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Teilnahme 1/2013 Ursberger Josefsbote B 08038

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Teilnahme

1/2013

UrsbergerJosefsbote

B 08038

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Inhalt

Erscheinungsweise: Vierteljährlich. Herausgeber: St. Josefskongregation Ursberg. Redaktion Josefsbote, c/o ReferatÖffentlichkeitsarbeit, 86513 Ursberg. Redaktionsteam: Pater Benedikt Grimm OFM, Christian Pagel, Sr. M. ChristianeSchrom CSJ, Paul Steghöfer, Sr. M. Lucia Tremel CSJ, Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ. Layout: Paul Steghöfer. Druck:Auer Buch +Medien GmbH,86609 Donauwörth.Versand/Vertrieb:Angelika Baur,Tel.08281 92-3031.Bezugspreis: DurchSpenden abgegolten.Bilder: Titel: Georg Drexel; S. 5: Glasfenster „Zachäus“ Christuskirche Korntal; S. 7: Opening-Mas-blog.de; S. 8: Vatican.chip.de; S. 9: hfmcounseling.org; S. 10: Solina Brick (wikimedia.commons), Bearbeitung Steghö-fer; S. 11: Steghöfer (2),Wildenauer (1); S. 13, 21: photo.com; S. 15: Archiv; S. 16, 17: Wildenauer; S. 20: blogspot.com; S.23: Mayer (1),Wohneinrichtung St.Angelina (2), Steghöfer (1); S. 27: Stegöfer; S. 31: Tremel

Für unaufgefordert zugesandte Artikel besteht kein Anspruch auf Rücksendung!

Mit auf demWegLeben als Teilnahme S. 04

Eine BegriffsannäherungTeilnehmen – Chancen und Grenzen S. 12Feierliche Übergabe durch Bischof Konrad ZdarsaÜberarbeitete Satzungen für die Schwestern der St. Josefskongregation S. 11

Ein kleiner Blick in die Geschichte des Dominikus-Ringeisen-WerkesTeilnehmen dürfen – Eine Chance, Gemeinschaft zu erleben und zu bereichern S. 14

Abendgebet mit franziskanischen ElementenDas Abend-Tau S. 16

S. 18

Teilnahme? Teilnahme! S. 20

Erfahrungen in schwerer Zeit – Abschied von einem wahren JosefsbotenAnteilnahme S. 31

Andreas nimmt teil

Allroundteilnehmer Andreas S. 22

Variationen eines BegriffsTeilnahme – Was so alles dahinterstecken kann S. 24

Förderschulen – Auslaufmodell?Teilnahme – aber wie? S. 26

Neu auf dem BüchertischBuchtipps S. 28

Verstorbene aus unseren ReihenIm Gedenken S. 32

Spendenkonten St. Josefskongregation KTO 121762Stiftung Dominikus-Ringeisen-Werk KTO 137200

BLZ 75090300Bank: Liga Augsburg

Impressum

Die TeilnahmebestätigungWas ist Teilnahme – und woran erkennt man sie?

Gemeinwesen und ihre Wertigkeit

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Editorial

Ihr

Paul SteghöferMitglied der Redaktion

ZudiesemHeft

Liebe Leserinnen und Leser!

Ein neues Jahr hat begonnen – gefühlt schon wieder eine halbe Ewigkeit her.Auch für den Ursberger Josefsboten hat ein neues Jahr begonnen – ein neuesThemenjahr.

TTeeiill((eenn)) steht im Mittelpunkt und zieht sich unter ganz verschiedenen Aspektendurch die vier Ausgaben dieses Jahres.

Teilnehmen ist der Titel dieses Heftes, es sollen folgenurtteeiilleenn, was auch be-urtteeiilleenn und ver-urtteeiilleenn beinhaltet,tteeiilleenn und dienen, ganz bewusst als Alternative zum klassischen„teile und herrsche“mittteeiilleenn, was natürlich mit dem großen weiten Feld der zwischen-menschlichen Kommunikation zu tun hat

Auf manches dieser Themen würde man nicht unbedingt spontan kommen,wenn man etwas von Teil, teil-..., teilen hört. TTeeiillnehmen ist da wohl dasnaheliegendste, urtteeiilleenn liegt da schon nicht mehr gar so nahe und gehörtdoch eigentlich selbstverständlich dazu.

Ein ganz spannender Begriff, dieses Teil, teil-..., teilen. Sie teilen diese Meinunghoffentlich.

Und so wünschen wir Ihnen und uns eine interessante Lektüre rund um unserJahresthema 2013.

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Lebenals Teilnahme

Diese wunderbaren Gedanken vonPapst Benedikt XVI. aus seinerWeihnachtspredigt 2005 helfenuns, die Teilnahme als Grundmus-ter der Begegnung zwischen Gottund Mensch, zwischen Himmelund Erde zu begreifen. Gott nimmtteil, sichtbar, greifbar, geschichtlicherfassbar an seiner Welt, an derWelt der Menschen und ihremSchicksal. Auf immer neue Weise

MitaufdemWeg

MitaufdemWeg

wird dieses Geheimnis in den heili-gen Schriften aufgegriffen, etwa da,wo der Apostel Paulus in seinemBrief an die Philipper (2,5-8) dieklassischen Worte findet:

Seid untereinander so gesinnt, wiees dem Leben in Christus Jesus ent-spricht: Er war Gott gleich, hielt abernicht daran fest wie Gott zu sein,sondern er entäußerte sich und

Das ewige Heute Gottesist in das vergängliche Heute dieser Welt herabgestiegen

und zieht unser vergehendes Heutein Gottes immerwährendes Heute hinein.

Gott ist so groß, dass er klein werden kann.Gott ist so mächtig, dass er sich wehrlos machen kann

und als wehrloses Kindlein auf uns zugeht,damit wir ihn lieben können.

Gott ist so gut, da er auf seinen göttlichen Glanz verzichtetund in den Stall herabsteigt,damit wir ihn finden können

und so seine Güte auch uns berührt, uns ansteckt,durch uns weiterwirkt.

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Mit auf dem Weg

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wurde wie ein Sklave und den Men-schen gleich. Sein Leben war das ei-nes Menschen; er erniedrigte sichund war gehorsam bis zum Tod, biszum Tod am Kreuz.

JJeessuu TTeeiillnnaahhmmeeaamm LLeebbeenn ddeerr MMeennsscchheenn

In den Evangelien wird erzählt undbezeugt, wie Jesus sich erweist alseiner, der am Leben der Menschenteilnimmt. Er unterwirft sich demjüdischen Gesetz. Er wird beschnit-ten am achten Tag nach seiner Ge-burt, er wird im Tempel dargestellt,er pilgert mit seinen Eltern zumOsterfest nach Jerusalem, wie esder Brauch war. Er stellt sich in dieReihe derer, die sich von Johannesim Jordan taufen lassen. Er nimmtam Gottesdienst in der Synagogeteil und liest aus der Schrift vor. Inder Treue zur jüdischen Überliefe-rung lässt er sich von den Pharisä-ern nicht übertreffen und gleichzei-tig zeigt er die Grenzen auf, etwa inder Diskussion um das Sabbatge-bot. Er besucht die Feste der Juden,lässt sich einladen zur Hochzeit zuKana und feiert mit den Jüngern dasPaschamahl, wie es der Brauch ist.Selbst im Tod wird noch an ihmvollzogen, was das Gesetz vor-schrieb. Er wird begraben und manwälzt einen schweren Stein vor denEingang des Grabes.

Die Teilnahme Jesu am Leben derMenschen beschränkt sich abernicht auf die eher äußeren Vollzüge.Immer wieder kann man in der Lek-türe der Heiligen Schrift staunenüber sein spontanes Einfühlungs-

vermögen. Er merkt, wie seine Jün-ger um die Frage streiten, wer vonihnen der Prominenteste ist, aber erkritisiert sie nicht. Das wäre pein-lich gewesen. Er erspart ihnen aberauch nicht den Hinweis auf das,was sie noch lernen müssen: Wervon euch der Größte sein will, dersei der Diener aller (vgl. Mk 10,43).Besonders eindrucksvoll ist die Be-gegnung Jesu mit der trauerndenMutter von Naim, die ihren einzi-gen Sohn verloren hatte. Weinenicht! sagt er zu ihr und tröstet sie,bevor er den Toten zum Leben er-weckt (vgl. Lk 7,14).

Jesus ist aber auch einer, der Gren-zen überwindet und Wege frei-macht, damit die Menschen am Le-ben der Gesellschaft teilnehmenkönnen. Er hat einen Blick für dievielen Ausgegrenzten, die Zöllner,die gebrandmarkt waren als öffent-liche Sünder, die Ehebrecherin, dieman am liebsten gesteinigt hätte,die blutflüssige Frau, deren Krank-heit sie selbst und alle, die sie be-rührte, gesetzlich unrein werdenließ, die Aussätzigen, denen nur einLeben am Rand übrig blieb. SeineJünger ließ er teilnehmen an seinerSendung.

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24)! Der heimkehrende Sohn wirdder Ehrengast, um dessentwillender Vater das Mastkalb zum Festschlachten lässt. Streng ist sein Ur-teil über den reichen Prasser, derden armen Lazarus nicht an seinemReichtum teilnehmen lässt (vgl. Lk16, 19-31).

DDiiee TTeeiillnnaahhmmee ddeerr LLaaiieennaann ddeerr SSeenndduunngg ddeerr KKiirrcchhee

Der Apostolat der Laien ist Teil-nahme an der Heilssendung der Kir-che selbst. Zu diesem Apostolatwerden alle vom Herrn selbst durchTaufe und Firmung bestellt. Durchdie Sakramente, vor allem durch dieheilige Eucharistie, wird jene Liebezu Gott und den Menschen mitge-

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Mit auf dem Weg

Sie wurden Zeugen seiner Wunderund der Gewalt seiner Worte. Er-staunlich vor allem auch, wie er mitFrauen umgegangen ist. Wie selbst-verständlich nahmen auch sie teilan seiner Lebensaufgabe, vor allemseine Mutter Maria, bis unter dasKreuz und in die Auferstehungs-wirklichkeit hinein.

Die Geschichten vom Reich Gottes,die Jesus erzählt, vertiefen seineBotschaft, dass alle eingeladen sindzur Teilnahme am Kommen seinesReiches. Als sich die zum Festmahldes Königs Geladenen mit Ausre-den „entschuldigen“, da schickt erseine Boten zu denen draußen undgab ihnen den Auftrag: Nötigt allehereinzukommen (vgl. Lk 14,16-

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teilt und genährt, die die Seele desganzen Apostolates ist. Die Laiensind besonders dazu berufen, dieKirche an jenen Stellen und in denVerhältnissen anwesend und wirk-sam zu machen, wo die Kirche nurdurch sie das Salz der Erde werdenkann. So ist jeder Laie kraft der ihmgeschenkten Gaben zugleich Zeugeund lebendiges Werkzeug der Sen-dung der Kirche selbst „nach demMaß der Gabe Christi“ (Eph 4,7).(Kirchenkonstitution Lumen Gen-tium Nr. 33).

„Teilnahme an der Heilssendungder Kirche“ – auch hier hat das Kon-zil neue Maßstäbe gesetzt. DasVolk Gottes ist nicht die passiveHerde der Gläubigen, die hinterdem Hirten auf der Futtersuche her-trottet. Das Volk Gottes ist Trägerder Verheißung und der Sendung,die Botschaft Jesu auf seine Weisein der Welt zu leben und zu verkün-den. Diese Entwicklung konntenicht ohne Probleme vollzogenwerden. So mahnt das Konzil:Die geweihten Hirten aber sollendie Würde und Verantwortung derLaien in der Kirche anerkennen undfördern. Sie sollen gern deren klu-gen Rat benutzen, ihnen vertrauens-voll Aufgaben im Dienst der Kircheübertragen und ihnen Freiheit undRaum im Handeln lassen, ihnenauch Mut machen, aus eigener In-itiative Werke in Angriff zu nehmen.Mit väterlicher Liebe sollen sie Vor-haben, Eingaben und Wünsche, diedie Laien vorlegen, aufmerksam inChristus in Erwägung ziehen (119).Die gerechte Freiheit, die allen im ir-dischen bürgerlichen Bereich zu-

DDeerr hheeiimmkkeehhrreennddee SSoohhnn(Rembrandt)

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steht, sollen die Hirten sorgfältig an-erkennen. (Kirchenkonstitution Lu-men Gentium Nr. 37)

Die Rolle der Laien, insbesonderedie Rolle der Frauen in der Kirche,wird in Zukunft eine zunehmendwichtige Rolle spielen. Tatsache ist,dass in den Kirchen Europas derMangel an Priestern immer spürba-rer wird. Die Versuche, durch neueStrukturen dem Mangel abzuhel-fen, so, als sei abzusehen, wannsich die Zahl der Priester wieder er-höht, haben bisher eher zu einerMinderung des kirchlichen Lebensund zur Überforderung der Priesterangesichts übergroßer seelsorgerli-cher Einheiten geführt. Das Verbotetwa der Laienpredigt oder der

Laien übertragenen Gemeindelei-tung ist den Gläubigen immer we-niger zu vermitteln. Mit Recht fra-gen viele Beobachter, ob nicht derMangel an Priestern auch ein Zei-chen der Zeit ist, durch das Gottden Verantwortlichen seiner Kirchesagt: Nehmt das Charisma derLaien ernst! Baut Misstrauen ab!Baut vor allem den zunehmendenweltkirchlichen klerikalen Zentralis-mus ab, der meine Kirche um vielBuntheit und lebendige Vielfaltbringt!

Inzwischen haben die Laien auch anSelbstbewusstsein im Umgang mitder kirchlichen Hierarchie gewon-nen. Das geradezu klassische Bei-spiel ist die Auseinandersetzung um

die kirchliche Schwangerenberatungim Jahr 1999 in der Bundesrepublik:Die katholischen Bischöfe Deutsch-lands sind auf Weisung Roms ausdem gesetzlichen Beratungssystemausgestiegen. Das Argument in Romwar, dass in diesen Beratungsstellender Nachweis der Beratung zugleicheine Voraussetzung für eine mögli-che Abtreibung sein könnte. Sowürde die Eindeutigkeit der kirchli-chen Position in dieser Frage ver-dunkelt. Aus der Überzeugung, dasseine verpflichtende ergebnisoffene,aber zielgerichtete Beratung die bes-te Möglichkeit sei, um Frauen imKonflikt zu erreichen und ungebore-nes Leben zu schützen, gründetenkatholische Christen gemeinsam mitChristen anderer Konfessionen

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den eigenständigen Verein „Donumvitae“, der derzeit an 200 Orten derBundesrepublik Beratungsstellen an-bietet. Diese Aktivität wurde von Rom so-fort stark kritisiert, weil einer Laien-organisation nicht erlaubt seinkönne, was gerade vorher Bischö-fen verboten wurde. An Hand die-ses Beispiels entzündete sich dieDebatte, welche Unabhängigkeitnun Laien wirklich in ihrem Welt-dienst haben.Sind nicht sie es, die aufgrund ihresFachwissens und aus wohl reflek-tiertem Gewissen sich in der Ge-sellschaft in lebenswichtigen Fra-gen einsetzen, wo es die Kirche of-fiziell nicht will oder kann? Ge-schieht solches nicht in differen-

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zierter Form im Geiste ihres Welt-auftrages, aber in Verantwortungvor dem Herrn? Und warum sollplötzlich eine Regelung falsch sein,die vorher immerhin jahrelang alsgeringeres Übel akzeptiert wurde,nachdem die authentische kirchli-che Position im Bundestag nichtdurchgesetzt werden konnte?

„„TTäättiiggee TTeeiillnnaahhmmee““aann ddeerr hheeiilliiggeenn LLiittuurrggiiee

Gott offenbart sich in Jesus als ei-ner, der das Leben der Menschenteilt. So ist es verständlich, dass dieGemeinschaft derer, die an seinenSohn glauben, teilnimmt an derFülle der Vollzüge, in denen sichihre Lebendigkeit darstellt.

Jahrhundertelang war die heiligeMesse vorwiegend als Opferhand-lung des Priesters verstanden wor-den, der das Volk andächtig bei-wohnen sollte. Die Verwendungder lateinischen Sprache, für diemeisten eine Fremdsprache, dieStellung des Priesters am Altar mitdem Rücken zum Volk, der oft ge-waltige Abstand zwischen Altar-raum und Volk, die Kommunion-bank als trennende Barriere – dasalles hat die Gläubigen eher zu Sta-tisten in der Feier der Liturgie de-gradiert als zu Mitfeiernden werdenlassen.

Seit dem Zweiten VatikanischenKonzil (1962 – 1965) wurde die Eu-charistie nun stärker als gemein-same Feier des versammelten Got-tesvolks begriffen, bei der jeder dieihm zukommende Aufgabe über-nehmen soll: Bischof, Priester, Di-akon, Messdiener, Lektoren, Vor-sänger, Organist und die Gesamt-heit der anwesenden Gläubigen. Siesollen durch die vorgesehenen Ant-worten und Akklamationen, durchKörperhaltung (Niederknien, Ste-hen, Sitzen) und Gebärden (Kreuz-zeichen, Friedensgruß), durch ge-meinsames Beten und Singen sowiebesonders durch die innere Teil-nahme ihre durch Taufe und Fir-mung geschenkte Teilhabe amPriestertum Christi zum Ausdruckbringen. Während der Priester inpersona Christi das Opfer Christidarbringt, soll sich der Gläubigekraft seines allgemeinen Priester-tums in seinem Lebensopfer mitdem Opfer Christi verbinden, umfruchtbar und wirksam (lat. actuosa)

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am heiligen Messopfer teilzuneh-men.Kritisch merkt der Theologe JosefRatzinger zur konkreten Entwick-lung der „tätigen Teilnahme“ der Li-turgie an:Das Zweite Vatikanische Konzil hatuns nachdrücklich daran erinnert,dass die Liturgie in der Sprache derKirche „Actio“ heißt. Sie ist eineHandlung und deswegen gibt es die„participatio actuosa“, die tätige Be-teiligung aller Gläubigen. Aber da istdann vielfach in geringerem odergrößeren Maß der Eindruck entstan-den, die Liturgie müsse von denGläubigen gemacht werden … unddas hat, etwas grob gesagt, dazu ge-führt, dass man anfing, ihr Gelingenschließlich an ihrem Unterhaltungs-wert zu messen. Sie sollte rechtspannend gestaltet werden … aberdabei ist uns etwas Merkwürdigeswiderfahren: gerade so ist ihre ei-gene innere Spannung verloren ge-gangen. Die kommt nämlich nichtvon dem, was wir tun, sondern da-von, dass hier etwas getan wird, waswir selbst alle zusammen geradenicht tun können … hier wirkt eineVollmacht, die keiner sich selbst ge-ben kann, dass wirklich das Ganz-Andere geschieht, der Ganz-Andereunter uns hereintritt … Die Eucharis-tie hat den Tod des Herrn gekostetund nur darum kann sie Gabe derAuferstehung sein. Darum kommtes in der Eucharistie nicht auf vonuns produzierte Abwechslungen an.Alle Abwechslungen finden ihr Endeund alle Unterhaltung wird schließ-lich langweilig – wie sehr wissen wirdas heute. Es kommt darauf an, dassdas Immerwährende, das Eigentli-

che uns gegenwärtig wird und dasswir auf dieses zugehen … In derLiturgie kommt es nicht auf Ab-wechslung an, sondern gerade dar-auf, das immer tiefer zu erfahren,was nicht zu wechseln braucht, weiles die eigentliche Antwort ist, diewir suchen … (Joseph Ratzinger,Theologie der Liturgie, GesammelteSchriften Bd. 11).

VVeerrwweeiiggeerrttee TTeeiillnnaahhmmee

In der aktuellen Diskussion umkirchliche Reformen stehen zweiThemen ganz oben auf der Wunsch-liste vieler Christen: Die Zulassungvon wiederverheirateten Geschiede-nen und von Christen anderer Kon-fessionen zur heiligen Kommunion.

Die Frage der wiederverheiratetenGeschiedenen wird immer drän-gender. Sie beschäftigt Seelsorgerund Bischöfe seit Jahrzehnten. Etwa1/3 aller kirchlich geschlossenenEhen scheitert in unserem Land.Viele von denen, deren Ehe ge-schieden wurde, haben sich füreine neue Partnerschaft und einestandesamtliche Trauung entschie-den. Oft werden in dieser neuenPartnerschaft viele von den Wertenverwirklicht, die auch die Kirche da-mit verbindet (Treue, Liebe, Kinder,gegenseitige Verantwortung, Ge-bet). Da die katholische Kirche ander Unauflöslichkeit der Ehe fest-hält, ist eine neuerliche kirchlicheTrauung nicht möglich.

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So sind alle, die in einer solchenVerbindung leben, von der heiligenKommunion ausgeschlossen. DerHinweis auf die geistige Kommu-nion hilft den meisten in dieser Si-tuation wenig. Sie fühlen sich vonder Teilnahme ausgegrenzt undviele distanzieren sich vom Lebeneiner Gemeinde, wenn sie nichtgleich aus der Kirche austreten. DieDiskussion bewegt sich zwischendem kompromisslosen Verweis aufdie biblisch begründete Unauflös-lichkeit der Ehe und der – nichtminder gut begründeten – Bot-schaft von der Barmherzigkeit Got-tes. Über allem aber steht die Fragenach der Glaubwürdigkeit einer Kir-che, die in anderen Fällen mit Ge-scheiterten weniger hartherzig um-geht. Man darf gespannt sein, wel-che praktisch brauchbaren Antwor-ten gefunden werden!

Nicht weniger schwer zu vermittelnist vielen Menschen heute die Ver-weigerung der „eucharistischenGastfreundschaft“, also das Verbotetwa evangelischen Christen ge-genüber, an der katholischen Kom-munion teilzunehmen. Die Fort-schritte in der ökumenischen Be-wegung seit dem Zweiten Vatikani-schen Konzil, die vielfachen ge-meinsamen Unternehmungen ander kirchlichen Basis haben Hoff-nungen geweckt, als sei das Trenn-ende zwischen den KonfessionenMakulatur und der Fortschrittscheitere lediglich an der Sturheitder katholischen Bischöfe.Von evangelischer Seite sieht manda kein Problem, weil es ja Jesus ist,der zum Abendmahl einlädt und

weil es der Kirche nicht zusteht,ihm in den einladenden Arm zu fal-len. Das katholische Verständnisder Eucharistie hängt aber zu sehrmit ihrem Verständnis von Kirchezusammen, als dass sie dem Drän-gen der Menschen einfach nachge-ben könnte ohne Rücksicht auf dieWahrheit des Glaubens. „Leib Chri-sti“ ist ja nicht nur das eucharisti-sche Brot, Leib Christi ist auch dieKirche. Das eine ist nicht vom an-deren zu trennen. Solange es aberda keine Einheit gibt, dürfte es derkatholischen Kirche schwer fallen,von ihrer Position abzurücken.

VVoomm ttiieeffeenn SSiinnnn ddeerr TTeeiillnnaahhmmee

Ein Mann war mit seiner Kirchenge-meinde unzufrieden. Er sah dieMängel und Fehler, spürte den Sandim Getriebe und zog sich daraufhinimmer mehr zurück. Er klagte undgrollte. Da schenkte ihm Gott einenTraum. Ein Engel trug ihn hinauf inGottes ewige Welt. Dort sah er dasHaus Gottes als einen wunderbarenTempel. Er staunte über das herrli-che, majestätische Bauwerk.

Doch da entdeckte er im Mauer-werk eine Lücke. Offenbar fehltedort ein Stein. So entstand in demschönen Bauwerk ein hässliches

Loch. „Was bedeutet diese Lückeim Haus Gottes?“, fragte er den En-gel. „Diese Lücke hast du hinterlas-sen, als du dich aus der Gemeindezurückzogst!“, sagte der Engel.„Gott wollte dich an dieser Stellegebrauchen, aber du hast nur dieFehler der anderen gesehen. Vorlauter Klagen und Grollen über dieanderen bist du gar nicht dazu ge-kommen, selbst am Leben der Ge-meinde teilzunehmen und deinenPlatz auszufüllen. Nun gibt es imTempel Gottes diese hässlicheLücke!“Da erwachte der Mann. Und mitneuer Freude arbeitete er nun in derGemeinde mit. Trotz aller Unzu-länglichkeiten wollte er ein lebendi-ger Stein im Hause Gottes sein. DasGanze mittragen und selber getra-gen werden. Er wollte die Lücke imHause Gottes ausfüllen. Quelle: Axel Kühner, Überlebensge-schichten für jeden Tag, Aussaat Ver-lag

P. Benedikt Grimm OFM

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Auf der Höhe der Zeit

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Am Sonntag, 13. Januar 2013, kamH.H. Bischof Konrad Zdarsa nachUrsberg, um den Schwestern dieneu überarbeiteten Satzungen zuüberreichen.Die Schwestern der St. Josefskon-gregation leben nach der Regel fürden Regulierten Dritten Orden deshl. Franziskus. Auf das konkrete Le-ben in der Gemeinschaft in Ursbergund den weiteren Niederlassungenbezogene Anleitungen sind in derSatzung und den Ausführungsbe-stimmungen formuliert. Bereitszum zweiten Mal nach Eröffnungdes 2. Vatikanischen Konzils stell-ten sich die Schwestern der He-rausforderung, die Satzung nachden Zeichen und Erfordernissen derZeit zu überarbeiten. Die kleinerwerdende Zahl an Schwestern, dieveränderte Altersstruktur und dieLoslösung von der unmittelbarenVerantwortung für das Dominikus-Ringeisen-Werk erforderten eine in-haltliche und sprachliche Verände-rung der Satzung. Über Jahre hin-weg setzten sich die Schwestern inBesinnungstagen (Mattentagen) undGesprächsgruppen mit den Punk-ten in der Satzung auseinander, so-dass dies nicht nur ein struktureller,sondern auch ein spiritueller Pro-zess war. Im Juni 2012 beschlossdas 17. Generalkapitel die Formu-lierung und die Satzung konnte inDruck gehen.

So konnte Bischof Konrad Zdarsaan dem Sonntag, an dem zudemdas Fest der Taufe Jesu gefeiertwurde, den Schwestern persönlichdie Satzungen überreichen.

Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ

Überarbeitete Satzungenfür die Schwestern der St. Josefskongregation

Feierliche Übergabe durch Bischof Konrad Zdarsa

JJeeddeerr SScchhwweesstteerr,, ddiiee iinn ddiiee MMuutttteerrhhaauusskkaappeelllleekkoommmmeenn kkoonnnnttee,, üübbeerrrreeiicchhttee BBiisscchhooff ZZddaarrssaaddiiee nneeuuee SSaattzzuunngg ppeerrssöönnlliicchh

GGeenneerraalloobbeerriinn SSrr.. MM.. EEddiitthh SScchhllaacchhtteerr CCSSJJ,,GGeeiissttll.. DDiirreekkttoorr WWaalltteerr MMeerrkktt,, BBiisscchhooff ZZddaarrssaa,,GGeenneerraallvviikkaarriinn SSrr.. MM.. KKaatthhaarriinnaa WWiillddeennaauueerr CCSSJJ::FFrreeuuddee üübbeerr ddiiee nneeuuee SSaattzzuunngg(Bild ganz oben, von links)

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Jeder ist ein Teil des Ganzen

TTeeiillnneehhmmeenn –– eeiinn WWoorrtt ddeess AAllllttaaggss

Schauen wir unseren Tag an: Ichnehme teil am Gottesdienst als Got-tesdienstteilnehmerin. Ich nehmeteil am Straßenverkehr, bin also Ver-kehrsteilnehmerin. Ich nehme teilam gemeinsamen Frühstück – „Früh-stücksteilnehmerin“. Ich nehme teilan der morgendlichen Dienstbe-sprechung – „Besprechungsteilneh-merin“. Ich nehme teil an einer Ver-losung, an einem Spiel, an einer Ab-stimmung, an einer Tagung, an ei-nem Workshop, an einem Ausflug,am Unterricht oder einem Sprach-kursus, an einer Diskussion oder ei-nem guten Gespräch ... Endlos auf-zuführen wären wohl die Aktionen,an denen wir teilnehmen können.Verwandt ist unser Teilnehmen mit:Anteilnehmen. Woran nehmen Sieteil? Woran nehmen Sie Anteil?

TTeeiillnnaahhmmee wwiillll KKoommppeetteennzzeenn

Wenn ich an etwas teilnehme, danngliedere ich mich mehr oder weni-ger aktiv in ein Geschehen ein,ohne dabei die Hauptrolle zu über-nehmen. Das Gelingen des Vorha-bens kann aber durchaus auch vonder Art und Weise meiner aktivenTeilnahme, meiner Beteiligung, ab-hängen. Teilnahme fordert heraus!

TeilnehmenChancen und Grenzen

Eine Begriffsannäherung

Zunächst fordert das Teilnehmendie eigene Person. Ich muss sehen,in welcher Weise ich mich einbrin-gen kann oder ob ich mich mit mei-ner Aktivität zurückhalten sollte. Ichmuss über das grundlegende Wis-sen oder die erforderlichen Kompe-tenzen verfügen, um teilnehmen zukönnen. So muss ich zum Beispielals Verkehrsteilnehmerin die Ver-kehrsregeln kennen und beachten.Möchte ich als Radfahrerin mich inden Verkehr eingliedern, so mussich radeln können. Als Autofahrerinbenötige ich einen Führerschein.Ich muss in der Lage sein, die Re-geln und Bestimmungen zu kennenund einzuhalten. Sonst bin ich aufkonkrete Hilfe angewiesen. Teilnahme fordert aber auch die an-deren Teilnehmer heraus. Sie müs-sen sich aufeinander einlassen, auf-einander Rücksicht nehmen, einan-der achten, damit zum Beispiel eingemeinsames Projekt gelingenkann. So verlangt Teilnahme sozialeKompetenzen. Nehme ich an einemSpiel oder Wettbewerb teil, somuss ich z. B. auch verlieren kön-nen. Gemeinschaft lebt von der ak-tiven Teilnahme ihrer Mitglieder.Wie weit gelingt Demokratie, wenndie Menschen nicht mehr an Wah-len teilnehmen? Gemeinschaftsollte jedoch die starken und die

schwachen Glieder teilnehmen las-sen. Dies ist das Idealziel der „In-klusion“. Hier heißt es, dass teil-nehmen lassen mehr ist als nur da-bei sein lassen, sondern mitmachenlassen. Jeder ist gleichwertig. Diesfordert heraus, indem Barrieren ab-geschafft werden. Die räumlichenBarrieren wie z. B. schiefe Ebenenstatt Treppen wären am leichtestenabzubauen. Schwerer sind die inne-ren Barrieren voreinander wieAngst, Unsicherheit oder fehlendeSympathie. Während teilnehmendie äußere Aktivität verlangt, for-dert das Anteilnehmen und Anteilnehmen lassen die innere Stellung-nahme des Menschen heraus.

TTeeiillnneehhmmeenn ––mmeeiinneenn TTeeiill nneehhmmeenn uunndd ggeebbeenn

Ich kann meinen Teil nehmen, abernicht mehr als meinen Teil. In wievielen Dingen nehmen wir abermehr als nur unseren Teil? Begrei-fen wir uns als Glied der Weltge-meinschaft, zu der wir gehören,und beobachten zum Beispiel unse-ren Umgang mit den Nahrungsmit-teln. Tonnenweise wandern dieReste in den Müll und andere Glie-der der Weltgemeinschaft hungern.Nehmen wir auf Kosten der ande-ren an der Weltgemeinschaft teil?

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Jeder ist ein Teil des Ganzen

Das Gegenteil von teilnehmend,anteilnehmend ist teilnahmslos.Synonyme von teilnahmslos sind:abgestumpft, gleichgültig, ohne In-teresse. Teilnehmen und teilneh-men lassen leben von einem Ideal.Es sollte unter den Teilnehmernkeine Unterschiede geben, wenn esauch verschiedene Rollen gibt. Den Teilnehmern eines Fußballspielszum Beispiel – dem Stürmer, Vertei-diger oder Torwart, kommt gleicheWertigkeit zu.Jeder ist wichtig. Jedermuss lediglich im ent-scheidenden Augen-blick richtig handeln.

TTeeiillnneehhmmeenn –– TTeeiill sseeiinn

Teilnehmen lebt vonRücksicht und vonder Bereitschaft, sichund seine Talenteeinzubringen. Ist dasmöglich, so erlebe ichmich als Teil. Und wennein Teil fehlt, dann fehltein Stück zum Bild derGemeinschaft. Denken wir anein Puzzle. Wenn nur ein schein-bar kleines und unbedeutendesTeil fehlt, so ist das ganze Puzzlenichts wert, wir sehen nur dasLoch.

Wenn eine Teilnahme wertvoll seinsoll, so muss es ein Ziel geben – eingemeinsames Ziel! Um unsere Bei-spiele wieder aufleben zu lassen.Ziel ist ein gutes, ganzes Puzzlebild,ein gelungenes Fußballspiel, derVerkehrsfluss ohne Unfallopfer, ein

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gelungenes Miteinander in Stadt,Land und auf der ganzen Welt.

Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ

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Nur gemeinsam sind wir stark

Zur Lebenszeit von Dominikus Ring-eisen erlebten sich Menschen mitBehinderungen unnütz, als Last, Be-lastung. Sie wurden von ihren Fami-lienangehörigen oft versteckt gehal-ten oder in den Heimatorten vonanderen verlacht. Ein Leid, das Do-minikus Ringeisen ansprach, andem er Anteil nahm. Er handelteund versuchte diesen Menscheneine Heimat zu schenken, in der siesich als wertvolle Glieder erlebten.Dies drückte Ringeisen in seinenZielsetzungen so aus: „Ursberg willdie Alleinstehenden sammeln in ei-ner Familie von wahrhaft Zusam-mengehörenden …“. Wichtig war Ringeisen, die Men-schen bestmöglich zu fördern. Kin-der und Jugendliche, die keine öf-fentliche Schule besuchen konnten,erhielten Unterricht. Auch Erwach-sene holten Schulbildung nach. Siealle sollten die Möglichkeit haben,eine Beschäftigung, ja Arbeit, erler-nen zu können, die ihnen entsprachund Lebenssinn vermittelte. Mit ih-ren Fähigkeiten konnten sie aktivam Leben im neu entstandenenWerk für Menschen mit Behinde-rungen teilnehmen und diesem Ge-sicht geben. Ursberg wuchs zu ei-ner besonderen Lebensgemein-

schaft zusammen, die vom gegen-seitigen Geben und Nehmen lebte.Es war allen ein Anliegen, sich ein-zubringen. Sie waren stolz auf dasVollbrachte und hingen mit ganzemHerzen an der ihnen geschenktenHeimat. Deshalb besuchten sie mitden Schwestern immer wieder dieKapelle und beteten mit ihnen umden Segen Gottes für alle VorhabenRingeisens, die zum Wohl der Men-schen gegründet wurden. Heimbe-wohnerinnen und Heimbewohnerstanden an der Seite der Handwer-kerinnen und Handwerker, die dieneuen Häuser errichteten und aus-statteten. Viele arbeiteten in Betrie-ben zur Herstellung von Produktenwie Körben oder Teppichen, die inden Wohngruppen und in der Land-wirtschaft gebraucht wurden oderderen Verkauf zur Finanzierung derEinrichtung beitrug. Selbst in spe-ziellen Gruppen, damals als kleineWerkstätten bezeichnet, stellten sieSpielzeug und andere Artikel her,die verkauft werden konnten. Men-schen mit Behinderungen waren inder Landwirtschaft, im Stall und imGarten zu finden. Die Teilnahmeam gemeinsamen Leben weckte dieKreativität der Bewohner: so ent-wickelte z.B. ein Bewohner nach

der Technik eines Selbstfahrerroll-stuhls ein Fahrzeug, um mit diesemTransporte für die Sägerei undSchreinerei zu erledigen. Aber nicht nur Arbeit ließ die Men-schen mit Behinderungen am Auf-bau des Werkes teilnehmen. Wich-tig war das Zusammenleben in deneinzelnen Gruppen. Die Bewohne-rinnen und Bewohner halfen denSchwestern – oft waren es nurzwei, die in einer größeren Gruppeihren Dienst taten – mit der Erledi-gung von Alltagsaufgaben oder inder Fürsorge für ihre Mitbewohner.Sie nahmen teil an den gemeinsa-men Mahlzeiten und teilten dieFreizeit. Musik, Kartenspiel undSpaziergänge waren gemeinsameUnternehmungen. Bei den Spazier-gängen und Wegen zu den Arbeits-stellen war es selbstverständlich,dass Heimbewohner ihre auf einenRollstuhl angewiesenen Mitbewoh-ner schoben. Das Gelingen größe-rer Veranstaltungen, wie der ge-meinsame Faschingszug oder dieTheateraufführungen, hingen ab vonder Teilnahme der Heimbewohner,Schwestern und freiwilligen Mitar-beiter. Es gab einen gemischtenChor aus Heimbewohnerinnen undHeimbewohnern und Schwestern,

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Teilnehmen dürfenEine Chance, Gemeinschaft zu erleben und zu bereichern

Ein kleiner Blick in die Geschichtedes Dominikus-Ringeisen-Werkes

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Nur gemeinsam sind wir stark

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der Gottesdienste und Festtage ver-schönerte. Streich- und Blasinstru-mente wurden erlernt. Ein Bewoh-ner erlernte sogar das Geigenspielmit den Füßen, um mit seinemSpiel an den gemeinschaftlichenFesten teilzunehmen und die ande-ren zu erfreuen. Jeder erlebte sichals wichtiges Glied. Und nur durchdie aktive Teilnahme von allenkonnte das Dominikus-Ringeisen-Werk das werden, was es ist.Die Bilder machen es deutlich.

Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ JJeeddeerr nniimmmmtt tteeiill:: SScchhwweesstteerrnn,, MMiittaarrbbeeiitteerr,, BBeettrreeuuttee iinn ddeerr LLaannddwwiirrttsscchhaafftt

JJeeddeerr nniimmmmtt tteeiill:: BBaauu ddeess MMuutttteerrhhaauusseess OOhhnnee TTeeiillnnaahhmmee aannddeerreerr uunnmmöögglliicchh::AAllooiiss SSttrraasssseerr mmiitt sseellbbsstt ggeebbaauutteemm TTrreettaauuttoo

JJeeddeerr nniimmmmtt tteeiill:: iinn ddeerr FFrreeiizzeeiitt ...... ...... uunndd iinn ddeerr SScchhuullee

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Einladung zum Teilnehmen

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Alle kommen, weil sie mit Gott undder Glaubensgemeinschaft unter-wegs sein und sich in ihrem Glau-ben stärken wollen. Franz von As-sisi ist uns in dieser Gebetsstundemeist ein Begleiter. Seine Gedanken,seine Gebete, seine Anliegen tauchenimmer wieder auf.

Jedes Schuljahr wählt die Vorberei-tungsgruppe ein „Jahresthema“.Nach einem Jahr mit den Farben,die in einem Regenbogen münde-ten, standen im vergangenen Schul-jahr Symbole im Mittelpunkt, wieBrücke, Garten, Weihrauch, Münzeund Gesicht. In diesem Jahr desGlaubens betrachten wir einzelneSätze des Glaubensbekenntnisses.Im Februar 2013 war es der Ge-danke „Ich glaube an Gott, denSchöpfer des Himmels und derErde“, der im Vertrauen darauf en-dete, dass nichts aus Gottes Handherausfällt. Im April wird das mitt-lerweile 60. Abendtau sein. DaOsterzeit ist, hat es zum Thema: Esbleibt nicht beim Scheitern – amdritten Tage auferstanden.

Seit einigen Jahren bietet eineGruppe von jungen und jung ge-bliebenen Menschen gemeinsammit der St. Josefskongregation amzweiten Freitag eines jeden Monats– mit Ausnahme der Ferienmonate –in der Franziskuskapelle von Ursbergein Abendgebet an, das Abendtau.Dazu finden sich immer wieder biszu 80 Menschen ein, die auf der Su-che nach Gott sind, die Freude anmodernem geistlichen Liedgut undauch an den Psalmen haben, diegerne singen und beten, die sichgerne auf geistliche Kurztexte oderdie Ansprache des Franziskaners Pa-ter Benedikt einlassen. Es ist immereine bunte Schar von Jung und Alt,die an diesem Abendgebet teilnimmt.

Immer wieder tauchen neue Ge-sichter auf, aber es sind auch einigeTeilnehmer und Teilnehmerinnen da-bei, die fast jedes Mal kommen. Essind Männer und Frauen, Jugendli-che, Ordensschwestern, Bewoh-ner/innen aus Ursberg und Betreuteder Dezentralen Wohnangebote so-wie Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter. Einige nehmen eine Anfahrt vonüber 20 km auf sich, um teilneh-men zu können.

Abend- auAbend- auAbendgebet mitfranziskanischen

Elementen

Der Höhepunkt dieses „Abendtau-jahres“ wird am 10. Mai mit derNNaacchhtt ddeerr KKiirrcchheenn uunndd KKaappeelllleennstattfinden: „„…… wweerrddee,, wwaass dduubbiisstt““.. Wir freuen uns, wenn vieledas Angebot wahrnehmen, nachUrsberg kommen und teilnehmen.Es wird sicher eine intensive Nacht!Besondere Freude ist uns dabei,dass – neben so manch anderen –Weihbischof Florian Wörner seineaktive Teilnahme zugesagt hat.

Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ

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Einladung zum Teilnehmen

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Teilnahme – mal so, mal so

DDeerr tteeiillnneehhmmeennddee LLeehhrreerrNeulich kam ich von einer Tagungin München zurück und hatte – wiees so üblich ist – eine Teil nahmebe-stätigung in meinen Unterlagen. Siewar noch vor Ort ausgestellt wor-den. Da steht die Frage im Raum:Was ist so ein Papier eigentlichwert? Was bedeutet die Formulie-rung „... hat teil genommen“? DerTeilnehmer weiß natürlich (hoffent-lich!), was er da getan hat. Er hatkonzentriert zwei Vorträgen ge-lauscht (es ging um Öffentlichkeits-arbeit und Datenschutz an Schu-len), hat Fra gen gestellt, die Diskus-sion mit eigenen Beiträgen berei-chert, sorgfältig Berge von Papierabgehef tet und selbst die Mittags-pause noch genutzt, um mit Kolle-gen aus anderen katholischen Schu-len Bayerns konkrete Fälle zu bere-den. Braucht es dafür eine Teilnah-mebestätigung? Die Kollegen zuHause werden doch schon merken,wenn manche Dinge deutlichschwieriger werden, nicht jederName automatisch in der Zeitungstehen kann, vom Bild ganz zuschweigen. Und der Chef möchteauch ausgiebig informiert werden.Um es kurz zu machen: Die Teil-nahmebestätigung selbst ist völliginhaltslos – sie wird lediglich benö-tigt für so bürokratische Dinge wieFahrtkostenabrech nung oder Perso-nalakte.

Die TeilnahmebestätigungWas ist Teilnahme –

und woran erkennt man sie?

DDeerr tteeiillnneehhmmeennddee WWiisssseennsscchhaaffttlleerrDazu gibt es eine Anekdote ausdem Leben des amerikanischenPhysikers und Nobelpreisträgers Ri-chard Feynman (1918 – 1988).Feynman war ein genialer Autorvon Physiklehrbüchern, die nochheute wegen ihrer Klarheit und Ver-ständlichkeit bei Studenten beliebtsind. Und so war es nur lo gisch,dass die Verwaltung des amerikani-schen Bundesstaates Kalifornien ihnum Mithilfe bei der Bewertungneuer Schulbücher bat. Um in derentsprechenden Kommission mitar-beiten zu können, musste Feynmangelegentlich von Los Angeles nachSan Francisco und in andere Städtefliegen. Einmal wurden ihm dieKosten für das Parken am Flughafennicht erstattet, weil er den Belegnicht vorweisen konnte. Da be-schloss er, bei der Abrechnung sei-ner Dienstreisen überhaupt nichtsmehr einzureichen – weder Teilnah-mebestätigung noch Flugticket nochsonst irgendeine Quittung. Das hatteFolgen! Lesen Sie Auszüge aus demGespräch mit der ver-antwortlichen Dame inder Finanz buchhaltungder Behörde (Quelle:Feynman, Richard P.:Sie belieben wohl zuscherzen, Mr. Feyn-man. Piper, Mün-chen, 1991, S. 396):

AAnnggeesstteellllttee::„Wir brauchen einen Beleg.“FFeeyynnmmaann::„Ich habe Ihnen doch gesagt, wases gekostet hat. Wenn Sie mir nichtvertrauen, wieso lassen Sie mich Ih-nen dann sagen, was ich an denSchulbüchern für gut oder fürschlecht halte?“ [...]AAnnggeesstteellllttee:: „So kann das nicht wei-tergehen, Mr. Feynman.“ [...] „Wirsind davon ausgegangen, dass wirBelege bekommen, um die Ausga-ben zu beweisen.“FFeeyynnmmaann:: „Ich habe nichts, um siezu beweisen, aber Sie wissen doch,dass ich in Los Angeles wohne unddass ich in die anderen Städtereise.“Und so ging es hin und her. Es waralles vergebens. Ohne Bestätigun-gen und Quittungen lief gar nichts.Und Richard Feynman blieb hartund zog die Konsequenzen: Wenndie Behörden ihm bei der Abrech-nung seiner Reisekosten nicht trau-ten, dann könne er wohl auch keinVertrauen erwar ten, wenn er Schul-bücher bewertete – so sein Fazit.

Also beendete erseine Kommissi-onstätigkeit.

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DDeerr tteeiillnneehhmmeennddee SSttuuddeennttAls ich noch Student in Freiburg war,besuchte ich gelegentlich, wenn esder Zeitplan erlaubte, Vorlesungenund Seminare anderer Fachrichtun-gen, von der Geografie bis zu denMusikwissen schaften. Dort wurdein einem Semester einmal eineLehrveranstaltung angeboten, diedie Klavier sonaten von Franz Schu-bert zum Thema hatte. Es war einkleiner Kreis von vielleicht 20 Stu-denten, die sich da um einen Do-zenten und einen Flügel scharten.Zu Beginn fragte der Dozent jedenein zelnen Teilnehmer, warum erdenn gerade an diesem Seminarteilnehmen wolle. Alle meine Vor-redner hatten tolle Gründe parat,die sich auf ihre speziellen Fertig-keiten am Klavier, auf ihre Aus bil-dung zum Musikpädagogen odersonstige hochwertige Dinge bezo-gen. Was sollte ich da als musikinter-essierter Naturwissenschaftler, alsDilettant im besten Sinne, mittei-len? Als ich an der Reihe war, sagteich nur einen Satz: „Ich nehme hiereinfach zum Spaß teil.“ Das er-zeugte zuerst einige Verblüffung beidem Professor, doch er fasstesich schnell wieder undmeinte: „Das wäre nochschöner, wenn es nichtauch Spaß machen sollte.Seien Sie herzlich will-kommen.“ Er erkun digtesich dann noch nach mei-nen Fächern, fragtenach meinen pianis-tischen Fähigkeitenund ob ich im Laufdes Semesters einReferat halten wolle.

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Teilnahme – mal so, mal so

DDeerr tteeiillnneehhmmeennddee SScchhüülleerrZum Schuljahresende gibt es dasJahreszeugnis – mehr oder wenigerbegeistert wird es aufgenom men.Aber wenn auch die Noten in denklassischen Fächern nicht immerperfekt sind – vielleicht enthältdann wenigstens die Zeugnisbe-merkung den ein oder anderenLichtblick. So könnte da zum Bei-spiel stehen: „Der Schüler hat mitsehr gutem Erfolg am WahlfachChor teilgenommen.“ War seineStimme nicht ganz so geschult, sowären immer noch die Formulie-rungen „mit gutem Erfolg“ oder„mit Erfolg“ denkbar. Eine reineTeilnahme kommt hier nicht vor. Istdas in Ordnung? Viel leicht hat ersich redlich gemüht. Oder zumin-dest den anderen Chormitgliedernaufmerksam zuge hört und sich anihren Sangeskünsten erfreut.

Wäre dasnicht auch einen Eintrag

wert? Die Teil nahme kann hierdoch sehr vielfältig sein. Aber umdie geht es gar nicht. Die Zeugnis-bemerkung ist hier eine verkappteSchulnote.

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Das hatte ich nicht vor, ich wollteein stiller Teilnehmer sein. Im Sinneder Prüfungsordnung der Musik-wissenschaften war das somit über-haupt keine Teilnahme. Dennochhabe ich mir in dem Seminar mei-nen Teil genommen: schöne Musikgehört, neue Erkenntnisse undSichtweisen erlangt, interessanteLeute getroffen.

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Teilnahme – mal so, mal so

NNoocchh eeiinnmmaallddeerr tteeiillnneehhmmeennddee SScchhüülleerr„Ich habe zwar eine Fünf bei Ihnenin Physik, aber der Unterrichtmacht trotzdem Spaß!“, sagte mirvor langer Zeit ein Elftklässler. Esist eines der schönsten Kompli-mente, die ich je in meinem Berufbekommen habe. Wie sah es mitseiner Teilnahme am Unterrichtaus? Offiziell betrachtet konntedie nicht besonders hoch zu be-werten sein – bei der Note! Vonden physikalischen Gesetzen undder Mathematik dahinter hatte ernicht viele Teile an sich genom-men. Schlussfolgerungen und An-wendungen konnte er nur sehrschwer nachvollziehen. Bei Prü-fungen konnte er nicht mithalten.Trotzdem gab es auch hier wieder

die andere Seite: den Spaß an derSache. Er hatte Spaß an den Expe-rimenten, an der Exkursion insDeutsche Museum, am freundli-chen Umgangston im Unter richt,selbst an verzwickten Fragestellun-gen, auch wenn er sie nicht ver-stand. Er nahm also in einem be-sonderen und durchaus sympathi-schen Sinne am Unterricht teil. Die Beispiele zeigen: Die Bewer-tung einer Teilnahme ist eine kom-plizierte Sache und man sollte ge-nau darauf achten, auf welche De-finition man sich verständigt.Wenn man daran scheitert, erhältman vielleicht die verdiente Anteil-nahme – doch das ist ein anderesThema.

Christian Pagel

DDiiee TTeeiillnneehhmmeerrzzaahhll iisstt ggeessuunnkkeenn.. So könnte man viele Veranstaltungencharakterisieren. Zurückgehende Be-sucherzahlen gibt es vor allem beitraditionellen Angeboten. Kirchen-besuch, politische Veranstaltungen,Vereinsleben. Ihre Prägung ist klar: Langfristig, re-gelmäßig, verbindlich, kostengünstig,strukturiert, altbacken, gemeinwe-senorientiert, Altlasten, geringe Wert-schätzung, soziale Kontrolle.

DDiiee TTeeiillnneehhmmeerrzzaahhll iisstt ggeessttiieeggeenn..Es gibt aber durchaus Angebote, diemit deutlich steigenden Teilnehmer-zahlen rechnen können: Heilprakti-ker, Esoterikmessen, Trendsportar-ten, Fitness- und Kosmetik-Studios,Wellness, Events.Charakteristisch: Individuell, spon-tan, unverbindlich, modern, flüch-tig, teuer, abenteuerorientiert, Rück-zugsmöglichkeiten, Ich-bezogen, Ei-geninteressen.

Ich lebe seit dreißig Jahren an ei-nem Ort, der in den 80er- und 90er-Jahren einen massiven Zuzug erle-ben konnte. Etwa die Hälfte derDorfbewohner ist seit dieser Zeitdazugekommen. Es sind Akademi-ker, Handwerker, Techniker, Sport-ler, Musiker, begabte Freizeitkünst-ler.Das Zusammenleben hätte durchdiesen Personenkreis eigentlich ei-nen gewaltigen Aufschwung erwar-ten können. Aus so vielen Begabun-gen sollte sich doch ein großerMehrwert für die Sozialgemeinschaft

WWeennnn’’ss SSppaaßß mmaacchhtt ......

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Teilnehmen hat damit zu tun, die ei-genen vier Wände zu verlassen undGrenzen zu überschreiten. Sich aufBegegnungen mit Menschen einzu-lassen. Sich mit Andersdenkendenauszutauschen und sich auszuset-zen. Vorurteile abzubauen. Wert-schätzung zu erleben und zu ge-ben. Zurückweisung und Kritik zuerfahren und aushalten zu können.Veränderungen zu gestalten undanzunehmen.Mitzumachen, auch wenn es malnicht so toll ist. Sich mit anderenfreuen können, aber auch mal kriti-siert und enttäuscht zu werden.Zeit und Kraft zu investieren und

dafür keine unmittelbare Vergütungzu erhalten. Menschen kennenler-nen, mal sympathisch, mal wenigernett.

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Gemeinwesen und ihre Wertigkeit

ergeben. Betätigungsmöglichkeitenund Angebote waren genug da.Ebenso die Freiheit neue Wege zugehen.

Nur wenig davon ist eingetreten.Zwar ergaben sich Begegnungen imKindergarten, in der Grundschule,beim Kindersport – unterschiedslosfür Neu- und Altbürger. Aber sorichtig in Schwung sind wenige ge-kommen. Nur ein geringer Prozent-satz wollte sich in das örtliche Ver-eins- und Dorfleben eingliedern.Bei mühsam und liebevoll vorberei-teten Veranstaltungen finden sichkaum neue Gesichter. Der Coconder Vereinzelung präsentiert sich inüberdimensionierten Hecken. Nur eine Handvoll neue Protagonis-ten blieben übrig, die stets zur Ver-fügung stehen, die sich bewusstund zügig integriert haben. DieMehrzahl tut sich schwer, aktiv zuwerden, im örtlichen Geschehenpräsent zu sein, mitzumachen.

Teilweise ist die Sicht der kritischenoder distanzierten Mitbürger ver-ständlich. Sie meinen vor einemstarren System zu stehen, in demsie auf den ersten Blick keinen Platzfinden. Die Rollen scheinen verteilt.Seit Generationen schon. Es sindimmer dieselben Akteure. Auchdieselben Meinungsmacher, Be-denkenträger und Besserwisser. Re-sistent gegen neue Ideen, neueZiele, neue Gesichter. Es ist eine oberflächliche Wahrneh-mung.

Teilnahme? Teilnahme!Was ist der Mehrwert, was habe ichdavon? Ich werde wahrgenommen.Davon lebe ich. Ich lerne und gewinne. Durch neueMenschen, neue Vorbilder, neueAufgaben, neue Herausforderun-gen, neue Kenntnisse.Teilnehmen bietet immer Chancen.Teilnehmen heißt ankommen in ei-ner Gemeinschaft. Irgendwann bin ich daheim.Zuhause.

Konrad Bestle

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AllroundteilnehmerAndreas

Andreas nimmt teil

Andreas Linke ist seit vielen Jahrenin Ursberg daheim. In der Wohn-gruppe Jona lebt er mit seinen Ka-meraden schon einige Jahrzehnte.Die Teilnahme am Gruppenlebenist ihm wichtig und vertraut. Alle Angebote und Lockungen, dieGruppe zu wechseln oder eine an-dere Wohnform anzustreben, schlägter aus mit dem Satz: „Hier sinddoch meine Freunde!“

Von hier aus startet er seine vielfäl-tigen Unternehmungen. Er hat einen„Riecher“ für Aktionen in Ursbergund darüber hinaus. Oft will er nurmal so vorbeischauen, weil er wasgehört hat ... und schon ist er aktiverTeilnehmer. „A bissle schwätze“oder mal das Tanzbein schwingensind eine willkommene Abwechs-lung in seinem Alltag, egal wo.

Er plant und organisiert akribischseine Teilnahme an unterschied-lichsten Lieblingsbeschäftigungen. Da ist sein Freund Werner B. imHaus Karl, bei ihm kommt er zumKartenspiel 66 vorbei. Da gibt es die Dani, mit der er insKino geht. Bruno S., dem privaten Bierbrauerhilft er beim Abfüllen der Flaschen. Ein „Kaffeele“ und Gebäck im HausEmmaus bei einem Schwätzle mit

Sr. M. Lucia ist ab und zu auch rechtwillkommen. Da sind die guten Fachkräfte undMitarbeiter, die ihn auf ein Bierleins Bräuhaus begleiten oder mitihm zum Skyline-Park fahren, wofür ihn das tollste Fahrgeschäft die„Kugel“ ist. Auch das Münchner Oktoberfest istihm nicht fremd. Die Teilnahme fin-det natürlich in fescher Lederhoseund der Begleiterin im Dirndl statt. Bekannt ist seine Beteiligung amUrsberger Sommerfest mit demVerkauf von Gas-Luftballonen. Es istihm sehr leid, dass es heuer nichtstattfinden kann, wo doch die Luft-ballone schon eingekauft sind unddie Vorfreude sein Herz erfüllte. Noch ein Hobby, das Drachenstei-gen, ist ihm derzeit nicht mehrmöglich, weil im Herbst die 1000 m-Schnur über die Wolken „abgehaut“ist. Ein Highlight ist die jährliche Silves-ter-Party mit den „Knallfreunden“der Außenwohngruppe Korbinianoder heuer erstmals Gruppe Benno.Sein Wunsch ans Christkind ist Jahrfür Jahr ein Gutschein für Feuer-werk-Batterien. In der Sommerzeit ist sein bevor-zugter Aufenthaltsort am Sonntag-nachmittag meist der ThannhauserFlugplatz. Hier hilft er beim Auf-

und Abtragen der Gläser usw. Dashöchste der Gefühle aber ist, wenndie Thermik stimmt und ihn jemandim Segelflugzeug mitnimmt odersein Freund Gerhard Leberl ihm ei-nen „Aus-flug“ schenkt mit der„Cessna“, einer properen Motor-maschine.Sogar mit Tandem-Drachenfliegenhat Andreas Erfahrungen. Selbstverständlich ist die Teilnahmean den Sitzungen des Heimbeira-tes, den Glaubenskreisen, Wortgot-tesfeiern und bei jedem Sonn- undFeiertagsgottesdienst als frommerMinistrant aktiv zu sein. Und auchals ausgezeichneter Theaterspielerbringt er bei Bedarf gerne seinediesbezüglichen Begabungen zumEinsatz.Wohlgemerkt, das ist alles Freizeit-gestaltung, denn Andreas ist eifrigerWerkstatt-Mitarbeiter in St. Wolf-hard.All dies ist ein kleiner Einblick in An-dreas Allrounder-Teilnahmeuniver-sum. Von manchem hat er sich jaauch schon ganz bewusst verab-schiedet, wie z.B. dem Fußballspiel,wo er viele Jahre ein super Tormannwar und ihm Ehrenspielführer TheoWaigel so manches Mal anerken-nend die Schulter geklopft hatte.

Sr. M. Lucia Tremel CSJ

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Andreas nimmt teil

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LLeeiiddeennsscchhaafftteenn vvoonn AAnnddrreeaass::TTeeiillnnaahhmmee aamm KKrriippppeennssppiieellaallss EEnnggeell,, TTaannzzeenn bbeeiimm HHaauuss--ffeesstt,, iimm TThheeaatteerrssppiieell aallssDDoommiinniikkuuss RRiinnggeeiisseenn ......

...... uunndd FFlliieeggeenn mmiitt sseeiinneemm FFrreeuunndd GGeerrhhaarrdd LLeebbeerrlluunndd ddeesssseenn „„CCeessssnnaa““

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Variationen eines Begriffs

BBeetteeiilliigguunnggTeilnahme, Anteilnahme

HHiillffeeMitwirkung, Teilnahme, Mitarbeit

EEiinnffüühhlluunnggssvveerrmmööggeenn Entgegenkommen, Feingefühl,Freundlichkeit, Gespür, Resonanz,Sinn, Verstand, Widerhall, Anklang,Bedauern, Herz, Mitgefühl,Nachsicht, Teilnahme, Verständnis

TeilnahmeWas so alles dahinterstecken kann

Ursberger Josefsbote 1/2013

HHööfflliicchhkkeeiitt Zartgefühl, Anstand, Aufmerksam-keit, Einfühlungsvermögen,Freundlichkeit, Mitgefühl,Mitleid, Teilnahme, Empfindung,Taktgefühl

AAnntteeiillnnaahhmmee Mitgefühl, Teilnahme, Empfindung,Mitleid, Einfühlungsvermögen,Erbarmen, Anteil

AAnntteeiill Mitempfinden, Mitgefühl, Mitleid, Beileid,Mitfühlen, Sympathie, Teilnahme,Einfühlungs vermögen, Empfindung,Freundlichkeit, Erbarmen, Anteilnahme

IInnssttiinnkktt Eindruck, Einfühlungsgabe, Einfühlungsvermögen,Entgegenkommen, Gefühlseindruck, Höflichkeit,Rücksicht, Takt, Taktgefühl, Teilnahme, Verständnis,Verstehen, Bewusstsein, Gespür, Empfindung

BBaarrmmhheerrzziiggkkeeiitt Anteil, Anteilnahme, Menschlichkeit, Mitempfinden,Mitfühlen, Mitgefühl, Mitleid, Sympa thie, Teilnahme,Verständnis, Gnade, Vergebung, Verzeihung,Erbarmen

AAnnwweesseennhheeiitt Dabeisein, Präsenz, Teilnahme, Beisein,Dasein, Zugegensein, Sein, Gegenwart

GGeeggeennwwaarrtt Dabeisein, Dasein, Teilnahme, Zugegensein,Aufenthalt, Vorkommen, Beisein, Existenz,Anwesenheit

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Variationen eines Begriffs

AAuuffggaabbeeAmt, Geschäft, Teilnahme, Verpflichtung

VVeerrssttäännddnniiss Einfühlungsvermögen, Empfindung,Mitgefühl, Mitleid, Teilnahme,Verstehen

GGuutthheerrzziiggkkeeiittGutmütigkeit, Güte, Herzensgüte,Seelengüte, Weichherzigkeit,Einfühlungsvermögen, Emp findung,Freundlichkeit, Milde, Mitgefühl,Mitleid, Sanftmut, Teilnahme, Wärme

Ursberger Josefsbote 1/2013

AAuuffbbiieettuunnggAnstrengung, Aufopferung, Aufwand,Aufwendung, Bemühung, Eifer,Hingabe, Einsatz, In vestierung,Engagement, Kampf, Bereitschaft,Dienst, Fürsprache, Teilnahme,Aufgebot

EEiinnssaattzzAktivität, Anteilnahme, Begeisterung,Beschäftigung, Beteiligung, Bindung,Eifer, Enthu siasmus, Hingabe,Interesse, Kampf, Mitwirkung,Teilnahme, Unterstützung,Engagement

RRüücckkssiicchhttnnaahhmmeeAchtung, Beachtung, Berücksichtigung,Nachsicht, Einfühlungsvermögen,Respekt, Scho nung, Teilnahme,Toleranz, Rücksicht

VVoorrlliieebbee Faible, Freundschaft, Gefühl, Hang,Interesse, Neigung, Wohlgefallen,Wohlwollen, Zunei gung, Anteilnahme,Gefallen, Geschmack, Schwäche, Teil-nahme, Mitgefühl, Sympathie

IInntteerreesssseeAchtsamkeit, Achtung, Andacht,Anspannung, Anteilnahme, Augen-merk, Beachtung, Beteili gung, Ent-gegenkommen, Geistesgegenwart,Konzentration, Teilnahme, Versun-kenheit, Wachsamkeit, Aufmerk-samkeit

AAuuffmmeerrkkssaammkkeeiitt Anteilnahme, Beteiligtsein, Engagement,Teilnahme, Gegenwart, Interesse,Konzentration, Beteiligung

ZZuussaammmmeennkkuunnfftt Anstandsbesuch, Antrittsbesuch,Arztbesuch, Höflichkeitsbesuch,Kommen, Krankenbesuch,Stippvisite, Besichtigung, Teilnahme,Visite, Zusammensein, Aufenthalt,Einkehr, Begutach tung, Besuch

Quelle:http://synonyme.woxikon.de/synonyme/teilnahme.php

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Förderschulen – Auslaufmodell?

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Da streiten sie nun schon seit Jah-ren. Die Fronten sind verhärtet, dieUmgangsformen teilweise radikali-siert. Es geht sehr konfrontativ zu.Man spricht sich gegenseitig denRespekt vor der Würde des Men-schen ab. In Podiumsdiskussionenwird das Trennende betont, demGegenüber werden schlechte Ab-sichten unterstellt. Es gibt Protago-nisten, die mit ihrer Botschaft durchdie Lande reisen, Bücher und Auf-sätze schreiben und auch gutesGeld damit verdienen. Es gibt juris-tische Streitereien und Prozesse,die große mediale Aufmerksamkeitfinden. Und es gibt Politiker, die sel-ber keine Haltung haben und ihrFähnchen nach dem Wind richten.

EEss ggeehhtt uumm eeiinnee ggrruunnddssäättzzlliicchheeFFrraaggee ddeess ssttaaaattlliicchheenn BBiilldduunnggsswwee--sseennss:: SSoolllleenn KKiinnddeerr mmiitt BBeehhiinnddee--rruunnggeenn aamm UUnntteerrrriicchhtt ddeerr AAllllggeemmeeii--nneenn SScchhuullee tteeiillnneehhmmeenn ooddeerr wweeiitteerr--hhiinn iinn FFöörrddeerrsscchhuulleenn uunntteerrrriicchhtteettwweerrddeenn??

Dieses Thema beschäftigt seit etwafünfzehn Jahren Eltern, Fachleute,Politiker und Medien intensiv. Aufder einen Seite gibt es radikale Ver-fechter einer komplett gemeinsa-men Förderung von Kindern mit Be-hinderungen, auf der anderen Seitefürchten manche um die Qualitätder Förderung für betroffene Kinderund Jugendliche. Und natürlich stelltsich damit auch die Frage, ob unsereFörderzentren noch Zukunft haben.

Offene Fragen versucht man überGerichtsverfahren zu klären. Meistmit einem großen Nachhall in denMedien. Vorwürfe wie „Verstoß ge-gen das Menschenrecht auf Teil-habe“ und das Grundgesetz, dasdie Würde des Menschen universalfestschreibt, stehen im Raum. Undmanchmal ist man überrascht, wasEinzelne erreichen können, wennsie lange genug und mit entspre-chender Unterstützung durch diePresse „auf den Putz hauen“.

Das Schulwesen in Bayern hat ei-nen klugen, fraktionsübergreifen-den Kompromiss gefunden, in demsich eigentlich alle Betroffenen wie-der finden können. Die sonderpä-dagogische Förderung ist Aufgabealler Schularten, auch und vor allemder Allgemeinen Schule. Gleichzei-tig bleiben die Förderschulen alssonderpädagogische Fach- und Kom-petenzzentren erhalten. Alle Schul-arten haben die Verpflichtung zurintensiven fachlichen Zusammenar-beit. Es besteht weitgehend Wahl-recht für die Eltern.

Für die Fachleute der Behinderten-hilfe dürfte klar sein, dass sich inden kommenden Jahren ein gewal-tiger Paradigmenwechsel vollzie-hen wird. Dieser macht aber beruf-liche Fachkompetenz nicht über-flüssig. Nur muss sie unter neuenVorzeichen, teilweise an neuen Or-ten und mit neuen Ansprechpart-nern intensiv vollzogen werden.

Das wird spannend, sollte aberauch effektiv sein.

Wir wissen, dass sich pädagogischeund bildungspolitische Konzeptepolarisierend, in Wellen und mithohem Absolutheitsanspruch voll-ziehen. Was heute noch modernund zeitgemäß war, ist wenige Jahrespäter schon komplett out. Bis esdann wieder aufgegriffen und alsneueste Erkenntnis verkauft wird.Wer lange genug in diesem Metiertätig war, kennt das. Darum sollteman bestimmte Forderungen gelas-sen angehen und Optionen nach al-len Seiten offen lassen.

Vertreter des Inklusiongedankensbeziehen sich auf den Gedanken ei-ner sich verändernden sozialen Ge-sellschaft ohne Ausgrenzung. Eine„Schule für alle“ ist das dahinterlie-gende Bildungsmodell. Die gemein-same Beschulung wird als Türöffnerfür eine inklusive Gesellschaft ver-standen. Gleichzeitig aber ist un-sere Gesellschaft hoch selektiv undbricht immer mehr in Einzelteileauseinander.

Bei einer Diskussion über die Frage,warum es nahezu überall fixe Ortegibt, an denen sich Menschen miteinem ähnlichen sozialen Status,sogenannte Peer-Groups, zusam-menfinden, sagte mir eine Sozialar-beiterin: „Schauen Sie doch mal inihrem eigenen Leben, mit wem Sieumgehen. Sie werden sich weitge-

Teilnahme – aber wie?

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Förderschulen – Auslaufmodell?

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hend auf Ihrem Niveau wiederfin-den. Schauen Sie sich mal Ihren ei-genen privaten Bekanntenkreis an.Mit welchen Persönlichkeitstypen,welchen Berufsgruppen, welchenMenschen gehen Sie in Ihrem Pri-vatleben um?“

Bei manchen Vertretern des Inklusi-onsgedankens ist zu fragen, wannsie denn außerhalb ihrer berufli-chen Verpflichtung Menschen mitBehinderung begegnen. Sitzen beiihnen behinderte Menschen aucham Sonntagnachmittag am Kaffee-tisch? Mit wem hocken sie im Bier-garten zusammen? Freiwillig und

nicht aus beruflichen Gründen. Vor-bilder wären da hilfreich. Ursbergwar für mich immer ein Ort, andem inklusives Leben möglich war.

Ich habe Eltern kennengelernt, dieauf Internet-Seiten einem radikalenInklusionsgedanken das Wort re-den. Umso überraschter war ich,als ich sie dann bei einer Anfragezur stationären Aufnahme traf. Esging nicht mehr zu Hause. Das isternst zu nehmen. Wir werden fürsie da sein.Wir haben auch die Erfahrung mitder Beschulung eines Mädchensmit Down-Syndrom, das wir einige

Jahre mit unserem Mobilen Sonder-pädagogischen Dienst an der Grund-schule betreut haben. Die Eltern ha-ben ihre Tochter zum kommendenJahr an unserem Förderzentrum an-gemeldet. Wir mussten keine Über-zeugungsarbeit leisten. Das Mäd-chen war in den vergangenen vierJahren nicht von einem einzigenKlassenkameraden zum Geburtstageingeladen worden.

So gesehen hat unsere Gesellschaftnoch viel Spielraum, den Inklusions-gedanken umzusetzen. Vor allemauch außerhalb des Schulwesens.

Konrad Bestle

UUnntteerrssttüüttzzuunngg dduurrcchh iinnddiivviidduueellllee SScchhuullbbeegglleeiittuunngg:: eeiinn WWeegg vvoonn mmeehhrreerreenn

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Joseph Ratzinger/Benedikt XVIJJeessuuss vvoonn NNaazzaarreetthhProlog. Die KindheitsgeschichtenVerlag Herder, Freiburg 2012ISBN 978-3-451-34999-7

Aller guten Dinge sinddrei. Kurz vor Weih-nachten hat Papst Bene-dikt den 3. Band seinesJesusbuches vorgelegt„Prolog. Die Kindheits-geschichten“. Im Ver-

gleich zu den anderen ist es eher ein„schlanker“ Band, aber ebenso gewichtig;führt er doch zu den Anfängen des LebensJesu, welche bereits im Keim alles enthal-ten, was im weiteren Verlauf die Evangelienim einzelnen ausführlich entfalten. „In derArmseligkeit der Geburt Jesu zeichnet sichdas Große ab, in dem sich geheimnisvoll dieRettung der Menschen vollzieht.“

Ich darf erinnern:Band 1 enthält Ausführungen und Medita-tionen zum öffentlichen Auftreten undWirken Jesu.Band 2 betrachtet Passion und Auferste-hung Jesu.Band 3 nennt der Papst eine „Art kleinerEingangshalle“ zu den Evangelien.

Nur Matthäus und Lukas bringen sogenannteKindheitsgeschichten.In einem 1. Teil jeweils „die Ankündigungder Geburt Jesu“; Lukas erzählt dazu noch

ausführlich die Vorgeschichte Johannes desTäufers. Dann folgen bei Lukas „Die GeburtJesu in Bethlehem“ und bei Matthäus „DieWeisen aus dem Morgenland und die Fluchtnach Ägypten“. Schließlich nochmals beiLukas „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“.In das Ganze hineinverwoben sind kurzeÜberlegungen zum Prolog im Johannes-evangelium, welches Benedikt insgesamttheologisch sehr geprägt hat.

Wie schon in den vorhergehenden Bändenzeichnet der Theologe Ratzinger und jetzigePapst i. R. nicht bloß ein sachlich histori-sches Jesusbild; es sind vielmehr Meditatio-nen eines in Jesus verliebten Menschen; dasGlaubenszeugnis eines Lehrers der Kircheund seine persönliche Sicht der Anfänge desChristusereignisses.

Es ist lohnend, sich also auch in den 3. Bandder Jesusbücher Benedikts meditierend zuvertiefen, sich selber über die Anfänge desLebens Jesu Gedanken zu machen und da-rüber zu beten, was sie spirituell für das ei-gene Leben bedeuten.Das alles kann auch im Sommer geschehen,nicht nur zur Weihnachtszeit. Denn: „Heuteist euch der Retter geboren“ (Lk 2,11).Menschwerdung geschieht immer heute.

JesusvonNazareth

BUCHTIPP

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Peter TrummerSStteehh aauuff,, nniimmmm ddeeiinn BBeetttt uunndd ggeehh nnaacchh HHaauusseeWie Jesus heilte und heiltVerlag Herder, Freiburg 2012ISBN 978-3-451-34546-3

Nochmals ein Buch, welchesuns in die Welt der Bibel führt.Diesmal aus der Feder einesProfessors em. für Neues Testa-ment an der Universität Graz,Jahrgang 1941.

Er ist besonders spezialisiertauf die Heilungsgeschichten.So hat er früher schon zwei Bü-cher zu diesem Thema veröf-fentlicht: „Die blutende Frau.Wunderheilungen im NeuenTestament“ und „Dass meine

Augen sich öffnen“; waren diese Bücher mehr bibel-wissenschaftlich ausgerichtet, so ist das Buch, dasich vorstellen möchte, ein „Lesebuch zu Heilungsge-schichten aus dem Alten und Neuen Testament“, daseine breitere Leserschaft sucht.

Für mich eine spannende Lektüre, wenngleich ichmeine, dass gewisse Grundkenntnisse des Neuen Te-staments beim Lesen des Buches hilfreich sein wer-den. Zugleich sei darauf hingewiesen, dass der Ver-fasser auch kritische Töne anschlägt, was Wunder-heilungen insgesamt angehen.

Peter Trummer beginnt mit Paulus, weil seine Briefeälter sind als die Evangelien. Damit gibt er einen in-formativen Einblick in frühchristliches Gemeindele-

ben, wo es auch Heilungen gab und die Gastfreund-schaft groß geschrieben wurde.Anschließend folgt ein ausführliches Kapitel über-schrieben: „Heilung – religiös betrachtet“. „Es leidetimmer der ganze Mensch“. Es ist viel, was die Bibelzum Thema „Heilung“ zu sagen hat.Jesus begegnet uns in den Evangelien als Arzt undTherapeut. Sein Tun wird allerdings nicht „Wunder“genannt. Der Evangelist Markus gebraucht dafür„Machttaten“ und das Johannesevangelium sprichtvon „Zeichen“. Bei Johannes sind es sieben Zeichen;die Zahl steht für Fülle. Es sind symbolträchtige Zei-chen, welche Jesus ganz im Licht Gottes aufleuchtenlassen.

Steh auf,nimmdein Bettund gehnachHause

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Der Neutestamentler Peter Trummer be-schreibt dann die einzelnen Heilungsge-schichten wiedie Heilung eines Taubstummen,die Totenerweckungen,die Austreibung der bösen Geister,die heilende Begegnung mit den Aussät-zigen,die Blindenheilungen.

Es ist nicht möglich, im Rahmen einer Buch-besprechung auf Einzelheiten einzugehen,doch was mich beeindruckt, ist, wie der

Verfasser die Heilungen des Neuen Testa-ments in einen größeren Zusammenhangstellt: rückwärts gewandt in das Erste Testa-ment und zugleich vorwärts hinein in un-sere Zeit, was sie für den Menschen heutehergeben: Heilung im Angesicht des Todes.Was könnte aktueller sein?!So werden die Heilungsgeschichten zuwunderbaren Befreiungsgeschichten, wel-che uns einen Gott zeigen, der nichts ande-res will, als dass unser Leben glückt – trotzKrankheit und Tod.

Karl Heidingsfelder

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TTeeiillnneehhmmeenn iisstt wwiicchhttiiggeerr aallss ssiieeggeenn..Pierre de Coubertin(1863–1937)Französischer Pädagoge, Historiker und SportfunktionärWiederbegründer der Olympischen Spiele

TTeeiillnnaahhmmee iisstt ddeerr ggoollddeennee SScchhllüüsssseell,,ddeerr ddiiee HHeerrzzeenn aannddeerreerr ööffffnneett..Samuel Smiles (1812–1904)Schottischer Schriftsteller

WWaass bbiillddeett sscchhnneelllleerr,, wwaass mmuunntteerrtt rreeiinneerr uunndd lleebbhhaafftteerr aauuffaallss ffrreeuunnddsscchhaaffttlliicchhee TTeeiillnnaahhmmee??Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)Dichter, Schriftsteller, Naturwissenschaftler

ZitateAphorismenSprücheZitateAphorismenSprücheZitateAphorismenSprüche

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Im Gedenken

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Ein Ursberger Josefsbote

FFaasstt sseeiinn ggaannzzeess LLeebbeenn wwaarr KKoonn--rraadd TTrreemmeell eeiinn TTeeiillnneehhmmeerr uunnddTTeeiillhhaabbeerr aamm JJoosseeffssbbootteenn--TTeeaamm ––aallss uunneerrmmüüddlliicchheerr „„AAuussttrrääggeerr““ Papa hat, solange er laufenkonnte, d. h. von frühester Kind-heit bis ins hohe Alter, gerne denUrsberger Josefsboten auf demfränkischen Jura ausgetragen.Waren doch seine Tanten Sr. M.Reineria Tremel CSJ und Sr. M.Speziosa Tremel CSJ, seine Cou-sine Sr. M. Reinhild Stark CSJ,seine Schwester Sr. M. ReinhildTremel CSJ und seine Tochter Sr.M. Lucia Tremel CSJ Schwesternder St. Josefskongregation in Urs-berg.

Kürzlich ist mein Vater verstorben.Ein Mensch, dem ich nicht nur ein-mal das Leben verdanke. Ein Mensch mit Weitblick und Tat-kraft für die Belange der ihm Anver-trauten. Ein Christ! Mein Vorbild seit ichdenken kann. Mit Krankheit vertraut und Humorgesegnet. Papa ist Papa!

Jetzt stehen wir an seinem offenenGrab in unserer Trauer. Schwarz ge-kleidet, mit Mama am Arm, undschauen in die Tiefe. Zur Erdekehrst du zurück! Da sind die Trauerkränze mit Rosenund Frühlingsblumen. An ihnen be-festigt die weißen Schleifen mit gol-dener Schrift:„Die Liebe hört niemals auf!“„Wer lebt für Gott und heimkehrtzum Herrn, bleibt in der Familie.“„Was bleibt sind Glaube, Hoffnung,Liebe.“„Das Licht ewiger Liebe leuchtedir.“„In Dankbarkeit ...“„Im stillen Gedenken ...“„In liebevoller Erinnerung ...“ usw.

Da strecken sich uns die Hände derMenschen entgegen und bekundenihre Anteilnahme. Briefe mit Trauer-rand werden uns in die Hand ge-drückt, Worte tiefen Mitgefühls.Da ist der Himmel offen undSchnee – strahlend weiß – fällt aufalle und alles.

Da erklingt mitten in der Fastenzeitdas fränkische Osterlied und fülltdie trauernden Herzen mit stillemJubel: „Preist den Todesüberwinder, derda starb auf Golgatha: dem Erlöseraller Sünder, preist ihm und Alle-luja! Lasst ein frohes Lied erklingen,lasst uns recht von Herzen singen:Alleluja! Jesus lebt, Jesus lebt, Jesuslebt, alleluja! Jesus lebt. Uns vom Tode zu befreien, sank erin des Grabes Nacht, unser Lebenzu erneuern, steht er auf durch Got-tes Macht. Tod, du bist im Sieg ver-schlungen, und das Leben ist errun-gen. Alleluja ... Uns zum Himmel zu erheben, gehter zu dem Vater hin, lasst uns ihmzu Ehren leben, dann ist Sterbenuns Gewinn. Dort zu seines VatersRechten zieht er zu sich die Ge-rechten. Alleluja! Jesus lebt, Jesuslebt, Jesus lebt, alleluja! Jesus lebt!“

Sr. M. Lucia Tremel CSJ

Anteilnahme

DDaass EEhheeppaaaarr KKoonnrraadd uunndd FFrraannzziisskkaaTTrreemmeell bbeeiimm SSttuuddiiuumm iihhrreerr VVeerrtteeiilleerr--lliissttee ddeess UUrrssbbeerrggeerr JJoosseeffssbbootteenn

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Verstorbene SchwesternSSrr.. MM.. LLuucciiddaa ((BBeerrttaa)) KKeellzz CCSSJJgeb. 29. Januar 1925 in Aitranggest. 12. Januar 2013 in Ursberg

Sr. M. Lucida kam als siebtes von acht Kindern in Aitrang,Gerwangs, zur Welt und wurde auf den Namen Bertagetauft. Ihre Eltern, Martin und Viktoria Kelz, betriebeneine Landwirtschaft, so lernte das Mädchen von kleinauf die dort anfallenden schweren Arbeiten kennen. 7 Jahre lang besuchte sie die Volksschule und daran an-schließend zwei Jahre die Berufsschule. Im 2. Berufs-schuljahr kam sie bei einer Familie in ihrem Heimatortin Dienst. Fast 10 Jahre blieb sie dort in Stellung. In die-sen Jahren erlebte sie den tragischen Verlust ihrer El-tern.Im Frühjahr 1951 wechselte sie ihre Arbeitsstelle. Sielebte und wirkte in St. Ottilien in Haushalt und Land-wirtschaft. Dabei konnte sie auch Einblick in die Wä-scheversorgung gewinnen. In dieser Umgebung wurdeder bislang leise gehegte Wunsch größer, in eine Or-densgemeinschaft einzutreten. Deshalb bat sie im Ja-nuar 1952 um Aufnahme in die St. Josefskongregation.Am Franziskustag, 4. Oktober 1953, wurde die 28-jäh-rige junge Frau eingekleidet und bekam ihren Ordens-namen Sr. M. Lucida. Nach der zweijährigen Ordens-ausbildung im Noviziat legte die junge Schwester amFranziskustag gemeinsam mit anderen jungen Frauendie erste Profess ab. Am 4. Oktober 1958 versprach siemit der Ewigen Profess für ihr gesamtes Leben in der St.Josefskongregation Gott und den Menschen zu dienen.Während des Postulats und Noviziats war Sr. M. Lucidain verschiedenen Wohngruppen eingesetzt. HäuslicheAufgaben entsprachen der Schwester mehr als das er-zieherische Wirken bei den zum Teil schwer behinder-ten Kindern und Jugendlichen. Ihr sanftes Wesen undihre große Geduld hinderten sie gelegentlich mit Kon-sequenz erzieherische Maßnahmen durchzusetzen.Bereits 1956, einige Zeit vor ihrer Ewigen Profess,wurde Sr. M. Lucida nach Breitbrunn versetzt. Hier wardie Besorgung der Wäsche für die gesamte Einrichtungihre Aufgabe. Mit großer Sorgfalt und Fleiß erledigte siealle Aufgaben in der Wäscherei und war im Bügelzim-

mer tätig. Zur Mithilfe standenSr. M. Lucida Frauen der Ein-richtung zur Seite, die sie mitgroßer Fürsorge betreute.Für Ordnung sorgte sie im Hausder männlichen landwirtschafli-chen Mitarbeiter in der Einrich-tung. Ebenso gerne half sie aberauch in der Sakristei und ver-sorgte die Grotte und die Ka-pelle mit frischen Blumen, die sie selber anpflanzte.Nach der Auflösung der Wäscherei 1995 in der Einrich-tung erledigte sie alle anfallenden Wasch- , Bügel- undNäharbeiten für ihre Mitschwestern. Gerne übernahmsie Dienste für andere.Bescheiden und still gliederte sich die Schwester in dieGemeinschaft ein. Sie wirkte immer zufrieden undklagte nie. Dankbar registrierte sie jedes Entgegenkom-men und jede Aufmerksamkeit. Ebenso begegnete sieihren Mitschwestern bis in die letzten Lebenstage hi-nein. Es freute sie, wenn sie anderen das Leben erleich-tern und verschönern konnte. Aber auch das spirituelleLeben war der Ordensfrau ein Herzensanliegen. Es warzu spüren, dass das gemeinsame und persönliche Ge-bet ihr Lebenshalt gab. Gott trug sie ihre Sorgen undGedanken vor. Der Name Lucida, Lichtträgerin, passtezu ihr, denn es war an ihr zu erfahren, dass aus der Ver-bundenheit mit Gott ihr Lebenstrost, ihre Freude undihre Kraft entsprang. Trotz der wachsenden gesund-heitlichen Beschwerden trug Sr. M. Lucida immer einleises Lächeln. Plötzlich und unerwartet ereilte die Ordensfrau am 5.Januar 2013, unmittelbar nach dem Mittagessen einSchlaganfall, an dessen Folgen sie in den frühen Mor-genstunden des 12. Januar im Krankenhaus von Herr-sching verstarb. In der Tageslesung ihres Sterbetageshieß es: „Der Sohn Gottes ist gekommen, damit wirGott, den Wahren, erkennen. Und wir sind in diesemWahren. Er ist der wahre Gott und das ewige Leben. Inseinem Licht schauen wir sein Licht“. Sr. M. Lucida darfden wahren Gott nun unmittelbar erleben und er mögeihr das ewige Leben in seiner Nähe schenken.

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Verstorbene SchwesternSSrr.. MM.. BBaallddeegguunnddee ((KKaatthhaarriinnaa)) KKaaiisseerr CCSSJJgeb. 22. Februar 1913 in Dietfurtgest. 15. Januar 2013 in Ursberg

„Mein Lebenselexier ist die Freude und anderen Freudezu machen. Dabei wird man glücklich und froh!“ Dieswar das Anliegen von Sr. M. Baldegunde in ihrer Tätig-keit als Lehrerin und ihrem Sein als Ordensschwester. Sr. M. Baldegunde wurde am 22. Februar 1913 in Diet-furt an der Altmühl als 1. Kind der Eheleute Josef undKarolina Kaiser geboren und auf den Namen Katharinagetauft. Es folgten zwei Brüder und eine Schwester. Einweiteres Geschwisterchen verstarb im Kleinkindalter.Das Familienleben war harmonisch und schenkte Ge-borgenheit. Mit Stolz berichtete Sr. M. Baldegundestets von ihrem Vater, dem es in der Nazizeit gelang,seinen katholischen Prinzipien treu zu bleiben und inseiner Meinung gegen das Regime zu bestehen. Die Fa-milie musste deshalb schwere Konsequenzen in Kaufnehmen, hielt aber treu zusammen. So blieb Sr. M. Bal-degunde der Familie ihr Leben lang in Liebe verbunden.Bereits im Alter von 6 Jahren verkündete die kleine Ka-tharina ihrer Familie, dass sie Klosterfrau werden wolle.Kontakt zu Ursberg hatte sie durch eine Tante, die inder St. Josefskongregation lebte und durch den Ursber-ger Kalender. Es war der Kalender, der in der damals14-Jährigen die Entscheidung weckte, als Schwesterder St. Josefskongregation in Ursberg zu leben. Mit die-sem Entschluss legte das Mädchen alles in GottesHand. Nach der Lehrerinnenausbildung trat Sr. M. Bal-degunde in das Noviziat der St. Josefskongregation ein.Am Franziskustag 1936 legte sie ihre erste und dreiJahre später, am 4. Oktober 1939, die Ewige Profess ab. Bereits 1927 kam Katharina nach Ursberg, um dort dieSchule zu besuchen, denn sie wollte Ordensfrau undLehrerin werden. Es folgte die Ausbildung zur Volks-schullehrerin und in den 50er-Jahren in München diezur Sonderschullehrerin. Die Tätigkeit bei den lernbe-hinderten Kindern war ihr nicht nur Beruf, sondernauch Berufung. Sie gewann die Kinder von Herzen liebund diese spürten es. Mit besonderer Freude bereiteteSr. M. Baldegunde über 50 Jahre lang die Kinder auf die

erste Beichte und die Erstkom-munion vor. Sie verstand es alsihre Lebensaufgabe, die Kinderzur Freude an Gott zu erziehen,deshalb gab sie noch nach ih-rem Ausscheiden als Sonder-schullehrerin von 1980 bis1994 Religionsunterricht in derFörderschule und in der Grund-schule von Ursberg. Sogar mit88 Jahren hielt sie noch Vertretungsstunden. Sr. M. Bal-degunde vermittelte anschaulich, fröhlich und span-nend die Erzählungen der hl. Schrift, aber auch ihreLiebe zu Gott, der uns Menschen in den Sakramentenbegegnet.Die Ordensfrau konnte mit Farbe, Tusche und Federumgehen. In ihrer Tätigkeit als Lehrerin erstellte sie fas-zinierende Tafelbilder. Bis ins hohe Alter erfreute Sr. M.Baldegunde ihre Mitmenschen mit kunstvoll geschrie-benen Gedanken und Spruchweisheiten auf Karten undPlakaten. Sie schenkte diese den Mitschwestern, ihrenBekannten, Menschen in Kummer und Freude, Pfar-reien sowie Schulen und es gelang ihr, damit viele Men-schen zum Nachdenken anzuregen. Ebenso bemalteund beschrieb sie Steine und Ostereier.Im Leben von Sr. M. Baldegunde schien aber nicht nurdie Sonne. Ein Leiden nahm ihr, die leidenschaftlichgerne unterrichtete, von 1965 – 1967 vorübergehenddie Lautsprache. Zwei Schuljahre lang konnte sie nichtunterrichten. Über den lebenslangen Verlust der Sing-stimme tröstete sie sich mit dem Geigenspiel, mit wel-chem sie Konventfeiern und Schulstunden bereicherte.Aber vor allem der Glaube gab ihr Durchhaltekraft undHalt. Von 1934 an lebte Sr. M. Baldegunde im Konvent St. Jo-sef. Im Jahr 2000 siedelte sie in den Konvent St. Salva-tor um und brachte sich dort mit ihrer zuversichtlichenund frohen Art in die Gemeinschaft ein.Im Juni 2012 zog sich Sr. M. Baldegunde eine Verlet-zung zu, deren Folgen sie an das Bett fesselten. Gotthat sie nicht lange in dieser Leidsituation verharren las-sen und holte sie am 15. Januar 2013 zu sich.

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SSrr.. MM.. TTiillbbeerrtt ((MMaarriiaa MMaaggddaalleennaa)) MMüülllleerr CCSSJJgeb. 25. Februar 1925 in Dillingengest. 28. Januar 2013 in Ursberg

Sr. M. Tilbert war ein Leben in der Natur geschenkt. Siewar am 25. Februar 1925 in Dillingen an der Donau alsTochter des Landwirts Josef und seiner Frau ThereseMüller geboren und wuchs mit zwei älteren und einemjüngeren Bruder auf. Von 1931 bis 1941 besuchte siedie Volks- und die hauswirtschaftliche Berufsschule inDillingen. Im Januar 1945 trat die Zwanzigjährige in die St. Josefs-kongregation Ursberg ein mit dem Wunsch als Ordens-frau Gott und den Menschen zu dienen. Am 19. März1946 wurde sie eingekleidet. Am Josefstag 1948 legteSr. M. Tilbert die erste Profess und 1951 die Ewige Pro-fess ab. Sr. M. Tilbert bereitete sich auf das 65-jährigeProfessjubiläum vor und lud noch an ihrem SterbetagGäste zu den anstehenden Feierlichkeiten im März ein.Sie war eine Ordensfrau, die trotz der vielen Arbeits-aufgaben Gott stets die Treue hielt. Immer war sie imGebet und in den liturgischen Feiern mit ihm verbun-den. In ihren letzten Lebensjahren schätzte sie es, mehrZeit für Gott und zur Anbetung in der Kapelle zu haben.Die junge Frau trat mit dem Berufswunsch der Kran-kenpflegerin in die St. Josefskongregation ein. Da sienicht sofort in diesem Bereich eingesetzt werdenkonnte, wählten die verantwortlichen Schwestern denEinsatz in der Klostergärtnerei für die junge Schwes-ternkandidatin. Sie zeigte von Beginn an Eifer und Ge-schick, sodass es nahe lag, sie weiterhin in diesem Be-reich wirken zu lassen. Mit Interesse an der Gartenar-beit brachte sie sich heiter in die Gemeinschaft ein undwirkte zufrieden. Schon bald war abzusehen, dass siemit ihrem Fleiß, ihrem verantwortungsbewussten In-teresse in der Lage war, einmal den Gartenbetriebselbstständig zu leiten. Das gemeinschaftliche Mitein-ander der in der Gärtnerei tätigen Schwestern war Sr.M. Tilbert ein Anliegen.Gemeinsam arbeiteten, beteten und feierten die Schwe-stern in der kleinen Gemeinschaft, ohne dabei das Zu-sammensein mit den Schwestern des Mutterhauskon-

ventes in Gebet und Freizeit zuvernachlässigen.1964 übernahm Sr. M. Tilbertnach den Ausbildungen zurGärtnereigehilfin in einem Gar-tenbetrieb in Krumbach und zurGärtnereimeisterin in Lindaudie Leitung der Klostergärtnereiin Ursberg. Sie versorgte alleHeimbewohnerinnen, Heimbe-wohner und Schwestern das ganze Jahr über mit demnotwendigen Gemüse. Sie hatte aber auch ein Auge aufdie Anpflanzung und Pflege von Blumen, die für denSchmuck der Häuser, der Kapellen und des Friedhofs inUrsberg gebraucht wurden. Aber nicht nur der Betrieb war der Ordensfrau ein An-liegen, auch die solide Ausbildung der ihr anvertrautenjungen Menschen. Waren es anfangs schwerpunktmä-ßig Mitschwestern, die sie anleitete, so öffnete sich dieAusbildungsmöglichkeit in Ursberg nach und nach fürAußenstehende und für Jugendliche, die sich mit demLernen schwerer taten. Sr. M. Tilbert hat ihre Ausbil-dertätigkeit mit so großer Qualifikation erfüllt, dass siefür viele Jahre von der Regierung von Schwaben in denPrüfungsausschuss zur Abnahme der Abschlussprü-fung im Gartenbau berufen wurde. 1996 legte Sr. M. Tilbert die Verantwortung für denGärtnereibetrieb in andere Hände. Sie besuchte täglichden Garten und munterte die Lehrlinge und Mitarbeiterimmer wieder auf. Sie strahlte innere Autorität aus undihre Anwesenheit tat allen gut. Erst im Frühjahr 2012verabschiedete sie sich endgültig vom Garten und denMenschen dort; ihre Kraft war aufgebraucht.Seit Oktober 2012 lebte Sr. M. Tilbert auf der Schwes-ternpflegestation in St. Camillus. Dort bereitete sie sichrealistisch und gelassen wirkend auf ihren letzten Le-bensweg hin zu Gott vor. Alles, was sie bedrängte,brachte sie vor Gott ins Gebet. Er hat sie am 28. Januarum 22 Uhr zu sich in die himmlischen Gärten geholt,wo es kein Leid und keinen Mangel gibt.

Verstorbene Schwestern

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Im Gedenken

Verstorbene aus dem Leserkreis

Verstorbene BetreuteAAbbeell JJoosseeffaa, Ursberg, St. MariaGGuuttoowwsskkii HHaarraalldd, Ursberg, St. DominikusNNeeuussss FFrraannzziisskkaa, Ursberg, St. Vinzenz von PaulHHiieennllee VViikkttoorriiaa, Pfaffenhausen, SeniorenzentrumLLeehhmmeeiieerr EElliissaabbeetthh, Pfaffenhausen, St. JosefPPrreesstteellee EErrnnaa, Ursberg, St. Vinzenz von PaulMMeeiilleerr CChhrriissttiinnee, Maria Bildhausen

NNoorrrrmmaannnn RRaaiinneerr, Maria BildhausenRRootthhddaacchh MMaarriiaa, Pfaffenhausen,SeniorenzentrumSScchhiieeßß FFrraannzziisskkaa, Ursberg, St. Vinzenz von PaulSScchhwwaarrzz AAnnttoonn, Ursberg, St. FlorianSSttiieerrssttoorrffeerr HHeeiinnrriicchh, Haus Elija, NeuburgWWeebbeerr MMaarriiaannnnee, Kloster Holzen

BBeerrkkmmaannnn RReeggiinnaa, Schwanden-PetersthalBBrriieeggeell KKaarroolliinn, Niederraunau,ehemalige treue MitarbeiterinDDeennnneerr MMaarriiaa,, SendenDDüürrhheeiimm KKaatthhaarriinnaa, Dorfen,Verwandte zu unserer Sr. M. Reineldis Stiegelmayr CSJGGeerrssttllaauueerr RRuuddoollff, KrumbachHH..HH.. DDoommkkaappiittuullaarr PPrräällaatt JJoosseeff HHeeiiggll, AugsburgHHeeiimm SSiixxttuuss, GreifenmühleHHiillbbeerr LLeennii, MünsterhausenHHiirrmmeerr AAllbbeerrtt, GebenbachKKaarrlliinnggeerr MMaaggddaalleennaa, Stoffenried,Schwester unserer Sr. M. Adalberta Rattinger CSJKKaasstt AAnnnneelliieessee, SendenLLaanngg KKrreesszzeennttiiaa, SendenMMaayyeerr LLuuddwwiigg, KrumbachMMiilllleerr FFrriieeddrriicchh, Niederrieden,Vater unserer Sr. M. Tabita Miller CSJOObbeerrmmeeiieerr TThheerreessiiaa, HitzhofenOObblliinnggeerr, Dr. Hermann, NeusäßRRaauunneerr EElliissaabbeetthh, Augsburg,Mutter unserer Sr. Marianne Rauner CSJRRöösscchh NNoorrbbeerrtt, Gebenbach

RRootthh WWaallbbuurrggaa, Seeg,Schwester unserer Sr. M. Raphaelis Roth CSJRRuuppppeerrtt GGeerrttrraauudd, Balzhausen,ehemalige treue MitarbeiterinSScchhaaddeerr VViikkttoorriiaa, Schwanden-PetersthalSScchhmmiidd LLoorreennzz, Peißenberg,Bruder unserer Sr. M. Nikoleta Schmid CSJ und unse-rer Sr. M. Guntrama Schmid CSJSScchhmmiiddtt MMiicchhaaeell, Wendelstein,Bruder unserer Sr. M. Bonaventura Schmidt CSJSSeeiittzz LLoorreennzz, SendenSSiinnnneerr GGeeoorrggSSttüürrmmiinnggeerr EEggoonn, BalzhausenTTrreemmeell KKoonnrraadd,, Weismain-Arnstein,Vater unserer Sr. M. Lucia Tremel CSJ und Bruder un-serer † Sr. M. Reinhild Tremel CSJ, langjähriger treuerAusträger des JosefsbotenUUnngglleerrtt SSiiggmmuunndd, AltusriedPP.. AAsskkaanniiuuss VVeetttteerr OOFFMM, Franziskanerkloster FüssenWWaannnneerr MMeeiinnrraadd, Salgen,Bruder unserer † Sr. M. Ludovika Wanner CSJWWuurrmm MMaatthhiillddee, DietratriedZZiigg HHeerrmmaannnn

Ursberger Josefsbote 1/2013

WWaahhrrlliicchh,, wwaahhrrlliicchh,, iicchh ssaaggee eeuucchh::WWeerr ggllaauubbtt,, ddeerr hhaatt ddaass eewwiiggee LLeebbeenn!!

JJoohhaannnneess 66,,4477

Page 36: Ursberger Josefsbotest-josefskongregation-ursberg.de/images/literatur/... · 2014. 5. 26. · dem Weg wird dieses Geheimnis in den heili-gen Schriften aufgegriffen, etwa da, wo der

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Aus Sr. M. LuciasFundgrube

UrsbergerJosefsbote

1913

Ursberger Josefsbote 1/2013

Eine bunte Schar von Teilnehmernan einem gemeinsamen Projekt –so macht’s Spaß.Und wenn dabei „die munt’re Reih’“auch noch was zum Vogelschutzbeiträgt – umso besser!