägen.

Nördlich von Wimmis wendet sich die Simme nach Westen, um in einem

grossen Bogen das Simmental zu bilden. Die wichtigste Kirche am Eingang

steht in Erlenbach, die dem hl. Michael geweiht ist und deren Bau noch dem 11.

Jh. angehört. Vielleicht werden einmal Ausgrabungen klarlegen, ob noch ein

früherer Bau vorliegt. Auf Erlenbach folgen Darstetten (Maria), Oberwil

(Mauritius), Boltigen (Mauritius) und zuletzt Zweisimmen (Maria). Alle diese

Kirchen sind durch das Lausanner Cartularium von 1228 als Pfarrkirchen notiert.

Wie schon die Kollatur der Herren von Weissenburg belegt, sind Erlenbach,

Darstetten und Oberwil Eigenkirchen weltlicher Besitzer gewesen. Bei Boltigen

und Zweisimmen ist auch Reichslehen festzustellen. Bislang sind noch keine

Indizien für die Gründung dieser Pfarreien vor der Jahrtausendwende geltend

gemacht worden, ausgenommen für Erlenbach, dessen Kirche des 11. Jh. doch

eine längere «Anlaufzeit» verlangt.

Vom Thunersee aus gelangt man ins Kandertal, dessen Mittelpunkt die

Quirinuskirche in Frutigen bildet, die sicher 1228 schon Pfarrei war. Auch hier

ist eine Eigenkirche anzunehmen, denn Frutigen stand samt dem Engstligental

(mit Adelboden) und dem oberen Kandertal im 13. Jh. unter den Freiherren von

Kien.

Ähnlich kommen auch die übrigen 1228 von Cono von Estavayer genannten

Pfarreien wie Aschi, Leissigen, dann Gsteig am Eingange zum Tale der

Lütschine für das erste Jahrtausend nicht in Betracht. Hier treffen wir auf das

Ende der Lausanner Diözese, offen bar weil sich im Hochgebirge damals noch

keine dauernde Bevölkerung vorfand.

g. Das Gebiet am rechten Aareufer

Die Aare bildet die östliche Grenze des Bistums Lausanne. Wenn man glauben

würde, es sei deshalb so gekommen, weil hier ein Niemandsland gewesen sei, so

hat uns schon die nähere Betrachtung der Pfarreien an dem linken Ufer belehrt,

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dass von Solothurn bis zum Thunergebiet Kirchen vom 5. bis 10. Jh. zu finden

waren. Auch auf der rechten Uferseite war kein Niemandsland, wenn auch

vielleicht weniger alte Pfarreien zu nennen sind. Die Flüsse verbinden, so heisst

es auch hier. Es scheint fast, dass die Aaregrenze erst eine spätere Teilung

darstellt. In der Tat datiert ja auch das Bistum Konstanz erst aus der Zeit um 600,

nahm daher wohl Gebiete in Anspruch, die früher zum Lausanner Sprengel

gehört haben könnten.

Wir beginnen unsere Wanderung am Aaregletscher, der Quelle des Grenzflusses,

da wir ja im vorhergehenden Abschnitt gerade diese Gebiete des Berner

S. 106: Oberlands ins Auge gefasst haben. Als oberste Stufe gilt das Haslital, das erst

nach der Jahrtausendwende dauernd besiedelt wurde. Am Ausgange des Tales

liegt die Michaelskirche von Meiringen, die König Heinrich VII. im Jahre 1234

den Lazariten übergab. Das weist daraufhin, dass die Kirche eine königliche

Gründung war, vermutlich von den Staufen im 12. Jh. ins Leben gerufen wurde.

Die anschliessende Apostelkirche von Brienz wird 1121 genannt und dürfte

wohl eine Eigenkirche der Herren von Brienz im 11. Jh. sein. Nördlich des

Thunersees lag die Galluskirche von Sigriswil, die nicht weniger als 10

Siedlungen betreute und sich im Osten bis Ringoldswil, im Norden bis

Meiersmaad, im Südosten bis Meiringen erstreckte. Das Gebiet grenzte an die

Pfarrei von St. Andreas in Hilterfingen. Beide Pfarreien sollen nach der

Strättlinger Chronik des 15. Jh. bis ins 10. Jh. zurückgehen. Das kann vielleicht

von ihren Anfängen gesagt werden. Greifbar sind sie erst im 12. Jh., in welchem

die Edlen von Bremgarten den Kirchensatz von Sigriswil innehatten,

Hilterfingen aber 1175 als Stiftung des Libo von Oberhofen angesehen wurde.

Die Mauritiuskirche in Thun haben entweder die Grafen von Kyburg, die im 13.

Jh. das Patronat innehatten, oder dann deren Vorgänger, die Herren von Thun,

im 11./12. Jh. gegründet. Überall begegnen wir immer wieder Eigenkirchen.258

Nördlich liegt Steffisburg, so genannt nach dem Stephanuspatrozinium der

Kirche, deren romanischer Turm ins 12., vielleicht sogar ins 11. Jh. zurückgeht.

Dass die Herren von Rüti im 13. Jh. das Patronatsrecht hatten, weist vielleicht

auf einen weltlichen Kirchengründer im 11. Jh. oder noch etwas früher hin. Zur

Landpfarrei St. Michael in Oberdiessbach gehörten noch im 18. Jh. nicht

weniger als 16 Gemeinden in den heutigen Amtsbezirken Signau, Konolfingen

und Thun. Vielleicht handelt es sich um eine Gründung der Thuner

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Herrschaftsfamilie im 11. Jh. Zwischen Konolfingen und Signau liegt

Grosshöchstetten. Der Kirchensatz der Marienkirche gehörte den Kyburgern, so

dass sie vielleicht die Gründer der Pfarrei gewesen sind. Näher an der Aare liegt

Münsingen, wo um die Jahrtausendwende der Burgunderkönig Rudolf III. einen

Hof besass. Die grosse Ausdehnung des Kirchspiels sowie das

Martinuspatrozinium weisen auf eine frühmittelalterliche Pfarrei hin. Die

Vermutung würde zur Gewissheit, wenn auch Kleinhöchstetten und Habstetten

zu dieser Pfarrei gehörten. In Kleinhöchstetten fand man eine Kirche des 8. Jh.,

deren Patrozinium wohl schon damals der Muttergottes zustand. Der Friedhof

um die Kirche zeigt Gräber aus der Völkerwanderungszeit, aber auch aus

späteren Epochen. Danach würde man eher auf eine Pfarrei schliessen. Dies um

so mehr, wenn Habstetten einst unter Kleinhöchstetten stand. Dort hat man

ebenso eine Kirche festgestellt, die aus dem 8. Jh. stammen wird. Es wäre Sache

der bernischen Kirchengeschichtsforschung, in diesem Gebiete die

Pfarreienentwicklung klarzulegen.259

Oberhalb von Aarberg liegt Lyss, das als Brückenkopf über die Aare

S. 107: verkehrswichtig war, weshalb hier viele Adelige Besitzungen hatten. Auch als

Gerichtsplatz war der Ort im Mittelalter bedeutsam. Unsere Aufmerksamkeit

zieht der Kirchhübel in Oberlyss auf sich, da man hier einen Friedhof mit

Gräbern aus der Völkerwanderungszeit entdeckte sowie ein Bauwerk, das älter

als die Gräber zu sein scheint. Man vermutet eine merowingische Grabkirche,

die jedoch später zu einer karolingischen Marienkirche umgestaltet worden sei.

Das beinahe quadratische Schiff und vor allem die halbkreisförmige Apsis

dürften auf jeden Fall frühmittelalterlich sein.260 Vor dem Jahre 1009 gehörte die

Kirche dem Kloster St. Maurice. Ob diese Abtei die Marienkirche gegründet hat,

wissen wir nicht. Besitzungen des Mauritiusstiftes in Lyss fehlen in der

sogenannten Sigismund-Schenkung, welche die Verhältnisse des 7./8. Jh.

darstellt. Da die Kirche in Oberlyss bereits 1238 als obere Kirche (superior

ecclesia) bezeichnet wird, muss es schon damals eine untere Kirche in

Niederlyss gegeben haben. Sie war dem Evangelisten Johannes geweiht. Da die

Edlen von Gisenstein (Amt Konolfingen) die Patronatsrechte vor 1371

innehatten, kann es sich um eine Eigenkirche handeln, die deren Vorgänger im

11./12. Jh. gegründet haben. Die Johanneskirche trug erst im 16. Jh. den Sieg

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davon, in welcher Zeit sie als Pfarrkirche der vereinigten Kirchgemeinde gelten

konnte.

Auf der Suche nach frühmittelalterlichen Pfarreien stossen wir auf Atikofen und

Hessigkofen, beide im solothurnischen Bucheggberg gelegen. Es handelt sich

um habsburgische Eigenkirchen, darum konnte sie Graf Radbot dem Priester

Voko für den Verlust der Pfarrkirche Muri (1027/34) übergeben.261 Daraus

scheint sich später nur eine Pfarrei St. Gallus in Atingen entwickelt zu haben.262

Ganz merkwürdig wäre es, wenn wir in der Nähe des alten Solothurn nicht auch

eine alte Kirche finden könnten. Als solche darf Biberist (SO) gelten, dessen

Kirche mit Zehnten 762 von Bischof Eddo von Strassburg dem Kloster

Ettenheimmünster im Schwarzwald geschenkt wurde. Vermutlich hatte hier

Strassburg vor Jahrzehnten auf königlichem Boden eine Kirche errichtet. So

wurde sich auch das Marienpatrozinium von Biberist als Ableger desjenigen der

Strassburger Bischofskirche erklären.263 Südlich von Biberist liegt Kirchberg

(BE). 994 schenkte Otto III. den Hof Kirchberg, der seiner Grossmutter

Adelheid gehört hatte, dem Kloster Selz im Elsass. Vermutlich war die

Martinskirche schon vor 994 vom Herrscherhaus für die Betreuung der

Bewohner des Königshofes errichtet worden. Der Umfang der Pfarrei deckt sich

mit dem Zehntgebiet des Klosters Selz und umfasst das Gebiet von Utzenstorf

bis Burgdorf, von Lyssach bis Rumendingen.264 Burgdorf selbst gehörte bis

1401 kirchlich zu Oberburg. Nach A. Moser erscheint die Marienkirche von

Oberburg erstmals 1242, die Michaelskirche von Burgdorf 1249. Den

Kirchensatz von Oberburg besassen die Kyburger. Ob es sich hier um eine

Eigenkirche dieser Adeligen handelt oder um noch eine frühere Kirche, bleibe

dahingestellt.

S. 108: Vom Tale der Emme gehen wir wieder zurück zum rechten Aareufer und

wenden uns dem Orte Herzogenbuchsee zu, wo St. Gallen schon im 9. Jh. Besitz

hatte. Die Martinskirche war eine Eigenkirche der Grafen von Rheinfelden, die

Ende des 10. Jh. ins Licht der Geschichte treten. Agnes von Rheinfelden, die

Gemahlin Bertholds II. von Zähringen (gest. 1111), schenkte 1108 den Hof samt

den Kirchenrechten von Herzogenbuchsee, Seeberg und Huttwil an das Kloster

St. Peter im Schwarzwald. Die Martinskirche von Seeberg, sudöstlich von

Herzogenbuchsee gelegen, ist 1076 fassbar, denn damals schenkte Seliger von

Wolhusen den vierten Teil des Kirchensatzes von Seeberg an das Kloster

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Einsiedeln. Dieser Wolhuser Adelige hatte seinen Teil vielleicht von den

Rheinfeldern erhalten. Von Huttwil, das auch 1108 an das Schwarzwaldkloster

St. Peter kam, kennen wir das Patrozinium nicht. Wir können wohl aus allem

schliessen, dass die Hauptkirche in Herzogenbuchsee im 10. Jh. von den ersten

Rheinfeldern oder deren Vorgängern gegründet wurde. Die St. Galler

Besitzungen mögen den ersten Anlass zu einer Kirche gegeben haben.

Östlich von Herzogenbuchsee liegt Langenthal, wo ebenfalls Besitzungen von

St. Gallen im 9. Jh. nachzuweisen sind. Die Marienkirche ist erst 1197 belegt.

Da die Freiherren von Grünenberg die Patronatsrechte innehatten, waren sie

vermutlich die Gründer der Kirche. Anschliessend treffen wir in Winau (Wynau)

eine viel grössere und ältere Pfarrei, die das Feld zwischen Aare und Langeten

beherrschte. Zu ihr gehörte das langgezogene Gebiet von Riken und Balzenwil

bis Walliswil, also alles zwischen Aare und der Linie

Herzogenbuchsee-Langenthal und Pfaffnau. Unter der romanischen Kirche

finden sich noch Grundmauern eines früheren Kirchenbaues. Den Kirchensatz

hatten die Freiherren von Bechburg, die aber erst um 1100 nachweisbar sind. Es

werden daher eher deren Rechtsvorgänger die Mauritius-Kirche im 10./11. Jh.

gegründet haben.

Der Pfarrei Winau entspricht weiter im Lande drinnen die Pfarrei Rohrbach. 795

schenkte Heribold der dortigen Martinskirche Besitzungen im nahen Madiswil.

Die Urkunde wurde in der Kirche selbst ausgestellt, der Schreiber derselben, der

sich als Starcho indignus prespiter bezeichnet, dürfte vielleicht der Pfarrer des

Ortes gewesen sein. Das kostbare Dokument gelangte nach St. Gallen, da dieses

nicht nur viele Güter in Rohrbach besass, sondern auch das Kollaturrecht. Es

dürfte sich daher um eine Kirchengründung der Steinachabtei gehandelt

haben.265

Ebenso alt wie Rohrbach dürfte das in der Nähe der Aare gelegene Zofingen sein,

eine Grosspfarrei, der nicht nur Aarburg, Rothrist und Oftringen, Strengelbach

und Zofingen selbst, sondern auch alles Gebiet westlich bis Murgenthal und

Vordemwald, östlich bis Mühlethal und Walterswil gehörte. Eine

langobardische Türumrahmung mit Kerbschnittornamenten (Rosette,

Flechtband) im Turmerdgeschoss der Stiftskirche scheint noch auf das 9./10.

oder 8./9. Jh. zu weisen, stammt aber von anderswoher, jedoch aus Zofingen

selbst. Die Frage ist, ob nicht die erst

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S. 109: im 19. Jh. abgebrochene Petruskapelle an der Südwestecke des Friedhofs die

eigentliche und erste Pfarrkirche war. Dafür würde sprechen, dass sie noch bis

ins 16. Jh. gewisse Begräbnisrechte besass. Sie wurde von der Stadt wie eine

Pfarrkirche behandelt. Dann wäre die Stiftskirche St. Mauritius erst später

hinzugekommen, vielleicht schon bei der ersten Stiftsgründung im 10. Jh., sicher

aber bei der späteren gegen Ende des 12. Jh.266 Südlich von Zofingen liegt

Richenthal, dessen Kirche 1036 von Ulrich I. von Lenzburg dem Stifte

Beromünster geschenkt wurde. Es war also eine Eigenkirche der Lenzburger,

wohl Arnolds (972-76) oder Ulrichs I. (gest. ca. 1045/50) selbst.267 Für diesen

Zeitansatz spricht auch das Patrozinium der hl. Cäcilia, 1314 belegt, denn deren

Kult kam gerade anfangs des 9. Jh. in Rom durch Reliquienübertragungen in die

neue römische Basilika erst recht auf und verpflanzte sich noch im gleichen

Säkulum nach Köln und St. Gallen.268 Vielleicht eher etwas später, aber noch im

11. Jh., ist Uffikon von den Lenzburgern gegründet worden, da deren Eigenstift

Beromünster 1173 drei Viertel der Rechte dieser Pfarrei innehatte.269

Südwestlich von Richenthal und Uffikon liegt Grossdietwil. Schon ihr Umfang

ist auffällig, gehörten doch dazu Altbüron, Fischbach, Ludligen, Reiferswil im

Kanton Luzern, ferner Melchnau, Gundiswil, Fribach und Reisiswil, im Kanton

Bern gelegen. Auf das Alter weist ferner die Krypta der früheren Pfarrkirche,

eine kreuzförmige Stollenkrypta, die als frühmittelalterlich bezeichnet werden

kann und Ähnlichkeit mit der Einhardskrypta in Steinbach hat. Sie zeigt wohl

auf das Grab eines Adeligen.270 Nicht so alt dürfte Ettiswil sein, doch immerhin

noch auf das erste Jahrtausend zurückgehen. Seliger von Wolhusen,

ursprünglich wohl aus dem Lenzburger Grafengeschlecht, vermachte noch als

Ritter um 1070 dem Kloster Einsiedeln nicht nur einen Hof, sondern auch damit

die Rechte des Kirchenpatronates.271 Das südöstlich davon gelegene Buttisholz

gehört in den gleichen chronologischen Zusammenhang. Ulrich I. von Lenzburg

schenkte 1036 ein Drittel der dortigen Kirche dem Stifte Beromünster.272

Endlich erwähnen wir Willisau, dessen erste Kirche Petrus und Paulus zu

Beschützern hatte und vielleicht schon 10./11. Jh. entstanden ist.273

Schliessen wir hier noch das Gebiet um den Sempachersee an. Die

Ausgrabungen in Sempach haben eine Kirche um die Jahrtausendwende an den

Tag gebracht, ferner eine noch ältere. Man wird also wohl eine

frühmittelalterliche Martinskirche annehmen dürfen. Am Nordende des Sees, in

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Sursee, entdeckte man einen germanischen Sippenfriedhof des 8.-10. Jh. Die

dabei gefundene ecclesia inferior scheint dem 10. Jh. anzugehören. Sie wurde

aber schon bald durch die ecclesia superior, die Kirche in Oberkirch, ersetzt, die

urkundlich 1036 gesichert ist. Vermutlich hat die gefährdete Lage der ersten

Kirche Anlass zur zweiten gegeben. Im Amt Sursee liegt das luzernische

Pfeffikon, dessen Kirche nicht weniger als 13 Siedlungen zu betreuen hatte. Die

Kirche ist wahrscheinlich eine Gründung der

S. 110: Lenzburger, wofür das Mauritiuspatrozinium sprechen konnte. Sie wird 1045

dem Kloster Beromünster bestätigt.

Wir haben uns damit etwas weit vom Aareufer entfernt, das wir wieder

aufsuchen müssen, indem wir die Richtung auf Olten aufnehmen. Zwar liegt

diese Pfarrei nördlich der Aare, interessiert uns aber doch als altes Gegenstück

zu Solothurn. Der Umfang des glockenförmigen Kastells aus spatrömischer Zeit

entspricht in etwa der mittelalterlichen Stadt. Dort, wo heute der Martinsturm

steht, stand wohl auch die frühere Martinskirche, die «noch in das bewohnte

Castrum hineingegründet wurde» und vielleicht eine keltoromanisch-christliche

Gemeinde zu betreuen hatte. Man datiert etwa auf 600.274 Eine grosse Pfarrei

entstand daraus nicht, denn in der Nähe waren Hagendorf und Trimbach, Lostorf

und Starrkirch alte Pfarreien. Nach Starrkirch gelangte man auf der alten Brücke,

die am gleichen Orte wie die römische und heutige Holzbrücke stand. Graf

Ulrich I. von Lenzburg übergab 1036 dem Stifte Beromünster zwei Drittel der

Kirche in Starrkirch. Der in der Urkunde genannte Namen «Starchenchilcha»,

also Kirche des Starcho, deutet darauf hin, dass die Kirche Starrkirch-Dulliken

schon längere Zeit vor 1036 existierte.275 Am südlichen Ufer der Aare liegt auch

Gretzenbach, das früher Kirchberg in der Weid hiess und im Mittelalter einen

sehr grossen Bezirk zu betreuen hatte. Die Kirche ist zwar erst 1220 urkundlich

belegt, allein indirekt schon vorher bezeugt. Das Kloster Werd wurde 778 «in

fine Grezzinbach» umschrieben, was vielleicht bedeuten konnte, dass

Schönenwerd in der Pfarrei Gretzenbach lag. Das Kloster konnte die Pfarrei erst

1358 inkorporieren. Somit dürfen wir möglicherweise die Petruskirche von

Gretzenbach ins 7. Jh. datieren.276

Von Schönenwerd ist nur ein kleiner Sprung nach Aarau. Die Ausgrabungen auf

dem sogenannten Aarauer Telli brachten vieles an den Tag. Die Diskussion über

das Alter der gefundenen Kirche und der Gräber ist noch im Fluss, so dass kein

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abschliessendes Ergebnis vorliegt. Immerhin bestand zumindest eine Pfarrei um

die Jahrtausendwende.277

Eine dauernde kirchliche Organisation beginnt im Süden davon erst mit der

Mauritiuskirche in Suhr, die auf einem weithin sichtbaren Hügel erbaut war.

Eine neu ausgegrabene Kirche mit halbrunder Apsis wird in den Anfang des 8.

Jh. datiert.278 Die Gräber zeigen uns, dass der dazugehörige Friedhof für

Alemannen bestimmt war, nicht für Romanen, wie das bei der Aarauer

Ausgrabung zutraf.279 Diese erste Kirche dauerte bis ins 11. Jh., in welcher Zeit

eine neue romanische gebaut wurde. Auch der Umfang der Pfarrei Suhr verrät

ihr Alter. Sie ging im Norden bis an die Aare, umfasste also auch die heutigen

Gebiete von Aarau, Buchs und Rupperswil, im Westen reichten ihre Grenzen bis

Hunzenschwil, im Süden bis Muhen, im Osten bis Ober- und Unterentfelden,

wirklich eine Grosspfarrei von 9-10 Siedlungen.280 Sie löste sich langsam

dadurch auf, dass Eigenkirchen in ihrem

S. 111: Gebiete errichtet wurden. So schenkte Otto I. 965 dem Kloster Disentis einen

Eigenhof in Oberentfelden.281 Vielleicht bestand hier schon eine Eigenkirche

des 9. Jh., die der Ortsadel gegründet hatte, wahrscheinlicher ist jedoch, dass erst

das rätische Kloster eine Eigenkirche gründete. Aarau besass um 1240 in der

Zeit der Stadtgründung eine Kirche, die bereits 1283 das Pfarrwahlrecht

erhielt.282

Durchgehen wir auch die südlich von Suhr gelegenen Pfarreien, wobei freilich

Kölliken, Schöftland und Triengen vorläufig nur allgemein dem 11./12. Jh.

zugewiesen werden können, hingegen dürfte Reitnau ins 10. Jh. hineingehören,

denn die Grafen von Lenzburg vergabten den dortigen Hof und den Kirchensatz

vor 1045 ihrem Hauskloster Schänis.283

Im Osten von Suhr, an den Ufern des Aabach, können wir eine alte Pfarrei auf

dem Staufberg feststellen, zu welcher nicht nur Staufen und Lenzburg, sondern

im Westen auch Schafisheim, im Norden Niederlenz und sogar

Möriken-Wildegg (Kirche des 12. Jh.) und im Süden Vorderdottikon gehörten.

Die Kirche kann aber nicht älter als um die Jahrtausendwende datiert werden,

weil sie dem hl. Nikolaus geweiht ist und weil sie eine Gründung der Grafen von

Lenzburg zu sein scheint, die erst Ende des 10. Jh. auftreten. Aber zu dieser

chronologischen Ansetzung passt, dass man noch in der Kirche «vorromanische

Mauern» gefunden hat. Das südlich davon gelegene Seon dürfte eine

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Habsburgerstiftung des 11. oder 12. Jh. sein. Eher später als Seon kann man

Seengen ansetzen, eine Pfarrei, die alle Dörfer am Ost- und Nordende des

Hallwilersees umfasst und vielleicht eine Gründung der Freiherren von

Eschenbach ist, welch letztere im Verlaufe des 12. Jh. ins historische Blickfeld

vorrücken. Das östlich von Seengen gelegene Sarmenstorf dürfte ebenfall eine

Eigenkirche des 11./12. Jh. sein.284

h. Das Gebiet an den Reussufern

Wir haben vom spätrömischen Bischofssitz Windisch am Aareübergang

auszugehen. Die Marienkirche lag wohl innerhalb des Castrums, aber die

«Landpfarrei» gestaltete sich erst langsam, wohl erst um die neue Martinskirche.

Deren Alter verrät die Inschrift auf der sogenannten Martinstafel, die wohl dem

7. Jh. zuzuweisen ist. Der dort mit Bischof Ursinus genannte Detibald dürfte der

weltliche Eigenkirchenherr der Martinskirche gewesen sein. Die Pfarrei dieses

Gotteshauses umfasste das ganze Gebiet zwischen Aare und Reuss bis Brunegg,

also neben Brugg auch Schinznach-Bad und Birr, Scherz und Lupfig, ferner

Mülligen und Hausen.285 Am frühesten entwickelte sich Brugg, schon durch den

Namen als Verkehrsbrücke hervorgehoben, das sich von einer germanischen

Siedlung des 7. Jh. zu einer von den Habsburgern errichteten Stadt des 13. Jh.

entwickelte. Die Nikolauskirche kann des Patroziniums wegen nicht vor der

Jahrtausendwende entstanden sein. Die linksufrige Vorstadt von Brugg gehörte

zur Grosspfarrei Rein nördlich der

S. 112: Aare, deren Leodegarskirche wohl schon im 9. Jh. stand und die sich wie ein

Gegenstück zur Martinskirche von Windisch ausmacht. Das gleiche gilt von der

Pfarrei Kirchdorf (bei Baden), die auf dem rechten Ufer der Limmat das

Siggental betreute.286 Windisch war offenbar in vorkarolingischer Zeit einfach

das Zentrum des Christentums, ohne damals eine eigentliche abgegrenzte Pfarrei

zu bilden, in karolingischer Zeit entstanden dann auf ihrem

Ausstrahlungsgebiete einzelne Pfarreien, wie Rein und Kirchdorf an den

gegenüberliegenden Ufern zeigen.

Der Reuss aufwärts stossen wir auf die Kirche des hl. Johannes Ev. in Mellingen,

die wohl einst die Grafen von Lenzburg in der zweiten Hälfte des 10. Jh.

gegründet haben.286a Von den Lenzburgern kam sie an das Stift Schänis, in

dessen Besitz sie 1045 erscheint. Auch die Martinskirche in Niederwil (Bezirk

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Bremgarten) wurde dem gleichen Kloster 1045 bestätigt. Neue Ausgrabungen

haben einen Bau aus der Jahrtausendwende blossgelegt.287 Auf der

gegenüberliegenden Uferseite liegt Eggenwil, dessen Laurentiuskirche wohl

eine Gründung der Habsburger aus dem 11./12. Jh. sein dürfte. Nach neueren

Anschauungen wird Eggenwil wie auch Bremgarten als Aussenposten der

Markkirche in Oberzufikon angesehen, über die jedoch nahere Nachrichten über

Patrozinium und Alter fehlen.288 Die Kirche im nahen Wohlen dürfte vielleicht

auf die im 12. Jh. auftretenden Edlen von Wohlen, die habsburgische

Dienstmannen waren, zurückgehen. Ob sie früher zur Markkirche in Göslikon

gehörte, mag dahingestellt bleiben.289

Sicher ins 10. Jh. hinein kommen wir mit der Pfarrkirche in Muri, so wie sie vor

der Klostergründung von 1027 bestand. Die im 12. Jh. entstandenen Acta

Murensia nennen sie ausdrücklich «baptismalis ecclesia» und schreiben ihr als

«barrochia» nicht nur das Gebiet von Muri und Waltenswil, sondern auch von

Buttwil und Geltwil auf dem Lindenberg zu. Errichtet hat diese Kirche der

Ortsadel, der aber schliesslich alle Rechte an Lanzelin von Altenburg (t991), den

Vater des Habsburgers Radbot, abtreten musste. Es scheint dies auf eine

gewalttätige Art geschehen zu sein (tam juste quam iniuste). Radbot und seine

Gemahlin Ita gründeten nun 1027 in Muri ein habsburgisches Eigenkloster. Die

alte frühere Taufkirche wurde mit der Erlaubnis des Bischofs von Konstanz

abgebrochen und die neue Klosterkirche gebaut, die in erster Linie für die

Mönche da war, während man für die Leute eine obere Kirche zu Ehren des hl.

Goar errichtete. Anfänglich hatte aber die Klosterkirche die Pfarrechte noch im

12./13. Jh. inne, genau wie bei Engelberg, bis dann später die Goarkirche zu

diesen Privilegien kam.290

Westlich von Muri finden wir in Oberschongau eine Kirche der Muttergottes,

die in der Schenkung der Lenzburger an Beromünster von 1036 genannt wird.

Man wird also eine Eigenkirche der Lenzburger des 10. Jh. vermuten. Südlich

davon liegt Hitzkirch, dessen Pankratiuskirche in der gleichen zitierten Urkunde

von 1036 erscheint. Ob wir die Kirche weiter als ins 10. Jh. datieren dürfen,

müssen erst Grabungen und Forschungen zeigen. Liegt Hitzkirch am Nordende

des

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S. 113: Baldeggersees, so Hochdorf am Südende. Auch diese Martinskirche wurde 1036

von den Lenzburgern an Beromünster geschenkt. Die Tradition, dass sie 962 von

einem Konstanzer Bischof geweiht worden sei, ist nicht unglaubwürdig.291

Beromünster selbst wurde durch die zitierten Schenkungen Ulrichs des Reichen

vom Jahre 1036 gefestigt, nachdem es von dessen Eltern ins Leben gerufen

worden war. Neben der Stiftskirche St. Michael gab es noch eine eigene

Pfarrkirche St. Stephan, die im Dokument von 1036 als ecclesia inferior

erscheint. Daneben haben wir noch eine Peterskirche zu erwähnen, einen

kreuzförmigen Zentralbau, der vielleicht auch aus dem 10. Jh. stammt. Die

Pfarrei, die für die Gemeinde Gunzwil sorgte, entwickelte sich mithin

gleichzeitig mit dem Ausbau des Stiftes und war dessen Eigenkirche.292

Bevor wir nach dem alten Cham am Zugersee vorstossen, sollen noch zwei

frühmittelalterliche Kirchen erwähnt werden, die nördlich davon liegen, nämlich

Mettmenstetten und Knonau. Bei beiden haben neue Ausgrabungen ganze oder

teilweise Grundrisse zutage gefördert, die um 900 datiert werden dürfen. Die

Kirche Mettmenstetten ist den Apostelfürsten Petrus und Paulus geweiht. Da das

Patronatsrecht bis 1243 dem Kloster Murbach gehörte, liegt hier dessen Einfluss

vor, denn diese elsässische Abtei nannte neben St. Leodegar den hl. Petrus als

Patron, wie wir aus einer Urkunde von 840 wissen. Zum Alter passt auch die

ausgedehnte Pfarrei, die sich vom Türlersee bis zur Lorzemündung erstreckte,

also Augst, Unterrifferswil und Maschwanden umfasste. Südlich von

Mettmenstetten liegt Knonau, dessen Sebastianspatrozinium auf Schänis

zurückgeht, in welchem Stifte der Heilige seit der Gründung am Anfange des 9.

Jh. hoch verehrt wurde. Die Knonauer Kirche erscheint ja auch 1045 im Besitze

dieses Damenstiftes.293

Ältere Belege als diese beiden Kirchen hat Cham aufzuweisen, da dessen Hof

König Ludwig 858 dem Fraumünster übergab. Diesem erst kurz vorher

gegründeten Institut hatte der Herrscher schon 853 den Gau Uri geschenkt. Der

Hof wird wiederum in der Passio Meginrati um 900 erwähnt, nicht in dem Sinne,

dass Meinrad dort gewesen wäre, sondern nur insofern, um die Grösse des

Forstes zu bezeichnen, der vom Zürichsee bis zum Chamer Hof ging.294 An sich

ist mit diesen Zeugnissen noch keine Kirche belegt, denn die Urkunde von 858

erwähnt Kirchen nur allgemein in der Pertinenzformel. Aber wir wissen, dass ja

auch die Urkunde von 853 für Uri keine Kirche meldet, aber 857 werden dann

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doch die Kirchen von Bürglen und Silenen an Zürich geschenkt. Vermutlich war

mit dem früheren Königshof, der also schon vor 858 existierte, eine Eigenkirche

des Königs verbunden.

Nach heutiger Ansicht lag das Zentrum des Meierhofes auf der geschützten

Landzunge, wo man die alte Kirche St. Andreas mit eingezogener Apsis fand,

die man als karolingisch anspricht. Im Chore entdeckte man ein leeres Grab, das

wohl den Stifter der Kirche barg. Das Andreaspatrozinium hat für die

frühmittelalterliche

S. 114: Zeit keine Schwierigkeit, wurde doch der Petrusbruder schon in den Juraklöstern

des 5./6. Jh. verehrt. Auch geht die Kirche St. Andreas zu Ruis etwa auf das 7. Jh.

zurück. Aber die eigentliche Pfarrkirche war St. Jakob auf dem Kirchbuel, die

jedenfalls noch 1348 ihre Rechte ausübte. Der plebanus de Chamo von 1219

wird hier seinen Dienst verrichtet haben. Auch das Jakobspatrozinium kann alt

sein, wenn es auch nicht so verbreitet war wie dasjenige des hl. Andreas.295

Vielleicht sind beide Kirchen früh anzusetzen, die eine ursprünglich als

Eigenkirche eines Ortsadeligen, die andere als Eigenkirche des Königs und dann

des Fraumünsters. Dass der Andreastag als der volkstümlichere galt, ist leicht zu

erklären, da der 30. November für die Bauern sehr günstig lag. Dass es sich um

eine beträchtliche Pfarrei handelt, zeigen die Grenzen, die fast alles umfassen,

was zwischen Sins, Knonau und Baar lag. Sogar Meierskappel (LU) im Westen

des Zugersees gehörte früher zur grossen Pfarrei Cham.

Eine viel grössere Pfarrei scheint Baar gewesen zu sein. Sie erstreckte sich im

Westen bis Steinhausen, im Norden bis Kappel und Hausen am Albis, im Osten

bis Menzingen und Hinterburg. Wer hat die Kirche des hl. Martin erbaut? Das

Kloster Schänis besass 1045 hier einen Hof, der 1128 an die Habsburger

überging, die auch 1243 das Patronatsrecht innehatten. Man erklärt sich die

Entwicklung nun so, dass dieses Recht von den Lenzburgern, welche Vögte von

Schänis waren, auf die Kyburger und schliesslich auf die Habsburger übertragen

wurde. Aber die Kirche kann noch älter sein als die Lenzburger. Nach einer

Tradition hatte Karl III. im Jahre 876 bei der Gründung der Kirche, die auf

Boden der Fraumünsterabtei errichtet worden wäre, mitgeholfen.296 Jedoch lässt

sich darauf verweisen, dass schon der Ortsname Baar auf einen alten Mittelpunkt

hindeutet und dass man daher eine ähnliche Datierung wie bei Cham wagen darf.

So käme das 8. Jh. in Betracht.

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St. Verena in Risch am Westufer des Zugersees gehörte 1159 dem Kloster Muri,

genauer gesagt: Drei Teile gehörten den Murensern. Da Muri von den

Habsburgern gestiftet worden ist, war wohl die Kirche deren Verdienst. Sie

waren es wohl, die auch den restlichen Teil behielten.

Eine bedeutende Pfarrei war St. Michael in Zug, zu welcher im Mittelalter das

ganze Gebiet zwischen Baar und Arth, zwischen Ägerital und Cham gehörte.

Die Kirche lag an einem Berghang in geschützter Lage. Ihre erste Form weist

aber nur eine langrechteckige Kapelle auf, die vielleicht ins 10./11. Jh. datiert

werden kann. Erst um 1200 entstand die eigentliche Stadt am Seeufer, für deren

Bevölkerung eine Marienkirche errichtet wurde, urkundlich 1266 genannt. Sie

hatte die Funktion einer Pfarrkirche, denn sie besass das Taufrecht für die

Kinder und hatte auch einen kleinen Friedhof in unmittelbarer Nähe.

Viel problematischer ist die Entstehung der Pfarrei in Oberägeri. Nach einer

Mitteilung von Gilg Tschudy hatte Graf Cuno von Lenzburg dem Kloster

S. 115: Einsiedeln hier Land geschenkt. Das ist insofern richtig, als Einsiedeln im 10./11.

Jh. Besitz und später das Patronatsrecht hatte. Vielleicht ist aber diese Tradition

in ihrer Gänze glaubwürdig. Denn das Petruspatrozinium, das in Oberägeri

auftritt, weist ja auf die Lenzburger hin. Wäre es nicht möglich, dass die

Lenzburger zuerst Besitzungen hatten und daher auch eine Kirche errichteten,

die dann später an Einsiedeln überging? Dann würde man eine Eigenkirche des

10. Jh. annehmen. Nach einem späteren chronikalischen Bericht wäre die Kirche

um 876 entstanden, ähnlich wie diejenige von Baar (siehe oben).

i. Das linke Ufergebiet des Zürichsees

Das Christentum konnte in Zürich an die alte Siedlung Turicum und das

römische Castrum auf dem Lindenhof anknüpfen. Sie lagen am linken

Limmatufer. Hier entstand wohl schon im 5. Jh. eine christliche Gemeinde,

deren Kirche St. Peter nahe dem Castrum war.297 Genannt wird die Peterskirche

erst 857, als Berold das Beneficium der Kirche erhielt. Sie stand unter der

Äbtissin des im 9. Jh. gegründeten Fraumünsters, welche den königlichen

Lindenhof innehatte und dort auch gerne residierte und damit die Würde der

Peterskirche unterstrich. Die Pfarrei entwickelte sich erst langsam und umfasste

wohl zuerst das nächstgelegene Gebiet der heutigen Quartiere Aussersihl und

Enge, dann überhaupt die ganze Landschaft von Schlieren und Altstetten,

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Uitikon und Wiedikon, ja auch wahrscheinlich Kilchberg mit dem von ihm

abhängigen Wollishofen. Zum Sprengel von St. Peter gehörten also nur

Siedlungen, die auf der linken Uferseite von Limmat und See lagen. Das

Fraumünster selbst hatte keine Pfarrei, sondern begnügte sich mit dem Patronat

über St. Peter, das ja so nahe war. Später schuf es für seine Angehörigen und

Ministerialen eine sogenannte Personalpfarrei, die erst im 13. Jh. belegt ist.

Der Friedhof des römischen Turicum lag ausserhalb der Siedlung, auf dem

rechten Limmatufer, genau an dem Platze, wo heute das Grossmünster steht,

dessen Plateau bis zur Tiefe von 7 Metern von menschlichen Knochen

durchsetzt ist. Hier wurden auch die Christen begraben, so jene spatrömischen

einheimischen Martyrer, deren Andenken sich über die unruhige

Völkerwanderungsepoche des 5.-6. Jh. hinaus erhielt. Sicher stand dort im 9. Jh.

eine Kirche zu Ehren von Felix und Regula, also eine Gedächtniskirche, an die

sich ein Chorherrenstift anschloss. Im 10. Jh. gehörten zunächst die näheren

Gebiete von Fluntern, Hirslanden und Hottingen dazu, dann die weiter

entfernten, die einen Bogen darstellen, der sich von Wipkingen über Oerlikon

nach Schwamendingen und Witikon, dann nach Trichtenhausen und schliesslich

nach Zumikon und Zollikon erstreckte. Auch hier wieder die genaue

Konzentrierung auf die rechte Uferseite von Limmat und See. Es zeigte sich,

dass gerade diese Pfarrei seit dem 9./10. Jh. die frühere des hl. Petrus an

Bedeutung übertraf.

S. 116: Die Kirchen auf dem linken Seeufer entstanden alle erst nach der

Jahrtausendwende, so St. Peter in Kilchberg, das auch die Gegend von

Rüschlikon, Wollishofen und Adliswil umfasste. Vielleicht wurde die Kirche

erst Mitte des 12. Jh. errichtet. St. Martin in Thalwil betreute auch Langnau

südlich von Adliswil am Fusse des Albis. Die Abtei Muri hatte sicher seit 1159

die Kirche inne. Am wichtigsten war Horgen, das die «beste Schifflände am

Zürichsee» besass und am Wege nach dem Gotthard lag. Das Fraumünster hatte

hier schon 952 Besitz und erscheint 1247 als Inhaberin des Patronatsrechtes.

Vielleicht hat der Frauenkonvent die Kirche gestiftet, jedoch erst Mitte des 12.

Jh. Die Marienkirche in Wädenswil ist wohl eine Eigenkirche der Freiherren von

Wädenswil. Da deren Burg und Besitz bei Richterswil lagen, gründeten sie im

13. Jh. die dortige Martinskirche, zu der auch ein Teil des Dorfes Wollerau

gehörte.298

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Die späte Entwicklung am untern Seeufer überrascht nicht. Hier befand sich ja

ein grosser Königsforst, den erst Ludwig der Deutsche 853 der Fraumünsterabtei

übertrug (forestam nostrum Albis nomine). Die Meinradsvita, die inhaltlich um

900 in der Reichenau entstand, schildert uns die Landstriche zwischen Etzel,

Sihl und Cham als heremus und solitudo, als wilde und einsame Gegend.299 An

der Stelle, wo Meinrad (gest. 861) seine Klause hatte, errichteten erst die beiden

Strassburger Kanoniker Benno und Eberhard 934 ein Kloster, das nicht ohne

Grund bald als Einsiedeln in die Geschichte einging. Bischof Konrad von

Konstanz weihte die Klosterkirche ein, womit der Zusammenhang mit dieser

Diözese betont wurde. Sie war aber keine Eigenkirche des Bischofs, sondern

eher des Abtes. Das Kloster war auf einem Boden erbaut, den der Herzog

Hermann von einigen Getreuen erhalten hatte. Da aber Otto I. das neue Kloster

reich beschenkte (947, 949, 952 usw.), freie Abtswahl und Immunität verlieh,

sah er es gleichsam als königliches Eigenkloster an. Trotz der Klostergründung

blieb die Gegend gesamthaft gesehen unbewohnt. Deshalb bat Abt Wirunt von

Einsiedeln den sich in Zürich aufhaltenden Kaiser Heinrich II. im Jahre 1018 um

Überlassung des ganzen Gebietes, das nach damaliger Anschauung als Einöde

dem Staate gehörte (ut quandam silvam inviam et incultam et ob hoc nostrae

proprietati deputatam).300 Eine beachtenswerte Bevölkerung kann wohl erst für

das 11./12. Jh. angenommen werden. Anfänglich sorgte der Kaplan des Abtes

für sie, der capellanus abbatis, wie er für 1194 belegt ist. Der 1299 genannte

plebanus capelle S. Marie - capella im Sinne von Kirche - durfte ein eigentlicher

Leutpriester gewesen sein.301 Es ist daher wohl anzunehmen, dass eine Pfarrei

um 1200 entstand.

Welch ein grosser Unterschied zur kirchlichen Organisation auf dem rechten

Seeufer! Schon im Raume östlich der Stadt Zürich drang der St. Galler

Streubesitz bis zum Gebiete bei dem Greifensee vor. Das kirchliche Zürich kam

zu spät.302 Dann entstanden hier im Ufergebiet und im Hinterland schon sehr

früh im Anschluss an die römischen Verkehrswege christliche Gotteshäuser, so

Kempraten

S. 117: wohl noch in spätantik-rätischer Zeit, dann St. Arbogast in Oberwinterthur und

St. Benignus in Pfäffikon (ZH) sowie St. Dionys bei Wurmsbach in

burgundischer Zeit. Der fränkischen Gruppe des 7./8. Jh. sind Illnau, Hinwil,

Dürnten und Meilen zuzurechnen. Die Kirchen von Männedorf und Busskirch

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sind als Dotationsgut für Pfäfers ins 8. Jh. zu erkennen. Auch das Gotteshaus in

Eschenbach dürfte schon Anfang des 9. Jh. bestanden haben. Zwischen 930 und

958 gründete die Herzogin Reginlinde, die Gemahlin des Herzogs Burkhard, die

Verenakirche zu Stäfa, die wohl zuerst nur für die Leute auf dem Besitztum der

Herzogin zu sorgen hatte, aber vielleicht doch bald auch Pfarrei wurde.303 Alles

in allem ein ganzes System von Pfarreien schon in frühmittelalterlicher Zeit.

Die Reihe der alten Pfarreien, die wir im Norden des Sees finden, setzte sich

aber am Beginn des Zürichsees auch am Südufer fort, denn dort treffen wir

wieder zwei frühmittelalterliche Urpfarreien, nämlich Ufenau und Tuggen.

Zuerst die Ufenau, eine Insel, die ihren Namen von der Ansiedlung des

Alemannen Ubal Ufo hat, ein Zeichen, dass hier der kirchliche Einfluss erst

später kam, denn sonst hatten wir einen rein kirchlichen Namen für die Insel

erwarten können.304 Die älteste Kirche auf der Ufenau war dem hl. Martin

geweiht, die wohl Anfang des 8. Jh. entstanden ist. An das Gotteshaus schloss

sich ein regelmässig angelegter Friedhof für die Alemannen an. Im 10.1h. fand

eine Schwergewichtsverlagerung der Pfarrei statt, deren Zentrum nun die 70

Meter entfernte neue Petruskirche wurde. Sie verdankt ihr Entstehen der

Herzogswitwe Reginlinde (gest. 958), der Mutter des hl. Adelrich (gest. 973),

war also eine Eigenkirche, die der Adel für das Volk schuf. Das

Petruspatrozinium erinnerte wohl an die Petruskirche in Zürich. Ein

Zusammenhang mit dem gallorömischen Tempel, dessen Fundamente man

unter der Kirche fand, besteht nicht, denn die Mauern der beiden Gebäude liegen

nicht aufeinander, es lebte keine Kontinuität weiter, sondern es war eine

Neuschöpfung.305

Die Pfarrei St. Martin aus dem beginnenden 8. Jh. erhielt zuerst einen Hof am

nächstgelegenen Südufer, nämlich Pfäffikon «Hof des Pfaffen». Dann aber

betreute der Inselpfarrer wohl das ganze Gebiet von Wädenswil bis Altendorf.

Der Grossteil der Pfarrei lag also am Südufer, nur der kleinere Teil am Nordufer

(z.B. Hombrechtikon). Uns interessiert, wie sich die Uferpfarrei langsam

auflöste, wobei wir von Westen nach Osten gehen. Wie schon berichtet, durfte

Wädenswil sich erst im 12. Jh. getrennt haben, Richterswil so gar erst im 13. Jh.

In Freienbach wurde 1150 eine Nikolauskapelle gebaut, aber erst 1308 trennte es

sich vollständig. Dabei umfasste die neue Pfarrei nicht nur das Dorf Freienbach,

sondern auch Wollerau und Pfäffikon samt zehn andern Siedlungen. Altendorf

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wurde erst um 1100 vom Grafen Heinrich von Rapperswil gegründet, dem

Vetter des damaligen Einsiedler Abtes Rudolf. Die Kirche hat man neuerdings

ausgegraben und darin vier Totenbestattungen festgestellt. Es handelt sich wohl

um Angehörige der

S. 118: Rapperswiler-Familie, die sich als Eigenkirchenherren im Gotteshaus begraben

lassen durften.306

Auf unserem Wege treffen wir Wangen, das nicht mehr zur Ufenau-Pfarrei

gehörte. Die Kirche, die schon 844 belegt ist und dem hl. Columban geweiht war,

entstand spätestens um 800, gegründet von der Grundherrenfamilie des Riker.307

Am See liegt Nuolen, dessen Margarethenkirche 1045 dem Kloster Schänis

übergeben wurde. Man darf an eine Kirche des 10. Jh. denken, nicht ohne

hinzuweisen, dass damals das Margarethen-Patrozinium erst seinen Siegeszug

antrat. Es handelt sich auch hier um eine kleine Eigenkirche eines bescheidenen

Grundherren.308 Vermutlich gehörten Nuolen wie Wangen einst zur Pfarrei

Tuggen, der wir unsere Aufmerksamkeit schenken.

Das Christentum in Tuggen und Wangen nahm vom Aufenthalt des hl.

Columban (gest. 615) seinen Anfang. Zwischen diesen beiden heutigen Dorfern

gründete der Ire eine Missionsstation. Zu seinem Leidwesen fand er hier aber

heidnische oder wiederum heidnisch gewordene Kelten oder Keltoromanen

(Gallorömer), die ihm feindlich gesinnt waren. Erst einige Jahrzehnte später

kamen christliche Alemannen hierher und gründeten nicht nur ihre Höfe,

sondern auch eine Kirche zu Ehren Mariens, die man heute wiederum entdeckt

hat. In der mit einer Apsis versehenen Kirche fand man in der Mittelachse ein

Dreiergrab, wohl das Grab der Stifter dieser Eigenkirche oder doch der

wesentlichsten Wohltäter. Vielleicht handelt es sich wiederum um die Sippe der

Beata-Landolt (741).309 Damit waren die Anfänge der Pfarrei gegeben. Aus den

späteren Kapellengründungen und Ablösungen können wir feststellen, dass der

Pfarreibezirk im Süden das Wäggital, ferner Schübelbach und Reichenburg

umfasste, dann im Norden Grynau.310

Der Beata-Sippe wird auch die Gründung von Uznach zugeschrieben, wo man

eine frühmittelalterliche Kirche entdeckte.311 856 ist sie bereits als Galluskirche

nachweisbar. Sie blieb später ausserhalb der neu gegründeten Stadt, wo dann

eine Michaelskirche errichtet wurde (1317).312

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An Tuggen und Uznach schliesst sich die Urpfarrei Benken an. Sie nahm ihren

Anfang mit der Gründung des Klösterleins Benken, das 741 und 744 belegt ist

und von der Reichenau aus errichtet wurde. Auf dieses Kloster weist schon das

Patrozinium des hl. Petrus, der ja nach Maria der zweite Patron des Klosters war.

Der Umfang der Pfarrei war beträchtlich, denn sie ging im Norden nicht nur bis

Oberkirch-Kaltbrunn, sondern auch bis Rieden und Gommiswald, im Osten bis

Maseltrangen. Der ganze Hof Benken bildete die Pfarrei. Aber nicht die

entfernteste Siedlung, wie gewöhnlich, erhielt hier zuerst eine eigene Kirche,

sondern vielleicht die bedeutendste, nämlich Oberkirch-Kaltbrunn, wo um 900

eine Georgskirche errichtet wurde, die wohl aber erst zu Pfarreirechten kam,

nachdem sie Mitte des 10. Jh. dem Kloster Einsiedeln geschenkt wurde. Das

Patrozinium erinnerte an die Kirche von Reichenau-Oberzell.313

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S. 119:

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S. 120: Mit Benken haben wir aber schon das Gebiet der Diözese Chur betreten, so wie

die Grenze seit dem 7. Jh. sich ausgebildet hatte. In römischer Zeit war sie noch

bei Stäfa, jetzt rückte sie zurück bis zum früheren Tuggenersee. Der Beweis liegt

nämlich in der Urkunde von 844, die in Wangen ausgestellt war, welcher Ort als

prope marcha Recie umschrieben wird.314 Wenn F. Perret uns richtig orientiert,

hat man aber Mitte des 10. Jh. noch einen Austausch gemacht. Als Kaltbrunn

damals zu Einsiedeln kam, wurde es zu Konstanz geschlagen, das dafür

Gommiswald an Chur abtrat.315 Hier hatte das Eigenkirchenrecht von Einsiedeln

eine Korrektur der Grenze veranlasst.

Noch ein anderes Gebiet ist Konstanz einverleibt worden, obwohl es früher zum

Churer Bistum gehörte, nämlich Glarus. Auch hier ging der Weg über die

Grundherrschaft. Glarus war Dotationsgut für das im 7. Jh. vom hl. Fridolin

veranlasste Kloster Säckingen. Es mag dies schon im 8. Jh. so gekommen sein,

als Säckingen das Fricktal und dann die Ufenau (ca. 740/750) erhielt. Vielleicht

wurde es von der Beata-Sippe dem Kloster geschenkt.316 Das geschah wohl

weniger darum, um es dem Zugriff der Franken zu entziehen, da ja die

Beata-Sippe frankenfreundlich war, wie ihre Verbindung mit der Reichenau

belegt. Viel eher ist zu vermuten, dass Verkauf oder Übergabe an Säckingen

geschah, weil eine Romreise finanziell hohe Kosten brachte. Wenn auch nicht

gerade als ausgesprochenes Endtal - dafür war es zu gross -, aber immerhin als

Seitental hatte es nicht die Bedeutung von den Siedlungen an der Walenseeroute.

Dass aber Säckingen für seine Leute mit der Zeit eine Kirche gründete, lag auf

der Hand. Auf das Kloster weist ja auch schon das Hilariuspatrozinium der

Glarner Pfarrkirche hin. Nach der Tradition soll sie 1026 vom Konstanzer

Bischof Warmann eingeweiht worden sein.317 Das ist nicht so unbegreiflich,

denn viele andere Kirchen wurden Ende des 10. und Anfang des 11. Jh. errichtet,

wie wir im Verlaufe der Arbeit ersehen konnten.318 Auf jeden Fall machte das

ganze Tal die Pfarrgemeinde aus, auch ein Zeichen, dass das Gebiet noch nicht

so besiedelt war. Daher konnte die Pfarrei Glarus nie den Churer Querriegel, den

die Pfarrei Schänis mit Bilten, Niederurnen, Amden und Kerenzerberg darstellt,

durchstossen und beseitigen.319

Wir sind nun mit unserer Darstellung der Pfarreien Benken und Glarus an die

Grenzen der Diözese Chur gekommen. Bevor wir sie ins Auge fassen, müssen

wir noch den restlichen Teil der Konstanzer Diözese betrachten, der an den

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Ufern des Vierwaldstättersees liegt, von wo aus wir auch wieder zur rätischen

Diözese vordringen werden.

k. Die Ufergebiete des Vierwaldstättersees

Am Ausfluss der Reuss können wir keine alte Pfarrei nachweisen, weder dort,

wo heute Luzern liegt, noch im näheren Umkreis von Root bis Horw.320 Die

Anfänge eines christlichen Zentrums gehen auf das Mitte des 8. Jh. gegründete

S. 121: Benediktinerkloster zurück, wobei die von Pirmin 728 organisierte Abtei

Murbach im Elsass den monastischen Anstoss gab, König Pippin (751-768) aber

die materielle Basis wenn nicht ermöglichte, so doch erweiterte.321 Nach

schweren Schicksalen konnte im Verlaufe des 9. Jh. Wichard das Kloster neu

sichern. Für die wachsende Ansiedlung, die sich um die Abtei gebildet hatte,

wird das Kloster wohl im 11./12. Jh. eine Pfarreiorganisation geschaffen haben.

Die Abteikirche, also die sogenannte Hofkirche, behielt ihre Pfarreirechte auch

dann, als das Kloster unten an der Reuss die Leutpriesterei St. Peter gründete. Es

war die gleiche Zeit, da die Eschenbacher die Stadt ins Leben riefen.

Von Luzern aus erreichte man zur See leicht um das Meggenhorn Weggis. Die

dortige Marienkirche samt Zehnten und einem Hofe gehörte im 9. Jh. dem

Kloster Pfäfers, das diese Güter und Rechte wohl von König Pippin (751-768)

als Dotation bei der Klostergründung erhalten hat. Die Petruskirche in

Küssnacht möchte man gerne dem Frühmittelalter zuweisen, aber bislang fand

man bei Ausgrabungen nur eine Kirche des 11. Jh. Urkundlich wissen wir, dass

Ulrich von Lenzburg 1036 einen Drittel der Kirche an Beromünster schenkte. So

darf man wohl ins 10. Jh. zurückdatieren.

Das Gebiet am linken Seeufer ist bestimmt durch zwei dominierende Kirchen

des 10. Jh. in Sarnen und Stans. Die Petruskirche in Sarnen befand sich 1036 zu

zwei Dritteln in Händen der Lenzburger, die wohl deren Hauptstifter waren. Sie

hatten auch Besitzungen in Kerns und Alpnach (1036). St. Gallus in Kerns ist

wohl ebenfalls eine Gründung der Lenzburger, während bei St. Maria in

Alpnach neben den Lenzburgern noch Murbach-Luzern in Frage kommt, das

dort im 13. Jh. alle Kollaturrechte besass. Sachseln und Giswil erhielten ihre

Kirchen erst nach der Jahrtausendwende.

Wie die Kirche von Sarnen war die von Stans dem Apostelfürsten anvertraut. Da

Edle vom Zürichgau wie die von Regensberg-Seldenbüren und von Russegg im

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11. Jh. den Kirchensatz innehatten, könnten diese auch die Kirchengründer

gewesen sein (Rob. Durrer). Andere Forscher sehen im Petruspatrozinium einen

Hinweis auf die Lenzburger (Th. Graf).322 Zu Stans gehörte das ganze Gebiet der

Engelberger Aa, in dem auf der obersten Stufe 1120 das Kloster Engelberg

gegründet und mit Pfarreirechten versehen wurde. Gegen den See hin

entwickelte sich die Pfarrei Buochs, zu der auch Beckenried gehörte. Vermutlich

ist deren Martinskirche eine Gründung der Abtei Muri im 11. Jh. Weitere

Anlegeplätze am See waren ausser Buochs auch Hergiswil und Stansstad, die

aber beide erst zu Beginn des 16. Jh. Kapellen errichten konnten. Stansstad war

nicht nur der Hafen für Stans, sondern auch die Drehscheibe für den Verkehr

nach Alpnachstad am Alpnachersee und von dort über Alpnach nach Sarnen.

Trotz oder wegen dieser verkehrsgeographisch so ausgezeichneten Lage erhielt

Alpnachstad erst zu Beginn des 18. Jh. eine Kapelle und gehört heute noch zur

Pfarrei Alpnach.

S. 122: Auf dem andern Ufer spielt die gleiche Rolle Brunnen, wo zwar der

Dreiländerbund von 1315 geschlossen wurde, aber erst 1632 eine Kapelle

entstand, die heute noch unter Ingenbohl steht, das aber selbst erst 1618

pfarrherrliche Selbstverwaltung erlangte. Brunnen ist der Landungsplatz für

Schwyz, eine Grosspfarrei, die nicht nur das Gelände unter den Mythen, sondern

auch noch die Täler der Steiner Aa und der Muota umfasste. Im Norden liegt

Steinen, dessen Kirche 1125 geweiht und wohl im 13. Jh. selbständig wurde. Im

Osten finden wir Muotathal, das vermutlich vor 1281 die Pfarreirechte erlangte.

Die Martinskirche in Schwyz selbst wurde 1121 geweiht, aber es muss sich

schon in Hinsicht auf die Kirche von Steinen um eine Neuweihe handeln. Man

wird die Entstehung der Pfarrei Schwyz, auch der neueren Ausgrabungen wegen,

noch um die Zeit von ca. 700 ansetzen dürfen. Wie keine andere Landschaft lud

ja das schwyzerische Hügelgelände zur Besiedlung ein. Schon als Wegstation

nach Uri, wo wir 857 zwei Pfarreien haben, wird Schwyz nicht ohne frühe

Kirche gewesen sein. Dann hatte Pfäfers vor Mitte des 11. Jh. Besitzungen in

Schwyz, die wohl auf das 9. Jh. zurückgehen. Sie hängen mit Weggis zusammen,

wo das gleiche rätische Kloster im 9. Jh. nicht nur Rechte, sondern auch eine

Kirche besass, die wahrscheinlich von König Pippin (751-68) als Dotationsgut

geschenkt wurde.323

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Ausser Schwyz verdient noch Arth erwähnt zu werden, das am Wege von

Brunnen-Schwyz nach Zug-Zürich liegt. Die Georgskirche durfte eine Stiftung

der Lenzburger sein, die 1036 Hof und Kirche dem Vogt von Beromünster

übergaben. Am Platze der heutigen Kapuzinerkirche stand früher eine

Zenokapelle, die 1290 erwähnt wird. Man möchte deren Patrozinium gerne an

die in der ersten Hälfte des 11. Jh. erfolgten Reliquienübertragung von Verona

nach Ulm anschliessen. Doch ist vorläufig noch die Frage offen, da endgültige

Ausgrabungsberichte noch ausstehen. In gewisser Hinsicht ist Arth ein

Gegenstück zu Cham. Das eine liegt am Nordufer, das andere am Südufer des

Zugersees, beide besitzen zwei Kirchen, doch wird man vorläufig noch Arth

eher als die jüngere Pfarrei ansehen müssen.

Von Arth ging der Verkehr vom Zürichsee her über Schwyz und Brunnen nach

Uri. Die älteste Siedlung und Pfarrei lag nicht im Talgrund, der durch den

Ausfluss der Reuss gefährdet war, sondern in geschützter Hügellage, in

Bürglen.324 Wohl zu Anfang des 8. Jh. entstand hier eine Petruskirche, die durch

königliche oder herzogliche Gewalt begründet worden war und im

Zusammenhang mit dem Bistum Konstanz stand, das die Christianisierung der

Alemannen zum Ziele hatte. Vermutlich hat der Reichenauer Abt Eddo hier

seine kurze Exilszeit zugebracht. Die zweite Kirche war St. Alban in Silenen, die

wohl etwa 750-850 gegründet wurde. Beide Kirchen bzw. Pfarreien verschenkte

Ludwig der Deutsche 857 dem Priester Berold. Damit sind sie als Eigenkirchen

genügend gekennzeichnet. Erst später entstand St. Martin in Altdorf, sicher vor

1223, wahrscheinlich im

S. 123: 10. Jh., da Otto I. 952 dem Fraumünster half, die Besitzverhältnisse in Uri neu zu

ordnen. Altdorf wurde dann Residenz, aber es blieb nicht der Landungssteg für

Bürglen. Diese Rolle übernahm Flüelen, das um so bedeutender wurde, je mehr

Land die Reuss anschwemmte, aber mehr verkehrsgeographische als

bevölkerungsmässige Wichtigkeit besass und daher wohl erst im 14. Jh. eine

Georgskirche erhielt und als letzte Tochterpfarrei von Altdorf 1665

Pfarreirechte erlangte.

Wir haben vor der Jahrtausendwende nur drei Pfarreien: Bürglen, das Schattdorf

und Spiringen umfasste, Silenen, das das ganze Tal bis zur Schöllenen betreute,

soweit es besiedelt war, und Altdorf, das alles Gebiet von Erstfeld bis Seelisberg

und Sisikon unter seiner Hut hatte. Die Auflockerung in weitere Pfarreien

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unterblieb im 11.-13. Jh., weil offenbar die Besiedlung des Landes gleich blieb.

Erst mit der Gründung der Eidgenossenschaft und der Gotthardpolitik kam ein

grösserer Zug in die urnerischen Lande. Uri war bis dahin ein Endtal und Silenen

war die Schlusspfarrei im Reusstal, die nur bis Göschenen ging. Hier machte das

Konstanzer Bistum halt. Die Schöllenen gehörte bereits zu Urseren und zur

Diözese Chur, der wir nun unsere Aufmerksamkeit zuwenden.

I. Das Churer Rheintal bis zum Hirschensprung und zur Linthebene

Die Gründung von Pfarreien ging systematisch erst von der Bischofsstadt aus,

hier von Chur.325 Neben der Kathedrale schuf der Oberhirte schon bald die

Martinskirche, welche die spätere obere Stadt (burgus superior) mit

Welschdörfli zu betreuen hatte. Die erste Martinskirche stammt vielleicht schon

aus der Zeit um 600 oder wenig später.326 Von der karolingischen Martinskirche

besitzen wir noch wertvolle Reste (Dreiapsidengrundriss und Blendbogen).

Vielleicht ebenso alt ist die Regulakirche, die seit dem 12. Jh. Pfarreirechte

besass. Als vierte alte Kirche erscheint St. Salvator, die schon in karolingischer

Zeit Pfäfers gehörte und vor 1258 Pfarrei wurde.

Der Plessur entlang wandern wir in das Schanfigg, dessen Talpfarrei wohl in St.

Peter zu suchen ist. Die im karolingischen Reichsurbar genannte Kirche des

Tales dürfte mithin hier zu suchen sein. Das Alter dieser von Chur nicht so weit

entfernten Schanfigger Kirche muss beträchtlich vor das 9. Jh. angesetzt werden,

schon weil wir urkundlich noch von einer Eusebiuskirche des Schanfigg wissen.

Ob sie mit der Desideriuskirche von Maladers identifiziert werden kann, bleibt

noch offen. Nicht nur Maladers, auch Castiel war eine Filiale von St. Peter. Auf

dem Gebiete von Castiel errichteten die Einwohner von Lüen 1084 eine eigene

Kirche, die vielleicht noch keine Pfarreirechte von Anfang an besass. Danach

muss man doch schliessen, dass St. Peter vermutlich ins 7./8. Jh. datiert, von

welchem sich dann Maladers und Castiel vor der Jahrtausendwende

verselbständigten.

Nördlich der rätischen Kapitale liegt der Kreis der fünf Dörfer, deren Urpfarrei

S. 124: St. Peter in Zizers gewesen zu sein scheint. Deren Anfänge darf man in das 7. Jh.

setzen, weil hier im Umkreis mehrere karolingische Kirchen festzustellen sind,

so St. Carpophorus und vielleicht auch St. Sisinnius in Trimmis. Die Kirchen

von Igis und Untervaz waren Dotationsgut von Pfäfers, also wohl schon im

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Frühmittelalter Pfarreien. Beim Einfluss der Landquart werfen wir einen kurzen

Blick ins Prättigau, wo die Johanneskirche des 5./6. Jh. in Schiers Talkirche war.

Man hat auch die Kirche von Küblis, die aber im Mittelalter stets zu Schiers

gehörte, als frühmittelalterlich erklärt. Dann müsste sie entweder früher ein

anderes Patrozinium gehabt haben oder erst im 11. Jh. entstanden sein, als die

Nikolausverehrung und damit das Patrozinium verbreitet wurde. Beim Eingang

des Tales, noch unten in der Rheinebene, dürfte vielleicht St. Cassian in Malans

noch auf die Jahrtausendwende zu datieren sein, nach allem eine Gründung des

Churer Bischofs, in dessen Besitz sich die Kirche im 12. Jh. befindet. Im nahen

Jenins war St. Mauritius der Schützer der Kirche, die man ebenfalls als im

Grundriss frühmittelalterlich ansieht. Vielleicht handelt es sich um die gleiche

Zeit wie bei Malans. Viel älter ist die erste Kirche auf der Luziensteig, wo einst

St. Lucius gepredigt hatte und wo etwa im 7./8. Jh. eine Kirche entstand. Die

Pfarrei umfasste Fläsch und Maienfeld. Während bei Fläsch schon der Patron,

der hl. Nikolaus, eine Datierung nach der Jahrtausendwende empfiehlt, wird die

Amanduskirche in Maienfeld bereits im Reichsurbar um die Mitte des 9. Jh.

belegt, erlangte jedoch erst im Spätmittelalter ihre Selbständigkeit, Fläsch sogar

erst im 16. Jh.

Betrachten wir noch kurz das linke Rheinufer, das heute dem Fürstentum

Liechtenstein und dem Lande Vorarlberg gehört, aber früher kirchlich mit dem

Gebiete auf der heutigen Schweizer Seite eng verbunden war.327 Die Kirche St.

Peter in Balzers-Mals wird im Reichsurbar des 9. Jh. erwähnt. Östlich davon auf

einem aussichtsreichen Punkt sieht man die einzigartige Kirche St. Mamertus in

Triesen, die nach dem Grundriss und dem Patrozinium zu schliessen aus dem

9./10. Jh. stammen könnte. Alle Kirchen des Gebietes übertrifft Schaan, dessen

erste Peterskirche ein Baptisterium aufweist und ins 5./6. Jh. angesetzt werden

kann. Für die Alemannen diente vielleicht im Frühmittelalter die

Laurentiuskirche. Dafür spricht wenigstens die Nähe einer alemannischen

Nekropole des 6./7. Jh.

Während die Schaaner Pfarrei den Rhein nicht überschritt, umfasste Bendern

nicht nur Bendern-Gamprin, Schellenberg und Ruggell, Aspen und Berg,

sondern auch auf der linken Uferseite Sennwald, Salez und Haag. Die Pfarrei

dürfte im 7./8. Jh. entstanden sein und kam wohl schon im 9. Jh. an das Kloster

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Schänis. Als frühe Mitgift von Pfäfers kann die kleine Pfarrei Eschen gelten, die

bereits im Reichsurbar figuriert.

Mit St. Peter in Altenstadt-Feldkirch betreten wir Vorarlberger Boden. Die

Kirche ist sicher älter als ihre erste Erwähnung im 9. Jh., besonders auch im

Hinblick auf Schaan. Aber noch ehrwürdiger dürfte St. Petrus in Rankweil sein,

wahrscheinlich

S. 125: eine bischöflich-churische Eigenkirche, zu welcher sich die königliche

Liebfrauenkirche gesellte, dann noch die Alexanderkirche, alle erwähnt im

Reichsurbar des 9. Jh. Ob Montlingen auf der schweizerischen Uferseite zu

Rankweil gehörte, wird diskutiert. Jedenfalls handelt es sich dort, wie Funde

zeigen, um eine einfache Saalkirche des 8. oder 9. Jh., die eine königliche

Eigenkirche gewesen sein dürfte. Auch Rüthi vor dem Hirschensprung wurde

von Rankweil besorgt. Zu Rankweil ist noch Röthis zu zählen, wo auch der

König ein reichseigenes Gotteshaus gründete, das Karl III. 885 an St. Gallen

schenkte. Der gleiche Herrscher übergab vorher 882 der Steinachabtei auch das

nahe Victorsberg. Vielleicht noch auf Rankweiler Pfarrgebiet stand Götzis, wo

aber erst nach der Jahrtausendwende eine Ulrichskapelle entstand. Wir stehen

hier an den Grenzen der rätischen Diözese.328

Rankweil bedeutete für die rechte Uferseite das, was Grabs für die linke war.

Hier fand der hl. Gallus 612 bei seiner Flucht den Diakon Johannes, der sich

wohl beim Ortspfarrer die priesterliche Berufsbildung holte und der 615 auf

Wunsch des hl. Gallus Bischof von Konstanz wurde. Offenbar war die Grabser

Pfarrkirche, die unter dem seltenen Patrozinium des hl. Bartholomäus stand,

eine einheimische rätische Kirchengründung des 6. Jh. Nördlich und südlich von

Grabs finden sich ebenfalls alte Kirchen, nämlich Gams und Buchs. Gams war

grösser als Grabs, da es das ganze Passgebiet bis Unterwasser zu betreuen hatte.

Im Jahre 835 übertrugen Berengar und Imma diese Kirche dem Kloster St.

Gallen, was ein Zeichen ist, dass es sich um eine Eigenkirche des Berengar

handelte. Südlich von Grabs fällt Buchs auf, früher eine

bischöflich-victoridische Kirche, wie schon ein Zeuge aus Buchs im Testament

des Bischofs Tello von 765 andeutet, aber seit 806 vom Staat beansprucht. Nach

Norden konnte sich das Kirchspiel nicht ausdehnen, da schon das spätere

Städtchen Werdenberg zu Grabs gehörte, jedoch konnte es sich im Süden den

Königshof zu Räfis eingliedern.

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Anstossend treffen wir auf Sevelen, für das im Frühmittelalter keine Kirche zu

belegen ist, erst im Hochmittelalter. Doch konnte eine Kirche, die sich in Rans

befand und die zur Hälfte dem Kloster Pfäfers gehört hatte, wie uns das

Reichsurbar meldet, die erste Kirche von Sevelen sein, die erst später durch eine

Gründung der Prämonstratenser von St. Luzi in Chur abgelöst wurde.329 Darauf

folgt Wartau, dessen Namen kein Dorf führt, wohl aber eine Gemeinde, die

früher acht Dörfer umfasste und daher auch eine alte Missionspfarrei vor der

Jahrtausendwende gewesen sein könnte. Die Martinskirche scheint nördlich der

späteren Burg Wartau gelegen zu haben, wo auch ein alter Friedhof festzustellen

war.

Damit befinden wir uns bereits im Sarganserlande, dessen Pfarreien nun zur

Sprache kommen. An die frühmittelalterliche Laurentiuskirche in Untervaz

schliesst sich die Pankratiuskirche in Ragaz an, die schon vor der um 730/740

erfolgten Gründung von Pfäfers bestand und die erst nachher Eigenkirche von

Pfäfers wurde. Die Abtei selbst errichtete erst um 900 eine eigene Leutkirche St.

S. 126: Evort mit einem Friedhof. Wohl noch dem 6. Jh. gehört die Cassianskirche von

Sargans an. Die Siedlung liegt an der Gabelung der Strasse nach Bregenz-Arbon

einerseits, nach Zürich anderseits. Die Wichtigkeit hebt der mächtige

Constantius von Sargans hervor, der 765 als Wirtschaftsverwalter und

Vertrauensmann des Churer Bischofs Tello erscheint. In der gleichen Urkunde

wird auch Lubucio von Mels als Waffenträger und Zeuge der Churer Victoriden

genannt. In noch helleres Licht setzt das Reichsurbar des 9. Jh. die Pfarrei, denn

es zählt in Mels nicht weniger als 4 Kirchen auf, die sich identifizieren lassen,

zunächst St. Peter in Mels als Pfarrkirche, dann St. Martin in Nidberg, St. Lucius

in Wangs und St. Medard in Vilters. Schon dieser Umstand setzt eine längere

Entwicklung voraus. Darauf weist auch die grosse Ausdehnung hin, erstreckte

sich doch die Pfarrei von Heiligkreuz bis Vilters und bezog noch das ganze Tal

der jungen Seez bis nach Weisstannen ein. Wie Mels so betreute auch Flums

Gebiete auf beiden Ufern der Seez, nämlich Berschis und Tscherlach im Norden

und Flums selbst sowie die Landschaft um die spätere Jakobskapelle im Süden.

Die Laurentiuskirche kann wohl dem 7./8. Jh. entstammen. 881 schenkte sie

Karl III. dem Churer Bischof, der sie vielleicht schon vor 806 innehatte.

Eine grosse Pfarrei war Walenstadt (Riva), zu der alles Ufergebiet des

Walensees gehörte, im Norden bis und mit Quinten, im Süden über Oberterzen

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und Quarten bis zum Kerenzerberg. Wie schon der Luciustitel der Kirche

andeutet, kommt hier eine bischöfliche Kirche wohl des 8. Jh. in Betracht, die

jedoch im 9. Jh. Besitz von Pfäfers war. Diese Abtei besass auch eine Kapelle in

Quarten und sogar eine Kirche in Wyden bei Weesen, wie uns das Reichsurbar

des 9. Jh. notiert.

Noch weiter westlich gelegen ist die Pfarrei Schänis, deren Mittelpunkt die

Galluskirche war. Auf ihrem Gebiete gründete der rätische Graf Hunfrid

(807-823) ein Frauenstift, dessen Sebastianskirche vorläufig nur dem Kloster

diente, später aber im 11. Jh. die Galluskirche ersetzte. Die Pfarrei dehnte sich

bis Amden, Bilten und Niederurnen aus.330

Auf Schänis folgte die Pfarrei Benken, die noch zum Bistum Chur gehörte, aber

wahrscheinlich Kaltbrunn im 10. Jh. an das Kloster Einsiedeln und damit auch

an das Bistum Konstanz abgab, dafür aber möglicherweise Gommiswald erhielt

(S. 118). Die alten Pfarreien Tuggen und Uznach waren ebenfalls schon im

Konstanzer Sprengel. Als letzte Aussenposten Rätiens in dieser Richtung

können die Pfarreien Busskirch (bei Jona) und Männedorf (bei Meilen)

bezeichnet werden, die nach dem Reichsurbar des 9. Jh. zum Kloster Pfäfers

gehörten.331 All dies zeigt, wie sehr hier in der Linthebene die Grenzen nicht ein

für allemal gesetzt wurden, sondern noch bis zum Beginn des Hochmittelalters

beweglich waren.

S. 127: m. Das Gebiet zwischen Vorderrhein und Inn.

Von Chur aus gelangt man nicht nur am Walensee vorbei zur Konstanzer

Diözese, sondern auch über den Vorderrhein aufwärts. Der Weg führt über die

Plessurbrücke nach Ems, dessen alte Pfarrkirche St. Johann nördlich des Dorfes

auf einem Felsen dominiert. Da ausser der Kirche schon 768/813 eine

Peterskirche existierte, wird man die Pfarrkirche ins 7./8. Jh. ansetzen dürfen.

Ems gehörte vielleicht früher zu St. Georg in Rhäzüns, dessen Kirche aus einem.

rechteckigen Schiff mit einer halbkreisförmigen Apsis bestand, die man wohl

dem 6. oder 7. Jh. zuweisen kann. Dort wurde auch begraben, bis man dann nach

dem Bau der jetzigen romanischen Kirche in St. Paul zu Rhäzüns bestattete, eine

Kirche, die erst im Hochmittelalter dazugekommen sein wird. Von

Rhäzüns-Bonaduz aus sieht man auf der Nordseite des Rheins einen ragenden

Felsen, der das ganze Flimser Becken beherrscht, auf dem sich ein kleines

Baptisterium aus der Zeit um 500 befand. Daneben stand die Pankratiuskirche,

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in späterer Zeit vergrössert, die als Crap Sogn Parcazi der Mittelpunkt der

Pfarrei Trins-Tamins wurde. Von dort führte eine alte Strasse nach Flims, dessen

Martinskirche dem Kloster Pfäfers als Dotationsgut übergeben wurde.

Anschliessend entwickelte sich die Pfarrei der Columbanskirche in Sagens (ca.

700), vielleicht eine Gründung der Victoriden, die hier ihren ersten Haupthof

hatten, zu einer typischen Gross- und Urpfarrei. Nördlich des Rheines ging sie

bis Laax, südlich bis Pitasch. Die ganz in der Mitte der Pfarrei liegende

Georgskirche zu Kästris datiert - nach der hufeisenförmigen Apsis zu schliessen

- ins 8./9. Jh. und trennte sich sehr früh von Sagens. Riein, zu dem Pitasch

gehörte, besass eine Kirche im 9./10. Jh., aber keine Pfarreirechte, die erst im 15.

Jh. erreicht wurden.

Zwischen Rhein und Glenner eingeschlossen war die kleine Pfarrei Ilanz, die

schon durch ihre Lage ihre herrschaftliche Gründung offenbart, wohl durch die

Victoriden, die hier ihren zweiten Haupthof hatten. Genannt wird die

Martinskirche erstmals im Tello-Testamente von 765, was eine Errichtung im 7.

Jh. nahelegt, für welche auch der ausgegrabene rechteckige Grundriss der ersten

Kirche sprechen konnte. Sie liegt in der Richtung auf Obersaxen, dessen

Peterskirche im Reichsurbar belegt ist. Ferner zeigt die Lage der Ilanzer

Martinskirche aber noch mehr auf das Lugnezertal, dessen Hauport Pleif (Villa)

den Weg nach Vrin und zu den zwei Pässen Greina und Diesrut betont. Die

ersten Anregungen zum Christentum mögen vielleicht auf diesem Weg von

Süden gekommen sein, nicht aber die eigentliche Organisation, die von Chur

stammte. Die Talpfarrei ist älter als die Eigenkirche von Ilanz und älter als

diejenige von Sagens, die gerade noch den Eingang auf der rechten Talseite

erobern konnte (Riein, Pitasch, Duvin), dann aber stecken blieb, weil das Gebiet

schon «besetzt» war. Die erste Pfarrkirche in

S. 128: Pleif (Villa), dem Hauptorte, mag daher auf das 6. oder 6./7. Jh. datiert werden,

war also eine Vorgängerin der karolingischen Kirche von ca. 800, deren

Dreiapsiden im Grundriss noch erhalten sind. Es ist möglich, ja wahrscheinlich,

dass schon die erste Kirche dem hl. Vincenz von Saragossa geweiht war, denn

neuere Forschung hat dargetan, dass spanisch-westgotische Einflüsse schon vor

und neben Pirmin (gest. 753) auf das westliche Abendland einwirkten. Am

grössten war der literarische Erfolg des hl. Isidor von Sevilla (gest. 636).332 Eine

andere Möglichkeit ist auch schon erwogen worden, dass nämlich die erste

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Kirche dem hl. Johannes dem Täufer geweiht worden sei.333 Die ganze

Wichtigkeit des Tales erhellt der Umstand, dass es im 9. Jh. ausser der

Pfarrkirche noch drei Kirchen zählte.

Dem Lugnez gegenüber trohnt hoch oben die Kirche St. Georg in Ruschein, von

der noch die Kirchen in Seth und in Ladir abhängig waren. Alle drei

Gotteshäuser unterstanden laut Reichsurbar der Abtei Pfäfers. Östlich davon

liegt Fellers, wo sich 765 ein Priester als Lehensmann der Victoriden befand, so

dass sofort die Frage auftaucht, ob hier nicht eine Eigenkirche dieser Churer

Familie vorliegt. Westlich von Ruschein findet sich in der Ebene des Rheins

Ruis mit der Andreaskirche, die das karolingische Kirchenkastell in

Waltensburg und die von Tello erwähnte Siedlung von Andest umfasste und

wohl schon im 7. Jh. entstand. Die folgende Grosspfarrei Brigels betreute das

ganze Gebiet von Dardin bis Obersaxen. Da in Brigels der dritte Haupthof der

Victoriden lag, handelt es sich vielleicht um eine Eigenkirche. Neuerdings hat

man die Marienkirche des 7. oder dann sicher des 8. Jh. ausgegraben, sie stellte

einen rechteckigen Saal mit eingezogener Apsis dar. Vom Hochplateau von

Brigels geht es abwärts zur Rheinebene, wo wir St. Martin in Truns finden, eine

Kirche, die wir schon deshalb ins 7./8. Jh. datieren dürfen, weil sie sich wie die

Nachfolgerin des Kirchleins auf Crepault aus dem 6./7. Jh. macht, die auf der

Südseite des Flusses lag. Von der Trunser Pfarrei trennte sich wohl im 8./9. Jh.

St. Johann in Somvix, die das Wohngebiet bis zum Russeinerfelsen betreute.

Östlich von dieser Grenze erstreckte sich ein grosser Forst, der erst durch das um

750 gegründete Kloster St. Martin zu Disentis gerodet wurde. Die Seelsorge für

die mehr und mehr einströmenden Kolonisten des ganzen Gebietes vom

Russeinerfelsen bis zum Furkahorn lag der Abtei ob. Die entfernteste

Landschaft war Urseren, dessen Columbanskirche Ende des 12. Jh. als schon

lange existierend angesehen wird (Passio Placidi), Columbanskirchen sind

selten und alt, es sei an Sagens (765) und Wangen (844) sowie an Scona bei

Olivone (1205) erinnert. Immerhin war der Kult sowie das historiographische

Andenken des Abtes von Bobbio noch im 11./12. Jh. sehr lebendig. Vielleicht

bestand eine Columbanskirche schon um die Jahrtausendwende, weil Urseren

als Grenzland Rätiens wichtig war. Eine Pfarrei wird wohl erst im 11./12. Jh.

gebildet worden sein, also in der Zeit, in welcher das Kloster die engere Pfarrei

Disentis (mit der Kirche St. Johann im

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S. 129:

S. 130: Dorfe und St. Martin in Medels) und dann auch die Pfarrei Tavetsch mit der

Vigilskirche (1205 eingeweiht) errichtete. So war die Grosspfarrei der Abtei

Disentis um 1200 in drei Pfarreien aufgeteilt: Urseren, Disentis-Medels und

Tavetsch. Die früheste durfte die entfernteste gewesen sein, nämlich St.

Kolumban. Mit Urseren, das stets zum Klosterstaat von Disentis gehörte, sind

wir wieder zu den Grenzen der Diözese Konstanz gelangt, die sich vom Reusstal

her bis Göschenen ausbreiten konnte.

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Ebenso alte Pfarreien wie im Vorderrheintal finden wir auch im Gebiete des

Hinterrheins. Am Eingang stand die Georgskirche von Rhäzüns, eine

merowingische Pfarrei. Daran schliesst sich eine fruchtbare und

verkehrsgeographisch wichtige Landschaft an, in welcher der Bischof von Chur,

wenn nicht schon im 6. Jh., so doch im 7. Jh. zwei Eigenkirchen errichtete, St.

Lorenz in Paspels für die rechte Uferseite, St. Johann in Hochrialt für die linke.

Wir haben also zwei Pfarreien am untern Hinterrhein, St. Lorenz für das

Domleschg auf der Ostseite, St. Johann für den Heinzenberg auf der Westseite

des Flusses. Das Beachtenswerte aber war, dass die Johanneskirche selbst auf

dem rechten Ufer stand, auf einem gegen Überschwemmungen und Überfälle

gesicherten Felsen. Die Brücke zur Kirche, welche zwischen Thusis und Sils lag,

mussten die Heinzenberger unterhalten, da sie für den Kirchgang darauf

angewiesen waren. Als eigene Kirche und wohl auch Pfarrei entstand im 7. oder

7./8. Jh. St. Martin im Felde bei Cazis, die heute noch erhalten ist. Auf der

Ostseite wird sich Tomils-Feldis früh verselbständigt haben, jedenfalls vor 1338,

doch ist ein chronologischer Ansatz schwer zu bestimmen.

Südlich der Via Mala begegnet uns in St. Martin zu Zillis das Zentrum der

Grosspfarrei Schams. Das kleine Baptisterium um 500 und die hufeisenförmigen

Apsiden der karolingischen Kirche heben die Bedeutung der Pfarrei hervor. Zu

dieser gehörte auch die im 9. Jh. belegte Salvatorkirche in Sufers, die mithin

beweist, dass das äussere Rheinwald nach Zillis orientiert war, im Gegensatz

zum inneren oberhalb der Splügenroute, das vom Misox abhing, also von Süden

her, nicht von Schams kirchlich-organisatorisch erfasst wurde. Das veranlasst

uns, gleich über den Bernardin ins Tal der Moesa hinunter zu steigen. Hier

bildeten Misox und Calanca eine frühe Grosspfarrei, deren Sitz in S. Vittore,

wohl in der dortigen Victorskirche, war. Das Alter kann man aus dem noch

erhaltenen zylindrischen Rundbau in S. Vittore, der später St. Lucius geweiht

war, ermessen, der in die karolingische Zeit zu datieren ist. Dementsprechend

muss die Gesamtpfarrei Misox-Calanca eher etwas früher anzusetzen sein. 1219

erscheint Misox in zwei Pfarreien geteilt, eine in S. Vittore, die den unteren Teil

des Misox und das Calanca betreute, die andere in Sta. Maria del Castello. Diese

Teilung dürfte lange vor der ersten Erwähnung von 1219 vollzogen worden sein,

vermutlich noch vor der Jahrtausendwende.

Nun zurück zum Flussgebiet des Hinterrheins, und zwar zum Tale der Albula,

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S. 131: in welches man vom Domleschg durch den Schyn gelangt. Die erste alte Pfarrei

dürfte Obervaz-Muldain sein. Schon die Tatsache, dass ein miles testis de vico

Moldene das Tello-Testament von 765 unterschrieb, ist auffallend. Dann belegt

das Reichsurbar eine königliche Eigenkirche in Zorten-Obervaz, die dem hl.

Donatus geweiht war. Gegenüber liegt Stürvis, dessen Kirche ebenfalls im

Reichsurbar erwähnt wird. Das Patrozinium der hl. Maria Magdalena kann kaum

vor dem 11. Jh. aufgetreten sein. Man muss daher wohl einen Wechsel im

Patrozinium annehmen. Merkwürdig ist auch, dass Stürvis zwar zum Gerichte

Obervaz gehörte, aber kirchlich wenigstens im Spätmittelalter zu Salux im

Oberhalbstein geschlagen wurde. Da Salux wohl erst in nachkarolingischer Zeit

Pfarrei wurde, möchte man eher eine frühe Selbständigkeit von Stürvis

annehmen, die später verloren ging. Auf der gegenüberliegenden Seite ist

ebenfalls schon durch das Reichsurbar die Marienkirche von Lenz gesichert. Die

Pfarrei ist noch viel älter. Das erhellt aus den zwei frühmittelalterlichen Kirchen,

die im Norden des Ortes auf dem Weg zur Lenzerheide und Chur, nämlich in St.

Cassian gefunden wurden. Beide Gotteshäuser sind mit Apsiden versehen, aber

die erste Kirche war sehr einfach, die zweite zeigt bereits eine eingezogene

Apsis und besass auch einen Friedhof, der bis zum 12. Jh. benutzt wurde. Schon

diese Funde genügen, um die Lenzer Pfarrei doch vom 9. ins 6./7. Jh.

vorzudatieren. Aber es kommt noch hinzu, dass die Kirche in Brienz, die im

Mittelalter stets unter Lenz war, im 9. Jh. belegt ist. Das bedeutet allerhand.

Damit sind wir schon über Tiefenkastel hinausgegangen, das auf der andern

Flussseite im Tale liegt. Das Reichsurbar notierte sich: «Titulus sancti Ambrosii

cum decima de ipsa curte.» Vielleicht war diese Ambrosiuskirche ursprünglich

eine bischöfliche Eigenkirche, die dann bei der gewaltsamen Teilung von

Grafschaft und Bistum 806 vom König beansprucht wurde. Als eigentlich alte

Pfarrkirche sah man St. Peter zu Mistail an, zu dem dann nicht nur Tiefenkastel,

sondern auch Mons, Praden und Alvaschein gehörten. Sie wäre überhaupt die

Mutterkirche des Albulagebietes. Aber dann müsste sie ja nicht erst im 8. Jh.,

wie der heutige bauliche Bestand offenbart, sondern schon früher entstanden

sein, oder dann eine ältere Kirche als Vorgängerin gehabt haben. Man sieht, wie

verwickelt die Verhältnisse sind und wie vielleicht das letzte Wort noch nicht

gesprochen ist.334

Die letzte frühmittelalterliche Pfarrei im Albulatal mag Schmitten gewesen sein,

zu dem früher auch Alvaneu und Wiesen gehörten. Als kirchliches Zentrum darf

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vielleicht die Kirche gelten, die in Schmitten als Luciuskirche bezeichnet wird

und deren bauliche Gestalt (breites rechteckiges Schiff und eingezogene Apsis)

noch eine Datierung vor die Jahrtausendwende erlaubt. Bei Schmitten gabelt

sich der Weg, südseits fliesst die Albula ins Gebiet von Bergün, das erst im 12.

Jh. kirchlich organisiert wurde, ostseits zweigt sich das Landwasser ab, das in

die Davoser Landschaft geht, ein Gebiet, das erst gegen Ende des 13. Jh. eine

Kirche erhielt.

S. 132: Bei unserer Wanderung an den Ufern der Albula haben wir das Seitental der

Julia, das Oberhalbstein übergangen. Hier dürfte St. Laurentius in Reams schon

im 6./7. Jh. eine Pfarrei gebildet haben, von der sich St. Georg in Salux in

unbestimmter Zeit (nicht später als 12./13. Jh.), St. Blasius in Tinzen aber erst

nach der Jahrtausendwende abgelöst haben. Reams war früher Sitz der

königlichen Verwaltung, deshalb wird die Kirche auch im Reichsurbar als

königliche Kirche angesprochen und 904 an das Kloster Lorsch vergabt. Über

den Septimer machen wir einen Abstecher ins Tal der Maira, nach Bergell, wo

Sta. Maria auf der Burg Castelmur der Sitz der Urpfarrei war. Sie entstand

damals, als das Bergeller Gebiet in weltlicher wie kirchlicher Beziehung im 7. Jh.

zu Chur geschlagen wurde. Auch am Grabe des hl. Gaudentius (6./7. Jh.) in

Casaccia entstand eine Kirche, die im 9. Jh. von Pfäfers aus betreut wurde.

Vermutlich war diese Gaudentiuskirche mit beschränkten Pfarreirechten

ausgestattet.

Der lombardischen Tiefebene stand nicht nur das Bergell, sondern auch

Poschiavo offen. Der ebenso lange wie hohe Berninapass trennte das Tal vom

Engadin ab und gab erst eigentlich im 12. Jh. seinen Weg frei. Daher kam das

Christentum von Süden und daher gelangte das Tal unter die Jurisdiktion von

Como. Die 824 genannte Ecclesia baptismalis in Poschiavo dürfte vielleicht

schon ins 6. Jh. datieren, handelte es sich doch um ein Tal, das gegen Süden

offen war und sich einer grossen Fruchtbarkeit erfreute. Nicht vergebens

sicherte sich das Kloster St. Denis in Paris hier im 8./9. Jh. Besitzungen.

Über die Bernina gelangen wir ins Oberengadin, wo St. Peter in Samaden etwa

im 7./8. Jh. entstand, das Gegenstück zu St. Peter in Remüs im Unterengadin,

das sich im 6./7. Jh. als Pfarrei bildete. Oft sind Petruskirchen Mittelpunkte von

Landschaften, man erinnere sich an die entsprechenden Kirchen in Mailand,

Como, Bellinzona und Biasca, in Rankweil, Feldkirch-Altenstadt, Balzers-Mals

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und Mels, ferner an Sarnen und Stans. Bezeichnend ist auch, dass die Kirche St.

Peter von Samaden in den sogenannten Gamertinger Verkaufsurkunden von

1137/39 vor der Luciuskirche von Zuoz steht, offenbar weil sie älter und

bedeutender war.335 Doch konnte die Pfarrei Zuoz schon um die

Jahrtausendwende existiert haben, wofür ihre geographische Lage und ihr

Luciuspatrozinium einen Hinweis bilden.

Wie schon vorweggenommen, war St. Peter in Remüs die Urpfarrei des

Unterengadin, wie wir aus der Florinusvita des 12. Jh. schliessen durften. Erst

später kam noch Ardez hinzu, im 11./12. Jh. dürfte Schuls, vielleicht als

Eigenkirche der Tarasper, gegründet worden sein. Nachdem der Ofenpass im.

11./12. Jh. ganz wegbar gemacht worden war, erhielt auch Zernez seine

kirchlichen Rechte. Dass allgemein das Unterengadin früher christianisiert

wurde als das Oberengadin, erklärt sich leicht aus dessen älterer und dichterer

Bevölkerung, dann auch aus dessen Verbindung mit älteren Kulturlandschaften,

stand es doch über

S. 133: Martinsbruck und Finstermünz mit dem Gebiete von Innsbruck, über den

Reschen- und später über den Ofenpass mit dem Vintschgau in Beziehung.336

Der Vintschgau selbst wurde zuerst wohl durch Anregungen von Trient her mit

dem Christentum bekannt, allein die kirchliche Organisation kam erst vom

rätischen Bistum her. Die Verbindung des Etschtales mit Italien war die Ursache,

dass wir hier so manche alte Pfarreien haben, so St. Zeno in Naturns (7./8.), St.

Carpophorus in Tarsch (8./9. Jh.), St. Peter in Latsch wohl aus derselben Zeit.

Besonders typisch war die Grosspfarrei Sta. Maria in Schlanders-Laas, die dem

7./8. Jh. zugewiesen werden kann. Den oberen Vintschgau schloss die

Endpfarrei Mals ab, die sich im Frühmittelalter bis zum Reschen und Ofen

erstreckte. In dieser Pfarrei kam von Pfäfers her gegen Ende des 8. Jh. eine

Benediktinerabtei zustande, St. Johann in Müstair, deren Mönche das Münstertal

urbar machten und es auch nach der Jahrtausendwende kirchlich organisierten.

Damit sind wir am Ende unserer Suche nach Pfarreien angelangt. Vom Tessin

und der Rhone ging es zum Genfersee, von dort entlang der Orbe und dem

Neuenburgersee ins Gebiet der Aare und Reuss, schliesslich vom Zürich- und

Walensee bis in das vielgestaltige Bündnerland, das wiederum im Osten und

Süden mit den oberitalienischen Bistümern irgendwie in Zusammenhang stand.

So verschieden die Landschaften waren, es waren doch immer die gleichen oder

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ähnliche Gründe, warum, wie und warm es zur Errichtung von Pfarreien kam.

Stets bildete das Gebirge mehr als das Wasser die Grenzen, stets entstanden dort,

wo Bischofsstädte waren, eine grössere Anzahl von Pfarreien als anderswo.

Möge die Arbeit andere Forscher anregen, weitere Landschaften auf die

Pfarreigründungen hin zu untersuchen, um einst etwas wie eine

Pfarreiengeschichte der Schweiz als Beitrag zur Christianisierung des Landes

schaffen zu können.

S. 137: Karten

Grundlegend ist die Karte der Bistümer im Gebiete der heutigen Schweiz, denn

von den Bischofsstädten ging die kirchliche Organisation aus. Da verschiedene

Bischofssitze im Laufe der Zeit verlegt wurden, ergab sich daraus eine

vermehrte missionarische Ausstrahlung und eine dichtere Streuung der

christlichen Zentren (vgl. Avenches).

Die Karte der Pfarreien kann nur einen ersten Versuch darstellen. Manchmal gab

es frühmittelalterliche Kirchen, die keine vollen Pfarrei-Rechte hatten. St.

Gaudentius in Casaccia aus dem 6./7. Jh. kam im 8./9. Jh. zum Kloster Pfäfers

und konnte sich als Wallfahrtsort bedingte Rechte sichern, erreichte aber erst im

16. Jh. seine Unabhängigkeit. Die Kirche auf dem Victorsberg war schon im 9.

Jh. eine Aussenstation des Klosters St. Gallen, wurde aber erst 1835 zur Pfarrei

erhoben. Die Mauritiuskirche in Cumbels, die schon im 9. Jh. als königliche

Kirche erscheint, war und blieb bis auf den heutigen Tag nur eine Kapelle der

Pfarrei Cumbels. Solche Kirchen fehlen deshalb in unserer Karte. Andere jedoch,

wie zum Beispiel Oberburg-Burgdorf, sind mangels an Hinweisen allgemeiner

oder besonderer Art nicht eingetragen worden. Hingegen mussten die

frühmittelalterlichen Kloster und Kollegiatskirchen berücksichtigt werden, weil

sie die Funktion von Pfarrkirchen hatten, auch wenn sie erst nach der

Jahrtausendwende eine eigentliche Pfarrei gründeten.

Ergänzend sei bemerkt, dass es in gewissen Fällen nicht möglich war, alle

Pfarreien kartographisch zu erfassen, und zwar der Übersichtlichkeit wegen. So

sind in Bischofsstädten (z.B. Lausanne, Chur) die verschiedenen Pfarreien nur

im Text, nicht auf der Karte notiert. Einige Male wurden spätere, bekanntere

Namen eingetragen, so Jona für Busskirch und St. Dionys bei Wurmsbach. An

der Stelle von Kempraten steht Rapperswil, das erst im 13. Jh. eine Pfarrei

bilden konnte. Hier, wo es sich um Orte ausserhalb der eigentlichen Grenzen

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unseres Untersuchungsgebietes handelt, geht es nur um Andeutungen, nicht um

Vollständigkeit. Näheres siehe jetzt bei B. Anderes in den Kunstdenkmälern des

Kt. St. Gallen, Band IV (1966).

S. 138:

S. 139:

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S. 140:

S. 141:

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S. 142:

Anmerkungen: 1 Zusammenstellung bei H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. Erster Band: Die katholische

Kirche, 4. Aufl. 1964, S. 145-146. Als letzte diesbezügliche Arbeit sei Ulmer-Schoch, Topographische Beschreibung des Generalvikariats Vorarlberg, Dekanat Sonnenberg, 1965, ergänzt.

2 Fortsetzungen davon erschienen im Geschichtsfreund, Bde. 39-40, 45-48 sowie in Argovia, Bde. 23, 26,28. Das Register dazu in der Beilage zum Anzeiger für Schweizerische Geschichte, 1900.

3 Noch ungedruckt ist Hans Rudolf Sennhauser, Die kirchliche Architektur der vor- und frühromanischen Zeit im Gebiete der heutigen Schweiz und Liechtensteins. Es wird das wichtigste Werk zu unserem Thema von der archäologischen Seite her sein. Herr Dr. Sennhauser, Zurzach, hatte die Güte, manche unserer Fragen zu beantworten.

4 Gute Wegweiser über die ältere Patroziniumsliteratur bei E. Gruber, Die Stiftungsheiligen der Diözese Sitten im Mittelalter, 1932, S. 1-15. Zur neueren Problematik Moraw Peter, Ein Gedanke zur Patrozinienforschung. Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 17 (1965) S. 9-26.

5 Feine aaO. S. 147 f., 355 f. Für Zug und die Innerschweiz hat Alois Müller im Geschichtsfreund 67 (1912) S. 33-113 und im Innerschweizerischen Jahrbuch I (1936) S. 115-122 die kirchliche Rechtsgeschichte erstmals behandelt.

6 K. S. Bader, Das mittelalterliche Dorf als Friedens- und Rechtsbereich, 1957, S. 139f. und Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, 1962, S. 195-221.

7 Vgl. F. Pallly, Methodische Grundlagen der Pfarrgeschichtsforschung. Nassauische Annalen 75 (1964) S. 101-110. Im Original sind die Anmerkungen für jedes Kapitel gesondert numeriert.

Dies ist hier in der Abschrift nicht möglich, darum sind die Anmerkungen nicht gleich

nummeriert wie im Buch. 8 Darüber zuletzt P. Aebischer in: Le Moyen Age, 1963, S. 55-65, bes. S.62-65. 9 Bündner Urkundenbuch, hrsg. v. Meyer-Marthaler u. Perret, I (1955) Nr. 46, 53,67, 103, 257, 264,

für die Zeit von 823-1117.

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10 J. Ahlhalls, Die Landdekanate des Bistums Konstanz im Mittelalter, 1929, S. 16 zu ca. 930. 11 J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis Lexicon Minus, Fasz. 8 (1960) 765. 12 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 337, 396, 420. 13 Bündner Urkundenbuch II., Fasz. 1 (1952) Nr. 496. 14 A. Kocher, Solothurner Urkundenbuch I (1952) Nr. 203, 215. 15 Quellenwerk zur Entstehung der Eidgenossenschaft. Abt. Urkunden I (1933) Nr. 218. Ebd. Nr. 1620

zu 1290 werden die Leute von Spiringen als parrochiani von Bürglen bezeichnet. 16 Cartulaire du chapitre de Notre-Dame de Lausanne, hrsg. v. Ch. Roth, 1948, S. 10ff. 17 Quellenwerk I, Nr. 1620 zu 1290. Dazu Geschichtsfreund 41 (1886) S. 29-30 und Gedenkbuch der

Jubiläumsfeier in Bürglen, 1957, S. 26-35. 18 So zuletzt noch H. Feurstein in Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins 97 (1949) S.48. 19 Bündner Urkundenbuch I, S.14, 21, 386. 20 E. Gruber, Die Stiftungsheiligen der Diözese Sitten, 1932, S. 33, 40, 48. 21 H. Delehaye, Sanctus, 1927, S.29. B. Botte, Le Canon de la Messe Romaine, 1935, S. 64-65· J. A.

Jungmann, Missarum Solemnia I (1948) S.230, 2 (1948) S. 270. 22 Die Rechtsquellen des Kt. Graubünden. Lex Romana Curiensis. Capitula Remedii, hrsg. v. E.

Meyer-Marthaler 2. Aufl. 1966, S. 169: «in basilica presente sacerdotes vel plebem», S.419: «in ecclesiam ante plebem.»

23 aaO. S. 645, dazu Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 44 (1950) S.93-96. 24 Bündner Urkundenbuch I, S. 376, 382, 390, dazu P. Aebischer in der Revue de Linguistique Romane

29 (1965) S. 17-24. 25 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 75, 79. 26 K. Meyer, Blenio u. Leventina von Barbarossa bis Heinrich VII., 191 I, S. 27, 85, 280. 27 Siehe die Aufstellungen Grubers in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 33 (1939) S. 97ff. für

Tirol siehe F. Huter, Tiroler Urkundenbuch I (1937) Nr. 13, 230, 409 zum 11-12. Jh. 28 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 25. 29 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 249. 30 Quellenwerk I, S. 12-13, Nr. 13. Dazu H. Wicker, St. Peter in Zürich, 1955, S.48-49. Zum

Aufkommen der Bezeichnung capella im 8. Jh. P. Aebischer in der Zeitschr. f. Schweiz. Gesch. 25 (1945) S.212-214·

31 Bündner Urkundenbuch I, S. 96, Nr. 116. 32 Bündner Urkundenbuch I, S.295, 305, Nr. 399, 414. Andere Beispiele G. Hofer-Wild, Herrschaft

und Hoheitsrechte der Sax im Misox, 1949, S.248. 33 Die philologischen Probleme, die hier nicht zur Diskussion stehen, behandelte Paul Aebischer in

der Revue de Linguistique Romane 27(1963) S. 119-164 und 29 (1965) S. 24-30 sowie in der Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 14 (1964) S. 227-234.

34 M. Besson, Monasterium Acaunense, 1913, S. 120-125. MGHSS rer. merov. 3 (1896) S. 38. L. Dupraz, Les Passions de S. Maurice d'Agaune, 1961, S. 4*.

35 MGH SS. rer. merov. 4 (1902) S.278, 326,330. 36 H. Wartmann, Urkundenbuch der Abtei St. Gallen 2 (1866) Nr. 680 u. 697. 37 Cartulaire du Chapitre de Notre-Dame de Lausanne, hrsg. v. Ch. Roth 1948, S. 21. Dazu M. Besson

Contribution a l'histoire du diocese de Lausanne, 1908, S.19-24. 38 Bündner Urkundenbuch I, S. 162, Nr. 202. 39 Quellenwerk I, Nr. 52. 40 Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 46 (1952) S. 165, 168-169.

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41 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 26, 88, 355, ferner Anhang S. 387, 390. Man beachte auch Nr. 198,

wonach der St. Galler Abt 1061 Appenzell als basilica bezeichnete. 42 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 1. Die Urkunde ist in der Substanz echt, jedoch im 12. Jh.

interpoliert wurden. 43 F. Marbach, Sankt Kolumban in Wangen, 1944, S.63 mit Photo der Urkunde S. 16. 44 M. Beck, Die Patrozinien der ältesten Landkirchen im Archidiakonat Zürichgau, 1933, S. 159-166,

Taf. I. Zuletzt darüber Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 12 (1962) S.487-488. 45 Vgl. P. Aebischer in der Revue de Linguistique Romane 29 (1965) S. 33-36, ferner Melanges, P. E.

Martin, 1961, S. 147 und Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 6 (1956) S. 492f. 46 Gregorii M. Dialogi, hrsg. v. U. Moricca, 1924, S.243, Lib. IV. Cap. 12. 47 I. Müller, Die Florinusvita des 12. Jh. Jahresbericht der Hist.-antiquar. Ges. v. Graubünden 88

(1958) S·35-37. 48 Bündner Urkundenbuch I, S. 20,22-23, Nr. 17. Vgl. Nr. 24, 25, 28, 34, 53. 49 Die Rechtsquellen des Kt. Graubünden, hrsg. v. E. Meyer-Marthaler, 1966, S. 645-646. 50 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 420. 51 MGH SS rer. merov. 4 (1902) S. 260, 262, 267, 276, 291. Dazu F. Blanke, Columban und Gallus,

1940, S. 61-64 sowie L. Kilger in St. Gallus-Gedenkbuch 1952, S. 22, 25, 28. 52 MGH SS rer. merov. 4 (1902) S. 265, 296, dazu Gallus Gedenkbuch 1952, S.29-31. 53 Quellenwerk I, Nr. 218, dazu 260 zu 1218. 54 M. Beck, Die Patrozinien im Archidiakonat Zürichgau, 1933, S.77. 55 J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis Lexicon minus, Fasz. 9 (1962) 807. 56 F. Huter, Tiroler Urkundenbuch I (1937) Nr. 236,323, Bündner Urkundenbuch I, Nr. 334, 372, 375. 57 J. Jud, Zur Geschichte der bündnerromanischen Kirchensprache. Jahresbericht der Hist.-antiquar.

Ges. v. Graubünden 49 (1919) S.4, 12, 39-40. Dazu P. Aebischer in Revue de Linguistique Romane 28 (1964) S. 143-165 und 29 (1965) S. 20-24, wo auch ecclesia plebeia, plebs ecclesiae usw. besprochen wird.

58 Quellenwerk I, Nr. 163. Zum angrenzenden Gebiets. Urkunde von 1131, wo duo plebani von Seedorf und Radelfingen erwähnt werden. A. Kocher, Solothurnisches Urkundenbuch I (1952) Nr. 39.

59 J. Gremaud, Documents relatifs a l'histoire du Valais I (1875) Nr. 312, 410, 611. 60 Gremaud I, Nr. 3 12, 314, 378, 570. 61 J. Gremaud, Chartes Sedunoises, 1863, Nr. 59 in: Memoires et Documents de la Suisse Romande,

Bd. 18. 62 Quellenwerk I, Nr. 499. 63 Quellenwerk I, Nr. II88 und II, Nr. 88 zu 1275 und 1294. 64 Acta Murensia, hrsg. v. M. Kiem, 1883, S.77 (Quellen zur Schweizer Geschichte III.) 65 Text der Urkunde im Geschichtsfreund 14 (1858) S.234-235: ut ecclesia ibi sita babtismalis sit ac

decimalis. Dazu Quellenwerk I, Nr. 114 und F. Güterbock, Engelbergs Gründung und erste Blüte, 1948, S. 141-143, der die Urkunde als rechtsgültige Kopie, nicht als Original betrachtet.

66 Bündner Urkundenbuch II, Nr. 496. Huter II, Nr. 528. Vgl. ebd. Nr. 934 zu 1230, wo ebenfalls Taufe, Busse und Beerdigung aufgezählt sind. Noch ausführlicher ist die Seelsorge umschrieben in einer Urkunde Friedrichs I. von 1154 für Disentis. Bündner Urkundenbuch I, Nr. 16 u. 331.

67 Quellenwerk II, Nr. 460. 68 Huter II, Nr. 543. Zum Ganzen K. S. Bader, Dorfgenossenschaft u. Dorfgemeinde, 1962, S. 195 f

(Begräbnis), 198f. (Taufe).

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69 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 196 zu II66179, dazu A. Brackmann, Helvetia Pontificia, 1927,

S.236-237, der in der Urkunde, die gefälscht ist, doch ein Werk des ausgehenden 12. Jh. sieht, das auf einer echten Urkunde Alexanders III. beruht.

70 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 48, 86, 399, 414 zum 9.-12. Jh. 71 Quellenwerk I, Nr. 163, dazu Geschichtsfreund 3 (1846) S. 224, Anm. I 72 O. Peder, Frühchristliche Baptisterien in der Schweiz, Zeitschr. f Schweiz. Kirchengesch. 51 (1957)

S. 81-100. 73 Jahrbuch des Histor. Vereins fd. Fürstentum Liechtenstein 58 (1958) S. 288-289 und 59 (1959) S.

301-308. 74 Bündner Monatsblatt 1963, S. 8-13. 75 Bündner Monatsblatt 1933, S.314-319 und E. Poeschel, Kunstdenkmäler des Kt. Graubünden 4

(1942) S.30-32. 76 Bündner Monatsblatt 1938, S. 329-332 und E. Poeschel, Kunstdenkmäler des Kt. Graubünden 5

(1943) S. 224-225· 77 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 46: non amplius quam sex baptisteria et viginti quinque minores tituli

ad episcopatum remanserunt. 78 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 86, 399, 414. Vgl. auch Nr. 48 zu 824. 79 Unsere Kunstdenkmäler 15 (1964) S. 176-177. 80 Quellenwerk I, Nr. 1620. 81 Quellenwerk II, Nr. 460. 82 C. v. Moor, Codex Diplomaticus 4 (1865) Nr. 258, fälschlich zu 1400. 83 Über die Taufsteine vgl. Poeschels Kunstdenkmäler. Die sonstigen Nachrichten verdankt der

Verfasser Dr. Christoph Simonett, Zillis. Dazu Argovia 76 (1964) S. 54-67. 84 Darüber E. Salin, La civilisation merovingienne 2 (1952) S. 33. 85 Sulser-Claussen, Die Stephanskirche zu Chur, in: Beiträge zur Kunstgeschichte und Archäologie

des Frühmittelalters, hrsg. v. H. Fillitz, 1962, S. 154-166, dazu I. Müller, Die churrätische Wallfahrt im Mittelalter, 1964, S. 5-19.

86 E. Poeschel, Die Kunstdenkmäler des Kt. Graubünden 7 (1948) S. 287. Jahresbericht des Rätischen Museums 1961, S. 8.

87 Vgl. Chr. Caminada, Die Bündner Friedhöfe, 1918, S. 16ff. 88 Bündner Monatsblatt 1962, S. 79-89. 89 H. Erb, Archäologische Untersuchungen in Graubunden. Separatum aus Terra Grischuna, April

1964, S.·5-7.· 90 Jahresbericht des Rätischen Museums in Chur 1960, S. 5-6 (Castiel u. Zuoz), 1961, S. 11-12

(Mathon). S. 16 (Trins). Dazu Jahresbericht der Hist.-antiquar. Ges. v. Graubünden 69 (1939) S. 182 mit weiteren Hinweisen.

91 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 134 zu 967, dazu zuletzt H. Büttner, in: Die Alpen in der europäischen Geschichte des Mittelalters. Reichenauer Vorträge 1961-62. 1965, S. 90.

92 Jahrbuch der Schweiz. Ges. f. Urgesch. 49 (1962) S. 86, 92, 50 (1963) S. 94-95. 93 M. Reymond in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 3 (1909) S. 102-122 und P. Aebischer in

Vallesia 17 (1962) S. 171-195. 94 Geschichtsfreund 14 (1858) S. 234-235 zu 1148 für Engelberg. Solothurner Urkundenbuch I, Nr.

196 zur 2. Hälfte des 12. Jh. 95 Huter I, Nr. 159. 96 Poeschel VII S. 256, 287. 97 K. Schmid, Zur Problematik von Familie, Sippe und Geschlecht. Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins

105 (1957) S·44-47.

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98 A. Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kt. Luzern 4 (1956) S. 7-8. 99 Acta Murensia, hrsg. v. M. Kiem, 1883, S. 25. M. Kiem, Geschichte der Abtei Muri-Gries I (1888) S.

101. 100 H. R. Sennhauser in den Mitteilungen des Historischen Vereins des Kt. Schwyz 57 (1964) S.

114-115, 122- 127. Für Marienberg siehe Huter I, Nr. 362 zum 12. Jh. Andere Beispiele stellte R. Moosbrugger-Leu im Jahrbuch der Schweiz. Ges. f. Urgesch. 45 (1956) S. 69-75 zusammen.

101 Quellenwerk II, Nr. 281 zu 1302. 102 MGH Capitularia Regum Francorum I (1881) S. 175 zu 813: ut mortui in ecclesia non sepeliantur

nisi episcopi aut abbates vel fideles et boni presbiteri. Übrige Texte bei E. Salin, La civilisation merovingienne 2 (1952) S. 23, 30 und M. Besson, L' Art Barbare dans l'ancien diocese de Lausanne, 1909, S·46-47.·

103 Chr. Caminada, Die Bündner Friedhofe, 1918, S. 170-171. 104 Huter III, Nr. 1092. Acta Murensia, S. 132, Quellenwerk II, Nr. 64, 88, 1165. Über die Heiligkeit

des Friedhofes siehe Cartulaire de Lausanne, hrsg. v. Ch. Roth, 1948, S. 220 Nr. 229 zu 1056 (Sühne für Verbrechen auf dem Friedhof zu Riaz).

105 Goswins Chronik des Stiftes Marienberg, hrsg. v. B. Schwitzer, 1880, S. 123-124, 184-186, 264. 106 Eine solide Übersicht bietet R. Gmür, Der Zehnt im alten Bern, 1954, S. 19-39. Dazu K. S. Bader,

Das mittelalterliche Dorf, 1957, S. 139 f. und Dorfgenossenschaft u. Dorfgemeinde, 1962, S. 217f. 107 H. Feurstein. Zur ältesten Missions- und Patroziniumskunde im alemannischen Raum. Zeitschr. f.

Gesch. d. Oberrheins 97 (1949) S. 48-51. 108 Text im Bündner Urkundenbuch I, S. 375-396. 109 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 86, 104, 114, 115. 110 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 113, 119. 111 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 16 u. 33 I. 112 Huter I, Nr. 159. Vgl. Nr. 13 zum 9. bzw. 11. Jh. 113 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 148,156,177,181,197 zu 988-1061. 114 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 297. 115 Cartulaire Nr. 16 d. Vgl. Nr. 50 zu 906. 116 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. I. Dazu Benzerath M. Die Kirchenpatrone der Diözese Lausanne,

1914, S. 39, Anm. 16. 117 Cartulaire Nr. 220-221. 118 Historiae Patriae Monumenta, Chartae 2 (1853) S. 57-58, Nr. 38. 119 Quellenwerk I, Nr. 13. Andere Belege Nr. 134, 203, 445. 120 Quellenwerk I, Nr. 475. 121 Quellenwerk I, Nr. II88. Dazu Gmür, S. 42-43. 122 Goswins Chronik des Stiftes Marienberg, hrsg. v. B. Schwitzer, 1880, S. 71-72 = Huter I, Nr. 142.

Das stimmt mit der karolingischen Gesetzgebung insofern überein, als diese streng verordnete, dass die Mutterkirchen ihre Rechte und Besitzungen behalten durften und nicht an die jüngeren Kirchen abgeben mussten. MGH Capitularia Regum Francorum I (1881) S. 119, 174 zu 803/804 und 813.

123 Zum Ganzen siehe A. Franz, Die Messe im deutschen Mittelalter, 1902, S. 10-17. A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands I (1922) S. 147, 174-175, 205-206, 321-322, 2 (1912) S. 42, 288-289, 764. Dazu folgende Anmerkungen.

124 MGH Capitularia Regum Francorum, hrsg. v. A. Boretius, I (1881) S. 36, 61. 125 E. Meyer-Marthaler, Die Rechtsquellen des Kt. Graubünden. Die Lex Romana Curiensis, 1966, S.

63,235,263, 515,645-646. Dieselbe, Die Gesetze des Bischofs Remedius von Chur. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 44 (1950) S. 93-96.

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126 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 209, 280 zu 1087 u. ca. 1120. Zur ersteren Urkunde Zeitschr. f.

Schweiz. Kirchengesch. 50 (1956) S. 29 (wohl vordatierte Urkunde). 127 Quellenwerk II, Nr. 699. 128 Cartulaire Nr. 16 d. 129 Solothurner Urkundenbuch I, Nr. I. 130 Text im Bündner Urkundenbuch I, Nr. 46. 131 Zum Ganzen U. Stutz, Karls d. Grossen divisio von Bistum und Grafschaft Chur, 1909,

Sonderdruck aus der Festschrift Zeumer. Dazu die Bemerkungen Poeschels in der Zeitschr. f. Schweiz. Gesch. 18 (1938) S. 335-336, ferner O. P. Clavadetscher, Die Einführung der Grafschaftsverfassung in Rätien und die Klageschriften Bischof Viktors III. von Chur. Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgeschichte, Kan. Abt. 70 (1953) S. 46-111.

132 Cartulaire Nr. 220, dazu J.P. Kirsch in Freiburger Geschichtsblätter 24 (1917) S. 105-106. 133 Cartulaire Nr. 50. Man vgl. dazu MGH Capitularia Regum Francorum I (1881) S. II9 zu 803/804:

Quicumque voluerit in sua proprietate ecclesiam aedificare, una cum consensu et voluntate episcopi, in cuius parrochia fuerit, licentiam habeat.

134 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 206. 135 Acta Murensia, hrsg. v. M. Kiem, 1883, S. 20-23 = Quellen zur Schweizer Geschichte III. Text auch

im Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 6. 136 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 87, 164. 137 Gmür, S. 36-37. 138 H. Büttner, Studien zur Geschichte von Peterlingen. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 58 (1964)

S. 267-269. Vgl. Cartulaire Nr. 16, wonach Bischof Amadeus (1145-58) dem Kapitel die Kirche von Ursins, Yvonand und Crissier gab.

139 Fr. Perret im Bündner Monatsblatt 1955, S. 367-368. 140 K. Meyer, Blenio u. Leventina von Barbarossa bis Heinrich VII. , 19II, S. 62, 85, 88, 92-93, 280. 141 Meyer, S. 60-65, bes. 62. Dazu H. Büttner in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 47 (1953) S.

50, 61-64· 142 H. E. Feine, Kirche und Gemeindebildung. Konstanzer Vortrage und Forschungen 7 (1964) S. 75

bis 76. 143 Gemeinde-Archiv Fellers Nr. 2 und Bündner Monatsblatt 1921, S. 264. 144 Gemeinde-Archiv Waltensburg Nr. 2, Geschichtsfreund 44 (1889) S. 142-147, bes. 143, O. Vasella

im Jahresbericht der Hist. -antiquar. Ges. v. Graubünden 73 (1943) S. 142. 145 J Frei, Die Pfarrwahlbulle Papst Julius II. Geschichtsfreund 89 (1934) S. 183 f. 146 Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz I, S. 103, VI, S. 738-739. Vgl. Gmür, S. 181-183,

wo auf die schon im 14. Jh. belegten sog. Kirchengerichte hingewiesen wird, die sich besonders mit den Einkünften der Kirche befassten.

147 Feine, Kirche und Gemeindebildung aaO. S. 75. 148 K. S. Bader, Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, 1962, S. 200-205. 149 Darüber E. Ewig, Der Petrus- und Apostelkult im spätrömischen und fränkischen Gallien.

Zeitschrift für Kirchengeschichte 1960, S. 21 5-25I. Ders. , Die Kathedralpatrozinien im römischen und fränkischen Gallien. Historisches Jahrbuch 79 (1960) S. 1-61.

150 Zum Unterschied zwischen Titelheiligen und Patronen siehe L. Hunkeler, Die heiligen Patrone von Kloster u. Talschaft Engelberg, 1941, S. 5-8.

151 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 17. 152 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 24. Vgl. Nr. 27. 153 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 341 zu 1160. Vgl. Nr. 319 zu 1150. 154 Cartulaire Nr. 221 zu 867/68 und Nr. 222 zu 900/924 für die Pfarrei Bulle.

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155 Cartulaire Nr. 341. 156 Cartulaire Nr. 6-7, 11-13, 51. 157 Cartulaire Nr. 16, S. 36. 158 Vgl. Feurstein S. 37-42 mit Beispielen aus andern Gebieten. Sprechende Belege aus dem 12.-15. Jh.

zitiert R. Frauenfelder in den Beitragen zur Vaterländischen Geschichte des Kt. Schaffhausen 11 (1929) S. 12-13

159 E. Gruber, Die Stiftungsheiligen der Diözese Sitten im Mittelalter, 1932, S. 213-230 (Statistik). M. Benzerath, Die Kirchenpatrone der alten Diözese Lausanne im Mittelalter, 1914, S. 7-8, 35. A. Moser, Die Patrozinien der Bernischen Kirchen im Mittelalter. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 52 (1958) S. 28. Cl. Hecker, Die Kirchenpatrozinien des Archidiakonates Aargau im Mittelalter, 1946, S. 139. O. Farner, Die Kirchenpatrozinien des Kt. Graubünden, 1925, S. 5-6= Jahresbericht der Hist. antiquar. Ges. v. Graubünden, Bd. 54, Jahrg. I924. E. Gruber, Die Gotteshäuser des alten Tessin, Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 33 (1939) S. 1-49,97-144,177-232,273-319, ohne spezielle Angaben über Patroziniumswechsel.

160 H. Fink, Die Kirchenpatrozinien Tirols, 1928, S. 4-5. Dazu etwa J. B. Lehner, Die mittelalterlichen Kirchenpatrozinien des Bistums Regensburg, 1953, S. 14.

161 M. Beck, Die Patrozinien der ältesten Landkirchen im Archidiakonat Zürichgau, 1933, S. 172, dazu H. Tüchle, Dedicationes Constantienses, 1949, S. 7-8 und Protokoll der Konstanzer Arbeitssitzungen Nr. 128, S. 20 zum 10. Juli 1965.

162 Vgl. die Arbeiten Ewigs in Anm 1. 163 Fontes Rerum Bernensium I (1863) S. 466, Nr. 71, dazu H. Büttner, Staufer und Zähringer im

politischen Kräftespiel zwischen Bodensee u. Genfersee während des 12. Jh., 1961, S. 27, 78 in: Mitt. der Antiquar. Ges. in Zürich, Bd. 40. Unser Beispiel ist in den eigentlichen Alpen bislang das einzige, das festgestellt wurde, wenn man von Andelsbuch und Bregenz, beide um 1100 errichtet, absieht. Über Holzkirchen, die südlich der Alpen nicht auftreten, siehe W. Zimmermann in den Bonner Jahrbüchern 158 (1958) S. 414-453.

164 P. Kläui, Ausgewählte Schriften, 1965, S. 6f. 165 M. Besson, Monasterium Acaunense, 1913, S. 132f. 166 Cartulaire, S. 10, 16, 21. 167 Florinusvita des 12. Jh. , hrsg. im Jahresb. d. Hist. -antiquar. Ges. von Graubünden 88 (1958) S.

37-38, mit weiteren Hinweisen auf St. Gallen und Werden. 168 Wichtig darüber K. Hallinger, Neue Fragen der reformgeschichtlichen Forschung. Archiv f.

mittelrheinische Kirchengesch. 9 (1957) S. 22-24. 169 Vgl. K. Schmid in: Studien zu Abodiacum-Epfach, hrsg. v. J. Werner, 1964, S. 106-110. H. Büttner

in Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. II (1961) S. 12-13. 170 Eine diesbezüglich anregende Arbeit leistete Johann B. Lehner, Die mittelalterlichen

Kirchenpatrozinien des Bistums Regensburg, Teil I, 1953, der im Heiligenlexikon für Petrus 6 Schichten, für Maria 3 Schichten usw. angibt. Obwohl unser Alpengebiet nicht miteinbezogen ist, gibt das Büchlein doch auch für unsere Gegenden gute Hinweise.

171 Für die Kultgeschichte ist H. Tüchle, Dedicationes Constantienses, 1949, aufschlussreich, dann Einzelarbeiten über Kalendarien z. B. über die rätische Kultgeschichte in den Studien u. Mitteilungen des Benediktinerordens 65 (1953-54) S. 81/89, 274-302. Dazu die patroziniengeschichtlichen Arbeiten selbst.

172 Für St, Maurice und Cluny siehe Benzerath, S. 60 f. 130, für die Lenzburger Hecker, S. 106, und Th. Graf in: Beitrage zur Geschichte Nidwaldens 19 (1949) S. 17, für die Walser Jahrbuch des Histor. Vereins f. d. Fürstentum Liechtenstein 59 (1959) S. 322-323.

173 J. P. Kirsch, Die ältesten Pfarrkirchen des Kt. Freiburg. Freiburger Geschichtsblätter 24 (1917) S. 106-107. Cartulaire Nr. 222, 229.

174 L. Mojon, Die Kunstdenkmäler des Kt. Bern 4 (1960) S. 4-5.

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175 Quellenwerk I, Nr. 1620 zu 1290, dazu Geschichtsfreund 41 (1886) S. 29-30, Nr. 43 und

Gedenkbuch zur Jubiläumsfeier in Bürglen, 1957, S. 26-35. 176 Stettler-Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kt. Aargau 2 (1953) S·38-39, 53. 177 Vallesia 17 (1962) S. 188. 178 MGH Capitularia Regum Francorum, hrsg. v. A. Boretius, I (1881) S. 178: Capitula ecclesiastica

8 I 0-8 13. Dazu K S. Bader, Das mittelalterliche Dorf als Friedens- u. Rechtsbereich, 1957, S. 139-140.

179 Huter I, Nr. 13. Dazu Mitteilungen des österr. Instituts f. Geschichtsforschung 50 (1936) S. 35-72. 180 Quellenwerk I, Nr. 134. V gl. ebd. Nr. 1620 zu 1290, wonach der Gangbach, ein Zufluss des

Schächen, als Grenze zwischen Bürglen und dem neuen Spiringen erklärt wurde. 181 Quellenwerk I, Nr. 897. Dazu Zeitschr. f. Schweiz. Gesch. 16 (1936) S. 396. 182 H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. Die katholische Kirche, 1964, S. 417-418. KS. Bader,

Dorfgenossenschaft u. Dorfgemeinde, 1962, S. 212-213. 183 Als älteste Zeugnisse überhaupt in unserer weiteren Umgebung dürfen die Urkunden über die

Gründung von Kaltern (durch St. Vigilius) und die Ausstattung der Filialen Altenburg und Tramin aus der 1. Hälfte des 11. Jh. sowie die Errichtung der Pfarrei Telfs 1113 genannt werden. Huter I, Nr. 13 (sog. Vigiliusbrief) und O. Stolz, Die Ausbreitung des Deutschtums im Südtirol 2 (1938) S. 52, 108. Eine ausführliche Gründungsurkunde einer Kirche ist für Lüen 1084 erhalten, die zugleich Dedicatio und Dotatio darstellt, und für Spiringen 1290, die zugleich Dotatio und Terminatio ist. Bündner Urkundenbuch I, Nr. 206 und Quellenwerk I, Nr. 1260. Dedicatio ecclesiae und Terminatio fielen gewöhnlich zusammen, aber nicht immer, wie Heppenheim belegt, wo die Kirche schon 755 existierte, aber erst 805 die Terminatio erhielt. Darüber F. Falk, Die dedicatio u. terminatio ecclesiae im 8.-11. Jh. , im Archiv für katholisches Kirchenrecht 89 (1909) S. 79-81.

184 Eigentlich handelte es sich um zwei Priester, die der Gründung abgeneigt waren, wahrscheinlich um die Leutpriester von Thurnen und Rüeggisberg. B. Egger, Geschichte der Cluniazenser-Klöster in der Westschweiz, 19°7, S. 34-39.

185 E. Meyer-Marthaler in der Festgabe Nabholz, 1944, S. 26ff. 186 F. Perret, Aus der Frühzeit der Abtei Pfäfers, 1958, S. 10,20, dazu H. Büttner in der Zeitschr. f.

Schweiz. Kirchengesch. 53 (1959) S. I-17. Zu Ragaz siehe Bündner Urkundenbuch I, S. 385 (zu ca. 850) und S. 171 (zu ca. 1100). Die vollständige Incorporation von 1327 in K. Wegelin, Die Regesten der Abtei Pfäfers, 1850, S. 25, Nr. 136.

187 Bündner Urkundenbuch I, Nr. 334-337, dazu Festgabe Nabholz, 1944, S. 2- 14, und Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 16 (1960) S. 104-108.

188 Zum Ganzen Ph. Hofmeister, Mönchtum und Seelsorge bis zum 13. Jh. Studien und Mitteilungen des Benediktinerordens 65 (1955) S. 209-273, bes. 249ff. über das frühe Mittelalter, wo jedoch S. 250 der Beleg von 754 für Wido von Lornello als Fälschung des I2. Jh. zu betrachten ist. Bündner Urkundenbuch I, Nr. 16, 331.

189 Fr. O. Dubuis, L' eglise Saint-Jean d' Ardon. Zeitschr. f. Schweiz. Archäologie und Kunstgeschichte 21 (1961) S. 113-142. Zu den zahlreichen Kirchenbauten des 6. Jh. siehe A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands I (1922) S. 206-213.

190 H. Erb, Bau- und Grabfunde aus christlicher Frühzeit in Schiers. Bündner Monatsblatt 1962, S. 79 bis 89.

191 Darüber Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 7 (1957) S. 436-438. 192 Über die Kirchen der Bischofssitze siehe E. Lehmann in: Beiträge zur Kunstgeschichte u.

Archäologie des Frühmittelalters, hrsg. v. H. Fillitz, 1962, S. 88-99, über die Kirchen der Klöster siehe Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 2 (1952) S. 35-40.

193 Näheres Geschichtsfreund 117 (1964) S. 46-47. 194 So die Zusammenfassung von L. Waeber in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 35 (1941) S. 35.

Freilich dürften einige Pfarreien älter sein als ihre zufällig erhaltene erste Erwähnung.

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195 Darüber Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 7 (1957) S. 462-465. 196 Angaben Grubers in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 33 (1939) S. 97 f. 197 Belegt ist der Decanus Valerie und Decanus Sedunensis erst um 1364, J. Gremaud, Documents du

Vallais 5 (1884) S. XXV-XXVI, 260-265. Dazu L. Caden in der Zeitschr. für Rechtsgeschichte, Kanon. Abt. 77 (1960) S. 224.

198 Lot-Fawtier, Histoire des Institutions Françaises au Moyen-age 3 (1962) S. 22-23. 199 Cartulaire Nr. 15 (Dekanate), Nr. 220-221 (Klerikerversammlungen). 200 Acta Murensia, hrsg. v. M. Kiem, 1883, S. 22-23 = Quellen zur Schweizer Gesch. III. Einen guten

Überblick über das Aufkommen der Landdekanate siehe bei Heintze, Die Anfänge der Landdekanate im Erzbistum Trier, 1951, S. 28-33, dazu Lexikon f. Theologie u. Kirche 3 (1959) S. 203-204.

201 Über die Entstehung der Landdekanate im Bistum Chur siehe Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 14 (1964) S. 185-217.

202 Zum Ganzen siehe E. Gruber, Die Gotteshäuser des alten Tessin. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengeschichte 33 (1939) S. I-49, 97-144, 177-232, 273-319, dazu die grundlegenden Arbeiten von K. Meyer, Blenio und Leventina von Friedrich Barbarossa bis Heinrich VII. , 19II, sowie P. Schaefer, Das Sottocenere im Mittelalter, 1931. V gl. auch die einzelnen Artikel im Historisch-Biographischen Lexikon der Schweiz, 7 Bde. und Supplement, 1921-1934.

203 Die ausgegrabene zweiapsidige Kirche wird als «frühmittelalterlich» bezeichnet. W. Sulser in: Stucchi e Mosaici altomedioevali, 1962, S. 339,341, Abb. 17 und Zeitschr. f. Schweiz. Archäologie und Kunstgeschichte 21 (1961) S. 158-159.

204 O. Peder, Frühchristliche Baptisterien. Zeitschr. f. Schweizer. Kirchengesch. 51 (1957) S. 89-94. 205 Belege dafür bei H. Fink, Die Kirchenpatrozinien Tirols, 1928, S. 64, ferner

Bognetti-Chierici-Capitani, Santa Maria di Castelseprio, 1948, S. 721 (Register). 206 O. Heiming, Die ältesten ungedruckten Kalender der mailändischen Kirche. Colligere Fragmenta,

Festschrift Alban Dold, 1952, S. 229, dazu H. Tüchle, Dedicationes Constantienses, 1949, S. 116. 207 Bognetti-Marcora, L' Abbazia Benedittina di Civate, 1957, S. 21 f. 208 In der Urkunde von 901(?) bestätigte Ludwig III. der Kirche von Como unter Bischof Heilbert

(Angilbert 879-901) den Markt von Lugano mit den Zöllen wie auch die Pfarrkirche von Lugano. Das Dokument ist verloren und uns nur durch die Urkunde Heinrichs VII. von 1311 überliefert. Danach sollte schon Lothar I. dem Bischof Leo (818-824) die gleichen Rechte gegeben haben, was freilich zweifelhafter ist als die spätere Urkunde Ludwigs. Siehe Mühlbacher-Lechner, Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karolingern, 1908, S. 844-845 zu Nr. 98 und 104. G. Wielich, II Locarnese ne! tempo carolingio e nell'epoca feudale, Locarno 1958, S. 88ff. , sieht die Urkunde als ganze Fälschung an und datiert die Übergabe an Como auf 1002/75.

209 K. Meyer. Die Capitanei von Locarno, 1916, S. 56f. 210 Darüber H. Büttner, Die Alpenpolitik der Franken, im Historischen Jahrbuch 79 (1960) S. 79-81. 211 Ausser den Werken von K. Meyer und E. Gruber siehe I. Müller, Der Gotthardraum in der Frühzeit.

Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 7 (1957) S. 458-475 und H. Büttner, Staufer und Zähringer zwischen Bodensee und Genfersee während des 12. Jb. 1961, S. 86-95 (Neujahrsblatt der Antiquar. Ges. in Zürich, Bd. 40, Heft 3).

212 Die Syrus-Verehrung kam in Mailand«wohl erst im Verlaufe des 10. Jh. » auf. O. Heiming in: Colligere Fragmenta, Festschrift Dold, 1952, S. 234. Zum Ganzen Schweiz. Zeitschr. f. Geschichte 10 (1960) S. 4-7.

213 Grundlegend E. Gruber, Die Stiftungsheiligen der Diözese Sitten im Mittelalter, 1932. Dazu I. Müller, Zur Entstehung der Pfarreien im Wallis. Vallesia, Bd. XXII, Jahrg. 1967, S. 5-69, wo die benutzte Literatur ausführlich zitiert ist.

214 Fr. O. Dubuis, L'eglise Saint-Jean d' Ardon. Zeitschr. f Schweiz. Archäologie u. Kunstgeschichte 21 (1961) S. 113-142.

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215 H. Büttner, Geschichtliche Grundlagen der alemannisch-romanischen Sprachgrenze im Gebiete

der heutigen Westschweiz. Zeitschr. f. Mundartforschung 28 (1961) S. 193-206. 216 Als Hauptquelle für die Diözese Lausanne ist das Cartulaire du Chapitre de Notre-Dame de

Lausanne, hrsg. v. Ch. Roth, 1948, anzusehen (Memoires et Documents de la Suisse Romande. Serie III. , Tome 3). Da das umfangreiche Buch kein Register hat, führen wir jeweils die betreffenden Hinweise in Klammern unserem Texte bei. Dazu sind noch zwei vortreffliche Arbeiten zu nennen: M. Benzerath, Die Kirchenpatrone der alten Diözese Lausanne im Mittelalter, 1914, und J. P. Kirsch, Die ältesten Pfarrkirchen des Kantons Freiburg, in: Freiburger Geschichtsblatter 24 (1917) S. 75-142. Eine solide historische Karte der Diözese Lausanne von Leon Kern bei Schib-Ammann, Historischer Atlas der Schweiz, 1958, Pl. 14. Brauchbare historische Zusammenstellung der Pfarreien von L. Waeber in der Zeitschr. f. Schweizer. Kirchengesch. 34 (1940) S. 27-48, 99-122, 35 (1941) S. 35-61, 98-113, 270-308.

217 Über Lausanne siehe M. Besson, Contribution a l'histoire du diocese de Lausanne 534-888, 1908, und Recherches sur les origines des evèches de Genève, Lausanne et Sion, 1906. Über die Stadt selbst bieten viel Les "Monuments d'Art et d'Histoire de la Suisse: Canton de Vaud I (1965) La Ville de Lausanne, 2 (1944) La Cathedrale de Lausanne. Hier wird, wie es scheint, die Thyrsuskirche als die älteste Bischofskirche hervorgehoben, obwohl sie nur die Grösse einer Kapelle hatte, wozu Besson, Recherches, S. 185-187, und H. Büttner in der Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. II (1961) S. 9-10, zu vergleichen sind.

218 Dazu P. Aebischer in der Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 14 (1964) S. 229-230 sowie in der Revue de Linguistique Romane 27 (1963) S. 30. Zum Datum für Bischof Prothasius siehe Besson, Recherches, S. 164·

219 Zeitschr. f. Schweiz. Archäologie u. Kunstgeschichte I (1939) S. 90. 220 Montfort 14 (1962) S. 9-10. 221 Les Monuments d'Art et d'Histoire du Canton de Vaud 1(1965) S. 274. 222 Memoires et Documents de la Suisse Romande 18 (1863) S. 349. 223 Les Monuments d'Art et d'Histoire du Canton de Vaud I (1965) S. 274 berichten über die Kirche

Näheres. 224 Unter dem jetzigen Gotteshaus hat man um die Jahrhundertwende eine Kirche gefunden, die

anfänglich überschätzt wurde. L. Blonde! umschreibt die Funde folgendermassen: "Cette premiere eglise est typiquement une eglise du debut du 11 siecle avec trois apsides semicirculaires, une grande dans le prolongement de la nef et deux plus petites dans le prolongement des bascôtes. Elle est de la meme ecole que St-Pierre de Clages, aussi St-Imier. »(Freundl. Mitt. vom 8. Juli 1965. ) Vermutlich gehörte die Kirche zu dem im 11. Jh. entstandenen Burgus. Siehe H. Büttner, in: Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. II (1961) 19.

225 Besson, in: Revue Charlemagne, 1911, S. 185, und in seinem Buche: Maria, 1942, S. 21, 156. Dazu Baum J. Frühmittelalterliche Denkmäler der Schweiz (1943) S. 11-17.

226 Besson, Contribution, S. 29, 127. 227 Zur Geschichte des Klosters A. Brackmann, Helvetia Pontificia, 1927, S. 190-196, sowie

Howald/Meyer, Die römische Schweiz, 1940, S. 166, Anm. 3. 228 E. Ewig im Historischen Jahrbuch 79 (1960) S. 19-29, bes. 20. 229 B. Egger. Geschichte der Cluniazenser-Klöster der Westschweiz, 1907, S. 110. Diese solide Arbeit

ist bei allen diesbezüglichen Fragen heranzuziehen, ebenso H. Hüffer, Die Abteien und Priorate Welschburgunds unter den Zähringern. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 15 (1921) S. I-25, 122 bis 145, 207-232, 261-277. Über Romainmôtier S. 18ff.

230 M. Besson, L' Art barbare dans l'ancien diocese de Lausanne, 1909, S·9-10, 44. 231 E. Ewig im Historischen Jahrbuch 79 (1960) S. 51-52. 232 Besson aaO. S. 47. Über Avenches jetzt Helvetia antiqua 1966 S. 253-270. 233 Studien zum St. Galler Klosterplan, hrsg. v. J. Duft, 1962, S. 156f.

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234 A. Schmid, in: Beiträge zur Kunstgeschichte und Archäologie des Frühmittelalters, hrsg. v. H.

Fillitz, 1961, S. 242-256, dazu H. Büttner in der Schweizer. Zeitschr. f. Gesch. 58 (1964) S. 265-292.

235 Memoires et Documents de la Suisse Romande 18 (1863) S. 349. 236 Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 9 (1959) S. 482-488 mit Hinweis auf Muratel (VD) im Broyetal. 237 H. R. Sennhauser, in: Unsere Kunstdenkmäler 16 (1965) S. 147-150. 238 Italia Pontificia, hrsg. v. F. Kehr, I (1906) S. 60-6I. H. Tüchle, Dedicationes Constantienses, 1949,

S. 101. H. Fink, Die Kirchenpatrozinien Tirols, 1928, S. 91-92. 239 Jahrbuch des hist. Vereins f. d. Fürstentum Liechtenstein 59 (1959) S. 317. 240 Montfort 14 (1962) S. 9-10 über den Sulpitiuskult. 241 Wir folgen hier Kirsch, S. 113-115, der Saint-Martin als älteste Pfarrei annimmt, also nicht

Oron-la-Ville, wie Benzerath S. 127-129 vorschlägt. 242 Vgl. J. Duft, Sankt Otmar in Kult und Kunst. I. Der Kult, 1965, S. 9f. 36f. 243 Br. Amiet, Solothurnische Geschichte I (1952) S. 148-149. Lage der Kirche, S. 577. 244 E. Ewig im Historischen Jahrbuch 79 (1960) S. 40-46, 58. Dazu Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 4

(1954) S·386-388. 245 Die Nachricht davon stammt vom Lyoner Bischof Eucharius in seiner 443/450 abgefassten Passio:

Ex hac eadem legione fuisse dicuntur etiam illi martyres Ursus et Victor, quos Salodurum passos fama confirmat. Salodurum vero castrum est etc. L. Dupraz, Les Passions de St. Maurice d'Agaune, 1961, S. 49, 51, 108-109, II9, 179,295, ferner im Dossier am Schlusse S. 4, 17. Das dicuntur hat wohl die gleiche Bedeutung wie videri im Frühmittelalter, d.h. es weist auf die mündliche Tradition hin, ohne damit einen skeptischen Einschlag anmelden zu wollen. Vgl. K. Strecker, Einführung in das Mittellatein, 1929, S. 27. H. Wartmann, Urkunden der Abtei St. Gallen I (1863) Nr. 7, 10, 12 usw. , alles Belege für videri. Für dicitur siehe Fontes Rerum Bernensium I (1883) S. 239, 293 zu 885 und 1009. Quellenwerk I, Nr. 163 zu 1178.

246 Amiet, S. 113, 171, 577 (Lageplan). Wichtig auch S. 471-472 über die in St. Peter 1473 gefundenen 34 menschlichen Skelette. Neue Ausgrabungen sind im Gange.

247 Amiet, S. 148,523. Benzerath, S. 136-137, 211. 248 J. Siegwart, Die Chorherren- und Chorfrauengemeinschaften in der deutschsprachigen Schweiz

vom 6. Jh. bis 1160, 1962, S. 80,84. Dazu H. Büttner im Historischen Jahrbuch 76 (1957) S. 524-525 und Frühmittelalterliches Christentum und fränkischer Staat zwischen Hochrhein und Alpen, 1961, S. 80.

249 Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz VI. 337, anders Amiet, S. 149. 250 Dazu A. Koch, Solothurner Urkundenbuch I, Nr. 19, 39, S. 22, 112. 251 Fontes Rerum Bernensium I (1883) S. 239, 278. Zu Moutier-Grandval H. Büttner in der Zeitschr. f.

Schweiz. Kirchengesch. 58 (1964) S. 9-34. 252 Fontes Rerum Bernensium aaO. S. 284. 253 J. Courvoisier, Les Monuments d'Art et d'Histoire du Ct. de Neuchatel 2 (1963) S. 144-145, 156,

193. 254 Über die Wichtigkeit der Pfarrei Köniz, siehe Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 9 (1959) S. 478-480. 255 Zur Ergänzung von Benzerath siehe A. Moser, Die Patrozinien der Bernischen Kirchen im

Mittelalter, in: Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 52 (1958) S. 27-47, dazu A. Egloff, ebd. 52 (1958) S. 181-182. Zu Oberbalm verweist A. Moser, Erlach, noch auf folgende Belege: Fontes Rerum Bernensium 1(1883) S. 443-444 zu 1158, ferner Visitationsbericht 1453 im Archiv des Historischen Vereins des Kt. Bern 1/2 (1848) S. 333.

256 B. Stettler, Studien zur Geschichte des obern Aareraumes im Früh- und Hochmittelalter, 1964, ist grundlegend für die hier zu behandelnden Kirchen und Pfarreien (siehe Register). Einzelne Probleme sind freilich noch offen. Man vgl. die Rezension von H. Büttner in der Zeitschr. f. Rechtsgeschichte, Germ. Abt. 82 (1965) S. 382-386.

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257 Text des Eddo-Testamentes, in: A. Koch, Solothurner Urkundenbuch I (1952) S. 1-3. Stettler, S.

111-125, sieht den Passus der drei Kirchen als Zusatz des 11. Jh. an, dazu jedoch H. Büttner in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 59 (1965) S. 64.

258 M. Grütter im Anzeiger f. Schweiz. Altertumskunde 34 (1932) S. 278-280. 259 P. Hofer, Kleinhöchstetten 1955, S. 8 f. , 14 f. , ferner über Habstetten S. 17, 20, 22. Dazu

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz IV. S. 40 (Habstetten) und V, S. 197 (Münsingen bzw. Kleinhöchstetten).

260 Oppliger-Tschumi, Der Kirchhubel in Lyss. Fundberichte. Jahrbuch des Bernischen Museums in Bern 13 (1933) S. 96-116. E. Oppliger, Lyss. Seine Geschichte, 1948, S. 20-41, 202. Prof. O. Tschumi schrieb von einer «chorähnlichen hufeisenförmigen Anlage» (Brief vom 16. Dez. 1934), während er im Museumsbericht S. 113 von einer «halbkreisförmigen Apsis» spricht.

261 Solothurnisches Urkundenbuch I, S. 11-12. 262 B. Amiet, Solothurnische Geschichte I (1952) S. 36, 77-78, 123, 139, 162, 181. 263 Solothurnisches Urkundenbuch I, S. 1-3 , dazu Amiet, S. 160. Das Patrozinium bei L. R. Schmidlin,

Geschichte der Pfarrgemeinde Biberist, 1886, S. 94-95 und Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 52 (1958) S. 182.

264 Stettler, S. 144, 154-156, 160. 265 H. Wartmann, Urkundenbuch der Abtei St. Gallen I (1863) Nr. 140 (zu 795), Nr. 359 (zu 816/37), 2

(1866) Nr. 564 (zu 841/872), Nr. 650 (zu 886) über Besitzungen in diesen Gebieten. 266 Die Entstehung der Pfarrei ist problematisch. Man vgl. M. Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kt.

Aargau I (1948) S. 309, 322-324, 334-335, ferner J. Siegwart, Die Chorherren- und Chorfrauengemeinschaften in der deutschsprachigen Schweiz bis 1160, 1962, S. 324-325, dazu Cl. Hecker, Die Kirchenpatrozinien des Archidiakonates Aargau im Mittelalter, 1946, S. 49, 105-106. Die Arbeit von Hecker ist für das ganze Gebiet bis zum Zürichsee und der Innerschweiz jeweils heranzuziehen.

267 A. Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kt. Luzern 5 (1959) S. 196 f. Über Reiden und Langnau ebd. S. 124 f. 180f.

268 Studien zum St. Galler Klosterplan, hrsg. v. Joh. Duft, 1962, S. 156f. 269 Reinle V, S. 209f. 270 Reinle V, S. 105-106, 109-110 (Inschrift des 10./11. Jh. ). 271 Reinle V,S. 64-65, dazu Hecker, S. 14-15. 272 Reinle 4 (1956) S. 180-181. Ders. , Die hl. Verena von Zurzach, 1948, S. 92. Über Zell siehe

Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 50 (1956) S. 153-156 und Reinle V, S. 281. 273 Geschichtsfreund 117 (1964) S. 30. 274 Br. Amiet, Solothurnische Geschichte I (1952) S. 154. A. Guldimann, in der Festschrift Dietschi

1949 S. 1-12. 275 Solothurner Urkundenbuch I, S. 13-15. Quellenwerk I, Nr. 72. 276 Solothurner Urkundenbuch I, S. 3-7, dazu H. Büttner in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 59

(1965) S. 60-66. Amiet, S. 154. Hecker, S. 47, 115. Zu A. Kocher, Die Anfänge des Stiftes Schönenwerd, 1965 (Veröffentlichungen des Solothurner Staatsarchives, Heft 1-2), siehe H. Büttner in der Zeitschr. f. Rechtsgeschichte, Kanon. Abt. Bd. 93,1966. S. 424-425.

277 A. Lüthi und E. Hug in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 56 (1962) S. 1-52 sowie 58 (1964) S. 224-230, dazu Jahrbuch der Schweiz. Ges. f. Urgeschichte 50 (1963) S. 91-93, 51 (1964) S. 121-122.

278 Bosch-Sennhauser in: Argovia 72 (1960) S. 1-25, bes. S. 14-15. 279 M. Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kt. Aargau I (1948) S. 172-173. 280 Plan der Pfarrei, in: Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 56 (1962) S. 19. 281 Über die Frage, wieso Otto 1. in Oberentfelden Besitz hatte, schreibt Prof. Dr. H. Büttner, Köln,

folgendes: « Aus Gut der Familie kann dieser Besitz nicht herkommen, da die Liudolfinger nichts

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mit diesen ganzen Gebieten zu tun hatten. Es bleibt zunächst die Möglichkeit, wie so oft, dass Otto I. (oder schon Heinrich I. nach 926) Anspruch auf Königsgut in Alemannien machte. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass es eigentlich Besitz seiner Frau Adelheid war. Die Intervention Adelheids konnte ein leichter Fingerzeig sein. Adelheid musste diesen Besitz über ihre Mutter Berta als Tochter des Herzogs Burchard erlangt haben» (Brief vom I 1. April 1965).

282 Stettler, Kunstdenkmäler, S. 4I, 167. Über Gränichen, das vielleicht eine sehr alte Eigenkirche war, siehe G. Boner im Wohler Anzeiger Nr. 34 zum 28. April 1961.

283 M. Stettler, Kunstdenkmäler, über Kölliken, Schöftland, Reitnau im Register. Über Triengen siehe A. Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kt. Luzern 4 (1956) im Register.

284 Über Sarmenstorf siehe Argovia 72 (1960) S. 60, 82-83, über die übrigen Kirchen Stettler 2 (1953) im Register.

285 M. Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kt. Aargau 2 (1953), ist bei Windisch, wie überhaupt bei den folgenden Darlegungen, dankbar benutzt worden. Dazu vgl. G. Gloor, Die mittelalterlichen Grosspfarreien der nachmals reformierten Aargauer Bezirke, in: Argovia 60 (1948) S. 39-87, und Kultgeschichtlicher Grundriss der Brugger Landschaft, in: Brugger Neujahrsblätter 1951, S. 13-67 mit genauen Belegen aus der Lokalgeschichte.

286 G. Boner, Kirchdorf bei Baden. Argovia 72 (1960) S. 36-54, bes. S. 37-38.

286aVielleicht hat jedoch Graf Ulrich von Lenzburg (1036) im Dorfe die Ulrichskapelle gegründet, während die St. Johanneskirche erst mit der späteren Stadtgründung zusammenhängt. So A. Egloff in: Unsere Heimat. Jahresbericht d. Histor. Ges. Freiamt 29 (1955) 53.

287 Jahrbuch der Schweiz. Ges. f. Urgeschichte 49 (1962) S. 80, 82. Zur Ausdehnung der Pfarrei Niederwil, Egloff aaO. S. 50.

288 P. Hausherr, Von der Frühgeschichte und Stadtwerdung Bremgartens, 1959, S. 36-37, 104-110. 289 Hausherr aaO. S. 34-41. Über die Weihe der Göslikoner Marienkirche I048/49 siehe Egloff aaO. S.

46-54. 290 Acta Murensia, hrsg. v. M. Kiem, 1883, S. 16-17,20-23 (Quellen zur Schweizer Geschichte, Bd. 3).

Zur Genealogie der Habsburger siehe P. Kläui in: Argovia 72 (1960) S. 26-35. 291 Die Ausführungen über die Pfarreien Luzerns stützen sich vielfach auf A. Reinle, Die

Kunstdenkmäler des Kt. Luzern, Bd. IV und V. Dazu Geschichtsfreund 117 (1964) S. 5-59 über die Entstehung der Pfarreien an den Ufern des Vierwaldstattersees.

292 Nach J. Siegwart, Die Gründungsgeschichte von Beromünster im Geschichtsfreund 117 (1964) S. 133-171, entstand Beromünster dadurch, dass mehrere Einsiedeleien um die Stephanskirche von Gunzwil, die vor 876 zu datieren wäre, sich zusammenschlossen und in dem 922 gegründeten Stift von Graf Bero zusammengefasst wurden.

293 Zürcher Denkmalpflege 2 (1960) S. 44-49, 62-71. Über die Sebastiansverehrung Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 12 (1962) S. 489-490. Über die Kirchen Cl. Hecker, Die Kirchenpatrozinien des Archidiakonats Aargau, 1946, S. 47, 66. Neuestens schlagt W. Drack für die erste Kirche von Knonau das 8. Jh. vor. Jahrbuch der Schweiz. Ges. f. Urgeschichte 51 (1964) S. 125-126. Dann wäre das Sebastianspatrozinium nicht von Schänis übertragen, was nicht wahrscheinlich, aber möglich wäre.

294 Zu den Zuger Kirchen siehe L. Birchler, Die Kunstdenkmäler des Kt. Zug 1 (1934) und 2 (1959) mit Nachträgen.

295 E. Ewig im Historischen Jahrbuch 79 (1960) S. 30-32. Zur Jakobskapelle in Péry 885 (Berner Jura) siehe Benzerath, S. 75-76, mit anderer Kulteinschätzung.

296 E. Gruber in der von O. Wolfherausgegebenen Geschichte von Cham I (1958) S. 97-98. 297 Zum Ganzen H. Wicker, St. Peter in Zürich, 1955, bes. S. 11f. , 39 f. Zur Peterskirche siehe auch K.

Escher, Die Kunstdenkmäler des Kt. Zürich 4 (1939) S. 279f. 298 Zur ganzen Darstellung siehe P. Kläui, Ausgewählte Schriften, 1965, S. 31-33 (Mitteilungen der

Antiquar. Ges. in Zürich, Bd. 43). Dazu die Auffassungen von M. Beck, Die Patrozinien der ältesten Landkirche im Archidiakonat Zürichgau, 1933, S. 75-80, 104-105, 114-116, 124-126,

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ferner die entsprechenden Abschnitte bei H. Fietz, Die Kunstdenkmäler des Kt. Zürich, Band II (1943).

299 L. Helbling, Sankt Meinrad, 1961, S. 28-31. 300 Alle Einsiedeln betreffenden wichtigeren Texte finden sich in Regesten angegeben im Quellenwerk

I, Nr. 26 usw. Dazu H. Keller, Kloster Einsiedeln im ottonischen Schwaben, 1964, S. 13 f. , 37 f. 301 C. Moser, Die kirchenrechtliche Stellung der Pfarrei Einsiedeln, 1937, S. 15-24. 302 H. Wicker, St. Peter in Zürich, 1955, S. 12-14. 303 Kläui aaO. S. 6-31, 34-35, 38-42. Dazu Hans Kläui, Einflüsse der fränkischen Herrschaft auf den

alemannischen Siedlungsraum der Nordostschweiz. Alemannisches Jahrbuch 1962/63, S. 14-64, bes. S. 28-29, 60, ferner Br. Boesch, Das Ortsnamenschild zwischen Zürich- und Walensee, in: Sprachleben der Schweiz, 1963, S. 241-259, bes. S. 247.

304 B. Boesch in: Sprachleben der Schweiz, 1963, S. 244-247. 305 L. Birchler, in: Römische Quartalschrift 57 (1962) S. 58-67, dazu Kurzbericht, in: Unsere

Kunstdenkmäler 15 (1964) S. 52-54, dazu Kläui, Ausgewählte Schriften, S. 40-43. 306 Kläui, S. 3 3-34 und H. R. Sennhauser in den Mitteilungen des Historischen Vereins des Kt. Schwyz

57 (1964) S. 114-115, 122-127. 307 Kläui, S. 37-38. 308 Kläui, S. 38, Zum Margarethenkult siehe Schweizer. Archiv für Volkskunde 58 (1962) S. 125-128. 309 Drack-Moosbrugger, Die frühmittelalterliche Kirche von Tuggen. Zeitschr. f. Schweiz.

Archäologie u. Kunstgeschichte 20 (1960) S. 176-207. Dazu Kläui, S. 35-37. 310 Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz VII, S. 94. Zur relativen Chronologie von Wangen

(spätestens 800) und Tuggen (7./8. Jh. ) bemerkt Prof. H. Büttner: «Wenn das Wäggital zu Tuggen gehörte, muss diese Kirche älter sein als Wangen, sonst wäre diese Ausdehnung nicht recht erklärbar.»

311 Kläui, S. 36. Kunstdenkmäler des Kt. St. Gallen 4 (1966) S. 548, 570. 312 Über die Pfarrei P. Oberholzer, Die Heiligkreuzkirche Uznach. 1965 S. 5. 313 F. Elsener, Der Hof Benken, 1953, S. 10-13 = Neujahrsblatt des Historischen Vereins St. Gallen,

Bd. 93. Zum Petruspatrozinium Reichenaus, belegt 827/844, siehe Germania Pontificia, hrsg. v. A. Brackmann, II. Pars 1. (1923) S. 151.

314 Regest im Bündner Urkundenbuch I (1955) S. 57, Nr. 66. Photo der Urkunde bei F. Marbach, Sankt Kolumban in Wangen, 1944, S. 16, dazu Text S. 63 (verbessert).

315 Bündner Monatsblatt 1955, S. 362-374. 316 H. Büttner, Frühmittelalterliches Christentum u. fränkischer Staat zwischen Hochrhein und Alpen,

1961, S. 85-87= Zs. f. Schweiz. Kirchengeschichte, Bd. 48, Jahrg. 1954, S. 253-255. Kläui, S. 43-44.

317 J. Winteler, Glarus, Geschichte eines ländlichen Hauptortes, 1961, S. 128-132. Dazu M. Koch, Sankt Fridolin und sein Biograph Balther, 1959, S. 122-128.

318 Vgl. die Weihe der Kirche in Appenzell 1061. Bündner Urkundenbuch I (1965) Nr. 198. Dazu H. Tüchle, Dedicationes Constantienses, 1949, S. 15 ff.

319 Vgl. Bündner Monatsblatt 1962, S. 60-61 über Chur-Glarus 320 Zum Ganzen vgl. Die Entstehung der Pfarreien an den Ufern des Vierwaldstätersees im

Geschichtsfreund 117 (1964) S. 5-59. 321 Zu H. Schnyder, Zur Traditionskontroverse Luzern-Murbach. Geschichtsfreund 117 (1964) S. 60

bis 112, vgl. W. Lendi in der Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 59 (1965) S. 85-87. 322 Wie schon für Obwalden so ist auch für Nidwalden das grosse Werk von R. Durrer, Die

Kunstdenkmäler des Kt. Unterwalden, 1928, grundlegend. Dazu auch Th. Graf, Zur Einführung des Christentums in Nidwalden. Beiträge zur Geschichte Nidwaldens 19 (1949) S. 5-18.

Page 132: Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von … · 2012. 7. 23. · Deutlicher als ecclesia ist plebs. Die Idee des populus sanctus ist schon biblisch (Deut. 7,6,

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323 Über die Pfarreien von Schwyz siehe L. Birchler, Die Kunstdenkmäler von Schwyz, 2 Bde. 1927 bis

1930, dazu Geschichtsfreund 117 (1964) S. 8-19. 324 Die Urner Kunstdenkmäler stehen noch aus, dafür vorläufig I. Müller, Uri im Frühmittelalter,

Historisches Neujahrsblatt 1957/58, S. 8-39, und Zur Besiedlung der Gotthard-Täler, Geschichtsfreund III (1958) S. 5-35, bes. S. 23-35.

325 Zum rätischen Gebiet O. Farner, Die Kirchenpatrozinien des Kt. Graubünden, 1925 (Separatum des Jahresberichtes der Hist. -antiquar. Ges. v. Graubünden, Bd. 54, Jahrg. 1924). E. Poeschel, Die Kunstdenkmäler des Kt. Graublinden, 7 Bde. , 1937-1948. Ergänzungen dazu W. Sulser, Die Entwicklung der Kleinkirchen in Churrätien und im Tessin, in: Stucchi e Mosaici altomedioevali, Milano, 1962, S. 331-344, und H. Erb, Archäologische Untersuchungen und Entdeckungen in Graubünden 19601963, in: Terra Grischuna, April 1964. Über die Pfarreien siehe Schweiz. Zeitschr. f. Gesch. 7 (1957) S. 433-458 und 12 (1962) S. 449-479.

326 Hinweis von Prof. H. Büttner: «Bei St. Martin möchte ich in der Tat annehmen, dass im späten 6. Jh. oder im 7. Jh. schon eine erste Kirche begonnen wurde. Denn damals durfte so langsam die reine Schutzstellung des Bistums und der Kirche im Hof aufgelockert worden sein. Die noch heute vorhandene Strassenanlage in Chur zeigt doch sehr deutlich, wie die Strasse vom Plessurübergang nach dem Anstieg zum Hof, d. h. zunächst zum Platz der Martinskirche führt und wie dann von dort aus erst der Weg nach Norden eingeschlagen wird. So dürften auf der Strecke zwischen dem Flussübergang und St. Martin schon im 6. /7. Jh. wieder Siedlungsanfänge stecken. Freilich geht eine solche Annahme nicht über eine gewisse Wahrscheinlichkeit hinaus» (Brief vom 26. Januar 1964).

327 E. Poeschel, Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, 1950, und I. Müller, Die Patrozinien des Fürstentums Liechtenstein. Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 59 (1959) S·301-327·

328 B. Bilgeri, Das rätische Güterverzeichnis um 850 als Vorarlberger Geschichtsquelle. Jahresbericht des Bundesrealgymnasiums in Bregenz 1951/52, S. 8-23, ders. Vinomna-Ranguila, das churrätische Rankweil. Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1953, S. 15-19. Zusammenfassend I. Müller, Zum rätischen Pfarrei-System im Vorarlberger Gebiet. Montfort 14 (1962) S. 1-23.

329 P. Kläui in der Schweizer. Zeitschr. f. Gesch. 13 (1963) S. 536. 330 Über Schänis siehe Meyer-Marthaler in der Festgabe Nabholz, 1944, S. 27-28, dazu J. Siegwart,

Die Chorherren- und Chorfrauengemeinschaften der Schweiz bis 1160, 1962, S. 86, 219. 331 P. Kläui in der Schweizer. Zeitschr. (Gesch. 13 (1963) S. 536-537. 332 Über Fernkontakte zwischen Rätien und Spanien im Frühmittelalter siehe Gesammelte Aufsätze

zur Kulturgeschichte Spaniens 20 (1962) S. 264-271, dazu Schweizer. Zeitschr. (Gesch. 12 (1962) S. 120-123, dazu B. Bischoff, in: Centri e vie di irradiazione della civiltà nell'alto medioevo, 1964. S. 483-484, 495.

333 G. Meersseman, Das liturgische Kalendar des Pleifer Anniversars. Festschrift Oskar Vasella, 1964. S. 198-216, bes. S. 201.

334 Zum Problem siehe E. Meyer-Marthaler in der Festgabe Nabholz, 1944, S. 18-20. 335 Man hat neuerdings wiederum Zuoz als Urpfarrei für das Oberengadin vorgeschlagen, und zwar

mit Hinweis auf die Pfarrwahlurkunde van Samaden van 1503. Zeitschr. f. Schweiz. Kirchengesch. 58 (1964) S. 244. Aber wir vernehmen nichts von Zehnten Samadens an Zuoz. Solche Abmachungen des 16. Jh. sagen gar nichts aus über die früheren Entwicklungen, sie sind rein ad hoc aus den damaligen Verhältnissen abgeschlossen worden. Über diese Urkunde von 1503 siehe Zeitschr. f. Rechtsgeschichte, Kan. Abt. 145 (1965) S. 143.

336 Über die Pfarreien vom Unterengadin und Vintschgau siehe Schlern 34 (1960) S. 318-329 und 35 (1961) S. 331-338.

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