7
Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1|2016 | 1 UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art oder im engeren Sinn auf Geistliches in spezifisch religiösem Sinn ausge- richtete Haltung». Wesentliche Leitlinie der Diakonie Bethanien ist seit der Gründung 1874 die christliche Spiritualität. In erster Linie bezieht sie sich auf grundlegen- de Werte, wie das Verständnis vom Wert eines jeden einzelnen Menschen, ungeachtet seiner nationalen, religiö- sen und sozialen Herkunft, aber auch Werte wie Umgang mit der Mitwelt, Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz… Eine christlich spirituelle Haltung kann nicht ein für alle Mal definiert werden und ist dann für immer klar. Im Alltag sind wir täglich gefordert, diesen Werten Platz im aktuellen Leben zu geben und sie immer wieder in momentane Situationen zu überset- zen. Ein sehr hoch gesteckter An- spruch an uns selber und eine ständi- ge Herausforderung. Wie gut uns das gelingt? Das können am ehesten alle die beurteilen, die mit uns in irgendeiner Beziehung stehen. Fredy Jorns, Direktor Spiritualität DIAKONIE BETHANIEN Der Wandel ist in allem – auch in der Ausgestaltung von Spiritualität Spiritualität – ein grosses Wort. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und Bilder, die bei diesem Wort entstehen. Auch die Diakonie Bethanien hat ihr eigenes Bild von Spiritualität. Ein Bild, das von den Diakonissen, den Mitar- beitenden, dem christlichen Glauben sowie vom Zeitgeist gestaltet wird. Daher ist die Ausprägung der Spirituali- tät der Diakonie Bethanien in einem gewissen Mass einem Wandel unterzo- gen und wird es auch bleiben. Im Jahre 1950 war das Bild der Diako- nie von Diakonissen geprägt, es gab keine externen Mitarbeitenden. Schwestern in Trachten und mit Hauben gingen durch die Gänge, beteten mit Patienten und sangen miteinander. In der Kapelle fand der sonntägliche Gottesdienst statt, ebenfalls mit Singen und Beten. Im Laufe der Jahre beginnen sich Dinge zu verändern: In der Diakonie Bethanien sind nicht mehr alle Mitar- beitenden Diakonissen. Viele der Patienten stammen aus anderen Kulturen, sind Atheisten oder aus anderen Gründen nicht traditionell christlich gläubig. Heute sind die Mitarbeitenden in der Diakonie – die aus 30 Nationen stam- men – ohne Hauben unterwegs. Religionen und Kulturen begegnen sich in ihrer Buntheit, auch mit ihren Traditionen. Nach wie vor gibt es sonntags einen Gottesdienst. Doch nebst den traditionellen Ritualen haben sich neue Formen der Spiritualität entwickelt. Denn eines ist geblieben: dass die Menschen Fragen haben. Zu ihrem Leben. Zum Ende ihres Lebens. Sie suchen nach einer höheren Macht, nach einem Plan. Gerne geben wir Ihnen in dieser Ausgabe einen Einblick in unsere gelebte Spiritualität. Nadja Kröner, Marketing Wie viel Zeit bleibt mir noch? Worauf kann ich aufbauen und hoffen? Spiritualität ist nach wie vor aktuell.

UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 1

UNTERWEGS

EDITORIAL

Spiritualität

Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu

lesen – «eine auf Geistiges aller Art

oder im engeren Sinn auf Geistliches

in spezifi sch religiösem Sinn ausge-

richtete Haltung».

Wesentliche Leitlinie der Diakonie

Bethanien ist seit der Gründung 1874

die christliche Spiritualität. In erster

Linie bezieht sie sich auf grundlegen-

de Werte, wie das Verständnis vom

Wert eines jeden einzelnen Menschen,

ungeachtet seiner nationalen, religiö-

sen und sozialen Herkunft, aber auch

Werte wie Umgang mit der Mitwelt,

Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz…

Eine christlich spirituelle Haltung kann

nicht ein für alle Mal defi niert werden

und ist dann für immer klar. Im Alltag

sind wir täglich gefordert, diesen

Werten Platz im aktuellen Leben zu

geben und sie immer wieder in

momentane Situationen zu überset-

zen. Ein sehr hoch gesteckter An-

spruch an uns selber und eine ständi-

ge Herausforderung.

Wie gut uns das gelingt? Das können

am ehesten alle die beurteilen, die mit

uns in irgendeiner Beziehung stehen.

Fredy Jorns, Direktor

Spiritualität

DIAKONIE BETHANIEN

Der Wandel ist in allem – auch in der Ausgestaltung von Spiritualität

Spiritualität – ein grosses Wort. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und Bilder, die bei diesem Wort entstehen. Auch die Diakonie Bethanien hat ihr eigenes Bild von Spiritualität. Ein Bild, das von den Diakonissen, den Mitar-beitenden, dem christlichen Glauben sowie vom Zeitgeist gestaltet wird. Daher ist die Ausprägung der Spirituali-tät der Diakonie Bethanien in einem gewissen Mass einem Wandel unterzo-gen und wird es auch bleiben. Im Jahre 1950 war das Bild der Diako-nie von Diakonissen geprägt, es gab keine externen Mitarbeitenden. Schwestern in Trachten und mit Hauben gingen durch die Gänge,

beteten mit Patienten und sangen miteinander. In der Kapelle fand der sonntägliche Gottesdienst statt, ebenfalls mit Singen und Beten. Im Laufe der Jahre beginnen sich Dinge zu verändern: In der Dia konie Bethanien sind nicht mehr alle Mitar-beitenden Diakonissen. Viele der Patienten stammen aus anderen Kulturen, sind Atheisten oder aus anderen Gründen nicht traditionell christlich gläubig. Heute sind die Mitarbeitenden in der Diakonie – die aus 30 Nationen stam-men – ohne Hauben unterwegs. Religionen und Kulturen begegnen sich in ihrer Buntheit, auch mit ihren Traditionen. Nach wie vor gibt es sonntags einen Gottesdienst. Doch nebst den traditionellen Ritualen haben sich neue Formen der Spiritualität entwickelt. Denn eines ist geblieben: dass die Menschen Fragen haben. Zu ihrem Leben. Zum Ende ihres Lebens. Sie suchen nach einer höheren Macht, nach einem Plan. Gerne geben wir Ihnen in dieser Ausgabe einen Einblick in unsere gelebte Spiritualität.

Nadja Kröner, Marketing

Wie viel Zeit bleibt mir noch? Worauf kann ich aufbauen und hoffen? Spiritualität ist nach wie vor aktuell.

Page 2: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 2

BEGRIFF

Spiritualität, spirituell – was heisst das eigentlich?

In einer allgemeinen Erklärung meint der Begriff Spiritualität (lat. spiritus = Geist/Atem) die Erfahrung des Verbunden-seins mit einer tieferen (oder höheren) Dimension des Lebens. Spiritualität orientiert sich als Erstes nicht an Religionen oder kirchlichen Vorgaben, sondern an der Erfahrung: Was bedeutet mir etwas, was kann ich hoffen, was erlebe ich, was ist mir heilig?Nicht Lehrsätze, Bücher oder Wissen

stehen im Vordergrund, eher das Erleb - nis, d.h. es ist mehr eine pragmatische als eine dogmatische Grundhaltung. Offensichtlich gibt es so etwas wie ein unmittelbar hereinbrechendes, überwäl-tigendes Erlebnis, das unser Alltagsbe-wusstsein übersteigt (transzendiert) oder auch neu formiert. Wie kann das erlebt werden? Gehaltensein trotz Verlust, verbunden in einer ich-zentrier-ten Welt, Natur- und Einheitserfahrun-gen, Sinnerlebnisse in Krisen, Ange-nommen- und Bejahtsein. Die Krise der Kirchen ist in unserer Zeit vielschichtig. Eines kristallisiert sich jedoch heraus: ein Defizit an konkreten Erfahrungen. Spirituelle Suche drückt den Hunger danach aus. Zwei grosse Linien lassen sich erkennen: 1) Die eine führt zu dem Wunsch, von anderen zu lernen. Es entsteht eine Art Patch-Work der Religionen. Hier wird kombiniert und ausprobiert, wie es sich

ergibt. Auf die Länge fehlt oftmals der Boden, auch die Zugehörigkeit. Nur schwer lässt sich im Wechsel eine spirituelle Stabilität erreichen. 2) Die andere Linie sucht eine Verwur-zelung in einer Religion, in einer Traditi-on oder Kirche und darin die Erfahrun-gen, die das Leben und den Glauben vertiefen. Das kann dann mit Überzeu-gung eine christliche Spiritualität sein. Dazu gehören z.B. Naturerfahrungen, Gebet, Kontemplation, Orientierung an Jesus und den Erfahrungen aus den biblischen Texten, sowie die christlichen Rituale und Feste. Spiritualität wird teilweise von den Kirchen noch als Bedrohung ihrer Identität erlebt. Das ist nicht nötig. Die Zukunft wird zeigen, ob die Kirchen dem Verlust an Bedeutung begegnen können und ob sich neue Wege christli-cher Lebensgestaltung auftun.

Andreas Schaefer, Seelsorger

PERSONAL

Monatliche «Atempause» für Mitarbeitende

Als Diakonie Bethanien haben wir die Chance, in aller Offenheit zu suchen und zu entdecken, was wir zur Spiritualität wichtig finden. Es gibt Dinge, die uns Mitarbeitende trotz aller Unterschiede verbinden. Wir setzen uns ein in der

Diakonie Bethanien. Die Atempause vermit-telt einen kurzen Gedanken oder Impuls zur Lebenskunst im Alltag – und darüber hinaus. Einmal im Monat eine halbstündi-ge Mittagspause. Eingeladen sind alle Abteilungen und Betriebe. Es ist gut, den

Arbeitsrhythmus zu verlassen und...…sich verbunden wissen,…gemeinsam etwas hören,…still werden, sich besinnen, …die Arbeit des Vormittags ruhen lassen, …gemeinsam etwas essen.

Einfach – und doch so bedeutsam.Im weiten Sinn ist es Spiritualität, ohne dass eine Religion im Vordergrund steht. Wir lernen, miteinander im Austausch zu sein, Respekt und Achtung zu haben, zu hören. In der Stille ist der Weg offen für Schweigen, für ein inneres Gebet, für eigene Gedanken. Im Gespräch erleben wir, dass es neben der konkreten Arbeit auch Fragen und Themen gibt, die uns gemeinsam betreffen. Ausgehen können wir von dem Jesus-Wort: «Der Mensch ist mehr als Essen und Trinken und Kleidung…».Wo diese Weisheit gelebt wird, da geschieht eine wohltuende Ergänzung. Wir öffnen uns für etwas Grösseres.

Andreas Schaefer, Seelsorger

Gemeinsam still sein, sich besinnen, etwas essen: Das ist die Atempause.

Natur- und Einheitserfahrungen – auch sie sind Teil der Spiritualität

Page 3: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 3

DIAKONIEGEMEINSCHAFT

Eine an Christus orientierte Glaubensgemeinschaft

Spiritualität ist nicht machbar, aber erleb- und spürbar, ist Geschenk. Sie ist eine unmittelbare, persönliche Erfahrung mit diesem geheimnisvollen Urgrund, mit Gott.Die Diakonissen haben alle einen Ruf in die Diakonie erlebt, den sie als heilig, als von Gott geführten Weg gedeutet haben, dem sie gefolgt sind. Es braucht auch heute im Alter immer wieder die Entscheidung, ehrfurchtsvolle und heilige Momente im Alltag als Gottes-erfahrungen zu deuten.Zentral für die Diakonissen ist die Beziehung zu Christus. Sie vertrauen darauf, dass Gott ihnen in Jesus Christus entgegenkommt, nicht sie den ersten Schritt tun müssen.Was bedeutet denn eine Spiritualität, die sich an Jesus orientiert? Ich greife drei Aspekte heraus:

1. Nähe zu JesusLiebe ist Jesus zufolge eine Dynamik,

eine Kraft, die wirkt, über den Tod hinaus, nichts kann uns davon trennen.Er hat mit seiner Person, seinem Leben vorgelebt, was es heisst, von Gott geliebt zu sein und andere Menschen zu würdigen, zu lieben und heilend zu wirken. Diese Nähe zu ihm kann aktiv gesucht werden in der Stille, im Gebet, in den Bibelstunden, beim Abendmahl oder bei religiösen Festen. Bei ihm darf man einfach sein, mit allen Stärken und Schwächen, allen Verfehlungen. Jesus vergibt und lehrt, dass nicht alles selber bewältigt werden muss im Leben.

2. WirkungDie vielen kleinen und grossen Er-fahrungen des Verbundenseins mit Gott haben eine enorme Wirkung im Alltag. Bei den einen wächst das Vertrauen, auch in leidvollen und gescheiterten Momenten getragen zu sein. Ängste können ausgehalten werden, hoffend,

dass sich neue Türen öffnen. Andere fühlen sich geborgen, getröstet, sie wer-den ruhiger. Innere Bilder oder Erlebnis-se können ermutigend und stärkend wirken. Die Beziehungen zu den Mit - menschen können sich verändern, Haltungen von gelebter Nächstenliebe werden wichtig. Eine tiefe Dankbarkeit für Gottes Schöpfung kann erlebt werden.

3. DiakoniegemeinschaftIn der Gemeinschaft die Ausrichtung auf Gott und Jesus in Ritualen und Feiern zu leben, verbindet und stärkt untereinander, trägt, gibt Kraft und stärkt die Hoffnung, dass Gott weiterhin auf wohltuende Art und Weise spürbar sein wird, nicht nur in der Schwestern-gemeinschaft, sondern ebenfalls in der Diakonie Bethanien.

Brigitte Tobler, Leitung Diakonie gemeinschaft

Die Diakoniegemeinschaft lebt Verbundenheit. Hier bei einem gemeinsamen Ausflug.

Page 4: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 4

SEELSORGE

Die Seelsorge ist für alle da

Es braucht Vorsicht und Respekt. Damit beginnt es. Glaubensfragen können hei-kel sein und sind persönlich. Oft ver - binden sich damit Geschichten, schöne und schwierige. Als Seelsorger habe ich

den Auftrag, da zu sein. Gelingt es mir, zu hören, was nötig ist? Schön, wenn etwas ausgesprochen werden kann, das schon lange belastend war. Viele haben mir gesagt, sie hätten Spiritua-lität oder den Glauben vernachlässigt. Jetzt ist es so weit. Werden sie einen Weg finden? Jemand will unbedingt beten, für einen anderen ist es das Letzte, was zu tun ist. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Frauen im Power2be Bethanien haben andere Fragen als eine sterbende Bewohnerin im Pallivita Bethanien. Etwas haben die Menschen gemeinsam: Den Wunsch, mit dem Leben und seinen Rätseln fertig zu werden, Ausblick und Ermutigung zu erfahren, Grenzen zu überwinden.Spiritualität ist jedem Menschen möglich. Viele bringen ihre Erfahrungen mit, andere wagen erste Schritte, besonders in Krisenzeiten. Als Seelsor-ger bin ich jemand, der in solchen

Situationen da ist, der schweigen kann, in Ruhe beten, einen Text lesen oder verfassen, zur Stille anleiten, meditieren, eine Gedankenreise machen, ein Bild oder Symbol miteinander deuten. Manchmal bin ich eine Klagemauer, weil etwas einfach mal raus muss. Und ab und zu gibt es etwas zu lachen, obwohl es ernst ist. Das Gespräch ist wie ein anderer Raum. Und wenn es gut geht, kommt etwas in Ordnung, wird eine innere Wunde verbunden, entsteht Hoffnung. Und der christliche Glaube, wo ist er? Es fliesst ein, dass ich Christ bin, dass ich dort meine Grundlage habe. Doch ich erwarte nicht den gleichen Glauben. Oftmals sind Begegnungen sehr gut, wenn beide respektvoll sind. Der christliche Glaube hat viele Quellen und Wegweiser. Gehen kann jeder nur seinen eigenen Weg.

Andreas Schaefer, Seelsorger

VEREIN

Junge Menschen und Spiritualität«Die Jugend ist verdorben». «Sie hat keine Ahnung mehr von dem, was gut und recht ist». Das sind Aussagen, die ich oft höre, wenn es um «Junge Menschen und Spiritualität» geht. Doch ich erlebe das Gegenteil. Sehr offen gehe ich mit dem Thema «Glauben» bei meinen Konzerten um und erlebe ein grosses Bedürfnis nach Antworten. Sei es bei Auftritten in Kirchen, Schulen oder Clubs: Ich erlebe ein Publikum, das auf der Suche ist und viele Fragen zum Leben mitbringt. Wie direkt darf ich bei meinen Auftritten ausserhalb der Kirche über meinen Glauben sprechen? Gerade in einer Gesellschaft, in der man niemandem zu nahe treten möchte und sich besser anpasst als anzuecken. Doch gerade in

Schulen werde ich von Schülern gefragt: «Und was bedeutet Ihnen der Glaube»? Ich spüre eine grosse Sehnsucht in meinem Publikum, egal, wo die Konzer-te stattfinden. Jeder möchte gesehen und geliebt werden. Dieses Thema ist so aktuell, dass ich meine eigene Geschichte der Essstörung bei keinem Auftritt auslasse. Und die Wahrheit ist: «Ohne den Glauben hätte ich es nicht geschafft, je wieder raus zu kommen.» Erst letzte Woche stand genau an dieser Stelle meines Konzertes eine Frau weit über 70 auf, lief unter Tränen zur Bühne und rief: «Wenn Sie das so erlebt haben, dann möchte ich das auch. Ich wusste gar nicht, dass der Glaube so unkompliziert sein kann.»

Für mich sind es diese Momente, die stärker nachklingen als jede Musik. Zu erleben, wie Menschen voller Freude das Konzert verlassen, ist unbezahlbar.

Déborah Rosenkranz, Vorstandsmitglied

Déborah Rosenkranz bei einem ihrer Auftritte.

Die Aufgaben des Seelsorgers sind vielfältig. Hier wird das Abschiedsritual für einen Verstorbenen im Pallivita vorbereitet.

Page 5: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 5

VEREIN

Was ist für Sie Spiritualität? Fragen an die Basis der Diakonie

Wie sind Sie auf die Idee gekom-men, Vereinsmitglied in der Diako-nie Bethanien zu werden? C. Tobler: In der Diakonie wird auf der Basis von christlichem Denken Einsatz geleistet für andere Menschen, v. a. für solche in Schwierigkeiten. Ich führe selber ein privilegiertes Leben mit einem erfüllenden Beruf, wertvollen Be -ziehungen und keinen materiellen Schwierigkeiten. Mit der Mitgliedschaft bei der Diakonie Bethanien wollte ich der oben erwähnten, anderen Dimensi-on einen ausdrücklichen Platz geben.

C. Schefer: Meine Frau war seit ihrer Ausbildung an der Krankenpfl egeschule Bethanien stark mit dem Werk verbun-den. Und ich arbeitete seit dessen Eröffnung 1987 mit Freude und Herz-blut im Hotel Bethanien Davos. Als sich die Schwesterngemeinschaft öffnete, was lag da näher, als sich einen Beitritt in die damalige Diakoniegemein-schaft zu überlegen? Wir vollzogen

diesen Schritt als ein persönliches Zeichen der Solidarität mit dem Werk. Durch die späteren Entwicklungen haben sich die engen Bindungen allerdings etwas gelockert – auch geografi sch.

Wie wichtig ist Ihnen Spiritualität in der Diakonie Bethanien? C. Tobler: Spiritualität bzw. Glaube sollte die Basis für den Verein der Diakonie Bethanien sein. Der Verein soll aber für mich nicht die Kirche ersetzen.

C. Schefer: Von der Diakonie erwarte ich, dass sie sich als Teil des Reiches Gottes versteht und nicht wie ein «normales» kommerzielles Unterneh-men plant und handelt. Angesichts der Grösse der Diakonie, der involvierten Eigen- und Fremdmittel und der zahlreichen Mitarbeiter anerkenne ich die grosse Verantwortung der Führung. Umso wichtiger, dass Leitbilder, Strategie, Planung, Ausführung und der

Umgang untereinander und mit An-gestellten auf einer gelebten Spiritualität gründen und somit gesegnet sind/werden.

Was ist für Sie persönlich Spiritualität? C. Tobler: In der Kapelle der Diakonie Bethanien schaue ich während des Gottesdienstes immer wieder auf das Glasfenster mit dem roten Anker auf blauem und weissem Grund. Mein Glaube ist für mich der Anker und der Grund meines Daseins, auch wenn er nicht mehr ganz so «streng» ist wie noch in meiner Jugendzeit. Ich lese fast jeden Tag in der Bibel, bete zu Gott, danke für das viele Gute in meinem Leben, bitte für andere Menschen und spreche von Dingen, die mir Sorgen bereiten. Dies tue ich auch, wenn ich nachts aufwache und eine Weile wachliege. Auf Reisen gehe ich immer wieder gerne in Kirchen und Kapellen, auch in Flughäfen, um einen Augenblick der Stille zu erleben und eine Kerze anzuzünden.

C. Schefer: Für mich bedeutet Spiritua-lität, mit dem Gott der Bibel in persönli-cher Beziehung zu stehen. In Gottes Gegenwart treten, und zwar in ganz verschiedener Form und Ausprägung: Lesen, hören, vertrauen, gehorchen, loben, danken, still sein, singen, beten, werken; allein und mit Glaubensge-schwistern und mit der Gemeinde.Spi ritualität in diesem Sinn ist mir (lebens-)wichtig und ich möchte sie pfl egen und nicht missen.

Herzlichen Dank an Christoph Schefer und

Christa Tobler!

Vereinsmitglieder Christoph Schefer und Christa Tobler.

Page 6: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | 6

ÖFFENTLICHKEIT

«Die Kunst zu leben» – Rückblick auf den ersten Anlass

«Und jetzt singt jeder für sich ein Lied, aber alle im Saal gleichzeitig». Die geforderte Flexibilität am ersten Anlass von «Die Kunst zu leben» war hoch: Die Musiker von Grooves and Overtones zeigten dem Publikum auf musikali-schem Wege auf, was Flexibilität bedeu-tet. Doch was hat es mit dieser Anlass-reihe genau auf sich?Die Diakonie Bethanien startete diese neue Reihe, um einer grossen Frage nachzugehen: Wie kann Leben gelin-gen? Redner, Musiker und Künstler erhalten einen Raum, um sich auf ihre Weise möglichen Antworten auf diese Frage anzunähern – auf kreative, überraschende, berührende, lustige oder wissenschaftliche Weise. Der Auftakt fand am 29. Oktober 2015 im Spirgarten in Altstetten statt zum Thema «Der fl exible Mensch und sein Schat-

ten». Nebst den fl exiblen Musikern durften wir Prof. Daniel Hell, Psychiater, begrüssen. Er zeigte aus fachlicher Sicht auf, was für Schattenseiten die vielgeforderte Flexibilität hat und wie man in kleinen Schritten mit den täglichen Herausforderungen umgehen kann. Andreas Schaefer, Seelsorger in der Diakonie Bethanien, moderierte den Anlass, der mit rund 160 Besuchern ein voller Erfolg war. Der nächste Anlass in dieser Reihe ist in Planung. Wenn Sie Interesse haben und gerne auf den Verteiler aufgenom-men werden möchten, melden Sie sich bitte an: [email protected], Betreff: Die Kunst zu

leben.

Nadja Kröner, Marketing

IMPRESSUM

Herausgeber: Diakonie Bethanien, Restelbergstrasse 7, 8044 Zürich, Telefon 043 268 76 02, www.bethanien.ch Erscheint 4-mal jährlich, Redaktion: Redaktionsteam Diakonie Bethanien

AGENDA

Öffentlicher Vortrag

Dr. Erika Toman:

«Ich hab’ keinen Hunger» –

Prävention von Essstörungen

Dienstag, 8. März 201618.00 Uhr, Diakonie Bethanien,

Restelbergstrasse 7, 8044 Zürich

Dienstag, 29. März 201619.00 Uhr, Weyergut Bethanien,

Mohnstrasse 4, 3084 Wabern b.

Bern

Tag der offenen Tür KiTa’s

Bethanien

Samstag, 12. März 201610 – 14 Uhr, KiTa Bethanien

Fluntern, Herzogstrasse 2,

8044 Zürich

Samstag, 19. März 201610 – 14 Uhr, KiTa Bethanien

Kalkbreite, Badenerstrasse 177,

8003 Zürich

Öffentlicher Vortrag

Dr. Luzia Vieli: «Zeit im Alter – Umgang mit einem

kostbaren Gut»

Donnerstag, 7. April 201614.30 Uhr, Weyergut Bethanien,

Mohnstrasse 4,

3084 Wabern b. Bern

Donnerstag, 21. April 201614.30 Uhr, Diakonie Bethanien,

Restelbergstrasse 7, 8044 Zürich

Voranzeige:

Samstag, 17. September 2016Sponsorenwanderung zu Gunsten

der Stiftung Impact Bethanien

Weitere Veranstaltungen fi nden

Sie auf: www.bethanien.ch

Eine gewagte Kombination: Vier Musiker und ein Psychiater über Flexibilität und andere Fragen zur Kunst des Lebens.

Page 7: UNTERWEGS - Diakonie Bethanien · 2016. 3. 15. · UNTERWEGS EDITORIAL Spiritualität Spiritualität ist – wie in Wikipedia zu lesen – «eine auf Geistiges aller Art ... oder

Diakonie Bethanien | Unterwegs Nr. 1 | 2016 | Beilageblatt

NEUE MITARBEITERIN EMPFANG ZÜRICH

Am Puls des Geschehens Aufgewachsen bin ich in der Region Solothurn in einem kleinen Dorf am Fusse des Weissensteins. Dort erlebte ich eine schöne Jugend in einer traditionellen Familie mit einem älteren und einem jüngeren Bruder.

Nachdem ich als Jugendliche ein Jahr in der Westschweiz die französische Sprache und später ein Jahr in London die englische Sprache erlernte, zog es mich aufgrund meines ersten Freundes, welcher später einmal ein Hotel übernehmen wollte, in Richtung Gastronomie. Nach der Hotelhandelsschule arbeitete ich in Davos an der Hotelreception, bis ich nach Zürich zog und dort in die Industrie als Kauffrau wechselte.

1996 und 1997 wurde ich Mutter zweier wunderbarer Töchter, welche mich einige Zeit vollständig als Mutter brauchten. Später stieg ich wieder ins Berufsleben ein, wo ich einige interessante Stellen durchlief. Heute bin ich in der Diakonie Bethanien am Empfang. Ich schätze diese abwechslungsreiche Arbeit, umgeben von vielen netten Leuten, und bin glücklich, hier arbeiten zu dürfen. Die Teilzeitstelle ermöglicht mir, nebst dem Haushalt auch meinen Hobbies nachzugehen. Gerne treibe ich Sport wie: Fitness, Biken, Skifahren. Ich geniesse aber auch ab und zu das Nichtstun. Sabine Mathys, Mitarbeiterin am Empfang Zürich

DIAKONIEGEMEINSCHAFT

Sr. Elisabeth Zurbrügg

Geboren: 21. Februar 1929Eintritt in die Diakonie: 18. September 1950Gestorben: 26. Januar 2016

Sr. Elisabeth wuchs als ältestes von sechs Kindern auf einem Bauernhof im Scharnachtal, im Berner Oberland, auf. Mit 16 Jahren verliess sie ihre Heimat und lernte in Genf die Methodistenkir-che und die Diakonie kennen. Nach innerem Ringen entschied sie sich für den Weg als Diakonisse und mit Gott. Sr. Elisabeth war vielseitig begabt und wurde an verschiedenen Stellen eingesetzt: als Kranken-, Stations- und Oberschwester, als Röntgenassisten-tin, als Köchin und als Gouvernante im Hotel. Sie war in Zürich, Lausanne, Gais, Trin und Davos tätig. In Davos war sie zudem ein engagier-tes und geschätztes Mitglied der EMK. Sie liebte die Bergwelt und die vielen Wanderungen in der Natur.

Sr. Elisabeth wohnte dort im Hause von Freunden in einer kleinen Woh-nung, wo sie freudig die grossmütterli-che Aufgabe übernahm, deren Kinder ab und zu zu betreuen. Nach 26 Jahren Davos kam sie krankheitsbe-dingt, im Mai 2013, nach Zürich ins Mutterhaus zurück, ein schwerer Schritt. Die warmherzige, fürsorgliche und mütterliche Art von Sr. Elisabeth, ihre grosse Anteilnahme und die Liebe zu ihrer Familie und den Mitmenschen, sowie ihr treu gelebter Glaube an Jesus und Gott, werden uns in bester Erinnerung bleiben.Wir danken Gott für Sr. Elisabeth’s reich erfülltes Leben.

Brigitte Tobler, Leiterin der Diakoniegemeinschaft