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- Zeitschrift der Passauer Publikationen Gruppe - politisch, unabhängig, kostenlos Ausgabe III / 2006 Magazin UP - Campus www.up-campusmagazin.de Themen: Fußballfieber Berliner Republik Pragmatiker im Osten Sibirien-Reisebericht Rezensionsforum uvm. 11. Ausgabe

UP-Campus 3/2006

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Zeitschrift der Passauer Publikationen Gruppe

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Page 1: UP-Campus 3/2006

- Zeitschrift der Passauer Publikationen Gruppe - politisch, unabhängig, kostenlos

Ausgabe III / 2006

MagazinUP - Campus

www.up-campusmagazin.de

Themen:Fußballfieber

Berliner RepublikPragmatiker im OstenSibirien-Reisebericht

Rezensionsforumuvm.

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Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in rasantem Tempo dem lange ersehnten Sommer entgegen – so könnte das Motto der neuesten Ausgabe des UP-CampusMagazins lauten. Bereits sechs Wochen nach Erscheinung unserer Jubiläumsausgabe Nummer 10 bringen wir die neueste Edition unseres Magazins.

Diese Juni-Ausgabe beinhaltet neben einem Ausblick auf europäische Themen und aktuelle Ereignissen in Passau tief schürfende Gedanken zu einem unserer Lieblingsthemen, zum weiten Osten. In diesem Heft richten wir zudem mit einem Artikel über die Berliner Republik sowie zweier Buchbesprechungen mit Berlin-Bezug den Fokus auf die deutsche Bundeshauptstadt.

Die Situation im Sommer 2006 ist nach mittlerweile zweieinhalb Jahren UP-CampusMagazin ein Grund zur Freude: Das Magazin verfügt über einen kontinuierlich wachsenden, erfahrenen Mitarbeiterstab und wird immer wieder nachgefragt. Seine abwechslungsreichen, über den Tellerrand blickenden Artikel machen es zu einem nicht mehr wegzudenkenden Repertoire in der Medienlandschaft auf dem Campus.

Unser Team ist aber immer offen für neue Mitarbeiter und vor allem für neue Ideen: Jeder ohne studentischen Scheuklappenblick, der sich unserem Geist verbunden fühlt, ist jederzeit herzlich willkommen. Wir wollen ungewohnte Perspektiven aufzeigen, unbekannte Themen anpacken und unkonventionelle Herangehensweisen eröffnen. Wer sich im Schreiben von Glossen, Reportagen oder Kommentaren zu Themen in und um Passau probieren möchte, stößt bei uns auf offene Ohren.

Alle bisherigen Ausgaben finden sich zum Online-Download unter www.ppg-online.de, wo auch Leseproben der acht Fachwörterbücher der Passauer Publikationen Gruppe zum Abruf bereit stehen. Viel Spaß beim Lesen!

Bence BauerHerausgeber

Vorsitzender PPG

Dr. Florian HartlebHerausgeber

Stellvertretender Vorsitzender PPG

Johannes PinklStv. ChefredakteurUP-CampusMagazin

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Impressum

11. Ausgabe des UP-CampusMagazins (3. Jahrgang, 3. Ausgabe), Ausgabe 3/2006 (Sommer 2006, erschienen im Juni 2006)Auflage: 2000 Stück in Passau, Druck: Wolf Plusz Kft. Budapest, Verlag: Passauer Publikationen Gruppe

Herausgeber: Bence Bauer und Dr. Florian HartlebChefredakteur: N.N.Stv. Chefredakteur: Johannes PinklLeitender Redakteur: Florian SteidlGesamtkonzept: Christoph StößRedaktion: Bence Bauer, Dr. Florian Hartleb, Conny Kummer, Johannes Pinkl, Florian Steidl, Christoph StößFreie Mitarbeiter: Pascal Kreuder, Alexander-Frank Paul, Charlotte Platz, Martin Reichinger, Marleen RellingGastbeiträge: Janina Freynik, Kai LeubnerAbbildungen: Bence BauerAnzeigenleitung: Stefan Haßfurter, Florian SteidlVertriebsleitung: Florian SteidlTechnische Leitung: Christoph Stöß

Die Verantwortung im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) tragen die Herausgeber. Alle namentlich gekennzeichneten Artikelspiegeln die Meinung des Verfassers, nicht die der Redaktion oder des Herausgebergremiums wider. Ein herzlicher Dank giltallen Inserenten!

Kontakt: Passauer Publikationen Gruppe Hausdorffstr.35-53, 53129 Bonn, Tel.: +49 2534 5399-00, Fax: +49 2534 5399-01, Email: [email protected]

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te„Ich fühle mich ein bisschen wie vor meiner eigenen Hochzeit, ich weiß nicht, wie es ausgehen wird, aber ich will mir die Freude nicht verderben lassen“. Mit die-sem Satz verglich die ungarische Parlamentspräsidentin Katalin Szili 2003 den bevorstehenden EU-Beitritt ihres Landes.

15 Jahre am Rad der Geschich-te zurückgedreht, wären solche Gedanken noch unvorstellbar gewesen. Erst der Fall des Eiser-nen Vorhanges und die deutsche Wiedervereinigung, die einen Sieg der Revolution der Ker-zen über das kommunistische Unrechtsregime bedeuteten, brachte auch eine Gesundung der innereuropäischen Bezie-hungen. Es war am 1. Mai 2004, als sich die Europäische Union dann nach dem Osten Europas hin öffnete und zehn neue Länder aufnahm.

„Back to the roots“ - die christlichen Wurzeln Immer wieder wurden im Laufe der Geschich-te der nachhaltigen Entwicklung Europas durch viele Intermezzi europafeindlicher Kräfte Steine in den Weg gelegt. Wie schwer es Europa auch immer hatte, die christlichen Wurzeln schienen niemals brechen zu können. Bis heute. Warum?

In der Schlacht zwischen Tours und Poitiers 732 n. Chr. besiegte der Franke Karl Martell die Ara-ber unter Abd Ar-Rahman und verhinderte so eine weitere territoriale Ausbreitung des mus-limischen Reiches im Westen. Das Aufstreben des arabischen Reiches lieferte dem gebeutelten Westen die Nahrung für die Entwicklung eines neuen Feindbildes. Europa und das Christentum standen zunehmend für ein kulturelles Modell, das sich deutlich vom Orient unterschied. Christ-sein wurde ein Synonym für Europäersein.

Europa konnte man einige Zeit als Civitas Dei (Gottesstaat) bezeichnen, sorgten doch Herr-scher, Päpste und im Wesentlichen drei paneu-ropäische Bewegungen des Mittelalters für die geistliche Einheit Europas. Das Mönchstum nach der Regel des Hl. Benedikt webte bereits im ach-ten bis elften Jahrhundert über alle Völker Eu-ropas ein dichtmaschiges Netz einer geistlichen Lebensform und zugleich einer höheren Bildung, die keine nationalen Unterschiede kannte. La-tein bildete ihre gemeinsame Sprache, die man vom Nordkap bis Sizilien verstand. Im elften bis 13. Jahrhundert prägte das Rittertum das Ide-

al der Christen. Übernationale Aufgabe war die Eroberung des Heiligen Landes. Das Rittertum europäisierte sich und schwang sich auf zum christlichen Retter, Beschützer der Armen und Schwachen und Kämpfer für den Glauben. Die dritte paneuropäische Bewegung ergriff in ge-waltigen Pilgerzügen Menschen aller Stände. Sie durchquerten Europa auf dem Weg zu den gro-ßen Heiligtümern, zum Hl. Jacobus nach Com-postela oder zu den römischen Apostelgräbern. Hier vereinten sich Menschen verschiedener Herkunft, Sprache und Nationalität in Brüdern und Schwestern im Glauben. Man sah sich als Mitbürger eines christlichen Europa. Über viele Jahrhunderte trug man diesen Glauben tief in seinem Innersten, auch wenn er nicht immer nach außen hin gelebt werden konnte.

Heute scheint man der Geschichte nicht mehr Rechnung tragen zu wollen, gewährt beispiels-weise christlichen Werten keinen Platz in der Präambel der EU-Verfassung. So ist es nicht verwunderlich, dass die jüngere Generation nur noch an Großereignissen wie dem katholischen Weltjugendtag Gefallen findet, sonst aber weit ab Gottesglauben zu stehen scheint. Hinter diesem Hintergrund könnte man schon fast von einer Entgötterung Europas sprechen. Papst Johannes Paul II. hat in Santiago di Compostela deshalb einmal in den Wind gerufen: „Finde zu dir selbst Europa! Sei wieder du selbst, besinne dich auf deinen Ursprung, belebe deine Wurzeln wieder und mache deine Gegenwart den anderen Kon-tinenten segensreich. Bau deine geistige Einheit wieder auf in einer Atmosphäre voller Achtung gegenüber den anderen Religionen. Noch immer kannst du, Europa, Leuchtturm der Zivilisation

Europa heuteVon alten Werten und jungen Generationen

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teund Anreiz zum Fortschritt für die Welt sein.“ Fast klingt das wie ein Hilferuf.

Wie sexy ist Europa heute für junge Menschen? Wie steht es um die Begeisterung der jungen Generation für eine gemeinsame europäische Identität? Die Europäische Union als grenzenlose Schicksalsgemeinschaft voller Vielfalt und Einheit muss Widersprüchliches ertragen können. Einer-seits wird Brüssel häufig als bürokratischer Was-serkopf denunziert. Die detailversessene Regu-lierungswut des EU-Parlaments mitsamt seinen Beamten verärgert vor allem Kommunalpolitiker, die sie umsetzen müssen. Statt gesunder Pedal-regulierung bremst Brüssel oder drückt unnötig aufs Gas. So mag man sich im Inneren fühlen. Andererseits: Was vor 30 Jahren noch als un-realistische Träume und Visionen abgetan wur-de, ist heute Realität geworden, die sich etwa in offenen Grenzen, freiem Waren- und Dienst-leistungsverkehr oder freier Arbeitsplatzwahl äu-ßert. Die Eurozone wächst und wächst. Doch wo sind die Grenzen? Es braucht Grenzen. Defi-nitiv. Denn der Kuchen, von dem jedes Mitglied profitieren soll, muss durch immer mehr Stücke geteilt werden. Rumänien und Bulgarien werden wohl trotz mangelhafter Zeugnisse der EU-Kom-missare 2007 in die Union aufgenommen wer-den. Doch sind die nächsten Beitrittskandidaten sexy genug für Europa? Sind nicht London oder Paris viel attraktiver? Was denkt die junge Ge-neration darüber, wie nehmen Studenten dieses Angebot an?

Dazu hilft ein Blick auf die Fakten: Die Zahl der deutschen Studenten, die es für ein oder zwei Semester ins europäische Ausland zieht, steigt spürbar an. Waren es 1975 noch 1,4 Prozent, lag die Zahl 2002 schon bei 3,3 Prozent. Über das Erasmus-Stipendium der EU nahmen allein im Wintersemester 2002/03 über 18.000 deutsche Studenten an dem Austauschprogramm teil. Eu-ropaweit waren es sogar eine Million. Beliebteste Studienziele sind für deutsche Studenten Spa-nien, gefolgt von Frankreich und Großbritanni-en. Die zum 1. Mai 2004 zur EU beigetretenen Länder sind weit abgeschlagen am Ende der Be-liebtheitsskala bei Studenten zu finden. Bis sich die osteuropäischen Länder genug Anerkennung und Attraktivität erheischen, um mehr Studen-ten anlocken zu können, ist sichtbar noch ein weiter Weg zu gehen.

Internationalität ist heute ein gefragter Aspekt. Junge Menschen leben sie in teilweise brutaler Form. Wer nicht schon in Amerika, England und Frankreich war, hat schon mal die schlechtere Karte bei der Arbeitsplatzsuche gezogen. Für an-dere wiederum stellt sich die Frage: Wann breche ich nach China auf? Ein junger Mensch irgendwo in Europa muss mobil sein, sein Arbeitsplatz ist irgendwo auf der Welt.

Passau – Nabel Europas?Was bietet die Passauer Uni ihren Studenten, um im Perpetuum mobile der Neuzeit nicht als Verlierer dazustehen? Stetig baut die Uni Pas-sau ihre Auslandsbeziehungen aus und schließt immer neue Uni-Partnerschaften. Weit über die Grenzen Bayerns und Deutschlands ist die Universität Passau bekannt als Drehscheibe für den interkulturellen Dialog und globalen wis-senschaftlichen Austausch. 12,87 Millionen Euro aus dem Programm „High-Tech-Offensive Bay-ern“ wurden deshalb für das neue International House aufgewendet um „Passau als wichtigen Knotenpunkt in einem weltweiten Netz an Ver-bindungen und Kontakten zu stärken“, so der bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoi-ber bei der Einweihungsveranstaltung im April. Ferner „bestätigen uns die verschiedensten Ran-kings“, dass die südostbayerische Uni einiges zu bieten hat (wie immer man den Wert solcher Evaluationen einschätzt). Knapp 40 Prozent der Passauer Studenten zieht es demnach in die Ferne: Aushängeschild der Uni ist das vielfäl-tige Sprachenangebot am universitätseigenen Sprachenzentrum. Von den Standardsprachen Englisch, Französisch und Spanisch kann man sich hier auch Exotischeres wie Polnisch oder Vietnamesisch aneignen – mit Zusatzqualifikati-onen gerade für Juristen und Wirtschaftswissen-schaftler. Da fragt man sich doch, warum Passau nicht seinen Anspruch auf den informellen Titel „Elite“ durchsetzen konnte.

Was macht die Politik?Große Stücke setzt der bayerischen Wissen-schaftsminister Dr. Thomas Goppel im Gespräch mit Studenten der Universität Passau auf das neue, kürzlich im Landtag verabschiedete Hoch-schulgesetz. Danach erhalten die Hochschulen in Bayern künftig mehr finanzielle Planungssi-cherheit und Autonomie: Um 7,2 Prozent stei-gen im Doppelhaushalt 2005/06 die Ausgaben für die Hochschulen.

Doch all diese Bemühungen sind letztlich nur ein Versuch, auf regionaler Ebene eine adäqua-te Antwort auf die Globalisierung zu geben. Die Studenten sollen möglichst gut gewappnet sein gegen die Herausforderung Globalisierung. Wo auch immer es die jungen Menschen hinzieht, eines bleibt dabei immer klar: Heimatverbun-denheit ist die Voraussetzung für Weltoffenheit, wie Siegfried Schneider, bayerischer Kultsminis-ter einmal zutreffend formulierte. Wir brauchen keine Globalisierungsnomaden. Der Bezug zu seinen Werten, Idealen und Wurzeln geht nie-mals verloren. Sie werden heute nur anders ge-lebt als früher.

von Florian Steidl

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nDer Begriff des „Ostens“ hatte während des Kal-ten Krieges eine negative Bedeutung, ebenso hierzulande in den Jahren nach der Wiederver-einigung. Es ist nun an der Zeit, den Begriff des Ostens von einem gänzlich neuen Blickwinkel zu beleuchten. Der Osten, das sind nämlich in der Diktion von heute die aufstrebenden und aufstei-genden Staaten im Osten unseres Kontinents.

Nachdem Karl Schlögel für eine Wiederbele-bung des Begriffs in zivilisatorischer, kultur-historischer und geographisch-geopolitischer Hinsicht sorgte, fällt das Augenmerk zuse-hends auf die im Vergleich zu Deutschland völ-lig unterschiedlichen Lebensansätze und Le-bensentwürfe der jungen Generation. Daraus resultiert eine atemberaubende Dynamik und ein ungebremster Freiheitsgeist, aus dem sich der wirtschaftliche Aufschwung speist.

Während hierzulande gerne vom flauschigen Polster des Kuschelstaates gelebt wird, hat unse-re Generation im Osten nichts vorgefunden au-ßer das Kollabieren eines wahnwitzigen Systems, Niedergang und allgemeine Depression. Sie war also völlig auf sich alleine gestellt. Man lernte, dass man sich auf niemanden verlassen und be-rufen konnte – besonders nicht auf den Staat.

Die jungen Menschen im Osten prägen den ra-santen Aufschwung ihrer Länder immens mit. Sie sind wissbegierig, fleißig und haben schnel-ler als ihre Altersgenossen im Westen die Vor-teile der Globalisierung begriffen und für sich genutzt. Es macht ihnen nichts aus, ständig in Bewegung zu sein – flexibel und voller Motivati-on. Die bittere Erfahrung des Kommunismus vor Augen sehen sie zu Recht keine Alternative zur leistungsorientierten, globalisierten Gesellschaft.

Doch das wichtigste ist: Auch an den politischen Eliten der osteuropäischen Länder geht diese Entwicklung nicht vorbei. Während hierzulande ausgediente Berufspolitiker die Geschicke der Wirtschafts- und Finanzpolitik bestimmen, über-nimmt im Osten nach und nach eine Generation von 30- und 40-jährigen die politische Führung.

In Estland hat schon Anfang der 90er Jah-re der damals gerade 32 Jahre alt gewordene Premier Mart Laar die heute immer noch gel-tende 0%-Steuer auf reinvestierte Unterneh-mensgewinne durchgesetzt. Er sicherte durch den sich später einstellenden immensen Auf-schwung seinem Heimatland den Beinamen des „baltischer Tigers“. Sein Nachfolger Juhan Parts, Vorsitzender von Res Publica, einer aus einer Jugendbewegung herausgewachsener rechtslibertären Partei und bei Amtsantritt kaum älter als er, führte die Reformpolitik als glü-hender Anhänger von Margaret Thatcher fort.

Der slowakische Finanzminister Ivan Miklos, Jahrgang 1960, rückte sein Land im Hauruckver-fahren vom abseits stehenden Schmuddelkind der Meciar-Ära in die Mitte des „Neuen Europa“ (Donald Rumsfeld). Mit seiner radikalen, im Jah-re 2004 eingeführten Flat-Tax für Körperschafts-, Einkommens- und Umsatzsteuer schrieb er Geschichte und sorgte für einen noch nie ge-sehenen wirtschaftlichen Boom. Die Slowakei wurde in kürzester Zeit Tummelplatz globaler Investoren und hat manches seiner Nachbar-länder weit überholt. Wagte Anfang 2004 kaum jemand die Prognose (jedoch das UP-Campus-Magazin im April 2004), dass das Unterfangen Flat-Tax gelingen würde, so entwickelte sich Miklos zur Koryphäe der europäischen Flat-Tax-Bewegung (UP-CampusMagazin Sommer 2005).

In Ungarn sorgt der 1972 geborene Wirtschafts-minister János Kóka für Schlagzeilen: Der vom Corriera della Sera als „ungarischer Bill Gates“ titulierte Newcomer holte große Betriebsteile von Microsoft nach Budapest und sorgt für immen-se Auslandsinvestitionen in seine Heimat. Der studierte Allgemeinmediziner wurde im Herbst 2004 vom jungen, Tony Blair nacheifernden, Mi-nisterpräsidenten Gyurcsány in dessen Kabinett geholt. Der Minister gilt als der Shooting-Star der sozial-liberalen Koalition und machte sich gleich für eine echte 20%-Flat-Tax stark – ein Projekt, das wohl in den kommenden Jahren der erst im April 2006 wiedergewählten ungari-schen Regierung auf der Agenda stehen dürfte.

Doch gibt das Beispiel Karl-Heinz Grasser Anlass zur Hoffnung: Auch die junge Generation im „Al-ten Europa“ kann nach Österreich blicken und von der positiven Aufbrauchstimmung unseres Nachbarn schöpfen: Grasser, Jahrgang 1969, er-reichte 2002 einen ausgeglichenen Haushalt und setzt mit seinem plakativen Schlagwort „mehr privat – weniger Staat“ entscheidende Wegmar-ken in der Modernisierung des Landes. Verwal-tungs-, Pensions- und Steuerreform, gepaart mit umfassenden Privatisierungen, justieren die Zukunft Österreichs in positiver Weise neu.

Und die Entwicklung geht weiter: Ende Ja-nuar 2006 wurde der erst 24-jährige Raz-van Orasanu zum Leiter der rumänischen Privatisierungsbehörde ernannt. Der als 22-Jähriger Diplomierte erhält damit den Rang eines Staatssekretärs und verspricht, in sei-nem Wirken seinen politischen Idolen Margaret Thatcher und Donald Rumsfeld nachzueifern.

von Bence Bauer

Das Zeitalter der jungen Pragmatiker im Osten Europas

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rDeutschland zwischen Fußballfieber und Sinnkrise !?!Podiumsdiskussion von AIESEC Passau an der Universität Passau mit Stephan Grünewald, Autor des Buchs „Deutschland auf der Couch“

Was kommt her-aus, wenn man Tausende von Deutschen auf die Couch eines P s y c h o l o g e n legt und nach ihren Wünschen, Hoffnungen und Ängsten be-fragt? Stephan Grünewald, Mit-begründer und Geschäftsführer von rheingold, dem Institut für qualitative Markt- und Me-dienanalyse, hat sich dieser gi-gantischen Auf-

gabe angenommen. Der Diplompsychologe hat insgesamt über 20.000 Tiefeninterviews aus-gewertet und ist zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen, die er erst kürzlich in seinem Buch „Deutschland auf der Couch“ veröffentlichte. Deutschland geht es schlecht, schlechter sogar als bisher angenommen, denn die Unzufrieden-heit und Orientierungslosigkeit sitzt tief. Laut Grünewald leide unsere Gesellschaft an „über-drehter Erstarrung“, einem Zustand, der die rastlose alltägliche Suche nach Glück, Anerken-nung und dem Sinn des Lebens beschreibt. Tag für Tag versuchen wir den Anforderungen, die uns das Leben stellt, gerecht zu werden, doch am Ende des Tages sind wir keinen Schritt wei-ter gekommen.

„Wie in einem Hamsterrad“ hetzen wir, getrie-ben von Perfektion, unantastbaren Zielen hin-terher. Die Frau von heute versucht sich als ambitionierte Jongleurin zwischen Übermutter, gebildeter Gesprächspartnerin, feuriger Gelieb-ten, treuer Freundin und perfektionierter Ge-schäftsfrau. Nicht minder weit gefächert sind die Ansprüche an den Mann von heute, der Idolen à la David Beckham hinterherspurtet. Es wird er-wartet, dass man(n) Sportskanone, Familienva-ter und Frauenversteher zugleich ist.

Stephan Grünewald wirft die Frage auf, wie es zu einer solch festgefahrenen Situation Deutsch-lands kommen konnte. Viele Ideale, aber keine Richtung. Reformanstrengungen, aber kein Er-folg. Mit Hilfe der tiefenpsychologischen Metho-de analysiert er haargenau auf eine ironische Art die psychologische Verfassung unserer Gesell-schaft und ermöglicht ein tiefergehendes Ver-

ständnis seelischer Mechanismen. Zum Beispiel das Handy.

Dieses nimmt heute eine ganz zentrale Rolle ein, insbesondere bei Jugendlichen diene es als „Na-belschnur zum Freundeskreis“, als „Beweis der sozialen Existenz und Bedeutung“ und erfülle somit die „Sehnsucht nach Bindung in einer Kul-tur der coolen Gleichgültigkeit“. Doch was wären leere Fragen ohne die passenden Antworten? Wie können wir den richtigen Weg in ein span-nungsreiches und erfülltes Leben wiederfinden? Auch das verrät uns Stephan Grünewald – recht unkonventionell – in seinem Buch „Deutschland auf der Couch“ oder persönlich in seinem Vor-trag mit anschließender Podiumsdiskussion an der Universität Passau. Die Veranstaltung findet am 12.6. ab 20:00 im Hörsaal 14 im Juridicum statt. Der Eintritt ist frei.

von Janina Freynik

Stephan Grünewald: Deutschland auf der Couch

Campus Verlag, 2006, 220 Seiten, 19,90 EURISBN: 3593379260

Stephan Grünewald

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kDie Frage nach Zäsuren scheint ein Kontinuum zu sein, das ge-rade in der Bundesrepublik in-tellektuelle Debatten und wis-senschaftliche Kontroversen förmlich anzieht. So verleitete die hohe Arbeitslosigkeit die Feuilletons in der ersten Hälf-te des Jahres 2005 dazu, his-torisch schiefe Vergleiche mit der Situation von 1932 in der Weimarer Republik anzustel-len. Zugespitzt formuliert: Hat die Bundesrepublik die Abkehr von einer „Schönwetterdemo-kratie“ endgültig vollzogen, und muss nun in einer „Berliner Republik“ die entbehrungsreiche Ära der Bewältigung komplexer Zumutungen an-brechen? Nach den politischen Turbulenzen im Zuge der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 kommentieren professionelle Beobachter, die Bundesrepublik stehe „vor dem Ende der Ersten Republik, und am Beginn der Zweiten Republik“. Eine geradezu entgegengesetzte Schubkraft hatte die Diskussion um die „Berliner Republik“ mit dem Regierungswechsel von 1998 und dem lange vorbereiteten Ortswechsel 1999, wurde sie doch mit dem „rot-grünen Regierungswech-sel“ assoziiert und von Gerhard Schröder bereit-willig mit Aufbruch im positiven Sinne gleich-gesetzt. Diese Kurzatmigkeiten führen auf die zentrale Frage hin, ob es wirklich sinnvoll ist, nach einer „Weimarer“ und einer „Bonner“ Re-publik nun von einer neuen „Berliner“ Republik zu sprechen: „Die Berliner Republik – gibt es sie überhaupt? Wird es sie geben?“ Bereits als sich der Deutsche Bundestag am 20. Juni 1991 in einer knappen Entscheidung für Berlin als Sitz der Regierung und des Bundestages ausgespro-chen hatte, war in der Folge von der „Berliner Republik“ die Rede. Stimmt die Annahme, die „Berliner Republik“ sei mit der „Bonner Repu-blik“ lediglich staatsrechtlich identisch, gesell-schaftlich, politisch und kulturell jedoch nicht?

Der vieldeutige Begriff der „Berliner Republik“ ist Ausdruck einer nachhaltigen Veränderung. Um diese auszudrücken, muss man freilich nicht von der „Berliner Republik“ reden, wo diese doch immer einen markanten Schnitt, eine Abkehr von der „Bonner Republik“ impliziert. Ein Bruch, eine „andere Republik“ ist weder wünschenswert noch erwünscht. Der Terminus „Berliner Repub-lik“ wirkt auch deshalb nicht frei von Irritationen, weil er den Fokus der Veränderungen zu stark auf die Einheit Deutschlands richtet. Zukünftige Herausforderungen wie der weitere Europäische Einigungsprozess haben perspektivisch breite-re Bezugspunkte. Innerdeutsche Problemlagen,

die in starkem Umfang vorhanden sind und sich seit der Wiedervereinigung eher vergrößert ha-ben, werden vom internationalen Wettbewerb förmlich überlagert. Das neue außenpolitische Verständnis hin zu mehr Verantwortung hängt unmittelbar mit den veränderten Rahmenbe-dingungen internationaler Politik zusammen.

Die in der politischen Klasse gerne gesehene Verwendung der „Berliner Republik“ bildet einen übergeordneten geschichtlichen Zusammen-hang ab, der einen zeitlichen Ablauf – „Weima-rer Republik“, mit Unterbrechung zur „Bonner Republik“ bis hin zur „Berliner“ Republik – sug-geriert. Eine starke Hervorhebung der „Berliner Republik“ stellt sie per se in eine lineare Reihe mit der „Weimar“ und „Bonner“ Republik. Alte, längst vergessene Ängste im Sinne der Fra-ge „Ist Bonn doch Weimar?“ würden geweckt. Eine Abkehr hat negative Konnotationen – ein „Weniger“ an innerer Beständigkeit und äußerer Verlässlichkeit. Dazu passt das nach der Bundes-tagswahl 2005 vereinzelt, wiewohl argwöhnisch diskutierte Szenario „Wird Berlin nun Weimar?“

Ein Vergleich zwischen der „Bonner“ und „Ber-liner“ Republik sollte keinesfalls überstrapaziert werden. Der „Übergang“ ist eher als technischer Akt anzusehen, der, an andere Akte gekoppelt, in einem Gesamtzusammenhang steht. Viele Wandlungsprozesse, die seit der Wiederverei-nigung öffentlich beobachtet werden, haben in Wirklichkeit schon vorher begonnen. Man den-ke nur an den ökonomischen Modernisierungs-druck oder Deutschlands europäische, transat-lantische und globale Beziehungen. Durch die Wiedervereinigung ist die europäische Inte-gration keineswegs ins Stocken geraten, son-dern geradezu in Bewegung, wie ein Blick auf die Osterweiterung der Europäischen Union eindrucksvoll bestätigt. Das wiedervereinig-te Deutschland ist das Deutschland der Bun-desrepublik, keine wesentlich andere Republik.

Die Berliner RepublikLeere Worthülse oder Ausdruck einer Zäsur?

Der Reichstag in Berlin

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Die alten, lange ignorierten Themen einer entwi-ckelten Industriegesellschaft, wie die Frage nach den Grenzen des Sozialstaats, die Folgen des Ge-burtenrückgangs und die Rententhematik stellen sich von Neuem, in schärferer Form. Die Geduld mit langwierigen Entscheidungsprozessen in der schwer durchschaubaren Verhandlungsdemokra-tie nimmt ab – gerade bei massiven Problemen wie der hohen Arbeitslosigkeit, der horrenden Staatsverschuldung und dem notwendigen Um-bau der Sozialsysteme. Die zentrale Frage der Gegenwart dreht sich um die wohlfahrtsstaatliche Übersteuerung und lautet: „mehr oder weniger Staat?“ Hinter der ökonomischen Krise, die einen fundamentalen Einschnitt des Wohlfahrtsstaates heraufbeschwört, kristallisiert sich eine partiel-le Legitimationskrise des deutschen politischen Systems heraus. Die Debatte um die Krise der Parteiendemokratie hatte durch die Jahrzehnte hinweg immer wieder Konjunktur, wiewohl sich nun die Indikatoren für eine solche mehren. Viele Bürger beurteilen die Lösungskompetenz politischer Parteien skeptisch, die Bindungsfä-higkeit der Volksparteien nimmt ab. Ihre überra-schend starken Verluste bei der Bundestagswahl

2005 kennzeichnen einen Vertrauensschwund.Ob die Bundesrepublik mit einer Großen Koaliti-on nun unsicheren und instabilen (Regierungs-) Zeiten entgegengeht, ist eine müßige Speku-lation, die sich aus dem 18. September 2005 ergeben kann, aber nicht muss. Rosige Zeiten stehen der Republik allem Anschein nach (vor-erst?) nicht bevor, sie aber zum Patienten hoch zu stilisieren, hat viel von Hysterie und Panik-mache, die sich wiederum durch die Geschich-te der Bundesrepublik ziehen und die Kontinu-itätshypothese einmal mehr bekräftigen: „Das Stabilitätstrauma der Bundesrepublik, die längst keine ‚Schönwetterdemokratie’ mehr ist, sollte der Vergangenheit angehören.“ Wer mit dem Regierungswechsel von 1998 vorschnell den „Aufbruch zu neuen Ufern“, „in eine andere Re-publik“ proklamierte, müsste entsprechend nach der Bundestagswahl 2005 den Abgesang der „Berliner Republik“ verkünden. Beides ist falsch.

von Florian Hartleb

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Debeka Hochschulservice - Servicebüro Passau, Exerzierplatz 9, Tel. (0851) 75 17 40Alexander Katzensteiner, Bezirksleiter und Jens Neugebauer, Bezirksbeauftragter

Informieren Sie sich auch über unsere Vorträge unter www.katzensteiner.de

Schon lange hatte ich mir vorgenom-men, einmal in das weite, unbekannte Sibirien aufzubre-chen. Ich wollte die Menschen in diesen fernen und oft bis heute von der mo-dernen westlichen Zivilisation noch un-berührten Gegen-den kennen lernen.

Im letzten Jahr lernte ich dann ver-schiedene sibirische Studenten an der Juristischen Fakul-tät kennen, von denen mir einige anboten, ein-mal ihre Heimat zu besuchen. Sie kamen aus Krasnojarsk, eine Stadt, die, wie ich meine, nicht jeder Westeuropäer gleich zu verorten weiß. . Der „Krasnojarskij Krai“, so der offizielle Name, liegt im geographischen Zentrum des Landes, ca. 4000 Kilometer von Moskau entfernt; mit sechs Stunden Zeitverschiebung zur Mitteleuro-päischen Zeit, die auch in Deutschland gilt. Die Nachbargouvernements sind Irkutsk, Kemero-vo, Tomsk, Jakutien, Tuva, Chakassien und eini-ge kleine Rückzugsgebiete der indigenen Völker.

Nachdem ich all diese Infos gelesen hatte, be-sorgte ich mir ein Visum und flog schließlich Ende März 2006 von München via Moskau nach Krasnojarsk, um mir Sibirien einmal aus der

Nähe anzuschauen und meine Freun-de wiederzutreffen. Nachdem ich den Zeitunterschied und das krass geänder-te Klima „verdaut“ hatte, zeigten sie mir ihre Stadt. Mein erster Eindruck war: Sieht aus, als wäre die Zeit stehen geblieben und die Sowjetunion wäre nie untergegangen. Schon auf den ers-ten Blick stellte ich fest, dass die Zeit in Sibirien viel langsa-

mer zu vergehen scheint als im restlichen Teil der Welt: Fast alle Häuser stammten ersichtlich aus den 50er bis 70er Jahren der „glorreichen“ Sowjetunion und trugen noch die Lobeshym-nen längst vergangener „Siege“ des Kommu-nismus (z. B. auf dem Rathaus: Die Helden-stadt, ausgezeichnet mit dem Lenin-Orden und dem der glorreichen Oktoberrevolution usw.), nur vereinzelt aufgehellt von den neuen Kün-dern der westlichen Zivilisation, der Reklame.

Die Familie, bei der ich wohnte, lebt wie die übri-gen auch in einem fünfetagigen Plattengebäude, das in Russland als „Khruschoba“ bekannt ist, weil sie sehr schnell in der Zeit von Khruschov hochgezogen wurden (also in den 50er bis 60er Jahren). Solche Gebäude waren nicht für die Ewigkeit erbaut wurden, weil 1980 ja das Pa-

Eine Reise (fast) bis ans Ende der Welt Ein ganz persönlicher Reisebericht

Landschaft in Sibirien

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radies des Kommunismus beginnen sollte, wie Khruschov prophezeit hatte. Nun ja, heute ste-hen sie noch immer. Die Bewohner dieses Hau-ses müssen oftmals abends mit der Taschenlam-pe ihren Weg hinaus finden, weil mal wieder im Treppenhaus das Licht ausgefallen ist. Das Haus, indem ich wohnte, trägt auf der Vorderseite eine Plakette mit der Aufschrift: „Dieses Gebäude wur-de ausgezeichnet für seine exquisite Instandhal-tung während des Sozialistischen Wettbewerbs!“

Krasnojarsk wurde erst im Jahre 1628 gegrün-det, doch eigentlich begann die Entwicklung der Region erst am Ende des 19. Jahrhunderts, als die Transsibirische Eisenbahn gebaut wur-de. Sie ist also eine sehr junge Stadt. Im 19. Jahrhundert diente sie oft als Verbannungsort unter dem Zarenregime. Hierher wurden z. B. auch zwei junge Rowdys zur Resozialisierung geschickt, die später unter den markigen Na-men Lenin und Stalin bekannt werden sollten, damit sie einmal ihre überschüssigen Kräfte bei der Kultivierung des sibirischen Bodens erpro-ben konnten (gefruchtet hat die kühle sibirische Luft ja bei ihnen offenbar nicht, stattdessen wur-den aus den beiden zwei der grausamsten Mas-senmörder der gesamten Sowjetgeschichte).

Auch das Klima ist eine Sache, an die man sich gewöhnen muss: Im Allgemeinen ist es stark kon-tinental, große Temperaturschwankungen sind charakteristisch, kalte Winter und kurze Sommer mit ebenfalls kurzen Frühlings- und Herbstperio-den. Die klimatischen Bedingungen sind ziemlich

hart, besonders im Norden, die Temperatur kann im Winter auf unter -50°C (im Norden) fallen, und im Sommer bis +40°C (Süden) erreichen. Puh!

Von Krasnojarsk aus kann man viel unterneh-men: Steppen, Tiefebenen, Tundra und Berge stehen zur Eroberung und Erkundung bereit. Der Jenissei, die das ganze Gebiet durchzieht; zerschneidet es in zwei Teile; der Westen gehört zur westsibirischen Tiefebene, der Osten über-wiegend zum mittelsibirischen Flachgebirge. Im Süden erhebt sich das Sajangebirge empor. Der höchste Berg ist der Grandiozny mit 2922 Meter.

So sah in während meiner Reise viele Sehenswür-digkeiten und kann eine Nachahmung nur emp-fehlen, allerdings sollte man über eine robuste Natur verfügen und sich von den Unwägbarkeiten des russischen Lebens nichts anhaben lassen. Wenn man dies beachtet, so kann man eine schö-ne Zeit erleben und viele neue Dinge entdecken.

von Kai Leubner

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In Zeiten kultureller Gegensätze und gleichzei-tiger Globalisierung werden gerne Klischees von dem Aufstand der Globalisierungsverlierer be-müht. Wohltuend hebt sich von den Apologien die Streitschrift des ehemaligen sowjetischen Dissidenten und israelischen Ministers Natan Sharansky ab. Wenn auch das (neokonservati-ve) Credo von einer Prävention durch Demokra-tisierung im Irak kritisch zu sehen ist, so lohnt eine Lektüre dennoch.

Im Archipel Gulag lernte Sharansky die Vorzüge der Freiheit kennen. Nur wer sich die Freiheit erobern muss, weiß sie zu schätzen. Im Westen ist die Freiheit so selbstverständlich, dass eine Trübung des moralischen Bewusstseins einge-setzt hat. Freiheit wird nicht mehr als Aufgabe verstanden, sondern vielmehr als Gebot zu einer wurzellosen Beliebigkeit, welche an der Oberflä-che verharrt.

Sharansky teilt die Welt in Gesellschaften der Furcht und den Freien ein. Gesellschaften der Furcht sind durch die Unterdrückung von Mei-nungspluralität, Religionsfreiheit und ethnische Selbstbestimmung geprägt. Die hierfür not-wendigen Repressionssysteme blockieren aber zugleich intellektuelle Potenziale und beanspru-

chen wirtschaftliche Kapazitäten, welche nicht zum Allgemeinwohl verwendet werden können. Zugleich wird die Bevölkerung auf einen äuße-ren Feind eingeschworen, der nach innen den Zusammenhalt stärken soll und als Legitimation für den Ausnahmezustand – inklusive der mise-rablen wirtschaftlichen Lage – dient, den man aber anderseits benötigt, um Ressourcen zur Aufrechterhaltung der Herrschaft zu erhalten.

Die Demokratie hingegen ist am Ausnahmezu-stand nicht interessiert, da sie sich nicht gegen die Bevölkerung behaupten braucht. Sie muss jedoch erlernt und kann nicht einfach verordnet werden. Der Prozess der Demokratisierung mag mühsam sein; das Ergebnis sind Friede, Freiheit und Wohlstand. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

von Pascal Kreuder

Sharansky, Natan: The Case for Democracy. The Power of

Freedom to Overcome Tyranny and TerrorPublicAffairs, 2006, 303 Seiten, 14,00 $

ISBN: 1586483544

Demokratie ist die beste Terrorismusprävention

An jeder größeren Wahl in der Bundesrepublik partizipiert neben den allseits bekannten eine Vielzahl von Kleinparteien. Nur in wenigen Fäl-len schaffen Kleinparteien den Sprung aus dem „Null-Komma-Ghetto“. Kürzlich und spektakulär gelang es der neu gegründeten WASG, die durch die PDS quasi „Huckepack“ in den Bundestag getragen wurde. Es liegt auf der Hand, dass Öf-fentlichkeit wie Wissenschaft derartige Parteien als bizarr anmutende Erscheinungen geißeln („Zwergparteien“, „Liliputparteien“, „Splitter-parteien“ oder „sonstige Parteien“). Der Poli-tikwissenschaftler Andreas Schulze nimmt sich der verdienstvollen Frage an, weshalb die meis-ten deutschen Kleinparteien an ihrem Ziel einer dauerhaften Etablierung scheiter(te)n. Welche gesellschaftlichen, organisatorischen und poli-tischen Voraussetzungen müssten grundsätz-lich gegeben sein, damit eine Kleinpartei zur Großpartei wird? Dabei erfolgt eine Unterteilung zwischen nicht-etablierten und etablierten Klein-parteien.

Der Autor arbeitete akribisch, griff neben dem gedruckten Schrifttum auf nicht publiziertes Material zurück und führte mit über 100 Perso-nen Interviews. Eine Reihe von Facetten bringt Schulze ans Tageslicht, zum Beispiel die der me-dialen Berichterstattung über Kleinparteien in

Deutschland: „Im TV-Wahlkampf im Vorfeld der Bundestagswahl gibt es inzwischen eine Traditi-on, dass sich die Kleinparteien an einem Abend dem potentiellen Wähler präsentieren können. Allerdings wirken diese Sendungen eher wie ein Panoptikum, nicht wie eine seriöse Auseinander-setzung mit Zielen, Programmen und Personen (...). Wie im Zoo stehen die Vereinigungen zur Schau.“ (S.347) Das Fazit des Rezensenten fällt positiv aus: Andreas Schulze hat eine informati-ve, gut lesbare Arbeit verfasst, die viel über die Hintergründe von Auf- und Abstieg der Kleinpar-teien verrät.

von Florian Hartleb

Schulze, Andreas: Kleinparteien in Deutschland. Aufstieg und Fall

nicht-etablierter politischer Vereinigungen, Deutscher Universitätsverlag, 2004, 430 Seiten, 45,90 EUR

ISBN: 3824445581

Deutsche Kleinparteien

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Vielen gar nicht erst bekannt ist der Spitzenkan-didat der krisengeschüttelten Berliner CDU, Friedbert Pflüger, ein passionierter Außenpoliti-ker und ein prominenter Verfechter der trans-atlantischen Zusammenarbeit. Pflüger arbeitete jahrelang für Bundespräsident Weizsäcker und galt bei der Regierungsbildung 2005 als mögli-cher Anwärter auf das Außen-, Verteidigungs- oder Entwicklungshilfeministerium. Nun ist er Staatssekretär und hofft auf ein respektables Ergebnis bei der Berliner Wahl.

Friedbert Pflüger sorgte bereits in seinen Stu-dentenzeiten für Wirbel: Als damaliger Bun-desvorsitzender des RCDS befürwortete er im Gleichklang mit der damaligen sozial-liberalen Koalition die KSZE-Schlussakte und war damit in der eigenen Partei alleine. Pflüger bewies da-mit Weitsicht, aber auch Nonkonformismus und Idealismus. Als einer der ersten wagte er bereits Anfang 2000 die Abrechung mit Helmut Kohl in seinem Buch „Ehrenwort. Das System Kohl und der Neubeginn“.

Das nun bei der Deutschen Verlags-Anstalt er-schienene Werk des CDU-Politikers schildert sehr sachlich und nüchtern das eigentlich Unfassbare: Islamisten nehmen Angriff auf unsere Zivilisati-

on. Der Autor greift dabei die Zusammenhänge der globalisierten Welt auf, zeichnet die Motive der Terroristen nach und hält ein leidenschaft-liches Plädoyer für die Verteidigung der westli-chen Werte. Die Argumentation taugt als Kurs-bestimmung für die deutsche Politik, die immer noch Schwierigkeiten mit einer Strategie zur Be-kämpfung des islamistischen Terrorismus hat.

Das Besondere an Pflügers Buch ist seine hoch-aktuelle Brisanz und seine Zeitgemäßheit: Die Analysen treffen heute mehr als je zu. Mit Pflü-ger könnte zudem erstmals ein begeisterter Au-ßenpolitiker die Geschicke des Stadtstaates Ber-lin übernehmen. Außerdem ist der Kandidat ein Intimus der Bundeskanzlerin, sein Einfluss auf die Merkel´sche Außenpolitik darf keineswegs unterschätzt werden!

von Bence Bauer

Friedbert Pflüger: Ein neuer Weltkrieg? Die islamistische

Herausforderung des Westens, Deutsche Verlags-Anstalt,

2004, 303 Seiten, 19,90 EURISBN: 3421053235

Die islamistische Bedrohung

Der seit Jahren in Berlin lebende US-amerika-nische Enthüllungsjournalist Mathew D. Rose präsentiert nach seinen viel beachteten Publika-tionen „Eine ehrenwerte Gesellschaft – die Bank-gesellschaft Berlin“ und „Berlin – Hauptstadt von Filz und Korruption“ exemplarisch an der deutschen Hauptstadt Berlin bemerkenswerte Fehlentwicklungen derselben, die zum heutigen Desaster geführt haben. Berlin versinnbildlicht die deutsche Krise nicht nur, sie ist vielmehr ihr Katalysator.

In sieben Kapiteln berichtet Rose von unglaub-lichen, interessanterweise totgeschwiegenen Skandalen, von Seilschaften und Vetternwirt-schaft. Von der Bankgesellschaft über das Tem-podrom-Projekt bis hin zur Wasserstadt ver-schleuderten die Protagonisten – viele davon bestimmende Gestalten der Berliner Politik der 90er Jahre – Unmengen öffentlicher Gelder. Doch unverständlicherweise regt sich deshalb kaum jemand auf. Hat die Öffentlichkeit schlichtweg keine Notiz genommen vom Treiben der Berliner Politik?

Ursächlich für den Finanzkollaps waren in den Augen des Autors nicht einzelne Fehlentschei-dungen oder gar deren Zusammenwirken, son-dern auch das gewichtige Mentalitätsproblem

der deutschen Kapitale: Jahrzehntelang von Subventionen genährt, haben beide Teile der Hauptstadt ein Identitäts- und Wahrnehmungs-problem. Ein unternehmerischer Geist konnte sich nicht entwickeln, Eigeninitiative sich nicht entfalten und wahre Marktwirtschaft nicht her-ausgebildet werden. Zudem berauscht sich ganz Berlin an seinem nicht vorhandenen Hauptstadt-Ethos.

Die bittere Realität holt uns schnell ein: Die Spreemetropole ist in Wahrheit eine Ansamm-lung mittelgroßer urbaner Konglomerate, ohne nennenswerte Industrie, ohne tradiertes Kapital, ohne bürgerschaftliche Erwerbsethik – jedoch voller sozialer Spannungen und Armut, voller Größenwahn und Blasphemie, vor allem aber voller Schulden.

von Bence Bauer

Mathew D. Rose: Warten auf die Sintflut

Transit Buchverlag, 2004, 237 Seiten, 18,80 EUR

ISBN: 3887471962

Deutschland vor der Sintflut?

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