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Varietäten – Argot im Französischen
Referat von Susanne Rauim Seminar „Varietätenlinguistik“
Dozent: Prof. Dr. Carsten Sinner
InhaltDefinition ArgotAbgrenzung des Argot von
anderen VarietätenPolysemie des Terminus ArgotGeschichte Linguistische MerkmaleEntsprechungen im Deutschen
DEFINITION VON ARGOT
Definition ArgotDauzat (1912:109):
◦„Au sens large, on appelle souvent argots toutes les langues spéciales, propres à un milieu social restreint […]“
kryptische und sozial offene Codes
Definition ArgotDauzat warnt vor Vermengung von
argot und français populaire, da es nicht dasselbe ist (1912:111):◦„De nos jours, on englobe parfois la
langue populaire sous le nom d‘argot: c‘est là confondre des choses sensiblement différentes, bien que l‘argot et le langage du peuple se pénètrent de plus en plus.“
Definition ArgotKomplemente groupe social und
circonstances spéciales spielen eine entscheidende Rolle
viele verschiedene Unterarten: loucherbem, javanais, verlan…
FazitTerminus Argot ist nicht ganz
unproblematisch, da er die Sprachen vieler verschiedener sozialer Gruppen beschreibt
zusätzlich: historischer vs. heutiger Sinn
ABGRENZUNG DES ARGOT VON ANDEREN VARIETÄTEN
Argot - Abgrenzung1. Abgrenzung von
Fachsprachen: funktional begründet – soziale Wirksamkeit des Argot, dieser ist das „l’ensemble oral des mots non techniques qui plaisent à un groupe social“
Argot - Abgrenzung2. Abgrenzung von Dialekt: Argot
basiert auf semantischer Abweichung und Sonderentwicklung, Dialekte dagegen…
◦ sind in allen Ebenen des Sprachsystems zu finden
◦ sind mit der frühen Spracherwerbsphase verbunden
◦ werden prinzipiell unbewusst gesprochen
Argot - Abgrenzung3. Abgrenzung von français
populaire: schwierig aufgrund von Verwässerung der Termini im Laufe der Jahrhunderte
Gemeinsamkeiten:◦Bekundung von
Gruppenzugehörigkeit◦soziales Solidaritätsgefühl
Argot - AbgrenzungUnterschiede:Argot wird von marginalen Gruppen
gesprochen, français populaire von der Mehrzahl der Sprecher
Argot für Nichtinitiierte ein hermetisches, français populaire ein offenes sprachliches Inventar
Grenzen zwischen Argot und français populaire verwischen sich allerdings heutzutage immer mehr
POLYSEMIE DES TERMINUS „ARGOT“
Polysemie „Argot“Koexistenz von
◦alten (eher kryptischen) und ◦neueren (eher vom restringierten
Gebrauch abhängigen) Bedeutungen … und historischen Bedeutungen
–> sprachwissenschaftlich problematisch!
Polysemie „Argot“Polysemie führt dazu, dass eine
Reihe von Bezeichnungen für bestimmte Erscheinungsformen des Argot partiell synonym werden:◦javanais, argonji und verlan betonen
den kryptischen Gebrauch◦jobelin, blesquin und loucherbem
beziehen sich auf soziale Besonderheiten
GESCHICHTE DES ARGOT – 12. JH BIS HEUTE
Geschichte Argot12. JH: erste Anwendung kryptischer
Sprache15. JH: erste Dokumentation von Jargon,
das von den Coquillards gesprochen wurde17. JH: Terminus Argot kommt auf,
beschreibt die Gemeinschaft der Gauner und Bettler, später auch ihre Tätigkeit
bis Ende 18. JH: Bedeutungserweiterung; nun steht Argot erstmals für die Sprache der Bettler und Diebe, allgemein niedere Gesellschaftsschichten
Geschichte Argot19. JH: Begriffserweiterung von
„Gaunersprache“ zu „Sprache der Berufsgruppen“
Zweite Hälfte 19. JH: moderner Argot bildet sich aus. Wird gleichsam als niedere Volkssprache aufgefasst und dient literarisch zur Situierung der untersten Volksschichten (z.B. in Werken von Balzac, Hugo, Zola)
Geschichte Argot (ab 20. JH)Gefallen am Argot hält an, Zahl
nimmt insgesamt zuneuer Typ von Argotdarstellung:
Argot-Lehrbuch (z.B. Boudard/Étienne 1970)
jede soziale Gruppen ist stolz auf ihre Sondersprache
Argot hat Konjunktur bei Schülern, jedoch Rückgang bei Verbrechern
Geschichte Argot (ab 20. JH)Ausnahmebeispiel: Postzensur fängt 1942 den Brief einer
Pariserin an ihren Mann in Bordeaux ab: ◦„Ne viens pas cette semaine, chéri, il y a le
débarquement des Anglais.“ Truppen an der Kanalküste wurden in
Alarmbereitschaft versetztBlick ins Argot-Wörterbuch hätte
gezeigt: „avoir ses anglais“ steht für „seine Tage haben“
LINGUISTISCHE MERKMALE DES ARGOT
Linguistische MerkmaleAllgemeine Merkmale:„parasitärer“ CharakterArtifizialität der BildungenBegrenztheit auf wenige
semantische BereicheSchnelllebigkeitmorphologische Besonderheiten
Linguistische MerkmaleSyntaktische Änderungen, z.B.
bei der Wortart:Verwendung eines Adjektivs
anstelle eines Adverbs◦„il assure grave“ anstatt◦„il est vraiment très bon“
Linguistische MerkmaleWortbildung umfasst alle aus der Gemeinsprache bekannten Muster:Wortkomposition WortverkürzungAffigierung
Linguistische MerkmaleAffixe in parasitärer Funktion:alleiniger Zweck ist die
Deformationparasitäre Prä- und Suffixe stellen
im Grunde beliebig verwendbare und austauschbare Hülsen dar
befriedigen den Bedarf an Konnotation, Assoziation, Gefühlswerten
NominalsuffixeWorte werden „verkleidet“dem frankophonen Sprecher
bleibt die Bedeutung meist nicht verborgen
acht bekannte Nominalsuffixe: -aille, -anche, -asse, -iche, -ingue, -oche, -ouse, -uche
NominalsuffixeBeispiele:mangeailletélochesacouse
VerbalsuffixeAufgaben der Verbalsuffixe:stilistische Markierungaffektive Akkordierungpejorative Ausrichtung … nicht die kryptische Umgestaltung!zwölf bekannte Verbalsuffixe: -ailler,
-ancher, -aquer, -eter, -iller, (p)iner, -(t)iquer, -ocher, -onner, -(b,g)o(t)er, -ouiller, -ouser
VerbalsuffixeBeispiele:mordancherdégobillerbandocher
ENTSPRECHUNGEN DES ARGOT IM DEUTSCHEN
Entsprechungen im DeutschenArgot…in kryptischer Funktion:
Rotwelschder Berufsgruppen: Fachjargonverschiedener sozialer Gruppen,
z.B. der Sprecher des français contemporain des cités (FCC): Kiezdeutsch
NOCH EIN KLEINER „HAMMER“ ZUM SCHLUSS – FRANZÖSISCH-STUDENTEN AUFGEPASST…
André Malraux, La Condition Humaine (Seite 15)Et il avait pas encore griffé le faffe pour lequel il avait sacagné ce mec. Il renquilla, parail s‘il encarrait au bigne. Les harnais étaient crochés au bas du page, sous le garde-manger.
Et il n‘avait pas encore pris le papier pour lequel il avait tué cet homme. Il entra, comme il fût entré en prison. Les vêtements au pied du lit, sous la moustiquaire.
NOCH FRAGEN?
… FALLS NICHT: VIELEN DANK FÜR EURE AUFMERKSAMKEIT
Quellen Dauzat, Albert (1912): La défense de la langue française. Paris:
A. Colin Holtus, Günter / Metzeltin, Michael / Schmitt, Christian (1988-
2005): Lexikon der Romanistischen Linguistik, Band 5.1 Lewandowski, Theodor (1985): Linguistisches Wörterbuch.
Heidelberg/Wiesbaden: Quelle & Meyer Malraux, André (1933): La Condition Humaine. Paris: Gallimard Möhn, Dieter (1980): „Zum Fortgang der germanistischen
Fachsprachenforschung in den 70er Jahren.“, in: Zeitschrift für Germanistische Linguistik, 08.03.1980, 352-369
„Argot.“ http://fr.wikipedia.org/wiki/Argot (28.06.2011) „Kiezdeutsch.“ http://kiezdeutsch.de/aufeinenblick.html
(26.06.2011) „Rotwelsch.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Rotwelsch
(29.06.2011)