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H. M. Mayer 1, 2 • K. Wiechert 2 1 Orthopädische Klinik und Poliklinik, Oskar-Helene-Heim, Freie Universität Berlin • 2 Wirbelsäulenzentrum, Orthopädische Klinik München-Harlaching Ventrale Fusionsoperationen an der Lendenwirbelsäule Mikrochirurgische Techniken Zusammenfassung In den letzten Jahren kommen in der Wir- belsäulenchirurgie zunehmend mikrochirur- gische Operationstechniken zur Anwendung. Sie bieten den Vorteil einer geringen iatro- genen Traumatisierung des Zugangsweges zu den hinteren oder vorderen Abschnitten der Wirbelsäule. Beschrieben werden 2 neue, mikrochirurgische Zugänge zur vorderen Lendenwirbelsäule (LWS) zur Durchführung ventraler interkorporeller Spondylodesen als Teil eines dorsoventralen Behandlungskon- zepts bei unterschiedlichen Segmentinstabi- litäten (z. B. Spondylolisthesis, degenerative Instabilität, Postdiskektomiesyndrom, Frak- turen). Die Bewegungssegmente L 2–L 5 werden dabei über einen retroperitonealen Zugang erreicht. Die laterale Bauchwand- muskulatur wird in stumpfer Wechsel- schnitttechnik durchquert, die ventrolaterale Zirkumferenz des zu fusionierenden Bewe- gungsegments mit einem in den angrenzen- den Wirbelkörpern selbsthaltend veranker- ten Rahmenspreizer dargestellt. Zum lum- bosakralen Übergang wird eine Technik be- schrieben, welche eine interkorporelle Fusion von L 5/S 1 über eine transperitoneale Minilaparatomie in der Mittellinie ermög- licht. Die Erfahrungen mit 83, zwischen 1995 und 1996 operierten Patienten zeigen eine geringe peri- und operative Morbidität, bei vergleichbaren klinischen und radiologi- schen Ergebnissen. Komplikationspektrum und -häufigkeit differieren, ebenso wie die funktionellen und ökonomischen Ergebnisse nicht von den sog. Standardzugängen. Schlüsselwörter Spondylodese • Mikrochirurgie • Lendenwir- belsäule V entrale interkorporelle Fusionen wurden erstmals von Carpener im Jahre 1932 beschrieben [3]. Sie werden seither als Spondylodesetechnik bei ei- ner Reihe unterschiedlicher, mit seg- mentalen Instabilitäten einhergehen- den Krankheitsbildern als Teil des Be- handlungskonzeptes durchgeführt. Hierzu zählen vor allem Spondylolisthe- sen, Deformitäten, Tumoren, Infektio- nen sowie die mit chronischem Rücken- schmerz einhergehenden iatrogen her- vorgerufenen (sog. ‚failed-backs) oder degenerativ bedingten Instabilitäten [2–4, 6–9, 11–16]. In den frühen 70 er Jahren wurden die ventralen Zugänge zur LWS als zu traumatisierend und risi- koreich angesehen. Stauffer und Coven- try waren nach ihren ersten Erfahrun- gen der Meinung, daß diese Zugänge aufgrund des erheblichen Operations- traumas nicht weiterempfohlen werden könnten [28]. Andere Autoren hingegen berichteten über gute klinische Ergeb- nisse bei vertretbaren postoperativen Morbiditäten und Komplikationsraten [8, 9, 23, 26, 29]. Unabhängig von der jeweiligen In- dikation ist die skeptische Betrach- tungsweise von Staufer und Coventry nicht ganz zu entkräften. Vor allem der laterale retroperitoneale Zugang zur LWS geht, wie er in neueren Operations- atlanten beschrieben wird, mit einer nicht unerheblichen Traumatisierung der lateralen Bauchwandmuskulatur einher [1]. Die Auswirkungen auf Reha- bilitationsverlauf bzw. potentielle Kom- plikationen (Bauchwandhernien, Rek- tusparesen) sind bisher nicht hinrei- chend untersucht. Neben abdominellen Komplikationen wie Ileus oder Briden- bildung ist beim transperitonealen Zu- gang zum lumbosakralen Übergang vor allem bei Männern die Läsion des Ple- xus hypogastricus superior gefürchtet, da diese zur retrograden Ejakulation führen können, welche vor allem bei jungen Männern eine erhebliche Stö- rung des Sexuallebens bedeutet [1, 5, 8–10, 27]. Andererseits bietet die ventrale in- terkorporelle Spondylodese den Vorteil einer großflächigen Fusion im Bereich der biomechanisch druckbelasteten vorderen Säule. Im Vergleich zu ande- ren Techniken können Fusionsraten er- zielt werden, die in Kombination mit ei- ner dorsalen Instrumentation (Pedikel- schraubensysteme, translaminäre Ver- schraubung) höher als 90 % liegen [10, 23]. Mit dem Ziel, die peri- und post- operative Morbidität zu reduzieren, wurden 2 mikrochirurgische Zugänge zur LWS konzipiert. Sie sind für die Wir- belsäulensegmente L2 is S1 anwendbar und stellen eine mikrochirurgische Mo- difikation der hinlänglich bekannten re- troperitonealen (L2 bis L5) und transpe- ritonealen (L5/S1) Zugänge dar [1, 18]. Die Operationstechnik, deren Anwen- dung sowie erste Ergebnisse werden in diesem Artikel beschrieben. 466 Der Orthopäde 7·98 Orthopäde 1998 · 27:466–476 Springer-Verlag 1998 Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS Priv.-Doz. Dr. H. M. Mayer Wirbelsäulenzentrum, Orthopädische Klinik München-Harlaching, Harlachinger Straße 51, D-81547 München

Ventral fusion operations in the lumbar spine. Microsurgical techniques

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H. M. Mayer1, 2 · K. Wiechert2 · 1 Orthopädische Klinik und Poliklinik, Oskar-Helene-Heim,Freie Universität Berlin · 2 Wirbelsäulenzentrum, Orthopädische Klinik München-Harlaching

Ventrale Fusionsoperationenan der LendenwirbelsäuleMikrochirurgische Techniken

Zusammenfassung

In den letzten Jahren kommen in der Wir-belsäulenchirurgie zunehmend mikrochirur-gische Operationstechniken zur Anwendung.Sie bieten den Vorteil einer geringen iatro-genen Traumatisierung des Zugangswegeszu den hinteren oder vorderen Abschnittender Wirbelsäule. Beschrieben werden 2 neue,mikrochirurgische Zugänge zur vorderenLendenwirbelsäule (LWS) zur Durchführungventraler interkorporeller Spondylodesen alsTeil eines dorsoventralen Behandlungskon-zepts bei unterschiedlichen Segmentinstabi-litäten (z. B. Spondylolisthesis, degenerativeInstabilität, Postdiskektomiesyndrom, Frak-turen). Die Bewegungssegmente L 2±L 5werden dabei über einen retroperitonealenZugang erreicht. Die laterale Bauchwand-muskulatur wird in stumpfer Wechsel-schnitttechnik durchquert, die ventrolateraleZirkumferenz des zu fusionierenden Bewe-gungsegments mit einem in den angrenzen-den Wirbelkörpern selbsthaltend veranker-ten Rahmenspreizer dargestellt. Zum lum-bosakralen Übergang wird eine Technik be-schrieben, welche eine interkorporelleFusion von L 5/S 1 über eine transperitonealeMinilaparatomie in der Mittellinie ermög-licht. Die Erfahrungen mit 83, zwischen 1995und 1996 operierten Patienten zeigen einegeringe peri- und operative Morbidität, beivergleichbaren klinischen und radiologi-schen Ergebnissen. Komplikationspektrumund -häufigkeit differieren, ebenso wie diefunktionellen und ökonomischen Ergebnissenicht von den sog. Standardzugängen.

Schlüsselwörter

Spondylodese · Mikrochirurgie · Lendenwir-belsäule

Ventrale interkorporelle Fusionenwurden erstmals von Carpener imJahre 1932 beschrieben [3]. Sie werdenseither als Spondylodesetechnik bei ei-ner Reihe unterschiedlicher, mit seg-mentalen Instabilitäten einhergehen-den Krankheitsbildern als Teil des Be-handlungskonzeptes durchgeführt.Hierzu zählen vor allem Spondylolisthe-sen, Deformitäten, Tumoren, Infektio-nen sowie die mit chronischem Rücken-schmerz einhergehenden iatrogen her-vorgerufenen (sog. ¸failed-backs�) oderdegenerativ bedingten Instabilitäten[2±4, 6±9, 11±16]. In den frühen 70 erJahren wurden die ventralen Zugängezur LWS als zu traumatisierend und risi-koreich angesehen. Stauffer und Coven-try waren nach ihren ersten Erfahrun-gen der Meinung, daû diese Zugängeaufgrund des erheblichen Operations-traumas nicht weiterempfohlen werdenkönnten [28]. Andere Autoren hingegenberichteten über gute klinische Ergeb-nisse bei vertretbaren postoperativenMorbiditäten und Komplikationsraten[8, 9, 23, 26, 29].

Unabhängig von der jeweiligen In-dikation ist die skeptische Betrach-tungsweise von Staufer und Coventrynicht ganz zu entkräften. Vor allem derlaterale retroperitoneale Zugang zurLWS geht, wie er in neueren Operations-atlanten beschrieben wird, mit einernicht unerheblichen Traumatisierungder lateralen Bauchwandmuskulatureinher [1]. Die Auswirkungen auf Reha-bilitationsverlauf bzw. potentielle Kom-plikationen (Bauchwandhernien, Rek-tusparesen) sind bisher nicht hinrei-chend untersucht. Neben abdominellenKomplikationen wie Ileus oder Briden-

bildung ist beim transperitonealen Zu-gang zum lumbosakralen Übergang vorallem bei Männern die Läsion des Ple-xus hypogastricus superior gefürchtet,da diese zur retrograden Ejakulationführen können, welche vor allem beijungen Männern eine erhebliche Stö-rung des Sexuallebens bedeutet [1, 5,8±10, 27].

Andererseits bietet die ventrale in-terkorporelle Spondylodese den Vorteileiner groûflächigen Fusion im Bereichder biomechanisch druckbelastetenvorderen Säule. Im Vergleich zu ande-ren Techniken können Fusionsraten er-zielt werden, die in Kombination mit ei-ner dorsalen Instrumentation (Pedikel-schraubensysteme, translaminäre Ver-schraubung) höher als 90 % liegen [10,23].

Mit dem Ziel, die peri- und post-operative Morbidität zu reduzieren,wurden 2 mikrochirurgische Zugängezur LWS konzipiert. Sie sind für die Wir-belsäulensegmente L2 is S1 anwendbarund stellen eine mikrochirurgische Mo-difikation der hinlänglich bekannten re-troperitonealen (L2 bis L5) und transpe-ritonealen (L5/S1) Zugänge dar [1, 18].Die Operationstechnik, deren Anwen-dung sowie erste Ergebnisse werden indiesem Artikel beschrieben.

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Orthopäde1998 ´ 27:466±476 � Springer-Verlag 1998 Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS

Priv.-Doz. Dr. H. M. MayerWirbelsäulenzentrum, Orthopädische KlinikMünchen-Harlaching, Harlachinger Straûe 51,D-81547 München

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Der retroperitoneale Zugangzu den BewegungssegmentenL2/3, L3/4 und L4/5

Präoperative Planung undVorbereitung des Patienten

Die lumbalen Segmente L2/3, L3/4 undL4/5 werden über einen retroperitonea-len Zugang von der linken Seite erreicht.Konventionelle Röntgenaufnahmen derLendenwirbelsäule in 2 Ebenen geben,unabhängig von dem zugrundeliegen-den Krankheitsbild, ausreichende In-formationen über die knöcherne Topo-graphie der LWS sowie die Weite des zufusionierenden Zwischenwirbelraums.Die Kernspintomographie liefert zu-sätzlich Informationen über Gröûe,Form und Lokalisation des M. psoasmajor im Verhältnis zur anterolateralenBegrenzung der LWS, über Gröûe undVerlauf der retroperitonealen Gefäûesowie bei L 4/5 über die Lokalisationund Gröûe der V. lumbalis ascendenslinks. Die präoperative Vorbereitung er-folgt wie bei einem abdominellen Ein-griff. In der Regel wird 24 h präoperativmit medikamentösen Abführmaûnah-men begonnen. Am Abend vor der Ope-ration erfolgt ein rektaler Einlauf. Nah-rungs- und Flüssigkeitskarenz ab 12 hpräoperativ.

Lagerung

Der Patient befindet sich in Rechtssei-tenlage. Der Operationstisch wird imFuû- und Kopfteil leicht abgewinkelt,um eine linkskonvexe Öffnung der LWSzu erlangen. Bei zuvor von dorsal in-strumentierten Patienten hat die Tisch-kippung keinen Effekt auf den zu fusio-nierenden Zwischenwirbelraum. Sievergröûert allerdings den Abstand zwi-schen Beckenkamm und kaudalem Rip-penbogen und erweitert so das Zu-gangsfeld. Je nach zu operierendem Seg-ment wird der Tisch dann in der axialenEbene 20 � (L4/5), 30 � (L3/4) oder 40 �(L2/3) nach dorsal gekippt. Aufgrunddes von kaudal nach kranial konvergie-rend verlaufenden vorderen Längsban-des wird dessen laterale Begrenzungdurch diese Lagerung in der Regel überdem geometrischen Zentrum des zu fu-sionierenden Bandscheibenraums zen-triert. Sie dient als anatomische Land-marke für das Einbringen der Halte-schrauben in die benachbarten Wirbel-

körper (s. unten). Der gesamte Tischwird dann unter Durchleuchtungskon-trolle gekippt, um einen parallelen Ver-lauf der Grund- und Deckplatten des zuoperierenden Segments einzustellen.Das Zentrum des Bandscheibenraumswird sowohl in der a.-p.- als auch in derkraniokaudalen Ebene auf der Haut-oberfläche markiert.

Operationsschritte

Haut bis Retroperitonealraum

Der Eingriff wird mit dem Operations-mikroskop durchgeführt. Ein 4 cm lan-ger Hautschnitt wird diagonal überdem vorher unter lateraler Bildwandler-kontrolle in Projektion auf die Hautmarkierten Bandscheibenmittelpunktgelegt. Er verläuft in der Regel parallelzum Faserverlauf des M. obliquus abdo-minis externus (Abb. 1). Der Retroperi-tonealraum wird durch stumpfesDurchqueren der lateralen Bauchwand-muskulatur in Wechselschnitttechnikerreicht. Jede der drei Schichten derMuskulatur (Mm. obliquus abdominisexternus, -internus und M. transversusabdominis) wird in der jeweiligen Fa-serverlaufsrichtung auseinanderge-drängt (Abb. 2). Die gelegentlich durchdas Operationsfeld in der Schicht zwi-schen der inneren und transversenRumpfmuskulatur verlaufenden Inter-kostalnervenäste werden ebenso wiedie Nn. ilioinguinalis et iliohypograstri-cus geschont. Die nervale Versorgungdes M. rectus abdominis bleibt gewähr-leistet. Beim stumpfen Spreizen desM. transversus abdominis sollte die Prä-paration so weit wie möglich lateral be-ginnen, um das Peritoneum nicht verse-hentlich zu eröffnen.

Retroperitonealraum biszum Intervertebralraum

Der Retroperitonealraum wird vorsich-tig mit Hilfe modifizierter Langenbeck-Haken und Stiltupfern stumpf präpa-riert. Der M. psoas major wird als ersteanatomische Leitstruktur in der Tiefedes Operationsfeldes aufgesucht. Dasprävertebrale Gewebe mit dem Uretherund den retroperitonealen Gefäûenwird vorsichtig mit Hilfe der stumpfenHaken nach medial weggehalten. Dieanterolateralen Ursprünge des M. psoaswerden in Höhe des Bandscheiben-

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H. M. Mayer · K. Wiechert

Ventral fusion operations in the lumbarspine. Microsurgical techniques

Summary

Due to the decreased trauma in anterior aswell as posterior surgical approaches to thespine, microsurgical techniques have beenused more frequently in recent years. Thisarticle describes two new microsurgicaltechniques to approach the anterior lumbarspine for interbody fusion as part of a pos-terior-anterior stabilization concept in var-ious diseases like spondylolisthesis, degen-erative instability; failed back surgery syn-drome, fractures etc. The lumbar segmentsL 2±5 are approached through a blunt mus-cle-splitting retroperitoneal technique. Theantero-lateral circumference of the motionsegment is exposed with a frame-type re-tractor which is anchored in the adjacentvertebral bodies with anchoring screws. Thelumbosacral junction is exposed via a mini-laparotomy using a special soft tissue sprea-der. Interbody fusion is described with auto-geneous bone grafts. Preliminary experiencewith 83 patients treated between 1995 and1996 show that peri- and postoperativemorbidity is low. Clinical as well as radiologi-cal results are comparable to the standardtechniques. Spectrum as well as rate of com-plications so far do not differ from those de-scribed in the literature for non-microsurgi-cal approaches.

Key words

Spine · Anterior lumbar interbody fusion ·Microsurgery · Lumbar instability

Orthopäde1998 ´ 27:466±476 � Springer-Verlag 1998

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raums identifiziert. Es folgt die Durch-trennung und scharfe Lösung der Mus-kelursprünge von der ventrolateralenZirkumferenz des Zwischenwirbel-raums. In etwa 20 % der Fälle werdendie deckplattennah verlaufenden Seg-mentgefäûe des kaudalen Wirbels sicht-

bar. Sie werden dann mit Endoclips ver-schlossen und durchtrennt, was das Ein-bringen der Halteschrauben erleichtert.Bei den Segmenten L2/3 und L3/4 ist dieGefäûdissektion seltener notwendig alsbei L4/5. Üblicherweise identifiziertman bei der Präparation von L 4/5 den

lateralen Rand der V. iliaca communis.Hier kann die V. lumbalis aszendensden freien Zugang zum Operationsge-biet oder die Mobilisierung der V. iliacacommunis erschweren. In solchen Fäl-len muû das Gefäû mit Clips ligiert unddurchtrennt werden. Die Präparationnach dorsolateral sollte die Pedikelein-trittsebene nicht überschreiten, umkeine Irritation der lumbalen Nerven-wurzeln hervorzurufen. Der Truncussympathicus wird dargestellt und, fallseine Mobilisierung nicht möglich ist,koaguliert und durchtrennt (Cave: Pati-entenaufklärung über temporäre Tem-peraturdifferenzen in den unteren Ex-tremitäten).

Das vordere Längsband kann nunmit seiner lateralen Begrenzung gut dar-gestellt werden. Im Anschluû wird diestumpfe Präparation komplettiert, sodaû ca. 5±10 mm der angrenzenden

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Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS

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Abb. 1~ Rechtsseitenlagerung (schematisiert) mit angezeichnetem Hautschnitt für den retroperi-tonealen Zugang zu L 4/5

Abb. 2~ Darstellung des Faserverlaufs des M. obliquus externus (oben = ventral, links = kaudal).Beachte die Markierung (dunkler Strich) der Orientierung des Bandscheibenraums L 4/5

Abb. 3~ Lumbales Bewegungssegment mit eingebrachten Halteschrauben (Ansicht von medial). Daskraniale und kaudale Weichteilblatt ist eingesetzt, ebenso das Retraktorblatt für den M. psoas major

Abb. 4~ Rahmenspreizer mit Blättern für M. psoas major (scharf) und Peritonealsack (stumpf)

Abb. 5~ Situs mit Rahmenspreizer. Beachte die laterale Begrenzung des Lig. longitudinale anterius

Abb. 6~ Abtragen der Endplatten mit Parallelosteotom nach Entfernung der Bandscheibe

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Wirbelkörper dargestellt sind. Dannwird der Bandscheibenraum unterDurchleuchtungskontrolle eindeutigidentifiziert. Durch einen parallel zuden Endplatten verlaufenden Schnitt inden Annulus fibrosus bestimmt mandie räumliche Orientierung der Grund-und Deckplatten vor dem Einbringender Halteschrauben.

Plazierung des Rahmenspreizers

Mit dem 1,5-mm-Bohrer mit 10 mm Tie-fenbegrenzung wird in die anterolate-rale Kortikalis der angrenzenden Wir-belkörper exakt vertikal verlaufend einLoch für die Halteschrauben gebohrt.Das umliegende Gewebe wird währenddes Bohrvorgangs durch einen Geweb-schutz geschützt. Die Eintrittspunktesollten jeweils mit etwa 5±8 mm Ab-stand vom Zwischenwirbelraum ge-wählt werden und befinden sich exaktan der lateralen Begrenzung des vorde-ren Längsbandes. Der Bohrer durch-dringt lediglich die anterolaterale Korti-kalis des Wirbelkörpers. Die Bohrungmuû streng vertikal und parallel zu denGrund- und Deckplatten erfolgen.Dann werden die selbstschneidendenHalteschrauben eingedreht. DieseSchrauben dienen als Befestigungen fürdie kranialen und kaudalen Distrakti-onsblätter, welche auf die Schraubenaufgesetzt werden (Abb. 3). Der Rah-menspreizer wird aufgesetzt und mitdem Schnappverschluû befestigt(Abb. 4). Am Rahmen wird lateral einscharfes Muskelretraktorblatt befestigt,um den M. psoas beiseite zu halten. Mitdem 2. stumpfen Retraktorblatt werdender Peritonealsack sowie die retroperi-tonealen Gefäûe vorsichtig beiseite ge-halten. Beide Retraktorblätter sind indi-viduell und unabhängig voneinanderjustierbar. Bei Patienten ohne vorherigedorsale Stabilisierung kann über denRahmenspreizer eine leichte Distrak-tion des Zwischenwirbelraums erzieltwerden. Die anterolaterale Oberflächedes zu fusionierenden Segments ist nunvollständig dargestellt (Abb. 5).

Es folgt die Beschreibung der ven-tralen lumbalen Spanspondylodese. Eskönnen mit diesem Zugang jedochauch andere Spondylodesearten [z. B.mit Bankknochen (Femurringe), Auto-graftkombinationen, Cages-Autograft-Kombinationen etc.] durchgeführt wer-den.

Diskektomie und Präparationdes Spanlagers

Beginnend an der anatomischen Mittel-linie des vorderen Längsbandes werdender Anulus fibrosus und das vordereLängsband anterolateral inzidiert undder Bandscheibenraum ausgeräumt.Um absolut parallele Spanbettebenenzu erlangen, werden die Endplatten zu-nächst mit Hilfe eines speziell entworfe-nen Osteotoms mit 2 parallelen Klingenangefrischt und dann mit unterschiedli-chen Osteotomen und einer Hochge-schwindigkeitsfräse geglättet (Abb. 6).Durch Ausdehnung der Bandscheibenund Endplattenresektion nach dorsalkann bei Bedarf eine Dekompressiondes Spinalkanals durchgeführt werden.Höhe und Tiefe des zu gewinnendenKnochenspans werden mit einer Schub-lehre bestimmt.

Spangewinnung

Ein trikortikaler Knochenspan wirddurch eine kleine Inzision über demgleichseitigen Beckenkamm gewonnen.Der Hautschnitt wird mindestens 3 cmlateral der Spina iliaca angelegt, da soder N. cutaneus femoris lateralis sichergeschont wird und das Risiko von Er-müdungsfrakturen der Spina iliaca an-terior superior herabgesetzt ist. DerKnochenspan wird aus dem mittlerenTeil des Beckenkamms entnommen. Erwird mit Hilfe einer zweiblättrigen Sägegewonnen, deren parallele Sägeblätterin der vorher bestimmten Gröûe einge-stellt werden können (Abb. 7). Der Spanwird mit einem speziellen Spanschnei-deinstrument entfernt. Darüber hinauswird soviel Spongiosa wie möglich ausdem Os Ilium entnommen. Abschlie-ûend wird der Knochendefekt mit Kno-chenwachs versiegelt, mit einem Hämo-styptikum bedeckt und eine Drainageeingelegt.

Modifikationen

· Beim Zugang zu L 4/5 ist die Spange-winnung und Darstellung des Bewe-gungssegments über einen Haut-schnitt möglich! Hierzu wird folgen-des Vorgehen empfohlen: Nach Anle-gen des Hautschnitts (s. oben) erfolgtdie subkutane Darstellung der Cristailiaca (Abb. 8), deren subperiostaleFreilegung und die Entnahme des

Beckenkammspans in der vorgegebe-nen Weise. Nach Refixierung derMuskulatur wird wie oben beschrie-ben über den gleichen Hautschnittder Retroperitonealraum erreicht.Die Spangröûe wird präoperativ amRöntgenbild vermessen.

· Bei schlanken Patienten oder Patien-ten mit prominenter Crista iliacawird die Entnahme eines trikortika-len Vollprofilspans aus kosmetischenGründen nicht empfohlen. Über eineSchrägosteotomie durch die Cristailiaca kann deren lateraler Anteil unddamit die Kontur des Beckenkammserhalten bleiben (Abb. 8 b).

· Aufgrund der geringeren postoperati-ven Morbidität wird bei dorsoventra-len Spondylodesen in einer Sitzungdie Entnahme des Knochenspans ausdem hinteren Beckenkamm empfoh-len.

Einbringen des Knochenspans

Mit dem Bohrer wird ein kleines Loch inden Knochenspan gebohrt und derSpanhalter auf den Span aufgeschraubt.Dann wird der Span möglichst parallelzur Transversalachse des Zwischenwir-belraums impaktiert. Die aus dem Bek-kenkamm und den angefrischten Wir-belkörpern gewonnene Spongiosa wirdzusätzlich sowohl ventral als auch beid-seits lateral des trikortikalen Spans inden Zwischenwirbelraum eingebracht(Abb. 9).

Rückzug

Der Rahmenspreizer wird entfernt,die Löcher für die Halteschraubenmit Knochenwachs versiegelt und dasFusionsareal mit Tabotampvlies be-deckt. Eine Wunddrainage ist in derRegel nicht notwendig. Die einzelnenMuskelschichten werden mit resor-bierbaren Fäden vernäht, die Hautdurch intrakutane Nahttechnik ver-schlossen.

Postoperative Nachbehandlung

Die Wunddrainage an der Spanentnah-mestelle kann am 2. postoperativen Tagentfernt werden. Da die meisten Patien-ten zusätzlich mit einem Fixateur in-terne von dorsal stabilisiert wurden,können sie ab dem 3. bis 5. postoperati-ven Tag aufstehen. Unsere vorläufigen

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Erfahrungen zeigen, daû eine frühereMobilisation durchaus möglich ist. Abdem 1. postoperativen Tag werden diePatienten gezielt krankengymnastischbeübt, beginnend mit isometrischenSpannungsübungen. Die Thrombose-prophylaxe erfolgt in üblicher Weisemit niedermolekularem Heparin biszur Vollmobilisierung. Bei komplikati-onslosem Verlauf können die Patientenin der Regel zwischen dem 7. und 14.

postoperativen Tag verlegt bzw. entlas-sen werden.

Der transperitoneale Zugangzu L5/S1

Präoperative Überlegungen undVorbereitung des Patienten

Eine exakte präoperative Planung ist dieVoraussetzung für die erfolgreiche

Durchführung des minimal invasivenZugangs zu L5/S1. Konventionelle Rönt-genaufnahmen der LWS geben Informa-tionen über die ventrale Höhe des Zwi-schenwirbelraums L5/S1, die Sakralin-klination und die Ausrichtung derBandscheibenebene. Präoperativ wirdkernspintomografisch die Höhe der Bi-furkationen von Aorta abdominalisund V. cava bestimmt. Besonderes Au-genmerk sollte auf den Verlauf derV. iliaca communis links gelegt werden,da diese auch bei physiologischer Bifur-kation gelegentlich den ventrolateralenAnteil des Bandscheibenraums L5/S1bedeckt (Abb. 10). Die Kernspintomo-graphie liefert darüber hinaus Informa-tionen über das erheblich variierendeAusmaû des retroperitonealen Fettge-webes vor dem Bandscheibenraum L5/S1, was gelegentlich zu Unsicherheitenwährend der mikrochirurgischen Prä-paration führen kann. Bei Patienten mitvorangegangenen intraabdominellenOperationen muû die Indikation für ei-nen mikrochirurgischen transperito-nealen Eingriff individuell gestellt wer-den. In diesen Fällen sollte jedoch derPatient darauf hingewiesen werden,daû der mikrochirurgisch begonneneEingriff u. U. konventionell weiterge-führt werden muû, wenn ausgedehntelokale Verwachsungen oder Narbenge-webe vorliegen.

Der Zwischenwirbelraum L5/S1wird über eine Minilaparotomie in derMittellinie erreicht. Da der Operateurzwischen den Beinen des Patienten steht(s. unten), sollte vor allem bei älterenPatienten präoperativ die Abduktions-fähigkeit der Hüftgelenke geprüft wer-den. Die präoperative Vorbereitung ent-spricht der oben beschriebenen. Einevollständige Relaxation des Darmes istfür die Darstellung des Promontoriumsabdingbar.

Lagerung

Die Patienten werden in Rückenlage-rung mit hyperextendierter Lendenwir-belsäule in Trendelenburg-Position(Kopf tief) gelagert (Abb. 11). Die Beinesind maximal abduziert und an denBeinplatten unterpolstert und fixiert.Der Operateur steht zwischen denBeinen des Patienten. Seine Blickachseist parallel zur Orientierung des Band-scheibenraums. Unter lateraler Bild-wandlerkontrolle wird zunächst die

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Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS

8 a

7

b

Abb. 7~ Entnahme des Knochenspans mit oszillierendem Doppelsägeblatt über einen separatenHautschnitt

Abb. 8~ a Hautschnitt für Minialif L4/5 (Ansicht von dorsokranial). b Spanentnahme über gleichenHautschnitt durch subkutane Darstellung der Beckenschaufel. Crista iliaca bleibt erhalten

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Orientierung des BandscheibenraumsL 5/S 1 in Projektion auf die Haut des la-teralen Oberschenkels markiert. DieseMarkierung ist meist etwa in Höhe desTrochanter major lokalisiert. Es erfolgtdann die Markierung der vorderen Be-grenzung des Promontoriums. Von derSchnittstelle der so erhaltenen Projekti-onslinien wird dann eine Linie transver-sal über das Abdomen geführt. Diese Li-nie markiert den Eingang zum ¹virtuel-len Korridorª zu L 5/S 1. Ein 4 cm langerHautschnitt kann nun entweder longi-tudinal oder transversal über diese Liniezentriert werden. Die Operation wirdmit Hilfe eines Operationsmikroskopesdurchgeführt.

Operationsschritte

Laparotomie

Ein 4 cm langer Hautschnitt wird wie inder oben angeführten Weise angelegt.Er ist meist im Übergangsbereich zwi-schen dem unteren und mittleren Drit-tel einer Linie zwischen Nabel und Sym-physe lokalisiert (Abb. 12). Bei weibli-chen Patienten wird aus kosmetischenGründen die transversale Schnittfüh-rung vorgezogen. Die Rektusscheide

wird subkutan dargestellt und die Lineaalba identifiziert. Es erfolgt die scharfeSpaltung in der Mittellinie und dasstumpfe Beiseitedrängen der Muskel-bäuche des M. rectus abdominis. Mit ei-nem Muskelspreizer wird das Perito-neum viszerale dargestellt. Es wird vor-sichtig eröffnet und mit Haltefäden ar-miert. Das Mesenterium und derDünndarm werden mit modifiziertenLangenbeck-Haken vorsichtig mobili-siert und mittels kleiner Bauchtücherin die rechte obere Bauchhöhle gescho-ben. Identisch verfährt man mit demColon sigmoideum. Dieses wird mitden Bauchtüchern nach links abge-drängt. Mit den Wundhaken kann dasPromontorium sowie in der Regel dierechte A. iliaca communis und der Ure-ther dargestellt werden. Bei weit latera-lem Gefäûverlauf kann die A. iliac com-munis rechts nur palpiert werden. Eswird jetzt der Weichteilspreizer einge-setzt und durch einen Gegenspreizerkomplettiert (Abb. 13).

Darstellung des Zwischenwirbelraums

Das Peritoneum parietale wird mit derMikroschere in kraniokaudaler Rich-tung inzidiert. Der Schnitt sollte ca.15 mm medial der rechten A. iliaca com-munis beginnen und rechtskonvex nachkranial und kaudal bogenförmig erwei-tert werden. Das retroperitoneale Fett-gewebe wird paramedian rechts darge-stellt und bis auf den Anulus fibrosusdisseziert. Anschlieûend erfolgt die Mo-bilisation des retroperitonealen Fettge-webes zunächst in kraniokaudale Rich-tung und dann nach medial. Auf diese

Weise kann das gesamte Fettgewebemit Plexus hypogastricus superior mo-bilisiert und von rechts nach links abge-schoben werden. Eine Verletzung derHauptäste des Plexus ist so praktischausgeschlossen. Die Präparation erfolgtausschlieûlich stumpf, die Blutstillungbipolar. Auf diese Weise wird schritt-weise die ventrale Zirkumferenz vonL 5/S 1 dargestellt; A. und V. sacralis me-diana werden freipräpariert, mobili-siert, mit Clips verschlossen und durch-trennt. Dann wird der Weichteilspreizerzunächst mit seinen beiden lateralenBlättern nach retroperitoneal plaziertund vorsichtig geöffnet. Auch der Ge-genspreizer wird nun mit seinem kra-nialen (Bifurkation) und kaudalen Blatt(präsakraler Raum) ebenfalls nach re-troperitoneal korrigiert. Der Band-scheibenraum L 5/S 1 ist jetzt frei zu-gänglich.

Diskektomie und Vorbereitungdes Spanlagers

Das vordere Längsband und der Annu-lus fibrosus werden mit einem rechtek-kigen Schnitt eröffnet. Der Bandschei-benraum wird dann mit dem Rongeurausgeräumt. Die Endplatten werdenvorsichtig mit dem Meiûel angefrischtund der subchondrale Knochen wirdmit einer Hochgeschwindigkeitsfräsegeglättet. Wenn nötig können dieGrund- und Deckplatten bis zum hin-teren Längsband nach posterior ausge-räumt werden. Dadurch kann eine ven-trale Dekompression des Spinalkanalsbei L5/S1 erreicht werden. Tiefe undHöhe des Spans werden mit der Schub-

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Abb. 9~ Postoperative Röntgenaufnahme LWSseitlich: Zustand nach dorsaler StabilisierungL 4/5 und ventraler interkorporeller Spondylo-dese

Abb. 10"MRT L 5/S 1: beachte denVerlauf der V. iliaca communis links

über die laterale Bandscheiben-zirkumferenz L 5/S 1

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lehre bestimmt. Der Knochenspan wirdwie oben beschrieben gewonnen.

Einbringen des Knochenspans

Der Span wird auf die gleiche Weise vor-bereitet wie bereits beim retroperito-nealen Zugang beschrieben. Die Impak-tierung erfolgt jedoch exakt in der Mit-tellinie. Zusätzlich aus Beckenkammund entfernten Wirbelkörperanteilengewonnenes Knochenmaterial wird inden Zwischenwirbelraum beidseits so-wie ventral des Spans angelagert. DasFusionsgebiet wird mit Tabotampvliesbedeckt.

Rückzug

Das Peritoneum parietale und viszeralesowie die Linea alba werden mit fortlau-fender resorbierbarer Naht verschlos-

sen. Der Hautverschluû erfolgt mit In-trakutannähten (Abb. 14).

Nachbehandlung

Die postoperative Nachbehandlung istbeim transperitonealen Zugang iden-tisch zum retroperitonealen. Die Mobi-lisation wird jedoch nicht begonnen, be-vor die Darmfunktion wieder eingesetzthat.

Indikationen

Beide beschriebenen mikrochirurgi-schen Zugänge sind prinzipiell in allenFällen indiziert, in denen eine anterioremono- oder bisegmentale Spondylo-dese nötig ist. In unserem Patientengutwaren die Hauptindikationen degenera-tive oder isthmische Spondylolisthesen,degenerative Instabilitäten, instabile

Spinalstenosen, das Failed-back-sur-gery-Syndrom sowie Frakturen undSpondylitiden. Die mikrochirurgischeventrale Spondylodese war in allen be-schriebenen Fällen mit einer dorsalenStabilisierung mit einem Fixateur in-terne (SOCON, Aesculap AG, Tuttlin-gen) kombiniert.

Kontraindikationen

Vorausgehende abdominelle Operatio-nen können aufgrund potentieller Ver-wachsungen eine relative Kontraindika-tion zum transperitonealen Zugangnach L 5/S 1 sein. Man kann die Ver-wachsungen leicht lösen, wenn sie di-rekt im Verlauf des Zugangs zu L5/S1 lie-gen. Der Einblick auf auûerhalb des Zu-gangskorridors liegenden Strukturenim Bauchraum ist jedoch einge-schränkt. Darüber hinaus gibt es keineabsoluten Kontraindikationen für diebeschriebenen Zugänge. Nach unserenErfahrungen können auch deutlichübergewichtige Patienten in der be-schriebenen mikrochirurgischen Tech-nik operiert werden.

Ergebnisse

Die beschriebenen Techniken wurden1995 inauguriert [18]. Zwischen Januar1995 und Oktober 1996 wurden im Os-kar-Helene-Heim Berlin insgesamt83 Patienten (43 Frauen/40 Männer)operiert. Die Altersspanne betrug 10±85(Durchschnitt 50,3) Jahre. Die Indika-tionen für die ventrale interkorporelleSpondylodese waren Spinalstenosenmit Zeichen der segmentalen Instabili-tät (n = 19), das sog. ¹Failed-back-sur-gery-Syndromª (n = 18), isthmische(n = 15) oder degenerative (n = 14)Spondylolisthesis, degenerative Seg-

472 Der Orthopäde 7´98

Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS

Abb. 11~ Lagerung für den transperitonealen Zugang zu L 5/S 1

12 13

Abb. 12! Verlauf des Hautschnitts. Beachte die prophylaktische sterile Abdeckung von Symphyse bisNabel (Cave: Komplikationen)

Abb. 13! 4-Blatt-Weichteilspreizer zur Darstellung des Promontoriums über eine Minilaparotomie

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mentinstabilität (n = 12), Frakturen(n = 2), Pseudarthrose nach posterola-teraler Fusion (n = 2) und Spondylitis(n = 1) (Tabelle 1).

Retroperitonealer Zugang (n = 54)

43 Patienten wurden monosegmental(L 2/3: n = 1; L 3/4: n = 5; L 4/5: n = 37)und 11 bisegmental (L 2/3/4: n = 2; L 3/4/5: n = 9) fusioniert. Die durchschnitt-liche Operationszeit betrug 115 (70±165)min. Der intraoperative Blutverlust lagbei durchschnittlich 59,6 (20±120) mlim Bereich der Spondylodese und bei74,3 (20±160) ml an der Beckenkamm-entnahmestelle. Intraoperativ tratenkeine allgemeinen oder eingriffsspezifi-schen Komplikationen auf (Tabelle 2).

Transperitonealer Zugang (n = 29)

In der gleichen Zeitspanne wurden29 Patienten über einen transperitonea-len Zugang operiert (L5/L6: n = 2; L 5/S 1: n = 27). Die durchschnittliche Ope-rationszeit betrug 129,1 (65±205) min.Der intraoperative Blutverlust lag bei92,6 (20±300) ml (Spondylodese) bzw.92,8 (30±250) ml (Beckenkamm). Auchin dieser Serie traten keine intraoperati-ven Komplikationen auf.

Klinisches Ergebnis (Abb. 15)

Das klinische Ergebnis wurde anhanddes von Prolo 1996 publizierten subjek-tiven ¹economical and functional ratingscore (EFR-Score)ª erfaût [25]. Diepräoperative Klassifikation der Patien-ten ergab als Ausgangswert ¹zufrie-denstellendª bei 10 und ¹schlechtª bei73 Patienten. Zum Nachuntersuchungs-

zeitpunkt hatten 17 Patienten ein ¹sehrgutesª, 25 ein ¹gutesª, weitere 25 ein ¹zu-friedenstellendesª und 16 ein ¹schlech-tesª Ergebnis.

Fusionsstatus

Die köcherne Fusion wurde bei liegen-dem Fixateur interne radiologisch alskontinuierliche Knochenbrücke zwi-schen den benachbarten Wirbelkörperndefiniert. Die Fusionsrate betrug bei Pa-tienten mit einer Verlaufsbeobachtungvon mehr als 6 Monaten 97,5 %.

Komplikationen (Tabelle 3)

Die Gesamtkomplikationsrate betrug7,5 % (9/83); 3 Patienten entwickelteneine Pseudarthrose und muûten reope-riert werden. Die Patienten waren Rau-cher, eine Patientin hatte Zeichen einerOsteoporose, bei der anderen Patientinwar es zu einer Lockerung des Fixateurinterne gekommen; 2 Patientinnen er-litten eine Ermüdungsfraktur des Os

ilium ausgehend von der Spanentnah-mestelle. Bei beiden Patientinnen warein trikortikler Vollprofilspan entnom-men worden. Beide wurden bis zur Aus-heilung der Fraktur konservativ behan-delt. Ein Patient entwickelte postopera-tiv eine tiefe Beinvenenthrombose, beieinem weiteren muûte das Fixateur-in-terne-System wegen Lockerungszei-chen ausgetauscht werden. Ein jungerPatient mit M. Crohn und isthmischerSpondylolisthese bei L 5/S 1 entwickelte5 Tage nach ventraler Spondylodese ei-nen Ileus, welcher eine chirurgische Ex-ploration notwendig machte. Ein weite-rer Patient zeigte eine permanente Irri-tation des N. cutaneus femoris lateralisan der Spanentnahmestelle.

Diskussion

Im Jahr 1991 wurde von Obenchain erst-mals ein laparoskopischer Zugang zumlumbosakralen Übergang beschrieben[22]. In den folgenden Jahren wurdenweitere endoskopische Techniken zurFusion von Brust- und Lendenwirbel-säule publiziert [17, 20, 30]. Die Mehr-zahl der Autoren beschreibt implantat-gebundene Fusionen mittels sog. ¹Ca-gesª. Hierbei handelt es sich in der Regelum mehr oder weniger stark perforierteTitan- oder Carbonimplantate, welche,mit autologer Spongiosa gefüllt, entwe-der in den Zwischenwirbelraum einge-dreht oder impaktiert werden [20, 30].Während der laparoskopische Zugangzu L 5/S 1 eine weitere Verbreitung ge-funden hat, konnte er sich für die übri-gen Segmente der LWS bis heute nichtbreit durchsetzen, da er technisch sehrschwierig ist und durch die erschwertePräparation der groûen Abdominalge-

Der Orthopäde 7´98 473

Tabelle 1Mikrochirurgische ventrale Fusions-operationen (einschlieûlich dorsa-ler Stabilisierung, n = 83)

n

Failed-back-surgery-Syndrom 18Degenerative Spondylolisthesis 14Isthmische Spondylolisthesis 15Degenerative Instabilität 12Instabile Spinalstenose 19Fraktur 2Posterolaterale Pseudarthrose 2Spondylitis 1

Abb. 14"Wundverschluûmit Intrakutannaht

Tabelle 2Intraoperative Daten (Minialif)

I. Retroperitonealer Zugang (L2±L5)· T = 115,4 (70±165) min· Blutverlust

± Spondylodese = 59,6 (20±120) ml± Beckenkamm = 74,3 (20±160) ml

II. Transperitonealer Zugang (L5±S1; L5/L6)· T = 129,1 (65±205) min· Blutverlust

± Spondylodese = 92,6 (20±300) ml± Beckenkamm = 92,8 (30±250) ml

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fäûe ein nicht unerhebliches Komplika-tionspotential beinhaltet [19]. Die Ent-wicklung der in diesem Artikel be-schriebenen Operationstechniken alsAlternative zu den sog. Standardzugän-gen aber auch zu den oben beschriebe-nen laparoskopischen Techniken be-ruhte auf folgenden Überlegungen:

Das Erlernen sowie die Anwendunglaparoskopischer Operationstechnikenbei ventralen Eingriffen an der LWSstellt vor allem den auûerhalb speziali-sierter Zentren tätigen Wirbelsäulen-chirurgen vor eine Reihe praktischerProbleme. Laparoskopische Operati-onstechniken sowie die endoskopischeAnatomie des Bauchraums sind ihmnicht im Detail vertraut. Es muû mit ei-nem neuartigen Instrumentarium einevollständig neue Operationstechnik er-lernt und praktisches Geschick darin er-worben werden. Laparoskopische Ein-griffe beinhalten das Risiko technischerund/oder Instrumentariums-spezifi-scher Komplikationen (z. B. CO2-Insuf-flation). Eine enge Zusammenarbeitmit einem laparoskopisch ausgebilde-ten Allgemeinchirurgen sowie einemGefäûchirurgen ist unabdingbar. Da

das Erlernen laparoskopischer Techni-ken weder Bestandteil der orthopädi-schen noch der neurochirurgischenFacharztausbildung ist, können sich,vor allem beim Auftreten von Kompli-kationen, forensische Probleme erge-ben.

Laparoskopische Eingriffe werdenin der Regel mit mindestens 2 Assisten-ten durchgeführt, welche ebenso mitdiesem Verfahren vertraut sein müssen.Im Falle vaskulärer Komplikationen istein notfallmäûiger Verfahrenswechselz. B. zur offenen Laparotomie innerhalbvon 1±2 min nicht möglich. Die bisherbeschriebenen laparoskopischen Ope-rationstechniken erscheinen nur für in-tervertebrale Fusionen des Levels L5/S1sinnvoll [17, 19, 20, 30]. In bezug auf dieOperationsindikationen gibt es sowohlfür offene ventrale Fusionsoperationender LWS als auch für laparoskopischeVerfahren keine allgemeine Überein-stimmung. Somit ist es für die überwie-gende Mehrheit der orthopädischenoder neurochirurgischen Abteilungen,welche sich nicht ausschlieûlich mitWirbelsäulenchirurgie befassen, ausge-sprochen schwierig, auf Fallzahlen vonmindestens 50 Eingriffen eines Verfah-rens pro Jahr zu kommen. Diese Zahlenwären aber erforderlich, um von einem¸Routineverfahren� sprechen zu können.

Die beschriebenen ¹offenenª Tech-niken stellen unseres Erachtens einesinnvolle Alternative dar, da sie mikro-chirurgische Operationsprinzipien aufbewährte Zugänge anwenden. Die topo-graphische Anatomie der ventralen Zu-gangsregionen legt die Anwendung desOperationsmikroskops nahe, da die Mi-krochirurgie sowohl eine Ausleuchtungals auch Vergröûerung des Zielgebiets

in der Tiefe des Operationsfelds ge-währleistet. Neben diesen Vorteilen er-gibt sich für den Chirurgen die Möglich-keit stereoskopischen Sehens trotz einesHautschnitts von 4 cm [21]. Die Variabi-lität der Mikroskopeinstellungen er-möglicht darüber hinaus die notwen-dige Übersicht über das gesamte Opera-tionsfeld. Bei den beschriebenenKrankheitsbildern handelt es sich inder überwiegenden Anzahl um mono-segmentale Fusionsindikationen.

In jüngster Zeit wurden weitere ¹of-feneª, minimal-invasive Zugänge zurventralen LWS beschrieben, welchesich das Operationsprinzip von Minialifzunutze machen, die allerdings statt ei-nes Operationsmikroskops ein über ei-nen zusätzlichen Zugang eingeführtesEndoskop sowie differente Spreizersy-steme verwenden [24]. Auch bei diesenVerfahren ist der Operateur nicht andie Verwendung bestimmter Spondylo-desematerialien gebunden.

Es gibt einige spezifische Kompli-kationen und Gefahren durch das mi-krochirurgische Operieren bzw. die spe-ziellen Instrumente, welche an dieserStelle Erwähnung finden müssen, ob-wohl bis zum jetzigen Zeitpunkt keinevon ihnen beobachtet wurde. Die mi-krochirurgische Präparation des Retro-peritoneums gibt eine exzellente Über-sicht über die Wirbelkörpervorderseite.Trotzdem muû die Präparation, geradeder retroperitonealen Gefäûe, extremzart und vorsichtig erfolgen, da der Ver-lauf der segmentalen Gefäûbündel sel-ten komplett eingesehen werden kann.Dies beinhaltet die potentielle Gefahr,daû die Gefäûe durch Zug einreiûenkönnen. Besonders in Höhe L4/5 ist be-sondere Sorgfalt nötig. Dort kreuzt dielinke V. iliaca communis gelegentlichden Bandscheibenraum. Die Mobilisa-tion muû daher sehr vorsichtig erfol-gen, da zuerst die V. lumbalis aszendensidentifiziert, mit Clips verschlossenund durchtrennt werden muû. DieÜbersicht wird dadurch wesentlich ver-bessert.

Die Halteschrauben für den Rah-menspreizer müssen sehr exakt nachden hier beschriebenen Schritten pla-ziert werden, besonders die Hinweisezur exakten Lagerung und präoperati-ven Planung sind zu beachten. So kanndie theoretisch bestehende Möglichkeiteiner Schraubenperforation in den Spi-nalkanal praktisch vermieden werden.

474 Der Orthopäde 7´98

Zum Thema: Ventrale Fusionsoperationen an der LWS

Tabelle 3Komplikationen

n

Instrumentation 2Thrombose 1Pseudarthrose 3Irritation N. cutaneus femoris lateralis 1Ileus (M. Crohn) 1Fx Spina iliaca anterior superior 2

Abb. 15~ Ökonomisches bzw. funktionelles Ergebnis. (Nach [25]).& prä-op; & post-op

Page 10: Ventral fusion operations in the lumbar spine. Microsurgical techniques

Falls die laterale Begrenzung desvorderen Längsbandes nicht identifi-ziert werden kann, so kann man die Dis-traktionsschrauben auch 1±1,5 cm vent-ral der medialen Kante des M. psoas ma-jor in den Wirbelkörper einschrauben.Es ist darauf zu achten, daû der Abstandzu Grund- und Deckplatten mindestens5 mm beträgt, um nicht die Schrauben-spitzen nach Entfernung der Endplattenfreizulegen.

Beim Zugang zu L5/S1 muû derSpreizer nach seinem Umsetzen nachretroperitoneal sehr vorsichtig geöffnetwerden, um die venöse Bifurkationnicht zu überdehnen.

Fazit für die Praxis

Die in diesem Artikel beschriebenen Zugängebieten aus unserer Sicht eine Reihe von Vor-teilen gegenüber den Standardzugängen:Sowohl retro- als auch transperitonealer Zu-gang sind Routineverfahren für jeden Wir-belsäulenchirurgen. Es müssen auûer derHandhabung des Spreizersystems keineneuen Techniken erlernt werden. Die Anwe-senheit eines laparoskopisch trainiertenChirurgen ist nicht notwendig. Die Anwesen-heit eines Gefäûchirurgen in Bereitschaft istvom Ausbildungsgrad des Wirbelsäulenchi-rurgen abhängig. Beide Operationsverfahrenwerden mit nur einem Assistenten durchge-führt. Bisher sind keine eingriff- oder equip-mentspezifischen Komplikationen aufgetre-ten. Das bisher beobachtete Komplikations-profil unterscheidet sich nicht von dem fürdie Standardzugänge. Die Komplikationsrateentspricht der in der Literatur für ventraleSpondylodesen beschriebenen. Im Falle vonGefäûverletzungen ist eine rasche, notfall-mäûige Erweiterung des Situs möglich. DieTechniken können schrittweise erlernt wer-den, da die beschriebenen Spreizersystemezunächst mit konventionellen Schnittfüh-rungen eingesetzt werden können und mitzunehmender Erfahrung eine schrittweiseVerkleinerung des Hautschnitts erfolgenkann. Die durchschnittlichen Operationszei-

ten sind auch in der Lernphase denen kon-ventioneller Verfahren vergleichbar. DerBlutverlust sowie die postoperative Morbidi-tät sind nach unseren bisherigen Erfahrun-gen geringer, die Schonung der lateralenBauchwandmuskulatur durch stumpfeWechselschnitttechnik erlaubt eine früheMobilisation und Rehabilitation.

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Der Orthopäde 7´98 475

Page 11: Ventral fusion operations in the lumbar spine. Microsurgical techniques

Kommentar der Redaktion zu:

Ventrale Fusionsoperationenan der LendenwirbelsäuleMikrochirurgische Techniken

Bei den sog. Stabilisierungsoperatio-nen an der Wirbelsäule ± hier vorzugs-weise monosegmentale Stabilisierun-gen an der Lendenwirbelsäule ± ist dasprimäre Behandlungsziel eindeutig de-finiert; das ist die dauerhafte, d. h. knö-cherne, Fusion des/der Bewegungsseg-mente in physiologischer Stellung. Er-ste Versuche, Wirbelsäulenabschnittedurch operative Maûnahmen zu stabili-sieren, reichen mehr als 100 Jahre zu-rück. Vor allem in den letzten 20 Jahren,in denen sich die Wirbelsäulenchirurgiesehr rasch fortentwickelt hat, sind sehrunterschiedliche Verfahren zur Stabili-sierung von Bewegungssegmenten undWirbelsäulenabschnitten erprobt ± undteilweise auch wieder verlassen ± wor-den. Durch Weiterentwicklung der ope-rativen Verfahren und Techniken ist esinsbesondere gelungen, die anfänglichhohe Pseudarthrosenrate von Verstei-fungsoperationen schrittweise zu sen-ken. Mit den inzwischen weit verbreite-ten dorsoventral kombinierten Operati-onsverfahren (dorsale Formkorrekturund Instrumentation, ventrale interkor-porelle Spondylodese) sind inzwischenFusionsraten von 95 % zu erreichen; diePseudarthrosenquote ventraler Spon-dylodesen bei stabiler dorsaler Instru-mentation und Wiederherstellung einernormalen Form, die eine weitgehendphysiologische Belastung erwartenläût, beträgt 5 % oder weniger. Hieranhaben sich die Ergebnisse neuer Opera-tionsverfahren oder von Modifikatio-nen bewährter Operationsverfahren zumessen.

Die weitere Nachbeobachtung derim vorgenannten Beitrag vorgestelltenPatienten hier im Hause über Redakti-

onsschluû hinaus hat gezeigt, daû diePseudarthrosenrate der in dieser Tech-nik fusionierten Patienten offensicht-lich doch höher ist, als in den vorläu-figen Nachuntersuchungsergebnissenfestzustellen war. Bei einigen Patientenhat sich nach Metallentfernung derzunächst angenommene knöcherneDurchbau radiologisch/kernspintomo-graphisch nicht bestätigt, bei einigenanderen Patienten muûte mittlerweilebei klinisch relevanter fortbestehenderInstabilität eine Nachoperation durch-geführt werden.

Aufgrund der inzwischen vorlie-genden Ergebnisse muû daher ange-nommen werden, daû bei der beschrie-benen Patientengruppe die Pseudar-throsequote über 15 % liegt; und damitdeutlich höher ist, als bei Patienten mitgleicher dorsaler Instrumentation undherkömmlicher Fusionstechnik.

Dies deckt sich mit klinisch-experi-mentellen Untersuchungen, die in dergleichen Klinik, in der Biomechanik-abteilung des Oskar-Helene-Heims,durchgeführt wurden. Bei Belastungs-messungen in situ durch sog. instru-mentierte Wirbelfixateure wurden beiventraler Fusion in mikrochirurgischerTechnik Flexionsmomente gemessen,die um das 2- bis 4 fache höher lagen,als bei in makrochirurgischer Technikfusionierten Patienten; bei mikro-chirurgischer Fusion wurde dabei dieangenommene Dauerbruchfestigkeitder Fixateure deutlich überstiegen(Abb. 1), so daû eine vorzeitige Metal-lentfernung bzw. Wechseloperation er-forderlich war. In Kombination mitdem weiteren Meûergebnis, daû bei mi-krochirurgisch durchgeführter Opera-tion hinsichtlich der Meûfixateurbela-stungen auch ein deutlicher Rechts/Links-Seitenunterschied feststellbar

war, läût dies vermuten, daû die Ursachein der Spanpositionierung zu suchen ist,die bei mikrochirurgischem durch dieArt der Operationstechnik weitgehendvorgegeben wird.

Zusammenfassend bleibt festzu-stellen, daû die generelle Anwendungmikrochirurgischer Fusionstechnikenan der Lendenwirbelsäule ± wie auchdie anderer neuartiger Fusionstechni-ken, z. B. laparoskopischer Fusionstech-niken, Fusionen mit Cages, Allograftsusw., die zur Zeit erprobt werden ± erstdann empfohlen werden kann, wennnachgewiesen ist, daû das Behand-lungsziel erster Ordnung, die stabileknöcherne Fusion, mit der gleichen Si-cherheit erreicht wird, wie bei her-kömmlichen Techniken; dies ist derzeit(noch) nicht der Fall. Insofern bedürfenderartige neue Operationstechnikenweiterhin der kritischen Erprobungund Beobachtung.

U. Weber

476 Der Orthopäde 7´98

Zum Thema: Ventrale Fusionsoperation an der LWS

Abb. 1~ Vereinfachtes Modell der auf denoberen Wirbelkörper und die obere rechte

Schanz-Schraube einwirkenden Kräfte. AL axialeinwirkende Kraft, BGS Unterstützung durch

das Knochentransplantat, LRS Unterstützungdurch den Stift