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Gussteile für den Maschinenbau Leitfaden für die Konstruktion und Bestellung von Gussteilen aus Gusseisen für den Maschinenbau K 200 Januar 2005 Vorwort 1 Erläuterung der Gießverfahren 1.1 Maschinenformverfahren 1.2 Handformverfahren 1.3 Vollformverfahren 1.4 Stranggießverfahren 1.5 Schleudergießverfahren 2 Modelltechnik und Modellwerkstoffe 2.1 Modellkonstruktion und -herstellung 2.2 Modellgüteklassen 3 Konstruktive Empfehlungen 3.1 Allgemeine Konstruktionsempfehlungen 3.1.1 Einführung 3.1.2 Formschrägen 3.1.3 Schwindmaß 3.1.4 Allgemeintoleranzen und Bearbeitungszugaben 3.1.5 Mindestwanddicken 3.1.6 Übergänge zwischen Wänden und Rippen 3.1.7 Dichtspeisung 3.1.8 Beispiele für beanspruchungs- gerechte Ausführung 3.1.9 Beispiele für spannungsarme und rissunempfindliche Ausführung 3.1.10 Beispiele für bearbeitungs- gerechte Gestaltung 3.1.11 Beispiele für handlinggerechte Ausführung 3.2 Konstruktionsbegleitende CAE-Simulationstechniken 3.2.1 CAE-Technologien für die Gussteilentwicklung, Übersicht 3.2.2 Datenübertragung, Schnittstellen 3.2.3 Berechnungsnetze 3.2.4 Gießsimulation 3.2.5 Eigenschaftsberechnungen 3.2.6 Eigenspannungsberechnung 3.2.7 Simulation der Betriebsbelastung 3.2.8 Betriebsfestigkeitsberechnungen 3.2.9 Integration von CAE-Techniken 3.2.10 Entwicklungen, Ausblick 3.3 Konstruktive Empfehlungen für Maschinenformguss 4 Gusseisenwerkstoffe 4.1 Allgemeine Werkstoff- eigenschaften 4.2 Normen für Gusseisenwerkstoffe 4.3 Wanddickenabhängige Eigen- schaften 5 Kostenbeeinflussende Faktoren 6 Weiterführende Literatur und Datenbanken 6.1 Allgemeine Literatur über Gusseisenwerkstoffe 6.2 Spezielle Eigenschaften von Gusseisenwerkstoffen 6.3 Normen, Richtlinien und Merk- blätter 6.4 Datenbanken 6.5 Software - Hilfreiche Links VEREIN DEUTSCHER GIESSEREIFACHLEUTE Zu beziehen durch das VDG-Informationszentrum Giesserei, Postfach 10 54 44, D-40042 Düsseldorf, Telefon (02 11) 68 71-254 Wiedergabe nur mit Genehmigung des Vereins Deutscher Giessereifachleute vom Fachausschuss „Konstruieren in Guss“ erstellte Richtlinie VDG-MERKBLATT

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Gussteile für den MaschinenbauLeitfaden für die Konstruktion und Bestellung von Gussteilen aus

Gusseisen für den MaschinenbauK 200

Januar 2005

Vorwort

1 Erläuterung der Gießverfahren1.1 Maschinenformverfahren1.2 Handformverfahren1.3 Vollformverfahren1.4 Stranggießverfahren1.5 Schleudergießverfahren

2 Modelltechnik und Modellwerkstoffe2.1 Modellkonstruktion und

-herstellung2.2 Modellgüteklassen

3 Konstruktive Empfehlungen3.1 Allgemeine

Konstruktionsempfehlungen3.1.1 Einführung3.1.2 Formschrägen3.1.3 Schwindmaß3.1.4 Allgemeintoleranzen und

Bearbeitungszugaben3.1.5 Mindestwanddicken3.1.6 Übergänge zwischen Wänden

und Rippen3.1.7 Dichtspeisung3.1.8 Beispiele für beanspruchungs-

gerechte Ausführung3.1.9 Beispiele für spannungsarme und

rissunempfindliche Ausführung3.1.10 Beispiele für bearbeitungs-

gerechte Gestaltung3.1.11 Beispiele für handlinggerechte

Ausführung

3.2 KonstruktionsbegleitendeCAE-Simulationstechniken

3.2.1 CAE-Technologien für dieGussteilentwicklung, Übersicht

3.2.2 Datenübertragung, Schnittstellen3.2.3 Berechnungsnetze3.2.4 Gießsimulation3.2.5 Eigenschaftsberechnungen3.2.6 Eigenspannungsberechnung3.2.7 Simulation der Betriebsbelastung3.2.8 Betriebsfestigkeitsberechnungen3.2.9 Integration von CAE-Techniken3.2.10 Entwicklungen, Ausblick3.3 Konstruktive Empfehlungen für

Maschinenformguss

4 Gusseisenwerkstoffe4.1 Allgemeine Werkstoff-

eigenschaften4.2 Normen für Gusseisenwerkstoffe4.3 Wanddickenabhängige Eigen-

schaften

5 Kostenbeeinflussende Faktoren

6 Weiterführende Literatur undDatenbanken6.1 Allgemeine Literatur über

Gusseisenwerkstoffe6.2 Spezielle Eigenschaften von

Gusseisenwerkstoffen6.3 Normen, Richtlinien und Merk-

blätter6.4 Datenbanken6.5 Software - Hilfreiche Links

VEREIN DEUTSCHER GIESSEREIFACHLEUTEZu beziehen durch das VDG-Informationszentrum Giesserei, Postfach 10 54 44, D-40042 Düsseldorf, Telefon (02 11) 68 71-254

Wiedergabe nur mit Genehmigung des Vereins Deutscher Giessereifachleute

vom Fachausschuss „Konstruieren in Guss“ erstellte Richtlinie

V D G - M E R K B L A T T

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Vorwort

Diese Richtlinie wendet sich an Konstruk-teure des Werkzeugmaschinenbaus undderen Zulieferer. Sie umfasst Konstruktions-hinweise für die Gestaltung von gegossenenBauteilen aus Gusseisenwerkstoffen (insbe-sondere Gusseisen mit Lamellengraphit undGusseisen mit Kugelgraphit).

Diese Richtlinie soll als Ergänzung für dieeinschlägigen Konstruktionsrichtlinien die-nen, ersetzt jedoch nicht die Beachtung derjeweils aktuell gültigen Richtlinien undNormen.Die in den Gießereien eingeführten Ferti-gungstechniken für Gussteile des Werkzeug-maschinenbaus werden als Überblick kurzbeschrieben, im Wesentlichen aber als be-

kannt vorausgesetzt. Zur Einarbeitung in dasgenerelle Thema der Gießereitechnik sei aufdie Literatur verwiesen (vgl. 6.1).

Die Auswahl des für ein Bauteil besten Ferti-gungsverfahren hinsichtlich Qualität undPreis ist bereits eine so komplexe Entschei-dung, dass hier nur generelle Empfehlungengenannt werden können, die Detailent-scheidung jedoch immer bauteilabhängiggetroffen werden muss. Wesentliche Ent-scheidungskriterien sind:

- die benötigte Stückzahl,- die Größe des Gussteils,- die geforderte Maßgenauigkeit,- der geplante Gusswerkstoff,- die geometrische Komplexität des Guss

teils.

Gießverfahren (Formverfahren)

relevante Losgröße

relevantes Bauteilgewicht

relevante Komple-xität des Gussteils

Maschinenform-verfahren

mittel bis hoch

50 g bis ca. 500 kg hoch

Handformverfahren (mit Dauermodellen)

gering bis ca. 250 t hoch

Handformverfahren (Vollformverfahren mit Schaumstoffmodell)

Einzelstücke und kleinste Serien

bis ca. 30 t hoch

Stranggieß- verfahren

hoch, allerdings Distributionsware

--- (Halbzeug)

sehr gering

Schleudergieß-verfahren

Klein- bis Großserie 5 kg bis ca. 500 kg (Halbzeug)

sehr gering

Eine Einführung in die genannten Gießverfahren sowie Hinweise auf weiterführende Literaturgibt Abschnitt 1 dieser Richtlinie.

Da im Rahmen dieser Richtlinie ausschließlich gegossene Bauteile aus Gusseisenwerkstoffenfür den Werkzeugmaschinenbau behandelt werden, können die relevanten Fertigungsverfah-ren eingegrenzt werden auf:

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1 Erläuterung der Gießverfahren

1.1 Maschinenformverfahren

Das Maschinenformverfahren wird bei mitt-leren und großen Serien von Gussteilen bisca. 500 kg Gewicht (maximales Guss-gewicht im Formkasten: 1300 kg) angewen-det. Die maschinell ausgeführten Arbeits-schritte der Formherstellung sind im Prinzipweitgehend die gleichen wie beim Hand-formen.

Allgemein kann der Arbeitsablauf in vier Ab-schnitte eingeteilt werden:

- Herstellung der beiden Sandformhälftenaus tongebundenen Sanden mit Hilfe derModellplatte,

- parallele Herstellung der Sandkerne auschemisch gebundenen Formstoffen,

- Einlegen der Sandkerne und Zulegen derFormhälften,

- Gießen der Eisenschmelze in den Form-hohlraums.

Die Modelle zur Herstellung der Formen sindauf Formplatten montiert. Die heutigen voll-automatischen Formanlagen ermöglicheneine hochproduktive, maßgenaue Fertigungvon Serienteilen.

Entsprechend der geplanten Stückzahl wer-den die Modelle mehr oder weniger aufwän-dig hergestellt. Für mittlere Serien werdenKunststoffmodelle, für große Serien werdenheute meist verschleißbeständige Metall-modelle verwendet, die eine entsprechendlange Lebensdauer aufweisen.

1.2 Handformverfahren

Werden einzelne Gussteile oder Kleinseri-en benötigt oder übersteigt die Bauteilgrößeein Gewicht von ca. 500 kg, wird in der Re-gel das Handformverfahren mit kunstharz-gebundenen Formstoffen angewendet.

Zur Formherstellung wird das Modell mit ei-nem stabilen Formkasten umgeben, der dieäußere Begrenzung der Form darstellt. Die-ser wird mit selbstaushärtenden Formstoffgefüllt. Die Form ist dabei mindestens zwei-

teilig ausgebildet, d. h., es wird mindestensein Unter- und ein Oberkasten benötigt.Gleichzeitig mit der Form wird das Anschnitt-und Eingusssystem eingeformt.

Nach der Abbindereaktion des chemischhärtenden Formstoffes werden Ober- undUnterkasten getrennt und das Modell heraus-genommen. Alternativ können die beidenModellhälften auch fest auf Modellplattenmontiert sein. Auf diesen werden beide Form-hälften parallel hergestellt und anschließendvon der Modellplatte abgehoben.

Die Formoberflächen werden zur Verbesse-rung der Oberflächenqualität des Gussteilsmit einem feuerfesten Überzug (Schlichte)versehen. Dann werden die für die Innen-kontur des Gussteils benötigten Sandkernein die Form eingelegt und die beiden Form-hälften zusammengesetzt, verklammert undgegen Auftrieb beim Gießen belastet. NachErkalten des Gussstückes wird die Formgeöffnet und das Gussteil entnommen. DieForm wird dabei zerstört, der Sand wird wie-der aufgearbeitet. Nach Reinigung des Guss-teils (Strahlen und Putzen) und einer ggf.erforderlichen Wärmebehandlung steht dasGussteil als Rohteil zur mechanischen Be-arbeitung zur Verfügung.

1.3 Vollformverfahren

Das Vollformverfahren beruht auf der Ver-wendung von Modellen aus Polystyrol-Schaumstoffen, die im Fertigungsprozessder Gießerei – im Unterschied zu den klas-sischen Hohlformverfahren – innerhalb derGießform verbleiben und während des Gieß-vorganges durch die flüssige Metallschmelzethermisch zersetzt werden.

Die Polystyrolmodelle für die Herstellung vonWerkzeugteilen nach dem Vollformverfahrenwerden aus dem Vollmaterial gearbeitet oderaus Einzelteilen gefügt. Die Gießmodelle ausPolystyrol werden mit einer mineralischen,oxidischen Deckschicht (Schlichte) be-schichtet, die später eine saubere Trennungdes flüssigen Metalls von dem das Modellumgebenden Formstoff bilden soll. Das sovorbereitete Modell wird dann mit einemEisenverteilsystem, bestehend aus Einguss,Läufen und Anschnitten, ausgerüstet, über

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das die Schmelze während des Gießvor-ganges in die Form geleitet wird. Das Gebil-de aus Modell und Gießsystem wird ineinem Formkasten positioniert und dort all-seitig mit Formstoff eingehüllt, der zugleichverdichtet werden muss. Nach dem Ver-klammern und Beschweren des Formkastenerfolgt der Gießvorgang wie beim Handform-verfahren. Nach dem Abguss muss eine aus-reichend lange und langsame Abkühlung er-folgen, damit spannungsarme, rissun-empfindliche und verzugsarme Gussteileerzielt werden. Die Gussteilqualität stehtansonsten in direktem Zusammenhang mitder Modellqualität, der Güte der Metall-schmelze, der Gießtemperatur und insbe-sondere der Gestaltung des Eisenverteil-systems.

Das Vollformverfahren zeichnet sich gegen-über den Hohlverfahren durch folgende Merk-male aus:

Vorteile:- kurze Durchlaufzeiten im

Modellbau, niedrige Modellkosten,

- niedrige Gussteilkosten, da dieKernfertigung entfällt,

- maximale konstruktiveGestaltungsfreiheit mit geringerKostenwirkung,

- konstruktive Änderungen mitgeringem Aufwand bis zurModellabnahme möglich,

- Gestaltgleichheit zwischenModell und späteremGussstück.

Nachteile:- größere Mindestwanddicke

erforderlich,- im Ausschussfall Zeitverlust

und Kosten durch Modell-ersatz,

- Zersetzungsrückstände desPolystyrols in der beim Gießenobenliegenden Bearbeitungszu-gabe führen ggf. zu erschwertenZerspanungsbedingungen.

Die Konstruktion von Werkzeugteilen für dasVollformverfahren ist in der VDI-RichtlinieVDI 3381 beschrieben.

Deutlich abzugrenzen vom Vollformverfahrenist das Lost-foam-Verfahren für Serien-gussteile. Hierbei werden die mitfeuerfestem Material geschlichtetenSchaumteile in ungebundenen Sand ein-gepackt und der Sand durch Vibration ver-dichtet. Dieses Verfahren eignet sich jedochnur für Gussgewichte bis ca. 100 kg.

1.4 Stranggießverfahren

Halbzeug-Profile aus Gusseisen, überwie-gend Rund- oder Vierkant-Profile, aber auchspezielle geometrische Profile, werden übli-cherweise nach dem Stranggießverfahrenhergestellt. Die verfügbaren Geometrien undWerkstoffe sind derzeit nicht genormt, dieGießereien und der Handel bieten eine Viel-zahl von Varianten an. Das Stranggieß-verfahren ist ein kontinuierliches Gieß-verfahren mit einer gekühlten, geometrie-gebenden Kupferkokille, aus welcher der er-starrte Strang kontinuierlich abgezogen wird.Der Strang wird auf handhabbare Längenabgetrennt und kommt als Stangenware inden Handel oder wird auftragsbezogen aufMaß konfektioniert. Strangguss wird häufigfür Führungsstangen, Hohlzylinder, Laufbah-nen etc. verwendet.

1.5 Schleudergießverfahren

Für die Herstellung von Hohlzylindern (z.B.Zylinderlaufbuchsen, Führungsbuchsen etc.)bei denen der Außenbereich konturiert ist,wird als wirtschaftliche Alternative (geringesBearbeitungsaufmaß) zum Stranggieß-verfahren das Schleudergießverfahren ein-gesetzt.

Die Schleudergussrohlinge werden je nachGeometrie einzeln oder mehrfach in rotieren-den Metallformen (Kokillen) gegossen. Die-se Kokillen werden in Abhängigkeit vom Profilauch geteilt bzw. mit Außenkern aus Sandeingesetzt.

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2 Modelltechnik undModellwerkstoffe

2.1 Modellkonstruktion und-herstellung

Sowohl für das Maschinenformverfahren alsauch für das Handformverfahren werdenGießereimodelle und Zubehör zur Herstel-lung von Gießformen für das Sandgieß-verfahren benötigt. Dazu gehören die eigent-lichen Modelle, Kernkästen, Aufstampf-böden, Form- und Kernlehren etc. Sie wer-den gemeinsam als Modelleinrichtungen be-zeichnet.

Grundlage für die Anfertigung von Modellein-richtungen ist die Rohteil- und/oder Fertigteil-geometrie als Zeichnung oder Datensatz deszu fertigenden Bauteils. Die Gießerei plantüberwiegend auf der Basis der Fertigteil-geometrie und erstellt – abhängig von ihrerindividuellen Fertigungstechnik – daraus dieRohteilgeometrie.

Die gießereitechnische Bearbeitung derFertigteilgeometrie zur Generierung der Roh-teilgeometrie berücksichtigt zahlreiche ferti-gungstechnische Parameter, die sicherstel-len sollen, dass die gewünschte Geometriedes Fertigteils problemlos aus der Rohteil-geometrie bearbeitet werden kann. Dies be-dingt ein umfangreiches Know-how und dieKenntnis der betriebsspezifischen Einfluss-größen, wie z. B. Aufbau der Modelle, Modell-teilung, werkstoffabhängige Schwindmaße,räumlicher Verzug, Bearbeitungszugabenetc. (vgl. 3). Die hierbei durchzuführendeFestlegung der Gießtechnik (Anschnitt- undSpeisungssystem, Gießlage etc.) beeinflusstdie metallurgische Fehlerfreiheit des späte-ren Gussstückes erheblich.

Die Festlegung der Gießlage hat in diesemZusammenhang wesentlichen Einfluss aufdie Gestaltung der Rohteilgeometrie (Aus-formschrägen, Bearbeitungzugaben etc.)und muss spätestens mit Beginn der Kons-truktion des Rohteils erfolgen. Idealerweisestehen die bei Betrieb auftretendenSpannungsmaxima schon zur Verfügung, so

dass eine spannungsgerechte Giesslagegewählt werden kann. Da die Lage der Guss-teile in der Form neben wichtigen qualitati-ven Aspekten auch bedeutsam für die Her-stellkosten sein kann, sollte in enger Abstim-mung zwischen Konstrukteur, Bearbeiter undGießerei zum frühestmöglichen Zeitpunkteine Entscheidung getroffen werden. Idealer-weise wird als Basis des abgegebenen An-gebots auch die für die Gießerei optimaleGießlage beschrieben.

Davon ausgehend ist es zweckmäßig, dassdie Planung der Modelleinrichtung bei derGießerei im Einvernehmen mit dem Auftrag-geber erfolgt, um durch eine individuelleAbstimmung der Modelleinrichtung auf dieFertigungstechnik der Gießerei eine wirt-schaftliche Fertigung der Gussstücke zu ge-währleisten.

Die Modelleinrichtungen werden in der Modell-bauabteilung der Gießerei oder inexternen Modellbaubetrieben hergestellt. Üb-licherweise wickeln die Gießereien denModellauftrag dann für den Kunden ab undsichern so den optimalen Informationsaus-tausch zwischen Gießerei und Modellbau-betrieb. Eigentümer der Modelleinrichtung istüblicherweise der Auftraggeber der Guss-teile.

Zur Optimierung der Modellkosten,insbesondere für größere, in kleinsten bismittleren Serien laufenden Teilen, gibt esverschiedene Ansätze, die gemeinsam mitder Gießerei behandelt werden sollten:

- Gibt es zwischen zwei Bauteilvariantengeringfügige Geometrieänderungen, las-sen sich diese mit nur einer Modell-einrichtung und entsprechenden Ansteck-teilen realisieren.

- Längen- oder Ausrüstungsvarianten kön-nen oftmals über Kombimodelle realisiertwerden, wenn die Varianten bereits bei derModellkonzeption berücksichtigt werden.Gegenüber der Anfertigung mehrerer kom-pletter Modelleinrichtungen besteht ein er-hebliches Einsparpotential.

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2.2 Modellgüteklassen

Die geplante Stückzahl und die Einsatz-dauer (einschließlich Lagerzeit) bestimmt dieWahl der Modellgüteklasse (Tabellen 2.1 und2.2). Die Modellgüteklassen in Zusammen-hang mit dem Formverfahren haben wesent-lichen Einfluss auf die erreichbare Maßge-nauigkeit des Gussteils.

Die Preisunterschiede zwischen den einzel-nen Modellgüteklassen sind hoch, so dassdie Kosten pro Abguss und die Kapitalbin-dung über den Einsatzzeitraum genau zubetrachten sind.

- Wenn sich in zwei oder mehr Anlagen-oder Maschinentypen Teilfunktionen wie-derholen, kann auch das Aufteilen der grö-ßeren Gussteile in kleinere Einheiten wirt-schafltich sinnvoll sein.

Tabelle 2.1 zeigt die Einsatzbereiche derModellwerkstoffe und der Modellgüteklassenin Abhängigkeit vom Formverfahren und derbenötigten Stückzahl. Es sind ebenfallsRichtwerte für das Kostenverhältnis undmögliche Abformzahlen aufgeführt.

Die Modellgüteklassen und die daraus folgen-den Anforderungen an die Modelle sind nachDIN EN 12890 genormt und in Tabelle 2.2auszugsweise wiedergegeben.

Das größte Potential liegt aber unbestrittenim Zusammenfassen von Einzelteilen sowieder Integration von Anbauteilen. Neben ver-ringerten Handling- und Lagerkosten redu-zieren sich durch die entfalllende Bearbei-tung der Schnittstellen die Bearbeitungs-kosten erheblich.

Bild 2.1.1a bis d Beispiele für Modelleinrichtungen

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Tabelle 2.1 ModellgüteklassenRichtwerte für Kostenverhältnis und mögliche Abformzahlen

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3 Konstruktive Empfehlungen

3.1 AllgemeineKonstruktionsempfehlungen

3.1.1 Einführung

Das Wissen um einige typische Gesetz-mäßigkeiten der Gießereitechnik erleichtertdem Konstrukteur die Arbeit mit dem Ferti-gungsverfahren Gießen. Dabei ist nichtprimär der Gesichtspunkt der Gussfehler-vermeidung zu sehen, sondern es sollen mehrdie Chancen bewusst gemacht werden, diedurch dieses Verfahren gegeben sind.

Gießgerechtes Konstruieren erlaubt mehr alsnur gerade, parallele, geometrisch simpleund daher nicht optimale Strukturen. Es er-laubt vor allem auch natürliche Formen, dieden jeweiligen Kraftverläufen wie selbstver-ständlich angepasst sind.

Der Aufwand für ein Modell ist einmalig, diebeanspruchungsgerechte Konstruktion beigünstigem Materialeinsatz rechtfertigt jedochden Aufwand und sichert dauerhaft die Vor-teile einer hohen Gestaltungsfreiheit.

Der Konstrukteur sollte sich bewusst ma-chen, dass

1. die Fertigung von Gussteilen durch Fließ-und Füllvorgänge mit flüssiger metallischerSchmelze erfolgt. Daher sollte möglichstmit fließ- und strömungsgerechten Über-gängen konstruiert werden.

2. die flüssige Schmelze während der Er-starrung in der Form schwindet. Da-bei können Spannungen auftreten,die - abhängig vom Werkstoff – vonEigenspannungen bis hin zu Warmrissenführen können, sogar wenn berücksichtigtwird,diese Spannungen durch harmoni-sche Wanddickenübergänge auszu-gleichen.

3. die bei der Erstarrung des flüssigen Ma-terials auftretende Schwindung bei un-symmetrischer Materialverteilung in gro-ßen Gussteilen zu erheblichen Verzügenund Krümmungen führen kann. Deshalb

ist eine gewisse Erstarrungssym-metrie vorteilhaft.

4. die Materialschwindung zu Hohlräumen(Lunkern) führen kann, wenn kein flüssi-ges Material mehr in den durch Schwin-dung entstehenden Hohlraum nachfließenkann. Kritisch sind immer Warmrisse oderoffene Lunker an erhitzten Sandkanten!

5. die Auslegung des Bauteils bzw. der Füge-verbindung hinsichtlich des Kraftflussesbesonderer Aufmerksamkeit bedarf.

Beispiel: Die ein Drehmaschinenbett be-lastenden Kräfte und Momente werdenüber den Spindelantrieb, den Support (denWerkzeugträger), den Reitstock und ggf. dieSetzstöcke über die Führungsbahnen oder an-dere Aufstellflächen in den Grundkörper ein-geleitet. Dabei entstehen örtliche Verformun-gen, die einen erheblichen Beitrag zurGesamtverformung liefern können. Der stei-fen Ankoppelung dieser Teile und der optima-len Anbindung der Führungsbahnen an denGrundkörper kommt demnach entscheiden-de Bedeutung zu.

Besondere Aufmerksamkeit ist also denFügeverbindungen zu widmen, die imKraftfluss liegen. Für den gesamtenKraftfluss ist zu beachten, dass das Ge-samtsystem nur so steif sein kann wie dasschwächste Glied.

6. bei der Suche nach dem wirtschaftlichenund funktionalen Optimum viele neueWege gemeinsam erschlossen werdenkönnen, wenn die Gießerei frühzeitig ein-bezogen wird.

7. die Wahl der Modellgüte sowie die techni-schen Vorgaben für den Modellbau ent-scheidenden Einfluss auf die zu fertigen-den Teile haben.

Auch hier gilt, dass der Einfluss auf dieStückkosten schon in der Einrichtungs-phase entscheidend beeinflusst werdenkann (z. B. Kernfertigung, Formfertigung,Putzen, Bearbeitung usw.).

Für die Bearbeitungszugaben gibt DINISO 8062 wichtige Hinweise.

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3.1.2 Formschrägen

Zur Entnahme des Modells nach der Form-herstellung aus dem verdichteten Formstoffist es notwendig, eine geringe Formschrägein Ziehrichtung am Modell anzubringen.

Ohne besondere Absprache wird die Form-schräge üblicherweise auf die Fläche auf-gegeben, das heißt, es entsteht eineMaterialzugabe. Soll dies im Einzelfall (z. B.bei Innenkonturen oder Fensterdurch-brüchen) ausgeschlossen werden, dasheißt, eine entsprechende Material-

wegnahme gewünscht werden, ist dies zuvereinbaren.

Die üblicherweise benötigten Formschrägensind für das Maschinenformen und Hand-formen sind in DIN EN 12890 genormt undin Tabelle 3.1 auszugsweise dargestellt. Ab-weichend von dieser Norm können dieMindestwerte der Formschrägen, je nach An-wendungsfall, auch auf 0,5° oder sogar 0°abgesenkt werden.

Für das Vollformverfahren werden grund-sätzlich keine Formschrägen benötigt.

3.1.3 Schwindmaß

Aufgrund des linearen Wärmeausdeh-nungskoeffizienten aller Materialien schwin-den auch Gussstücke bei der Abkühlung aufRaumtemperatur nach dem Erstarren in derGießform. Dieses Schwinden muss kom-pensiert werden durch das lineare Schwind-maß, welches als Maßzugabe auf das ge-

wünschte Rohteilmaß bei der Modellher-stellung berücksichtigt werden muss. DieserFaktor ist legierungsabhängig und hängtebenfalls von der Formtechnologie ab. Hierzuverfügt die Gießerei über langjährige Erfah-rungswerte, Richtwerte sind in Tabelle 3.2angegeben.

Tabelle 3.2 Richtwerte für lineare Schwindmaße für Gussstücke

Werkstoff Schwindmaß in % Gusseisen mit Lamellengraphit 1,0 Gusseisen mit Kugelgraphit (ungeglüht) 1,2 Gusseisen mit Kugelgraphit (geglüht) 0,5 Austenitische Gusseisen 2,5

Tabelle 3.1 Formschrägen nach DIN EN 12890 (alle Maße in mm)

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3.1.4 Allgemeintoleranzen und Bearbei-tungszugaben

Allgemeintoleranzen sind Toleranzen fürMaße an noch unbearbeiteten Flächen, fürdie in der Zeichnung keine besonderen An-gaben über die erforderliche Maßhaltigkeitenthalten sind. Die Bearbeitungszugabe beiGussrohteilen ist eine Materialzugabe, umdie nachfolgende spanende Bearbeitung zuermöglichen. DIN 1680 Teile 1 und 2 sowieDIN ISO 8062 enthalten allgemeine Angabenüber die zu berücksichtigenden Gussall-gemeintoleranzen und Bearbeitungszugaben.

Die Nennmaße zur Festlegung der Toleran-zen beziehen sich auf die Rohteilmaße ein-schließlich eventuell erforderlicher Bearbei-tungszugaben.

Die zu wählende Bearbeitungszugabe rich-tet sich nach dem größten Außenmaß desGussrohteils und ist aus dem dafür zutref-fenden Nennmaßbereich auszuwählen. Bei-spiele sind in DIN 1680 ausgeführt.

Obwohl DIN ISO 8062 keine Abhängigkeit derBearbeitungszugabe von der Lage der Flä-che in der Gießform oder in Bezug auf dieTeilungsebene vorsieht (im Gegensatz zuDIN 1685-1 und DIN 1686-1), hat diePositionierung aus gießereitechnischenGründen hierauf einen erheblichen Einfluss.

Somit können durch optimale Positionierungder Gussstückgeometrie in der Form dienotwendigen Allgemeintoleranzen und diebenötigten Bearbeitungszugaben deutlicheingeschränkt werden. Dies trifft insbeson-dere für Gussteile aus Gusseisen mit Kugel-graphit zu, bei denen in Gießposition obenliegende Flächen häufig größere Bearbei-tungszugaben erfordern.

Allgemeine Empfehlungen für Bearbeitungs-zugaben geben DIN 1685-1 und DIN 1686-1(Tabellen 3.3 und 3.4, nicht für Neukons-truktionen!) und DIN ISO 8062.

Bearbeitungszugaben für größere Nenn-maße oder Einschränkungen für Großserien-teile müssen zwischen dem Kunden und derGießerei individuell vereinbart werden.

Wird für bestimmte Maße eine eingeschränk-te Allgemeintoleranz oder Bearbeitungszugabebenötigt, ist dies in vielen Fällen bei frühzeiti-ger Abstimmung zwischen der Gießerei unddem Konstrukteur ebenfalls möglich.

Einen Überblick über die gebräuchlichstenAllgemeintoleranzen geben DIN 1680-2(GTB) bzw. DIN ISO 8062 (CT). Ohne be-sonderen Kostenaufwand ist beim Hand-formverfahren die Reihe GTB 18 (CT 12),beim Maschinenformverfahren GTB 16(CT 10) erreichbar.

Tabelle 3.4 Bearbeitungszugaben für Gussrohteile aus Gusseisen mit Lamellengraphit bis zu1000 kg Gewicht und bis zu 50 mm Wanddicke nach DIN 1686-1 (nicht für Neukonstruktionen)

Lage der Fläche in der Gießform

Nennmaßbereich bezogen auf das größte Außenmaß des Gussrohteils

bis 50 über 50 bis 120

über 120 bis 250

über 250 bis 500

über 500 bis 1000

über 1000 bis 2500

unten, seitlich

Bearbeitungszugabe BZ

2 2 2,5 2,5 3,5 4

oben 2,5 2,5 3 3 4,5 5

Tabelle 3.3 Bearbeitungszugaben für Gussrohteile aus Gusseisen mit Kugelgraphit bis zu1000 kg Gewicht und bis zu 50 mm Wanddicke nach DIN 1685-1 (nicht für Neukonstruktionen)

Lage der Fläche in der Gießform

Nennmaßbereich bezogen auf das größte Außenmaß des Gussrohteils

bis 50 über 50 bis 120

über 120 bis 250

über 250 bis 500

über 500 bis 1000

über 1000 bis 2500

unten, seitlich

Bearbeitungszugabe BZ

2 2,5 3 3,5 4 6

oben 2,5 3 4 5 7 8

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3.1.5 Mindestwanddicken

Bedingt durch die Montagetoleranzen zwi-schen Formwänden und/oder Kernen undmetallurgisch bedingten Mindestwanddickenwird bei Handformguss im Allgemeinen voneiner Mindestwanddicke von 10 mm ausge-gangen. Soll diese lokal begrenzt unterschrit-ten werden oder die Mindestwanddicke übergroße Flächen realisiert werden, ist dies aufjeden Fall mit der Gießerei vorher abzustim-men. Beim Maschinenformverfahren sind inAbhängigkeit von der Bauteilgeometrie im All-gemeinen Mindestwanddicken von ca. 3 mmmöglich.

3.1.6 Übergänge zwischen Wänden undRippen

Wie unter 3.1.1 beschrieben, fordern diegießereitechnischen Gesetzmäßigkeiten anWandübergängen und Rippen möglichstharmonische Übergänge zur Vermeidungeiner kritischen Kerbwirkung. Hierfür wurdenempirische Empfehlungen erarbeitet, vondenen die häufig vorkommenden im Folgen-den ausgeführt sind.

Bei dynamisch belasteten Konstruktionenkönnen Formoptimierungen zur weiterenSteigerung der Bauteilfestigkeit sinnvoll sein.Solche maßgeschneiderten Lösungen wer-den in der Regel von den dargestellten Vor-schlägen abweichen.

3.1.6.1 Verbindung zwischen zwei Abschnit-ten unterschiedlicher Wanddicke

Ist es konstruktiv bedingt nicht möglich, ei-nen konstanten Übergang zu realisieren,kann mit einem stufenweisen Übergang zwi-schen beiden Wanddicken gearbeitet wer-den.

Wenn das Verhältnis von kleinerer zu grö-ßerer Dicke 2/3 übersteigt, ist ein einfacherÜbergang ausreichend (Bild 3.1); ist dasVerhältnis kleiner als 2/3, ist ein stufenweiserÜbergang über eine größere Länge erforder-lich.

Bild 3.1 VerbindungunterschiedlicherWanddicken

Scharfe, innere Kanten sind zu vermeiden,genauso wie falsch entworfene Übergänge,die eine Ansammlung von Metall zur Folgehaben.

3.1.6.2 Winkelelemente

Bei der Gestaltung von Winkelelementenmuss berücksichtigt werden, dass in derNutzungsphase des Bauteils die Beanspru-chung sowohl von dessen Geometrie alsauch von Art und Richtung der Last abhän-gig ist (Moment, Biegung). Um ein möglichesVersagen des Bauteils zu vermeiden, ist ge-gebenenfalls eine Festigkeitsanalyse für dieNutzungsphase durchzuführen und die Ge-staltung zu ändern.

Im Falle einer rechtwinkligen Verbindung gel-ten folgende Formeln (Bild 3.2):

Bild 3.2 Rechtwinklige Verbindungen unter-schiedlicher Dicken (links) und gleicherDicken (rechts)

bei verschiedenen Wanddicken:

r = E + e und R = E - e2bei gleicher Wanddicke:

r = e und R = 2 . e

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Wenn der äußere Winkel konstruktiv ein rech-ter Winkel sein muss (z. B. bei Rohrflanschen),sollte eine Ausführung nach Bild 3.3 gewähltwerden.

Bild 3.3 Rechtwinklige Verbindungen mitrechtem Winkel an der Außenseite

Wenn der Winkel an der Verbindung kleinerist als 90 Grad, ist es empfehlenswert, fol-gende Beziehungen zu verwenden:

bei gleicher Wanddicke (Bild 3.4):

r ≥ e und R = r + e

(mit r > 10, wenn der Innenwinkel A kleinerist als 60°)

Für eine Wanddicke e > 40 mm gilt:r = 1,5 und R = r + E

Bild 3.5 Verbindung für verschiedene Wand-dicken

3.1.6.3 T-Verbindung

In Bild 3.6 sind zwei Extremfälle dargestellt,die nicht empfehlenswerte Entwürfe zeigen.

kein Übergang extremer Übergang

Bild 3.6 T-Verbindungen (ungünstig)

Der scharfe Winkel im ersten Entwurf ist einEntstehungsort für Risse. Durch den über-triebenen Übergang im zweiten Entwurf wirddie Masse lokal beträchtlich erhöht.

bei verschiedenen Wanddicken (Bild 3.5):

r = E + e und R1 = r + e, R2 = r + E

(mit r ≥ 10, wenn der Innenwinkel A kleinerist als 60°)

2

Bild 3.4 Verbindung für gleiche Wanddicken

Bilder 3.7 und 3.8 zeigen Beispiele für guteEntwürfe.

Bild 3.7 T-Verbindungen

mitund

Schräge 20%

und mit

Schräge 10 %Schräge 10 %

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Bild 3.8 Weitere T-Verbindungen

3.1.6.4 Y-Verbindungen

Bild 3.9 und Bild 3.10 zeigen die Verhält-nisse, die für Verzweigungen dieser Art vor-geschlagen werden; der Entwurf A in Bild3.10 ist nicht empfehlenswert.

Bild 3.9 Y-Verbindungen

In Abhängigkeit vom Wert E und unter Ein-beziehung des Verhältnisses e : E könnenzwei Fälle unterschieden werden. Falls E< 25 mm und das Verhältnis e : E > 2/3 ist, istes nicht empfehlenswert, einen sich verjün-genden Übergang zu konstruieren.

3.1.6.5 Knotenpunkte

Es ist generell ratsam, Knotenpunkte zu ver-meiden. Auch Verbindungen, wie in Bild 3.11und Bild 3.12 jeweils links dargestellt, soll-ten vermieden werden. Für die Konstruktionsolcher Knotenpunkte ist es ratsam, die je-weils rechts abgebildeten Entwürfe zu ver-wenden.

Bild 3.11 Rippen auf beiden Seiten einer Plat-te

Bild 3.12 Verbindung von vier Wänden

Wenn Forderungen nach Symmetrie imDesign die Verwendung der hier beschrie-benen Knotenpunkte verhindern, sollte einKern eingelegt werden, vorausgesetzt, diekorrekte Lage des Kerns kann sichergestelltwerden (Bild 3.13).

Bild 3.13 Verbesserung in der Verzwei-gungszone eines Kreuzanschlusses

Bild 3.10 Weitere Y-Verbindungen

und mit

mit mit

günstig

ungünstig

günstigungünstig

günstigungünstig

mit

Schräge 20%Schräge 20%

und mit

Schräge10 %

Schräge10 %

mindest. mindest.

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3.1.7 Dichtspeisung

Da die gießtechnisch ideale Gestaltung intechnischen Bauteilen oft nicht konsequenterreicht werden kann, hat der Gießer dieMöglichkeit, ausgewählte Zonen des Guss-teils während der Erstarrung zu speisen oderzu kühlen. Um dies zu planen, werdenSimulationsprogramme eingesetzt, welchedie Erstarrung und Abkühlung berechnen undvisualisieren, so dass auf dieser Grundlageder Einsatz gießtechnischer Maßnahmengeplant oder eine Geometrieänderung demKunden vorgeschlagen werden kann.

Nachfolgend sind einige Anwendung derDesigngrundregeln gezeigt:

3.1.7.1 Ungünstige Materialanhäufungen

Die in Bild 3.14 gezeigten Gussteile zeigenMaterialanhäufungen mit daraus resultieren-den Schwierigkeiten beim Speisen.

Bild 3.14 Konstruktionen mit schwer zu spei-senden Materialanhäufungen

Solche Materialanhäufungen können durchgießereitechnische Maßnahmen (Speiser)fehlerfrei gestaltet werden, es entstehendann aber Komplikationen bei der Formher-stellung und hohe Putzkosten für die Entfer-nung von Einguss und Speiser.

3.1.7.2 Reduzierung von Materialanhäu-fungen (ohne Verwendung von Kernen)

Bild 3.15 zeigt schrittweise Änderungen, diean einem Entwurf vorgenommen wurden, umMaterialanhäufungen zu verringern, mit derBedingung, die Formherstellung nicht zu er-schweren.

Bild 3.15 Reduzierung von Materialanhäu-fungen

Die ursprüngliche Konstruktion A enthält eineunerwünschte Materialanhäufung. Entwurf B(für die Formherstellung zu bevorzugen) hatnoch zwei weniger starke Materialanhäu-fungen, die aber auch nicht wünschenswertsind. Die in C dargestellte Form des Bau-teils hat eine regelmäßigere Verteilung derDicke, aber die Formherstellung ist kompli-zierter, da ein Außenkern erforderlich wird.Das Enddesign D wird beiden wesentlichenAnforderungen gerecht: der Formherstellungund der konstanten Verteilung der Wand-dicke.Bild 3.16 bis Bild 3.21 zeigen weitereKonstruktionsmöglichkeiten, mit denenMaterialanhäufungen vermieden werden kön-nen.

Lunker

Gießrichtung

ungünstig günstig

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Bild 3.16

Bild 3.17

Bild 3.18

Bild 3.19

Bild 3.20

Bild 3.21

günstig

ungünstig

günstigungünstig

günstig

ungünstig

günstigungünstig

ungünstig

günstig

günstig

ungünstigungünstig

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3.1.8 Beispiele für beanspruchungsgerechte Ausführungen

Durch Umkonstruktion eines auf Druck be-anspruchten Lagerblocks wird die ungünsti-ge Zugbeanspruchung in der Versteifungs-rinne (links) in eine günstige Druckbeanspru-chung (rechts) umgewandelt.

Die ungünstige Zugbeanspruchung in einemLagerarm kann durch Umkonstruktion in einegünstige Druckbeanspruchung (rechts) um-gewandelt werden.

Durch Profilierung der Rippen können zug-beanspruchte Rippen günstiger gestaltetwerden (rechts).

Zugbeanspruchte Rippen können durchWulstverstärkung am Rippenkopf günstigergestaltet werden (rechts).

Bei biegebeanspruchten Hohlprofilen solltenVerstärkungsrippen in die Zonen geringerZugbeanspruchung (rechts) gelegt werden.

Vollprofile (links) sind materialökonomischerin Hohlprofile umzukonstruieren, da dann derWerkstoff in den Zonen der maximalen Be-anspruchung liegt.

ungünstig günstig

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Die spezifischen Eigenschaften der Guss-werkstoffe, z. B. die hohe Druckfestigkeit vonGusseisen-Werkstoffen, sollten bei Kon-struktionen genutzt werden.Links ein ungünstig gestalteter, auf Zug-beanspruchung ausgelegter Behälterboden;rechts der gleiche Behälterboden, der aufDruckbeanspruchung ausgelegt ist.

Geknickte Wände und Wölbungen erhöhendie Gestaltfestigkeit von Körpern; sie verbes-sern außerdem die Dämpfungseigen-schaften.

Zur Versteifung von Wänden sind anstelle vonRippen (links) bevorzugt sickenförmige Pro-file einzusetzen (rechts).

Für Querschnitte, die hohe Festigkeit undSteifigkeit erfordern, sind Hohlprofile einzu-setzen (rechts).

Bei auf Zug oder Druck beanspruchten Stift-schrauben, Stehbolzen o. ä. ist der Kraftflußim Gussteil rechts günstiger als links.

ungünstig günstig

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3.1.9 Beispiele für spannungsarme und rissunempfindliche Ausführungen

Riemenscheiben und andere Scheiben kön-nen spannungsarm gestaltet werden, wennsie ausgeführt werden wie rechts dargestellt.

Starre Verrippungen behindern die Schwin-dung, was zu Spannungen und Kaltrissenführt. Rechts eine „elastische“ Verrippung.

Bei Grossgussteilen sollte eine starre, riss-anfällige Konstruktion (links) vermieden wer-den. Durch versetzte Rippen ergibt sich eineoptimale Konstruktion (rechts).

Zur Vermeidung von Spannungen, Warm-und Kaltrissen sind die Speichen von Hand-rädern abzuwinkeln (rechts).

Durch schräg ansteigende Flächen lässtsich das rechte Teil durch leichteren Material-fluss wesentlich besser giessen.

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3.1.10 Beispiele für bearbeitungsgerechte Gestaltung

Für das Bohren von Löchern sind rechtwink-lige Bohransätze vorzusehen. Links ungün-stig, Mitte und rechts günstige Konstruktio-nen.

Bei Flächen mit zu bohrenden Löchern istauf rechtwinkligen Bohransatz zu achten.Links ungünstig. Mitte und rechts günstigeKonstruktionen, wobei die mittlere durch dieMaterialanhäufung am Flansch nicht so gün-stig ist wie die Ausführung rechts.

Gestaltung von Bohrungsverläufen

Erläuterung

Bei schräg anzubohrenden Flächen brechendie Werkzeuge leicht oder verlaufen. Die frei-zügige Gestaltung gegossener Bauteile er-möglicht das Anbringen von Augen oder eineentsprechende Umgestaltung der Wände.

Sollen die Auflagenflächen von einer Mutter-und Schraubenköpfen bearbeitet werden, sogenügt in vielen Fällen statt eines besonde-ren Auges eine entsprechende Ansenkung.

ungünstig günstig

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ungünstig günstig

Gestaltung von Bearbeitungsflächen

Erläuterung

Bearbeitungsflächen:

Zur Verringerung der Bearbeitungsflächensollten grossflächige Gussteile begrenzteArbeitsflächen aufweisen.

Die Arbeitsflächen sollten abgesetzt werden,damit keine unbearbeitet bleibenden Flächenangeschnitten werden.Die Arbeitsflächen(Lagerstirnflächen und Grundflächen) stehendaher den roh bleibenden Flächen um dasMaß e vor.

Der Mindestabstand e einer unbearbeitetenFläche zu einer bearbeiteten richtet sichwegen des unvermeidbaren Verzuges nachder Längenausdehnung L des Gussteiles.Richtwerte in mmL 100 200 400 800 1000e 2 3 4 5 >6

Die Bearbeitung wird vereinfacht, wenn meh-rere Bearbeitungsflächen auf gleicher Höheliegen.

Dicht nebeneinanderliegende Bearbeitungs-flächen sollten zu einer einzigen zusammen-gefasst werden.

e

e

e

e

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Gestaltung von Bearbeitungsflächen

Erläuterung

Bearbeitungszugabe:

Das rohe Gussstück hat nur gerundete Kan-ten. Durch spanende Bearbeitung werdendiese scharfkantig. Eine Abrundung ist span-end nur möglich, wenn beide anstoßendenFlächen bearbeitet werden, da infolge derGusstoleranzen ein Auslauf der bearbeitetenFläche nicht sauber wird. An Stelle einerRundung lässt sich jedoch eine Fase andre-hen, die außerdem noch kostengünstiger ist.

Die Bearbeitungsflächen dürfen nicht durchRundungen oder schräg auslaufende Flä-chen begrenzt werden, da sonst die Tiefe ader Bearbeitung das Konstruktionsmaß dbeeinträchtigt.

Der Übergang von einer bearbeiteten zu ei-ner unbearbeiteten Fläche kann wegen dergiesstechnisch bedingten Gusstoleranzennur in Form eines Absatzes erfolgen.

Auf ausreichenden Auslauf für das verwen-dete Bearbeitungswerkzeug (Fräser, Dreh-stahl, Hobelstahl) ist zu achten. ModerneZerspanungswerkzeuge erlauben allerdingstmeist den Verzicht auf Auslaufecken.

ungünstig günstig

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3.1.11 Beispiele für handlinggerechte Ausführung

Gerade für Großgussteile ist die handlinggerechte Konstruktion von besonderer Bedeutung.Häufig weisen die Rohteile keinerlei Anschlagmöglichkeiten für den innerbetreiblichen Transportoder die Strahlanlage auf. Öffnungen in den seitlichen Rippen oder eingegossene Gewinde-buchsen können das Risiko beim Handling deutlich reduzieren.

Spanwinkel Spanwinkel mit Loch

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3.2 KonstruktionsbegleitendeCAE-Simulationstechniken

3.2.1 CAE-Technologien für dieGussteilentwicklung, Übersicht

Unter CAE-Techniken versteht man alle com-putergestützten Technologien, die in derEntwicklung von Bauteilen angewendet wer-den (computer aided engineering). CAD,also die computergestützte Konstruktion, istheute dabei die am weitesten verbreitete undangewendete CAE-Technik. CAD wird imModell- und Werkzeugbau sowie in Gieße-reien für die Konstruktion von Gussteilen,Modellen, Kernkästen und Gießsystemenverwendet. Die in CAD erzeugten Konstruk-tionen sind die Grundlage für 3-D-Simulatio-nen, wie sie im Folgenden aufgeführt sind:

Simulation der Formfüllung, Erstarrungund Gefügeausbildung des Gussteils(„Gießsimulation“),

Berechnung der zu erwartenden anisotro-pen Festigkeitseigenschaften in Gusstei-len („Eigenschaftsberechnungen“),

Simulation der Eigenspannungsentste-hung in Gussteilen nach dem Entformenund nach dem Abtrennen von Speisernund Gießläufen; Berechnung des sich ausden Eigenspannungen ergebenden Ver-zuges der Gussteile („Eigenspannungs-berechnung“),

Simulation der Spannungsentstehung imstatisch belasteten Gussteil und Berech-nung der sich daraus ergebenden Verfor-mungen („Simulation der Betriebsbe-lastung“),

Berechnung der Dauerfestigkeit einesGussteils („Betriebsfestigkeitsberech-nung“).

Die computergestützte Bauteilkonstruktionmit CAD-Systemen ist die zentrale CAE-Technik, um die sich die Simulations- undRapid-Prototyping-Verfahren gruppieren.

Zunehmende Bedeutung haben die 3-D-Systeme, mit denen Volumenmodelle, soge-

nannte „Solids“, erzeugt werden. Gegenüberder zweidimensionalen Konstruktion habendiese Systeme den Vorteil, dass die erzeug-ten Geometrien über genormte Schnittstel-len (VDA, IGES, STEP, STL) meist unprob-lematisch in andere rechnergestützte Inge-nieurwerkzeuge zu überführen sind.

In CAD wird im Allgemeinen zuerst das fer-tig bearbeitete Teil konstruiert. Von dieserKonstruktion lassen sich, je nach dem ver-wendeten CAD-System, sehr komfortabelandere benötigte Geometrien ableiten wiebeispielsweise:

-Rohgussteilgeometrie mit und ohneSchrumpfung,

-Kerngeometrie (zunächst ohne Kernmar-ken, diese müssen hinzu konstruiert werden),

-Konturen für den Modellbauer.

Im Interesse einer strukturierten, nach-vollziehbaren und kontrollierten Bauteilent-wicklung ist darauf zu achten, dass es immereinen zentral verwalteten und aktualisiertenDatensatz für die Bauteilgeometrie gibt. Alleanderen bei der Gussteilentwicklung ange-wandten CAE-Techniken sollten ausschließ-lich diesen Datensatz verwenden.

Moderne 3-D-CAD-Systeme bieten auch dieMöglichkeit des Concurrent Engineering.Bei einer frühzeitigen Zusammenarbeit erhältdie Gießerei vom Maschinenbauer ein 3-D-Modell des Bauraums. Während der Maschi-nenbauer die Konstuktionselemente für dieBearbeitung im Bauraum-Modell platziert,erarbeitet die Gießerei zeitgleich die unterfunktionalen und gießtechnischen Aspektenoptimale Rohgusskontur. Durch Verschmel-zen beider Modelle entsteht die Fertigteil-Geometrie.

3.2.2 Datenübertragung, Schnittstellen

Die Übertragung von Geometriedaten aus ei-nem CAD-System („native“ Daten) in andereCAE-Anwendungen (Simulationsprogramme)geschieht über genormte Schnittstellen:

-VDA, IGES (wandelt native Daten inFlächendaten um),

-STEP (wandelt native Daten in Flächen-

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oder Volumendaten um),-STL (wandelt native Daten in facettierteFlächen um).

Die Schnittstellen werden passend zu denjeweiligen CAD-Systemen von deren Herstel-lern angeboten. Alternativ dazu gibt es Soft-ware, die Volumen- oder Flächenmodelle ausden CAD-Systemen im jeweiligen Ur-sprungsformat einlesen und in die Formateder genormten Schnittstellen umwandelnkann (siehe 6 Software). Eine wichtige Zu-satzfunktion dieser Software ist im Allgemei-nen, dass sich eventuell durch die Umfor-matierung fehlerhaft oder unvollständig ge-wordene Geometrien („korrupte“ Daten) re-parieren oder ergänzen lassen.

Die Geometriedaten in den Formaten dergenormten Schnittstellen können nun vonanderer CAE-Software über die entspre-chenden Schnittstellen eingelesen werden.

3.2.3 Berechnungsnetze

Für jede Simulation muss aus der in derBerechnung zu betrachtenden Geometrie(Gussteil mit/ohne Gieß- und Speisersystem,mit/ohne Form und Kernen) ein Berech-nungsnetz erstellt werden. Dies geschiehtje nach Simulationsprogramm vollautoma-tisch innerhalb weniger Minuten (im Allgemei-nen bei strukturierten Netzen, Finite-Volu-men- oder Finite-Differenzen-Verfahren) odermit automatischen Netzgeneratoren unterNachbearbeitung von Hand (im Allgemeinenbei unstrukturierten Netzen, Finite-Elemen-te-Verfahren).

Strukturierte Netze haben sich allgemein alshervorragend geeignet für Strömungs- undWärmeflussberechnungen herausgestellt, imGegensatz zu der allgemein anerkannten Stär-ke der unstrukturierten Hexaeder- und Penta-edernetze für Spannungsberechnungen.Ebenfalls akzeptiert sind Tetraedernetze hö-herer Ordnung. Kritisch sind Netze aus linea-ren Tetraedern für die Spannungsberechnung.

Bei gleicher lokaler Auflösung sind Berech-nungen auf unstrukturierten Netzen wesent-lich langsamer als auf strukturierten Netzen.Die Effekte der treppenförmigen Ausbildung

von Flächen, die schräg zu den drei Raum-richtungen in einem strukturierten Netz ver-laufen, werden durch entsprechende Kor-rekturalgorithmen kompensiert.

Die Übertragung von Daten – wie zum Bei-spiel eine Eigenspannungsverteilung in ei-nem Gussteil – zwischen strukturierten undunstrukturierten Netzen verschiedener Simu-lations-software ist mit geeigneten Schnitt-stellen möglich und wird praktiziert.

3.2.4 Gießsimulation

Unter Gießsimulation versteht man:

-die Simulation der Strömung der Schmelzein einen Formhohlraum,

-die gleichzeitige Berechnung des Tempe-raturverlustes der Schmelze während derFormfüllung,

-die Simulation des Wärmeflusses aus derSchmelze in die Form, der zur Erstarrungund Abkühlung des Gussteils führt, und

-die Berechnung von Speisungsbedarf undSpeisungseffekten, Lunker- und Porenbil-dung sowie der Gefügeausbildung.

Für die Simulation der Formfüllung werdendreidimensionale Differentialgleichungen(Navier-Stokes’sche Gleichung und Fou-rier’sche Wärmeleitungsgleichung) gekop-pelt iterativ gelöst. Für die Simulation derErstarrung und Abkühlung des Gussteils wirddie Fourier’sche Wärmeleitungsgleichunggelöst. Dabei werden folgende Größen undPhänomene berücksichtigt:

-Dichte, Wärmeleitfähigkeit und spezifischeWärmekapazität der Legierung und desFormstoffs,

-Phasenumwandlungsenthalpien (z. B. la-tente Wärme bei der Erstarrung, freiwer-dende Wärme bei der eutektoiden Um-wandlung),

-Wärmeübergangskoeffizienten an Grenz-flächen zwischen Gussteil und Form (auchz. B. an Kühleisen) sowie zwischen Formund Umgebung,

-laminare, einphasige Strömung derSchmelze in den Formhohlraum (ange-nommen z. B. beim Schwerkraft- oderbeim Niederdruck-Gießverfahren),

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-Volumenkontraktion bzw. Graphitausdeh-nung sowie das sich daraus ergebendeGesamtvolumendefizit bei der Erstarrung,

-Einfluss des Treibdruckes und der Form-steifigkeit bei Gusseisen mit Kugelgraphit,

-Phasenumwandlungen im festen Zustand,Phasenanteile (Ferrit, Perlit, etc.),

-Keimhaushalt der Schmelze, der die Grö-ße der eutektischen Zellen bzw. die An-zahl der Graphitkugeln (Sphärolithenzahl)beeinflusst.

Einfachere Ansätze sind möglich, werdenjedoch aufgrund des Risikos der Folgen ei-nes falschen Ergebnisses immer wenigerberücksichtigt.

Die für die Konstruktion eines Gussteilswichtigsten Ergebnisse aus der Gießsimu-lation sind die maximalen Temperaturunter-schiede sowie die Verteilungen und Größenvon zu erwartenden Porositäten und Gefü-gen im Gussteil:

-Lage und Größe der Schrumpfungsfehler,-Austenit-, Ferrit- und Perlitverteilung,-Größe der eutektischen Zellen (bei Guss-eisen mit Lamellengraphit) bzw. Sphäro-lithenzahl (bei Gusseisen mit Kugelgraphit).

3.2.5 Eigenschaftsberechnungen

Die in der Gießsimulation berechneten Gefü-gemerkmale lassen es zu, mechanischeKennwerte für das Gussteil zu berechnen.Kennwerte wie Zugfestigkeit, 0,2-%-Dehngren-ze, Bruchdehnung oder Härte hängen wesent-lich von der Verteilung der Gefüge im Gussteilab. Diese wiederum ergeben sich aus demAblauf der Erstarrung und der Abkühlung desGussteils und sind deswegen anisotrop, alsoungleichmäßig im Gussteil verteilt. Die Kennt-nis der Verteilung der mechanischen Kennwer-te im Gussteil sind eine wesentliche Voraus-setzung für eine beanspruchungsgerechteKonstruktion des Gussteils.

Ohne eine Gießsimulation wird auf diesewertvolle Information verzichtet.

Die Vorausberechnung von Gussteileigen-schaften erfordert eine Simulation unter Be-rücksichtigung sehr spezifischer Bedingungenaus dem Gießprozess. Aus diesem Grund

werden solche Berechnungen seitens der Gie-ßerei durchgeführt, wo einerseits Erfahrungenmit den Gießprozessen und andererseitsKenntnisse in der Anwendung und Gültigkeitvon Berechnungsmodellen existieren. Als Part-ner bei der Entwicklung eines neuen Gussteilsist eine Gießerei in der Lage, mit Hilfe der Gieß-simulation innerhalb kürzester Zeit grundsätz-liche Aussagen über die Gießbarkeit einer Kon-struktion zu treffen, bzw. Änderungen vorzu-schlagen, die eine sichere Fertigung der Teilegewährleisten.

3.2.6 Eigenspannungsberechnung

In jedem Werkstoff, der bei der Erstarrungund der weiteren Abkühlung bis zur Raum-temperatur schrumpft, werden durch Behin-derung dieser Schrumpfung Eigenspannun-gen aufgebaut. Eine Schrumpfungsbehinde-rung ergibt sich primär durch die Konstrukti-on des Bauteils, bzw. durch mangelnde Be-rücksichtigung der durch die Konstruktiongegebenen Probleme beim Gießen (zu stei-fe Form in den Bereichen, in denen dasGussteil frei schrumpfen sollte).

Die Entwicklung von Eigenspannungen ver-schärft sich durch die fast immer ungleich-mäßige Abkühlung des Gussteils in der Formund nach dem Auspacken. Eine kontrollierteAbkühlung (in-situ-Wärmebehandlung) lässtsich berücksichtigen. Es ist möglich, auf derGrundlage der Ergebnisse der Gießsimula-tion eine Berechnung der Eigenspannungendurchzuführen. Dabei kommen im Allgemei-nen linear elastoplastische Ansätze zur An-wendung. Die im Rahmen der Gießsimulati-on ermittelten Gefüge bzw. die sich darausergebenden Verteilungen der mechanischenKennwerte lassen sich bei derSimulation der Eigenspannungen berück-sichtigen. Die Ergebnisse einer Eigenspan-nungsberechnung sind:

-Verteilung der Eigenspannungen im Guss-teil mit Speisern und Gießsystem zu je-dem beliebigen Zeitpunkt nach der Erstar-rung (z. B. zum Zeitpunkt des Auspackensaus der Form und bei Raumtemperatur),

-Verteilung der Eigenspannungen im Guss-teil nach dem Abtrennen von Speisern undGießsystem,

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-Verteilung der Eigenspannungen im Guss-teil nach dem Bearbeiten.

Dargestellt werden im Allgemeinen:

-Spannungen in den drei Raumrichtungen,-Hauptspannungen nach von Mises,-Verschiebungen in den drei Raumrich-tungen,

-Gesamtverzug des Gussteils.

Die Eigenspannungsberechnung kann mitdemselben Berechnungsnetz wie die Gieß-simulation durchgeführt werden, vorausge-setzt dieses ist zur Simulation von Spannun-gen ebenso geeignet wie zur Simulation vonStrömungsvorgängen und des Wärmeflus-ses (dies ist bei den strukturierten Netzender Fall). Alternativ können die Temperatur-felder, die in der Gießsimulation ermitteltwurden, über geeignete Schnittstellen voneinem Berechnungsnetz auf ein anderesüberschrieben werden, was jedoch mit zu-sätzlichem Aufwand verbunden ist.

3.2.7 Simulation der Betriebsbelastung

Die Simulation der Betriebsbelastung einesBauteils ist in der Regel der erste Schritt inder Gussteilberechnung. Mit Hilfe dieser Be-rechnung wird die grobe Bauteilgeometriefestgelegt.

Die Art der Berechnung hängt von der Be-triebsbelastung und der geforderten Be-rechnungsgenauigkeit ab. Ist die Belastungwährend des Betriebs konstant oder ändertsich nur langsam, so werden statische Be-rechnungen durchgeführt. Bei stoßartigerBelastung wird eine dynamische Berech-nung durchgeführt, bei der auch die Massen-trägheit des Bauteils berücksichtigt wird.Dynamische Berechnungen sind erheblichaufwändiger, so dass in vielen Fällen dyna-mische durch statische Berechnungen er-setzt werden. Der dadurch entstehende Feh-ler wird durch Sicherheitsfaktoren ausge-glichen, was zwangsweise zu einer Über-dimensionierung des Bauteils führt.

Für viele Bauteile im Werkzeugmaschinen-bau spielt auch das Eigenschwingungsver-halten eine zentrale Rolle. Mit Hilfe der Si-

mulation können hier optimale Orte für Ver-rippungen gefunden werden.

Die ersten Berechnungen werden in derRegel unter der Annahme eines idealen, imgesamten Bauteil gleichen Werkstoffverhal-tens und ohne die Berücksichtigung von Ei-genspannungen, die eine Vorbelastung desBauteils darstellen, durchgeführt. Für dieKonstruktion eines optimalen Bauteils müs-sen jedoch der Fertigungsprozess und diemit diesem verbundenen Möglichkeiten derSteuerung von Eigenschaften und Eigen-spannungen mit berücksichtigt werden.

Dazu müssen die Ergebnisse der Gießsimu-lation und der Eigenspannungsberechnungauf das Modell für die Belastungssimulationübertragen werden. Da jede Berechnungproblemangepasste Vernetzungen benötigt,ist es weder erforderlich noch sinnvoll, alleBerechnungen mit dem gleichen Netz durch-zuführen. Wichtig ist jedoch das Vorhan-densein von Schnittstellen zur Übertragungder Eigenschaften und Eigenspannungen.

3.2.8 Betriebsfestigkeitsberechnungen

Bauteile werden so bemessen, dass sie dieangestrebte Lebensdauer bei der zu erwar-tenden Betriebsbelastung erreichen, alsobetriebsfest sind. Die Betriebsfestigkeit istabhängig von der Art, Höhe und Geschwin-digkeit der Beanspruchung, der Einsatz-temperatur sowie der Fähigkeit des Werk-stoffes, Beanspruchungen zu ertragen.

Die Festigkeitseigenschaften werden durchdie chemische Zusammensetzung und denFertigungsprozess bestimmt. Bei Gusstei-len aus Gusseisen ist die Festigkeitbeispielsweise abhängig von den Erstar-rungsbedingungen (die für die Art der Gra-phitausbildung maßgeblich ist), der Abkühl-geschwindigkeit im Bereich der eutektoidenUmwandlung sowie eventuell vorhandenenFehlstellen wie Lunkern oder Porositäten.

Im Betrieb unterliegen Bauteile zumeist regel-losen, von der individuellen Nutzung abhängi-gen Belastungsverläufen. Ein typisches Bei-spiel hierfür ist die Beanspruchung eines Pkw,dessen Beanspruchung im Wesentlichen

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durch das Fahrverhalten des Fahrers be-stimmt wird. Bei der rechnerischen Vorhersa-ge der Betriebsfestigkeit werden die Belas-tungsverläufe auf eine Folge von Schwingbe-anspruchungen, die mit einer bestimmtenHäufigkeit auftreten, zurückgeführt. Für jedeSchwingbeanspruchung wird dann eine Be-rechnung der Lastspannungen durchgeführt.Die Betriebsfestigkeit ergibt sich durch eine vonder gewählten Beanspruchungshypotheseabhängige Überlagerung der einzelnen Last-spannungen. Die Eigenspannungen einesBauteils stellen bei der Berechnung eine Vor-belastung dar, die in Form einer statischenGrundlast berücksichtigt werden muss.

3.2.9 Integration von CAE–Techniken

Simulationstechniken sind generell Techno-logien, mit deren Hilfe Informationen ge-schaffen werden. Diese Informationen sinddie Grundlage für das Wissen, wie ein Guss-teil oder ein Gießprozess besser gestaltetwerden könnte. Erst wenn dieses Wissenin die Entwicklungs- und Entscheidungspro-zesse für Gussteil und Gießverfahren inte-griert wird, kann Nutzen aus der Anwendungder Simulation gezogen werden.

Aus diesem Grunde müssen verbindlicheStrukturen und Prozesse innerhalb der Guss-teilentwicklung und Verfahrensauslegung si-cherstellen, dass die Informationen aus derSimulation wirksam berücksichtigt werden.Simulation ist ein Werkzeug zur Qualitäts-sicherung und muss dementsprechend or-ganisatorisch integriert sein.

3.2.10 Entwicklungen, Ausblick

Kaum ein industrieller Bereich ist seit Jah-ren solchen Veränderungen und Fortschrit-ten unterworfen wie die Hard- und Softwa-reindustrie. Aus diesem Grund ist es wich-tig, die bereits erkennbaren Neuerungen aufdiesem Markt frühzeitig zu erkennen, umdiese in Planungen mit einzubeziehen. Zusolchen, bereits absehbaren Entwicklungengehören Parallelcomputer sowie automa-tische Gestalt- und Prozessoptimierung.Weitere Entwicklungen beziehen sich aufneue Modelle zur Abbildung der Vorgängebei der Formfüllung, Erstarrung und ins-besondere der Gefügebildung in Gussteilen.

Automatische Gestalt- und Prozessopti-mierung

Die ständig zunehmenden Rechnerleistun-gen erlauben bereits so schnelle Simulatio-nen, dass in überschaubaren Zeiträumenzahlreiche Simulationsrechnungen durchge-führt werden könnten. Auf dem Weg voneiner simulierten Variante zur nächsten müs-sen jedoch die Simulationsergebnisse aus-gewertet und bewertet werden, und eine neueSimulation muss definiert und gestartet wer-den. Eine Automatisierung dieser Schritteführt letztendlich zu einer automatischenOptimierung. Dabei wird ein Simulator (gieß-technische Simulation oder Betriebslastbe-rechnungen) von einem Optimierungsalgo-rithmus bis zum Erreichen eines vorgege-benen Zieles immer wieder neu gestartet.

Die heute möglichen automatischen Optimie-rungen gliedern sich im Wesentlichen in diebeiden folgenden Bereiche:

Automatische Optimierung der Gussteil-gestalt (Topologieoptimierung). Dabeiwerden beispielsweise der Bauraum, fest-gelegte Anschlussmaße und eine Norm-last für das Gussteil vorgegeben. Die Ge-stalt des Teiles wird dann nach Zielvor-gaben (z.B. maximal erlaubte Spannungoder Verzug bei minimalem Volumen bzw.Gewicht) optimiert. Nach einer anschlie-ßenden ferrtigungstechnischen Optimie-rung ist das Ergebnis ein typisches Guss-teil mit komplexen freien Formen.

Automatische Optimierung von Prozess-parametern. Dabei werden, ausgehendvon einem definierten Gießprozess, des-sen gießtechnische Parameter (Gießzeit,Gießtemperatur, Temperaturen von Kühl-medien etc.) nach Zielvorgaben optimiert.

Obwohl häufig diskutiert und präsentiert, sinddiese Verfahren heute noch nicht in der Rou-tineanwendung zu finden. Allerdings istbereits klar, dass die automatischen Opti-mierungsverfahren mittelfristig zu einer neu-en Arbeitsweise mit Simulationstechnikenführen werden.

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3.3 Konstruktive Empfehlungen fürMaschinenformguss

Generell gelten die gleichen konstruktivenEmpfehlungen wie beim Handformverfah-ren. Aufgrund der Losgrößen gewinnt jedochdie Beachtung der möglichen Nachbearbei-tungsgänge bereits in der Konstruktions-phase zur Minimierung von Aufwand undKosten in der Fertigung besondere Bedeu-tung (vgl. 5). Ziel ist die weitgehende Redu-zierung aller manuellen Tätigkeiten an denRohgussteilen. Daher ist möglichst frühzei-tig der Kontakt mit der Gießerei zu suchen.Für die Konstruktion von Serienteilen für dasMaschinenformverfahren sollten die folgen-den Aspekte zusätzlich berücksichtigt wer-den:

1. Eine glatte Formteilung spart Platz imFormkasten und ermöglicht eine bessereBelegung des Formkastens. Daraus erge-ben sich bessere gießtechnische Möglich-keiten bei der Gestaltung des Gieß- undSpeisungssystems (Zugänglichkeit!), so-wohl bei der erstmaligen Gestaltung alsauch bei späteren Modifikationen.

2. Die bei der Konstruktion der Modelle undKerne erforderlichen Formschrägen undRadien können ggf. in Folgeprozessensinnvoll genutzt werden.

Beispiel: Erstanlage- und Spannflächen kön-nen in die Kerngeometrie eingeschlossen wer-den. Hieraus ergibt sich eine sehr großeWiederholgenauigkeit bei der Erstspannung.

3. Die eingesetzte Kerntechnik beeinflusstdie Bearbeitungszugaben. Bei Verwen-dung vieler Einzelkerne summieren sichdie Fügetoleranzen, so dass eine größe-re Bearbeitungszugabe resultiert. DerFertigungs- und Montageaufwand kanndurch Verwendung von Kernpaketen ver-ringert werden.

4. Sind Kerne erforderlich, so ist die spätereEntfernung des Kernsands aus dem Gussteil zu beachten. Neben der Möglichkeit,die Innenräume maschinell oder manuellzu reinigen, können ggf. auch Inspektions-öffnungen erforderlich sein. Außerdem hat

die Ausführung der Kernquerschnitte ei-nen Einfluss auf die Auswahl des einge-setzten Kernformstoffs sowie auf dieKernfertigung.

5. Der Versatz zwischen Ober- und Unter-kasten und damit die Toleranzen desGussteils lassen sich gießereiseitig durchVerwendung moderner Maschinentechnikverringern, aber auch konstruktiv durchden Einsatz von CAM-gefertigten Modellen.

6. Die spätere Beseitigung von Materialüber-ständen am Rohgussteil (Entgraten)muss nicht ausschließlich manuell erfol-gen. Insbesondere in der Großserienferti-gung rechnet sich der Einsatz eines spe-ziell konstruierten, robusten Werkzeugszum maschinellen Entgraten.

7. Für die dauerhafte Beschriftung der Guss-teile im Sinne der Produkthaftung solltenentsprechende Flächen am Gussteil vor-gesehen werden, die nicht mit Erstanla-ge- und Spannflächen zusammenfallen.Der Informationsgehalt kann u. a. Roh-teilnummer, Herstellungsdatum,Werkstoffund Herstellerzeichen umfassen.

8. Die pauschale Festlegung von Toleranzenfür das gesamte Bauteil ist meist nichtsinnvoll. In Abstimmung mit der Gießereisollten lokal erforderliche, fertigungstech-nisch realisierbare Toleranzen am Guss-teil festgelegt werden. Gegebenenfallssollte die Konstruktion des Bauteils ent-sprechend den Toleranzvorgaben modifi-ziert werden.

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4 Gusseisenwerkstoffe

4.1 AllgemeineWerkstoffeigenschaften

Der Begriff Gusseisen bezeichnet die bedeu-tendste Werkstoffgruppe aller gegossenenWerkstoffe. Die Gusseisenwerkstoffe zeich-nen sich insbesondere durch ihr breitesSpektrum an möglichen Eigenschaften undgezielten Eigenschaftskombinationen aus.

Für den Werkzeugmaschinenbau werdennahezu ausschließlich Gusseisen mitLamellengraphit und Gusseisen mit Kugel-graphit eingesetzt.

Alle Gusseisenwerkstoffe sind Verbund-werkstoffe aus einem stahlähnlichen Grund-gefüge mit eingelagertem Graphit.

Durch gezielte Auswahl und Kombination vonGrundgefüge und Graphitstruktur können diecharakteristischen Eigenschaften in breitenGrenzen zielsicher eingestellt werden.

4.1.1 Gusseisen mit Lamellengraphit(EN-GJL)

Gusseisen mit Lamellengraphit nach DIN EN1561 umfasst verschiedene Werkstoffs-orten, bei denen die Graphitphase inLamellenform in der metallischen Grund-masse eingebettet ist. Die lamellenförmigeGraphitausbildung bestimmt die charakteris-tischen Eigenschaften dieserWerkstoffgrupppe.

4.1.2 Gusseisen mit Kugelgraphit(EN-GJS)

Gusseisen mit Kugelgraphit nach DIN EN1563 umfasst verschiedene Werkstoffs-orten, bei denen die Graphitphase in Formvon Kugeln in der metallischen Grundmasseeingebettet ist. Die Ausbildung des Graphitsin Kugelform wird durch eine spezielle Be-handlung erzielt. Durch die kugelförmige Aus-bildung des Graphits erhält der Werkstoffbesondere Eigenschaften: Zugfestigkeit,0,2%-Dehngrenze und Elastizitätsmodulwerden gesteigert, Bruchdehnung undSchlagzähigkeit nehmen zu.

Die allgemeine Tendenz der güterelevanten Eigenschaften von EN-GJL und EN-GJS ist in derTabelle 4.1 dargestellt.

Werkstoffsorte EN-GJL-100 …………………………………………………….… EN-GJL-350 EN-GJS-350-22 ………………………………………………... EN-GJS-900-2

Mechanische und physikalische Eigenschaften Fertigungs-technische Aspekte

Zugfestigkeit Härte Elastizitätsmodul

Dämpfungsvermögen Temperaturwechselbeständigkeit

Warmfestigkeit Bearbeitbarkeit

Oberflächengüte nach Bearbeitung Fertigung minimaler Wanddicken

Tabelle 4.1 Allgemeine Angaben über die Verbesserung verschiedener Werkstoffeigenschaftenin Abhängigkeit von der Werkstoffsorte (nach W. Patterson)

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Genormt sind die folgenden Werkstoffsorten nach ihrer Zugfestigkeit bzw. ihrer Brinellhärte:

Tabelle 4.3 Genormte Werkstoffsorten nach Zugfestigkeit nach DIN EN 1561Werkstoffsorte Werkstoffkurzzeichen Zugfestigkeit

(Mindestwert) in N/mm2 EN-GJL-100 EN-JL1010 100 EN-GJL-150 EN-JL1020 150 EN-GJL-200 EN-JL1030 200 EN-GJL-250 EN-JL1040 250 EN-GJL-300 EN-JL1050 300 EN-GJL-350 EN-JL1060 350

Tabelle 4.4 Genormte Werkstoffsorten nach Brinellhärte nach DIN EN 1561

Werkstoffsorte Werkstoffkurzzeichen Brinellhärte (Mindestwert HBW 30)

EN-GJL-HB155 EN-JL2010 155 EN-GJL-HB175 EN-JL2020 175 EN-GJL-HB195 EN-JL2030 195 EN-GJL-HB215 EN-JL2040 215 EN-GJL-HB235 EN-JL2050 235 EN-GJL-HB255 EN-JL2060 255

Die Angaben zur Zugfestigkeit beziehen sich auf getrennt gegossene oder angegosseneProbestücke mit einem Durchmesser von 30 mm.

Angegeben sind außerdem Erwartungswerte für die Zugfestigkeit im Gussstück. Diese sindjedoch wanddickenabhängig und stellen keine zugesicherten Eigenschaften dar. Nähere An-gaben zur Wanddickenabhängigkeit sind in 4.3 aufgeführt.

4.2 Normen für Gusseisenwerkstoffe

Die folgenden Europäischen Normen für Gusseisenwerkstoffe sind veröffentlicht(Tabelle 4.2). Nicht alle Werkstoffsorten sind für die Fertigung von Gussteilen für denMaschinenbau relevant.

4.2.1 Gusseisen mit Lamellengraphit

DIN EN 1561 legt die charakteristischen Eigenschaften von unlegiertem und niedriglegiertemGusseisen mit Lamellengraphit fest. Die Sorteneinteilung und die Werkstoffbezeichnung erfolgtentweder nach der Zugfestigkeit oder alternativ nach der Brinellhärte. Beide Eigenschaften kön-nen nicht gleichzeitig vorgegeben werden.

Norm Titel Bemerkung DIN EN 1560 Gießereiwesen – Bezeichnungssystem für Gusseisen

– Werkstoffkurzzeichen und Werkstoffnummern

DIN EN 1561 Gießereiwesen – Gusseisen mit Lamellengraphit ersetzt DIN 1691 DIN EN 1562 Gießereiwesen – Temperguss ersetzt DIN 1692 DIN EN 1563 Gießereiwesen – Gusseisen mit Kugelgraphit ersetzt DIN 1693 DIN EN 1564 Gießereiwesen – Bainitisches Gusseisen DIN EN 12513 Gießereiwesen – Verschleißbeständige Gusseisen ersetzt DIN 1695 DIN EN 13835 Gießereiwesen – Austenitische Gusseisen ersetzt DIN 1694

Tabelle 4.2 Europäisch genormte Gusseisensorten und Bezeichnungssystem

Die jeweils aktuellste Ausgabe der Norm ist zu verwenden.

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Die Wanddickenabhängigkeit der Eigenschaften ist in Tabelle 4.5 am Beispiel der Werkstoff-sorte EN-GJL-250 dargestellt:

Tabelle 4.5 Zugfestigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit (nach DIN EN 1561, Auszug)Werkstoff-bezeichnung

Maßgebende in

Wanddicke mm

Zugfestigkeit Rm in N/mm2

Kurzzeichen

Nummer

über

bis

einzuhaltende im getrennt gegossenen Probestück

Werte im ange-gossenen Probestück

Erwartungs-wert im Gussstück

EN-GJL-250 EN-JL1040 5 10 20 40 80

150

10 20 40 80 150 300

250 bis 350 --- ---

210 190 170 160

250 225 195 170 155 ---

DIN EN 1561 enthält außerdem Anhaltswerte über mechanische Eigenschaften (Elastizitäts-modul etc.) und physikalische Eigenschaften in getrennt gegossenen Proben mit 30 mm Roh-gussdurchmesser.

4.2.2 Gusseisen mit Kugelgraphit

DIN EN 1563 legt die charakteristischenEigenschaften von unlegiertem und niedrig-legiertem Gusseisen mit Kugelgraphit fest.Die Sorteneinteilung und die Werkstoff-

bezeichnung erfolgen nach der Zugfestigkeitund Bruchdehnung; eine Sorteneinteilung inAbhängigkeit der Härte steht zur Informationzur Verfügung. Genormt sind die folgendenWerkstoffsorten nach ihrer Zugfestigkeit undBruchdehnung bzw. Brinellhärte:

Tabelle 4.6 Genormte Werkstoffsorten nach Zugfestigkeit nach DIN EN 1563, Eigenschaftengemessen an getrennt gegossenen Probestäben (nach DIN EN 1563, Auszug)

Werkstoffsorte Werkstoffkurzzeichen Zugfestigkeit (Mindestwert) in N/mm2

Bruchdehnung (Mindestwert) in %

EN-GJS-350-22-LT EN-JS1015 350 22 EN-GJS-350-22-RT EN-JS1014 350 22 EN-GJS-350-22 EN-JS1010 350 22 EN-GJS-400-18-LT EN-JS1025 400 18 EN-GJS-400-18-RT EN-JS1024 400 18 EN-GJS-400-18 EN-JS1020 400 18 EN-GJS-400-15 EN-JS1030 400 15 EN-GJS-450-10 EN-JS1040 450 10 EN-GJS-500-7 EN-JS1050 500 7 EN-GJS-600-3 EN-JS1060 600 3 EN-GJS-700-2 EN-JS1070 700 2 EN-GJS-800-2 EN-JS1080 800 2 EN-GJS-900-2 EN-JS1090 900 2

Bezeichnung der Prüftemperatur: LT = tiefe Temperatur, RT = Raumtemperatur

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Tabelle 4.7 Genormte Werkstoffsorten nach Brinellhärte nach DIN EN 1563

Werkstoffsorte Werkstoffkurzzeichen Brinellhärtebereich HBW EN-GJS-HB130 EN-JS2010 unter 160 EN-GJS-HB150 EN-JS2020 130 bis 175 EN-GJS-HB155 EN-JS2030 135 bis 180 EN-GJS-HB185 EN-JS2040 160 bis 210 EN-GJS-HB200 EN-JS2050 170 bis 230 EN-GJS-HB230 EN-JS2060 190 bis 270 EN-GJS-HB265 EN-JS2070 225 bis 305 EN-GJS-HB300* EN-JS2080 245 bis 335 EN-GJS-HB330* EN-JS2090 270 bis 360

*) Diese Werkstoffsorten sind für Gussstücke mit großen Wanddicken nicht empfehlenswert

Die Wanddickenabhängigkeit der Eigenschaften ist in Tabelle 4.8 am Beispiel der Werkstoff-sorte EN-GJS-400-15U dargestellt (U steht für den angegossenen Probestab; hier ist der Effektbesonders deutlich):

Tabelle 4.8 Zugfestigkeit und Bruchdehnung von Gusseisen mit Kugelgraphit, gemessen anProben aus angegossenen Probestäben (nach DIN EN 1563, Auszug)

Werkstoff-bezeichnung

Maßgebende Wanddicke

t in mm

Zugfestigkeit Rm

in N/mm2

0,2-%-Dehn-grenze Rp0,2

in N/mm2

Dehnung A

in %. Kurzzeichen Nummer min. min. min.

EN-GJS-400-15U EN-JS1072 t ≤ 30 30 < t ≤ 60 60 < t ≤ 200

400 390 370

250 250 240

15 14 11

DIN EN 1563 enthält außerdem Anhaltswerte über mechanische Eigenschaften (Elastizitäts-modul etc.) und physikalische Eigenschaften.

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4.3 WanddickenabhängigeEigenschaften

Die mechanischen Eigenschaften allerGusseisenwerkstoffe hängen wesentlich vonder Erstarrungsgeschwindigkeit und damitvon der Wanddicke der Gussteile ab. Norm-werte beziehen sich grundsätzlich auf einen

getrennt gegossenen Probestab mit 30 mmDurchmesser oder einer maßgeblichenWandstärke von 15 mm. Sollen in einemGussteil die lokalen Werkstoffeigenschaften(Bauteileigenschaften) betrachtet werden,können die spezifischen mechanischen Ei-genschaften entsprechend Bild 4.1a bis cabgeschätzt werden.

Bild 4.1a bis cBeispiele für den Zusammenhang zwi-schen den Mindestwerten (links) bzw.durch Durchschnittswerten der Brinell-härte (rechts) und der maßgebendenWanddicke von Gussstücken aus Guss-eisen mit Lamellengraphit einfacher Ge-stalt sowie Gusseisen mit Kugelgraphit(unten)

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5 Kosten beeinflussendeFaktoren

Nachfolgend werden einfache Grundprinzi-pien angegeben, die für verschiedenste Auf-gabenstellungen als allgemeingültig angese-hen werden können.

1. Modelleinrichtungen für Gussteile sind soauszuführen, dass Formaufwand, Kern-und Putzaufwand in der Summe minimiertwerden. Ideal ist ein Modell naturent-formbar (d. h., ohne zusätzliche Form-schrägen) und die Gießform kernlos her-zustellen.

2. Die Wahl eines hochwertigen Modellbau-werkstoffs (z. B. Dauermodell aus Metall)ist zwar mit höheren Kosten verbunden,kann aber durch die höhere Standzeit denPutzaufwand dauerhaft niedrig halten. Diesachgemäße Lagerung des Modells spieltin diesem Zusammenhang eine wichtigeRolle.

3. Gussteile sollten mit möglichst gleichmä-ßigem Wanddickenverlauf oder sanftenWanddickenübergängen konstruiert wer-den. Durch die Vermeidung von Wärme-zentren und die Förderung einer gerich-teten Erstarrung kann der Einsatz vonSpeisern, Kokillen, Spezialformstoffenoder ähnlich kostenintensiven Fertigungs-hilfsmitteln minimiert bzw. vermiedenwerden.

4. Der Materialeinsatz für Gussteile solltestreng funktions- bzw. beanspruchungs-orientiert erfolgen, um eine Gewichts-minimierung und Kostenoptimierung zuerzielen.

5. Werkstoffauswahl, Rohgusstoleranzensowie Qualitäts- und Prüfkriterien solltensich ebenfalls streng an den Anforderun-

gen orientieren, die an das Bauteil gestelltwerden, um unnötige Kosten zu vermei-den. In Absprache mit der Gießerei soll-ten festgelegt werden:

Werkstoffsorte: Wenn bestimmte Festig-keitskennwerte nur lokal erforderlich sind,kann ggf. lokal eine erhöhte Wanddickevereinbart werden. Die generelle Steige-rung der Festigkeitskennwerte (höher-wertiger Werkstoff) ist mit zusätzlichenKosten verbunden.

Zulässige Fehler: Wenn eine bestimmteGütestufe nur lokal erforderlich ist, kanndies vereinbart werden. Die generelleFestlegung einer höheren Gütestufe ist mitzusätzlichen Kosten verbunden.

Prüfaufwand: Um den Prüfaufwand zuminimieren, sind Prüfungen besonders anden hoch beanspruchten Stellen festzu-legen.

6. Die Notwendigkeit einer Wärmebehand-lung (z. B. Spannungsarmglühen) ist imEinzelfall zu prüfen, da dies mit zusätz-lichen Kosten verbunden ist. Gegebenen-falls kann der gleiche Effekt in der Gieße-rei durch geregelte Abkühlung erzielt wer-den.

7. Bearbeitungszugaben sind zu minimierenbzw. gegebenenfalls ist generell darauf zuverzichten,um Gewicht und Bearbeitungskosten einzusparen.

8. Bei größeren Bauteilen ist die Dimen-sionierung im Hinblick auf die späterenTransportmöglichkeiten (z. B. per Lkw) zubeachten.

9. Die Bereitschaft zur geometrischen Opti-mierung, sofern dies realisierbar ist, kannKosten im ganzen Fertigungsprozess sen-ken.

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Die folgende Tabelle gibt einen vereinfachten, rein qualitativen Überblick über verschiedene Kostenbeeinflussende Faktoren

Kostentendenz Kriterium

gering mittel hoch sehr hoch

Teileanforderung gering mittel hoch spezielle Eigenschaften

Werkstoff EN-GJL EN-GJS legierte Sorten, ADI

Stahlguss

Losgröße Großserie > 10.000

Mittelserie 500 bis 1000

Kleinserie > 20 bis 100

Einzelteile bis 20

Formverfahren Formautomat Formanlage mechanisierte Anlage

Handform-verfahren

Spezialverfahren Kernblock Maskenform Gipsguss Feinguss Teilegröße kleinere Teile

0,5 bis 100 kg Mittelguss 100 kg bis 2 t

Großguss 2 bis 10 t

sehr große Teile bis 250 t

Komplexität Naturmodell geteilt mehrfach geteilt mehrfach geteilt mit Losteilen

Maßhaltigkeit gering mittel hoch einbaufertig Kernhaltigkeit ohne Kern 1 bis 3 Kerne 3 bis 10 Kerne > 10 Kerne Kernart einfach,

kompakt Kernmontage erforderlich

spez. Formstoff (Maskenform-sand, etc.)

spez. Material (Keramik, Quarzgut, etc.)

Modellstandzeit gering: Einzelteil mittel: Kleinserie Hoch: Mittelserie

hoch: Großserie

Disposition langfristig mittelfristig kurzfristig sehr kurzfristig

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6 Weiterführende Literaturund Datenbanken

6.1 Allgemeine Literaturüber Gusseisenwerkstoffe

[1] Patterson, W.: Gusseisen-Hand-buch.Giesserei-Verlag, Düsseldorf,1963.

[2] Liesenberg, O.; Wittekopf, D.: Stahl-guss- und Gusseisenlegierungen.Deutscher Verlag für Grundstoff-industrie Leipzig 1992

[3] Sonderheft „konstruieren und gießen“Nr. 2 (2000): Gusseisen mit Lamellen-graphit. ZGV, Düsseldorf, 2000.

[4] Sonderheft „konstruieren und gie-ßen“ Nr. 1 (1988): Gusseisen mitKugelgraphit. ZGV, Düsseldorf, 1988.

[5] Motz, J.M.; Kress, E.: BainitischesGusseisen mit Kugelgraphit. konstru-ieren und gießen 10 (1985).

6.2 Spezielle Eigenschaftenvon Gusseisenwerkstoffen

[6] Angus, H.T.: Cast Iron: Physical andEngineering Properties. Butterworths,London.

[7] Nieth F.; Wiegand, H.: Dauerfestig-keit von Gusseisenwerkstoffen beiphasengleicher Überlagerung vonZu/Druck- und Biegespannungen.Giessereiforschung 29 (1977) Nr. 4.

[8] Motz, J.M. u. a.: BruchmechanischeEigenschaften von großen Wand-dicken von Gussstücken aus GJS.Giessereiforschung 32 (1980) Nr. 3.

[9] Wolters, D.B.: Wärmebehandlungvon Gusseisen.

[10] Berger, H.; Wiemann, W.: Bruch-mechanische Eigenschaften in dick-wandigen Gussstücken aus GJS alsKriterium für die Konstruktion. VDI-Berichte Nr. 469, 1983.

[11] Optimierung komplexer Gussbauteileaus dem Werkzeugmaschinenbau hin-sichtlich Festigkeit und Steifigkeit.Abschlussbereicht AiF-Forschungsvor-haben Nr. 8978.

[12] Einfluss von Gussfehlern in duktilemGusseisen auf die Schwingfestigkeit vondickwandi-gen Bauteilen aus GGG-40.Abschlussbericht AiF-Forschungsvor-haben Nr. 9155.

6.3 Normen, Richtlinienund Merkblätter

Richtlinie „Rechnerischer Fertigkeitsnach-weis für Maschinenbauteile“. Forschungs-kuratorium Maschinenbau (FKM), 4. erwei-terte Ausgabe 2002. VDMA-Verlag, Frankfurt,2002.

Schmidt, T.: Festigkeitsnachweis vonEisengussteilen nach der FKM-Richtlinie“.Konstruieren + giessen 28 (2003), S. 15 –21.

VDI-Richtlinie 3381 (Entwurf) Schaumstoff-modelle - Konstruktionshinweise fürWerkzeugteile aus Gusseisen und Stahl-guss.

DIN EN 1561:1997 Gießereiwesen – Guss-eisen mit Lamellengraphit

DIN EN 1563:2003 Gießereiwesen – Guss-eisen mit Kugelgraphit

prEN 1011-8:2002 Schweißen – Empfehlun-gen zum Schweißen metallischer Werkstof-fe – Teil 8. Schweißen von Gusseisen

6.4 Datenbanken

Metalldatenbank WIAM® - METALLINFO. IMAGmbH, Dresden. www.ima-dresden.de

6.5 Software – Hilfreiche Links

Software zum Einlesen und Umwandeln von2-D- und 3-D-Modellen:

www.deskartes.fiwww.compunix-usa.comwww.cadfix.com

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