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Eine Kritik der Eigentumstheorie U. Stolzenburg arz 2005 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Allgemeine Bemerkungen 1 3 Die Eigentumstheorie von Heinsohn und Steiger 2 4 Kritik 3 4.1 Die geschichtliche Entstehung von Geld .................. 4 4.2 Zinserkl¨ arung durch die Eigentumspr¨ amie ................ 5 4.3 ¨ Ubertragung auf die heutige Zeit ..................... 7 5 Zusammenfassung 11

Uwe Stolzenburg: Eine Kritik der Eigentumsökonomik

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Stolzenburg beschreibt einige Kernkritikpunkte an Heinsohn/Steigers "Eigentumsökonomik".

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Page 1: Uwe Stolzenburg: Eine Kritik der Eigentumsökonomik

Eine Kritik der Eigentumstheorie

U. Stolzenburg

Marz 2005

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Allgemeine Bemerkungen 1

3 Die Eigentumstheorie von Heinsohn und Steiger 2

4 Kritik 3

4.1 Die geschichtliche Entstehung von Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

4.2 Zinserklarung durch die Eigentumspramie . . . . . . . . . . . . . . . . 5

4.3 Ubertragung auf die heutige Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

5 Zusammenfassung 11

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1 Einleitung

Gunnar Heinsohn und Otto Steiger (ab hier: H&S) veroffentlichten im Jahre 1996 das

Buch “Eigentum, Zins und Geld”, in dem sie der herrschenden okonomischen Leh-

re, der Neoklassik, und auch dem Keynesianismus Versagen bei der Erklarung des

Wesens von Geld und Zins vorwerfen. Ihre theoretische Ausrichtung wird verschiedent-

lich als “Eigentumstheorie der Wirtschaft” oder auch “Nominalokonomik” bezeichnet,

in einer etwas frisierten Fassung von Paul C. Martin auch als “Debitismus” (Schul-

denwirtschaft). Prominente Vertreter oder nahestehende Theoretiker sind außerdem

Hans-Joachim Stadermann und Hernando de Soto.

Ziel dieses Texts soll es sein, einige offen gebliebene Fragen zum Theorieansatz der

beiden Bremer Autoren aufzudecken. Der Text gliedert sich in funf Abschnitte: Nach

der Einleitung (Teil 1) und einigen allgemeinen Bemerkungen (Teil 2) wird eine kur-

ze Zusammenfassung des Modells der historischen Geldentstehung gemaß eigentums-

theoretischer Interpretation gegeben (Teil 3). Deutlich ausfuhrlicher ist dann der eigent-

liche Inhalt und Zweck dieses Dokuments dargestellt: die Kritikpunkte zur Theorie von

H&S (Teil 4). Samtliche Kritikpunkte werden zum Zwecke der Ubersichtlichkeit jeweils

in einem Satz zusammengefasst und einige abschließende Worte vervollstandigen den

Artikel (Teil 5).

2 Allgemeine Bemerkungen

Offenbar sind H&S sich ihrer Sache sehr sicher, denn sie stellen an mehreren Stellen

den Erkenntnisgewinn ihrer Theorie auf eine Stufe mit der Wissenschaftsrevolution des

Nikolaus Kopernikus im 15. Jahrhundert, der als erster den Verdacht außerte, daß nicht

die Sonne um die Erde kreist, sondern umgekehrt. So ahnlich sei nach Ansicht der Au-

toren selbst die Heinsohn-Steiger’sche Erkenntnis uber den Unterschied von Besitz und

Eigentum einzuordnen.1 Die beiden Autoren zeigen sich geschichtsbewußt auch durch

die Benennungen; analog zur Liquiditatspramie des Geldes nach Keynes formulieren sie

ihre Zinserklarung als “Eigentumspramie”. Otto Steiger veroffentlichte im Jahre 2002

zusammen mit Hans-Joachim Stadermann ein Buch mit dem Titel “Allgemeine Theo-

rie der Wirtschaft”, ganz so, als wollte er eines Tages von den Geschichtsschreibern in

1Zitat H&S: “Mit ihrem Scheitern beim Auseinandersortieren von Besitz und Eigentum ahnelt dieNeoklassik der Astronomie des Claudius Ptolemaus (2. Jh.u.Z.). Der wußte selbstredend, daß es Sonneund Erde gibt und hat sich keineswegs durch diese Einsicht von Nikolaus Kopernikus (1473-1543)unterschieden. Er scheiterte, weil er kein richtiges Verstandnis vom Lauf der Erde um die Sonne hatte,obwohl er mit den Worten Sonne und Erde ebenso zu hantieren wußte wie die Neoklassik mit denWorten Besitz und Eigentum.” Zitiert aus: Heinsohn und Steiger (1996), Seite 65. Siehe auch: Heinsohnund Steiger (1999), S.27.

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einem Atemzug mit Adam Smith und John Maynard Keynes aufgezahlt werden.

Ihre theoretischen Ausfuhrungen kleiden die Autoren in einen mithin gewohnungs-

bedurftigen Eigentums-Jargon. Der Leser muss sich zunachst an haufig verwendete

Worte der beiden Autoren wie immaterielle Ertrage, Rechtstitel, Glaubiger-Schuldner-

Kontrakte, Belasten, Verpfanden, Eigentumspramie usw. gewohnen. Er kann fur sein

Durchhaltevermogen auch einen teils durchaus erhellenden Blickwinkel auf den Wirt-

schaftsablauf fur sich gewinnen. Nicht der vorteilsuchende Tausch treibt die Menschen

im Wirtschaftsprozess voran, sondern der Schuldendruck eines zinsbelasteten Kredit-

kontraktes. Der institutionelle Rahmen einer funktionierenden Eigentumsverfassung ist

auch fur die Entwicklungspolitik starker zu berucksichtigen als das bei Vertretern der

Neoklassik getan wird.2

Die Autoren sparen im Ubrigen nicht mit Kritik an der herrschenden Lehre, verste-

hen sie ihren theoretischen Ansatz doch als Gegenentwurf zu Klassik, Neoklassik und

Keynesianismus. So schreiben sie beispielsweise im “Kapitel vom Tauschparadigma”

uber fragwurdige neoklassische Grundannahmen, die sie dann gar als “wissenschaft-

liche Folklore” klassifizieren.3 Mit ihrem umfangreichen Anhang mit uber 70 Seiten

Anmerkungen und Literaturnachweisen vermitteln die Autoren den Eindruck, belesen

zu sein und ihre Behauptungen fundiert belegen zu konnen.4

3 Die Eigentumstheorie von Heinsohn und Steiger

Eine ausfuhrliche Darstellung der H&S-Theorie ist an dieser Stelle nicht vorgesehen.

Der Leser sollte sich daher um entsprechende einfuhrende Literatur bemuhen5, sofern

er bisher nur unzureichend mit dem hier kritisierten Theorieansatz vertraut ist. Wichti-

ger Baustein der Theorie ist die Unterscheidung von Besitz und Eigentum, zwei Worte,

die umgangssprachlich als Synonyme verwendet werden. Aber juristisch ist der Besitz

das bloße Nutzungsrecht an einem Gut, Eigentum jedoch durch den rechtlichen Ei-

2Siehe de Soto (2001) und Habler et al. (2003).3Heinsohn und Steiger (1996), S. 55.4Manchmal schießen sie dabei uber das Ziel hinaus: Im “Kapitel vom Zins” wollen die Autoren zeigen,dass sich auch die gesellschaftlichen Verhaltnisse in einer Eigentumsgesellschaft grundlegend geanderthaben. Zu diesem Zweck zitieren sie sie den griechischen Agrarokonom Hesiod, der beschreibt, wiesich Nachbarn in Not nun nicht mehr helfen, sondern wegsehen. Und sogar zwischen Mann und Frauist das Verhaltnis in der Eigentumsgesellschaft stark belastet, wie H&S instinktsicher mit folgendemZitat belegen: “Lass nicht ein Weib, das den Steiß dreht, Deinen Sinn listig betoren, Geißlerisch sußDich beschwatzend, den Blick auf den Vorrat im Hause. Wer einem Weibe vertraut, der hat Vertrauenzu Gaunern.” Vgl. Heinsohn und Steiger (1996, S. 174). Man konnte sich fragen, ob solche Zitate furden wissenschaftlichen Diskurs erhellend sind; amusant ist es allemal, so etwas in einer ernstgemeintenVeroffentlichung anzutreffen.5Geeignet sind beispielsweise Heinsohn (1998) oder Heinsohn und Steiger (1999).

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gentumstitel definiert, den man Belasten, Verpfanden und Verkaufen kann. Sobald eine

Eigentumsverfassung in der Gesellschaft institutionell verankert ist, sei die entscheiden-

de Vorbedingung fur das Entstehen von Geld, Kredit und Zins gegeben. Nach Auskunft

von H&S ist Geld historisch auch tatsachlich nur in Gesellschaften anzutreffen, die als

Eigentumsgesellschaft zu charakterisieren sind.

Das Modell der Geldentstehung nach H&S sieht nun folgendermaßen aus6: A und

B haben Eigentum, zum Beispiel je einen Hektar Land. Eigentumer B kommt in ei-

ne schwierige Lage und versucht daher, von Eigentumer A einen Kredit zu erhalten.

Der Glaubiger “belastet” bzw. “beleiht” sein Eigentum, indem er Zettel bedruckt und

diese als einlosbaren Anspruch in sein Eigentum an den in Not geratenen Eigentumer

B verleiht. Diese “anonymisierten Eigentumstitel” sind Geld und entstehen in einem

Kreditkontrakt. Fur die Zeit des Kontrakts behalt Eigentumer A die Nutzungsrechte

an seinem Eigentum, der Rechtstitel ist jedoch blockiert: Er kann es nicht verkaufen,

er kann auch keine weiteren Belastungen vornehmen oder es als Sicherheit fur einen

Kredit stellen (“Verpfanden”). Ein nicht-blockierter Eigentumstitel, der diese Opera-

tionen zulaßt, verschafft dem Eigentumer eine gewisse Sicherheit. Eigentum tragt nach

Ansicht der Autoren eine sogenannte Liquiditatspramie des Eigentums, kurz “Eigen-

tumspramie”. Im Kreditkontrakt geht diese immaterielle Pramie verloren, der Glaubi-

ger muß daher durch den Zins kompensiert werden.

Der in Not geratene Eigentumer B erhalt den Kredit aber nur, wenn er ein Eigen-

tumspfand als Sicherheit stellt. Er muß also fur den Fall, daß er Zins und Tilgung nicht

aufbringen kann, die Vollstreckung in sein Eigentum garantieren. Dadurch ist auch das

Eigentum des Schuldners blockiert. Die Eigentumspramien von Glaubiger und Schuld-

ner gehen im Kreditkontrakt verloren. Der Schuldner wird mit der Liquiditatspramie

des damit entstandenen Geldes kompensiert, der Glaubiger durch Zins.

4 Kritik

Ich mochte die Kritik unterteilen in drei Bereiche, erstens in die Kritik an der Erklarung

der historischen Geldentstehung, wie sie gemaß des Modells von H&S veranschaulicht

wird. Zweitens soll logisch durchleuchtet werden, ob es tatsachlich die sogenannte Ei-

gentumspramie ist, die durch den Zins kompensiert werden muss. Als dritter Punkt

bleibt die Frage zu klaren, inwieweit dieses Modell fur das heutige zweistufige Banken-

system noch Erklarungsgehalt besitzt.

6Vgl. Heinsohn (1998).

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4.1 Die geschichtliche Entstehung von Geld

Mehrere Fragen tun sich auf, wenn man das Modell von Heinsohn und Steiger hinter-

fragt.

Zunachst einmal fragt man sich, weshalb Eigentumer B nicht das eigene Eigentum

belastet, statt bei A um Kredit zu bitten. Er (B) wurde dabei immerhin die Zinszahlun-

gen sparen. Auf diese Frage gibt es zwei moglich Antworten: Entweder das Eigentum

von A ist “besser” und daher die Anrechte auf dieses Eigentum besser zum Kauf ge-

genuber Dritten geeignet. Darauf wird von H&S aber nicht explizit hingewiesen und

da B’s Eigentum gut genug ist, den Kredit zu besichern, muß es auch einen ahnlichen

Wert besitzen wie A’s Eigentum. Die zweite Antwort ist die, welche die Autoren lie-

fern7: Durch den Kredit bei A kann sich B sicher sein, dass ihm niemand wahrend des

Kreditzeitraums die Anrechte zur Einlosung vorlegt, sodass er die Nutzungsrechte an

seinem Eigentum weiterhin behalt. Wenn jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Drit-

ter die “anonymisierten Eigentumstitel” zur Einlosung vorlegt, tatsachlich so hoch ist,

dann kann der Glaubiger A nicht mehr die Besitzseite seines Eigentums unangetastet

wissen. Falls das Eigentum des Glaubigers A besonders attraktiv erscheint, wurde das

die Gefahr einer Einlosung selbstverstandlich noch erhohen.

Es bleibt unklar, wieso uberhaupt mit den Anrechtsscheinen auf A’s Eigentum

irgendetwas gekauft werden kann. Falls ein moglicher Verkaufer die Anrechtsscheine

annimmt, dann deshalb, weil er Interesse an der Einlosung hat. Er wurde sich prak-

tisch einen Teil des Eigentums von A “ertauschen”. Falls er die Scheine annimmt, um

damit seinerseits etwas anderes zu kaufen, dann mußte sich Geld zu diesem Zeitpunkt

bereits als gesellschaftliche Konvention durchgesetzt haben: Menschen nehmen Geld

gegen Guter oder Leistungen an, weil sie ihrerseits davon ausgehen konnen, dass sie

mit dem Geld spater an anderer Stelle wieder Guter und Dienste kaufen konnen. Letzt-

endlich landet man wieder bei der spieltheoretischen Fragestellung, ob es sich fur ein

Wirtschaftssubjekt lohnt, Geld fur Guter und Dienste anzunehmen. Es gibt dann ein

Nash-Gleichgewicht bei der Annahme des Geldes, wenn die anderen Wirtschaftssubjek-

te das Geld auch akzeptieren. Die Frage, wieso diese Anrechtsscheine notwendigerweise

zu einem Zahlungsmittel werden, das gar nicht mehr wegen der Einlosemoglichkeit in

Eigentum angenommen wird, sondern wegen der Moglichkeit, damit Guter zu kaufen,

beantworten die Autoren leider nicht.

Nach Auskunft von H&S sei Geld historisch auch tatsachlich nur in Gesellschaf-

ten anzutreffen, die als Eigentumsgesellschaft zu charakterisieren sind, im Gegensatz

zu Stammesgesellschaften (wo die Menschen nach solidarpflichtiger Sitte handeln) und

7Vgl. Heinsohn und Steiger (1996), S.239 und (1999), S.41.

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Befehlsgesellschaften (Feudalsimus und Sozialismus). Dieses Urteil uber die historische

Evidenz wird jedoch zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass auch die Ost-Mark der ehe-

maligen DDR und das Geld der anderen realsozialistischen Lander von H&S nicht

als echtes Geld anerkannt werden. Fur sie handelt es sich bei der Ost-Mark nur um

anonymisierte Gutscheine auf hergestellte Produkte. Dabei ubersehen H&S, dass fur

die uberwiegende Mehrheit der Menschen in Eigentumsgesellschaften Geld genau diese

Funktion innehat, namlich die Funktion, ein Gutschein fur die Waren im Kaufhaus und

Supermarkt zu sein. Zusammen mit der Definition, dass wirkliches, “genuines Geld”

immer Anspruch auf Eigentum darstellt, erscheint die Aussage, dass Geld nur in Ei-

gentumsgesellschaften anzutreffen sei, nicht mehr als eine bloße Tautologie zu sein.

Die Behauptung, dass es Zins (und Geld) nur in Eigentumsgesellschaften, nicht aber

in Stammes- oder Feudalgesellschaften gegeben habe, kann ein Laie in geschichtlichen

Fragen naturlich schwer uberprufen. Der Verdacht von Walter Heering, dass H&S “mit

einer fertigen Theorie im Kopf nach [historischen] Dokumenten suchen, die sie ent-

sprechend deuten konnen”, erscheint nicht ganz unberechtigt.8 Bekanntlich gab es das

mosaische Zinsverbot aber schon im alten Testament der Bibel, einem sehr gewissen-

haft uberlieferten Text aus einer Zeit, die etwa um 3000 v.Chr. datiert wird.9 Wo es ein

Zinsverbot gab, muß es aber auch das Phanomen Zins schon gegeben haben und die

Autoren wurden sicherlich zustimmen, dass das alte Israel nicht als Eigentumsokonomie

aufzufassen ist.

Es bleibt trotz der bisherigen und folgenden Kritik der Verdienst von Gunnar Hein-

sohn und Otto Steiger, die historische Zweifelhaftigkeit der neoklassischen Position her-

auszuarbeiten, wonach sich Geld aus einer reinen Tauschwirtschaft heraus entwickelt

haben soll. Wenn sich beweisen ließe, daß sich Geld als alternativer Erklarungsansatz

aus Kreditkontrakten entwickelt, die erst dann entstehen konnen, wenn durch revolu-

tionaren Akt der Rechtstitel Eigentum geschaffen wird, so wie es auch James Steuart

beschreibt10, dann hatten die beiden Bremer Autoren der okonomischen Geschichtsfor-

schung immerhin einen wichtigen Baustein beigefugt.

4.2 Zinserklarung durch die Eigentumspramie

Besonders die Zinserklarung von H&S ist nicht uberzeugend. So sei es die immate-

rielle Eigentumspramie, deren Verlust durch einen Zins kompensiert werden musse.

Das Eigentum sei durch die Belastung blockiert und konne wahrend des Kreditzeit-

8Vgl. Heering (1999), S.112.9Siehe 2.Buch Mose, Kap. 22, Vers 24; 3.Mose 25, 35-37; 5.Mose 23, 20; Spruche 28, 8 sowie Psalm15, 5.

10Steuart (1767), Bd.2, S. 150.

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raums weder belastet, verpfandet noch verkauft werden. Auch die Eigentumspramie des

Schuldners gehe verloren, da dieser sein Eigentum verpfandet und damit auch blockiert.

Der Schuldner werde nach Ansicht von H&S durch die Liquiditatspramie des Geldes

entschadigt.

Aus Sicht des Schuldners stellt sich die Frage, wofur dieser denn die Zinsen bezahlt,

wenn nicht fur die Liquiditat. Diese soll ja angeblich laut H&S fur den Verlust an

Eigentumspramie entschadigen11. Nein, ganz offensichtlich zahlt der Schuldner Zinsen,

um hinterher liquide zu sein. Aber auch das Verpfanden seines Eigentums hat einen

unmittelbaren Nutzen fur den Schuldner, den H&S aber ubersehen bzw. nicht in den

Vordergrund stellen: Das Risiko fur den Glaubiger wird deutlich geringer, sodass die im

Zins enthaltene Risikopramie zusammeschmilzt; der Schuldner zahlt niedrigere Zinsen

an den Glaubiger. Falls das Risiko ohne Eigentumspfand fur den Glaubiger zu groß

erscheint, stellt der Schuldner durch das Verpfanden gar sicher, dass der Kreditkontrakt

uberhaupt zustande kommt. So ist der Schuldner durchaus kompensiert fur den Verlust

an immaterieller Eigentumspramie.

Auch die Sicht des Glaubigers verspricht einiges an Erkenntnisgewinn: Worin liegt

denn nun eigentlich der Verlust an Eigentumspramie? Nehmen wir das Modell von H&S

so hin und gehen davon aus, dass durch die Kreditvergabe das Eigentum des Glaubi-

gers blockiert ist, er dieses also nicht mehr Belasten, Verpfanden und Verkaufen kann.

Er hat aber neuerdings eine Forderung gegenuber dem Schuldner, die als Finanzakti-

vum durchaus auch einen okonomischen Wert hat. “Auch Forderungen des Schuldners

gegenuber Dritten [konnen] selbstredend als Kreditsicherheit fungieren.”12. Also kann

der Glaubiger zwar nicht mehr sein belastetes Eigentum, wohl aber die Forderung ge-

genuber dem Schuldner als Eigentumspfand hinterlegen. Er wird keine Probleme haben,

im Notfall selbst einen Kredit zu erhalten. Das bedeutet, dass der Glaubiger in seiner

Fahigkeit zum Verpfanden nicht wirklich eingeschrankt ist, die Eigentumspramie ist in

dieser Hinsicht nicht verloren gegangen, sie wurde lediglich ersetzt.

Wie sieht es mit den beiden anderen okonomischen Operationen, dem Belasten und

dem Verkaufen aus? Das bereits belastete Eigentum des A kann nicht nochmals bela-

stet werden. Die Forderung gegenuber B kann vermutlich auch nicht belastet werden,

wie wir hier unterstellen wollen. Allerdings kann die Forderung als Pfand fur einen

verzinsten Kredit von beispielsweise Eigentumer C hinterlegt werden. Ein Blick auf die

Zinsstrome macht klar: Der Eigentumer A leitet dann die Zinsen von Schuldner B an

Glaubiger C weiter. A selbst ist nun liquide und erhalt keine Zinsen, ganz so, als ob er

sein Eigentum verkauft hatte. Er ist sogar besser dran, als wenn er verkaufen wurde,

11Siehe Heinsohln und Steiger (1999), S.4512Vgl. Heinsohn und Steiger (1996), S. 132.

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denn er behalt außerdem die Nutzungsrechte an seinem Eigentum! Bei Kreditkontrak-

ten sind im Ubrigen auch Glaubigerwechsel moglich, Kontrakte sind “fungibel”13, das

bedeutet, der Glaubiger kann sein Eigentum durchaus auch wahrend des Kreditzeit-

raums verkaufen, wenn er denn jemanden findet, der an seiner statt die Position des

Glaubigers einnimmt.

Mit den liquiden Mitteln, die er sich im Kreditkontrakt mit C besorgt hat, kann

A nun seinerseits neues Eigentum erwerben, z.B. einen weiteren Hektar Land. Dieses

Eigentum ist nicht blockiert und hat folglich auch die volle Eigentumspramie. Wir

konnen an dieser Stelle als Zwischenfazit festhalten, dass der Eigentumer A durch

den Vorgang der Kreditvergabe nichts von der Sicherheit verloren hat, die H&S als

Eigentumspramie bezeichnen. Der Verlust an Eigentumspramie kann folglich auch nicht

als Erklarung fur den Zins herhalten.14

4.3 Ubertragung auf die heutige Zeit

Als Widerspruch gegen die Anwendbarkeit des H&S-Modells muss vorgebracht wer-

den, dass Banknoten nicht bei der Zentralbank gegen irgendwelches Glaubigereigentum

eintauschbar sind. Man kann sich selbstverstandlich Eigentum in Form von Firmenbe-

teiligungen von dem Geld kaufen, aber nur solange das Geld allgemein akzeptiertes

Zahlungsmittel ist. Sobald das Vertrauen in eine Wahrung verschwunden ist, man also

nicht mehr daran glaubt, auch morgen noch damit einkaufen zu konnen, ist es mit der

Akzeptanz vorbei. Dabei spielt es zunachst keine Rolle, wie die Kreditkontrakte ausge-

staltet und besichert sind, in denen das Geld geschaffen wird. Vielmehr ist die Menge

13Martin (1998), S. 99.14Denkt man dieses Modell weiter, so konnte Eigentumer A den neu gekauften Hektar Land wiederumbelasten, Kredit vergeben und die Forderung aus diesem Kontrakt als Sicherheit fur ein weiteresKreditgeschaft stellen. Von der erhaltenen Liquiditat kauft er dann den dritten Hektar Land undfuhrt diesen Vorgang aus, bis er keine neuen Schuldner oder Kreditgeber mehr findet. Auf diese Weisehat er die Nutzungsrechte an Unmengen von Land und kann die Bodenrente (z.B. durch Verpachtung)einstreichen, wahrend er die Zinsen von den Schuldnern an die Glaubiger weiterleitet. So erhalt derEigentumer A erhebliche Ertrage im Prinzip daraus, dass er als kreditvermittelnde Instanz anerkanntwird.Es klingt zwar etwas absurd, dass ein Eigentumer auf diese Weise quasi risikolose Gewinne realisierenkann, aber dieser Umstand ist der Tatsache geschuldet, dass die Anrechtsscheine auf A’s Eigentum alsZahlungsmittel akzeptiert werden: Er erhalt einen Seignorage-Gewinn. Im Falle von Kreditgeld liegtdieser vor in Hohe der Verzinsung der umlaufenden Geldmenge. Tobias Roy beschreibt diesen Vorgangals das Prinzip der amerikanischen und englischen Zettelbanken des 19. Jahrhunderts: “Wie kann einePerson [...] die Rentabilitat ihres Pritatvermogens erhohen? Ganz einfach, man grundet eine Bank,emittiert unverzinsliche Noten bis zur Hohe des (haftenden) Eigenkapitals und erwirbt zinstragendeForderungen (aquivalent: man vergibt Kredite bis zur Hohe des Eigenkapitals in Form selbstgedruckterZettel, deren Einlosbarkeit in einen bestimmten Zahlungsmittelstandard man garantiert) und freutsich an dieser per Bilanzverdopplung erzielten Steigerung der Rendite des Eigenkapitals. Was ist dieBeraubung einer Bank gegen die Grundung einer Bank?”. Vgl. Roy (1999). S.171.

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der geschopften Kredite und damit die Geldmengenentwicklung von Belang. Lediglich

in den uberschaubaren Kreisen, in denen man daran glaubt, dass die Besicherung der

Kredite und die Qualitat des Eigentums entscheidend seien fur Wahrungsstabilitat,

wird das Vertrauen in die Wahrung auch von diesen Verhaltnissen abhangen.

Wer sich Gedanken uber die Determinanten der Stabilitat einer Wahrung macht,

sollte sich sinnvollerweise zunachst uberlegen, wie Stabilitat denn gemessen wird. Als

stabil gilt eine Wahrung dann, wenn sie eine niedrige Inflationsrate hat. Ublicherwei-

se wird die Inflationsrate an der Entwicklung des Konsumentenpreisindizes abgelesen

und dieser setzt sich zusammen aus ziemlich vielen gewichteten Produktpreisen. Diese

Preise werden in Millionen von Kaufgeschaften taglich im Einzelhandel gebildet. Wenn

sich Kaufer und Verkaufer einig sind und ein Geschaft abschließen, so wurde der Ein-

zelpreis bestatigt, der dann in geringem Maße im Preisindex enthalten ist. Versucht ein

Verkaufer - aus welchen Grunden auch immer - seine Preise zu erhohen, so wird dieser

Kaufkraftverlust einer Wahrung nur dann durchgesetzt werden konnen, wenn die Kun-

den mitspielen und trotzdem einkaufen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Qualitat

der zentralbankfahigen Sicherheiten, die im Vorgang der Geldschopfung bei der Zentral-

bank hinterlegt werden mussen, einen Einfluß auf die Produktpreise im Einzelhandel

hat. Eine uberwiegende Mehrheit der Menschen weiß immerhin uberhaupt nicht, dass

solche Sicherheiten uberhaupt existieren. Es ist ihnen auch vollig gleichgultig, da sie

das Geld nur deshalb verwenden und akzeptieren, weil sie damit Guter und Dienste

erwerben konnen.

Allenfalls eine quantitatstheoretische Sicht auf diesen Aspekt kann einen Zusam-

menhang zwischen Zentralbanksicherheiten und Stabilitat rechtfertigen: Mit der stei-

genden Qualitat der Sicherheiten sinkt der verfugbare Menge solcher Sicherheiten auf

Seiten der Banken und damit die Bereitschaft zum Verpfanden. Damit begrenzt ei-

ne hohe Qualitatsanforderung an Zentralbanksicherheiten also die maximal mogliche

Geldschopfung. Die Inflation kann folglich nicht ins Unermessliche steigen. Trotzdem

bleibt insgesamt unklar, welche Gute an Sicherheiten zu einer Geldschopfung fuhrt,

die eine optimale Geld- und Kreditversorgung der Wirtschaft darstellt. Eine aufmerk-

same Zentralbankfuhrung, die eine stabilitatsorientierte Geldversorgung anstrebt, ist

sicherlich ein geeigneterer Wahrungshuter als eine gesetzliche Mindestanforderung fur

die Wertpapiere, die eine Zentralbank in Pension nehmen darf. Offensichtlich gilt: Die

Zentralbanksicherheiten konnen noch so gut sein; wenn die Leitzinssatze, welche von

der Zentralbankfuhrung festgelegt werden, zu niedrig liegen, dann wird die Kreditver-

gabe ansteigen und die Stabilitat der Wahrung ist gefahrdet.

Die Zinserklarung aus dem Verlust an Eigentumspramie ist aus der Sicht des Glaubi-

gers Zentralbank auch nicht einzusehen. Eine Zentralbank strebt nicht an, den Gewinn

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zu maximieren, sondern soll in erster Linie als offentliche Institution die Wahrung sta-

bil halten. Diesen Auftrag hat sie von Gesetzgeber zugewiesen bekommen. Wenn der

Zentralbankrat es fur richtig hielte, aus Stabilitatsuberlegungen die Leitzinsen auf Null

Prozent herunterzusenken (wie es z.B. in Japan der Fall war), dann wird kein etwaiger

Verlust an sogenannter Eigentumspramie die Wahrungshuter daran hindern. Allenfalls

das damit zunehmende Inflationspotential wird solches Handeln verhindern.

Die Autoren erteilen der “weit verbreiteten und von Keynes geteilten Idee des Hor-

tens”, also des Haltens von Liquiditat, eine Absage. Gehalten werde Geld angeblich

nur dann, wenn der Warenpreis des Geldes steigt (bei Edelmetallgeld). Nach Erfullung

ihrer Funktion im Kreditkontrakt, also mit der Ruckzahlung, werden sie vernichtet.15

Offenbar verstehen H&S das Medium Geld nur im Sinne der Schopfung und Vernich-

tung im Kreditkontrakt, konnen aber nicht sehen, dass Geld in der Zwischenzeit noch

einen weiten Weg gehen kann. Der Mensch ist nicht nur durch Geburt und Tod defi-

niert. Ebenso kann Geld vor der Vernichtung bei der Kreditruckzahlung noch haufig

den Besitzer wechseln.16 Jede Hand, durch die Geld wandert, entscheidet erneut, was

rationalerweise mit dem Geldschein anzustellen ist. Nicht erst seit der Entstehung

portfoliotheoretischer Ansatze ist jedoch klar, dass auch das Halten von Liquiditat

eine interessante Option sein kann. An dieser Stelle kann nur die Keynes’sche Liqui-

ditatspramie erklaren, welcher Verlust des Geldbesitzers durch den Zins kompensiert

werden muss.

Heutzutage kann kein normaler Hauslebauer Zettel bedrucken und sein Eigentum

belasten, um Geld zu schopfen. Wer solches versucht, wird wegen Verstoss gegen das

Zentralbankmonopol bis zu 5 Jahre ins Gefangnis verfrachtet. Großere Unternehmen

konnen beim Borsengang Aktien ausgeben, die tatsachlich Beteiligungsscheine am Fir-

menkapital darstellen, auch wenn diese nicht direkt einlosbar sind. Allerdings kamen

nur die wenigsten auf die Idee, solche Aktien als Zahlungsmittel zu verwenden. Nur

Banken und die Zentralbank schaffen Geld, mit dem bezahlt werden kann, insofern

mußte man aus Sicht von H&S auf die Idee kommen, dass das Eigenkapital von Ban-

ken eine hohere Eigentumspramie habe als anderswo eingesetztes Eigentum. Bei der

Geldschopfung von Geschaftsbanken ist auffallig, dass diese bei der Kreditvergabe

zwar ihr Eigenkapital gewissermaßen riskieren, falls der Schuldner insolvent wird. Aber

das riskierte (“belastete”?) Eigentum kann durchaus mehrfach riskiert werden. Die

Mindest-Eigenkapitalquote bei Geschaftsbanken liegt bei 8%17. Auch bei Zentralban-

15Heinsohn und Steiger (1999), S. 44.16So wie es die alte Volksweisheit sagt: “Taler, Taler, Du mußt wandern, von der einen Hand zurAnder’n”.

17Vgl. Heinsohn und Steiger (1999), S.41.

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ken ist das Eigenkapital mehrfach “belastbar”, denn es gibt wohl kaum eine einzige

Zentralbank, die eine Eigenkapitalquote von 50% hat. Der Schuldner mag ja durch ein

Eigentumspfand das Eigenkapital sichern, aber im Gegensatz zum historischen Mo-

dell der Geldschopfung nach H&S ist das Eigentum im Geldschopfungsprozess nicht

blockiert. Die Bank verlangt Zinsen, weil die Marktverhaltnisse, also die Nachfrage

nach Krediten das zulaßt.

Die Verpfandung von Eigentum zur Besicherung von Krediten ist sicherlich ein ubli-

ches Vorgehen im Wirtschaftsleben. Es ist aber keinesfalls so, dass Kreditkontrakte auf

andere Art und Weise nicht zustande kommen. Bei Kreditbanken, die Kleinkunden

mit Konsumentenkrediten versorgen, ist die Hinterlegung von Sicherheiten ein vollig

unubliches Mittel, dort ist “nur” ein Nachweis uber die regelmaßigen Einkommensquel-

len vonnoten.18 Bei Hauslebauern ist das als Sicherheit gestellte Objekt zum Zeitpunkt

des Kreditvertragsabschlusses noch gar nicht vorhanden und auch Existenzgrunder,

die eine Bank davon uberzeugen konnen, dass sie eine lohnende Geschaftsidee haben,

werden ohne Hinterlegung von Sicherheiten einen Kredit erhalten. Aber auch ohne Ver-

pfandung von Eigentumstiteln haftet der Schuldner mit seinem gesamten Vermogen fur

die Erfullung seiner Verpflichtungen.19 Das wissen auch Heinsohn und Steiger. 20 Mit

einem Sicherheitspfand signalisiert der Schuldner nur nachdrucklich die Bereitschaft

zur Ruckzahlung. Alle Interpretationen dieses Sicherheitspfandes, die daruber hinaus

gehen, sind dementsprechend als unangemessen einzustufen.

18Dies berichtete jedenfalls eine Bekannte von mir, die zuvor einige Jahre in solch einer Kreditbankgearbeitet hatte.

19Vgl. Heering (1999).20Heinsohn und Steiger (1996), S. 233.

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5 Zusammenfassung

Die kritischen Punkte werden hier fur die Ubersichtlichkeit nochmals in je einem einzel-

nen Satz zusammengefasst, sie sind im obigen Text meistens in einen eigenen Absatz

ausformuliert. Bei den genannten Kritikpunkten besteht selbstverstandlich kein An-

spruch auf Vollstandigkeit. Es ist auch durchaus moglich, dass die eine oder andere

aufgeworfene Frage in einem konstruktiven Dialog noch ausgeraumt werden kann.

1. Der Glaubiger behalt nicht die uneingeschrankten Nutzungsrechte, wenn die

Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass die Anrechtsscheine des belasteten Eigen-

tums eingelost werden.

2. Die Autoren beantworten nicht die Frage, weshalb die Anrechtsscheine auf das

Glaubigereigentum umlaufen und zum Kauf verwendet werden, anstatt eingelost

zu werden.

3. Die uberwiegende Mehrheit verwendet und versteht Geld als Anrechtsschein auf

Waren, die im Geschaft zu kaufen sind, demnach ware auch das “Geld” in sozia-

listischen Landern als solches zu bezeichenen.

4. Auch in Nicht-Eigentumsgesellschaften gibt es bereits Zinsen, was die Aufzeich-

nungen der Bibel, insbesondere die Bucher Mose, beweisen.

5. Der Schuldner im Kreditkontrakt wird nicht durch die Liquiditatspramie des

Geldes fur den Verlust an sogenannter Eigentumspramie des verpfandeten Eigen-

tums, sondern durch niedrigere Zinsen (wegfallende Risikopramie) entschadigt.

6. Der Glaubiger kann statt des belasteten Eigentums die Forderung gegenuber dem

Schuldner als Pfand fur einen Kredit hinterlegen.

7. Auch die anderen Operationen, namentlich Belasten und Verkaufen, sind fur den

Glaubiger durch die Blockierung nicht unmoglich gemacht.

8. Heutige Banknoten sind nicht eintauschbar in Glaubigereigentum.

9. Die Preisbildung im Einzelhandel bestimmt die Preisstabilitat und nicht die Qua-

litat der zentralbankfahigen Sicherheiten im Geldschopfungsprozess.

10. Eine umsichtige Zentralbankfuhrung, die die Leitzinsen der notwendigen Kredit-

versorgung der Wirtschaft anpasst, ist allemal wichtiger fur die Stabilitat einer

Wahrung als die in Beschaffenheit der in Pension genommenen Wertpapiere.

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Page 13: Uwe Stolzenburg: Eine Kritik der Eigentumsökonomik

11. Eine Zentralbank hat einen gesetzlichen Auftrag und strebt nicht nach Gewinn-

maximierung, daher muss der Verlust an sogenannter Eigentumspramie nicht

kompensiert werden.

12. H&S betrachten nur Geldschopfung und -vernichtung, nicht aber die Zeit dazwi-

schen.

13. Bei Geldschopfung in unserem Bankensystem wird kein Glaubigereigentum

blockiert.

14. Kredite werden nicht immer und notwendigerweise durch verpfandetes Eigentum

besichert.

Zusammengefasst: Die Autoren konnen den Anspruch, die Entstehung von Geld und

Zins erstmals widerspruchsfrei erklaren zu konnen, nicht rechtfertigen. Besonders die

Frage, wofur der Zins als Kompensation zu zahlen ist, kann mit der Eigentumspramie

nicht uberzeugend beantwortet werden. Auch bei der Ubertragung des Modells auf die

heutige Zeit drangen sich diverse kritische Fragen auf. Der Verdienst der Autoren ist

darin zu sehen, dass sie die fragwurdige neoklassische Erklarung der Geldentstehung aus

einem Gutertauschmotiv heraus kritisieren und thematisieren, ihr Fehler liegt darin,

dass sie sich genotigt sahen, auf dieser Erkenntnis eine ganz neue und revolutionare

Wirtschaftstheorie aufbauen zu mussen.

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Page 14: Uwe Stolzenburg: Eine Kritik der Eigentumsökonomik

Literaturverzeichnis

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nese von Zahlungsmitteln in Marktokonomien.”, in: Betz, K. und T. Roy (1999),

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ger”. Studien zur monetaren Okonomie, Band 24, Berlin.

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[7] Roy, T. (1999). “Eigentum, Besitz und die regulation by panic in der Theorie

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monetaren Okonomie, Band 24, Berlin.

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& T. Cadell. Reprint Dusseldorf: Verlag Wirtschaft und Finanzen, 1993.

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